HARRY POTTER UND DER FLUG DES PHÖNIX
Von The Velvet Ghost / Übersetzung von Christa Potter
A/N: Truemmerlotte, Harry Black Potter, Kissymouse, StarHeyoka, IAmFallen, Carabina, Lady-Claw – Danke für eure Reviews!
StarHeyoka: Danke für das lange Review! Ich bin froh, dass dir die Übersetzung so gut gefällt! Wenn du die ID von The Velvet Ghost suchst, dann geh einfach zu meiner Profilseite und schau unter Favourite Authors nach.
KAPITEL 47 – Unklarheiten
Harry und Ron zogen sich schnell Jeans und T-Shirts an und folgten dann McGonagall aus dem Gryffindorturm und den Korridor zu Dumbledores Büro entlang. Harry konnte sich ein unwohles Gefühl nicht verkneifen, obwohl McGonagall immer wieder sagte, dass er mit dem zufrieden sein würde, was der Direktor ihm sagen würde. Ron sah genauso neugierig aus wie er und wollte wissen, was los war und warum seine Eltern ebenfalls gekommen waren.
McGonagall nannte dem steinernen Wasserspeier vor Dumbledore Büro das Passwort „Zuckerfederkiel" und ließ dann Harry und Ron hinein. Sie lächelte wieder. Harry hatte absolut keine Ahnung, was hier los war, ging die Treppe hoch und hoffte, dass es etwas Gutes war. Er und Ron blieben vor der eichenen Tür stehen, dann schwang sie auf und lud sie in das Büro ein.
Mr. und Mrs. Weasley saßen vor Dumbledores Tisch und sprachen leise mit dem Direktor, und Fred und George waren ebenfalls da. Harry merkte, dass Mrs. Weasley sich immer wieder mit einem Taschentuch über die Augen fuhr und er fühlte, wie Angst in ihm hochstieg, Angst, ob etwas Schlimmes geschehen war. Dann erinnerte er sich – die Weasleys hatten ein Kind verloren, Percy. Mrs. Weasley sah auf und lächelte glücklich, stand auf und umarmte ihn liebevoll. Als Ron das Büro betrat und seine beiden Brüder sah, schrie er vor Überraschung auf, und die beiden grinsten und zerwühlten ihm glücklich das Haar.
„Hallo Harry, mein Lieber... wie geht es dir?", sagte Mrs. Weasley freundlich.
Er lächelte und erwiderte ihre Umarmung. „Mir geht's gut, danke." Mr. Weasley kam nun ebenfalls herüber und umarmte ihn auch, wobei er sein Haar in noch mehr Unordnung brachte.
Ron wurde nun von seiner Mutter umarmt, außerdem versuchte er, sie davon abzuhalten, ihn vor Dumbledore und Harry zu küssen. Seine Ohren waren rot geworden. „Mum..."
Sie küsste ihn trotzdem mit einem zufriedenen, wässrigen Lächeln. „Ich bin nur froh, dass du in Sicherheit bist, mein Lieber... oh, Ron... seit ich gehört habe, dass sie die Schule angreifen, habe ich gebetet, dass es dir gut geht... ist Ginny in Ordnung?"
„Sie ist okay", sagte Ron und wischte über die Stelle, an der sie ihn geküsst hatte.
Mr. Weasley umarmte nun Ron und fragte ihn ebenfalls, wie es ihm ging. Harry wollte beinahe fragen, wie die Dinge wegen Percy standen, doch dies jetzt zu erwähnen wäre wohl ganz und gar nicht in Ordnung. Fred und George hatten seinen Gesichtsausdruck anscheinend perfekt interpretiert und waren zu ihm herüber geschlichen. George nahm ihn an der rechten Schulter, Fred an seiner linken und beide lehnten sich nach unten um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
„Noch nicht eingesunken", sagte George.
„Erwähn es nicht", sagte sein Zwilling.
Harry nickte still und sah die beiden an, dann fragte er: „Ähm... seid ihr beide..."
„Wir... können noch lächeln", sagte Fred. „Dumbledores Rede hat alles ein wenig einfacher gemacht."
„Percy ging so, wie er hatte gehen wollen", sagte George. „Er hat sich für seine Loyalitäten eingesetzt."
„Sie sprechen davon, ein Gemälde von ihm malen zu lassen und im Ministerium aufzuhängen", sagte Fred und hob die Augenbrauen.
„Das hätte er gewollt", sagte Harry leise und nickte wieder.
„Mehr Stühle, denke ich", sagte Dumbledore und beendete so das gemurmelte Gespräch. Er wedelte mit dem Zauberstab und ein paar gemütliche Stühle erschienen vor seinem Tisch. Harry, Ron, Fred und George setzten sich hin, während Dumbledore ihnen Minzebonbons anbot. Harry lehnte höflich ab. Dumbledore stellte die Schale an den Rand seines Schreibtisches und sagte dann, sie alle anlächelnd: „Nun... gute Nachrichten, würde ich sagen. Nicht nur, dass Fred und George gesund und fröhlich gefunden worden sind, nein, da gibt es noch etwas anderes, was wir herausgefunden haben und was euch alle sehr freuen wird."
„Ja, gesund und fröhlich, nachdem sie den Dünger weggeschafft haben, den dieser dumme Bauer auf uns geworfen hat", murmelte George. „Es wird ein Vermögen kosten, das Haus des Spaßes reinigen zu lassen."
Dumbledore räusperte sich. „Ich bin sicher, dass wir den Dünger später diskutieren können, Mr. Weasley, denn ich muss euch etwas sehr Wichtiges sagen." Er lächelte in die versammelte Runde. „Ich freue mich sehr, euch endlich mitteilen zu können, dass der Schutz der Weasleys nachgeprüft und als sicher befunden worden ist. Harry ist in Gesellschaft der Weasleys genauso sicher wie bei den Dursleys. Das bedeutet - "
Harry starrte Dumbledore mit großen Augen an und wagte kaum zu glauben, was er da gerade gehört hatte. „Ich... ich kann... ich kann gehen...?"
Dumbledore lächelte. „Ja, Harry. Du musst nie wieder in den Ligusterweg zurückkehren."
Harry fühlte sich, als würde in ihm eine kleine Explosion aus Freude und Erleichterung hochgehen. Er konnte die Dursleys endlich verlassen, nachdem er es sich schon so lange gewünscht hatte. Mr. Weasley umarmte ihn glücklich. Er grinste, während Dumbledore fortfuhr.
„Das bedeutet natürlich, dass Harry den Sommer über in der Nähe der Weasleys verbringen muss, damit ihr Schutz in Kraft treten kann. Obwohl ich nicht denke, dass dies ein Problem sein wird." Er lächelte Harry mit glitzernden Augen an, und Harry grinste zurück, als die Weasleys aufsprangen und begannen, ihn zu umarmen.
Mrs. Weasley schien ihn nicht loslassen zu wollen. Sie küsste ihn auf die Wange und redete immerfort davon, dass sie für Harry ein eigenes Zimmer an das Haus anbauen müssten, und Fred und George boten an, ihm beim Streichen des Zimmers mit der SuperKlatscherDekoration2003 zu helfen. Ron wollte, dass Harrys Zimmer neben seinem eigenen eingerichtet wurde, oder vielleicht könnten sie sich auch einfach ein großes Zimmer teilen. Das Büro war einige Minuten lang von dem fröhlichen Gespräch erfüllt, Pläne für Harrys Ankunft wurden gemacht, und dann sagte Dumbledore über den Lärm hinweg: „Darf ich bitte noch etwas sagen?"
Alle verstummten und setzten sich wieder hin, obwohl Mrs. Weasley Harry noch immer in einer festen, mütterlichen Umarmung umschlossen hatte.
„Mir wäre es lieber, wenn Harry im Sommer am Grimmauldplatz bleibt", sagte er ernst. „Der Orden des Phönix benutzt das Haus noch als Hauptquartier und mir wäre es lieber, wenn Harry in der Nähe des Ordens ist, sollte es nötig sein." Ein kleines Lächeln kräuselte seine Lippen. „Und es gibt noch eine andere Person, von der ich möchte, dass er als Vorsichtsmaßnahme den Sommer mit Harry verbringt."
„Wer?", sagte Harry und wandte Dumbledore seinen Blick zu.
Dumbledore lächelte ihn an. „Jemand, der auch in Hogwarts auf dich Acht gibt, Harry, denke ich, würde – "
„Peter?", unterbrach Harry glücklich. „Wird Peter den Sommer bei uns sein? Aber... er kann Hogwarts nicht verlassen, oder?"
„Dass kann er tatsächlich nicht", sagte Dumbledore. „Doch das wird nichts zur Sache tun, Harry. Es ist nicht Peter, von dem ich will, dass er im Sommer auf dich Acht gibt. Ich denke, dass Professor Snape von sehr großem Nutzen sein wird."
„Snape", stöhnten Ron, Fred und George wie aus einem Mund und alle sahen wie vom Donner gerührt aus.
Dumbledore schüttelte leicht den Kopf. „Na, na, ich bin sicher, dass Professor Snapes Anwesenheit nicht so schlimm sein wird..."
Die drei Weasley Brüder warfen sich einen Blick zu, der allzu deutlich sagte, dass es für sie nichts Schlimmeres geben konnte, als einen Sommer mit Snape zu verbringen. Nach einem Moment sagte Ron mit verzweifelter Stimm: „Aber... wir haben Ferien, um von Snape WEG zu kommen."
„Warum denken Sie, dass wir die Schule schon früher verlassen haben?", sagte Fred.
„Und nun wird er bei uns wohnen!", sagte George. „Wartet mal, es gibt am Grimmauldplatz keine freien Schlafzimmer mehr..."
Ron, Fred und George sahen sich an und sagten dann wie auf ein Stichwort: „Er wird nicht in meinem Zimmer schlafen."
Dumbledore gluckste wieder. „Ich bin sicher, dass ihr, wenn das Schuljahr endet, alle Schlafzimmer gut aufteilen werden könnt. Bis dann schlage ich vor, dass ihr euch darüber nicht allzu viele Gedanken macht."
„Aber... er ist noch immer im Wald", sagte Harry. „Wir wissen nicht einmal, ob er noch am Leben ist."
„Er ist noch am Leben, Harry", sagte Dumbledore. „Ich bin selbst heute Morgen in den Wald gegangen und habe ein paar der Zentauren getroffen. Ich habe sie gefragt, ob sie Professor Snape gesehen hätten, und sie haben mir mitgeteilt, dass er etwa eine halbe Meile tiefer drinnen den Wald durchsuche. Sie hatten ihn gefragt, was er mache, und seine Antwort war, dass er nicht vorhatte, wieder zu gehen, bis er sicher war, dass Isabis die Schlossgründe verlassen hatte. Er wird zurückkehren, wenn er sich dessen sicher ist."
„Aber das könnte Monate dauern", sagte Harry mit großen Augen.
„Vielleicht Jahre", sagte Ron und versuchten, nicht allzu hoffnungsvoll zu klingen.
„Das bezweifle ich", sagte Dumbledore. „Professor Snape sah sehr hungrig, wütend und müde aus, als die Zentauren ihn fanden. Professor Snape mag dickköpfig sein und sich seiner Ideen allzu sicher, aber es ist nicht dumm genug, um sich selbst verhungern zu lassen, nur, weil es eine Chance gibt. Ich erwarte, dass er innerhalb der nächsten Woche wieder in der Schule sein wird."
„Also läuft Snape im Verbotenen Wald herum und spielt Alter-Mann-Aus-Dem-Wald, während wir hier reden", sagte Ron ungläubig.
Dumbledore nickte. „Tatsächlich, das tut er, Mr. Weasley."
„Wir müssen das auf ein T-Shirt drucken...", murmelte Fred begeistert.
„Wir könnten eine ganze Produktserie machen", stimme George zu.
„Alter-Mann-Aus-Dem-Wald-Snape", sagte Fred und hob eine Augenbraue.
„Wütender-Alkoholischer-Snape", sagte George mit einem Lächeln.
„Seine-Feminine-Seite-Entdeckender-Snape", sagte Fred grinsend. „Erhältlich mit einer Flasche Parfum und extra feuchtigkeitsreicher Hautlotion."
„Denkst du auch, was ich denke?", sagte George.
Fred grinste und dann sagten die beiden zusammen: „Actionfiguren."
Dumbledore gluckste. „Ich bin sicher, dass Professor Snape von einer solch freundlichen Geste angetan sein wird. Nun, ich denke, dass es schon Zeit für Frühstück ist und ich muss zugeben, ich bin ziemlich hungrig. Arthur, Molly, Fred, George, werdet ihr hier bleiben und mit uns essen?"
„Nein, nein...", sagte Mrs. Weasley mit einem höflichen, jedoch kaum sichtbaren Lächeln. „Wir müssen zurück zum Fuchsbau um alles für Percys Beerdigung zu organisieren." Ihre Hand zitterte ein wenig, als sie ihren Rock glättete und aufstand. „Vielleicht ein andermal."
„Ja, vielleicht", sagte Dumbledore verständnisvoll. Sie alle standen auf. Dumbledore warf Mr. und Mrs. Weasley einen sehr ernsten, verstehenden Blick zu. „Und merkt euch bitte, was ich vorhin gesagt habe... wenn ihr jemals etwas braucht, bitte zögert nicht, es mich wissen zu lassen. Die Weasley waren immer und werden immer Freunde von Hogwarts sein."
Mr. Weasley nickte mit einem dankbaren Lächeln, das sich jedoch nicht bis zu seinen Augen erstreckte. Mrs. Weasley holte wieder ihr Taschentuch hervor und wischte sich über die Augen.
Sie wollten gerade das Büro verlassen, als sich die Tür öffnete und Lupin hereinkam. Er sah ein wenig außer Atem aus, als wäre er den Weg zum Büro gelaufen.
„Albus", sagte er und legte eine Hand an seine Seite. „Wir haben gerade eine Nachricht von Tonks erhalten. Sie ist vor St. Mungos und will ihre Schicht beginnen, aber Mundungus Fletcher ist nicht aufgetaucht."
„Oh?", sagte Dumbledore und hob eine Augenbraue. „Haben wir irgendwelche Hinweise über seinen Aufenthaltsort?"
Lupin schüttelte den Kopf und sagte: „Er wurde zum letzten Mal vor ein paar Tagen am Grimmauldplatz gesehen. Niemand weiß mit Sicherheit, wo er ist."
„Wie seltsam", sagte Dumbledore. „Ich denke, dass er heute noch auftauchen wird, wahrscheinlich mit ein paar gestohlenen Kesseln im Schlepptau... falls ich richtig liege, ist Alastor heute frei. Bitte kontaktiere ihn und sag ihm, dass er Tonks bei ihrem Wachdienst helfen soll. Wenn du das bitte tun würdest, Remus."
Lupin nickte und hielt die Tür auf, damit die anderen vorbei konnten. Harry folgte Ron aus dem Büro, den Korridor entlang hinunter zur Großen Halle und dem Frühstück. Als sie an den riesigen Türen vorbeigingen, die hinaus auf die Schlossgründe führten, konnte Harry sich einen Blick nach draußen nicht verkneifen und fragte sich, wo Snape wohl steckte und wann er zurückkommen würde.
Die Antwort darauf kam zwei Tage später.
Es war der erste Unterrichtstag, ein Freitag. Dumbledore hatte darauf bestanden, dass alles so bald wie möglich wieder zur Normalität zurückkehrte, trotz dem Schaden am Schloss und der Verlegung einiger Klassenzimmer. Der Turm, in dem Hermine Alte Runen gehabt hatte, war komplett zerstört worden, und deshalb wurde der Unterricht nun in der Großen Halle abgehalten, während in einer ganze Reihe von Verwandlungsklassenzimmer die Feuer so schlimm gewütet hatten, dass sie nicht einmal mehr von den Lehrer renoviert werden konnten. Im Ministerium erwartete man nicht, dass man den Schaden innerhalb der nächsten paar Wochen würde reparieren können.
Ähnlich sah es mit einem Korridor aus, der zwei Türme miteinander verbunden hatte, aber nun eingestürzt war. Man hatte daher eine magische Plattform herbeigezaubert, auf der die Schüler schwebend von einem Turm zum anderen gebracht wurden. In der vergangenen Nacht waren Harry und seine Freunde hoch zum Astronomieturm gegangen, um Hagrid, Norbert, Sly und den Babydrachen zu besuchen, der im Andenken an seinem gefallenen Paten nun Kibbles II hieß. Neville war fast von der schwebenden Plattform gefallen und Hunderte von Metern tief in einen überfrühten Tod gestürzt, und er wurde nur durch einen schnellen Seilzauber von Draco gerettet.
Der Freitag Morgen (Anm. d. Betalesers: Bei mir ist auch gerade Freitag Morgen, und bei mir ist Schule ausgefallen. Seid froh drum, sonst könntet ihr das jetzt nicht lesen .) würde mit drei Stunden Verteidigung gegen die dunklen Künste beginnen, und das war immer Grund genug, Harry zum Lächeln zu bringen. Als er sich an diesem Morgen zum Frühstück an den Gryffindortisch setzte, war er in besserer Stimmung als während der gesamten letzten Woche.
„Morgen", sagte Hermine und sah von ihrem Alte Runen Studienführer auf.
„Morgen", antwortete er. Er setzte sich, streckte die Hand aus und nahm ein paar Scheiben Toast von einem der Stapel in der Mitte des Tisches. Ron kam in die Halle, setzte sich neben Hermine und gab ihr mit einem Lächeln ein weiteres, dickes Buch.
„Ich musste Ginny suchen, damit sie in dein Zimmer geht um es zu holen", sagte er und offenbar hatte er Harry überhaupt noch nicht bemerkt.
„Danke", sagte sie mit einem weiteren Lächeln. Harry war ziemlich überrascht. Er hatte Hermine erst einmal so lächeln sehen, und das war vor zwei Jahren am Weihnachtsball mit Viktor Krum gewesen. Er sah noch überraschter zu, wie Hermine einen Teller mit Toast nahm und ihn Ron gab. Und sie errötete.
„Hast du heute wieder etwas von diesem komischen Trank auf dein Haar getan?", fragte er sie, nahm eine Scheibe Toast und sein Messer und begann, Butter auf das Tischtuch zu streichen.
Sie lächelte schüchtern und nickte. Harry merkte, dass er sich sehr gut an eine Hermine erinnern konnte, die gesagte hätte: „Oh, Ron, es nicht irgend so ein ‚komischer Trank'. Also wirklich."
Hermine merkte plötzlich, dass Ron nun auch leidenschaftlich damit begann, Marmelade auf das Tischtuch zu streichen, lächelte, streckte ihre Hand aus und legte sie auf seine. „Ron..."
Er sah auf den Tisch und grinste. „Oh."
Harry erinnerte sich jetzt an einen Ron, der finster geschaut hätte, ihr gesagt hätte, dass die Hauselfen es putzen würden und dann hätte es einen Streit über B.ELFE.R gegeben. Und sie hätten dann während Dunkle Künste nicht miteinander geredet, Hermine würde mit schlechter Stimmung zu Reine Künste gehen und am Abend würden sie sich im Gemeinschaftsraum anschreien... aber nichts davon geschah. Hermine grinste nur, nahm ihren Zauberstab und ließ die Marmelade mit einem kleinen Spruch verschwinden. Sie schob den Teller mit dem Toast näher zu ihm. „Butter und Marmelade gehören auf den Toast, du erinnerst dich doch?", sagte sie lächelnd.
Harry wollte gerade fragen, was zum Teufel mit ihnen los war, vielleicht waren sie von leichten Aufmunterungszaubern getroffen worden, aber ein Geräusch hinter ihm lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Zwei laute Knalle ertönten, gefolgt vom Stöhnen der Türangeln, als das Eichenportal aufgestoßen wurde und jemand hereinkam, ein sehr wütender und schwer durch zusammengebissene Zähne atmender Jemand. Harry wusste sofort, wer es war, und seine Vermutung wurde bestätigt, als Snape wütend an den Türen zur Großen Halle vorbeilief und im Korridor zu den Kerkern verschwand. Ein paar Schüler in der Halle murmelten misstrauisch miteinander.
Harry andererseits, wollte wissen, was im Wald passiert war. Er wandte sich Ron und Hermine zu und wollte ihnen sagen, sie sollten auf ihn warten und seinen Toast aufheben. Er erkennte, dass sie noch immer mit sich selbst beschäftigt waren und kein Wort von dem hörten, was jemand anderes sagte, also stand er auf, hob seine Tasche vom Boden und lief aus der Halle.
Er wandte sich nach rechts und lief dann den Korridor zu den Kerkern entlang. Er konnte Snapes Gestalt vor ihm sehen, als er in schlechter Laune den Korridor entlangstampfte. Harry folgte ihm und rief: „Professor, warten Sie!"
Snape wandte sich auf der Stelle um, um Harry anzusehen, und er war einen Moment lang überrascht. Ein großer Schnitt lief über Snapes Wange und sein Umhang war von eingetrocknetem Dreck bedeckt. Vorne auf seiner Brust war ein großer, schmutziger Abdruck eines Huftritts. Snape sah Harry, rollte mit den Augen und drehte sich um, um weiter zu gehen. „Lass mich in Ruhe, Potter!"
„Warten Sie, ich will mit Ihnen reden!", rief Harry und verfolgte ihn den Korridor entlang; er hatte das seltsame Gefühl, helfen zu müssen. Es war fast, als würde er ein Elternteil in Sorge sehen.
„Ich weiß, dass ich ein Dummkopf bin, Potter", schnarrte Snape. Der Zaubertrankmeister wandte sich der Tür zu seinem Büro zu, knurrte einen Zauberspruch, um sie zu öffnen und sie sprang in einem Funkenschauer auf. „Ich brauche dich nicht auch noch als Bestätigung", spuckte Snape geradezu, als er hindurchtrat und die Tür hinter sich zuschlug.
Harry verlangsamte seinen Schritt zu einem erstaunten Joggen, dann einem Schlendern und schließlich blieb er stehen und sah auf Snapes Bürotür. Er fragte sich, was zum Teufel im Wald geschehen war. Den Huftritt nach zu schließen, hatte er einen Streit mit den Zentauren gehabt, und diese Wunde sah wirklich, wirklich böse aus.
Harry ging zögernd auf Snapes Tür zu und blieb davor stehen, noch immer unentschlossen, ob er sein Glück herausfordern sollte oder nicht. Snapes brauchte medizinische Hilfe. Und jemanden, mit dem er reden konnte. Harry fühlte sich irgendwie schuldig, weil Snape ihm in der Vergangenheit schon so oft bei Problemen zur Seite gestanden hatte, und es war seine Pflicht, diese Schuld zu bezahlen. Auf der anderen Seite, dachte Harry, war die Chance, dass Snape im Moment mit niemandem etwas zu haben wollte, bei neunundneunzig Prozent. Snapes Probleme waren eigentlich auch nicht Harrys Sache.
Er beschloss, dass er es einfach versuchen würde, nur einmal, klopfte vorsichtig an und rief durch die Tür: „Professor...?"
Ein lautes, klirrendes Geräusch ertönte auf der anderen Seite, als etwas Schweres und Teures gegen das Holz geworfen wurde. Harry nahm das als schlechtes Zeichen. Er erkannte, dass er eine winzige bis gar keine Chance hatte, mit Snape zu sprechen, und drehte sich um und ging den Korridor zurück. Ron stand am Eingang zum Kerkerkorridor und wartete mit einem neugierigen Stirnrunzelnd auf ihn. „Was sollte das alles? Einfach so hinter Snape her zu laufen?"
„Ähm... nichts", sagte Harry ungenau. „Hey, wo ist Hermine, ich dachte – "
Ron stöhnte. „Was willst du mir denn jetzt schon nicht sagen?"
„Nichts!", sagte Harry fast wütend. „Wirklich, Ron, ich hab nur – "
„Oh... ich sehe schon, worum es geht", sagte Ron. Harry gefiel sein Ton ganz und gar nicht. Ron wandte sich um und sagte über seine Schulter: „Vielleicht ist es mal Zeit, dass ich zur Abwechslung mal glücklich bin, weißt du. Vielleicht nur einmal." Und dann fügte er hinzu: „Wir kommen zu spät zu Dunkle Künste, komm schon."
„Was meinst du, es ist Zeit für dich, glücklich zu sein?", knurrte Harry.
Ron antwortete nicht. Er durchquerte einfach die Eingangshalle und ging auf die Treppe zu. Harry folgte ihm, noch immer fragend, was er gemeint hatte, und nach ein paar Augenblicken sagte Ron: „Du weißt, was ich meine, Harry. Und es tut mir wirklich Leid für dich und alles, aber ich verdiene es nicht, angeschnauzt zu werden... und ich weiß, dass du ein wenig eifersüchtig bist, aber – "
„Eifersüchtig!", rief Harry so laut, dass sich ein paar Schüler umdrehten und ihn anstarrten. „Eifersüchtig? Wovon zum Teufel redest du?"
„Sieh mal, wir werden später darüber reden", antwortete Ron. Er wandte den Blick nach vorne, entdeckte jemanden und rief: „Hermine, warte!" Er lief davon und mit einem Blick zurück auf Harry und einem schnellen: „Komm schon, wir kommen sonst zu spät" war er verschwunden.
Harry stand einfach nur still im Korridor, während die anderen Schüler an ihm vorbei drängten, als wäre er eine Muschel an der Küste, um die die Brandung ihren Weg suchte. Er starrte Ron vollkommen überrascht nach. Eifersüchtig? Er? Er wusste nicht, wie Ron so etwas auch nur denken konnte, wo er doch selbst während der gesamten ersten Hälfte des vierten Jahres so eifersüchtig auf Harry gewesen war, weil er Trimagischer Champion gewesen war. Harry sah, wie sein bester Freund Hermine einholte und sich nach vor lehnte, um mit ihr zu reden, und ein schrecklicher Gedanke sprang in seinen kopf.
Vielleicht dachte Ron, dass er eifersüchtig war, weil Ron und Hermine zusammen waren.
Harry merkte, dass ihn dieser Gedanke noch mehr schockte. Das war doch einfach nichts anderes als einfach nur dumm. Er mochte Hermine, natürlich, aber nicht auf diese Art und Weise, außerdem war er doch glücklich für Ron. Und doch, je mehr er darüber nachdachte... Ron hatte noch nie wirklich eine Freundin gehabt. Er hatte noch nie etwas wirklich nur für sich gehabt. All seine Kleidung und Schulsachen waren Secondhand von seinen Brüdern und Harry hatte in ihrer Freundschaft immer mehr Aufmerksamkeit von anderen bekommen. Und nun hatte Ron Hermine, und er war fest entschlossen, sie sich von niemandem stehlen zu lassen. Harry wusste nicht wirklich, wie er sich deswegen fühlen sollte. Wütend, weil Ron ihn als Rivalen sehen konnte. Verärgert, dass Ron ihm nicht einmal vertrauen konnte.
Bevor er weiter in seinen Gedanken versinken konnte erschien jemand vor Harry. Er hob den Blick und sah Draco, der ihn mit einer gehobenen Augenbraue beobachtete. „Was ist denn mit dir los?"
„Nichts", kam automatisch aus seinem Mund.
„Du weißt, dass wir gerade Dunkle Künste verpassen, oder?", sagte Draco und beobachtete ihn noch immer misstrauisch.
„Oh, ja", sagte Harry abwesend und nickte leicht. „Komm schon, wir sollten uns besser beeilen..." Er ging den Korridor entlang, mit Draco auf den Fersen, und ein paar Augenblicke später schlüpften sie in das Klassenzimmer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste.
Ron und Hermine saßen in der ersten Reihe und sie hatten neben ihnen zwei Plätze für Harry und Draco freigehalten. Hermine drehte sich um und winkte sie herüber. Harry ging zu ihnen und wollte sich neben Hermine setzen, aber in einem stillen Wutanfall und einem bedeutungsvollen Blick an Ron schlenderte er zum anderen Stuhl und ließ Draco dazwischen sitzen. Draco sah ihn stirnrunzelnd an. „Was ist heute mit dir los?", zischte er.
„Nichts", sagte Harry.
„Ich hoffe, dass wir heute Flüche durchmachen", sagte Draco mit ruhiger Stimme, während er sich auf seinem Stuhl zurücklehnte und seinen Zauberstab aus der Tasche holte. „Dann kann ich dich so lange verfluchen, bis du mir sagst, was es ist."
„Nur über meine Leiche", sagte Harry.
„Wenn es sein muss."
„Nicht komisch, Malfoy."
„Kein Scherz, Potter."
In diesem Augenblick kam Professor Lupin ins Klassenzimmer, mit einem dicken Buch unter dem Arm, und sie hatten keine Zeit mehr, das Gespräch zu beenden. Lupin hielt heute die letzte Stunde mit den magischen Objekten, aber Harry konnte sich nicht einmal konzentrieren. Er fühlte sich immer schuldig, wenn Hermine mit ihm redete, und er bildete sich ein, dass Ron leicht die Stirn runzelte, wenn sie es taten. Ron sagte kaum ein Wort zu ihm. Draco und Hermine versuchten aus beiden herauszubekommen, was los war, aber weder Harry noch Ron sagten etwas. Nach zwei Stunden fühlte sich Harry müde und missgelaunt. Er verließ das Dunkle Künste Klassenzimmer in schlechter Stimmung, die Hände in den Taschen und er wollte eigentlich nicht wirklich mit irgendjemandem reden. Hermine kam zu ihm herüber und versuchte, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, Ron folgte ihr, aber Harry schaffte es, die beiden in den Schülermengen zu abzuhängen und er machte sich auf den Weg hoch zur Eulerei, um seinen Kopf ein wenig frei zu machen.
Dort oben war es wie immer dunkel. Hunderte Paar glitzernde, schwarze Augen blickten auf ihn herab, als er eintrat und die bekannte Wärme und Hitze schien ihn zu beruhigen. Er spielte kurz mit der Idee, einfach stundenlang hier zu bleiben. Hier, in der Stille, mit nur dem Rascheln der Feder um ihn herum. Er fand den einzigen sauberen Fleck am Boden und ließ sich darauf sinken, den Kopf in die Hände gelegt. Er wollte jetzt nicht wieder gehen.
Er saß ein paar endlose Minuten einfach in Stille da und versuchte, damit zurechtzukommen, was in seinem Leben im Moment geschah. Ein Teil von ihm sehnte sich nach jemandem, mit dem er reden konnte, ein anderer Teil wollte einfach alleine sein. Es wäre schön, wenn vielleicht ein komplett fremder Zauberer in die Eulerei käme, jemand, den er noch nie getroffen hatte, und mit dem er reden konnte und vom dem er eine unparteiische Antwort erhielt. Vielleicht reagierte er auch einfach zu extrem... aber vielleicht tat das Ron ja auch. Ron hatte noch nie einen Grund gehabt, auf Harry und Hermine eifersüchtig zu sein. Ron war einfach besitzergreifend. Aber Harry wollte nicht, dass Hermine ihn und Ron auseinander riss... Blut war dicker als Wasser, oder?
Die Tür öffnete sich und Harry sah auf um zu sehen, wer kam. Niemand trat durch die Tür. Der Wind muss sie aufgeblasen haben, überlegte er. Er stand nicht auf, um die Tür wieder zu schließen. Doch in der nächsten Sekunde schloss sie sich von selbst und Schritte kamen durch den Raum auf ihn zu. Er drückte sich nahe an die Wand, befürchtend, dass es ein Todesser unter einem Tarnumhang sein könnte, aber in der nächsten Sekunde erschien ein Gesicht vor ihm, das sehr besorgt aussah. „Harry?"
Harry legte den Kopf wieder auf die Hände. „Hi, Peter..."
„Was ist los?", fragte Peter besorgt. „Du warst während Dunkle Künste so zerstreut... ist es Snape? Bist du besorgt?"
Harry nickte leicht. Er war es wirklich, obwohl es nur eine kleine Sorge war. Er strich eine Haarsträhne aus seinen Augen. „Hast du nicht gehört, was Ron vorhin zu mir gesagt hat? Weißt du nicht alles, was in diesem Schloss vor sich geht?"
„Das tue ich, aber ich kann mich nicht auf alles auf einmal konzentrieren... warum, was ist passiert? Habt ihr euch gestritten?" Peter kam nach vorn über den von Eulenmist bedeckten Boden und setzte sich im Schneidersitz vor Harry hin; Harry bemerkte, dass er ein paar Zentimeter über dem Boden schwebte.
Er nickte benommen. „Er denkt, dass ich auf ihn und Hermine eifersüchtig bin..." Harry schloss die Augen. „Er hat gesagt, nur weil ich eifersüchtig bin, heißt das nicht, dass ich meine Frustration an ihm auslassen dürfe, und dass ich glücklich sein sollte. Aber das bin ich. Ich freu mich wirklich für sie. Der einzige Grund, warum er sich so aufregt ist, weil er mir nicht vertraut."
„Mädchen", saget Peter weise mit einem Lächeln. „Ich erinnere mich gut... nun... nicht wirklich. Sie haben alle gesagt, ich hätte zu viele Sommersprossen und wäre zu unreif. Sie erkannten etwas Gutes nicht, wenn sie es sahen. Aber willst einen Ratschlag von mir?"
Harry nickte traurig.
Peter seufzte und sagte dann mit sehr weisen Gesicht: „Gib ihnen ein paar Tage. Wenn Ron einsieht, dass Hermine nicht plötzlich mit jemand anderem abhaut wird er sich sicher wieder etwas beruhigen. Weißt du was? Du solltest mit Hermine reden. Sag ihr, dass sie Ron wirklich liebevoll behandeln und ihm mehr Aufmerksamkeit als dir schenken soll. Zumindest für eine Weile."
Harry lächelte matt und nickte. „Danke, Peter... das werd ich versuchen... wenn es nicht funktioniert, kann ich dann mit dir reden?"
„Ich kann wohl schlecht nein sagen, oder?", sagte Peter und hob eine Augenbraue. Er lächelte und tätschelte Harrys Schulter. „Es ist echt stumpfsinnig, ein Teenager zu sein, ich weiß. Halt einfach den Kopf über Wasser, kämpf weiter, und – "
Die Tür öffnete sich. Harry sah auf, als er eine leichte Brise fühlte und Peter aus dem Sichtfeld verschwand. Ron stand in der Tür, eine Hand auf dem Türknauf. „Was machst du auf dem Boden?", sagte er überrascht.
Harry dachte einen Moment darüber nach und sagte dann mit überlegener Miene: „Ich habe das Recht, auf dem Boden zu sitzen ohne mich vor dir rechtfertigen zu müssen."
Ron seufzte tief. „Sieh mal, Harry, es tut mir Leid, dass sich die Dinge so entwickelt haben, aber du – "
„Nein, Ron, jetzt hör mir mal genau zu", sagte Harry und fühlte, wie Wut in ihm hochstieg. „Ich – bin – nicht – eifersüchtig – auf – dich – und – Hermine. Ich EMPFINDE NICHTS für Hermine! Ist es für dich wirklich so schwer, mir zu vertrauen? Wir sind doch eigentlich beste Freunde und du scheinst mir nicht mal zu glauben, dass ich nicht mit jemand anderem befreundet sein kann."
Er hatte sich innerlich schon darauf vorbereitet, Ron weiter anzuschreien, aber sein Cousin machte ein so absolut verdutztes, verblüfftes Gesicht, dass er verstummte und sich fragte, warum Ron nicht antwortete. Nach einem Moment sagte Ron mit überraschter Stimme: „Du denkst, dass ich denke, dass du eifersüchtig bist?"
„Du hast es heute Morgen gesagt", gab Harry zurück.
„Nicht wegen Hermine", sagte Ron und starrte ihn noch immer an, als wäre er verrückt. „Harry, du Idiot, ich meinte Kainda!"
Harry starrte ihn an. Nicht nur war das die letzte Antwort, die er erwartet hätte, aber Ron war tatsächlich die erste Person, die in den letzten Monaten Kaindas Namen ihm gegenüber erwähnt hatte. „W-was ist mit ihr?"
Rons Gesicht verfärbte sich langsam rot, genau in der Art, die er immer drauf hatte und die er so perfekt beherrschte, als würde Farbe in ein kleines Loch oben in seinen Kopf geschüttet. „Ich dachte, du wärst wütend, weil... ich und Hermine, du weißt schon, zusammen sind und... Kainda ist irgendwie... nicht hier..."
„Du meinst, sie ist tot", sagte Harry direkt. Er hatte gedacht, dass er sich durch ein Gespräch mit Ron besser fühlen würde, nicht schlechter. Plötzlich wünschte er sich fast, Ron würde verkünden, das mit Kainda wäre nur ein Scherz gewesen und dass er tatsächlich dachte, Harry wäre eifersüchtig.
„Sie ist doch nicht tot", sagte Ron. „St. Mungo sagt, sie ist nur – "
„Fast tot", sagte Harry.
„Nun..."
„Also hast du gedacht, ich wäre eifersüchtig weil du nicht alleine bist und ich schon", sagte Harry einfach und schnitt Rons Erklärung ab.
„Aber du bist nicht alleine", sagte Ron. „Wirklich, Harry... ich glaub, ich hab dich da falsch eingeschätzt... tschuldigung, Kumpel, aber du hast schon seit Ewigkeiten nicht mehr von Kainda gesprochen, und da hab ich einfach gedacht..."
„Dann hast du eben falsch gedacht", sagte Harry kalt. Er wandte den Blick dem strohbedeckten Boden zu. Er seufzte. „Ich will nicht darüber reden."
Ron war einen Moment still und fragte dann vorsichtig: „Hast du schon was von St. Mungos gehört?"
Harry schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Nein... lassen wir es einfach, Ron..." Er stand auf und wischte das Stroh von seinem Umhang. „Tut mir Leid, dass ich voreilige Schlüsse gezogen hab."
„Tut mir Leid, dass ich es auch getan hab", sagte Ron. Er hielt für Harry die Tür auf und die beiden gingen durch und kletterten dann in Stille die Treppe hinunter. Harry fühlte sich seltsamerweise ruhig, fast schuldig. Er hatte seit der Belagerung nicht viel an Kainda gedacht. Sie war für ihn vor langer Zeit einmal eines der wichtigsten Dinge der Welt gewesen, und jetzt dachte er fast nicht an sie. Sie hätte in der Zwischenzeit sterben können und er wusste es nicht. Er hatte ihr keinen einzigen Gedanken geschenkt...
Rons Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, als sie den Fuß der Treppe erreicht hatten. „Du vermisst sie wirklich, oder?"
Harry war einen Moment ruhig und nickte dann, nur einmal. Er vermisste sie mehr alles andere je zuvor in seinem Leben. Aber nichts, was er sagen könnte, würde es in Ordnung bringen. Und deshalb sagte er nichts, ging einfach neben Ron her, seine Augen auf den Boden gerichtet, doch als sie durch die Eingangshalle gingen fiel ihm plötzlich das letzte Mal ein, als er sie gesehen hatte und der Tag, an dem sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn liebte. Das Leben war wirklich nicht fair, dachte er, und sah zu, wie Hermine durch die Halle lief, sich an Rons Arm klemmte und fragte, wo er gewesen sei.
Der Rest des Tages verging schrecklich langsam. Er wurde während Zauberkunst ein wenig fröhlicher, aber abgesehen davon war sein Tag eindeutig düster. Er konnte nicht aufhören, an Kainda zu denken, und was passiert wäre, wenn es das Ozeangift nie gegeben hätte. Sie würde Hogwarts in diesem Jahr verlassen. All die anderen Siebtklässler diskutierten glücklich darüber, was sie tun würden, wenn sie mit der Schule fertig waren, welche Jobs sie annehmen wollten, ob sie in London gemeinsam in eine Wohnung ziehen würden. Kainda hatte Treiberin für ein Quidditchteam werden wollen. Die erste weibliche Treiberin in der Quidditch Liga. Sie hätte es geschafft... leicht. Natürlich war da auch noch das Lehrer gegen Schüler Quidditchspiel am Ende des Schuljahres. Sie konnten jetzt nicht spielen. Sie hatten einen Treiber zu wenig und egal, wen sie als Ersatz einstellten, es wäre einfach nicht das gleiche. Kainda hatte die Chance verdient, spielen zu können, und jemand anderen einfach hereinkommen und ihren Platz einnehmen zu sehen war einfach nicht fair.
Gedanken wie diese begleiteten Harry durch den gesamten Tag, sogar, als der Unterricht schon zu Ende war und sie hoch in den Gemeinschaftsraum gingen, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Draco durfte immer noch in den Gryffindorturm und auch dort schlafen. Er wartete auf sie, als sie hereinkamen, wie eine persische Katze auf einem Lehnstuhl vor dem Feuer zusammengerollt. Um seinen Hals herum war der Ehren-Gryffindor Schal, den Hermine für ihn gemacht hatte. Er trug ihn immer, wenn er im Gemeinschaftsraum war, damit ihn niemand beschuldigen konnte, er wäre im falschen Haus.
Er sah auf, als Harry, Ron und Hermine in den Gemeinschaftsraum kamen. Eine dünne blonde Augenbraue hob sich, als er Harrys Gesicht sah. „Merlin, ist jemand gestorben?", sagte er.
Harry zuckte zusammen. Er sagte nichts, sondern ließ sich einfach auf einen Lehnstuhl fallen, holte seine Hausaufgaben hervor und fing ohne ein weiteres Wort an zu arbeiten. Ron sagte ebenfalls nichts. Er setzte sich leise auf den Stuhl neben Harry. Hermine und Draco tauschten diese ratlosen Blicke, wie sie es so oft taten, wenn Harry und Ron sich merkwürdig verhielten, aber zum Glück fragte keiner von ihnen nach, und deshalb mussten Harry und Ron auf keine unangenehmen Fragen antworten.
Nach ein paar Stunden Hausaufgaben war es Zeit für das Abendessen. Die vier gingen hinunter in die Große Halle und Harry glaubte, dass ihn das Essen vielleicht ein wenig aufmuntern würde. Er hatte vor, an diesem Abend noch einen Brief an das St. Mungo Hospital zu schicken und zu fragen, wie es Kainda ging, und er wusste, dass er dann wenigstens eine Antwort auf die Frage nach ihren Zustand haben würde.
Alle vier setzten sich an den Gryffindortisch und begannen, Kürbissaft in ihre Gläser zu schütten und nahmen sich Brote von einem Teller. Harry wollte Hermine gerade bitten, ihm die Butter zu geben, als sie mit einem Blick auf den Lehrertisch sagte: „Hey, Snape ist zurück!"
Harry warf schnell einen Blick zum Lehrertisch. Snape saß ganz am Ende des Tisches und Harry erkannte diesen Gesichtsausdruck gut. Es war der Blick von jemandem, der lieber tot wäre, als dort zu sein, wo er war. Er saß über den Tisch gebeugt da, seine Schultern hochgezogen, sein Gesicht hinter einem Vorhang fettigen Haares verborgen, so dass nur noch seine Augen zu sehen waren. Er schenkte seinem Kelch einen Blick aus purem, reinen, unverfälschten und von nichts getrübten Hass. Andralyn und Isabis waren nirgendwo zu sehen.
„Wenn ich dieser Kelch wäre, hätte ich schon längst die Flucht ergriffen", sagte Ron weise und butterte sich eine Semmel.
„Ich frag mich, was im Wald mit ihm passiert ist", sagte Hermine. „Seht mal... er hatte eine Narbe ihm Gesicht. Wo hat er die bekommen? Denkt ihr, dass die Zentauren...?"
„Wahrscheinlich", sagte Draco. Er zog ein kleines Stück von seiner Semmel herunter. „Vater hat immer gesagt, sie wären ungezähmte Kreaturen."
„Sie sind nicht ungezähmt", sagte Hermine erhitzt. „Sie beschützen nur ihr Territorium, und sie haben einen guten Grund, Menschen zu hassen. Im Jahre 1845 hat das Komitee für – "
Draco rieb sich müde die Schläfen und nach ein paar Augenblicken Stille sagte er: „Bitte, Granger, wenn mir etwas daran liegen würde, Geschichte der Zauberei zu lernen, hätte ich das Fach weiter belegt."
„Ich würde es eigentlich gerne hören", sagte Ron und starrte Draco an. „Ein paar von uns versuchen nämlich, das Ganze zu verstehen, wenn es dir nichts ausmacht."
Harry, Draco und sogar Hermine starrte ihn verblüfft an. Nach einem Moment sagte Harry besorgt: „Du WILLST dir Hermines Geschichten wirklich anhören?"
„Ähm... ja."
Eine weitere Pause folgte. „Warum?", sagte Draco erschrocken.
„Weil es interessant ist", sagte Ron und warf ihm einen Blick zu, als wäre er dumm.
Draco blinzelte. „Du hast wieder komische Zaubertränke getrunken, oder, Weasley? Ich hab dir doch schon mal gesagt, das ist nicht gut für dich!"
Ron schnaubte, einen sehr überlegenen Blick auf dem Gesicht, als er mit der Hand in seine Schultasche griff und eine Ausgabe von Geschichte Von Hogwarts herauszog, das Buch gegen das Saftkrug lehnte und zu lesen begann. „Es tut mir Leid, dass ihr ungebildeten Menschen mein neues Hobby nicht unterstützt. Natürlich sind manche Geister einfach nicht für die noble Kunst des Studiums geschaffen."
„Hmm", sagte Draco und runzelte die Stirn. Harry konnte den warnenden Blick sehen, der in Dracos Augen erschien.
„Eines Tages erkennt ihr vielleicht den Wert des Lernens", sagte Ron, immer noch mit leicht überheblicher Stimme. „Bis dann fürchte ich, dass ihr einfach akzeptieren müsst, dass ich lernen will."
„Ron", sagte Hermine ernst. „Du machst uns Angst."
Draco seufzte tragisch, als würde er es am liebsten gar nicht tun, aber als hätte er nur das Beste für Ron im Sinn. „Es tut mir Leid, Weasley, aber das ist nur für dein Wohl." Er zog seinen Zauberstab heraus und wedelte ihn beiläufig. Die Buchstaben auf der Vorderseite von Rons Buch bewegten sich, bis mit einem ‚ping' der neue Titel des Buches erschien: ‚Liebesgeschichte aus Hogwarts'.
Rons Ohren wurden purpurrot. Er holte tief Luft, hob dann sein Buch auf und hob es über seinen Kopf. „Nun, es tut auch mir Leid, Malfoy, aber das ist für DEIN Wohl."
Hermine entriss ihm das Buch, bevor er Draco damit zu Tode prügeln konnte. Harry gluckste und begann, sich eine weitere Semmel zu buttern, während er gedankenverloren den Lehrertisch beobachtete. Snape war immer noch in schlechter Stimmung. Harry sah zu, wie er einige Minuten lang seinen starren Blick durch die Halle wandern ließ und dann nach einer Semmel griff, offensichtlich nur, damit er etwas zu tun hatte.
Aber gerade, als seine Hand den Teller berührte, ertönte ein Knall, der alle in der Halle zusammenzucken ließ und der gesamte Teller mit den Semmel brach in Flammen aus. Einige Schüler schrien und Snape zog die Hand schnell zurück und steckte die offenbar verbrannte Faust in seinen Mund. McGonagall zog ihren Zauberstab, lief hinüber und löschte das Feuer mit einem schnellen Wasserzauber, bis nur noch die kokelnden und verbrannten Überreste von Brot und Krümeln übrig blieben. Alle Lehrer starrten Snape an. Alrister nicht. Er trank noch immer aus seinem Kelch, als ob er es nicht einmal bemerkt hätte, doch ein paar Sekunden später hörte Harry, wie der Professor der Reinen Künste murmelte: „Ich habe dich gewarnt."
Snape sah aus, als wolle er Alrister erwürgen. Der Rest der Halle wandte sich wieder dem Essen zu, während McGonagall den verbrannten Teller hinaus in die Eingangshalle brachte. Harrys Freunde begannen ein Gespräch über die Sommerferien, aber Harry war zu sehr damit beschäftigt, Snape zu beobachten und mit zu hören, was er und Alrister einander zuzischten.
„Du wusstest über die Konsequenzen Bescheid", sagte Alrister ruhig. Snape murmelte etwas, das Harry nicht hören konnte, aber Alristers Antwort war: „Wenn du meinen Cousin beschuldigst, Snape, dann beschuldigst du mich."
Snape kochte vor Wut, doch er schnarrte nur: „Gib mir den Kürbissaft und misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein."
Alrister hatte ein sehr ruhiges Gesicht, als der den Krug mit dem Kürbissaft aufhob und ihn Snape reichte, mit einem trockenen: „Bitte mach keine Dummheiten und ertränk dich darin..."
„Ein weiteres Wort, Alrister, nur noch ein weiteres Wort", knurrte Snape als er den Krug nahm. Er hatte ihn keine zwei Sekunden in der Hand, als er leise und wütend zischte und den Krug auf den Tisch fallen ließ; er starrte ihn erschrocken an.
Alrister hob die Augenbrauen. „Oh, sieh dir das an... er kocht. Welch ein Zufall."
Snape schnarrte wütend: „Sei einfach still. Verdammt noch mal, sag kein Wort und niemand wird es bemerken. Ich weiß, dass du gerne theatralisch bist, aber sei nur ein einziges Mal still."
Alrister gluckste, lehnte sich zur Seite und murmelte Professor McGonagall, die sich gerade wieder gesetzt hatte, etwas zu. Sie sah sehr ernst aus und nickte dann stirnrunzelnd. Sie stand auf, ging hinüber zu Snape und nahm schnell den Krug und während sie ihn wegtrug warf sie Snape einen flüchtigen Blick zu. Snape sah Alrister mit verengten Augen an und schüttelte den Kopf.
Während dem restlichen Abendessen liefen die Dinge für Snape nicht gut. Er verheimlichte zwar alles und nur jemand, der ihn beobachtete, konnte all die seltsamen Dinge bemerken, die ihm passierten. All die anderen Lehrer hatten wie immer warmes Essen, während er heute nur Suppe bekam, die eiskalt war. Und wenn er dann trotzdem versuchte, sie zu essen, schmolz sein Löffel einfach, als er ihn in die Nähe des Tellers brachte. Dann kam der nächste Gang, Spaghetti, und die Gabel fiel aus seinen Fingern und stach ihn hart in die Hand, wo sie vier blutende Wunden hinterließ. Er fluchte leise und schloss die Hand einfach zu einer Faust, um die Blutung zu stoppen. Er tat Harry fast leid. Keinen der anderen Lehrer schien es zu kümmern. Sie schüttelten einfach die Köpfe, als würde er sich absichtlich dumm anstellen, und das auch nur, falls sie es überhaupt bemerkten.
Zuviel wurde es erst, als alle ihre Desserts aßen, heißer Schokolade Pudding mit Vanillesauce. Außer ein paar giftigen Blicken auf Alrister, der eine ziemliche Show daraus machte, seinen Pudding zu essen, tat Snape so, als hätte er nichts bemerkt. Er lehnte sich einfach in seinem Stuhl zurück, seufzte ungeduldig und starrte die Decke an.
Harry hatte gerade den Löffel gehoben, um sein Dessert zu beginnen, als er das Knacken hörte.
Es war, als würde Holz entzwei brechen und alle wirbelten herum, um zu sehen, was das Geräusch verursacht hatte. Man konnte gerade noch Snape sehen, der hinten von seinem Stuhl fiel, als dessen Hinterbeine nachgaben. Er verschwand, begleitet von einem lachenden Chor, unter dem Tisch. Ein paar Schüler begannen zu applaudieren. Sogar ein paar der Lehrer grinsten in ihren Nachtisch und keiner machte sich die Mühe, Snape zu helfen.
Er wollte oder brauchte jedoch keine Hilfe. Harry sah, wie er einfach aufstand und die Halle ohne ein weiteres Wort verließ und dabei nicht einmal errötete. Das Lachen erstarb. Harry merkte, dass er sein Dessert nicht mehr wollte, so köstlich es auch sein mochte. Was Snape draußen auf dem Schlachtfeld zu ihm gesagt hatte, begann mehr und mehr Sinn zu ergeben. Dass niemand Snape als Person sah, und deshalb sah er sie auch nicht so. Er verstand auch, warum Snape im Wald nach Isabis gesucht hatte. Was hatte er sonst noch im Leben? Keine Freunde, keine Familie, seine Kollegen mochten ihn nicht, die Schüler hassten ihn... Harry machte ihm keine Vorwürfe weil er versucht hatte, das eine zu retten, das er im Leben noch hatte. Und es sah so aus, als hätte er auch das verloren.
Harry seufzte. Das Leben ist wirklich nicht fair, dachte er, als er zusah, wie Hermine einen Löffel voller Schokopudding in Rons Mund schob, dann kicherte und den Pudding wegwischte, der seinen Mund verfehlt hatte.
