7Hier kommt Lorelai!

Denn niemals gab es ein so herbes Los
Als Juliens und ihres Romeos."

Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht beendete Brad die Rede des Prinzen und erhielt dafür sofort eine Rüge von Paris. „Das ist nichts zum Lachen."

„'Tschuldigung."

„Lass ihn doch,"mischte sich Rory ein. „Du solltest glücklich sein. Wir haben es endlich geschafft. Wir sind durch. Und bevor du jetzt irgendetwas wie ‚Und noch mal von vorn!' sagst, möchte ich dich an die voranschreitende Uhrzeit erinnern. Wenn du uns heute Abend ewig proben lässt, könnte es passieren, dass wir morgen unausgeschlafen und damit unkonzentriert bei der Aufführung erscheinen..."

Paris schnaubte. „Na gut. Das war's. Wir sehen uns morgen."Sie warf Tristan einen warnenden Blick zu und betonte: „Pünktlich!"

Sie schnappte sich ihre Sachen und ging. Madeline, Louise und Brad folgten recht schnell. Nur Tristan trödelte absichtlich, da er wusste, dass Rory bis zum Schluss bleiben musste, um die Tür abzuschließen.

Nachdem das erledigt war, gingen sie gemeinsam zu seinem Wagen, blieben davor stehen und sahen unsicher zu Boden.

„Soll ich dich nach Hause fahren?"brach Tristan schließlich das Schweigen.

Rory lächelte ihn an und schüttelte dann den Kopf. „Nein, danke, ich wohne hier eigentlich gleich um die Ecke. Trotzdem danke."

„Na gut."Er versuchte sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. „Dann..."

Weiter kam er nicht, bevor sie von Lorelai unterbrochen wurden. Diese hatte sie von Luke's Diner aus gesehen und kam nun angerannt. „Seid ihr denn verrückt, hier einfach so rum zu stehen. Ihr dürft euch nicht mehr auf der Straße sehen lassen... für mindestens 2 Wochen! Habe ich dir denn gar nichts beigebracht?"

Tristan wollte dieser offenbar stark verwirrten Frau schon sagen, dass sie sie wohl verwechseln musste, als Rory lachend fragte: „Hat Luke dir mal wieder keinen Kaffee gegeben, Mum? So etwas..."

‚Mum?' wiederholte Tristan in Gedanken. ‚Das ist ihre Mutter?!'

„Keine Zeit für deine Fragen, Süße."Sie rannte um sie herum. „Wir müssen zu Luke bevor Taylor euch sieht."Sie schob sie an, als sie sich nicht bewegten. „Los!"
„Mum!" protestierte Rory.

Tristan starrte die beiden nur mit offenem Mund an. Das konnte unmöglich Rorys Mutter sein.

„Jetzt bewegt euch doch endlich. Wenn Taylor uns zusammen sieht, komme ich auch auf seine Abschussliste. Und ich habe Jahre gebraucht, um da runter zu kommen."
„Ich stehe auf Taylors Abschussliste?!" fragte Rory geschockt.

Lorelai nickte: „Auf Platz zwei. Und jetzt los!"
Rory setzte sich endlich in Bewegung und Lorelai folgte. Nur Tristan war noch immer erstarrt. Nach wenigen Metern drehte Lorelai sich wieder um und sah ihn fragend an: „Was ist?"
„Was?"
„Was was?"

Tristan konnte sich zwar noch immer keinen Reim auf die ganze Sache machen, zog es aber vor einfach zu tun, was sie sagte und ging ebenfalls los.

Gemeinsam betraten sie Luke's Diner, wo sie bereits von dem Besitzer an der Tür in Empfang genommen wurden. Dieser sah seine Freundin fragend an: „Was war nur mit dir los? Du stürmst da raus, als wäre der Teufel hinter dir her..."

Sie unterbrach seine Triade mit einer Taktik, die sie in den letzten Wochen perfektioniert hatte: zuerst küsste sie ihn kurz und dann schaute sie ihm so tief in die Augen, dass jeglicher Gedanke aus seinem Kopf verschwand. Zufrieden grinsend erkannte sie, dass ihr Plan auch dieses Mal wieder aufgegangen war. Schließlich stellte sie vor: „Luke, dass ist Tristan, Rorys Romeo, und Tristan, das ist mein Freund Luke."

Sie wusste, wer er war? Woher wusste sie, wer er war? Und vor allem: was hatte die Anspielung mit ‚Rorys Romeo' zu bedeuten? Wusste sie etwas, von dem er keine Ahnung hatte?

Er entschied sich die Fragen auf später zu verschieben und streckte stattdessen Luke mit einem „Freut mich sehr!"seine Hand entgegen, die dieser einfach ignorierte.

„Wow! Der Ich-tue-so-als-wärst-du-nicht-da-Blick,"kommentierte Lorelai. Sie stupste ihre Tochter an: „Er muss ihn wirklich sehr mögen!"

„Hör auf,"presste Rory zwischen ihren Zähnen hervor und versuchte gleichzeitig zu lächeln, was ihr nicht ganz gelang.

„Burger?" fragte Luke an Rory gewandt.

„Zwei, bitte,"erwiderte diese lächelnd. Und einen strafenden Blick in die Richtung ihrer Mutter schickend setzte sie hinzu: „Zum mitnehmen."

„Ihr wollt mir keine Gesellschaft leisten?"fragte diese geschockt. „Was kann so wichtig sein, dass du deine eigene Mutter im Stich lässt, während ihr Freund ihr ihr Lebenselexier verweigert..."
‚Kaffee!' erkannte Tristan. ‚Daher also Rorys Kaffeesucht!' Bei näherer Betrachtung erkannte er, dass die beiden gar nicht so unterschiedlich waren. Okay, vielleicht hatte er Rory immer als extrem ruhige Person eingeschätzt und erwartet, dass ihre Mutter genauso war, aber so langsam erkannte er, dass er noch lange nicht alle Seiten von Rory Gilmore kannte.

„Ich bin sicher, du schaffst es auch ohne mich, Luke davon zu überzeugen dir auch noch eine zehnte Tasse Kaffee zu geben..."

„Zehn?" fragte Luke geschockt.

„... zumal das Diner vollkommen leer ist,"fuhr Rory unbeirrt fort. „Aber wir müssen noch einmal unseren Text für morgen durchgehen!"Sie wandte sich an Luke: „Du kommst doch auch, oder? Das wird sicher toll!", während sie unauffällig Tristans Reaktion beobachtete, um herauszufinden, ob er sie durch unbewusst verraten würde. Und plötzlich erkannte sie, dass es auch gute Seiten hatte, dass er seine Gefühle so ausgezeichnet verbergen konnte. Nicht einmal sie konnte eine ungewöhnliche Regung erkennen und sie wusste, dass er überrascht sein musste.

„Deine Mum hat mich schon eingeladen,"erklärte er und sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, was er mit ‚eingeladen' meinte. „Und ich komme natürlich gern!"

Zufrieden, dass sie das Thema auf eine andere Sache gelenkt hatte, grinste Rory.

Trotzdem hatte sie keine Chance gegen Lorelai. Mit einem zuckersüßen „Ihr wollt wohl nicht wirklich den Text durchsprechen, während ihr esst?! Deine Großmutter wäre empört allein bei dem Gedanken daran!"brachte sie Rory zum Fall.

„Naja... ich..."

„Siehst du. Ihr müsstet sowieso zuerst essen und dann mit der Probe weitermachen. Und wenn ihr hier esst, ist euer Essen nicht kalt, bevor ihr zu Hause seid."

„Schon, aber..."

„Kein aber,"winkte Lorelai ab und schnappte sich ihre Kaffeetasse vom Tresen. An Luke gewandt erklärte sie: „Mach mir bitte auch einen Burger!"Dann nahm sie am nächstgelegenen Tisch Platz und nach einem kurzen Zögern folgten Rory und Tristan ihrem Vorbild.

Sofort wandte Lorelai sich an ihn: „Ich habe ja so einiges in den letzten Tagen über dich gehört, Tristan!"
Grinsend fragte Tristan: „Rory spricht über mich, Miss Gilmore?"
„Was habt ihr nur alle mit dem ‚Miss Gilmore'?! Nenn mich Lorelai," erklärte sie trotz allem grinsend. „Außerdem war es nicht Rory, sondern Taylor!"
„Taylor? Wer ist Taylor?"

„Der Mann, auf dessen Abschussliste du an Position 1 stehst!"

Nun schaltete sich Rory wieder ein: „Tristan ist die Nummer 1?" Lorelai nickte. „Und ich die 2. Das bedeutet ja, dass ich Jess überholt habe."
Lorelai nickte: „Ich weiß. Ich glaube ich war noch nie zuvor so stolz auf dich!"

„Wer ist Taylor?"wiederholte Tristan.

Luke brachte Rory und Tristan Kaffee und verschwand sofort wieder in der Küche, bevor Lorelai einfallen konnte, mit was sie ihn noch aufziehen konnte.

„Taylor gehört der örtliche Supermarkt,"gab Rory bekannt.

„Und was hat es mit dieser Liste auf sich?"

„Er hat eine Liste, auf der alle Menschen stehen, die besonderer Überwachung bedürfen und du hast es an nur einem Tag geschafft dich an die Spitze dieser Liste zu katapultieren und meine Tochter mit dir zu ziehen..."

Er wollte zu einem „Es tut mir leid!"ansetzen, doch Lorelai ließ ihm keine Zeit.

„Gleichzeitig sollten wir ihm dankbar sein. Hätte Taylor nicht überall in der Stadt die Ärger-Flugblätter verteilt, hätte ich dich vielleicht gar nicht erkannt und dann hätte ich euch auch nicht warnen können..."

„Ärger-Flugblätter?" wiederholte Tristan geschockt.

Lorelai holte eins aus ihrer Tasche. Es zeigte ein Foto von Tristan über die zerstörte Mehltüte thronend. „Das ist ein Scherz, oder?"

Lorelai schüttelte den Kopf: „Sicher nicht. Also sei lieber vorsichtig, wenn du nicht eine von Taylors langen Strafpredigten abbekommen willst. Was mich gleich zum nächsten Thema bringt: Also ich muss schon sagen, für einen Jungen, der mit 3 Jahren bereits eine Party im Alleingang sprengen konnte, ist deine Reaktionszeit, wenn jemand ‚Lauf!' ruft, ganz schön hoch!"

„Sie wissen davon?"

„Oh bitte! Du vergisst, wo ich aufgewachsen bin... Jeder weiß über jeden in der Highsociety von Hartford Bescheid. Das ist fast so schlimm wie Stars Hollow."

Lachend fragte Rory: „Welche Party hast du mit 3 Jahren gesprengt?"