Teil 21


Ich muß mich im Vorfeld schon mal entschuldigen: ich werde dieses Mal noch nicht allen mal namentlich soweit danken.

Ihr müßt leider noch einmal mit einem allgemeinen Dank vorlieb nehmen - ich hoffe aber, daß das nicht all zuviel ausmacht!


Beim Abendessen in der Großen Halle waren Dracos Haare DAS Gesprächsthema Nr. 1 am Lehrertisch. Die Lehrerschaft hatte sich bereits zu Beginn des Spieles gewundert, welcher Gryffindor – und das es ein Gryffindor gewesen sein musste stand für alle einfach fest – ihm zu einer derartigen Haarpracht verholfen hatte.

Minerva betrachtete ihre Schüler aufmerksam. Ihr fielen nur drei Schüler ein, die zu einer solchen Tat fähig wären: Harry, Hermine und Severus. Nun, eigentlich nur Severus. Sie wusste, wie sehr er die Malfoys mittlerweile verabscheute und wie sehr es ihm gegen den Strich gegangen war, Draco immer den anderen Schüler bevorzugen zu müssen als Lord Voldemort noch gelebt hatte.

„Nun, meine Liebste! Welcher Deiner Schüler mag es wohl gewesen sein?" Von ihrer rechten Seite beugte sich Professor Flitwick zu ihr rüber. Von der anderen betrachtete Albus Dumbledore die Szenerie vor ihm neugierig, während er dem Gespräch seiner Kollegen lauschte.

„Nun, ich schätze, dass das auf das Konto von Severus' Sohn geht. Er hat augenscheinlich Probleme mit dem jungen Mr. Malfoy. Die Farbwahl gefällt mir übrigens sehr, werter Kollege!"

Von der anderen Seite, neben Albus, meldete sich Remus Lupin zu Wort.

„Nun, Minerva. Dann hätte ich ja wohl gewonnen, oder? Es hat keinen Tag gedauert, bis ihm der Kragen platzt!" Er streckte ihr eine offene Hand entgegen, in welche sie leicht verstimmt einen kleinen Lederbeutel gleiten ließ.

„Aber gleich um 100 Galeonen zu wetten! Remus, Du bist der reinste Wegelagerer!"

„Man muss sehen, wo man bleibt, liebste Minerva!"


Am Tisch der Gryffindor ging es hoch her. Der Sieg über Slytherin und damit ein weiterer Schritt in Richtung Hauspokal musste ausgiebig gefeiert werden. Nicht zu vergessen, Nikodemus, welcher von Neville zum Held des Tages ernannt worden war.

Ihm war die ganze Aufregung um ihn jedoch unangenehm. Severus sehnte sich nach einem normalen Gespräch. Ein Gespräch mit Hermine zum Beispiel.

Wo steckte sie eigentlich?

„Harry, hast Du Hermine inzwischen schon mal wieder gesehen? Sie wollte heute Morgen in die Bibliothek, um was nachzulesen."

Harry sah den schwarzhaarigen Jungen nachdenklich an

„Nein, Nik. Seit heute morgen hab ich sie nicht mehr gesehen. Sie macht sich aber nichts aus Quidditch. Da lernt sie lieber. Denk Dir nichts dabei. Verrat mit lieber einmal diesen Zauber!" Harry taute Nikodemus gegenüber langsam auf. Das Misstrauen, welches ihn zu Anfang gequält hatte, wich langsam einem Gefühl des Vertrauens. Es war ihm, als wenn er ihn schon lange kennen würde…

„Hallo, Freunde!"

Hermine begrüßte die vier jungen Männer mit einem strahlenden Lächeln als diese den Gemeinschaftsraum betraten.

„Hermine, Du hast den ganzen Tag gelernt, oder?" Severus warf ihr einen besorgten Blick zu, welchem sie auswich.

„Hast Du was gegessen?" Er war besorgt um sie. Ihre Augen hatten etwas an sich, was er dort bislang noch nie gesehen hatte: Nervosität und Sorgen, die sie quälten.

„Es ist … alles in Ordnung!"

Severus sah sie bloß an.

„Das glaubst Du doch wohl selbst nicht, Hermine! Es sieht ein Blinder, dass irgendetwas nicht stimmt. Sag es uns doch! Oder sag es zumindest Harry und Ron. Sie sind doch Deine Freunde! Harry macht sich doch schon länger Sorgen um Dich!" Seine Augen flehten sie förmlich an, ihm zu vertrauen, sich ihm zu öffnen.

Sie warf ihm nur einen wütend-verzweifelten Blick zu. Was bildete er sich eigentlich ein! Erst war er als Tränkelehrer hinter ihr her, und nun dies, wo sie doch erst einmal nachdenken musste! Wenn sie eines nicht ausstehen konnte, dann waren das Einmischungen von Außerhalb, welche ihr Leben und ihr Denken für sie regeln wollten

„Wirklich! Ich bin da nur über etwas gestolpert, was ich noch durchdenken muss. Jungs, ich muss das erst mal alleine durchdenken!"

Sie hob abwehrend die Hände, als alle vier aufgesprungen waren, um ihr zur Hand zu gehen.

„Ihr könnt mir dabei nicht helfen, ehrlich nicht! Ich muss einfach nur in Ruhe nachdenken!"

Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand in ihrem Zimmer.

Severus blickte ihr nach.

Den anderen fiel sein abwesender, nachdenklicher Gesichtsausdruck auf, als er nicht auf sie reagierte.

„Hey, Erde an Nikodemus!"

„Wa … was?" Erschrocken zuckte er zusammen, als Harry ihm eine Hand auf die Schulter legte.

„Sie ist sehr klug, Nik. Und unsere beste Freundin! Also, wenn Du irgendetwas unternehmen solltest, dass SIE unglücklich macht, dann hast Du es mit uns dreien zu tun, kapiert?"

Er sah Harry ungläubig mit offenem Mund an.

„Mein Gott! Selbst Deinem Blinden fällt auf, wie Du sie ansiehst – und sie Dich! Nik, wenn Du etwas für Hermine empfindest, dann solltest Du es ihr sagen. Sie hasst Heimlichkeiten und sie kann sehr direkt sein. Sie mag Dich sehr, das weiß ich. Auf eine andere Art und Weise wie Ron, Neville oder mich. Und so wie Du reagierst, sind da starke Gefühle für sie, richtig?"

Severus bekam den Mund einfach nicht mehr zu. Da stand Harry Potter vor ihm und sagte ihm mit einer verschwörerisch-leisen Stimme auf den Kopf zu, dass er in Hermine Granger verliebt war! Nun, es stimmte. Aber dass der Junge eine so starke Beobachtungsgabe hatte – wer hätte es gedacht!


Die nächsten Wochen vergingen ereignislos.

Die Jungs und Hermine trafen sich zum Essen und gingen den gemeinsamen Unterrichtsstunden nach.

Nach dem Unterricht hatten Severus und Hermine auf ihre Bitte hin, angefangen sich zum gemeinsamen Lernen in der Bibliothek zu treffen.

Hermine wusste immer noch nicht, was sie da geritten hatte, als sie Nikodemus/Severus nach einer gemeinsamen Stunde Verteidigung diesen Vorschlag unterbreitete.

Sie war noch viel erstaunter, als er mit einer nahezu unglaublichen Begeisterung den Vorschlag annahm.

Sie hatte ihn erst einmal einfach nur besser kennen lernen wollen und nun verbrachte sie beinahe jeden Nachmittag mit ihm in den kühlen Räumen der Bibliothek. Dabei entdeckte sie immer wieder neue Facetten des Mannes Severus Snape in dem jungen Nikodemus vor ihr. Seine ganze Art war dieselbe, was sie sehr schnell herausfand. Da hatte sich nichts verändert. Er war genauso sarkastisch wie eh und je. Seine Kommentare konnten genauso beißend und verletzend sein, wenn er es darauf anlegte und sein Intellekt war ungebrochen.

Und langsam, ganz langsam kam sie zu der Erkenntnis, dass es außer der Äußerlichkeit keinen Unterschied zwischen diesem Snape und dem eigentlichen Original gab. Aber dem jungen Ebenbild stand dies alles nicht. Es passte einfach nicht. Es war auf der einen Seite zwar das gleiche, auf der anderen aber auch wiederum nicht und das ließ sie verzweifeln. Wie sollte sie ihn je darauf ansprechen? Sie würde sich mit ihm aussprechen müssen. Sie würde ihn ebenfalls auf die Sache mit den Ahnenbüchern ansprechen müssen – da führte kein Weg um ihren Gryffindor-Mut herum. Und dann würde sie ihm auch sagen, dass sie sich in ihn verliebt hatte! In das Original, nicht in die junge „Fälschung"!

Sie wollte wieder „ihren" Professor Snape!

Ein kurzer Stups gegen ihre Hand ließ sie aus ihren Gedanken fahren.

„Hermine, morgen ist ein Hogsmeade-Wochenende. Würdest Du … würdest Du mit mir dorthin gehen?"

Sie starrte Severus an, ihre Feder fiel ihr aus der Hand. Genau davon hatte sie die letzten Wochen immer wieder geträumt: sie und Severus – nein, es war ja zurzeit noch Nikodemus – zusammen in Hogsmeade. Ihre Gedanken wanderten jedoch auch zu dem letzten Tag in Hogsmeade, welchen sie in seiner Gegenwart verbracht hatte und ihre Gesichtszüge wurden abweisend.

Er zuckte zusammen. Sie wollte nicht. Soviel stand für ihn nun fest.

„Es ist schon in Ordnung. Dann gehe ich allein. Ich weiß, dass … dass ich kein Recht habe, Dich so was zu fragen."

Ihre Züge wurden wieder weich und das nun auf ihnen gespiegelte Erstaunen verwandelte sich in einen kurzen Anflug von Wut.

„Wer hat Dir denn so was erzählt? Nikodemus Snape! Wenn Du mich fragen willst, dann tu es einfach! Und ja, ich würde sehr gerne mit Dir nach Hogsmeade gehen!"

Strahlend ergriff er ihre Hand und hauchte einen zarten Kuss darauf. Er wandte dabei seinen Blick nicht von ihren Augen ab.

„Ich erwarte Dich dann zum Frühstück in der Großen Halle. Bis morgen, werte Dame!"

Eine kurze Verbeugung folgte, dann verschwand er in Richtung Gryffindor-Turm.

Hermine saß noch lange danach an ihrem Platz in der Bibliothek und strich immer wieder über die Knöchel ihrer Hand, welche er mit seinen Lippen berührt hatte und seufzte selig.


„Hi, Harry! Ron!" Severus stieß bei seinem Rückweg auf den Rest des ehemaligen Trios. Er lächelte immer noch glücklich vor sich hin und konnte nicht anders, als die beiden an seinem Glück teilhaben lassen zu müssen.

„Ich hab sie gefragt, Harry! Und sie geht morgen mit mir nach Hogsmeade!"

Die beiden anderen Jungs mussten über diese doch recht kindliche Begeisterung ihres neuen Freundes einfach auch strahlen. Innerhalb kürzester Zeit liefen die drei fröhlich lachend die letzten Treppen zum Turm.

„Da Ron ja nichts mehr dagegen hat, begleitet mich morgen seine holde Schwester. Das edle Fräulein Weasley hat zugestimmt, morgen meine Dame zu sein!" Ron und Sev starrten Harry entgeistert an ob der geschwollenen Redensart und brachen in prustendes Gelächter aus.

„Ich geh mit Luna! Sie ist für ihre Verrücktheit ganz ok! Und außerdem ist sie sehr nett."

Severus wurde wieder ernst.

„Meint Ihr, dass Hermine mich vielleicht auch zum nächsten Tanz begleiten wird?"

„Nun, wenn Du sie fragst, sicherlich. Ich würde aber keinen Stunt mehr mit Malfoy vorher hinlegen! Sie findet Streiche albern und kleinkindlich!" Harry hielt sich die Seiten vor Lachen, da er sich wieder an Malfoys Haarpracht erinnerte.

„Dabei ist sie diejenige, welche immer mit am lautesten lacht über ihn!" Ron wischte sich, nach Luft schnappend, die Augen.

„Wusstest Du eigentlich, dass sie in unserem 3. Jahr ihm voll eins auf die Nase gegeben hat?"

Severus staunte. Seine wunderhübsche, zarte und sanfte Hermine hatte Draco Malfoy mitten ins Gesicht geschlagen? Nun, er hatte Draco einen Abend im 3. Jahr heulend auf der Schwelle zu seinem Büro vorgefunden – mit gebrochener Nase. Ein schneller Heilzauber hatte dies gerichtet, nur der Junge hatte nie mit der Sprache rausrücken wollen, wer ihm da den Schwinger verpasst hatte. Im Nachhinein musste er Grinsen und sie für ihren Mut bewundern. Nicht jeder wagte es, die scheinheilige Art der Malfoys zu hinterblicken und dahinter nur wimmernde Weichlinge festzustellen.

Sie augenscheinlich hatte es jedoch getan.

Ein Gedanke begann sich in ihm zu formen. Er würde Draco und Lucius Malfoy ein für alle Male auf ihre Plätze verweisen.

„Nun, ein oder zwei Scherze hab ich noch für ihn parat. Für den nächsten benötige ich übrigens Eure Hilfe!"

Ron wurde schlagartig ernst und blass.

„Du, Harry? Wenn die Zwillinge so etwas sagen und einen so ansehen, dann lauf!"

Severus' Grinsen wurde noch breiter.


Draco Malfoy hatte seine Schmach an Tag des Quidditch-Turniers noch nicht vergessen. So schnell schüchtere man einen Malfoy nicht ein und schon gar kein daher gelaufener Hochstapler. Draco hatte es sich in den Kopf gesetzt, es diesem Möchtegern-Snape so richtig zu zeigen. Und er würde es auch schaffen, so wahr er ein Malfoy war!

Der Brief seines Vaters hatte ihn doch sehr erstaunt. Er hätte nie geglaubt, dass ausgerechnet Professor Snape bei einem solchen Spiel mitmachen würde. Und das er nichts davon wusste, war für Malfoy klar. Dafür war der junge Snape einfach zu Gryffindor! Ein echter Snape wäre nie in dieses Haus gekommen. Allerhöchstens Ravenclaw – oder wenn wirklich alle Stricke rissen: Hufflepuff! Aber Gryffindor? Tod nicht! Nie und Nimmer!

Draco begann Nikodemus zu folgen. Und dies so unauffällig, dass es einem Todesser Ehre bereitet hätte.

Er folgte ihm nach den Unterrichtsstunden in die Bibliothek und lauschte den Diskussionen zwischen ihm und diesem Granger-Schlammblut. Abartig! Er folgte ihm zum Quidditch-Training und auch sonst in den Gängen Hogwarts war er nicht weit entfernt, wo Nikodemus war.

Er entwickelte eine wahre Besessenheit, herauszufinden wer der Junge wirklich war.

„Hey, Draco?"

„Hmm?"

„Warum rennst Du ständig im Schloss rum?"

„Scher Dich um Deinen Kram, Pansy!"

Unsanft schob er seine Freundin Pansy Parkinson von seinem Schoß. Er hatte gerade einen Gedanken gehabt, ihn aber noch nicht richtig festmachen können und da quatscht ihn diese Kuh einfach an!

Pansy verzog schmollend das Gesicht.

„Draco, wir sollten wirklich mal wieder mehr Zeit für einander haben! Unsere Eltern sind nicht erfreut über die momentane Lage zwischen uns beiden!"

Sein Kopf fuhr hoch und er schlug zu.

„Ich sagte, Du sollst Dich um Deinen Kram kümmern! Halt also einfach die Schnauze! Ansonsten stopf ich Sie Dir! Aber nicht mit dem üblichen Mittel!"

Hasserfüllt starrte Pansy ihn mit schwellender Backe an.

Was war nur los mit ihm? Seitdem dieser junge Gryffindor auf Hogwarts und Professor Snape verschwunden war, benahm er sich so seltsam.

Aber sollte sie sich da wirklich Gedanken drum machen? Oder sollte sie viel eher eine gute, reinblütige Hexe sein und tun, was Mann ihr sagte?

Ein Blick in Dracos verzerrtes Gesicht entschied die Frage und sie eilte in ihr eigenes Zimmer zurück.