Thorongil
Von Athelas (oder halt Athelassa hier auf ff.net… J)
Zusammenfassung: Aragorns Wanderjahre. Was bei Tolkien nur in wenigen Zeilen niedergeschrieben wurde, wird hier ausführlicher erzählt. Dies ist die Geschichte über seine Zeit in Gondor, zuerst als einfacher Soldat, später als erster Heeresführer, und es handelt auch von seiner Beziehung zur Statthalterfamilie.
Genre: Abenteuer/Drama (Non-Slash)
Disclaimer: Leider habe ich Herr der Ringe
mitsamt seinen genialen Charakteren nicht selbst erfunden, das ganze HdR-Universum gehört J.R.R. Tolkien. Ich brauche seine
Figuren nur zum Spass und verdiene damit kein Geld.
Status: Work in Progress
Feedback: athelassahotmail.com
(oder ihr könnt mir natürlich auch einfach ein Review
hier hinterlassen…)
Kapitel 1 – Ankunft in Minas Tirith
Die weisse Stadt. Ein Sinnbild des Reinen und Unverdorbenen in einer immer düsterer werdenden Welt. Eine strahlende Festung in mitten der unruhigen See.
So empfand es der einsame Reiter, der bei Morgengrauen auf einem Hügel sein Pferd zum Stehen brachte und zum ersten Mal seinen Blick auf die hellen Mauern und Dächer von Minas Tirith legte.
Thorongil hielt überwältigt den Atem an und legte Felaróf abwesend eine Hand auf die dunkle Mähne, während er jedes Detail der Weissen Stadt für immer in seinen Geist zu prägen versuchte.
Sein Erbe.
Bereits jetzt verspürte er eine innige Liebe zu dieser prächtigen Stadt und er fühlte, dass er hierher gehörte. Als hätte er nach endlosem Herumirren im düsteren Wald endlich den blauen Himmel zwischen den Bäumen entdeckt.
Ein leises Lächeln schlich sich auf Thorongils müdes Gesicht und mit sanftem Schenkeldruck überredete er Felaróf zu einem zügigen Schritt. Der dunkelbraune Hengst schnaubte, gehorchte aber trotz seiner Erschöpfung augenblicklich. Thorongil streichelte dem treuen Ross zärtlich über den Hals. Felaróf war ihm als Abschiedsgeschenk von König Thengel überreicht worden als Dank für seinen achtjährigen Dienst im Lande Rohan. Der König hatte seinen Heerführer nur ungern ziehen lassen, denn Thorongil war nicht nur unter den Soldaten, sondern auch bei Thengel beliebt gewesen.
Allmählich erhellten die ersten zögerlichen Sonnenstrahlen die Landschaft und tauchten die Mauern der Weissen Stadt in ein rötliches Licht. Ein leichter Wind spielte mit Thorongils dunklem Haar, als er langsam den Hügel hinunterritt.
Die vergangenen paar Tage allein in der Wildnis hatten alte Gefühle von seiner Jugend in Bruchtal und von seinen Jahren als Waldläufer des Nordens hervorgerufen. Nach so langer Zeit, welche er ständig in Gegenwart vieler Menschen verbracht hatte, kam ihm die Stille des Waldes wie ein Segen vor. Es war, als könne er nun endlich wieder frei Atem holen. Nicht dass die Zeiten schlecht gewesen wären, als er an der Spitze von hunderten von tüchtigen Männern in die Schlacht geritten war und sie siegreich wieder herausgeführt hatte, aber trotzdem genoss er die neu gewonnene Freiheit in vollen Zügen. Als er die frische Waldluft tief einatmete und seinen Umhang gegen die Kälte des Morgens enger um sich schlang, kehrte für einen Moment Streicher in ihm zurück. Er lächelte und summte ein längst vergessen geglaubtes elbisches Lied vor sich hin. Dann schüttelte er seine dunklen Haare aus dem Gesicht, blickte erneut auf die Stadt vor ihm und lenkte Felaróf entschlossen darauf zu.
Das grosse Tor war so früh am Morgen noch verschlossen, aber ein kleineres Tor nebenan war geöffnet. Vier übernächtigt aussehende Wachen standen im Torbogen und stützten sich auf ihre Speere. Sobald sie aber den Reiter erblickten, waren alle Spuren der Müdigkeit verschwunden. Mit erhobenen Speeren verstellten sie ihm den Weg.
"Halt, Fremder! Was führt dich zu so früher Stunde nach Minas Tirith?"
Thorongil nahm leicht die Zügel auf und brachte Felaróf einige Schritte vor den Wachen zum Stehen.
"Ich bin hierher gekommen, um in die Heere Gondors zu treten."
Der älteste der vier Männer, der auch gleichzeitig der Befehlshaber zu sein schien, betrachtete den Neuankömmling aus zusammengekniffenen Augen.
"Und weshalb wählst du diese frühe Morgenstunde, um hier aufzutauchen? Die Musterung findet erst um die Mittagszeit statt."
"Es war nicht meine Absicht, die hier geltenden Regeln zu missachten", antwortete Thorongil ruhig. "Ich komme direkt aus dem Königreich Rohan und kenne mich mit den Sitten Gondors nicht aus. Ich war viele Tage unterwegs und konnte meine Ungeduld kaum zügeln, hierher zu gelangen und die Weisse Stadt mit eigenen Augen zu sehen. Ich habe schon viel davon gehört."
Die misstrauischen Züge auf dem Gesicht der Wache glätteten sich und ein mildes Lächeln trat an ihre Stelle.
"Dann siehst du zum ersten Mal Minas Tirith? Das rückt die Sache natürlich in ein anderes Licht."
Der Mann übergab seinem Kollegen den Speer und trat an Felarófs Seite.
"Mein Name ist Ulrad", stellte er sich vor, als Thorongil abgestiegen war. "Komm ich zeige dir wo du dein Pferd einstellen kannst und wo du dich bis zur Musterung etwas ausruhen kannst. Du siehst müde aus."
Thorongil blinzelte, überrascht von der plötzlichen Freundlichkeit des Mannes und er bedankte sich mit einem Kopfnicken. Zusammen gingen sie durch die schlafende Stadt.
"Eigentlich wären um diese Zeit bereits viele Leute bei ihrer täglichen Arbeit", sagte Ulrad beiläufig. "Aber gestern Abend gab der Statthalter ein Fest zu Ehren der neuen Soldaten. Es ist hier eine Art Tradition am Vorabend der ersten Musterung zu feiern und meistens ist die ganze Stadt eingeladen. Gondor ist stolz auf seine Armee."
Thorongil nickte abwesend. Die weissen Häuser und die üppigen Parke zogen ihn in ihren Bann. Die Strassen waren aus demselben hellen Stein wie der Rest der Stadt und alles schien sauber und strahlend. Vor ihm erhob sich der Turm von Ecthelion hoch in den Himmel hinauf, als wolle er es mit Manwe persönlich aufnehmen. Die Morgensonne liess ihn wie ein Juwel funkeln und glänzen. Thorongil konnte gar nicht anders als die prächtige Stadt zu bestaunen. In seiner Kindheit hatte er in Bruchtal oft Bilder der Stadt gesehen und später hatte er manchmal sogar von ihr geträumt. Doch Minas Tirith jetzt mit seinen eigenen Augen zu sehen übertraf all seine Erwartungen und liess ihn in einer Art von Unwirklichkeit zurück.
Thorongil war so in seiner Faszination versunken, dass er beinahe in Ulrad hineingelaufen wäre, als dieser auf einmal stehen blieb, um an seine Seite zu gelangen.
"Ich habe dich noch gar nicht nach deinem Namen gefragt", bemerkte Ulrad und musterte das Gesicht des anderen Mannes mit neugierigen Blicken.
"Man nennt mich Thorongil."
Ulrads Augen wurden gross als er den vertrauten Namen hörte und sein Blick fiel augenblicklich auf die sternförmige Brosche an Thorongils Umhang als suche er Bestätigung für das, was er eben gehört hatte.
"Thorongil? Dann bist du der erfolgreiche Heerführer von König Thengel von Rohan?"
Der Angesprochene lächelte verlegen.
"Ich sehe, dass mein Name meiner Person vorauseilt."
"Man erzählt sich hier viel über deine Taten in unserem Nachbarland. Wie zum Beispiel dein Sieg über die Dunländer. Aber sag nun, Freund, was willst du in Minas Tirith?"
"Wie ich schon sagte", antwortete Thorongil bestimmt. "Ich stelle mich in den Dienst Ecthelions II."
Ulrad schwieg für einen Augenblick und sagte dann nachdenklich: "Du wirst deinen Rang als Heerführer nicht behalten können, sondern wirst wieder als einfacher Soldat anfangen müssen."
Thorongil lachte leise auf.
"Glaub mir, Ulrad, ich bin froh darüber. Denn andere Männer zu führen, bedeutet eine grosse Verantwortung zu übernehmen. Mir kann es nur Recht sein, diese Verantwortung für einen Moment abzugeben."
Schweigend gingen sie weiter, bis sie vor den Ställen ankamen.
"So, hier kannst du dein Pferd einstellen", sagte Ulrad und liess seinen Blick bewundernd über Felaróf gleiten. "Ein schönes Tier."
Thorongil löste den Sattelgurt und hob den Sattel vom Rücken des Pferdes.
"Ja, Felaróf ist mein einziges Andenken an meine Zeit in Rohan. König Thengel hat mich ihn selbst ausbilden lassen und Felaróf hat mir all die Jahre über treu gedient."
Eine plötzliche Traurigkeit schlich sich in Thorongils Herz als er an Rohan und an Thengel zurückdachte. Er hatte sich auf Anhieb gut mit dem König verstanden und Thengel war weitaus mehr gewesen als nur sein Gebieter. Ein Vater und ein Freund. Auch mit den Rohirrim war er gut ausgekommen, besonders mit Éomund von der Ostfold. Zusammen hatten sie viele Schlachten geschlagen und sich gegenseitig den Rücken gedeckt. Es tat weh, als er an den Abschied von seinem Freund zurückdachte.
Ein leises Schnauben und ein Stups in seine Seite brachten Thorongil aus seinen Gedanken. Er murmelte Felaróf einige Worte in der Sprache der Rohirrim zu und streichelte die samtigen Nüstern des treuen Hengstes, bevor er ihn in den Stall führte. Als er wieder heraustrat, wartete dort Ulrad auf ihn und führte ihn in die Kaserne.
"Hier, für die Zeit bis am Mittag kommst du noch in den Genuss, ein Zimmer für dich alleine zu haben", sagte Ulrad und stiess die Tür zu einem kleinen Raum am Ende des Ganges auf. "Wasser um dich zu waschen und Essen findest du unten."
Er nickte Thorongil kurz zu, bevor er auf den Gang hinaustrat und die Türe hinter sich zuzog. Für einen Augenblick stand dieser einfach nur da und genoss die Stille des Raumes mit geschlossenen Augen. Müde seufzend schlug er sie wieder auf und warf sein Reisebündel in eine Ecke des winzigen Raumes. Es stand nur ein einziges Möbelstück in dem Zimmer und das war das Bett. Thorongil störte jedoch die Spärlichkeit des Raumes überhaupt nicht, er fand nur, dass das Bett unheimlich verlockend aussah. Langsam löste er den Gurt mit seinem Schwert von der Hüfte, verschwendete aber ansonsten keine Zeit damit, seine vor Dreck starrenden Kleider auszuziehen.
Das Bett quietschte bedenklich, als sich Thorongil darauf niederliess, aber auch das war ihm egal. Die Wahrheit war, dass der Gedanke an Minas Tirith ihn nicht in Ruhe gelassen hatte, seit er Rohan verlassen hatte. Es hatte ihn weder gut schlafen, noch lange rasten lassen und so war er früher als erwartet in der Stadt angekommen. Aber die anstrengende Reise hatte ihn erschöpft und da er nun endlich an seinem Ziel angekommen war, bereitete sich eine Müdigkeit in ihm aus, die er selten zuvor gespürt hatte.
Schwerfällig streckte er sich auf dem schmalen Bett aus und war schon eingeschlafen, bevor sein Kopf überhaupt das Kissen berührte.
TBC
