Hi ihr!
Da mich Pemaroth auf die Idee gebracht hat, einmal die Rangordnung
in der Armee von Gondor zu klar zu stellen, werde ich das hier einmal
aufführen.
Am Anfang der Geschichte, habe ich die Ränge angesprochen, doch da das zum Teil
über mehrere Kapitel verstreut erklärt wurde und das ausserdem schon eine Weile
her ist, werde ich das besser hier auflisten. Ich gebe zu, dass ich manchmal
etwas chaotisch bin mit solchen Dingen… g
Zuerst einmal möchte ich klarstellen, dass alle diese Ränge erfunden sind. Ich habe in den Anhängen und im Herrn der Ringe geblättert, doch habe ich nie etwas Genaueres über das Rangsystem von Gondor herausgefunden. Das Einzige, was ich gefunden habe, war natürlich der Titel Captain (im Deutschen mit Heerführer übersetzt) als wahrscheinlich höchster Rang.
Ich habe mir überlegt, dass die niederste Stellung ausser dem gewöhnlichen Soldaten der Kommandant ist. Das war Thorongil bei meiner Geschichte, als sie in die Schlacht zogen und bevor er Hauptmann wurde. Ich habe einfach so beschlossen, dass ein Kommandant über Truppen in der Grösse von etwa 20 Leuten befiehlt (in einer grösseren Schlacht können das auch mehr Männer sein). Der Kommandant nimmt die Befehle vom Hauptmann entgegen.
Der Hauptmann, der etwa über hundert Soldaten verfügt, ist direkt dem Heerführer unterstellt. Bei dem letzten Feldzug hatte Denethor drei Hauptmänner, das kann aber je nach Mission auch varieren. Der Hauptmann hat ausserdem auf die Ausbildung seiner Soldaten zu achten.
Der Heerführer
ist sozusagen der oberste Befehlshaber in militärischen Angelegenheiten. Nur
der Statthalter hat mehr Macht. Ich habe entschieden, dass Gondor immer zwei
Heerführer hatte (hehe, man muss ja etwas Spannung erzeugen…). Da aber in
Mittelerde die Demokratie und die Verteilung der Macht noch nicht so geschätzt
wurden, sind die Heerführer doch nicht auf der gleichen Stufe. Es gibt einen
ersten und einen zweiten Heerführer.
Der zweite Heerführer wurde in meiner Geschichte bei der Verteidigung seiner
Truppen, die in Harion eingekesselt wurden, getötet. Also steht im Moment der
Rang des zweiten Heerführers noch offen.
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So, das ist jetzt länger geworden als geplant, aber ich hoffe, dass ich etwas Licht in die Sache bringen konnte. ;)
Und auf geht's zum neuen Kapitel!
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Kapitel 20 – Im Kerker
Als Thorongil zurück in der Unterkunft der Soldaten kam, wartete dort bereits einer der älteren Hauptmänner auf ihn. Es wurde Thorongil erklärt, dass er von nun an in einem anderen Teil der Kaserne wohnen würde, denn als Hauptmann stand ihm ein eigener Raum zur Verfügung.
Es ging nicht lange, bis Thorongil alle seine Habseligkeiten zusammengepackt hatte. Dorlas und die anderen Soldaten befanden sich ebenfalls im Zimmer und schauten ihm zu, nur von Núneth fehlte jede Spur. Da sie alle einen anstrengenden Feldzug hinter sich hatten, hatte der Statthalter den beteiligten Soldaten für den Rest der Woche Ruhe und Schonung angeordnet.
Dorlas stand etwas verlegen neben Thorongil, als dieser sein Bündel vom Bett hob.
„Und wer wird dich jetzt zudecken, Hauptmann?", fragte Dorlas, zum ersten Mal mit einem Anflug von Scheue in seiner Stimme.
Thorongil gab sich betont schockiert.
„Nun komm schon, Dorlas, ich ziehe nur in den anderen Flügel des Gebäudes und wandere nicht aus!", erwiderte er mit einem Grinsen. „Ich werde dich schon noch weiterhin mit Übungen quälen, keine Angst."
„Ja, das glaube ich dir gerne, Sklaventreiber", murrte Dorlas. „Es geht mir ja eigentlich auch nur darum, dass ich so unheimlich neidisch auf dich bin. Ich würde alles geben, um Ondohers Schnarchen zu entgehen!"
Dem Angesprochenen hing vor lauter Überraschung der Kinnladen herunter, bevor er Dorlas von sich wegschubste.
„Ich schnarche nicht!", beteuerte Ondoher beleidigt.
Thorongil schmunzelte nur.
„Seht, ihr kommt ganz gut ohne mich aus. Gebraucht die Zeit gut um euch auszuruhen, ihr habt euch hervorragend geschlagen im Kampf. Ich bin stolz auf euch alle."
Mit einem letzten Nicken verliess er das Zimmer und ging durch die langen steinigen Gänge der Kaserne. Seine neue Unterkunft befand sich im obersten Stock, gegen Westen gerichtet. Es war nur ein kleiner Raum, doch gemütlich, und das grosse Fenster liess viel Licht in das Zimmer. Thorongil fühlte sich augenblicklich wohl. Obwohl er die Gegenwart der anderen Männer schätzte, so war es ihm doch um einiges lieber, seinen eigenen Raum zu besitzen, wo er sich zurückziehen konnte. Das enge Zusammenleben und die ständige Gegenwart der anderen Männer hatten ihm manchmal Mühe bereitet, vor allem da er es sich nach seinem langen Aufenthalt in Rohan und zuvor in Eriador anders gewohnt gewesen war.
Thorongil legte sein Bündel auf das Bett und trat dann ans Fenster. Es war Mittag und da es noch immer Hochsommer war, lag die Stadt in einem Zustand von Trägheit. Kein Wind bewegte die Standarten von Gondor auf dem obersten Ring, und es befanden sich nur wenige Leute auf den Strassen.
Auf einmal kam ihm eine Idee, als er eine Gruppe von Wächtern von der Richtung des Verlieses kommen sah und Thorongil drehte sich vom Fenster weg und verliess das Zimmer.
Neben der riesigen Kaserne und den wenigen Wohnhäusern befand sich auf dem fünften Ring von Minas Tirith auch noch der Kerker. Er war mitten in den Stein hinein gebaut und führte weit in den Berg hinein. Thorongil war noch nie dort gewesen, da Soldaten normalerweise nur mit einer Sonderbewilligung eingelassen wurden. Er hoffte, dass sein neuer Status als Hauptmann ihm Einlass gewähren würde.
Wächter waren vor dem steinernen Eingang des Kerkers aufgestellt und als Thorongil näher kam, musste er zuerst einige Zeit mit den Soldaten verhandeln und gründlich seine Gründe erklären, bevor er eingelassen wurde. Doch selbst da folgte ihm einer der jüngeren Wächter auf Schritt und Tritt. Gemeinsam gingen sie die steilen Stufen hinab. Es war feucht, dunkel und kühl so weit von der Sonne entfernt und obwohl Thorongil sehr wohl wusste, dass es sich bei den Eingekerkerten um Verbrecher handelte, fühlte er dennoch so etwas wie Mitleid für sie in sich aufsteigen. Wäre er hier eingesperrt, so würde er wahrscheinlich wahnsinnig werden. Vielleicht hatte das auch etwas mit dem Aufwachsen unter Elben zu tun, jedenfalls konnte er es sich nicht vorstellen, eingesperrt zu sein und die Strahlen der Sonnen nicht mehr auf seiner Haut zu spüren. Jedes Gefühl von Leben schien von den kalten Steinmauern aufgesogen zu werden. Ein Schauer lief Thorongil über den Rücken und mit einem Gefühl von Unbehagen folgte er weiterhin seinem Führer.
Sie gingen eine Reihe von Zellen ab, wo sich heruntergekommene, verlauste und in Fetzen gewickelte Gestalten befanden. Die Zellen waren klein und nicht wenige der Gefangenen flehten Thorongil um Gnade an, da sie ihn nicht kannten und er vielleicht gekommen war, um sie herauszuholen.
„Beachtet sie einfach nicht", riet ihm der Wächter und ging gleichmütig weiter. Thorongil schaute den jungen Soldaten scharf an, überrascht über dessen Kaltblütigkeit. Doch sagte er nichts und folgte dem Wächter nur weiterhin.
Vor einer der vielen Zellen, die wie alle anderen aussah, blieb der junge Soldat stehen und öffnete das Schloss.
„Ich gebe Euch eine halbe Stunde, Hauptmann Thorongil."
Thorongil nickte und trat ein. Der junge Wächter schloss hinter ihm sogleich wieder ab und entfernte sich.
Vorsichtig näherte sich Thorongil dem Bündel aus Decken in der Ecke und rümpfte seine Nase ab dem Gestank hier unten. Die Zelle war beängstigend klein und es befand sich nichts darin, ausser einer Pritsche mit Stroh darauf, einem Eimer für den Unrat und einem weiteren Eimer gefüllt mit Wasser.
Das Bündel bewegte sich und zwei Augen schauten ihn misstrauisch an. Die Haut auf dem Gesicht war dunkel, so dass das Weiss der Augen aus der Dunkelheit heraus stach. Die kleine Gestalt setzte sich mit dem Rücken zur Wand auf und als die Decken von ihrem Körper abfielen, erkannte Thorongil, wie dünn der Körper darunter war.
„Ich werde dir nichts tun", sagte Thorongil mit ruhiger, beschwichtigender Stimme und kam langsam näher. Er war sich immer noch nicht sicher, ob der Haradrim-Junge Westron verstand, doch kam es ihm in diesem Augenblick eher drauf an, dass der Bube den Klang seiner Stimme hörte.
Der Südmensch drängte sich weiter in die Ecke. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und es lag eine offene Drohung in seinem Blick. Thorongil konnte nicht anders, als den Kampfgeist des Jungen zu bewundern. Dieses Kind hatte gesehen, wie sein Volk, seine Verwandten abgestochen wurden, er war von deren Mördern gefangen genommen worden und befand sich jetzt in einem düsteren und kalten Gefängnis, doch war sein Widerstand noch immer nicht gebrochen.
Auf einmal schüttelte ein Hustenanfall den kleinen Körper und als die Decken noch weiter herunterrutschten, sah Thorongil, dass blaue Flecken und Hautabschürfungen seine Gestalt überdeckten. Eine steile Falte stahl sich auf Thorongils Stirn und sein Blick wurde düster. Er wusste genau, dass der Junge diese Verletzungen noch nicht gehabt hatte, als er ihn am vorigen Tag den Soldaten ausgeliefert hatte. Der Haradrim hatte sich zwar auch in seiner Gegenwart wie wild gewehrt, doch hatte er den Jungen nie geschlagen. Zudem hatte der Bube es nicht verdient, in einer solch kleinen, schäbigen Zelle eingesperrt zu sein. Bei Eru, es handelte sich doch hier noch um ein Kind!
Thorongil musste sich beherrschen, um die aufkommende Wut nicht offen zu zeigen. Langsam kniete er sich vor dem Jungen hin und zeigte seine leeren Hände. Er hätte etwas zu Essen mitbringen sollen! Der Haradrim zischte leise und gefährlich, doch Thorongil wich nicht einen Schritt zurück. Von Nahem sah er, dass Schweiss auf der Stirn des Jungen glänzte und die Art und Weise, wie er zitterte, verriet Thorongils geübtem Blick, dass er krank war und offensichtlich Fieber hatte.
„Schhhh, sei ruhig, ich bin nicht gekommen, um dir weh zu tun", wiederholte er noch einmal und streckte langsam seine Hand aus. Der Junge versuchte, den viel grösseren Mann mit den Fäusten zu schlagen, doch fehlte jede Kraft hinter seinen Schlägen und Thorongil packte mit Leichtigkeit beide Arme des Jungen mit einer Hand, bevor er seine andere Hand erneut ausstreckte. Es war die rechte Hand, die mit den Spuren des vorhergegangenen Kampfes und auch der junge Haradrim schien das zu merken. Er blickte auf die Hand, die seinem Gesicht immer näher kam, und versuchte, seine Hände aus dem Griff zu befreien.
Thorongil erkannte nun deutlich die Angst in den Augen des Jungen und es tat ihm leid, dass er solche Gewalt aufbringen musste, um dem Südmenschen zu zeigen, dass er ihm nichts tun würde. Schliesslich versuchte der Junge sogar, Thorongil in die Hand zu beissen, doch der Mann hatte aus seinen Fehlern gelernt, den Jungen zu unterschätzen, und wich den schnappenden Zähnen mühelos aus. Schlussendlich schien die Kraft aus dem kleinen Körper zu weichen und er sackte in Thorongils Griff zusammen, hilflos schluchzend. Was vorhin noch wie pure Auflehnung ausgesehen hatte, war nun ein Bündel Elend, völlig entkräftet und alleine.
Wie ohne Zutun lockerte sich Thorongils Griff um die Arme des Jungen, denn er war sich bewusst, dass er dem jungen Haradrim weh tat.
„Weg… geh… weg", flüsterte der Junge unter Schluchzern. Der starke und raue Akzent des Südmenschen zeigte sich sogar schon in diesen wenigen Worten, doch war Thorongil trotzdem überrascht sie zu hören. Also verstand der Junge doch etwas Westron.
„Nein, ich werde nicht weggehen", antwortete Thorongil sanft und fühlte mit einer Hand die Stirn des Jungen. Er spürte die Hitzewogen, die von dem kleinen Körper ausgingen und es war ihm sofort klar, dass die Lage des Jungen ernst war.
„Du musst mir jetzt vertrauen", sprach Thorongil eindringlich zu dem jungen Haradrim Die grossen, fiebrig glänzenden Augen musterten ihn zwar eingehend, doch wusste er nicht, ob der Bube verstand, was er sagte. „Ich hole dich hier heraus."
Thorongil strich dem Jungen die schweissnassen Haare aus dem Gesicht und zog ihn dann mitsamt den Decken in seine Arme. Der Haradrim wehrte sich nicht mehr, sondern lag einfach nur noch da, die Lider halb geschlossen. Vorsichtig stand Thorongil auf und war überrascht und besorgt zugleich, als er merkte, wie leicht der Junge war.
„Wache!", rief er laut den Gang hinauf und drehte sich dann mit dem Rücken zur Tür, so dass der Soldat den Jungen in seinen Armen nicht sehen würde. Schritte ertönten und bald wurde das Schloss zur Türe geöffnet. Schnell drehte sich Thorongil herum und schob den gleichen jungen Soldaten, der ihn schon hinunterbegleitet hatte, mit einer Schulter aus dem Weg. Ohne ein Wort zu sagen, wollte er an ihm vorbeigehen, aber der andere Mann merkte natürlich trotzdem, dass etwas nicht stimmte.
„He, was tust du da?", fragte der Wächter alarmiert und versuchte, einen besseren Blick auf das Bündel in Thorongils Armen zu erhaschen, aber dieser bedeckte den Jungen mit seinem Umhang. Der junge Soldat schaute ein einziges Mal in die leere Zelle, bevor er begriff, was vor sich ging.
„Lass sofort den Gefangenen los", knurrte der Wächter bedrohlich leise. „Du weißt gar nicht, was das für Folgen nach sich ziehen kann für dich."
„Lasst ihr den Jungen noch einen Tag länger in diesem Schweinestall, wird er sterben", gab Thorongil im gleichen schneidenden Tonfall zurück. „Hast du gesehen wie dünn er ist? Und wer, bei Eru, hat ihm diese Wunden zugefügt? Was seid ihr für Rohlinge, die einem Kind solche Verletzungen beibringen könnt? Er ist krank und er braucht Hilfe! Ich werde mich nicht von dir aufhalten lassen."
Der junge Wächter sah nun doch etwas unsicher aus und sah sich in die Ecke gedrängt durch die Vorwürfe.
„Der Gefangene hat sich gewehrt, er hat mich in den Arm gebissen und er wurde gerecht dafür bestraft. Und ich glaube nicht, dass er krank ist, er ist ein kleines hinterhältiges Biest und sucht bloss die erstbeste Gelegenheit, um abzuhauen."
Hätte Thorongil in diesem Augenblick nicht den Jungen in seinen Armen getragen, so hätte er den anderen Mann beim Kragen gepackt und mit aller Macht gegen die Wand gedrückt, solange, bis dieser um Gnade gewinselt hätte. Doch so wie die Lage war, funkelte er den Soldaten nur so wütend an, bis dieser unter dem lodernden Blick erschrocken einen Schritt zurücktrat.
„Ah, dann zählt wohl glühendes Fieber und lungentiefes Husten nicht als krank?", fragte Thorongil böse. „Soll er sich zuerst die Seele aus dem Leib husten, bevor ihr glaubt, dass der Junge tatsächlich krank war? Hätte ich die Annahme, dass ihr die Anzeichen der Krankheit wirklich nicht erkannt habt, dann könnte ich euch vielleicht verzeihen. Aber ein Kind in diesem Loch verrotten zu lassen ist unter aller Würde. Ich hätte nicht gedacht, dass Gondor so tief gesunken ist."
Mit diesen Worten liess er den verdutzten und eingeschüchterten Soldaten vor der offenen Zelle stehen und lief schnell die Treppen hinauf, den Jungen fest an sich gedrückt. Nur einer aus der Gruppe der Wächter fragte Thorongil nach dem Grund für die Entlassung des Gefangenen und die kurze Antwort „Ich bringe ihn zu einem Heiler" und ein schneidender Blick genügte, um die Wachen davon zu überzeugen, ihn durchzulassen.
Die Gestalt in seinen Armen bewegte sich nicht mehr und als Thorongil die Decke etwas weggezogen hatte, sah er, dass der Junge das Bewusstsein verloren hatte. Besorgnis kam in ihm auf und er befürchtete, dass der Haradrim auch zu atmen aufhören würde.
Zügig, beinahe im Laufschritt, überquerte Thorongil die Strassen und er trat schnell um die Ecke des einen Hauses vor der Kaserne, als er Denethor in der Mitte des Platzes vor der grossen Unterkunft stehen sah, mitten in ein Gespräch mit einem der Hauptmänner vertieft. Thorongil schnappte überrascht nach Luft und beeilte sich, gleich wieder um den Ecken zurück zu verschwinden. Dort wartete für einen Augenblick, an die Wand gelehnt und fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
Verdammt, das hatte ihm gerade noch gefehlt! Denethor würde seinen neusten Handstreich wohl nicht gerade mit Applaus belohnen… Wie kam es eigentlich, dass er andauernd an Denethor geriet, wenn er es am wenigsten gebrauchen konnte?
Thorongil fluchte noch für eine Weile leise vor sich hin, doch ein Blick auf das regungslose Bündel in seinen Armen sagte ihm, dass er handeln musste. Und zwar schnell.
Er brachte den kranken Haradrim in eine angenehmere Stellung in seinen Armen, dann schlich er sich vorsichtig um das riesige Gebäude herum. Die Kaserne hatte drei Eingänge, doch die waren alle auf der Vorderseite und führten direkt auf den Platz hinaus. Es gab zwei weitere Notausgänge auf der Rückseite, doch die waren immer verschlossen. Thorongil hatte dies auf einem seiner nächtlichen, einsamen Spaziergänge herausgefunden. Auf einmal erinnerte er sich an etwas und mit einem Kopfnicken beschloss er, seine Idee auszuführen.
Leise stahl er sich an die Fenster auf der Rückseite heran, die zu den Räumen auf Bodenhöhe gehörten. Fenster war eigentlich schon zu übertrieben benannt, denn es handelte sich eher um grosse Löcher in der Wand, die den Sommer über offen gelassen, jedoch mit Holzverschlägen geschlossen wurden, sobald es kälter wurde.
Als er in eines der Fenster hineinsah, merkte er, dass es sich bei diesen Räumen um die Kasernenküche handelte. Es war früher Nachmittag und alles schien verlassen zu sein. Behutsam beugte sich Thorongil durchs Fenster und legte den kranken Jungen auf der anderen Seite auf den Boden. Dann stieg er selber durch das Fenster und bedankte sich insgeheim bei Elladan und Elrohir, die ihm schon von klein auf beigebracht hatten, wie man durch Fenster stieg und über Balkone kletterte.
Auf der anderen Seite packte er den Jungen erneut und ging dann aus der Küche hinaus. Es schien niemand da zu sein, doch da Thorongil lieber vorsichtig genug war, nahm er einen Umweg, der ihn aber schlussendlich doch zu seinem neuen Zimmer führte. Dort angekommen verschnaufte er zuerst einmal hinter der geschlossenen Türe und legte dann sofort den Buben auf sein Bett.
Auf einmal brach das ganze Ausmass seiner Tat über ihm zusammen und Thorongil konnte bloss den Kopf ab sich selber schütteln. In was für ein Schlamassel war er nun wieder hineingeraten? Und wie oft hatte ihn doch Elrond davor gewarnt, nicht vorschnell in eine Sache hineinzupreschen, die ihm über den Kopf wachsen könnte, sondern zuerst einmal ruhig zu überlegen? Nun ja, jedenfalls hatte er den Jungen aus dem Kerker geholt und er musste dafür geradestehen, denn zu hoffen, dass das Verschwinden eines Gefangenen unbemerkt blieb, schien selbst für ihn – der schliesslich von den Elben „Hoffnung" genannt wurde – weit entfernt von seinen kühnsten Träumen.
Seufzend schob er alle diese ungewollten Gedanken von seinem Verstand und trat stattdessen an den Haradrim-Jungen heran, von dem er noch immer nicht einmal den Namen wusste. Behutsam schälte er den bewusstlosen Buben aus den zahlreichen Decken und den schmutzigen Fetzen, die einmal seine Kleider gewesen waren. Der Körper darunter war noch dünner, als er zuvor vermutet hatte und die Rippen stachen hervor.
Thorongil schluckte schwer und fühlte dann dem Jungen noch einmal die Stirn. Sie war viel zu heiss und jetzt, wo es völlig still war, hörte er in der Brust des Buben ein leises Rasseln. Besorgt stand Thorongil auf und holte das Becken mit frischem Wasser, das für ihn auf dem kleinen Tisch bereitgestellt wurde, und stellte es neben sich auf den Boden. Aus der Truhe neben dem Bett holte er einen Becher und ein frisches Laken, wovon er einen Streifen abriss. Er füllte den Becher mit dem klaren Wasser und hob den Kopf des Jungen an, damit er daraus trinken konnte. Selbst in der Bewusstlosigkeit schluckte der Haradrim und als Thorongil zufrieden war, dass er genug getrunken hatte, nahm er den Lappen und tunkte ihn in das kühle Nass. Behutsam legte er ihn dem Jungen auf die Stirn. Immer wieder kühlte er den Lappen im Becken und legte ihn erneut auf die Stirn des Kranken.
Nach einer Weile fing der Junge an, wirre Sachen zu reden, in der fremden Sprache der Haradrim. Er wand sich in seinen Fieberträumen und weinte. Vergeblich versuchte Thorongil, ihn zu trösten, je mehr die Zeit verging, desto schlechter schien der Zustand des Buben zu werden.
Thorongil rieb sich die Stirn und starrte für einen Augenblick aus dem Fenster. Es genügte nicht, den Kopf des Jungen zu kühlen und im Wasser einzuflössen. Er brauchte Heilkräuter und Honig, doch besass er im Moment keines davon. Der einzige Ort, an dem er sich diese Dinge würde besorgen können, waren die Häuser der Heilung. Thorongil verzog das Gesicht wie unter Schmerzen. Die Aussicht darauf, diesen unausstehlichen Kräutermeister noch ein zweites Mal innerhalb eines Tages zu treffen, reizte ihn gar nicht. Doch würde er sich wohl oder übel noch einmal auf den Weg machen müssen, es sei denn…
Auf einmal schlich sich ein feines Lächeln auf Thorongils Gesicht und schon bald grinste er breit, als er daran dachte, wer sich besser für diese Aufgabe eignen würde. Dorlas natürlich. Seine Gedanken, das nächste Mal Dorlas zu schicken, waren gar nicht einmal eine so schlechte Idee. Dann würde er nämlich hier bleiben und den Jungen überwachen können, während Dorlas diesem… Kräutermeister weismachen musste, dass er tatsächlich Heilkräuter für sich selber brauchte und sich nicht behandeln lassen wollte.
Sofort stand er auf und verliess das Zimmer, aber nicht ohne vorher noch einmal einen Blick auf den reglos daliegenden Jungen zu werfen. Geschwind ging er die Treppen hinunter bis er vor dem Raum stand, in dem er selber bis vor kurzem noch untergebracht war. Er klopfte zweimal an die Türe, bevor er eintrat.
Der Raum schien verlassen und Thorongil fühlte bereits Enttäuschung in sich aufsteigen, doch dann merkte er, dass er sich geirrt hatte. Dorlas war da, schlafend unter seiner Decke. Thorongil ging zu seinem Bett und rüttelte ihn an der Schulter.
„Dorlas, wach auf!"
Müde Augen öffneten sich, als Dorlas zu Thorongil hinaufblinzelte.
„Was…?", murmelte er verschlafen. „Was ist denn? Ist was geschehen?"
Thorongils Blick war ernst, als er darauf wartete, dass Dorlas sich in seinem Bett etwas aufsetzte.
„Dorlas, du musst mir helfen."
-TBC-
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Yavanna Das freut mich, dass dir das Geplänkel zwischen
Dorlas und Thorongil gefallen hat! Es hat mir nämlich auch viel Spass gemacht,
es zu schreiben. Hmm, jetzt, da sie in Minas Tirith
sind, dürfte so etwas schon noch öfters vorkommen… ;)
Ja, Núneths Geheimnis… J Eigentlich
weiss ich schon lange, was ich schreiben will über sie, aber ich weiss einfach
nicht, wo ich es einbringen kann… Hmm, mal abwarten.
Nienna ) Auch hier, ich finds
toll, dass dir auch die lustigere Seite der Geschichte gefällt! Nun ja, sie
stehen ja nicht wirklich unter Núneths Fuchtel, aber sie tun wenigstens so. J Hehe, den
Tag möchte ich ja sehen, wo sich Aragorn nicht wehren kann. g Aber er hat ja
einen ruhigen und ausgeglichenen Charakter, deshalb unterwirft er sich lieber. J
Hmm, wie viele Kapitel es noch geben wird? Ich weiss
es selbst nicht so genau. Ich weiss nicht, wie weit mich jetzt dieser Strang
mit dem befreiten Haradrim-Jungen noch führen wird…
Da würde sich eine ganz neue Geschichte draus schreiben lassen. Ich sag mal
lieber nicht zu viel. ;)
Ali: Hehe, ich finds so toll, dass alle den Kräutermeister so doof finden… ) Dabei ist er doch gar nicht so gemein. J Aber er wird bestimmt noch mehr vorkommen, denke ich jetzt mal. Hey, und danke für die Erklärung von Kapuzinerkresse! g Das wusste ich echt nicht, ich hatte keine Ahnung, wie die Pflanze aussieht. Dabei hatte ich doch selber mal Kaninchen… g
Pemaroth Ja, jetzt ist er endlich wieder etwas frischer,
unser Aragorn. J Und den
Freund hatte er ja eigentlich schon früher gefunden, nur haben das die beiden
noch nicht gemerkt… g Und ja, mir ist bewusst, dass die Szene etwas albern
wirkt, doch ich kann mir Aragorn einfach nicht völlig humorlos vorstellen. Und
das ist ein recht wichtiger Gedanke, dass er da noch sehr viel jünger war. Er
ist ja „erst" 36 in dieser Geschichte.
g Ja, er muss zuerst noch lernen, den Kräutermeister in Grund und Boden zu
reden. Und es ist wirklich in Anlehnung an das Verhalten der Heiler im Buch
geschrieben worden.
Puh, ich weiss den Namen von dem Heiler jetzt auch gerade nicht, aber es ist
nicht derselbe. Dieser hier ist ja schon jetzt recht alt und bis zum Ringkrieg
vergehen ja noch mehr als 50 Jahre. ;)
Und ich hoffe, dass dir die Erklärung oben über die Rangordnung etwas geholfen
hat. Es ist wirklich schwer, da noch den Durchblick zu behalten.
Elitenschwein: Juhuu, da bist du ja wieder! ) Ja, ich kann es verstehen,
wenn du nicht so viel Zeit gehabt hast, geht mir oft auch so. ;) Es sei dir
verziehen… absolutionerteil )
Oh, es freut mich zu hören, dass dir Ecthelion gut gefällt. Kennst du Evendims Geschichten? Also ihre Geschichte mit dem gleichen
Titel wie meine? Da hat sie ja einen völlig anderen Ecthelion beschrieben und
obwohl ich ihre Geschichten sehr mag, so hat mir ihre Darstellung von Ecthelion
nicht wirklich gefallen. Er ist ja bereits in den Anhängen als weise und
gutherzig beschrieben.
Warum ich den Namen Artanis gewählt habe? rumdrucks
Naja, das ist manchmal so eine Sache mit der
Namensgebung. Ich schau meistens auf der Encyclopedia of Arda
bei den Namen von Menschen oder Elben nach und picke dann einen aus. Da ich
aber schon recht viele Charaktere benannt habe und mir langsam die Namen
ausgehen und ich nicht gerade die bekanntesten nehmen will, da habe ich mich
dann schliesslich für Artanis entschieden. Ich weiss, dass es einer der Namen
für Galadriel war, aber ich habe jetzt einmal
gehofft, dass sich niemand so gut auskennt, als dass er das bemerken würde… ggg Und ausserdem hat mir die Bedeutung gefallen.
Ja, die Beförderung ging recht schnell von statten, aber ich will der
Geschichte etwas mehr Zug geben und da er ja durchaus schon viel Erfahrungen in
Rohan gesammelt hat (dies weiss Ecthelion ja), dachte ich mir, dass ich es
wagen kann. Er ist jetzt seit knapp einem halben Jahr in Minas Tirith, obwohl
ich mir das nie so ganz genau überlegt habe.
Ja, ich habe doch auch einen Hang zu Männerfreundschaften! lol
Dabei gefällt mir irgendwie Dorlas immer besser, er ist so wunderschön
vorlaut…. )
Juhuuu, freut mich zu hören, dass dir Núneth immer
mehr gefällt. Ich weiss nur noch nicht genau, wo ich ihr Geheimnis einbinden
soll. grübel
Hmm, dein Vorschlag, Ioreth
einzubinden, hat wirklich etwas… Ich überlege mir gerade, ob und wann ja, wie
ich das machen soll. Ich habe sie eigentlich auch immer gemocht, da ich aber
eher auf das Ende der Geschichte zustreben will, könnte sich das trotzdem noch
als recht schwer erweisen, noch einmal einen neuen Charakter einzuführen. Aber
ich überlegs mir, die Idee gefällt mir auf alle
Fälle.
lol Ja, dein Nazgûl-Pferdchen
muss schon so einiges drauf haben, um Furcht einflössender als mein Pferdchen
zu sein. g Aber danke für das Kompliment, was unsere Fotostory angeht! Hat
auch echt Spass gemacht…
lol Du kennst mich doch, ich würde doch bestimmt
noch nicht aufhören, Aragorn zu quälen! Der kriegt schon noch seinen Anteil an
Angst/Torture und allem was dazu gehört… Nur habe ich
mir eigentlich vorgenommen, ich wollte ihn in der ersten Schlacht noch nicht
verletzt werden lassen, aber kannst ja sehen, wie es herausgekommen ist…
seufz
Und mit der englischen Geschichte, da muss ich mal schauen. Im Moment schreibe
ich fast lieber an Thorongil, aber die andere will ich auch mal fertigschreiben.
So, danke für die Review, ist schön, dich auch wieder
dabei zu haben! )
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Hui, es geht nicht mehr lange und meine Antworten auf eure Reviews werden länger als das Kapitel an sich! ggg
Aber ihr seid toll, danke für die ständige Unterstützung! smile
