Kapitel 8
Schweigend pirschte die Gruppe durch die Gänge der Schule in Richtung großer Versammlungshalle. Man hatte sich für den Platz entschieden, da es die besten Fluchtmöglichkeiten in den ersten Stock bot, sollten die nächsten Rätsel einen solchen Rückzug erfordern.
Jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach.
Ryou stand die Wut auf seine dunkle Hälfte noch immer ins Gesicht geschrieben.
Dieser zog es vor, die anderen Drei völlig zu ignorieren, während in Yami die Anspannung Schritt für Schritt anstieg angesichts der Tatsache, daß sein Aibou der Nächste war, der wieder würfeln musste.
Yugi selbst entfuhr ein schwerer Seufzer, als sie endlich die große Halle erreichten, die normalerweise für Schulversammlungen genutzt wurde. Yami legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter und erntete ein Lächeln dafür.
„Na, dann wollen wir mal..." Bakura hockte sich in die Mitte der Halle und klappte das Brettspiel erneut auf. Dann griff er nach den Würfeln und drückte sie Yugi in die Hand.
„Warte! Vielleicht wäre es nicht verkehrt, sich vorher zu bewaffnen..." Yami sah ernst drein, während man Yugi die Erleichterung über den möglichen Aufschub ansah. Enthusiastisch drückte er Yami die zwei Würfel aus Elfenbein in die Hand.
„Nicht, daß das blöde Spiel auch noch glaubt, ich würde würfeln wenn ich sie irgendwo ablege... Ich hab da so eine Idee. Die Sport-AGs haben ihre Utensilien dort drüben in einer Art Abstellkammer. Da findet sich bestimmt einiges, was wir nutzen könnten. Ich werd da mal kurz stöbern gehen..."
„Ich komme mit", schrie Ryou fast erleichtert, ein wenig Abstand von seinem ´Schatten´ zu bekommen, dessen Blick ihm praktisch immer dann im Nacken saß, wenn er grade nicht hinschaute.
Mit einem ´Bis gleich´ machten sich die beiden Hikaris auf den Weg und verschwanden schließlich hinter besagter Tür.
Während Bakura den beiden konzentriert hinterher sah, fokussierte Yami den Grabräuber konzentriert.
„Was..." Er sah ihn nicht an, doch den stechenden Blick des Pharao musste man nicht sehen... Man spürte ihn sofort, wenn er auf einem ruhte.
„Warum ist Ryou so wütend auf dich, Grabräuber? Was hast du diesmal angestellt?"
„Was geht dich das an, Pharao!" Innerlich verfluchte sich der Geist des Millenniumsringes für seine Unbeherrschtheit. Denn der Ausbruch kam einem Schuldeingeständnis gleich und auf die Meinung dieses arroganten, ehemaligen Herrschers konnte er gut verzichten.
„Er ist immerhin Yugis Freund und die Sorgen von meinem Aibou sind auch meine. Also rücks raus..."
„PAH!" Bakura verschränkte die Arme und sah zur Seite.
„Jetzt sei nicht so stur! Wenn wir das hier heil überstehen wollen, müssen wir alle vier perfekt zusammen arbeiten..." Innerlich kochte der Pharao bereits über aufgrund der Sturheit seines Gegenübers. Anders als seinem Hikari lag ihm das drauflos reden obendrein überhaupt nicht, so daß er sich mehr oder weniger zwang, dem vermaledeiten Grabräuber den Kopf zu waschen und er wusste nur zu gut, daß dieser auf Streit oder auch nur annähernd befehlend klingende Worte wie der Stier auf das berühmte rote Tuch reagieren würde.
„Wozu?" Bakuras Augen funkelten und wenn Yami sich nicht schwer verguckt hatte, schien er sich etwas zu öffnen. Was nicht hieß, daß er auf offene Ohren stieß...
„Wenn wir zusammen arbeiten, hat das Spiel keine Chance gegen uns. Was ist daran so schwer zu verstehen!" In Gedanken zählte Yami bis 5. Jetzt war nicht die Zeit, sich mit seinem alten Feind zu streiten. Er gab es selbst sich nur ungern zu, aber sie brauchten Bakura, um aus dieser Sache gesund rauszukommen.
Der Grabräuber starrte Yami konzentriert an... Oder besser gesagt: Er starrte durch ihn hindurch und schien mit sich zu ringen.
„Pharao..." Yami lief ein eiskalter Schauer den Rücken herunter. Das war soweit er sich erinnern konnte, das erste Mal, daß Bakura den alten Titel nicht als eine Art fiese Beschimpfung aussprach. So langsam glaubte er, daß Ryou ihn mit irgendetwas Hartem auf den Kopf geschlagen hatte. Komisch war schon kein Ausdruck mehr für das Verhalten, das Bakura an den Tag legte...
„Hat sich dein Hikari verändert, seit du mit ihm ´zusammenarbeitest´ ?"
Yamis Augenbraue wanderte schon während der Frage nach oben. Also machte sich der Grabräuber Gedanken, ob er Ryou durch seine Anwesenheit verdarb? Das passte so GAR nicht zu ihm.
Andererseits war es das erste Mal, daß Bakura keine Möglichkeit hatte, seinem Licht auszuweichen oder ihn auf sonst eine Art zu verbergen.
Und ob die Beiden sonst in irgendeiner Art und Weise kommunizierten, konnte Yami nicht beurteilen. Aber er tendierte angesichts der ihm gestellten Frage eher zu einem ´Nein´. Was also sollte er antworten, ohne vorhandene Befürchtungen zu untermauern...
Schließlich WAR es so, daß er seinen Hikari in gewisser Weise beeinflusste, aber es war durchaus nicht so, daß Yugi irgendwelche negativen Eigenschaften angenommen hätte wie etwa Yamis Jähzorn, der sich ab und an zeigte. Eigentlich war es logisch, aber wie sollte er das Bakura klar machen?
Ein Räuspern holte ihn aus seinem Überlegungsmonolog und ein ungeduldig dreinschauender Grabräuber fokussierte ihn eisig. Der Pharao holte einmal tief Luft und stoppte nur knapp einen Seufzer. Dann sah er seinen Gegenüber fest an.
„Ich denke, es hatte einen tieferen Grund, daß es grade Yugi war, der das Puzzle löste. Man könnte sagen wir ergänzen uns und gleichen die Schwächen des anderen aus. Wir sind sozusagen Gegenstücke der Hikaris und reifen nach und nach aneinander..."
„So kann man das sicher sagen. Worum geht's?"
Bei der Stimme seines Aibou wurde der Geist des Puzzles blass und fuhr erschrocken herum, während Bakura das Kinn auf die Knie gestützt hatte und das Spielbrett fixierte, so daß ihm die langen, weißen Haare über das Gesicht fielen.
„Ach..." Yami versuchte verzweifelt, die Fassung zu bewahren und eine adäquate Ausrede zu finden, die so nah an der Wahrheit lag, daß Yugi es ihm abkaufen würde. Im nächsten Augenblick fragte er sich allerdings ernsthaft, warum er seinen Hikari belügen sollte. Schließlich hatten sie nichts besprochen, was man hätte verbergen müssen. Zumindest er selbst nicht.
„Wir haben uns bloß unterhalten..." Na ja... das war zumindest nicht gelogen gewesen.
„Und die Schule steht noch? Das muß ich zu Hause im Kalender rot anstreichen", grinste Yugi seine dunkle Hälfte breit an.
/Kann ja wohl nicht angehen... Er WEIß, worüber wir geredet haben. Da wette ich drauf/
„Kann ja nichts wichtiges gewesen sein, wenn beide noch leben", grummelte Ryou emotionslos vor sich hin, voll und ganz damit beschäftigt, das was er trug nicht fallen zu lassen. Wortlos hielt er seiner dunklen Hälfte ein Holzschwert entgegen und ebenso wortlos griff Bakura danach und wagte einen Blick nach oben. Ryou ließ diverse Schläger und Seile fallen und griff dann nach einem Baseballschläger. Der Blick den der Grabräuber danach erntete, ließ ihn schwer schlucken und auf einmal war der Fußboden der Halle äußerst spannend.
„Seid bloß nicht ZU nett zueinander", murmelte Yugi eher zu sich als zu den beiden Weißhaarigen und ließ seinen Stapel ebenfalls zu Boden gleiten.
„Hier Yami, das sollte dir gefallen." Yugi grinste zuversichtlich. Er würde freiwillig Mathe büffeln, wenn diese Waffe dem einstigen Pharao nicht gefallen würde.
„Pfeil und Bogen? Cool!" Instinktiv griff Yami nach Köcher und Bogen, sah dann aber etwas zweifelnd zu seinem Hikari.
/Meinst du, ich kann damit umgehen/
/Also... wenn meine Geschichtslehrerin auch nur ansatzweise recht hatte, war das die wichtigste Fernkampfwaffe im alten Ägypten... Seit wann bist du so unsicher/ Yugi fixierte seinen Yami irritiert. Dieser schüttelte den Kopf als Zeichen, daß Yugi seine Worte vergessen sollte und grinste zuversichtlich. Das wäre doch gelacht, wenn er sich von einem Stück Holz den Mut nehmen lassen würde.
Yugi selbst griff nach einem Hockeyschläger und rückte etwas an dem Seil, daß er sich mehrfach schräg um die Schulter gewickelt hatte. Auf Yamis fragenden Blick hin grinste er breit.
„Wer weiß... vielleicht müssen wir noch bergsteigen. Schaden kann's auf keinen Fall. Und jetzt lasst uns weitermachen..." Mit plötzlich grimmigem Gesichtsausdruck griff er nach den Würfeln, die Yami ihm hinhielt und ließ sie mit Wucht übers Spielbrett sausen.
Dann materialisierte sich zum wiederholten Male der Rätseltext in dem onyxfarbenen Glas auf der Spielfeldmitte.
„Was auch immer euch gejagt, woran auch immer ihr verzagt, gebt acht es kommt zu euch zurück, da hilft euch auch nicht euer Glück!"
„Klingt ja äußerst kreativ", murrte Bakura und spitzte die Ohren. Ein leises Fauchen ließ Yugi sofort erstarren.
„Ausgerechnet das Viech...", sein plötzlich aschfahles Gesicht drehte sich zur Seite und fast direkt hinter sich nahm er so grade noch aus den Augenwinkeln das Funkeln zweier Raubtieraugenpaare wahr. Ein plötzliches Knurren ließ die gesamte Gruppe herumfahren und auf den Leoparden blicken, der jetzt zum direkten Sprung auf Yugi ansetzte. Instinktiv griff alles zu den „Waffen" und stob auseinander, während das Tier aufgrund der fliehenden Beute die Orientierung verlor und verwirrt einen nach den Anderen fixierte. Dann registrierte seine feine Nase den frischen Geruch von Blut und taxierte somit instinktiv die leichteste – da verletzte – Beute: Yugi.
Knurrend und an den Boden gepresst lauerte der Leopard seine Beute an. Die Seiten der Schnauze vibrierten mit dem Knurren des Tieres und die Schwanzspitze zuckte nervös, während sich die zu groß geratene Katze langsam an ihr Opfer heranpirschte.
Yugi schluckte schwer und konzentrierte sich auf seinen Angreifer. Diesmal würde er sicher treffen.
In dem Moment als das Tier zum Sprung ansetzte, bohrte sich ein Pfeil direkt vor seine Schnauze.
„Verzieh dich, Katze! Du kriegst meinen Aibou nicht!", donnerte Yamis Stimme durch die Halle. Das Tier funkelte ihn bösartig an und schenkte seinem Bedroher ein lautes Fauchen. Yugi starrte seinen dunklen Gegenpart fassungslos an. Er hatte ja vermutet, daß Yami die Handhabung eines Bogens leicht fallen würde, aber daß er so perfekt damit umging war verblüffend. Folglich starrten nicht nur er, sondern auch Ryou und Bakura den Pharao verdutzt an.
Die magentafarbenen Augen fixierten den Leoparden stählern. Der Körper zeigte ebenso eine Spannung wie der Bogen den er gespannt hielt, bereit den nächsten Pfeil auf die Jagd zu schicken. Unsicher zuckten die Ohren des Tieres und es machte einen Schritt auf die plötzliche Bedrohung zu, um zu zeigen, daß es sein Futter nicht aufgeben würde.
Yamis Antwort kam sofort und mit einem schnellen Sirren zwischen die Pfoten der Raubkatze. Das war zuviel für das Tier und es nahm reiß aus um sich woanders eine leichtere Beute zu suchen. Erleichtert ließ Yami den Bogen sinken.
„Das war knapp...", seufzte er und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn, während Yugi ihn erleichtert umarmte und in höchsten Tönen lobte.
„Guter Schuss", bemerkte Bakura knapp. „Ich bin dran..." Damit griff er zu den Würfeln, hielt jedoch abrupt inne, als er etwas aus den Augenwinkeln wahrnahm.
„Hast du ein Problem damit, Kleiner?" Der wütende Blick, den er Ryou verpasste, ließ ihm beinahe das Blut in den Adern gefrieren. Doch dann gewann seine Wut wieder überhand.
„Wieder mal typisch! Seit du hier mit Körper rumläufst, hast du nichts als diesen ´Spaß´ an dem verrückten Spiel im Kopf! Aber hier geht's um mehr. Wir könnten dabei alle draufgehen, verdammt!"
„Genau deswegen will ich so schnell wie möglich fertig werden. Und wenn ich dabei noch Spaß haben kann, um so besser! Und jetzt setz dich auf deinen Hintern und HÖR AUF ZU NERVEN!"
Bakuras Augen funkelten so drohend, daß Ryou die Hand seiner dunklen Hälfte mit den Würfeln darin instinktiv losließ und einen Schritt zurücktrat. Er schluckte schwer, um die aufkommenden Verzweiflungstränen zu unterdrücken und starrte zu Boden.
Verdammter Bengel... wie schafft er es nur, daß ich sofort ein schlechtes Gewissen habe? Hoffentlich hab ich das hier bald hinter mit, damit alles wieder beim Alten ist...
Bakura gab es sich selbst gegenüber nicht gerne zu und zeigen würde er es so oder so niemals, aber mit den rechten Mitteln würde sein Hikari ihn leichtens um den Finger wickeln. Reines Glück für ihn, daß dieser das weder wusste, noch jemals wagen würde, es zu versuchen.
„Lass uns einfach fertig spielen", grummelte der Grabräuber schließlich in einem fast schon sanften Ton, der der sonst eher keifenden Stimmlage einen betörenden Unterton gab. Er setzte sich wieder an seinen Platz und drehte seinen Kopf halb in Richtung Ryou, wie um ihn zum sich hinsetzen aufzufordern.
Mit einem hörbaren Seufzer lies sich Ryou auf die Knie nieder, legte die Hände auf die Oberschenkel und fixierte das Spielbrett höchst konzentriert. Dann nickte er leicht mit dem Kopf und mit einem undeutbaren „Hrmpf" ließ Bakura die Würfel rollen.
„Er jagt bei Tag und nie in der Nacht. Und nun gib acht, wirst du zu Gott oder Dämon gemacht?"
Fast schon amüsiert fixierte der Grabräuber den Text.
„Irgendwie hab ich das Gefühl, daß ich den falschen Reim abgekriegt habe..."
Yamis einzige Reaktion war ein leicht amüsierter Blick, ansonsten würdigte er dem Spruch keine weitere Beachtung. Ansonsten war dieses Streitgespräch ja bei beiden höchst beliebt – die Streitfrage, ob ein Pharao nun gottgleich war, oder doch eher eine Plage für seine Untergebenen. Nicht, daß Yami wirklich ernsthaft darüber stritt. Es interessierte ihn weniger, ob es so war, aber die Tatsache, daß Bakura sich da so herrlich reinsteigern konnte, machte es schwer, nicht den fiesen Arsch raushängen zu lassen.
Doch für solche Plänkeleien hatten sie heute keine Zeit. Immerhin hatte sich die Lösung vom aktuellen Rätsel noch nicht gezeigt und das konnte nichts gutes bedeuten.
Unvermittelt hallte ein markerschütternder Schrei durch den großen Saal und ein menschenartiger Schatten stürzte sich über die Brüstung, einen langen Jagdspeer in den Händen haltend. Die Gruppe sah gebannt zu, wie der Schatten eine Art Salto in der Luft machte und sich dann wie im Angriff spannte. Nur einen Herzschlag später bohrte sich der hölzerne Speer links von Bakura in den Boden, der sich instinktiv zur Seite geworfen hatte und sich nun mit einer Mischung aus Überraschung und Entsetzen seinem Angreifer Aug in Aug gegenüber sah.
Noch bevor Kura reagieren konnte, schoss etwas durch die Luft in Richtung Kopf des Eingeborenen, der sofort bewusstlos zu Boden ging. Irritiert wand er den Blick von dem Bewusstlosen Angreifer ab und starrt Ryou fassungslos an, der allem Anschein nach mit dem Baseballschläger voll durchgezogen hatte und ihn jetzt überlegen angrinste.
„WENN dir einer das Fell über die Ohren zieht, bin ich das."
SO bis jetzt sind alle einstimmig für ein SA-Ende, also werd ich das auch schreiben
Gefällt mir selber auch besser, kann ja nicht ewig Andeutungen bringen und euch dann im Regen stehen lassen ;)
Es kann allerdings sein, daß es ein wenig länger dauert als gewohnt, in meinem engsten Bekanntenkreis gibts nämlich einen Umzug und der hat leider Vorrang /
