Harry POTTER UND DER FLUG DES PHÖNIX
Von The Velvet Ghost Übersetzung von Christa Potter
A/N: Holt die Taschentücher raus, Leute!
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KAPITEL 39 – Was Dobby Weiß
Snape und Peter sprachen etwa eine halbe Stunde mit ihm, nur sanft; sie redeten mit ihm und zeigten ihm ihr Mitgefühl, sagten ihm, was passiert war und immer und immer wieder wie Leid es ihnen täte. Sogar Snape hörte sich mitfühlend an – und das zeigte Harry wirklich, wie nahe am Tod Kainda sein musste. Keines ihrer Wörter schien einzusickern. Alles, woran er denken konnte, war, dass sie starb und dass er sie sehen wollte, auch wie sie seine Gegenwart vielleicht nicht wahrnehmen konnte. Er brauchte es. Nur um sich zu verabschieden. Obwohl allein der Gedanke einen Kloß in seiner Kehle verursachte.
Er wusste, dass er während der halben Stunde Komfort durch seine Beschützer immer wieder darum bat, sie sehen zu dürfen. Und jedes Mal wiesen sie ihn zurück, sagten, dass es nicht klug wäre, oder dass es nicht nötig wäre, oder dass er sich noch ein Taschentuch nehmen solle oder sie stellten die Ruhekerzen näher an sein Bett und gaben ihm wieder den Becher mit Zaubertrank. Er wollte es nicht hören. Nach viel Bitten und Entschuldigungen kam die Nachricht schließlich zu ihnen durch. Snape war über die Idee nicht glücklich. Peter ebenfalls nicht, aber er konnte sehen, wie sehr Harry es wollte. Er ignorierte Snapes Warnungen, half Harry aus dem Bett und die beiden machten sich auf den Weg die Station entlang.
Er wusste sofort, wo sie sein musste. Das gesamte Ende des Krankenflügels war mit Vorhängen abgetrennt. Es war wie eine Wand, die sie trennte. Eine große Barriere. Er würde überleben, während sie sterben musste. So viele schreckliche Gedanken und kalte Ängste füllten Harrys Kopf. Und was das Seltsamste war. Als Peter die Vorhänge zur Seite schob und ihm drum herum half fragte er sich, mit wem er jetzt noch kuscheln konnte. Wessen Photo er unter sein Kopfkissen legen konnte. Von wem er in langweiligen Stunden träumen sollte.
Da war sie, in einem Bett am Ende der Station. Madam Pomfrey stand neben ihr und maß ständig ihre Temperatur. Harry erwartete, dass Madam Pomfrey sagen würde, sie sollten gehen, aber als sie aufsah und Harry erblickte, ging sie zurück und nahm ihre Notizen und ihr Klemmbrett mit. Jeder weiß es, dachte Harry. Alle wissen, dass sie sterben wird. Alle wissen von uns.
Kainda war wach, aber nur ein wenig. Harry spürte einen Knoten in seiner Kehle als er sah, wie ruhig sie war und wie müde sie aussah. Er hatte sie nie so zerschlagen und in Schmerzen gesehen. Sie war Kainda ... sie war immer glücklich, immer fröhlich. Sie lächelte immer. Sie war eines der wenigen Dinge, die ihn noch zum Lächeln brachten. Und jetzt, als er sie ansah, als sie da im Krankenbett lag, die Augen halb geschlossen und ihrer milchigen Haut, war sie plötzlich die Sache, die ihn am meisten zum Weinen bringen konnte.
„H-Harry?" sagte sie und mit einem leichten Schaudern hörte er sie husten. Blut kleckerte auf die Decken, die um ihren Hals gelegt waren. Madam Pomfrey ging nach vor und wischte es mit einem Taschentuch weg. Kainda war auch noch hilflos, als ob sie nicht schon in genug Schande verfallen wäre.
„Kainda ..." Er wusste nicht, wie er trotzdem noch weitergehen konnte. Verschwommen und leicht wanken ging er zu dem Stuhl neben ihrem Bett. Peter half ihm vorsichtig hinein und als Harry endlich saß, ging er zu Madam Pomfrey in eine Ecke. Harry verschwendete an seinen Beschützer keinen Gedanken. Kainda war die erste und letzte in seinen Gedanken.
Er streckte die Hand aus, fühlte, wie die Tränen über sein Gesicht zu laufen begannen und nahm ihre Hand. Sie konnte den Griff kaum erwidern. Diese Finger, einst so stark und perfekt geformt, den Schläger eines Treibers umklammernd und dem Leder auf dem Quidditchfeld die Hölle heiß machend ... und nun so schwach und zerbrechlich. Er erkannte mit einer neuen Welle voller Schmerz, dass er sie nie wieder Quidditch spielen sehen würde.
„Bist ... bist du okay?", fragte sie mit erstickter Stimme und hustete wieder. Mehr Blut verteilte sich auf der weißen Decke.
„Ich liebe dich", sagte er und es war ihm egal, wer es hörte. Er wollte die Zeit nicht mit sinnlosen Gesprächen vergeuden. Er wollte nicht, dass das letzte, was er je zu ihr sagte war: „Mir geht's gut."
Die Tränen in ihren Augen liefen nun auch über die Seite ihres hübschen Gesichts. „Ich liebe dich auch", flüsterte sie. Er erinnerte sich, als er sie das erste Mal wirklich gesehen hatte, beim Quidditchtraining, vor so langer Zeit. Als er sie angesehen hatte und gedacht hatte, sie sei ausgelassen. Und dann, als sie sich in dieser Nacht zum ersten Mal geküsst hatten und er gedacht hatte, dass sie eigentlich nicht hässlich war. Und als er zum ersten Mal „Ich liebe dich" gesagt hatte. Damals war sie hübsch gewesen.
Und nun war sie der Schönste und zugleich Traurigste Anblick seines gesamten Lebens. Das tote Einhorn, das er in seinem ersten Jahr gesehen hatte, war keine Konkurrenz für sie, oder die Veela bei der Quidditch Weltmeisterschaft, oder Alristers Frau, die tot auf dem Boden in ihrem Wohnzimmer lag, oder Isabis in ihrem Hochzeitskleid.
„H-Harry ... es ... es tut mir Leid ...", fragte sie, ihre Stimme von Tränen erstickt.
„Was?", antwortete er und nahm ihre Hand ein wenig fester. „Du hast nie etwas Falsches getan..."
„Ihr b-braucht einen neuen T-Treiber ..." schluchzte sie. „Und – "
„Nein", sagte er und er weinte nun ebenfalls. Es war ihm egal, dass Peter es sah, oder Madam Pomfrey es sah, oder wenn die gesamte Schule mit Blaise lachend an der Spitze hereingekommen wäre, es war ihm egal. Er würde trotzdem weinen. „Ich will keinen anderen Treiber. Ich will dich. Ich brauche dich."
Eine Reihe leisen Klopfens ertönte von der Tür und eine Gruppe Zauberer kam herein. Madam Pomfrey huschte hinter den Vorhang und Peter warf auch einen Blick hinaus. Als er sich wieder umdrehte sagte er leise: „Die Heiler von St. Mungos sind hier, Harry ..."
„Heiler?", sagte er und blickte mit nassen Augen auf.
„Mmm ... sie sind hier, um Kainda ins Krankenhaus zu bringen um zu sehen, ob sie noch etwas tun können." Peter ging hinüber zum Bett und legte sanft eine Hand auf Harrys Kopf. „Sie hat noch eine Chance ... in St. Mungos haben sie einige der besten Heiler der Welt ..."
„H-Harry ..." Kainda streckte ihre Hand nach seinem Gesicht aus. Harrys Aufmerksamkeit auf Peter zerbröckelte sofort und er wandte sie wieder ihr zu. Ihre Fingers schlossen sich um sein Halsband und ihre Augen waren voller Neugier. „Warum ...?"
Harry legte seine Finger vorsichtig über ihre und sagte mit sanfter Stimme: „Es lässt Professor Snape wissen, wenn ich in Schwierigkeiten bin ... und Peter ... Dumbledore hat ihnen gesagt, sie sollen auf mich aufpassen." Vielleicht würde Snape ihm eine Standpredigt halten, weil er sein Geheimnis preisgegeben hatte, aber Snape war jetzt egal. „Es hält mich davon ab, etwas Gefährliches zu tun."
Kainda lächelte ein wenig, nur mit ihren Mundwinkeln und ihre Augen leuchteten. „Pass auf dich auf, H-Harry ... gib niemals auf ... st-steh zu deinen Freunden ..." Sie schluckte. „Erinnere dich an mich."
„Das werde ich", sagte er sanft und seine Finger schlossen sich um ihre. „Bis zu dem Tag an dem ich sterbe."
Die Vorhänge hinter ihnen wurden zur Seite geschoben und ein paar Heiler von St. Mungos kamen ruhig und traurig aussehend herein. Madam Pomfrey folgte ihnen und zischte, sie sollen leise sein. Zu Harrys Überraschung konnte er draußen Cornelius Fudge und Dumbledore draußen in der Station sehen, die sich leise unterhielten. Fudge sah gestresst aus. Das war er immer.
Peter legte einen Arm auf Harrys Schulter, half ihm auf die Beine und flüsterte: „Komm schon, Harry ... sie muss gehen."
Er wich zurück in den Schatten, sah nur zu, nicht in der Lage, etwas anderes zu tun, während die Heiler vorsichtig Tragen heraufbeschworen und Kainda darauf legten. Er sah den gleichen Verband um ihren Bauch, den er auch hatte, nur ihren war getränkt von frischem, rotem Blut.
Als die Heiler sie vorbeitrugen streckte sie ihre Hand aus. Er nahm sie und wusste zugleich, dass es wahrscheinlich das letzte Mal war, dass er sie berührte, sie sah, und die Tränen liefen ihm wieder über die Wangen.
Und dann fiel ihre Hand aus seiner und das Geräusch der Schritte der Heiler entfernte sich die Station entlang. Er hörte, wie sich die Tür öffnete, die Heiler gingen hindurch und sie fiel wieder ins Schloss. Stille senkte sich über die Station. Peter kalte, wässrige Arme schlangen sich zu einer Umarmung um ihn. „Es ist okay, zu weinen", sagte Peter und der Geist schluchzte bereits. Es war nichts um Vergleich zu dem, wie sich Harry fühlte. Die Tränen schienen versagt zu haben, als ob die Traurigkeit in ihm einfach zu groß für einen Menschen war. Wie damals, als er Sirius verloren hatte.
Irgendwie wurde er wieder zu seinem Bett geführt und hineingehoben. Peter umarmte ihn immer noch. Jemand rieb seine Hand, jemand legte eine Hand auf seinen Kopf und Harry fühlte, dass er allen sagen sollte, sie sollten ihn in Ruhe lassen, alleine um zu weinen, aber aus irgendeinem Grund wollte er sie in seiner Nähe haben. Er wollte nicht alleine sein.
Snape stand neben seinem Bett und er war derjenige, dessen Hand ernst auf seinem Kopf ruhte. Peter rieb seinen Rücken und seine Hand. Dumbledore stand am Ende seines Bettes und unterhielt sich mit Cornelius Fudge, der sehr ernst und grimmig aussah. Harrys benommener Geist fing nur ein paar Wörter auf, wie: „Tragödie ... schreckliche Tragödie ...", und nachdem, was er hören konnte, war die gesamte Zabini Familie in Schock. Zu Recht. Harry schloss die Augen und die erschöpften Tränen kehrten zurück.
„Und der Junge hat sich dazu entschlossen, in der Schule zu bleiben?", murmelte Fudge.
„Das hat er", erwiderte Dumbledore leise. „Er will bei seinen Freunden sein, und ich muss zustimmen, dass sie ihm ohne Zweifel in dieser schweren Zeit besser als alle anderen helfen werden."
Blaise, dachte Harry. Wie hatte er jemals Blaise verdächtigen können? Er war fast sicher gewesen, dass der Slytherin der Schuldige war, und jetzt ... er wusste, dass Blaise bösartig war, ein wenig respektlos anderen gegenüber, aber niemand würde seine eigene Schwester töten. Oder wenn es ein Unfall gewesen war, würden sie nicht darüber schweigen. Harry wusste, dass er es nicht könnte. Er fragte sich verschwommen, während er ganz still im Bett lag, ob Blaise sich jetzt wie er fühlte, als ob ein Teil von ihm gestohlen worden war.
Zum Glück gingen Dumbledore und Fudge bald darauf aus dem Krankenflügel. Fudge sagte etwas über den Tagespropheten und Dumbledore sagte nein. Harry wusste nicht, wann er eingeschlafen war, aber irgendwie schaffte er es und während der Stunden und Stunden, die er schlief, war alles, war er sah, wie Kaindas Hand aus seiner fiel, als sie wegtragen und aus seinem Leben gerissen wurde.
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Harrys Leben war nach diesem Moment komplett verändert, zumindest für die nächsten Tage. Seine Welt war zusammengebrochen; von dem großen, offenen Schloss von Hogwarts auf ein paar Quadratmeter um sein Bett herum reduziert und er fühlte sich, als wolle er nie diesen kleinen Raum verlassen, der sein neues Zuhause wurde. Jeden Tag erschienen mehr und mehr Glückwunschkarten neben seinem Bett, gemeinsam mit Süßigkeiten und Geschenken, aber Harry fühlte sich, als würden sie nicht existieren. Sie schienen eine Million Meilen entfernt, obwohl sie direkt neben ihm waren, denn sie waren von jemandem der wollte, dass er lächelte. Und er wollte nicht lächeln, nie wieder.
Jedes Mal, wenn er eine Karte öffnete und die Nachricht darin las, war sie lang und hoffnungsvoll, dass seine Verletzungen besser würden, manchmal sogar ein Scherz und dann, als wäre es ein PS in einem Brief, an das untere Ende gequetscht stand oft: „Tut mir Leid wegen Kainda." Das schmerzte ihn fast noch mehr. Es war, als dachten die anderen, er wäre so egoistisch, dass er nur an sich dachte. Obwohl, tief drinnen, wusste er, wenn sie den wirklich Grund kannten, warum er seine Augen nie wieder öffnen wollte, würden sie ihn für bemitleidenswert halten. Es war ja nicht so, als hätte er Kainda sein ganzes Leben lang gekannt, oder dass sie über Kinder oder eine Zukunft gesprochen hätten.
Es war nur so bis Hermines Karte kam, und drinnen hatte sie keine Rede geschrieben, wie sehr sie hoffte, dass es ihm besser ginge, oder, wie er erwartet hatte, seitenlang sentimentales Geschwafel über Kainda. Es waren nur vier Zeilen in ihrer sauberen Handschrift darin.
Es heißt, es dauert einen Augenblick, um jemand Besonderen zu finden
Eine Stunde, um ihn zu schätzen
Einen Tag, um ihn zu lieben
Aber ein ganzes Leben, um ihn wieder zu vergessen.
Und obwohl Harry nicht erklären konnte warum, machte dieser kleine Vers mehr Sinn als alles andere auf der Welt je zuvor.
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Es war wie immer spät, dunkel, kalt und ruhig. Er wachte nicht mehr auf, wenn diese vier Dinge nicht zutrafen. Der Mond schien durch das Fenster hinter einem Bett und warf sein weißes, milchiges Licht auf die anderen Betten und abgesehen von den kleinen Kügelchen, die in dem Zaubertrank neben seinem Bett schwammen, war alles still und leise. Er war dafür sehr dankbar. Es war besser, wenn es ruhig war.
Er streckte die Hand aus und erwartete, dass Peter ihm seine Brille gab, aber es geschah nichts. Er blinzelte in die Dunkelheit. Peter war nicht auf seinem üblichen Platz neben Harrys Bett, auf einem Stuhl zusammengerollt und ein Buch lesend, oder, wenn Madam Pomfrey nicht hersah, aus dem Fenster rauchend. Harry nahm seine Brille und nachdem er ein paar Augenblicke damit herumgefummelt hatte, setzte er sie auf und sah sich in der dunklen Station um. Zuerst dachte, dass er wie immer alleine wäre, und sah ruhig in die Flammen der Ruhekerzen, bevor er erschrocken bemerkte, dass ihn jemand von Ende des Bettes aus anstarrte. Er zuckte zusammen und stieß dabei fast eine der Kerzen um, bevor ihn erkannte und leise rief: „Dobby!"
Der Elf blinzelte ihn über den Bettrand hinweg an und Harry sah, dass große Tränen in seinen tennisballgroßen Augen waren. „Dobby tut es so Leid, Harry Potter, Sir!", sagte er Elf vorsichtig und ging ein paar Schritte zurück. „Dobby wollte Harry Potter nicht erschrecken, Sir ..."
„Es ist okay", sagte Harry und rieb sich die Augen. „Nur ... steh nicht da und starr mich vom Bettende an ... schlechte Erinnerungen ..."
Dobby tapste nun herüber, um neben Harry zu stehen; er war nicht groß genug, um auf den Stuhl zu klettern und stand stattdessen nur da und sah Harry mit Tränen in den Augen an. Harry wollte fragen, was los war, aber Dobby kümmerte sich darum, indem er jammerte: „Harry Potter ist fast gestorben! Und ... und es ist Dobbys Schuld ... alles Dobbys Schuld ... und Harry Potters Freund stirbt! Und – " Er brach in große Schluchzer aus und heulte und weinte am Boden, offenbar zu aufgeregt, um etwas zu sagen.
Harry streckte die Hand aus, packte Dobby hinten an seinem Pullover und stellte ihn wieder auf die Beine. „Dobby", sagte er ernst. „Es ist nicht deine Schuld, es ist nicht die Schuld der Hauselfen. Gib dir keine Schuld. Das ist ein Befehl", fügte er hinzu, denn Dobby streckte die Hand nach einer Kerze aus.
Dobby zog die Hand vorsichtig zurück, seine Augen noch immer mit Tränen gefüllt. „Aber ... aber ..." Er hikste und begann zu zittern. „Harry Potter versteht nicht! Harry Potter ... und ... Dobby hätte ..."
Stirnrunzelnd zog Harry Dobby zu sich aufs Bett, ging sicher, dass keine scharfen Objekte in Reichweite waren und bot dem schluchzenden Elfen dann eine Schachtel mit Taschentüchern an. Dobby heulte auf und winkte sie fort. Harry stellte sie wieder auf den Nachttisch. „Komm schon Dobby ... ich bin okay ... in ein paar Wochen bin ich wieder so gut wie neu. Du musst nicht weinen."
„Dobby sollte entlassen werden!", heulte Dobby.
„Nein, das solltest du nicht", sagte Harry. Er nahm ein Taschentuch und trocknete damit Dobbys laufende Tränen. „Die Hauselfen und du haben keine Schuld an dem, was mir und ..." Er konnte ihren Namen noch immer nicht aussprechen. Die normale Reaktion für Kainda in der gesamten Schule war nun ein seltsames Schweigen.
„Aber Dobby hätte verhindern können, was Harry Potter zugestoßen ist! Wenn Dobby mutig gewesen wäre ... aber Dobby war es nicht ..." Der Elf zitterte wie verrückt während Harry noch ein paar seiner Tränen abwischte. „Dobby ist miserabel! Miserabel, Harry Potter, Sir!"
"Was meinst du?", sagte Harry und runzelte leicht die Stirn.
Dobby sah Harry hinter seinen langen Fingern hervor an, seine Augen groß und ängstlich und einen Moment lang saß er nur zitternd da. Dann, so schnell, dass Harry ihn nicht aufhalten konnte, packte er eine der leeren Zaubertrankflaschen und schlug sich damit auf den Kopf und schrie bei jedem Treffer auf. Harry riss sie aus seiner Hand und hielt sie eine Armlänge weg.
„Dobby!", sagte er streng.
Dobby gab als Antwort nur einen großen Schluchzer von sich.
„Sag mir, was los ist", sagte Harry, stellte die Flasche hin und packte, nur für den Fall, Dobbys Handgelenke.
Dobby schloss die Augen und ein paar Moment wippte er nur vor und zurück und holte sich die Kraft und den Atem, um zu sprechen. Und dann, mit leiser und erstickter Stimme, sagte er: „Dobby weiß es, Harry Potter ... Dobby weiß, wer Harry Potter und seine Freundin verletzt hat. Und Dobby wollte es Harry Potter schon so lange sagen, aber er hatte Angst, Harry Potter, und Dobby tut es so Leid ..."
„Du weißt, wer es war?", sagte Harry und fühlte, wie sich in ihm etwas zusammenzog. „Wie? Wie hast du es herausgefunden?"
Dobby nahm sich noch ein paar Augenblicke, um sich zu beruhigen, und fuhr dann fort, noch immer vor und zurück wippend. „Dobby hat einmal an einem Abend gekocht, Harry Potter... er hat Suppe gemacht, und Dobbys Suppe brauchte mehr Salz. Also ist Dobby gegangen, um im Schrank welches zu suchen, und als Dobby sich umdrehte, stand ein Junge in der Küche, Harry Potter. Er hatte einen Zauberstab, Harry Potter, und Dobby hatte Angst, also hat Dobby sich im Schrank versteckt! Und... Dobby hat gesehen, was der Junge gemacht hat... alles, was er gemacht hat... Dobbys Hauselfen Freunde haben versucht, ihn aufzuhalten, Harry Potter, aber er nicht! Er nahm ein kleines Täschchen aus seinem Umhang, Harry Potter, und gab gelbes Pulver in einen der Suppentöpfe. Und dann... legte er einen Zauber auf Dobbys Freunde und sie alle wurden sehr still und dann ging er, Harry Potter, und alle wachten auf! Aber sie sagen, sie haben ihn nicht gesehen, Harry Potter. Sie erinnern sich nicht. Aber Dobby tut es! Und Dobby wünscht sich, er hätte es Harry Potter früher gesagt... denn Harry Potters Freundin geht es jetzt sehr schlecht! Und Dobby hätte es verhindern können!" Er heulte laut auf und versuchte, sich aus Harrys Griff zu befreien, aber Harry hielt ihn fest. Der Hauself fiel nach vorn, seine Stirn auf Harrys Schulter, und weinte nur noch bitterlich.
„Dobby ... wie hat der Junge ausgesehen?", sagte Harry ernst. „Du musst es mir sagen, Dobby, und wir können herausfinden, wer es war ..."
„Er ... er hat schwarzes Haar, Harry Potter", sagte Dobby. „Und braune Augen. Und er trägt einen Schal wie Harry Potter, nur sein Schal ist grün, Sir, und er hat einen weißen Zauberstab. Und er ist klein für einen Menschen, aber groß für Dobby."
Harry setzte die Beschreibung zusammen. Ein kleiner Slytherin, mit schwarzem Haar und braunen Augen und einem weißen Zauberstab. Er hatte schon ein paar Leute mit weißen Zauberstäben gesehen, aber der einzige Slytherin, mit zumindest einem hellen Zauberstab war –
„Nein", sagte Harry und schüttelte den Kopf. „Es kann nicht sein, Dobby, du musst ihn nicht richtig gesehen haben... das ist Blaise... er war ihr Bruder, er würde nicht seine eigene Schwester umbringen."
Dobby heulte wieder auf. „Nein, Harry Potter, Dobby hat ihn gesehen! Dobby hat gesehen, wie er das Pulver in die Suppe gegeben hat, und dann ist er gegangen, und Dobby hat ihn richtig gesehen! Dobby ist sicher, Harry Potter, Sir!"
„Aber warum würde Blaise seine eigene Schwester umbringen?", sagte Harry mit großen Augen. „Er würde so etwas nicht tun."
„Würde er nicht, Harry Potter?", sagte Dobby und etwas Flehendes lag in seiner Stimme. Er starrte fast verzweifelt in Harrys Augen. „Dobby ist so sicher... und... Dobby weiß, dass es Harry Potters Freundin nicht gut geht, Sir. Dobby hat gehört, dass sie... sie im Sterben ist, Harry Potter... und Dobby dachte, dass wenn er Harry Potter hilft, und Harry Potter sagt, wer seine Freundin verletzt hat, dann würde Harry Potter Rache nehmen wollen! Harry Potter würde sicher gehen, dass er nicht noch jemanden verletzen kann!"
Harry sah in Dobbys Augen, seine Gedanken hin und hergerissen zwischen dem was Sinn machte und dem, was richtig war. Ihm fiel keine Person ein, die auf Dobbys Beschreibung passte, außer Blaise, und doch... würde Blaise seine eigene Schwester umbringen? Und wenn er es hatte, hätte er doch sicher gestanden? Hätte ihn das Schuldgefühl nicht längst aufgefressen?
Oder...
Harry fiel plötzlich etwas ein; damals, als er draußen am Quidditchfeld gewesen war, und Kainda in der Luft kopfüber vor ihm gehangen hatte, ihre Sanftheit auf seinen Lippen. Und dann wich sie zurück, und das Gespräch war weitergegangen, bis sie etwas gesagt hatte, das ihm einfiel. Darüber, dass der Rest ihrer Familie und Blaise alle Todesser waren, loyal dem Dunklen Lord gegenüber, und sie nicht. So wie sie es gesagt hatte, bekam Harry das Gefühl, dass Zabini Senior sehr weit oben in Voldemorts Rängen war. War ihre Loyalität stark genug, dass sie ihre Tochter, die ihnen nicht folgte, umgebracht wurde, dass es ihnen nichts ausmachte?
Ein weiterer Gedanke kam plötzlich. Blaise blieb in Hogwarts, anstatt nach Hause zu fahren, um bei seiner Familie zu sein. Warum? Weil er bei seinen Freunden blieb? Unwahrscheinlich. Blaise war nicht gerade der vertrauende Typ und keiner von Blaises Freunden stand ihm wirklich nahe. Blaise hatte Leibwächter und ein Gefolge, keine Freunde. Warum sonst sollte er also bleiben?
Sein Kopf begann, die Teile zusammen zu setzen und er sagte leise: „Dobby.. essen die Schüler noch das Schulessen?"
Dobby schüttelte den Kopf. „Nein, Sir. Professor Dumbledore und der Rest der Lehrer beschwören das Essen für die Schüler herauf. Aber sie trinken noch das Wasser. Ist es sicher, Harry Potter?"
Harrys Gehirn wurde vor Schreck kalt. Er schüttelte den Kopf. „Nein, Dobby ... es ist Blaise... er wird es wieder tun, er wird den Wasservorrat vergiften. Ich weiß es einfach. Warum sollte er sonst in Hogwarts bleiben? Und wenn er das Essen nicht vergiften kann, versucht er es mit dem Wasser und jeder trinkt das Schulwasser." Er sah sich verzweifelt um. Madam Pomfrey schlief wahrscheinlich schon und er konnte sich kaum im Bett bewegen, geschweige denn gehen... Snapes Büro war ziemlich nahe, aber er konnte sich nicht den ganzen Weg hin schleppen. Er sah Dobby an und fragte sich, ob er den Elf schicken konnte, um Snape zu holen, aber nein. Snape würde wegen einem Elfen sicher nicht aufstehen.
Plötzlich erkannte er, wie er jemanden holen konnte, um ihm zu helfen, und drehte sich im Bett um und zuckte leicht bei dem Schmerz zusammen. Dobby sah ihn an, als wäre er verrückt geworden, als er sich an die Wand über seinem Bett klammerte und verzweifelt sagte: „Peter! Peter, ich brauche dich! Bitte Peter, wo immer du bist ... bitte komm schnell!"
„Harry Potter redet mit einer Wand, Sir", murmelte Dobby unsicher und ging ein wenig zurück. „Wände haben keinen Namen und antworten nicht auf Fragen, Harry Potter..."
Ein weißer Schatten erschien plötzlich im Raum und Dobby schrie leise auf, fiel vom Bett und verschwand aus Harrys Blickfeld. Peeves, nicht Peter, war es, der Harry aus drei Fuß Höhe angrinste. Er trug wieder sein Clownsgewand, mit flauschigen roten Kugeln daran und diesen lächerlichen Propellerhut. „Ihr habt gerufen, Sir?", sagte er schleimig.
Harry sah Peeves ein wenig verängstigt an. Er war es gewohnt, mit Peter zu sprechen, wenn er Probleme hatte, nicht mit dem grinsenden Übel, das ihm fast sechs Jahre seines Lebens schwer gemacht hatte. „Ähm – ich brauche Hilfe."
Peeves gackerte und sprang in der Luft auf und ab. „Soll ich dir etwas Wasser holen? Deine Socken waschen? Deine Bettwäsche wechseln? Nicht wieder einen schlechten Traum gehabt, oder?"
Harry wusste, wie verschieden Peter und Peeves waren. Der Geist war still, fast ernst, sehr besorgt und fürsorglich und brüderlich. Peeves war definitiv die böse Seite von Peter, genau wie ein unzähmbarer Werwolf die dunkle Seite von Lupin war.
„Ich weiß, wer das Risotta verursacht", sagte Harry besorgt, sag Peeves and und betete, dass er verstehen würde. „Und er wird den Wasservorrat vergiften, ich weiß es einfach. Ich brauche einen Lehrer ... bring Snape, bitte. Ich brauche Professor Snape."
„Schläft", sagte Peeves ruhig und grinste Harry noch immer fast wahnsinnig an. „Kann ihn nicht wecken."
„Bitte", bat Harry. "Es könnte heute Nacht sein, Peeves … bitte."
„Bringt nichts", sagte Peeves. „Wird nicht aufwachen, wird er nicht. Ist nur Zeitverschwendung. Verbringt jede Minute seines Lebens schlafend, außer, wenn seine kleine Lady bei ihm ist. Oh, dann ist er wach. Verstohlener Snape." Er gackerte wieder.
Es brachte nichts. Peeves wollte einfach nicht zuhören. Während Harry zusah, gab er Poltergeist ein letztes lautes, hohes Gackern von sich, zischte nach oben, direkt auf die Decke zu und verschwand in einem Moment. Dobby sah Harry besorgt aus der Nähe seines Ellbogens aus an. „Was wird Harry Potter jetzt tun?"
„Harry Potter", sagte Harry stur, während er sich auf die Seite drehte, den Bettposten packte und sich auf den Boden stellte. Der Schmerz war unbeschreiblich, zog an seinem Magen und oder Snape oder Peter in der Nähe, um ihm den Beschützer Komfort zu geben, gab es nichts, um seine Gedanken von dem Schmerz zu nehmen, nur die Gewissheit, dass er es jemandem sagen musste. „Wird etwas sehr, sehr dummes machen, seine Wunden schlimmer machen und sich... den ganzen Weg..." Er nahm ein paar vorsichtige Schritte, wankte gefährlich und Dobby war sofort da und stemmte seine Hände in Harrys Rücken, um ihn aufrecht zu halten. „... zu Snapes Büro schleppen."
„Dobby denkt nicht, dass das eine gute Idee ist, Harry Potter", sagte Dobby besorgt. „Sollte Dobby gehen und Professor Snape holen?"
„Er wird dir nicht zuhören, Dobby", sagte Harry stöhnend und tappte an der Wand entlang, während er versuchte, den stechenden Schmerz in seinem Magen zu ignorieren. „Es ist für mich schon schwer genug, ihn zu wecken, für dich unmöglich."
„Harry Potter wird sich wehtun", sagte Dobby, folgte ihn und packte ihn hinten am Pyjama, um ihn aufzuhalten. „Und Dobby kann keine Erste Hilfe, Harry Potter!"
„Ich muss Snape holen", sagte Harry. Er ging vorsichtig zur Seite, schon fast an der Tür. „Und ich werde nicht anhalten, für niemanden! Die anderen sind in Gefahr... was ist, wenn Blaise das Wasser schon vergiftet hat? Oder wenn es ihm nicht um das Wasser geht? Wenn er einfach herumgeht und die Schüler zwingt, es zu trinken! Wir müssen es jemandem sagen, Dobby, und ich werde sicher nicht – "
Knall!
Die Tür öffnete sich und Snape kam herein, bereits komplett angezogen und seine wogenden schwarzen Roben verliehen ihm das Aussehen einer Fledermaus, die in die Nacht hinaus flog. Zu Harrys Entsetzen, flog die Tür auf, als er hereinstürmte, und traf Dobby am Rücken. Der kleine Elf flog einen Meter durch die Luft, bevor er die Wand traf und mit einem lauten Schrei auf den Boden fiel. Snape sprang zurück und wirbelte herum. Harry starrte ihn an und lehnte sich mit rotem Gesicht an eine Wand, Dobby halb ohnmächtig zu seinen Füßen.
„Potter! Geh sofort wieder ins Bett!"
„Es ist Blaise", keuchte Harry. „Blaise Zabini, Professor, er verursacht das Risotta! Er macht es mit Gift, er hat die Hauselfen mit Gedächtniszaubern belegt!"
Snape seufzte und murmelte etwas von „Fieberwahn" und „hysterisch", bevor er zu Harry herüberkam, ihn sanft an den Armen packte und ihn praktisch durch den Raum zog. Harry wollte gerade wieder protestieren und Snape wegstoßen, aber jemand anderes tat es für ihn. Dobby drängte sich zwischen Harry und Snape und stieß den Zaubertrankmeister weg. „Harry Potter ist nicht hysterisch! Harry Potter sagt die Wahrheit, und Sie müssen auf Harry Potter hören, denn die Schüler sind in Gefahr!" Als Snape Harry nicht losließ und ihn einfach wieder ins Bett stieß, rief Dobby: „Dobby hat gesehen, wie der Junge Pulver in die Suppe gegeben hat! Dobby hat es mit seinen eigenen Augen gesehen! Sie müssen Dobby und Harry Potter zuhören, oder noch mehr werden sterben!"
Snape sah den Elfen mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Oh, und der einzige Beweis, den wir dafür haben, ist dein Wort?"
Dobby nickte sofort. „Dobby sagt die Wahrheit, Sir... Dobby will nicht, dass mehr und mehr Menschen sterben..."
„Sir?", sagte Harry. „Wieso haben Sie gewusst, dass ich Sie brauche...? Normalerweise... nun ja... ignorieren Sie mich einfach."
„Dieser verdammte Poltergeist kam in meine Privatgemächer und hat mein Bett auf den Kopf gestellt", sagte Snape scharf. Er sah die beiden an und mit einem verärgerten Seufzen sagte er: „Nun gut, Potter. Wir werden das überprüfen. Und wenn dein kleiner Informant gelogen hat, werde ich kein Problem damit haben, ihn in Stücke zu hacken und Hauselfeneintopf zu kochen. Haben wir uns verstanden?"
Dobby zitterte angesichts dieser Drohung, aber Harry nickte. Er sah sich in der Station um und sah das Bett, in dem Kainda zuletzt gelegen hatte und er wusste, dass er denjenigen erwischen wollte, der es getan hatte; mehr, als alles andere je zuvor. Snape sah den Blick, hielt einen Moment inne und nickte dann. „Elf", sagte er. „Geht zu den Slytherin Schlafsälen und hole sofort die Vertrauensschüler her. Wenn ich darüber nachdenke, hol nur Malfoy. Draco Malfoy. Sag ihm nicht, was los ist. Und beeil dich damit."
Dobby lief aus dem Zimmer, tapste durch die Tür und während er ging, murmelte er: „Slytherin Schlafsaal, Draco Malfoy, Dobby darf nicht sagen, was los ist und muss sich damit beeilen."
Snape warf Harry einen Blick zu, der ihn einen Moment lang erwiderte, und dann verließ Snape ebenfalls den Krankenflügel und ließ Harry alleine mit seinen Gedanken und Hoffnungen.
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A/N: Ich weiß nicht, wann das nächste Kapitel fertig sein wird. Geplant ist es für Dienstag, aber ich liege im Moment krank im Bett (sollte eigentlich gar nicht vor dem Computer sitzen). Das Kapitel ist zwar schon fast fertig, wird aber noch ein Weilchen dauern. Ich werde mich bemühen, es trotzdem rechtzeitig fertig zu machen. Und natürlich: bitte reviewen!
