HARRY POTTER UND DER FLUG DES PHÖNIX
Von The Velvet Ghost / Übersetzung von Christa Potter
A/N: Danke an: Kissymouse, Truemmerlotte, Korksie, Radagastch, grey-wings, Sir Nick, lasert-jet und muridae. Ihr seid wirklich wunderbar! Ich bin froh, dass euch die Geschichte so gut gefällt.
Radagstch: Ich weiß echt nicht, was ich sagen soll. Dein Review war einfach wunderbar. Das war wohl das größte Kompliment, das ich je bekommen habe. Ich bin wirklich überwältigt.
laser-jet: Ich finde es toll, dass du extra deine Freunde danach gefragt hast. Ich würd – wie die Amis – sagen, dass die Krankheit einfach so heißt.
KAPITEL 44 – Die Belagerung Von Hogwarts: Teil 4
Auf dem Hügel in der Nähe des Schlosstores, das die Schlossgründe begrenzte, ging der Kampf weiter und wurde mit jeder Sekunde, die verging, immer und immer feuriger. Als das Ministerium endlich angekommen war, wurden die Todesser, die neben den Schlosstoren Wache standen, überrascht und es hatte so ausgesehen, als würde die Schule mit einer angesehen Menge von Zaubern und Flüchen schnell wieder zurückerobert werden. Aber bald erkannte jeder, dass dieser Krieg keine Angelegenheit von Minuten war. Es würde Stunden dauern, vielleicht sogar Tage. Die Todesser und das Ministerium waren gleich stark und egal, wie viele Kämpfer gelähmt und verflucht wurden oder wo sie standen und zu Boden gingen - es schienen immer mehr und mehr aufzutauchen.
Die größte Angst aller waren die Heliopathen und die Vampire geworden, sogar für die Todesser, die sie ausgebildet hatten. Es waren nur drei Vampire im Kampf, zwei sogar noch in ihren Käfigen, aber der andere war auf mysteriöse Weise verschwunden und trieb sich nun irgendwo auf den Schlossgründen herum. Die Heliopathen verbrannten und zerfetzten weiterhin alles, was ihnen in die Quere kam, ganz gleich, ob es sich um Zauberer des Ministeriums oder Todesser handelte, es schien ihnen egal zu sein.
Der Sonnenuntergang kam und endlich begann das Ministerium die Oberhand zu gewinnen. Die Hälfte von ihnen war noch auf dem Hügel, um sich die Heliopathen und die paar Todesser, die zurückgeblieben waren, um sie zu bewachen, anzunehmen. Die andere Hälfte hingegen brach durch die Wand aus Voldemorts Kämpfern und stürmte auf die Schule und die noch in ihr eingeschlossenen Bewohner zu.
Harry berichtete all dies Snape, während die beiden noch immer unter dem Schildzauber gefangen waren, hilflos dem Krieg um sie herum ausgeliefert. Gerade begannen sich ihre Hoffnungen ein klein wenig zu steigern, als die Todesser beschlossen, nicht mehr so gütig zu sein und der erste richtige Schock des Kampfes kam.
Harry hatte schon einige Zauberer, die er kannte, zur Schule rennen sehen, sogar Tonks und Kingsley Shacklebolt, während sie beim Laufen Flüche auf die Todesser schickten, die sie verfolgten. Ministeriumsangestellte, die er bis jetzt nur ein paar seltene Male gesehen hatte, waren ebenfalls in den Kampf verwickelt, genauso wie Zauberer, die bei Dumbledore am Hohen Tisch gesessen hatten, Mitglieder des Orden des Phönix.
Harry machte Snape darauf aufmerksam.
„Jemand vom Zaubergamot hat gerade zwei Todesser bei den Gewächshäusern erwischt", sagte er und seine Augen wanderten vor und zurück. „Und ich kann einen Kampf zwischen einem der Rookwoods und jemandem, den ich nicht kenne, sehen..."
„Einer der Rookwoods?", sagte Snapes Stimme. „Ah ja, der Kopierzauber..."
„Was ist das für ein Zauber?", fragte Harry.
„Genau das, wonach es sich anhört", war die Antwort. „Der Dunkle Lord hat bei weitem nicht genug Todesser... und deshalb kopiert er diejenigen, die er hat. Ein schlechter Ersatz für wirkliche Menschen - jedoch kann die Größe einer Armee die Geschicklichkeit übertrumpfen."
„Aber... wie kann man ihn rückgängig machen?", sagte Harry und zuckte ein wenig zusammen, als sich vier Todesser zusammenschlossen und ein Mitglied des Ministeriums lähmten, das er bei der Quidditch Weltmeisterschaft schon einmal gesehen hatte.
„Es ist ein komplexer Gegenzauber." Snape bewegte sich ein wenig. „Ohne Zweifel wird Dumbledore schon daran arbeiten."
Harry nickte ein wenig, darauf bedacht, das Seil um ihre Hälse nicht anzuspannen, dann sagte er: „Terrance McClavity duelliert sich mit einem der Todesser... gleich dort drüben..." Er sah gespannt zu, wie die Flüche nach vorn und zurück rasten und jeden Baum in der Nähe in eine Skulptur aus Asche und Kohle verwandelten. McClavity war der bessere der beiden. Harry beschrieb Snape den Kampf, während er zusah, wie sie nach links und rechts sprangen, um Flüchen auszuweichen, sich Fluch um Fluch bekämpften, aber dann geschah etwas, das sein Herz stehen bleiben ließ.
Der Todesser, vom Kampf frustriert und wütend, hob den Zauberstab und rief: „AVADA KEDAVRA!" Ein greller Blitz erschien, grünes Lichts sauste durch die Luft und Harry sah McClavitys weite, überraschte Augen, bevor er leblos und still zu Boden fiel.
„Was ist los?", sagte Snape schnell und zog ein wenig an den Seilen. „Potter?"
„McClavity", flüsterte Harry. "Er ist tot, Terrance McClavity ist tot. Einer der Todesser... es war der Avada Kedavra Fluch..."
Snape war einen Moment lang still. „McClavity war ein guter Mensch."
„Vielleicht... vielleicht sollte ich versuchen, es jemandem zu sagen", sagte Harry besorgt und sah die Zauberer an, die an ihnen vorbei auf die Schule zuliefen.
„Es macht keinen Sinn, Potter, bleib einfach ruhig sitzen. Er war wahrscheinlich nicht der erste."
Das schlimmste daran war, dass Snape Recht hatte. Gerade mal fünf Minuten später, wurde ein weiterer Ministeriumszauberer von vier Todessern besiegt und kurz darauf zwei Todesser vom Orden des Phönix bezwungen. Harry wollte nicht mehr zusehen. Er schloss einfach die Augen und wenn Snape fragte, was geschah, log Harry.
Die Dunkelheit legte sich langsam über die Schlossgründe. Der Krieg würde bis in die Nacht dauern. Das würde natürlich den Todessern in ihren schwarzen Umhängen einen Vorteil geben, aber sie waren mit dem Gelände um das Schloss herum nicht vertraut. Mit etwas Glück konnten die Lehrer und Schüler von Hogwarts auf der Lauer liegen und jeden Todesser, der so dumm war und unbewaffnet umherstreunte, überrumpeln. Die Heliopathen waren nun das einzige Licht und viele von ihnen waren im Kampf bereits gefallen. Ihr Skelette lagen auf dem verbrannten Gras, immer noch in Flammen stehen und waren nach ihrem Tod genauso gefährlich wie zu ihren Lebzeiten. Die mutigeren Kämpfer brachen Äste von Bäumen im Wald ab, zündeten sie mit Hilfe des Feuers der Heliopathen an und stürzten sich dann, mit tödlichem Feuer bewaffnet, wieder in den Kampf. Wasserzauber flogen vor und zurück und Harry, der mitgezählt hatte, wusste, dass der Schild um ihn und Snape bereits vierzehn Mal getroffen worden war und die Kuppel über ihnen für etwa einen Minute mit einer tropfenden Wasserschicht überzog.
Als dies zum fünfzehnten Mal geschah, sagte Harry leise mit der Stimme seiner Gedanken zu Snape: „Wasserzauber über der Kuppel."
„Mmm", kam die verschwommene Antwort. Snape rutschte unruhig hin und her. „Bei der Liebe von Merlin, Potter, setz dich auf. Ich bin nicht deine Rückenlehne."
Harry richtete sich gehorsam ein wenig auf und beide mussten wegen dem Seil kurz husten, um Luft zu bekommen. Harry sagte heiser: „Wir müssen dieses Ding los werden... ich kann fast nicht atmen."
„Ja", sagte Snape ruhig und seine Stimme triefte vor Sarkasmus. „Wir werden einfach mit der Hand hochfahren und es abnehmen, in Ordnung? Nein, warte, sie haben unsere Arme zusammengebunden, damit wir es nicht tun können. Wer hätte je gedacht, dass Todesser so weit im Voraus denken können?"
Harry runzelte die Stirn und nickte, wodurch die Schnur enger gezogen wurde und Snape nach Luft schnappen musste. „Nun wissen Sie, wie es ist, dieses bescheuerte Halsband zu tragen", sagte er, als Snape wieder ruhig atmen konnte.
Snape war einen Moment still, sein Atem angehalten und dann, als wäre ihm ganz plötzlich etwas eingefallen: „Potter! Das Halsband!"
„Was ist damit?"
„Trägst du es im Moment?"
„Ähm ... ja ... warum?"
„Oh, streng dein Hirn an, Potter! Wenn wir es zum vibrieren bringen, lockert es das Seil um unsere Hälse."
„Klar", sagte Harry sarkastisch. „Genau das hab ich auch gedacht."
In der nächsten Sekunde bereute er seinen Sarkasmus, als er Snapes gedämpfte Stimme hörte, die in den Knebel murmelte: „Zcurdya", und das Halsband wütend summte. Harry schrie vor Überraschung leise auf, als das gesamte Band eine Echo des Stoßes von sich gab und ihn zweimal schockte. Snape zuckte zusammen und die Stimme seiner Gedanken sagte: „Ich erinnere mich nicht daran, es so stark entworfen zu haben... Potter, hast du irgendetwas mit dem Halsband angestellt?"
„Nein!", sagte Harry sofort. Er hielt inne und sagte dann: „Nun... ja. Ein wenig. Nur einmal. Ich hab daran einen Lockerungszauber probiert."
„Dummer Junge", sagte Snape. Er seufzte. „Bereite dich vor. Das wir weh tun."
Ein weiteres Summen lief über Harrys Hals und instinktiv lehnte er sich zurück, weg davon, und krachte mit einem unschönen Knacken mit seinem Kopf gegen Snapes.
„Verdammt noch mal, Potter!"
„Tschuldigung, tschuldigung..."
„Es wird lockerer, mach dich bereit."
Zack. Harry musste stark der Versuchung widerstehen, wieder gegen Snapes Kopf zu stoßen, und glücklicherweise kam der Stromschlag diesmal nicht zurück, denn das Seil war jetzt locker genug, um sie gut atmen zu lassen. „Gut", sagte Snapes Stimme in seinen Gedanken.
„Professor?", sagte Harry, froh um das bisschen Luft, die er endlich wieder atmen konnte, und sah zu, wie das Wasser ganz von der Kuppel ablief.
„Ja, Potter?"
„Wie lange werden wir hier sein müssen?"
Snape antwortete einen Moment lang nicht. „Einige Zeit. Verlass dich nicht darauf, dass in nächster Zeit ein Wunder geschieht. Im Augenblick hat die Schule höchste Priorität, und weil wir nicht in ummittelbarer Gefahr sind – Potter, was im Namen der vier Gründer ist los mit dir?"
Denn Harry hatte den Kopf herumgerissen, um zu den Eingangstoren zu sehen, und ihm fehlten die Worte, als er erkannte, was es war, das dort über die Hügel auf das Schloss zusegelte. Zuerst konnte er nicht glauben, was er sah, sicherlich bildete er sich nur etwas ein, aber nein. Andere Zauberer auf dem Schlachtfeld starrten die letzte Neuerung des Kampfes ebenfalls an, einige mit offenen Mündern und alle sahen vollkommen verblüfft aus. Zwei Todesser und ein Ministeriumsmitglied waren in Harrys Nähe gerade dabei, sich zu erwürgen, und alle drei hatten ihren Kampf vergessen, so geschockt von dem, was da über die Schlossgründe flog.
„Potter!", bellte Snape. „Was ist? Was passiert gerade? Potter!"
Harry schüttelte einen Moment lang den Kopf und sagte dann, nicht in der Lage die Belustigung aus seiner Stimme zu halten: „Es ist das Haus des Spaßes."
„Das was!"
Freds und Georges Meisterwerk, das Haus des Spaßes von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze, flog gemütlich über die Schlosstore und segelt wie eine riesige, grell bemalte Wolke daher, als wäre es sein morgendlicher Rundflug. Während Harry zusah, öffnete sich eines der großen Fenster im unteren Stockwerk und Freds und Georges Köpfe erschienen darin.
„TUT UNS LEID, DASS WIR ZU SPÄT SIND!", rief Fred der überraschten Menge unter ihnen zu. „WAS HABEN WIR VERPASST?"
Harry bemerkte plötzlich die laute Country Musik, die aus einem großen Schallrohr drang, das wie ein Auspuff hinten am Haus hing, während es über ihre Köpfe segelte und die ganze Zeit alle paar Sekunden mit einem Geräusch wie eine Gummiente große, glitzernde, bunte und vor allem violette Blasen ausstieß. Harry warf einen Blick hinüber zum Hof, wo Ron und die anderen immer noch in Sicherheit waren, und begann laut zu lachen, als er Rons komplett ungläubiges Gesicht sah.
Etwas flog sauber aus einem Fenster des Hauses des Spaßes, etwas, das aussah wie eine große Rakete und die Zwillinge brüllten: „BOMBEN RAUS!", während die Rakete auf den Boden zusegelte. Die Todesser schrien auf und versuchte, zu entfliehen, aber es war schon zu spät, denn die Rakete traf ihr Ziel und ein lauter Knall erfüllte die Luft. Farbe flog in jede erdenkliche Richtung und bedeckte jeden im Umkreis von fünfzig Metern mit glitzernden pinken und grünen Klecksen.
Es war die absolute Hölle, wie Harry es seit der legendären Essensschlacht vor Monaten nicht mehr gesehen hatte. Fred und George flogen im Haus des Spaßes noch immer vergnügt herum und alle paar Sekunden flog eine weitere Rakete aus einem der Fenster und verfolgte so viele Leute, wie sie nur konnte. Die Todesser, zu geschockt von solch einer leichtherzigen Attacke, wurden zu Hunderten von den Ministeriumsmitgliedern erwischt, während sie versuchten, den Weasley Bombern zu entkommen. Zauberer liefen vor und zurück über die Schlossgründe, gefolgt von Ministeriumszauberern und Freds und Georges Raketen, das ganze begleitet von den Tönen guter, altmodischer Country Musik.
Die verbliebenen Heliopathen waren von dieser neuen Erscheinung total überrumpelt und zwei von ihnen liefen dem fliegenden Haus hinterher, neugierig an der Luft dahinter schnuppernd. Mit ihnen wurden die Zwillinge leicht fertig, indem sie eine Raketen auf ihre Gesichter zielten und die Hälfte der Flammen mit gelber Farbe ausgelöscht wurden. Sie schrien auf, streckten ihre Krallen nach dem Haus auf, aber eine Rakete nach der anderen kam auf dem Fenster bis endlich beide zu Boden sanken, übermannt von Farbe und violetten Blasen. Fred und George jubelten und klatschten in die Hände, bevor das Haus des Spaßes kehrt machte und wieder zurück flog.
Hogwarts und das Ministerium gewannen nun die Oberhand, dank dem Chaos, das die Weasley Zwillinge verursacht hatten, und die Todesser wurden von ihnen vernichtet. Eine Welle nach der anderen wurde vom Ministerium mit Zaubern zu Boden geschlagen und diesmal, als das Haus des Spaßes Bomben abwarf, waren es Federn, die darin explodierten. Während der letzten Stunden war Hogwarts einige Male sehr verändert worden, von einer glücklichen Schule, zur Hölle auf Erden, dann einer Kriegszone und jetzt dem Land der menschlichen Hühner, als Zauberer, bedeckt mit Farbe und Federn nach hin und her liefen und versuchten, dem fliegenden Haus auszuweichen.
„Potter!", sagte Snape ungeduldig in seinen Gedanken. „Was ist los? Warum all dieser Lärm?"
„Fred und George sind mit einem fliegenden Haus gekommen", sagte Harry schnell und sah entzückt zu, wie einer der Rookwoods schreiend und mit einer Rakete hinter ihm vorbeilief. „Sie haben überall Farbe und Federn fallen lassen, und auch große, violette Blasen."
Eine Pause folgte und dann sagte Snape: „Potter, das ist keine Zeit für Spiele. Sag mir, was wirklich los ist."
Eine weitere Federnbombe ging in ihrer Nähe los und die Kuppel wurde von kleinen, fedrigen Büscheln übersäht und verdeckten Harrys Sicht auf das Chaos. Er ließ sich nach hinten fallen, wodurch Snape nach vorne gedrückt wurde, und streckt dann seine Arme so weit wie möglich nach hinten. „Nehmen Sie die Augenbinde ab!", sagte er.
Snape bewegte sich hinter ihm und dann fiel die Augenbinde ab und er richtete sich wieder auf. Harry konnte sich den Ausdruck auf Snapes Gesicht sehr gut vorstellen, als er auf die Federn auf der Kuppel starrte, die langsam vom Wind davon getragen wurden. „Bei Merlin", hauchte Snapes.
„Ich hab es Ihnen doch gesagt", sagte Harry glucksend. „Es ist das Haus des Spaßes, es ist eigentlich in der Winkelgasse, aber ich denke, sie haben – "
„Still", zischte Snapes Stimme plötzlich.
Harry verstummte. Die Musik war plötzlich nicht mehr zu hören, genauso wie das Knarren des Schallrohres des Haus des Spaßes, und alles war plötzlich totenstill. Harry hörte, wie Fred rief: „George, reiß das Steuer rum, wir kommen vom Kurs ab!"
„Ich kann nicht!", rief sein Bruder. „Es klemmt, etwas hat daran rumgemacht!"
„Aber es ist idiotensicher!", sagte Fred Stimme, aber sie entfernten sich immer weiter, und durch die Löcher zwischen den Federn konnte Harry sehen, wie das Haus des Spaßes weggetrieben wurde und auf die Hügel zuflog. „Es kann nicht kaputt sein! Du musst etwas falsch gemacht haben!"
„Hab ich nicht, hab ich nicht!", protestierte George. „Komm her und sieh es dir es, es funktioniert nicht mehr!"
Ihre Stimmen flogen immer weiter in die Ferne, als das Haus, mit kaputtem Steuer, davon flog. Und unglücklicherweise waren es die Todesser, die sich als erste wieder fingen. Nicht länger von den Weasley Raketen verfolgt konnten sie sich wieder frei bewegen, hoben ihre Zauberstäbe und begannen wieder, Flüche zu schicken.
Harry schloss schnell die Augen, als die Ministeriumszauberer mit illegalen Flüchen getroffen wurden. Die Todesser, fuchsteufelswild, weil sie so bloßgestellt worden waren, griffen auf die schlimmsten Zauber zurück. Cruciatus und Avada Kedavra breiteten sich wieder auf dem Schlachtfeld aus und die Zauberer begannen zu fallen.
„Potter!", sagte Snape plötzlich. „Sieh nicht hin!"
Harry erhaschte einen kurzen Blick auf Kingsley Shacklebolt, der von einem Todesser verfolgt an ihnen vorbei lief, bevor er die Augen fest zusammenkniff und die rote Lichtkugel Kingsley am Rücken traf. Das Schreien war so schrecklich, dass sich Harry fühlte, als würde es sich in sein Herz bohren, in seine Gedanken und ihn von innen auseinander reißen. Er versucht, dem Lärm zu entkommen und zog die Schultern hoch, um damit seine Ohren ein wenig zu schützen, aber es war nicht genug, um das Knurren des Todessers zu überhören: „Avada Kedavra..." Kingsley schrie ein letztes Mal vor Schmerz auf und dann verstummte er. Harry merkte, wie ihm kalt wurde und er verkroch sich mehr und mehr hinter Snapes Rücken, versuchte, dem zu entkommen, was er wusste, das er sehen würde, wenn er die Augen öffnete.
Harry wünschte sich nun, Fred und George wären nie gekommen. Die kurze Überlegenheit über die Todesser war nichts im Vergleich zu den Verlusten, die das Ministerium jetzt hinnehmen musste. Zauberer schrien überall auf dem Schlossgelände, Zauber flogen wieder vor und zurück, die Todesser formten eine große Gruppe und ihr Singen begann wieder von neuem.
Das Ministerium hatte die Todesser zwar im Griff gehabt, als sie verstreut gewesen waren, aber nun versammelte sich die schwarze Masse oben auf dem Hügel zu einer Kohorte von Todessern, alle von ihnen singend und Zauberstäbe oder brennende Äste mit den Feuern der Heliopathen schwingend - das Ministerium war jetzt machtlos.
Die Todesser bewegten sich auf die Schule zu, schrien ihren Zorn und ihre Wut gen Himmel, wie ein riesiger, schwarzer Schatten, der über die Hügel schlich, nur von den flackernden Fackeln beschienen, die sie trugen. Harry merkte, wie er Angst bekam, und Snape Stimme sagte: „Potter, bleib einfach ruhig...", aber es machte keinen Unterschied.
Ein Teil der Todesser hatte sich vom Rest getrennt und kamen stattdessen auf Harry und Snape zu. Harry sah das Gesicht des echten Rookwood und hinter ihm fünf Kopien, die auf ihn zukamen, erleuchtet vom gelben Schein des Feuers. Er fühlte sich nun elend. Elend, weil er nur vor ein paar Minuten noch gelacht hatte. Snape redete immer noch in seinen Gedanken, murmelte ihm Anweisungen zu, Sympathie, Komfort, aber Harry konnte nicht mehr denken. Alles, was er noch fühlte, war Angst, kranke Angst, weil die Todesser kamen.
Aber dann sah Harry, wie der Schild um sie herum erzitterte und ein kleiner, dunkler Schatten durch die Kuppel brach, schnell und panisch atmend. „Harry Potter! Harry Potter!" Winzige Hände erschienen und packten das Seil, zogen verzweifelt daran und versuchten, sie zu lockern. Harry warf einen Blick über seine Schulter und sah Dobby, den Hauselfen, halb unter einem Umhang verborgen.
„Dobby! Du musst gehen, Dobby, sie kommen!", sagte Harry und sah zu der Truppe näher kommender Todesser, und sie waren jetzt schon sehr nahe. „Lauf Dobby, lauf!"
„Nein, Harry Potter, Sir! Dobby wird Sie retten!" Der Elf weinte und zerrte noch immer an Harrys Fesseln und versuchte, ihn zu befreien. „Harry Potter darf nicht sterben! Er ist zu groß, um verloren zu werden!"
„Sie werden dich töten, Dobby, geh!", flehte Harry ihn an.
Dobby schüttelte den Kopf, Tränen spritzten von seinem Gesicht und das erste Seil der Fesseln löste sich. „Dobby wird eher sterben, als zu sehen zu müssen, wie Harry Potter getötet wird!"
Harry wusste im Unterbewusstsein, was auf ihn zukam, eine Sekunde, bevor es wirklich geschah, und es schickte einen kalten Schauer durch einen Körper. Er begann, in Panik zu geraten, flehte Dobby verzweifelt, sagte, er solle laufen, als er sah, wie Rookwood den Zauberstab hob. Aber Dobby wollte nicht gehen.
Und sogar falls Dobby sich umgedreht hätte und in diesem Moment gelaufen wäre, hätte es ihn nicht gerettet.
„Avada Kedavra!", sagte Rookwood in die Dunkelheit hinein und ein grüner Lichtstrahl brach aus der Spitze seines Zauberstabs herauf. Dobby riss den Mund auf, zog ein letztes Mal an den Fesseln, weigerte sich, damit aufzuhören, obwohl die Kugel direkt auf ihn zuschoss, und dann traf sie.
„NEIN!", rief Harry, aber es half nichts.
Dobby zuckte zusammen und dann fiel er, klatschte mit einem letzten Seufzer auf den Schlamm, dann war er fort.
Er war tot.
Harry wand sich in den Seilen, versuchte freizukommen um etwas zu tun, irgendetwas, aber es gab nichts, was er noch machen konnte. Rookwood trat vor Harry, streckte ein Bein aus und stieß Dobbys leblosen Körper weg. Harry fühlte, wie die Tränen über sein Gesicht liefen, als Dobby in der Nähe aufschlug; sein kleiner, kalter Körper lag gerade außerhalb des Lichtscheins eines der toten Heliopathen. Harry konnte sehen, wie sich das Licht des Feuers in Dobbys Tränen widerspiegelte.
„Wie berührend", murmelte Rookwood. „Loyal, Hauselfen... nicht wahr?"
Harry konnte vor Wut und Trauer nicht sprechen. Dobby war ein Unschuldiger. Alles was er getan hatte, war zu versuchen, Harry zu retten, und nun war der Elf tot, weggestoßen wie eine ungewollte Puppe, und seine letzte Tat, nämlich Harry zu retten, war achtlos zur Seite geworfen worden.
„Jetzt lachst du nicht mehr, oder, Potter?", flüsterte Rookwood. Sein Zauberstab war auf Snape gerichtet.
„Warum?", sagte Harry und seine Stimme war von Tränen erstickt. „Warum? Was hat er dir je getan?"
„Er hat sich um dich gekümmert", war Rookwoods atemlose, eiskalte Antwort. Die Spitze seines Zauberstabs entfernte sich von Snape und wanderte stattdessen zu Harry, ruhte zwischen seinen Augen und Rookwood streckte die Hand aus, packte Harrys Haar und zog ihn daran zurück. Harry schrie vor Schmerz auf und spürte, wie seine Narbe in Rookwoods Nähe zu brennen begann. Der Todesser fuhr mit einem einzigen, kalten Finger darüber und der Schmerz in Harrys Narbe schien sich zu verdoppeln. „Dummer Junge... dummer, dummer Junge...", flüsterte Rookwood, noch immer über Harrys Narbe streichelnd und der Schmerz stieg langsam an.
„Lass ihn, Rookwood", schnarrte Snape wütend.
Rookwood ignorierte Snape und wollte Harrys Narbe wieder berühren, doch mit einem Schmerzensschrei zog er die Hand zurück und hielt seine Finger. Sie waren verbrannt und mit glänzenden, roten Brandmalen übersäht. Rookwood beugte sich nach vor, sein Gesicht vor Wut verzerrt, bevor er seine Hand wieder zurückzog.
Harry hörte den Knall bevor er den Schmerz spürte, als Rookwood ihm hart ins Gesicht schlug und er vor Qual aufschrie. „Du solltest ein paar Manieren lernen", schnarrte Rookwood und er war Harrys Gesicht plötzlich wieder sehr nahe. „Und dir merken, wo du stehst."
Er zog seine Hand wieder zurück, bereit, Harry noch einmal zu schlagen, aber seine Aufmerksamkeit wurde plötzlich von einem Geräusch abgelenkt, das sich anhörte, als würde Glas brechen, und nacheinander, gingen seine Kopien in Flammen auf. Rookwood wirbelte herum. „Was zum – "
Der Boden war von Asche übersäht und innerhalb von einigen Augeblicken waren alle Spuren der Kopien von Rookwood verschwunden. Harry warf einen Blick hinüber zum Hügel und sah, wie überall Feuer entflammten, als jede Kopie eines Todessers zerstört wurde. Fast das gesamte Schlachtfeld stand in Flammen und es dauerte nur ein paar Sekunden, bis die Feuer erloschen und die eigentliche Größe der Armee von Lord Voldemort wurde sichtbar. Es waren kaum zwanzig Todesser übrig.
Rookwoods Augen füllten sich mit Angst, während er auf den Hügel starrte, auf dem die weit über hundert Ministeriumsmitglieder und einsamen, zwanzig Todesser waren. „Nein", flüsterte er und stolperte zurück. „Verdamm! Verdammt noch mal!"
„Der Kopierzauber!", heulte einer der Todesser auf dem Hügel. „Der Kopierzauber! Sie haben den Kopierzauber gebrochen!"
Und die Dinge konnten für die Todesser noch schlimmer werden, denn plötzlich ertönte von der Spitze des Astronomieturms ein lautes Brüllen und ein Strahl von Flammen stob in den dunklen Nachthimmel hinauf. Alle, Ministerium und Todesser, zogen sich besorgt zurück, aber dann erkannte Harry, was es war, das da hoch in die Dunkelheit flog, und er rief: „ES IST HAGRID!"
Es war wohl der herrlichste Anblick, den Harry je gesehen hatte. Hagrid, auf dem Rücken von Kibbles, glitt vom Dach herunter, glänzende, grüne Flügel schlugen in der Dunkelheit und der Drache spie alle paar Sekunden Feuer. Harry hatte noch nie in seinem Leben so starke Hoffnung und Stolz gefühlt. Kibbles brüllte auf und Hagrid schrie, als sie auf die verbleibenden Todesser hinab stürzten, und diese trennten sich, stoben in alle Richtungen davon. Das Ministerium war innerhalb von ein paar Augenblicken hinter ihnen und der Drache und sein Reiter flogen weiter auf den Boden zu, direkt hinter den Todessern, die versuchten, zu entkommen.
Kibbles und Hagrid kamen auf ihn zu. Harry wusste, dass der Schildzauber ihn und Snape vor den Flammen schützen würde, aber für Rookwood sah es anders aus. Er wandte sich um, schrie und fiel fast über den Saum seines Umhangs, als er zu laufen begann, aber Hagrid und Kibbles holten schnell auf. Und der Weg, den Rookwood als Fluchtweg ausgewählt hatte, wurde vom brennenden Körper eines toten Heliopathen versperrt.
Harry sah, wie er sich umwandte und den herankommenden Drachen ansah, seine Augen ängstlich geweitet. Seine fettige Haut glänzte im Schein der Flammen, die auf ihn zurasten. Einen Moment lang erinnerte sich Harry daran, dass Lucius Malfoy so gestorben war, im Angesicht von Rookwood, wissend, dass der Tod unausweichlich war, und endlich fühlte er einen Sinn für Gerechtigkeit für Draco und seine Familie.
Aber...
Die Flammen, die Rookwood inzwischen längst hätten erreichen sollen, kräuselten sich in einem Bogen. Es dauerte einige Augenblicke, bis der Effekt deutlich wurde, aber als es soweit war, berührten Kibbles' Flammen und Rauch Rookwood nicht einmal, sondern wanden sich wie ein Ball um ihn, als würden sie von einem unsichtbaren Schild abgewehrt. Rookwood sah angesichts dessen genauso geschockt wie alle anderen aus. Er starrte um sich, seine Augen jetzt noch mit mehr Angst gefüllt, offenbar von dem, was geschah, überrascht und geschockt.
Es dauerte vielleicht noch eine halbe Sekunde, bis Harry erkannte, wer Rookwood beschützte. Denn die Flammen wurde nicht von einem Ding abgewehrt – sondern von einer Person. Eine Person erschien im Licht des Feuers, stand mit ausgebreiteten Armen über Rookwood und die Flammen kräuselten sich einfach um diese Figur, als hätten die Gesetzte der Physik ihre gesamte Macht mit einem Mal verloren.
Und in dem Moment, als er es erkannte, spürte Harry einen schrecklichen Schmerz in seiner Narbe. Er schrie vor Schmerzen auf, lehnte sich zurück und sein Blick und seine Gedanken wurden von der unglaublichen Intensität der Qual vernebelt. Es war, als würde sich alles in seinem Gehirn auflösen, und nichts als ein Zischen, eine weit entferntes Flackern der Flammen zurücklassen, und irgendwo in einem Teil seines Gehirns blieb dieses Bild der schwarzen Figur, für die das Feuer kein würdiger Gegner war.
Er sah es, aber es war, als würde er gar nicht jetzt sehen, sondern als würde er sich an etwas lang Vergangenes erinnern, als die Person im Feuer eine Hand hob und mit den Fingern schnippte. Kibbles sprang zurück und wurde sofort von einer unsichtbaren Macht zur Seite geworfen, die sogar noch größer war als der autogroße Drache. Kibbles schrie vor Angst und Wut auf, wandte sich um und sein langer Schwanz fegte tödlich am Boden vor der schwarzen Figur umher, die Rookwood beschützte.
Ein metallisches Klingen ertönte und Kibbles' massiver Schwanz wurde einfach zurück geschlagen und konnte nicht mehr in die Nähe des verängstigten Todessers und seines Retters.
„Ruf ihn zurück", zischte eine hohe, kalte, grausame Stimme in der Mitte des aufsteigenden Rauchs.
Kibbles schnarrte, seine Schuppen gesträubt und sein Schwanz fegte noch immer über den Boden, doch er wich trotzdem zurück. Harry dachte, dass es für die Tiere genauso war. Er hatte einfach diese Aura von Macht und konnte auch über sie diese Angst breiten, genau wie er es mit den Menschen machte.
Der Rauch war nun endlich verschwunden und driftete weiter himmelwärts, und durch den blendenden Schmerz in seiner Narbe konnte Harry diese scharlachroten Augen sehen, die ihn anstarrten, das schlangengleiche Gesicht, verunstaltet und nicht mehr menschenähnlich. Lord Voldemorts Lippen kräuselten sich zu einem schrecklichen, verhängnisvollen, übelkeitserregenden Lächeln.
„Wieder einmal hallo... Harry..."
