Nienna: Da bin ich froh, dass dir die Geschichte gefällt. Ich bin fleissig am weiterschreiben, aber manchmal habe ich einfach nicht genügend Zeit dafür. Trotzdem werde ich mir Mühe geben, regelmässig ein neues Kapitel zu posten. Ich hoffe, dass dir auch das neue Kapitel gut gefällt!

Yavanna: Nein, Núneth wird Arwen keine Konkurrenz machen, das kann ich an dieser Stelle bereits verraten. So etwas würde ich nicht tun, so wie ich auch keine Slash-Geschichten schreiben würde. Denn Tolkien beschreibt ja klar, dass Aragorn nur Arwen liebt, ansonsten würde er wohl kaum soviel für sie tun… =)
Aber Arwen wird nicht allzu viel vorkommen, weder in seinen Gedanken noch sonst. Ja, er kennt sie zu dieser Zeit bereits, er hat sie kennengelernt, als sie zu Besuch kam nach Bruchtal, als er 20 war. Seit dem liebt er sie. Sie wird aus dem einfachen Grund nicht vorkommen, weil ich sie nicht besonders mag. =) Sie ist nicht gerade eine meiner Lieblingscharakteren, muss ich zugeben. Obwohl ich sie ja im Buch ganz in Ordnung fand. Aber im Film… schauder Nein danke, ich komme gut ohne aus. =)

Kapitel 5 – Zusammenhalt

Am nächsten Tag, als alle neuen Soldaten wieder versammelt auf dem grossen Übungsplatz standen, holte Gundor Thorongil zu sich mit nach vorne.

„Nach dem gestrigen Tag habe ich beschlossen, Thorongil hier als Helfer für eure Ausbildung einzusetzen. Ihr habt noch sehr viel zu lernen und ich kann mich nicht um jeden von euch gleichzeitig kümmern. Thorongil wird mich dabei unterstützen."

Von den hinteren Reihen erhob sich ein mürrisches Gemurmel und Gundor blickte die Betroffenen scharf an.

„Falls ihr denkt, dass ihr diese Arbeit besser verrichten könnt, dann dürft ihr es gerne einmal versuchen. Wenn nicht, schlage ich vor, dass ihr besser das Maul haltet, ansonsten gibt es Bestrafungen für undiszipliniertes Verhalten. Wenn es etwas gibt, dass Gondor im Moment nicht braucht, sind es grüne Soldaten, die sich in Dinge einmischen, die sie nichts angehen. Also, wolltet ihr etwas sagen?"

Als sich niemand meldete und alle straff und starr vor sich hinsahen, nickte Gundor Thorongil zu.

„Lass uns anfangen."

Zunächst wurden die gleichen Schläge wie am Vortag geübt. Thorongil ging durch die Reihen und korrigierte Haltungen, führte Schläge vor und gab Ratschläge. Anfangs schienen die Soldaten Mühe zu haben, Befehle von einem Mann anzunehmen, der nicht älter als sie selbst zu sein schien. Aber schon bald merkten sie, dass es tatsächlich so besser ging, wie Thorongil es erklärte. Die Männer befolgten seine Ratschläge und bemühten sich, alles richtig zu machen.

Nach einer Weile rief Gundor ihn zu sich.

„Siehst du? Sie gehorchen dir aufs Wort. Es ist ein ziemlich lebendiger Haufen, aber solange du gleichzeitig streng, wie auch ein guter Lehrer bist, wirst du keine Probleme mit ihnen haben."

Thorongil nickte nur, merkte aber, wie sich doch ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen stahl.

„Hast du Lust auf einen kleinen Kampf? Wir wollen ja nicht, dass du uns vor lauter Unterrichten einrostest. Und ausserdem könnten die Grünschnäbel dann sehen, wie es am Schluss aussehen sollte", sagte Gundor gutmütig.

Thorongil grinste.

„Von mir aus gern, aber denkst du nicht dass es schlecht für die Moral der Truppe ist, wenn sie ihren Hauptausbilder im Dreck liegen sehen?"

Gundor lachte laut auf.

„Wir wollen ja sehen, wer zuerst im Dreck liegt."

„Mit Vergnügen."

Damit zogen sie beide ihre Übungsschwerter und senkten respektvoll den Kopf voreinander.

Mittlerweile hatten die anderen Soldaten ihrer Truppe die Waffen gesenkt und fingen an, einen Kreis um sie zu bilden, neugierig abwartend. Auch einige Männer aus fremden Truppen kamen hinzu, so dass sich schon bald eine ziemlich grosse Menschenmenge angesammelt hatte.

Einen Augenblick warteten die beiden Gegner darauf, dass der andere den ersten Schritt machen würde, dann zuckte Gundor mit den Schultern und griff an.

Thorongil lächelte und hob erst im letzten Moment sein Schwert um den Hieb abzufangen. Schnell trat er zur Seite und holte aus, um Gundor an der Schulter zu berühren, aber der andere Mann wich geschickt zurück. Thorongil zögerte nicht und griff sofort wieder an. Er täuschte einen Ausfall nach rechts an um dann die Klinge doch noch herumzureissen. Gundor keuchte überrascht, schaffte es aber noch, sein Schwert zwischen sich und die Klinge seines Gegners zu bringen. Die momentane Hilflosigkeit seines Gegners ausnutzend, stiess Thorongil mit aller Kraft gegen die gekreuzten Klingen, was seinen Gegner einige Schritte nach hinten taumeln liess.

Für einen Moment blieben beide Männer schwer atmend stehen und rührten sich nicht. Sie musterten sich gegenseitig und in den Augen beider Gegner widerspiegelte sich Anerkennung für den anderen.

Dann sagte Thorongil auf einmal draufgängerisch: „Glaubst du mir jetzt, dass du im Dreck liegen wirst?"

Gundor schüttelte lächelnd den Kopf.

„Niemals, mein Junge. Du bildest dir zuviel auf deine Fähigkeiten ein."

Thorongil lachte laut auf und liess sein Schwert spielerisch von der rechten in die linke Hand gleiten, während sie einander umkreisten. Dieses Mal war es Thorongil, der den ersten Schritt tat. Kraftvoll griff er an und obwohl Gundor jeden seiner Schläge parierte, trieb er den Ausbilder immer mehr zurück. Gundor duckte sich plötzlich und griff Thorongil mit einem aufwärtsgeführten Schlag an. Aber dieser hatte den Hieb vorausgesehen und parierte ihn mühelos. Im gleichen Atemzug gelang es ihm, Gundor mit dem stumpfen Übungsschwert zuerst an der Brust zu berühren und dann mit einem Hieb in den Bauch zu Fall zu bringen.

„Nun, wer liegt jetzt im Dreck?", fragte Thorongil von oben herab und näherte sich Gundor. Dieser war noch nicht wieder aufgestanden, sondern umklammerte mit schmerzverzerrtem Gesicht sein Handgelenk.

„Ahh, ich bin unglücklich gefallen, mit ganzem Gewicht auf mein…"

Weiter sprach Gundor nicht, denn als Thorongil sich besorgt zu ihm hinunterbeugte, brachte er blitzschnell den Knauf seines Schwertes hoch und erwischte den anderen Mann an der Seite des Kopfes.

Als Thorongil wieder einigermassen klar sehen konnte, lag er auf dem Rücken im Staub und über ihm stand Gundor mit gezücktem Schwert. Die Spitze des Schwertes zeigte auf seinen Hals. Die Soldaten um sie herum brachen in Jubel aus.

„Ich denke nicht, dass dir der Sieg gehört. Immerhin liegst du im Dreck und ich nicht."

Thorongil stöhnte leise auf und fuhr sich mit der Hand über die linke Schläfe. Als er sie wieder zurückzog, waren seine Finger rot mit Blut.

Keiner der Soldaten jubelte mehr, als sie sowohl Thorongils schmerzverzerrtes Gesicht wie auch das Blut sahen. Im Gegenteil, es kam ein gewisser Unmut gegenüber Gundor auf.

„Das war nicht fair, Gundor", sagte schliesslich ein junger Bursche, der in der ersten Reihe stand.

Gundor steckte sein Schwert in die Scheide und half Thorongil auf seine etwas wackeligen Beine.

„Krieg ist nie fair, mein Junge. Ich bilde euch nicht für einen spielerischen Wettkampf hin aus, sondern auf den Krieg. Edelmut und Gerechtigkeit werden euch dort auch nichts nützen."

Thorongil nickte schliesslich, verzog jedoch sofort das Gesicht und fasste sich an den Kopf.

„Gundor hat Recht. Verlasst euch nicht auf die Barmherzigkeit eures Feindes, er wird sie euch nicht gewähren. Das hier war voll und ganz mein Fehler, ich hätte nie darauf hereinfallen sollen. Aber es ist wohl noch nicht zu spät für mich, etwas dazuzulernen."

Als Gundor ihm mit einem Nicken unterstützte, konnte er es doch nicht lassen, zu fragen: „Aber musstest du so fest zuschlagen?"

Gundor lachte nur.

„Hmm, dein Schlag war auch nicht gerade mit Sanftmut geführt… Ausserdem kämpfst du mehr wie ein Elb als wie ein Mann und es ist beinahe unmöglich, dich zu treffen."

Da stahl sich ein Lächeln auf Thorongils Lippen.

‚Du weißt gar nicht, wie nahe du damit an der Wahrheit dran bist, mein Freund.'

„Immerhin warst du zuerst unten."

Gundor protestierte entrüstet, dass Thorongil dafür länger am Boden gelegen hätte und so stritten sie noch eine Weile freundschaftlich weiter, bevor sie sich wieder ihrer Aufgabe widmeten und die Soldaten dazu aufforderten, ihre Stellungen einzunehmen.

Viele Tage und Wochen vergingen mit hartem Training und allmählich besserte sich auch die Stimmung innerhalb der Truppe. Thorongil besass noch immer eine Sonderstellung etwas abseits der anderen, aber es begegneten ihm alle mit gebührendem Respekt. Es war nicht der misslungene erste Abend, welcher ihn zum Aussenseiter machte, sondern hauptsächlich seine Zurückgezogenheit. Wenn die meisten Männer abends in die Schenke gingen und sich mit Met, Wein und derben Scherzen vergnügten, streifte Thorongil oftmals alleine durch die Gärten vor den Häusern der Heilung oder holte Felaróf aus den Ställen und ritt ganz alleine los. In sternenklaren Nächten kehrte er häufig gar nicht zurück in den Schlafsaal und seine Kollegen hatten es lange aufgegeben, sich darüber zu wundern. Auch war er schweigsam und seine Augen trugen manchmal einen distanzierten Blick, so dass die anderen Soldaten nicht so recht wussten, wie sie mit ihm umspringen sollten.

Seine Truppe lernte ihn jedoch als strengen Lehrer kennen, der stets ihr Bestes forderte. Erschöpfung, Schmerzen und Enttäuschung waren ihre ständigen Begleiter, aber dafür verbesserten sich die Schwert- und Bogenkünste der Männer rasant. Auf Niederlagen folgten Erfolge und auch Stolz auf das Erreichte. Gundors und Thorongils Truppe gewann an Ansehen, sowohl beim Statthalter wie auch bei den anderen Männern und sie gehörten schon bald zu den besten. Der Tag des ersten richtigen Einsatzes rückte immer näher.

Die Gelegenheit ergab sich, als eines Tages ein erschöpfter Reiter auf einem noch müderen Pferd durchs Tor von Minas Tirith geritten kam und die Meldung mit sich brachte, dass Calmacil, der zweite Heerführer von Gondor, und seine Truppe in einen Hinterhalt der geraten waren. Wahrscheinlich die Haradrim, aber der Bote konnte das nicht genau wissen, weil er selber kein Soldat der Truppe war und die Nachricht bloss von einem Verwundeten erhalten hatte und darauf sofort losgeritten war. Viele der Männer seien gestorben, darunter auch der Heerführer selbst, und der Rest habe sich nach Harion, eine der kleineren Städte zwischen Lossarnach und Lebennin zurückgezogen, wo sie nun belagert wurden. Die Truppe war auf dem Weg nach Pelargir gewesen, dem Hafen im Süden Gondors, bevor sie angegriffen wurden.

Sofort wurden Vorkehrungen getroffen und der Statthalter rief Denethor zu sich in sein Arbeitszimmer. Ecthelion schaute von der Landkarte auf, die vor ihm auf dem Tisch ausgebreitet war, als sein Sohn eintrat. Denethor war bereits vollständig in seiner Rüstung und Ecthelion sah an seiner Haltung, wie stolz er war, den Baum Gondors auf seinem Harnisch zu tragen.

‚Er verfügt über einen starken Willen und er wird dem Volk ein guter Statthalter sein', dachte sich Ecthelion. ‚Wenn er doch nur seinen Stolz etwas mehr zügeln könnte, das würde mir und ihm einiges erleichtern.'

Denethor trat vor seinen Vater hin und nickte seinen Kopf ein klein wenig.

„Du hast nach mir geschickt, Vater?"

Ecthelion stand auf und winkte seinen Sohn zu sich an den Tisch, so dass beide einen guten Blick auf die Karte werfen konnten.

„Ja, ich wollte noch mit dir reden. Wie ich sehe warst du dir bereits sicher, dass ich dich ausschicken würde als Heerführer. Was wäre, wenn ich jemand anderen gewählt hätte?"

Denethor lächelte zuversichtlich.

„Das würdest du nicht tun, das weiss ich. Ausserdem wäre der einzige, der dafür noch in Frage käme Calmacil selbst und der wurde mit grosser Wahrscheinlichkeit beim Angriff getötet."

„Dann sollte es einleuchtend sein, dass ich jemand anderen zum Heerführer ernennen werde. Gondor hatte immer zwei Heerführer. Vielleicht hätte ich ja den neuen Mann als Verstärkung geschickt."

Das Lächeln verschwand allmählich aus Denethors Gesicht und machte einem Ausdruck von Verärgerung Platz.

„Was soll das, Vater? Hast du nun jemand anderem den Auftrag erteilt oder nicht?"

Ecthelion seufzte und schüttelte dann leicht den Kopf.

„Nein, das habe ich nicht. Aber in letzter Zeit habe ich manchmal den Eindruck, dass du zu fest auf dein eigenes Urteil vertraust."

Unglauben spiegelte sich in Denethors Augen, als er die vorsichtig geäusserten Worte seines Vaters und Gebieters hörte.

„Ich denke, ich verstehe nicht so ganz. Wirfst du mir vor, dass ich zu fest nach Macht strebe?"

„Noch sage ich nichts dergleichen, aber ich erwarte von all meinen Untergebenen Folgsamkeit und da bildest du keine Ausnahme. Auch wenn du mein Sohn bist."

Denethor nickte unwillig.

„Ist das der Grund weswegen du mich hierher gerufen hast?"

„Nein, ich wollte, dass du diese Karte hier mitnimmst und dir das Gebiet gut einprägst. Und dann wollte ich dir viel Erfolg wünschen."

Ecthelion übergab seinem Sohn die Karte, legte ihm dann die Hand auf die Schulter und drückte leicht zu.

„Komm mir wohlbehalten wieder zurück."

Es wurde rasch entschieden, eine Streitmacht von 400 Männern auszusenden. Unter all den erfahrenen Soldaten wurde auch Gundors und Thorongils Männern der Marschbefehl erteilt. Gundor nahm seine Stellung als Hauptmann wieder wahr und gleichzeitig ernannte er Thorongil zu seinem Kommandanten, der nun für das Unterkommando in ihrer Gruppe zuständig war. Insgesamt gab es in diesem kleinen Heer drei Hauptmänner, die dem obersten Heerführer zu dienen hatten, in diesem Fall Denethor persönlich.

Nervosität und Anspannung hingen schwer in der Luft als sich alle Männer zur Waffenkammer begaben. Thorongil selbst spürte die Aufregung deutlich, auch wenn das für ihn eigentlich schon lange hätte Alltag sein sollen. Doch die Aussicht auf einen Kampf und um den Verlust von Menschenleben hatte nichts von ihrem Schrecken eingebüsst. Mit zugeschnürtem Hals dachte er an all seine Kameraden, die während seiner Zeit in Rohan gefallen waren. Er nahm das ihm angebotene Kettenhemd entgegen, schüttelte aber verneinend den Kopf, als der Soldat ihm ein Schwert hinhielt. Für diesen Kampf würde er seine eigene Klinge brauchen.

Als er sich das Kettenhemd über den Kopf zog und das vertraute Gewicht sich auf seine breiten Schultern legte, fühlte er sich vollkommen ruhig und die kühle und klare Denkweise, weswegen er so oft bewundert und gelobt wurde, erfüllte seinen Verstand. Um ihn herum wurde die Spannung immer geladener und nur wenige fanden in einem Kettenhemd die Ruhe, die sie für den Kampf brauchten. Viele fühlten sich davon eingeengt und Thorongil sah, wie sich in manchen Augen die blanke Angst widerspiegelte.

Dorlas zum Beispiel, der sonst immer einen schlagfertigen Kommentar zur Hand hatte, war weiss wie die Wand und Schweiss tropfte von seiner Stirn. Thorongil ging zu ihm hinüber und legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Fasse Mut, denn ich weiss, dass du die Fähigkeit besitzt, dich und dein Vaterland zu verteidigen. Dir fehlt es weder an Kraft, noch an Schnelle oder an Können, das einzige was du brauchst ist Vertrauen in dich selbst."

Unsicherheit sprach aus Dorlas' Augen als er sein Gesicht Thorongil zuwandte.

„Ich weiss nicht ob ich den Mut finden werde."

„Doch, das wirst du. Das hier ist nur ein kleiner Einsatz, wahrscheinlich wird es keine sehr grosse oder lange Schlacht. Vielleicht reicht es bereits, wenn sie unsere Zahl wahrnehmen um sie in die Flucht zu schlagen."

Von der Überheblichkeit, welche oft in Dorlas' Stimme mitschwang wenn er mit Thorongil redete, war nichts mehr zu spüren. Thorongil merkte, wie der andere ihn auf einmal akzeptierte und er schwor sich selbst, dass er auf seine Truppe und vor allem auf Dorlas besonders Acht geben würde.

Auf dem Weg zum Versammlungsplatz fiel ihm auf, dass Núneth sehr gefasst und selbstbewusst wirkte. Die junge Frau kämpfte noch immer um Ansehen bei den Männern, obwohl sie bestimmt nicht zu den Schlechtesten ihrer Truppe gehörte. Ihre grosse Schwäche war ihr weiblicher Körper, der einfach nicht die Kraft besass, die sie von ihm forderte. Vieles konnte sie mit ihrer Schnelligkeit und Wendigkeit wieder wettmachen, aber trotzdem gab es Situationen, bei denen es auf pure Kraft ankam.

Dennoch machte Thorongil sich keine grossen Sorgen um sie. Er glaubte an Núneth und er schätzte ihr Geschick im Nahkampf.

Vor ihnen ritt Denethor im Sattel eines kräftigen Hengstes auf den Platz hinaus. Seine Rüstung glitzerte in der Sonne und widerspiegelte das kriegerische Funkeln in seinen Augen.

„Folgt mir, Soldaten von Minas Tirith!", rief er und seine Stimme hallte über den ganzen Platz. „Feinde bedrohen unser Land und es liegt an uns, es zu verteidigen. Gefahr lauert dort draussen, aber wir können sie besiegen. Ihr seid Männer von Gondor, erinnert euch an den Mut und an die Stärke, welche euch im Blute liegt! Auf in den Kampf!"

Viele der Soldaten brüllten ihre Zustimmung oder schlugen mit ihren Speeren auf den Boden als Zeichen des Mutes. Thorongil selbst rührte sich nicht und versuchte stattdessen, sich wieder alles in Erinnerung zu rufen, was er jemals über die Schwertkampfkunst gehört hatte.

Kurz darauf setzte sich der Zug in Bewegung und durch das weisse Tor ging es hinaus auf die Felder des Pelennor. Wie eine Schlange bahnte sich das Heer ihren Weg über das Land, immer geführt von Denethor und seinen drei Hauptmänner zu Pferd.

Es war Nachmittag, als sie das erste Mal kurz Rast machten, bevor sie weiterzogen. Es war kurz nach Sonnenuntergang, als Denethor befahl, das Nachtlager aufzuschlagen. Viele der Soldaten waren erschöpft von dem anstrengenden Marsch. Denethor hatte sie zur Eile angetrieben, denn die andere Armee würde in ihrer Position ohne Hilfe nicht lange ausharren können.

Als Thorongil seinen Umhang auf dem Boden ausbreitete und sich darauf setzte, gesellte sich der Rest seiner Truppe von selbst zu ihm. Von der Nervosität vom Morgen war nichts mehr zu spüren.

‚Die wird sich aber noch früh genug wieder bemerkbar machen', dachte Thorongil bei sich. Aus seinem Reisepack holte er etwas zu Essen heraus und die anderen folgten stillschweigend dem Beispiel ihres neu ernannten Kommandanten. Niemand sprach ein Wort.

Im ganzen Lager war es ungewöhnlich ruhig, was Thorongil aber auf den anstrengenden Marsch schob. Er selbst hatte keine Probleme mit der Geschwindigkeit, die Denethor vorlegte. Im Gegenteil, er genoss es, endlich wieder einmal aus der Stadt heraus und in die Natur zu kommen. Obwohl sie in den Krieg zogen, spürte er dennoch ein Gefühl von Zufriedenheit in sich aufsteigen, als er die frische Nachtluft einatmete.

Plötzlich kam ihm eine Idee in den Sinn und mit einem Lächeln auf dem Gesicht wühlte er so lange in seinem Bündel herum, bis er das Gewünschte gefunden hatte. In seiner Hand lag die Pfeife, die Gandalf ihm geschenkt hatte. Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie erstaunt er gewesen war, als er den alten Zauberer das erste Mal hatte rauchen sehen. Neugierig wie er war, hatte er es natürlich auch gleich ausprobieren wollen. Und hatte zuerst einmal für einen grossen Teil des Abends gehustet. Thorongil hatte Gandalf damals geschworen, dass er nie, niemals mit Rauchen anfangen würde, doch der Zauberer hatte nur gelacht und ihm die Pfeife ein zweites Mal hingehalten. Als sie sich nach diesem Abend das nächste Mal getroffen hatten, hatte Gandalf eine wunderschön geschnitzte, neue Pfeife für Thorongil mit dabei gehabt. Seit dem Tag trug er sie immer bei sich, obwohl sich sowohl seine elbischen Brüder wie auch Legolas bei ihm beschwert hatten und Gandalf anschuldigten, ihm schlechte Angewohnheiten beizubringen. Elrond hatte Thorongil sogar strikt verboten, in Bruchtal zu rauchen.

Thorongil lächelte bei dem Gedanken und strich beinahe zärtlich über das dunkle Holz des langen Stieles. Egal was seine elbische Familie sagte, die Pfeife hatte ihm schon so manche lange, dunkle Wachstunde erträglicher gemacht.

Er suchte auch das Pfeifenkraut heraus und bemerkte mit leichtem Stirnrunzeln, dass es schon trocken und brüchig war. Es war lange her, seit er das letzte Mal geraucht hatte.

Unter den verwunderten Blicken seiner Männer zündete er sich die Pfeife an und nahm einen tiefen Zug. Für einen Moment spürte er ein leichtes Kitzeln im Hals, das aber schnell wieder wich und mit geschlossenen Augen genoss er den Geschmack des Pfeifenkrautes. Dann blies er eine feine Rauchwolke aus und verschluckte sich beinahe vor Lachen, als er die völlig verblüfften Gesichter der Soldaten sah.

„Was tust du da, Thorongil?", fragte Dorlas verwirrt und hob seine Hand um den Rauch zu berühren.

Thorongil lächelte und hob die Pfeife etwas in die Höhe, so dass sie alle sehen konnten.

„Rauchen. Diese Tradition kommt von den Halblingen, sie pflanzen dieses Kraut an. Man steckt es in die Pfeife, zündet es an und raucht es."

Es war Dorlas anzusehen, dass er mit der Antwort nicht zufrieden war. Mit zusammengekniffenen Augenbrauen schaute er auf die Pfeife herab und in seinem Blick lag eindeutig Misstrauen.

„Aber was ist der Sinn davon?"

Thorongil schmunzelte breiter und dachte nach. Ja, was war eigentlich der Zweck der Sache? Nach der ersten Begegnung mit Gandalf hatte er nie mehr über den Sinn oder Unsinn des Rauchens nachgedacht. Er tat es einfach. Also hielt er Dorlas die Pfeife hin und nickte ermutigend.

„Versuch es."

Dorlas schickte ihm zuerst einen ungläubigen Blick zu, nahm dann aber die Pfeife zögerlich an. Mit beiden Händen hielt er sie am Stiel fest und führte sie an seinen Mund. Er holte tief Luft und blies mit aller Kraft hinein. Es fing an wie verrückt zu glühen und zu qualmen und bevor Thorongil eingreifen konnte, rief Dorlas erfreut: „Es klappt! Seht, ich kann's sogar besser als Thorongil!"

„Stopp!", brachte Thorongil mühsam zwischen einem Lachanfall heraus. „Stopp, du machst das ganz falsch. Komm, gib sie mir noch einmal."

Dorlas tat wie ihm geheissen und gab dem Kommandanten die Pfeife zurück. Thorongil rang noch immer um Fassung, bekam sich aber schliesslich wieder unter Kontrolle.

„Du musst nicht blasen, sondern ziehen."

Thorongil machte es vor und reichte Dorlas dann die Pfeife noch einmal. Der jüngere Mann zog vorsichtig an der Pfeife, begann aber unmittelbar zu husten.

„Uäh… hust… die andere… hust… Art zu rauchen… hust … gefiel mir … hust … besser!"

Thorongil lachte und klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken. Als Dorlas wieder normal atmen konnte, meinte er: „Ich weiss nicht, was du daran findest. Das ist ja scheusslich!"

„Nicht unbedingt", antwortete Thorongil. „Mit der Zeit gewöhnt man sich daran und es tut gut, zu rauchen. Es beruhigt und ich mag den Geschmack."

Dorlas winkte mit einer Hand abschätzig ab, aber in seinen Augen funkelte es amüsiert.

„Ich wusste schon immer, dass du etwas merkwürdig bist, Thorongil."

Der Kommandant der Gruppe liess dies mit einem Schulterzucken an sich abprallen während er zufrieden an seiner Pfeife zog. Auf einmal trat Núneth an seine Seite und setzte sich neben ihn. Etwas schüchtern liess sie ihren Blick auf der Pfeife ruhen.

„Ich habe von dieser Angewohnheit bereits gehört und möchte es auch einmal ausprobieren. Darf ich?"

Thorongil nickte und reichte ihr die Pfeife herüber. Auch sie musste husten und die ganze Truppe brach in Gelächter aus, bis Núneth mit gespieltem Zorn die andern aufforderte, es besser zu machen. So ging Thorongils Pfeife in der Runde herum, bis jeder es einmal ausprobiert hatte. Die Stimmung war locker und trotz des bevorstehenden Krieges und der kräftezehrenden Reise waren alle bei guter Laune. Sie redeten noch eine ganze Weile miteinander, bevor sich dann jeder zu seinem Schlafplatz zurückzog.

Als sich dann Thorongil endlich in seinen Umhang einrollte und die Sterne über sich betrachtete, fühlte er sich zufrieden. Die Truppe hatte viele Wochen lang gemeinsam trainiert, zusammen gegessen und im gleichen Zimmer geschlafen, aber trotzdem war es erst jetzt, da sich das Gruppengefühl entwickelte. Auf einmal schienen alle Barrieren gebrochen. Es spielte keine Rolle mehr, dass niemand wusste, woher er kam oder dass Núneth eine Frau war. Auf einmal hielten sie zusammen und im Hinblick auf die bevorstehende Schlacht war Thorongil mehr als froh über diese Entwicklung.

Noch einmal Earendil über sich suchend, drehte er sich dann zur Seite und war kurz darauf eingeschlafen.

TBC