Im Jahre 26 nach der Schlacht von Yavin - Ein Jahr, fünf Wochen und zwei Tage nach dem Einmarsch der Yuuzhan Vong in die weit, weit entfernte Galaxis – Coruscant
Die Wohnung, die Commander Ackdool zusammen mit seiner Frau auf dem Hauptstadtplaneten bewohnte, lag in der Nähe des Senatsdistrikts, um schnell zur Stelle zu sein, wenn wieder einmal jener Untersuchungsausschuss tagte, der den Konflikt zwischen den Zwillingswelten Rhommamool und Osarian und ganz spezielle die damalige Vermittlungsmission des Mon Calamari auf dessen eher mittelgroßem Kampfkreuzer namens Schlichter beleuchten sollte. Das Apartment lag in dreißigsten Stock eines der Wolkenkratzer der Hauptstadt und war von seinen beiden Bewohnern eher bescheiden möbliert worden, sollte es doch lediglich als zeitweilige Wohnung dienen.
„Schatz, du musst in fünf Minuten los."
„Ich weiß", brummte Ackdool in seinem Pool, dem einzigen Luxus, den er sich in dieser temporären Bleibe gönnte.
Noch ein letztes Mal ließ er im wohligen Nass des leicht geölten Wassers seine Strategie, die er mit seinem Anwalt ausgearbeitet hatte, Revue passieren. Breshto Biretha, der nach dem Tod von Shunta Osarian Dhargg neuer Präsident des reicheren der beiden Zwillingsplaneten geworden war, schien viel passiver zu sein als sein Vorgänger. Das war nicht gut, denn die Vorstöße des Vertreters des neuen Machthabers auf Rhommamool, jenes blassgesichtigen Shok Tinoktin, dem gar Freundschaft mit dem verstorbenen Nom Anor nachgesagt wurde, stießen im Untersuchungsausschuss kaum auf Gegenwehr. Der Rhommamoolianer war nicht mehr die unscheinbare graue Maus, als die ihn im Schatten Nom Anors lediglich Eingeweihte gekannt hatten. Er hatte Ackdool über seinen Anwalt im Namen Rhommamools eine Entschädigungsforderung von zehn Millionen Credits zukommen lassen, um für den Tod Nom Anors und den Krieg zwischen den Zwillingsplaneten im Anschluss persönlich Abbitte zu leisten. Von der Neuen Republik selbst verlangte er noch viel mehr. Bislang war es Ackdools Anwalt gelungen, jegliche Schuldzuweisung abzuwehren oder zumindest zu vertagen. Zuletzt hatte Rhommamools Anwalt gar behauptet, Ackdool habe Nom Anors Raketenkapsel im Inneren der Schlichter bewusst explodieren lassen, um Osarians Position zu stärken. Natürlich konnte die Gegenseite das nicht beweisen, aber weder Ackdool noch sein Anwalt konnten die Vorwürfe derart widerlegen, dass sie vom Tisch waren.
Lustlos kroch er aus dem Pool und zog sich etwas an.
„Möchtest du noch einen Algenkaf?", fragte seine Frau.
Ackdool winkte mit müder Flosse ab. „Vielleicht, wenn ich zurückkomme. Und ich sage dir, es wird länger als ein Jahr gehen, bis sie fertig sind und Ruhe geben."
„Ich denke, dein Anwalt hat Recht und es wird nicht mehr lange dauern", hielt die Ehefrau dagegen. „Irgendwann werden die Fanatiker auf Rhommamool wieder schwächer werden und dann hört auch dieser Untersuchungsausschussspuk auf."
„Das weiß das große Meer allein."
Er schnappte sich seine Aktentasche und verließ das Apartment, um zum Turbolift zu gehen. Er hatte die silberfarbene Tür desselben noch nicht erreicht, als ihm von dort ein Aufkleber entgegenprangte. Ackdool erstarrte. Diese schwarze Schrift auf dem tiefroten Untergrund – und rechts unten die Vignette eines Astromech, dem man die runde Kuppel abgetrennt hatte – so dass sie schief vom Rumpf abstand – ein Symbol der Roten Ritter von Rhommamool … er hatte diese Aufkleber bereits vor Monaten an den Wänden der Örtlichkeiten gesehen, die sich in der Nähe des Gebäudes befanden, wo der Untersuchungsausschuss für gewöhnlich tagte. Natürlich wurden sie schnell entfernt, aber es dauerte höchstens eine Woche, dann prangten an jenen Stellen neue aufgeklebte rote Rechtecke – oder an anderen, neuen Orten.
Ihm wurde bewusst, dass seine Gedanken begannen, sich im Kreis zu drehen – im sinnlosen Teufelskreis? Zögerlich ging er auf den Turbolift zu, während die schwarze Schrift auf dem roten Rechteck größer und leuchtender wurde.
Nom Anor bleibt unvergessen. Ackdool, du Mörder!
Ackdool zückte seine Holocam, die in seinem Komlink integriert war, um einen Schnappschuss zu machen. Das hatte er schon damals getan, als er diese Aufkleber das erste Mal hier auf Coruscant gesehen hatte. Er hatte die Polizei informiert, aber die Beamten hatten das damals nach einigen Tagen Schweigen als politische und damit erlaubte politische Meinungsäußerung abgetan. Jetzt jedoch waren die Aufkleber hier, in seinem Haus, auf seiner Etage.
Der Commander streckte den Arm aus, um den Lift zu sich zu rufen, doch der Finger erreichte den Knopf nicht. Auch ein Turbolift ist für diese Fanatiker schändliche, verachtenswerte Technik! Ackdool machte kehrt und nahm stattdessen die Treppe nach unten. Nachdem er die dreißig Stockwerke nach unten geschafft hatte, war er außer Atem. Er ging ins Parkhaus, wo sein Gleiter stand, stieg ein – erleichtert, zu sitzen und nicht mehr Treppen steigen zu müssen – und schwebte zum Ausgang. Ihm war unwohl, seine Frau derart ahnungslos zurückzulassen, aber was, wenn es wirklich nur ein dummer Aufkleber war, wegen dem er sie aus dem Haus scheuchen würde? Aber was, wenn nicht? Und in dem Hochhaus lebten noch mehr Leute. Vor einem Jahr hatte es Nom Anor nicht gekümmert, wie viele Tote und Verletzte es auf Ackdools Kreuzer gegeben hatte, bevor der Fanatiker sich in dieser Kapsel auf dem Landedeck der Schlichter selbst in die Luft gesprengt hatte. Warum sollte ein weiterer Selbstmordattentäter jener Couleur jetzt weniger zimperlich sein?
Er reihte sich in den Strom der Gleiter auf der vorgeschriebenen Flugbahn ein und stellte den Autopiloten auf die Route zum Verhandlungsort ein, dann zückte er erneut sein Komlink.
„Hallo, hier Commander Ackdool. Ich würde gerne mit Kommissar Breckdale sprechen. Es geht um eine Drohung gegen meine Person – in meinem Haus."
Ein Blasterschuss peitschte von schräg hinten über ihn hinweg und erwischte die Frontscheibe des offenen Gleiters, die den Fahrtwind abhalten sollte. Ein Netzmuster breitete sich um das geschmolzene Loch herum auf dem Transparistahl aus, zwar noch durchlässig genug, um hindurchsehen zu können, aber als verkehrstauglich würde die örtliche Polizei den Gleiter jetzt nicht mehr bezeichnen.
Sofort schaltete Ackdool wieder auf manuelle Steuerung um und scherte aus dem gleichmäßig fließenden Strom der anderen Flugvehikel aus. In abrupten Zickzacklinien flog er mal über, mal unter dem Strom und ignorierte Hupen und Fluchen der Fahrer unter ihm. Erneut sang die Luft – ein weiterer Blasterschuss … dieses Mal zischte das Projektil von rechts unten kommend an ihm vorbei. Keine Frage, er hatte die Attentäter soweit hinter sich gelassen, dass sie von ihrer Position aus nicht mehr so genau zielen konnten. Aber was, wenn es noch weitere Schützen gab? Es war immerhin bekannt, wo er sich regelmäßig einfinden musste. Der Mon Calamari beschleunigte. Er musste zu dieser Ausschusssitzung – nie war es so dringend gewesen wie heute und jetzt.
„Hallo? Hier Kommissar Breckdale. Commander Ackdool, hören Sie mich?"
Ihm wurde bewusst, dass das Komlink die ganze Zeit über an gewesen war. Vielleicht würde dieser Beweis ausreichen, um die Polizei von seiner akuten Gefährdung zu überzeugen. Und wenn er Glück hatte, gab es vielleicht sogar ein paar Überwachungskameras, die genau die richtigen Flächen im Visier hatten.
Zur selben Zeit auf dem Planeten Duro einen Tag nach dessen Eroberung
Tsavong Lah glaubte, einen Hauch von Röte auf Viqi Sheshs Gesicht zu erkennen, nachdem sich der Villip umgestülpt hatte.
Er überging diese Gefühlsregung seiner Gesprächspartnerin: „Ihren Bericht, Viqi."
„Um den Kriegsmeister und sein Volk zu erfreuen, habe ich angefangen, im Senat Befürworter für ein Friedensvotum zu sammeln, um Ihr Anliegen, alle Jedi an Sie auszuliefern, auch auf höchster politischer Ebene zu unterstützen."
„Ein Votum?", wiederholte Tsavong Lah das Wort, das der Tizowyrm als Mehrfachentscheidung übersetzt hatte.
Die Menschenfrau schien zu überlegen, ob es sich bei seinem Einwurf um eine Kritik oder um eine neutrale Nachfrage handeln könnte, um seine Unsicherheit bei der Deutung dieses Wortes zu überspielen, dann öffnete sich ihr sorgfältig geschminkter Mund wieder. „Ich und meine Unterstützer werden dem Senat den Vorschlag unterbreiten, dass die Neue Republik mit all ihren Streitkräften und dem Geheimdienst offiziell auf die Suche nach Jedi für Sie geht, um Sie zufriedenzustellen."
Tsavong Lah verzog den Mund zu einem höhnischen Grinsen. „Und was passiert nach Ihrem sogenannten …", er dehnte das Basicwort, „Vorschlag?"
„Der Senat wird darüber abstimmen", erklärte Viqi, als sei ein Ergebnis zugunsten der Yuuzhan Vong bereits absehbar. „Und wenn die Mehrheit der Senatoren zustimmt, dann muss die Neue Republik Ihnen alle Jedi ausliefern, deren sie habhaft werden kann."
Tsavong Lah runzelte die Stirn. Einerseits war es löblich, dass die Senatorin eine derartige Eigeninitiative entwickelte, um seiner Sache zu dienen, andererseits verwunderte es ihn, dass so etwas überhaupt zugelassen wurde.
„Was sagt denn der Staatschef Borsk Fey'lya dazu?"
Viqi zuckte mit den Achseln. „Was soll er schon dazu sagen? Er wird, wenn der Zeitpunkt da ist, seine Stimme abgeben so wie ich und jedes andere Senatsmitglied auch."
Blankes Unverständnis erschien in Tsavong Lahs schwarzen Augen. „Aber Fey'lya als Staatschef ist doch ihr Vorgesetzter! Er ist der Herrscher über die Neue Republik! Hat er nicht das letzte Wort, ob er Ihren Antrag genehmigt oder ihn ablehnt?"
Viqi unterdrückte ein Grinsen und bemühte sich um die gebotene Ernsthaftigkeit in ihrer Antwort. „Jeder Senator ist frei, selbst zu entscheiden, im Senat Anträge einzubringen und über sie abstimmen zu lassen – und natürlich auch, dafür oder dagegen zu stimmen. Dem Staatschef fällt neben seiner eigenen Stimme lediglich die Rolle eines Moderators …", sie suchte nach einem verständlicheren Wort, „eines Aufsichtshabenden zu, der die Korrektheit der Abstimmungsprozedur überwacht. Aber es ist meine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass ich für meinen Antrag auch genügend Unterstützer finde", sie lächelte den Kriegsmeister an, „die in unserem Sinne abstimmen."
In seine Augen schlich sich ein Funkeln. „Sagen Sie mir, Viqi: Wird Fey'lya für Ihren Antrag stimmen?"
„Das ist unwichtig, Kriegsmeister Lah", erwiderte sie schnell. „Seine Stimme hat nicht mehr Gewicht als meine oder die eines anderen Senators, es sei denn, sie wäre die Stimme, die ein Unentschieden zugunsten einer Seite wendet."
„Und wenn Sie keine Mehrheit bekommen? Bedeutet das dann, dass die Neue Republik die Jedi beschützen wird?"
„Das müssen die Jedi schon selbst tun", versuchte sie sich aus der rhetorischen Schlinge zu winden. „Zumindest habe ich die Entscheidung des Sicherheits- und Geheimdienstrates darüber, dem Jedipraxeum auf dem vierten Mond des Planeten Yavin militärische Unterstützung zu gewähren, bislang erfolgreich verschleppen können."
„Ein Praxeum? Ist das eine Art Jedischule?"
Viqis Villip-Abbild nickte. „Da sich die wichtigsten und mächtigsten Jedi zur Zeit alle auf Coruscant aufhalten, dürfte eine Mission nach Yavin IV zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht allzu schwierig werden, sind doch die meisten Zöglinge dort noch im Teenageralter oder gar jünger."
„Wie jung denn?"
„Es gibt dort eine Art Kindergarten für Kinder ab drei Jahren."
„Eine Krippe für kleinere Kinder ebenso?"
Viqi zögerte mit der Antwort und der Kriegsmeister nahm an, dass sie das im Moment nicht wusste.
„Was, denken Sie, ist das späteste Alter, in dem man ein Menschenkind noch erfolgreich umerziehen könnte, um ihm unsere Ideale einzupflanzen?"
Wieder schien Viqi vor sich hin zu brüten – keine Frage, seine Gesprächspartnerin befürchtete die Konsequenzen einer falschen Antwort. „Haben Sie Kinder, Viqi?"
Die Menschenfrau blinzelte. „Nein, Kriegsmeister."
„Dann werde ich Ihnen Ihre Unwissenheit nachsehen. Unsere Gestalter werden die Auswahl treffen, wenn es so weit ist. Aber wie lange werden Sie brauchen, um dieses Votum im Senat zu einer fruchtbaren Entscheidung zu bringen?"
„Ich muss mit vielen Kollegen sprechen", holte sie aus. „Einige Senatoren sind noch unentschieden, aber ich …"
Seine Stimme wurde fordernder. „Wie lange, Viqi?"
Erneut flammte dieses verräterische Rot auf ihren Wangen auf. Er setzte sie unter Druck und das erregte sie offenbar. „Nicht weniger als drei Wochen, wenn ich genügend Unterstützer für meinen Antrag gewinnen will."
„Auch wenn dieses … Friedensvotum … in drei Wochen scheitern sollte, so wird die Friedensbrigade den Ungläubigen schon jetzt mit gutem Beispiel vorangehen. Und dann werden auch Ihre widerspenstigen Senatorenkollegen ihren Irrtum einsehen."
Er lehnte sich in seinem organischen Sessel, der einer schräg durchtrennten Halbkugel glich, etwas zurück und wartete.
Ihr Villip neigte sich spontan etwas vor, um die von ihm vergrößerte Distanz zu verringern. „Und genau deshalb brauche ich die Zeit, die ich Ihnen soeben nannte, um sicherzugehen, dass das Votum zur erfolgreichen Abstimmung kommt. Solche parlamentarischen Prozesse brauchen gewissen Vorlauf und mit jedem Sieg, den Sie und Ihre Krieger bis dahin erringen …"
„Glauben Sie ernsthaft, Leia Organa Solo und ihr Ehemann werden Ihnen diese Zeit geben?"
Erneut ließ er eine Pause, und zu seiner Überraschung blieb Viqi gefasst, als hätte sie etwas in der Art bereits erwartet, also redete er weiter. „Nein, Organa Solo wird ebenfalls Unterstützung sammeln, sollte es ihr gelingen, wieder nach Coruscant zurückzukehren, bevor Sie Ihr Friedensvotum zur …", er überlegte, um das richtige Wort zu finden, „… Abstimmung gebracht haben."
Viqi lächelte wieder. „Gut, dass Sie das ansprechen, Kriegsmeister. Meine Agenten sind bereits unterwegs, um diese umtriebige Person abzufangen. Ich konnte in Erfahrung bringen, dass Organa Solo und ihr Ehemann auf dem Weg nach Corellia sind."
„Darf ich Ihre Quelle für diesen Zielort erfahren?"
Viqi setzte eine pflichtbewusste Miene auf. „Mein Stabschef hat bei Leias Familie und den Noghri-Bewachern ihrer Wohnung auf Coruscant Erkundigungen eingezogen. Da ich mit Organa Solo auf Duro für SELCORE zusammengearbeitet hatte, fiel es mir leicht, diese Information zu beschaffen, während ich mich besorgt gab, als ich mich nach ihrer Situation erkundigte."
„Was für ein Zufall, dass Pedric Cuf, den Sie ja bereits kennen, ebenso Leute zu Leias Verfolgung ausgesandt hat. Sorgen Sie dieses Mal dafür, dass Sie sich nicht in die Quere kommen, sondern reibungslos zusammenarbeiten."
Viqi nickte schuldbewusst. „Ich werde ihn diesbezüglich informieren und meine Ressourcen mit den seinen koordinieren."
„Das sollten Sie, denn eine weitere Fehlinformation von Ihrer Seite wie vor drei Wochen werde ich nicht dulden!"
Er sah, wie ihre Augenlider kurz flatterten, bevor sie sich wieder beruhigten. „Kriegsmeister, darf ich Sie fragen, um welche Fehlinformation konkret es geht?"
„Sie sagten mir während unseres ersten Gesprächs vor drei Wochen, dass es da einen jungen Jeedai gäbe, der sich angeblich weigern würde, die Macht einzusetzen."
Viqis grüne Augen wurden ein Stück größer. „Ich erinnere mich … Ihre Ansprache … dann hat … ähm …"
Tsavong Lah feixte innerlich. Er selbst war es gewesen, der es der Zuträgerin verboten hatte, jenen Namen auszusprechen. „Jacen Solo hat sich als würdig erwiesen, ja. Aber Ihre Aufgabe ist es vorerst, seine Mutter auszuschalten, bevor sie Ihre Rolle für uns aufdecken kann. Das ist jetzt wichtiger geworden, als sie den Göttern zu opfern."
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Ein paar Augenblicke später
Ein leises Pupsen störte Nom Anor in jenem grün umrankten Würfel, der sein neues Büro auf Duro war. Ein wichtiger Villip hatte sich umgestülpt und er zögerte nicht, jene Recherche über sein neuestes Missionsziel zu unterbrechen, hatte sie sich doch als derart aufwändig und vertrackt erwiesen, dass der Exekutor selbst ein Dienstgespräch mit dem Kriegsmeister als angenehme Ablenkung empfand.
„Kriegsmeister, was kann ich für Sie tun?"
„Haben Ihre Agenten Leia Organa Solo lokalisiert?"
„Leider noch nicht, aber wir haben auf Corellia eine Jedi dingfest machen können, die uns möglicherweise zu Organa Solo leiten wird."
Ungläubig hob Tsavong Lah eine Braue. „Sie hat sich bereit erklärt?"
„Meine Agentin hat sie angeschossen und sie liegt momentan bewusstlos in einem Bactatank, aber meine Agentin ist der Ansicht, dass sie sich wieder erholen wird, so dass dann die Befragung beginnen kann, bevor die Jedi an Sie zur Opferung überstellt wird."
„Wie lange wird die Genesung dauern?", drängte der Kriegsmeister. „Ihr wisst, dass die Priesterin Vaecta bereits nach Jeedaiblut dürstet."
„Zwei bis drei Ket?", schätzte der Exekutor.
„Wieso dauert alles Wichtige in dieser Galaxis immer mehrere Ket? Ich wünsche nicht, dass diese Jeedai möglicherweise Organa Solo zu Hilfe eilt, sollte es zu lange dauern und falls sie nur vorgibt, transportunfähig zu sein."
„Letzteres haben die Ärzte ausgeschlossen", versicherte Nom Anor. „Und wir haben geplant, dass Organa Solo der Jedi zu Hilfe eilen wird, und dann nehmen wir sie endgültig aus dem Spiel."
„Sie wissen aber schon, dass das Schiff von Leias Mann sehr schnell und wendig ist? Und dass Leia mit ihrem Mann dorthin fliehen wird, sollte sie Gefahr wittern?"
Nom Anors Miene strotzte nur so vor Zuversicht. „Genau dafür habe ich bereits Vorkehrungen getroffen, Kriegsmeister. Eine gut bewaffnete Armada der Ungläubigen wird bereitstehen, um Organa Solo an der Flucht zu hindern."
„Sie erwähnen in diesem Zusammenhang gar nicht Ihre Friedensbrigade, Exekutor."
„In der Tat handelt es sich dabei um Quellen, die ich an anderer Stelle angezapft habe, so dass sich die Friedensbrigade ungestört um das Aufspüren der wichtigeren Jedi kümmern kann."
Tsavong Lahs Stimme wurde barsch. „Den Namen, Nom Anor."
Für einen Moment fror Nom Anors Abbild auf dem Villip ein. „Es handelt sich um Streitkräfte, die die Senatorin Viqi Shesh bereitgestellt hat."
Des Kriegsmeisters Stimme wurde sehr ruhig. „Dann haben Sie also wieder Kontakt zu ihr aufgenommen – nur in dieser Sache?"
Nom Anor räusperte sich. „Die Senatorin hat mich in der Tat gestern kontaktiert, auch, um mich über den Stand der Ermittlungen des Geheimdienstes der Neuen Republik in Kenntnis zu setzen. Und wir haben über eine mögliche Einflussnahme im corellianischen System gesprochen."
„Einflussnahme? Erklären Sie das näher."
„Auf Corellia findet diese Woche die Wahl für den Posten des Generalgouverneurs statt. Die Senatorin und ich sind der Meinung, dass es lohnenswert wäre, den Kandidaten der lokalen Menschenliga namens Thrackan Sal-Solo zu unterstützen, der eine Unabhängigkeit Corellias von der Neuen Republik anstrebt."
„Und wann hatten Sie vor, mich von diesen Ihren Bestrebungen in Kenntnis zu setzten, Nom Anor?"
„Zu einem Zeitpunkt, zu dem es der Kriegsmeister für angemessen erachtet – so wie jetzt."
„Gut." Tsavong Lah fletschte die Zähne zu einem Raubtierlächeln. „Dann werde ich Sie jetzt davon in Kenntnis setzen, dass Sie sich fürderhin ganz auf die Mission Yag D'hul konzentrieren werden, sobald Leia Organa Solo aufgespürt und unschädlich gemacht wurde. Diese Frau hat sich als viel zu umtriebig und unberechenbar erwiesen, als dass wir sie noch länger gewähren lassen können. Eigentlich sollten Sie als Angehöriger der Verwalterkaste Leia in ihrer Funktion als Verwalterin der Siedlung Gateway Yun-Harla opfern, aber die Verschleierte Göttin wird verstehen, dass eine formelle Opferung Leias zu viele Umstände machen würde. Was hingegen Corellia und seinen neuen Herrscher angeht, so werde ich diese Angelegenheit vollständig in Viqi Sheshs Hände legen, aber Sie werden sich dort raushalten. Haben wir uns verstanden?"
Nom Anor nickte mechanisch. „Vollkommen, Kriegsmeister."
Tsavong Lah stülpte den Villip um und dachte nach. Jetzt, nach dem Gespräch mit Nom Anor, erschien ihm sein davor stattgefundenes Gespräch mit Viqi Shesh auf einmal in einem ganz anderen Licht. Die Senatorin hatte ihm gegenüber nicht erwähnt, sich bereits mit Nom Anor abgestimmt zu haben, ganz im Gegenteil. Nom Anor wiederum hatte gezögert, zuzugeben, dass Viqi ihn kontaktiert hatte, falls es wirklich stimmte, dass der Kontakt dieses Mal von der Menschenfrau ausgegangen war. Ihm fiel ein, dass Viqi ebenso nicht direkt gesagt hatte, dass es Leias Familie oder die Noghri-Wachen gewesen waren, die ihr den Tipp mit Corellia als Leias Reiseziel gegeben hatten. Viqi hatte sich lediglich erkundigt. Andererseits schien Viqi nicht überrascht von seiner Mitteilung gewesen, dass Leia von Duro entkommen war, und ihn beschlich die Ahnung, dass Viqis Informationsquelle in dieser Sache nicht auf Coruscant, sondern direkt neben ihm auf Duro saß – in einem grünen Würfel.
Währenddessen im Orbit von Corellia
Han Solo hatte den Milleniumfalken sofort nach dem Austritt aus dem Hyperraum in ein Asteroidenfeld gebracht, um von dort aus unauffällig die Umgebung zu sondieren. Durch seine schwarze Lackierung, die Han dem Schiff im Verlaufe der immer weiter voranschreitenden Invasion vorsorglich verpasst hatte, war der corellianische Frachter von der Ferne so gut wie nicht zu sehen. Han war sich jedoch der Tatsache bewusst, dass Ortungs- und Zielerfassungssysteme diesen rein visuellen Vorteil mit Leichtigkeit zunichtemachen konnten.
Leia schlief, aber das tat sie ohnehin die meiste Zeit des Tages. Jacen gab seiner Mutter zu diesem Zweck an Bord befindliche Anästhetika, damit sich ihr verletzter Körper während der langen Schlafzeit besser regenerieren konnte. Der junge Jedi war froh, den Einsatz dieser Mittel beschränken zu können, war er doch mit seiner Zwillingsschwester imstande, regelmäßig Heiltrancesitzungen für Leia abzuhalten. Auch jetzt saßen beide Geschwister am Bett ihrer Mutter und ließen ihre Kraft in sie fließen.
„Ihr solltet euch vielleicht etwas stärken, bevor wir zum Planeten fliegen", hörten sie die Stimme ihres Vaters von der Tür her.
„Du hast ein Krankenhaus gefunden?", fragte Jaina.
„Von diesem Fenster aus kannst du es nicht sehen, aber vorne am Cockpit wimmelt es nur so von alten E-Flüglern und kleineren Kanonenbooten, denen wir ausweichen müssen."
„Gibt es eine Klinik, die wir bald erreichen können?", insistierte Jacen.
Han nickte. „Dann schnallt euch und eure Mutter jetzt fest, denn ich werde ein paar unkonventionelle Manöver hinlegen müssen, um dorthin zu kommen."
Die Tür, durch welche Han seinen Kopf ins Behandlungszimmer gesteckt hatte, zischte wieder zu und Jacen und Jaina sahen einander bestürzt an.
„Ich habe da ein ganz mieses Gefühl", sagte Jacen und Jaina nickte stumm.
Nur eine halbe Minute später wurden die beiden Jugendlichen fast aus ihren Sitzen gerissen und Leia aus ihrem Bett, wären nicht die festen Gurte, die alle drei an Ort und Stelle hielten. Es folgte ein abrupter Stopp und die Körper wurden in die Sitzflächen bzw. aufs Bett gedrückt, so dass man das Ächzen der Stahlfedern unter Leias Körper hören konnte.
„Ich hasse es, wenn er solche Mikrosprünge macht", sagte Jacen.
„Vor allem, ohne sie konkret anzukündigen", ergänzte Jaina.
„Ist doch … alles gut."
Die beiden schauten zu ihrer erwachten Mutter.
Leias Hand erhob sich zögerlich und sie zeigte auf die große, rostbraune Fläche vor dem runden Fenster, die dort mit all ihren abblätternden Unregelmäßigkeiten unverändert blieb und ihnen die Sicht nach draußen nahm, während der Falke mit einem Mal sehr träge dahinglitt. „… ist das?"
Jacen zuckte mit den Schultern. „Ich schätze, Dad hat eine unauffällige Mitfluggelegenheit gefunden."
Jaina machte sich von ihren Gurten los. „Das reicht jetzt!"
Sie verließ den Raum und ging zu Han ins Cockpit. „Dad, was ist das für ein Frachter und …?"
Sie stoppte, als sie die buntgewürfelte Flottille sah, die sich in einem weit auseinandergezogenen Ring um die Nordhalbkugel Corellias herum postiert hatte.
Ohne sich nach seiner Tochter umzusehen, machte Han eine müde Handbewegung. „Keine Sorge, die erfassen nicht uns, sondern nur das große Baby, an das ich uns angedockt habe. Es wird uns zu einer alten Freundin bringen, die sich auch um eure Mutter kümmern wird."
„Lass mich raten, Dad. Ich und Jacen und womöglich sogar Mutter kennen diese Freundin nicht und du hast sie seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen, oder?"
Han lächelte wehmütig. „Jaina, du wirst für meine Begriffe viel zu schnell erwachsen, aber du hast vollkommen recht."
„Wird es so enden wie für Onkel Luke oder für dich über Bespin? Wer wird jetzt bei deiner angeblichen Freundin lauern, sobald sich auch nur die Luke des Falken öffnet?"
Erst jetzt drehte sich Han zu ihr um. „Jetzt mach dir mal nicht in deinen Fliegeroverall, Kleines. Vader und Jabba sind tot. Und ich hoffe mal, dass sich meine Freundin vor allem an das Gute erinnert, was wir zusammen erlebt haben."
Jainas Gesicht lief rot an. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann besann sie sich anders und stürmte aus dem Cockpit zurück zu ihrem Bruder und ihrer Mutter.
Hans Kom-Konsole piepte und da es sich lediglich um eine Nachricht handelte, schaltete er den Kanal frei. „Es gibt in drei Tagen ein Jeditreffen auf Coruscant, Luke und Anakin erwarten den Rest der Familie. Alles Gute für Leia", verkündete das Hologramm seines Schwagers.
„Auch das noch", fluchte Han.
Eigentlich hatte er sich den Aufenthalt auf Corellia anders vorgestellt, aber es war nicht das erste Mal, dass er seine Pläne verändertem, zumeist verringertem Personalstand anpassen musste. Und er war sich sicher, dass es auch nicht das letzte Mal sein würde.
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Das Dagobah-System wirkte ruhig und unbehelligt, als Kyp Durron dort eintrat. Er drehte einen weiten Kreis und sah Borga an, die neben ihm im eigens auf ihre gewaltigen Maße zugeschnittenen Kopilotensessel saß.
„Nun, wo hätten Sie es denn gerne? Nur Sumpf oder Sumpf mit Lichtung?"
„Etwas Auswahl kann nie schaden", meinte Borga und leckte sich die Lippen.
Kyp erkannte, dass die Hutt schon wieder Hunger hatte. In Ermanglung des üblichen Personals hatte er selbst in die Küche gehen und ihr dort Essen zubereiten müssen – eingefrorene Frösche und anderes Lebendgetier, das man für die exklusiven Gourmetgewohnheiten, die Hutts nun einmal hatten, für den Snack unterwegs bei lebendigem Leibe schockgefroren hatte. Die Tiere lebten zwar nicht mehr, während Borga sie verspeist hatte, aber es war für die ausgehungerte Hutt immer noch besser als gar nichts.
„Ich gebe Ihnen noch ein paar Rationen, sobald wir gelandet sind", versprach der Jedimeister.
Er senkte das Shuttle zu dem Bereich, den Borga ihm angewiesen hatte. Es handelte sich um einen sanften Hügel, von dem aus man bestimmt einen guten Ausblick ins Umland haben würde. Vorsichtig setzte er das Shuttle vor einigen Knorrenbäumen ab, die auf dem Hügel wuchsen. Wie erwartet, war das geneigte Terrain fester als der Sumpf mit seiner üppigen Vegetation, den er durch die dreieckigen Fenster weiter unten sehen konnte. Vorsorglich hatte er das Shuttle auch so aufgesetzt, dass das Cockpit jetzt erhöht lag. So konnte Borga leichter zum Ausgang gelangen.
„Vielleicht sollten Sie in der Zeit auch ein paar Übungen machen, um sich auch außerhalb der Sümpfe bewegen zu können", riet ihr Kyp, „denn ich kann nicht für ewig hierbleiben, um Ihnen Gesellschaft zu leisten."
„Das werde ich", versprach Borga, „aber jetzt holen Sie mir bitte noch ein paar von den Nala-Baumfröschen aus der Kombüse, sonst komme ich um."
Kyp öffnete die Einstiegsluke und fuhr die Rampe aus, dann ging er in die kleine Küche, um dort die Nala-Frösche aus dem Gefrierfach zu holen. Als er den Raum wieder verließ, sah er, wie Borga auf der für ihre Spezies üblichen Schleimspur durch die Einstiegsrampe nach draußen rutschte. Sie kam an einem Baum zu liegen, schob sich mit ihren kleinen Händen von diesem fort und rollte weiter abwärts, bis sie zum Sumpf kam, um dort unterzutauchen. Eine weiße, etwa vier Meter hohe Spinne kam auf neun Beinen angetrabt und baute sich über der Stelle auf, an der Borga untergetaucht war. Neugierig tauchte sie einen schlauchartigen Fortsatz ins Wasser, von dem Kyp annahm, dass es sich um ein Maul handeln musste – viel zu klein freilich für die fette Hutt, aber wenn es Zähne hatte ...
Borgas massiger Kopf kam wieder aus dem Wasser, um von unten gegen das Maul zu stoßen. Die Spinne schrak nach oben hin weg und das Maul zitterte etwas. Kyp nahm feine Tentakel wahr, die in Richtung der im wahrsten Sinne des Wortes fetten Beute tasteten. Dann, mit einem Ruck, wandte sich das riesige Tier von der Hutt ab und stakste direkt in den Sumpf hinein, um sich anderweitig Nahrung zu beschaffen.
„Sehr gut", sagte Kyp. „Ich kann nämlich auch nicht hierbleiben, um Sie längerfristig vor Raubtieren zu schützen. Die Weiße Spinne ist eines der gefährlichsten Raubtiere des Planeten – eigentlich aber ist sie kein Tier, sondern der Samen des Baums, an dem Sie sich vorhin festgehalten haben. Irgendwann werden ihre Beine sich im Boden versenken und zu Wurzeln werden. Bis dahin hat sei genug gefressen, damit der neue Knorrenbaum aus ihr wachsen kann."
Borgas kleine Hände kamen aus dem Wasser und hielten einen etwa einen Meter langen, grünen, mehrfach segmentierten Wurm mit roten Augen in der Hand. Herzhaft biss sie hinein und teilte damit das sich windende Geschöpf in zwei Hälften, die zuckend in ihren Händen hingen, während sie den Mittelteil hinunterschluckte.
„Ah, das tut gut", sagte Borga und rülpste vernehmlich. „Und schmecken tut es auch." Sie schaute auf Kyp mit den aufgetauten Nala-Fröschen in der Hand. „Legen Sie die dort am Sumpfrand ab, ich komme gleich, um sie mir zu holen."
„Wieso gleich?", fragte Kyp, der wusste, dass das Wort gleich bei den Hutts ein sehr dehnbarer Zeitbegriff war.
Borga tauchte wieder unter und als sie wieder nach oben kam, hielt sie ein kleines grünes Etwas in den kleinen Händen nach oben. Kyp dachte zunächst, Borga habe erneut Jagd gemacht, dann erkannte er die Familienähnlichkeit.
„Herzlichen Glückwunsch, Borga. Ich hätte nicht gedacht, dass Huttlinge so klein sind, wenn sie frisch geboren sind."
Borga lachte ein tiefes Lachen. „Keine Sorge, sie wachsen schnell, wenn man sie gut füttert."
Sie näherte sich mit peitschenden Schwanzbewegungen dem Sumpfrand, wo Kyp Durron die Nala-Baumfrösche abgelegt hatte, und nahm einen davon in eine Hand. „Komm, Boffa, das ist ein ganz besonderer Leckerbissen."
Der kleine Huttling biss einen Arm der nicht mehr tiefgefrorenen Kreatur ab und verschlang ihn.
„Vielen Dank, Jedimeister Kyp Durron", sagte Borga, während sich der Huttling auch am Rest des Nala-Baumfroschs gütlich tat. „Das werden wir Ihnen und Ihrer Zunft niemals vergessen."
„Machen Sie es gut", sagte Kyp. „Die Systeme Ihres Schiffes dürften für ein, zwei Jahre noch Langstreckenkommunikation erlauben, wenn Sie Energie sparen. Und da drin dürften Sie und der Huttling einigermaßen sicher sein – vorausgesetzt, Sie lernen wieder, sich allein fortzubewegen."
„Ich werde mir Mühe geben", sagte Borga, dann wandte sie sich wieder ihrem neugeborenen Spross zu, um mit ihm auf Huttisch zu reden. „Irgendwann wirst du von mir auch Y'luubi-Aale zu essen bekommen – das schwöre ich dir", säuselte sie, „vorausgesetzt, wir haben irgendetwas in der Hand, um Nas Choka zu erpressen, damit er sie herausrückt. Was meinst du, nehmen wir dafür den Pedric Cuf als Geisel, sollten wir seiner habhaft werden?"
Kyp kräuselte die Oberlippe. „Solange es nicht einer von uns Jedi ist, soll es mir recht sein", sagte er ebenso in Huttisch und wandte sich ab, um zu seinem X-Flügler zu gehen.
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Das Schiff, an dessen Rumpf der Milleniumfalke angedockt war, tauchte in eine Dunkelheit ein, die Han Solo gut bekannt war. Es ging eine Weile abwärts, dann setzte das Schiff auf dem Boden auf. Jaina und Jacen kamen zu Han ins Cockpit und dieses Mal drehte er sich sofort zu seinen Kindern um.
„Jaina, du bleibst bei Mom, ich gehe mit Jacen raus."
„Wieso kann nicht ich mit dir kommen?", widersprach Jaina, „Jacen versteht sich viel besser auf Heilung als ich."
„Ich habe jetzt aber eine recht diplomatische Verhandlung zu führen und so, wie du dich vorhin aufgeführt hast, bist du dort drin besser am Platz."
Jacen drückte die Hand seiner Zwillingsschwester. „So schlecht bist du in Heilung auch wieder nicht. Deine Augen sind schon fast wieder normal."
„Ich gehe erst wieder rein, wenn sicher ist, mit wem wir es hier zu tun haben", beharrte Jaina.
„Und ich kann nur dann sicher Verhandlungen führen, wenn ich weiß, dass jemand auf deine Mom aufpasst", versetzte Han.
Widerstrebend ging Jaina zurück in Leias Kammer. Han löste die Andockklemmen vom Schiff, das sie hierher geflogen hatte, und suchte sich einen Landeplatz. Sobald auch der Falke am Boden aufgesetzt hatte, klopfte es ungeduldig bis fordernd gegen die Einstiegsluke. Han bedeutete Jacen hinter ihm zu bleiben, dann trat er in die Luke, vor der drei Menschen in abgetragener Kleidung warteten, die Augen hungrig und fiebrig glänzend.
„Lady Proxima erwartet mich", sagte Han zu ihnen statt einer Begrüßung. „Also beeilt euch, uns zu ihr zu bringen."
Die drei wollten sich in Bewegung setzen, da stoppte Han. „Es reicht, wenn uns einer begleitet." Er zeigte auf den Betreffenden, bevor er sich dessen zwei Begleitern zuwandte. „Ihr zwei bleibt beim Schiff, um darauf aufzupassen. Wir wollen ja nicht, dass Lady Proxima eine wertvolle Fracht entgeht, nicht wahr?"
Der, den Han als Anführer ausgemachte hatte und der sie begleiten sollte, zückte ein Komlink. Nach einem kurzen Wortwechsel gab er den beiden anderen den Befehl zu warten und führte Han und dessen Sohn mit sich fort. Es wurde immer dunkler in dem Gang, den sie entlang gingen.
Ein großes Tor öffnete sich und gab einen grottenartigen Raum frei, an dessen Dunkelheit sich Jacen zunächst gewöhnen musste. Die Luftfeuchtigkeit war erdrückend und der Geruch von Moos stieg ihm in die Nase. Ein leises Plätschern wie von einem Teich, aus dem dann und wann Fische emporsprangen, war vor ihnen zu hören und nachdem sich Jacens Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er die Umrisse eines kreisförmigen Bassins, in dem ein weißes, wurmartiges Wesen hockte, flankiert von anderen seiner Art, die jedoch wesentlich kleiner waren. Jacen vermutete, dass es sich dabei um eine Art Königin eines Stocks handelte. Das Licht, das den Raum so gut wie gar nicht erhellte, war schwächer als des nachts während der dünnsten Mondsichel und es glomm so kalt durch das Kavernenrund, als wiese es den Weg in eine schlimme Hölle. Jacen schaute nach links zu seinem Vater, aber Han Solo wirkte so souverän wie meistens.
„Du wagst es, hierher zurückzukommen, nach allem, was du abgezogen hast, Han Solo?", begrüßte der Wurm die Ankömmlinge mit einer weiblich klingenden Stimme.
„Es ist mir eine Ehre und eine Freude, mein Versagen von damals wiedergutzumachen, Lady Proxima", erwiderte Han Solo.
Lady Proxima lachte ein höhnisches Lachen. „Doch sicherlich nicht freiwillig, oder?"
„Schaff diese ganzen Leute hier raus, dann erzähle ich es dir."
Ein Wink des weißen Wurmes genügte und der Saal leerte sich. Die Tür schloss sich und Jacen wurde mulmig zumute. Es war fast wie damals, als CorDuros Vizedirektor Durgard Brarun ihn als seinen angeblichen Gast in Verwahrung genommen hatte. Bis vor ein paar Minuten war jene Gefangenschaft meilenweit von Jacen fortgerückt angesichts dessen, was seiner Mutter in Tsavong Lahs Gegenwart widerfahren war, jetzt jedoch schien ihn diese Erinnerung von vor einer Woche zu erdrücken, und er überlegte, ob er wirklich wieder freiwillig hier bleiben würde, wenn das jemand von ihm verlangen würde. Lady Proxima mochte in etwa vier Standardmeter in der Höhe messen, war aber schlanker und schien beweglicher zu sein als Hutts. Er würde sich später über ihre Spezies schlau machen, um deren Stärken und Schwächen besser einschätzen zu können.
„Die Wahrheit ist, dass ich auch deine Hilfe brauche", hörte er seinen Vater weiterreden. „Meine Gefährtin ist schwer krank und braucht medizinische Versorgung."
Proxima begann zu lachen. „Han Solo, wir sind hier keine Krankenstation."
„Aber du kannst doch zumindest einen Bactatank organisieren, ohne dass es gleich der ganze Planet dort oben mitbekommt, oder?"
Proximas milchig erscheinende Hand strich sich nachdenklich über die tentakelartigen Kinnfortsätze „Sie scheint dir sehr wichtig zu sein, wenn du gar mit ihr hierher zurückkehrst, wenn ich daran denke, wie du Qi'ra damals im Stich gelassen hattest, hmmm?"
„Es war kein Zurücklassen, wir wurden getrennt", rechtfertigte sich Han. „Und wie ich erfahren habe, ist es Qi'ra danach auch nicht sonderlich schlecht ergangen."
Proxima nickte. „Was man von dir nicht sagen kann. Mir kam zu Ohren, dass du deinen besten Freund verloren hast – diesen Wookiee."
Han reagierte nicht auf die Provokation. Jetzt galt es, Leias Leben und Gesundheit zu retten, nun ja, vielleicht sogar noch etwas mehr. „Ich fühle mich geehrt, dass du meinen weiteren Werdegang so aufmerksam verfolgt hast, Lady Proxima. Und auch du könntest viel verlieren, wenn die Yuuzhan Vong auch auf Corellia einmarschieren. Ich kann helfen, das zu verhindern."
Proximas breites Maul verzog sich zu einem Grinsen. „Dafür hat ja bereits einer aus deiner Familie gesorgt. Ich nehme an, du willst nicht, dass ich Thrackan Sal-Solo über dein und Leias Kommen benachrichtige?"
Han zog die Stirn in Falten. „Wie gut du mich doch kennst. Und nachdem wir das geklärt haben, möchte ich dir hiermit anbieten, dass ich die Zeit, in welcher sich Leia in deiner Obhut unbehelligt erholen wird, dazu nutzen werde, um dir endlich das Coaxium zu bringen, das dir zusteht. Ich habe weiter keine Verpflichtungen und stehe also jetzt ganz zu deiner Verfügung."
Proximas grüne Augen begannen zu glitzern. „Das doppelte von damals und wir sind im Geschäft. Was ist mit dem jungen Mann, der bei dir ist?"
„Mein Sohn und seine Schwester werden anderswo gebraucht. Ich möchte, dass du sie ziehen lässt. Leia alleine stellt für dich keine Bedrohung dar und dürfte als Unterpfand bis zu meiner Rückkehr genügen."
Lady Proxima verlagerte ihr Gewicht in ihrem Teich. „Nein, das genügt mir nicht."
„Dann lass dir gesagt sein, dass wir wertvolle Dokumente gesammelt haben – brisante Dokumente, die einigen Regierungsmitgliedern auf Coruscant erhebliche Schwierigkeiten bereiten dürften, gelängen sie denn ans Licht der Öffentlichkeit."
„Dann bring mir diese Dokumente und dann zieh los, um mir endlich mein Coaxium zu besorgen."
Han nickte. „Ich werde eine Liste der Dinge zusammenstellen, die ich dafür benötige."
Proxima öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber Han kam ihr zuvor. „Credits werden nicht auf der Liste stehen, nur damit es dich beruhigt."
„Ich kann nicht glauben, dass du Mutter hier allein bei diesen Leuten lässt", sagte Jacen zu seinem Vater, nachdem sich die Luke des Milleniumfalken wieder hinter ihnen geschlossen hatte.
„Sie wird nicht wirklich allein sein", versuchte Han, ihn zu beruhigen. „Du weißt ja, wo sie ist und Lady Proxima kennt dich jetzt auch genug, um dir zu vertrauen, solltest du ihr wieder begegnen."
Jacen stemmte den rechten Arm in die Hüfte, so dass der Ellbogen schräg nach hinten wies. „Dad, kann es sein, dass du mit dem Begriff Vertrauen ein bisschen großzügig umgehst?"
Han strich seinem älteren Sohn über den Kopf mit dem seit der unfreiwilligen Komplettrasur wieder nachwachsenden Haar. „Du wirst anders darüber denken, wenn Mom wieder gesund ist. Glaub mir, Proxima wäre dumm, Leia etwas anzutun. Und sie weiß das. Aber ich habe eine Nachricht von Luke aus Coruscant erhalten. Dort wird ein Jeditreffen stattfinden und du und Jaina werden dort gebraucht."
Sie betraten Leias Kammer und zu Hans Überraschung hatte sich Leia aufgesetzt. Han ging zu ihr und setzte sich aufs Bett, um ihr über das kurze, zerzauste Haar zu streichen.
„Wenigstens … nicht frisieren", kam es holperig aus Leias Mund.
„Ich habe einen Bactatank für dich organisiert, Liebes", eröffnete ihr Han. „Du kannst hier für zwei Wochen bleiben, bis du dich soweit erholt hast, dass wir uns um deine Nervenverletzungen kümmern können."
Ihre braunen Augen begannen unsicher zu flattern. „Und du?"
Han wurde bewusst, wie instabil der Zustand seiner Frau noch immer war. „Ich werde für diese zwei Wochen fort sein, um eine Schuld zu begleichen, die schon lange überfällig ist. in der Zwischenzeit wird sich Lady Proxima um dich kümmern. Du erinnerst dich vielleicht …"
„Dieser Wurm … Crime-Lady, die auf Corellia Kinder zum Schteeehlen aussendet? Dann hätte isch bei Jabba bleiben könnn."
Han seufzte. „Tut mir leid, Liebste, aber etwas Besseres konnte ich auf die Schnelle nicht organisieren. Allerdings dachte ich, dass dich deine Bekanntschaft mit dem Hutt Randa auf Gateway bereits etwas auf einen Aufenthalt wie diesen vorbereitet hat."
Leias Blick wurde traurig. „Randa ist tot. Er starb im Kampf mit Tsavong Lahs Scherrrgen, um mir die … Flucht zu ermmmög…"
Leia schaute zu Jaina und Jacen.
„Ach deshalb hat es in deinem Büro so gestunken", sagte Jacen, dann wurde er ernst. „Luke erwartet uns auf Coruscant. Es soll ein Jeditreffen geben. Vielleicht können wir gleich anschließend wieder zurückkommen."
„Nein!" Leia hatte ihre Hand erhoben. „Ihr werdet gebraucht. Ich kann schon …"
Sie sah Han und ihre Kinder wie durch einen Schleier. Jainas Augen schienen besser geworden zu sein. Han legte denselben optimistischen Tatendrang an den Tag, den sie seit Duro wieder in ihm erwacht sah. Ob das wohl auch so bleiben würde, wenn sie …? Leia dachte den Gedanken nicht zu Ende. Jacen und Jaina reisten also nach Coruscant. Ihr wurde bewusst, dass Han in der Zwischenzeit wahrscheinlich keinerlei Kontakt zur Außenwelt gepflegt hatte, um sie in ihrem verletzlich-verletzten Zustand zu schützen. Und wenn ihre Kinder schon nicht bei ihr bleiben konnten, so hatte sie jetzt zumindest die Gelegenheit, durch sie eine Nachricht zu übermitteln.
Ja, da war irgendetwas gewesen … irgendetwas, das ihr eingefallen war, als sie das erste Mal im Falken aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht war. Aber dann hatte irgendjemand der drei etwas zu ihr gesagt und sie abgelenkt. Was war es nur? Sie schaute zu Han und erinnerte sich an all die Flüchtlinge, die sie mit ihrem Mann zusammen in der nun wahrscheinlich zerstörten Siedlung Gateway in jenen Bergbaulaser gepfercht hatte , um ihnen die erneute Flucht zu ermöglichen. Dieser Helm aus Gorntleder hatte Han verwegen und etwas altertümlich aussehen lassen – geradezu archaisch.
Sie schaute zu Jaina, die ihr ihr häufiges Fernbleiben von der Familie offenbar verziehen hatte. Jainas rote Backen deuteten auf eine gewisse Erregung hin, aber sie fühlte, dass diese negative Emotion bereits wieder am Abklingen war.
Jacen – Jacen hatte sie vor Tsavong Lah und seinen Schergen gerettet … vor seinen Schergen … erst jetzt fiel ihr ein, dass die Szenerie, aus der ihr älterer Sohn sie herausgehievt hatte, irgendwie unvollständig war. Etwas fehlte … jemand. Und diesem Jemand fehlte auch etwas.
Sie ergriff Jacens Hand. „Was … mit Nnnom Annnor?", fragte sie.
Jacen schüttelte sich spontan. „Er hat sich davongemacht, bevor ich mit Tsavong Lah zur Sache kam."
„Nnom Anor ist Dr. Crrree'Arrr", begann Leia.
„Jetzt sprichst du wie ein Duros, Mom", sagte Jacen und lächelte. „Das hat uns Tante Mara bereits erzählt. Und du weißt es ja auch", wandte er sich an seine Zwillingsschwester.
Die Worte trafen Leia ins Mark. Es hörte sich an, als würde ihr Sohn sie für leicht senil halten. Da war dieses versteckte Mitleid in seiner Stimme.
„… ist auch Pedric Cuf", beendete Leia ihren Satz. „Ihr … mmmüsst Luke sagen."
Han beugte sich zu ihr hin. „Wer ist Pedric Cuf?"
Leias Gesicht bekam etwas Angestrengtes. „Nom Anor ist auch Pedric Cuf … Zakarisz Ghent ... Er hat … in Siedlung Zweiunddreiß …"
Leias Augenlider flatterten, dann sank ihr Oberkörper wieder auf das Bett und sie war erneut eingeschlafen.
Han sah seine Kinder an. „Ihr habt sie gehört. Diese Nachricht ist wichtig und möglicherweise ist es besser, wenn ihr sie persönlich überbringt."
Er wandte sich seiner Ehefrau zu und streichelte ihr über die Stirn. „Und für dich ist es höchste Zeit, in den Bacta-Tank zu kommen, Schatz."
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Drei Tage später - Coruscant – unterirdischer Sitzungsraum des Sicherheits- und Geheimdienstrates der Neuen Republik
„Verehrte Kollegen, geschätzte Mitarbeiter, wir haben uns hier versammelt, um eine erste Auswertung der Ereignisse auf Duro zu erstellen und das weitere Vorgehen nach dem Fall dieses Systems zu beraten", begann der Staatschef. „Der Kriegsmeister des Feindes hat jenes System abgeriegelt und damit auch eine Informationssperre verhängt, aber viel wichtiger ist in diesem Fall ohnehin das, was nicht gesagt oder gezeigt wird. Der Kriegsmeister hat sich wohl des Lichtschwerts von Leia Organa Solo bemächtigt, doch hat er nicht gesagt, meine Vorgängerin getötet oder geopfert zu haben, genauso wenig wie ihre dort anwesenden Jedi-Kinder. Der Feind ist also nicht ganz so erfolgreich wie er vorgibt zu sein. Ich bitte um Ihre Meinungen dazu."
Geheimdienstchef Dif Scaur und Viqi Shesh erhoben gleichzeitig die Hand und Viqis Mundwinkel zuckten beleidigt, als Fey'lya dem Geheimdienstmann das Wort erteilte.
„Nach der Eroberung von Duro hat der Feind damit begonnen, Asteroidenbrocken entlang der Corellianischen Handelsstraße zu platzieren", begann der hagere Mensch zu berichten, „immer mehrere zusammen, aber in gewissen Abständen voneinander – höchstwahrscheinlich eine Art Beobachtungsdrohnen, so dass eine immer sieht, wenn eine andere entfernt wird. Die Wilde Ritter-Staffel von Jedimeisterin Saba Sebatyne hat während einiger Einsätzen ein paar dieser Drohnen ausgeschaltet und es stellte sich heraus, dass es ein Zeitfenster von drei bis fünf Tagen gibt, bis der Feind zerstörte Drohnen wieder ersetzt. Fünf Tage vor allem, je näher diese Drohnen von Duro aus in Richtung Kern liegen."
„Nach dem Fall von Rodia und Druckenwell ist ja auch die Corellianische Schnellstraße für die Neue Republik so gut nicht mehr benutzbar", stimmte ihm Viqi Shesh zu. „Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, die Rimma-Handelsroute zu schützen, um sie als Ausweichweg unter unserer Kontrolle zu behalten."
Scaur nickte dazu, doch als er nach jener Zustimmung fortfahren wollte, redete Viqi einfach weiter.
„Ich möchte den Rat außerdem davon in Kenntnis setzen, dass jener Yuuzhan Vong-Agent, der sich als Mensch verkleidet Pedric Cuf nennt, versucht hat, meine private Geburtstagsfeier auf meinem Heimatplaneten zu infiltrieren. Selbstredend habe ich ihn sofort entfernen lassen und mit dem lokalen Geheimdienst Kontakt aufgenommen. Leider konnte er bislang nicht gefunden werden." Sie wandte sich wieder an Dif Scaur. „Vielleicht haben Sie diesbezüglich eine Nachricht von Kuat bekommen?"
Der hagere Mensch schüttelte den Kopf. „Leider nein, Senatorin."
„Das ist bedauerlich, denn unser Geheimdienst hat sich bei der polizeilichen Überwachung erkundigt, und dort erfahren, dass man den Gleiter von Pedric Cuf sehr wohl ausmachen konnte, nachdem ich ihn beschrieben hatte … und einen weiteren, der ihm folgte."
Fey'lyas Fell stellte sich auf. „Sie denken, Pedric Cuf hatte einen Komplizen?"
Viqi reckte ihre Brust etwas über den Tisch zum Staatschef vor. „Keinen Komplizen, einen Verfolger … und dieser Verfolger verfolgte den Agenten bis zum Parkdeck eines bekannten Einkaufszentrums." Sie holte einige Flimsiplastbögen aus ihrer eleganten Ledertasche und reichte sie dem Geheimdienstchef. „Hier sehen Sie Cufs Gleiter, so wie er von meiner Feier davonfuhr. Und daneben steht der seines Verfolgers."
Angestrengt schaute der Geheimdienstchef auf die rechteckigen Bögen. Auf dem ersten war Pedric Cufs Gleiter noch allein, auf dem zweiten stand ein weißer Gleiter neben ihm, auf dem dritten stand neben dem weißen Gleiter ein Mann, der soeben dort ausgestiegen war und in eine bestimmte Richtung schaute.
Fey'lya wandte sich Dif Scaur zu, der rechts neben ihm saß. „Können Sie mir sagen, wie diese Operation endete?"
Dif Scaurs Blick hetzte zwischen der Senatorin und dem Staatschef hin und her. „Vielleicht wäre es ratsam, Major Showolter dazu zu befragen - jetzt."
Hohn schlich sich in Fey'lyas Stimme. „Sie wissen es also nicht?"
Scaur ignorierte die Bemerkung und hantierte mit seinem Komlink herum. Die zehn Minuten Wartezeit verrannen in drückender Stille. Als Ronen Showolter den Sitzungsraum betrat, richteten sich zehn Augenpaare auf ihn.
„Sind heute gar keine Jedi anwesend?", sagte Showolter als Begrüßung.
„Sie werden dieses Mal ohne die Unterstützung Ihrer Jedifreunde auskommen müssen", giftete Fyor Rodan in seine Richtung, „denn die Jedi haben momentan ihre eigene Versammlung, wie ich gehört habe."
„Es ist gut, dass Sie sofort kommen konnten", begrüßte der Staatschef den Menschen. „Woher wussten Sie, dass Pedric Cuf auf Kuat sein würde – und dass er …", er versicherte sich mit einem Blick zu Viqi, die ihm freundlich zunickte, „… versuchen würde, sich auf die Geburtstagsfeier von Senatorin Shesh zu schmuggeln?"
Showolter sah ihm direkt in die Augen. „Ich wusste es nicht. Es war vielmehr so eine Ahnung, nachdem er so oft im Senatsgebäude gewesen war."
„Und nachdem er nun auch auf Kuat gewesen ist …", Fey'lya atmete scharf aus, „… was für bahnbrechende Ergebnisse konnten Sie dieses Mal für uns erzielen, Major?"
Showolter starrte auf den Bogen Flimsiplast, der ihn zwischen beiden Gleitern zeigte. „Leider haben wir seine Spur verloren. Ich habe zwar eine Personenbeschreibung an die Raumhafenbehörde und den Geheimdienst von Kuat geschickt, aber offenbar hat der Agent es entweder geschafft, unerkannt auszureisen oder aber er ist immer noch dort."
„Wäre er immer noch in meiner Heimat, hätte ihn irgendjemand gesehen", erwiderte Viqi spitz. „Und mir, die ihn ebenfalls sofort an jene beiden Stellen gemeldet hatte, wurde in der Hinsicht nichts dergleichen mitgeteilt. Und überdies hätte ich es für nützlich erachtet, bereits im Vorfeld über ihre Observation meiner Geburtstagsfeier informiert gewesen zu sein, anstatt, dass Sie darauf warten, dass Pedric Cuf auf meiner Feier aufkreuzt, um dort dunkle Pläne zu schmieden."
„Darf ich Sie fragen, wie er sich auf Ihrer Feier verhalten hat, Senatorin?"
Viqi bedachte Showolter mit einem herablassenden Blick, von dem der Agent nicht wusste, ob er ihm oder Pedric Cuf galt. „Er kam in Begleitung einer guten Freundin von mir, die ihn nach eigenen Angaben erst kürzlich kennengelernt hatte."
„Die klassische Hochstaplermasche", merkte Dif Scaur an. „Senatorin, es wäre gut, diese Freundin zu befragen, um noch mehr Einzelheiten über diesen Feindesagenten in Erfahrung zu bringen."
Viqi schenkte ihm ein Lächeln. „Sehr gerne, Direktor. Ich werde sie nach der Sitzung sofort kontaktieren. Trotzdem sollten Sie mit Ihrem Untergebenen auch darüber sprechen, dass es das Vertrauen in den Geheimdienst untergräbt, wenn dieser im privaten Raum eines Ratsmitgliedes herumspioniert, ohne dass dieses – also ich in dem Falle – etwas davon weiß."
„Ich möchte mich für das Verhalten von Major Showolter bei Ihnen entschuldigen, Senatorin Shesh", sagte Scaur beflissen. „Mich interessiert außerdem Ihre Meinung darüber, warum Pedric Cuf vor zwei Tagen ausgerechnet zu Ihnen gekommen ist."
Viqi schüttelte ratlos ihr Haupt. „Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung. Mir ist unheimlich, wie er von meiner Party erfahren hat, wo ich das doch nur wenigen Leuten erzählt hatte. Möglicherweise hat er bereits bei anderen Kollegen im Senatsgebäude erfolglos antichambriert … und jetzt …", ihr manikürter Zeigefinger deutete auf ihr Herz, „… war eben ich an der Reihe."
„Bis auf Sie hat sich kein einziges Senatsmitglied in dieser Frage an den Rat gewandt", warf Cal Omas, der Senator für Alderaan, ein. „Aber wenn dieser Pedric Cuf wirklich im Senat war, dann müssten im Prinzip alle Senatoren vernommen werden, ob sie mit ihm zu tun hatten und was sie über ihn wissen."
„So leidig diese Angelegenheit ist, so dürfen wir unsere Zeit nicht über Gebühr damit verschwenden, einen einzelnen Agenten des Feindes zu verfolgen. Vielmehr sollten wir uns darüber Gedanken machen, wie die übrigen Welten besser geschützt werden können", brachte sich Narik von Rodia ein.
Viqi lächelte den grünen Mann an. „Nun, Sie haben Recht, Narik. Und das Wichtigste in der Sache Pedric Cuf ist ohnehin geklärt."
Eine halbe Stunde später
Major Showolter ging mit Dif Scaur den Flur entlang, der vom Sitzungssaal nach draußen führte.
„Was haben Sie sich dabei gedacht, eine Senatorin ohne deren und meine Einwilligung zu observieren?"
„Finden Sie es nicht seltsam, Direktor, dass uns Duro unter solch undurchsichtigen Umständen verlorenging? Viqi Shesh war es doch, die CorDuro mit allen Transportangelegenheiten für die Flüchtlinge von und zum Planeten beauftragt hat. Und Pedric Cuf war immer irgendwie in ihrer Nähe. Es gibt da ein Gespräch zwischen Leia Organa Solo und Viqi Shesh, als sie die beiden Teile des SELCORE-Werbespots für Duro koordiniert haben, da war Pedric Cuf auch im Hintergrund zu sehen – an Viqi Sheshs Drehort, wie er die Senatorin angeschmachtet hat."
Scaur hob eine Braue. „Warum haben Sie mir nichts davon erzählt, Showolter? Wir kennen uns jetzt schon so lange, aber dass Sie mir so etwas antun – dazu noch vor den Augen des Rates – hätte ich nicht von Ihnen gedacht."
„Das ist auch sonst nicht meine Art, aber so wie Fey'lya und andere Ratsmitglieder sich äußern und verhalten, da dachte ich, es sei besser, harte Fakten auf den Tisch zu legen, die sie nicht ignorieren können."
„Das hätten Sie mir vor der Sitzung sagen sollen. Warum haben Sie es nicht getan?"
Showolter zuckte mit den Achseln.
„Sie haben auf Überrumpelung gespielt, Showolter", fuhr der Geheimdienstdirektor fort, „weil Sie Angst hatten, dass ich noch vor der Sitzung Sie zurückpfeifen würde; und ich ärgere mich wirklich darüber, dass ich Ihnen nicht mehr beweisen kann, dass ich es nicht getan hätte. Aber jetzt sind Wir diejenigen, die überrumpelt wurden. Die Senatorin ist in die Offensive gegangen und hat Pedric Cuf angezeigt. Damit hat sie uns die Initiative aus der Hand genommen und der NRI steht jetzt mehr als dumm da."
Showolter ballte die Hände an den Seiten zu Fäusten. „Sie ist doch nur deshalb aus ihrer Deckung gekrochen, weil wir auf dem besten Wege waren, sie zu enttarnen; weil das die beste Strategie ist, um den Verdacht von sich zu lenken. Vielleicht hat Pedric Cuf ihr ja gewisse Dinge versprochen – und sie hat ihm im Gegenzug erzählt, dass wir seine Wohnung durchsucht haben. Immerhin haben wir Shesh bei der letzten Ratssitzung ja lang und breit darüber informiert."
Dif Scaur nickte langsam. „Aber wenn stimmt, was Sie mir sagen, dass er an der Senatorin wirklich auch ein privates Interesse hat, dann könnte Shesh es auch als solchen Fall von Nachstellung und Verfolgung höchst privater Natur hinstellen und sich dabei als Opfer inszenieren. Viele Leute dürften das glauben, wenn man sie so anschaut. Meine Frage an Sie: Wurde von diesem Hologespräch zwischen Coruscant und Duro, wo Pedric Cuf im Hintergrund zu sehen ist, ein Mitschnitt gemacht?"
Showolter schaute verdrießlich nach unten. „Ich schätze, dass Leia Organa Solo solch einen Mitschnitt hat, aber momentan kann sie niemand erreichen – genauso wenig wie ihren Mann."
Der Geheimdienstdirektor schwieg eine Weile. „Es ist schon merkwürdig, dass Pedric Cuf trotz der Anzeige der Senatorin auf Kuat von dort entkommen konnte. Aber wenn Sie mit Ihrem Verdacht Recht haben, dann könnte es eng für Viqi Shesh werden. Trotzdem oder gerade deshalb werde ich Sie für unbestimmte Zeit vom Dienst freistellen."
„Ich verstehe, dass Sie irgendetwas unternehmen müssen, Direktor, aber wie lange wird diese Freistellung ungefähr dauern? Ich meine, von irgendetwas muss ich leben und das würde ich schon gerne irgendwie planen."
Scaurs knochige Hand klopfte auf seine Schulter. „Ich kenne da eine gute Privatdetektei, die ein alter Freund von mir leitet. Wir kennen uns seit der Geheimdienstakademie und Sie können ihn von mir grüßen."
Sie hatten den Ausgang des Gebäudes erreicht.
„Machen Sie's gut, Showolter. Lassen Sie sich nicht unterkriegen."
Der Agent schaute seinem Vorgesetzten gerade in die Augen. „Ich werde mein Bestes geben. Und Sie werden bald von mir hören."
Er drehte sich um und wollte gerade durch die Tür gehen, da hielt ihn Scaur zurück. „Da wäre noch eins, Ronen."
Showolter drehte sich um. Der Direktor hatte ihn noch nie beim Vornamen genannt.
„Bevor Sie zu jener Detektei gehen, müssen Sie zu Luke Skywalker und den anderen Jedi", sagte Scaur leise, als könnte man ihn hören. „Die Jedi sollten wissen, was auf dieser Sitzung besprochen wurde, wenn Fey'lya sie schon genau auf den Termin gelegt hat, wo keiner der Jedi teilnehmen konnte."
„Aber Skywalker wird doch sicherlich ein Protokoll der Sitzung erhalten", wunderte sich Showolter.
Scaurs Mundwinkel verzogen sich in bitterem Hohn. „Und wann, glauben Sie wohl, wird das geschehen?"
Erkennen trat in Showolters braune Augen. „Habe verstanden, Sir. Ich werde keine Zeit verlieren."
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Kyp Durron war spät dran, als er in den Sitzungssaal trat, den Luke Skywalker für dieses Jedi-Treffen reserviert hatte. Im Gegensatz zu früheren Treffen, wo Luke Kyp dann tadelnd gemustert hatte, nickte ihm der Großmeister des Ordens nur freundlich zu, dann wanderte Lukes Blick zu seinem Neffen Anakin Solo, dessen junges Gesicht mit seinen knapp sechzehn Jahren eine konsternierte Miene überzog. Es waren gut zwanzig Jedi gekommen, von denen Kyp die meisten kannte. Niemand kümmerte sich um den Spätankömmling und Kyp registrierte, dass außer einer rothaarigen Jedi mit grünen Augen, die er nur vom Sehen her kannte, auch Jacen und Jaina von Duro zurückgekehrt waren. Das war mehr, als er aufgrund der schlechten Nachrichten von Duro erwartet hatte, aber immerhin hatte er bis jetzt nicht gefühlt, dass den Zwillingen etwas passiert wäre.
Luke schenkte Kyp ein gezwungenes Halblächeln. „Es ist schön, auch dich hier zu haben, Kyp. Du warst erfolgreich?"
„Borga und der Huttling sind in Sicherheit, aber ich kann nicht dafür garantieren, dass es so bleibt, da die Hutt während ihrer Schwangerschaft einen unglaublichen Appetit auf die Delikatessen des Feindes entwickelt hat." Er zog die Brauen zusammen. „Und sie hat den Huttling zur Welt gebracht, um ihn zumindest verbal gleich in die Welt von Handel und Erpressung einzuweisen."
„Da muss sie sich hinten anstellen", sagte Luke, „aber ich verstehe, wie du dich nach dieser Mission fühlst, zu der ich dich geschickt habe."
Kyp verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust. „Wäre dem so, dann würde ich das in der Macht spüren, aber du verbirgst etwas vor uns."
„Dann habe ich mich wohl falsch ausgedrückt", erwiderte Luke. „Aber auch wenn ich anders fühle als du, so kann ich deine Gefühle dennoch nachvollziehen."
„Will heißen, du weißt zwar, dass in der Galaxis Jedi um Jedi stirbt, um den Hunger des Feindes zu stillen, aber du nimmst das distanziert zur Kenntnis – wie ein Givin eine Mathegleichung – aber im Gegensatz zu dieser Spezies unternimmst du nichts, um sie zu lösen."
„Natürlich will ich etwas unternehmen", widersprach Luke, „aber nicht, indem ich mich im Zorn zu einem Angriff hinreißen lasse, der den Grundsätzen der Jedi widerspricht. Wir Jedi verteidigen und helfen."
„Ja, klar", versetzte Kyp sarkastisch. „Wir verteidigen genau die Leute, die uns verhöhnen und an den Feind ausliefern. Aber jetzt sind wir auf uns gestellt. Wir müssen uns verteidigen – Jedi für die Jedi!"
Applaus brandete auf, nicht so überwältigend, wie Kyp es sich erhofft hatte, doch deutlich genug, um Anakin Solo ein verstohlenes Lächeln zu entlocken, das er mit einer Kopfdrehung vor seinem zögerlichen Onkel zu verbergen suchte.
„Was sollten wir also deiner Meinung nach tun?", fragte Luke sanft.
„Das habe ich bereits gesagt", erwiderte Kyp ungeduldig. Wir sollten uns verteidigen und gegen das Böse kämpfen, egal in welcher Gestalt es uns gerade entgegentritt. Und wir sollten Schaden von denen abwenden, die wir beschützen wollen. Und das geht am besten, wenn wir vorbeugend angreifen, bevor der Feind es tut."
„Das würde aber dem Waffenstillstand widersprechen, den die Yuuzhan Vong nach dem Fall von Duro ausgerufen haben und dem die Neue Republik zwar nicht offiziell zugestimmt hat, jedoch hat sie ihn durch den Rückzug aller Truppen in die Kasernen de facto anerkannt. Wir würden uns nur weitere Feinde machen, würden wir jetzt eine undurchdachte Aktion starten."
„Nur gut, dass Palpatine damals nicht so schlau war, einen derartigen Fake-Waffenstillstand auszurufen", zischte Kyp zurück, „ansonsten würde er wohl immer noch herrschen, weil du dann auch die Hände in den Schoß gelegt hättest, anstatt gegen das Imperium zu kämpfen."
„Ich war damals noch sehr jung und habe vieles nicht verstanden."
„Ich habe von Diskussionen gehört, die Mon Mothma damals mit Garm Bel Iblis geführt hatte", hielt Kyp dagegen. „Und gerade hörst du dich an wie Mon Mothma als wissende, ältere Frau. Aber vielleicht ist es manchmal auch gut, nicht allzu viel zu wissen, was einen nur belastet und hemmt. Nenn es Privileg der Jugend, aber …"
„Ich bin auch jung und ich reiße mich nicht um verlorene Missionen, seien sie Verschwendung von Leben oder von Hoffnung für alle, nur weil du dich hier hervortun musst!"
Das war Jacens Stimme und sie schnitt Kyp in die Eingeweide, weil er den jungen Jedi schon lange nicht mehr so scharf hatte reden hören. „Wärst du denn von Duro zurückgekehrt, hättest du nicht angegriffen?"
Jacen schüttelte verächtlich den Kopf mit dem dunklen, nachwachsenden Haar. „Ich habe die beschützt und verteidigt, die sich nicht selbst helfen konnten."
„Wen genau?"
Jacens Stimme wurde leise. „Meine Mutter."
„Und?", setzte Kyp spitz nach. „Hast du das ganz ohne Machtanwendung geschafft?"
„Lass ihn in Ruhe!", blaffte Jaina. „Meine Mutter ist immer noch verletzt und niemand weiß, ob sie je wieder richtig laufen wird und dich interessiert nur, ob Jacen die Macht angewendet hat oder nicht? Wer sieht hier eigentlich alles nur als Givin-Gleichung?"
„Ach du meine Güte", meinte Kyp mitleidig. „Ihr wart … wie viele Jedi dort unten? Fünf? Sechs? Und ihr habt in der Macht nicht den Verrat gespürt, der dort augenscheinlich stattgefunden hat?"
„Mit der getöteten Thrynni Vae waren es sogar sieben Jedi", sagte Jaina drohend. „Aber du warst nicht mit uns auf Duro, also halt dich gefälligst mit irgendwelchen Behauptungen und Anschuldigungen zurück!"
Das erste Mal seit seinem Erscheinen wurde Kyp nachdenklich. „Das mit Thrynni tut mir leid, aber das ist nur ein Grund mehr, gegen den Feind vorzugehen, der uns allen das angetan hat."
„Jedi für Jedi!", skandierte die dunkelhaarige Octa Ramis, eine Jedi in den mittleren Alters, von der Kyp wusste, dass sie immer noch um den Verlust von Miko Reglia und anderen Jedi trauerte.
„Halt!" Luke Skywalker schien in seiner Entschlossenheit ein Stück großer geworden zu sein. „Siege, die wir mithilfe der Dunklen Seite erzielen, sind keine Siege!" Seine Stimme wurde sanfter. „Die Leute haben Angst, Kyp. Sie sind zwar still, aber viele von ihnen würden dem Feind niemals helfen. Im Gegenteil: Sie warten nur auf ein Signal von uns, um aus ihrem lähmenden Alptraum zu erwachen."
Kyp kniff die Augen zusammen. „Und wie genau stellst du dir solch ein Signal vor? Dass wir kuschen und diesen außergalaktischen Ungeheuern geben, was sie begehren? Städte, Planeten, Jedi?"
„Bantapoodoo!", rief Jacen. „Du bist ungerecht gegenüber Meister Skywalker. Du übertreibst. Und die von dir vorgeschlagene Aggression ist …"
Kyp schürzte die Oberlippe. „… wirkungsvoll?"
„Vielleicht hast du einige Versorgungsschiffe des Feindes geplündert", erwiderte Jacen und versuchte dabei, ebenso arrogant zu klingen wie Kyp. „Wir jedoch haben Zehntausende gerettet …"
„Dieses Aufrechnen führt zu nichts", mischte sich Luke wieder ein.
„Auch wieder wahr", pflichtete Kyp ihm bei. „Denn die von Jacen erwähnten Flüchtlinge irren nun von Planet zu Planet. Und wir sind jetzt allein. Alle sind gegen uns."
„Und auch hier übertreibst du gewaltig, Kyp", sagte eine neue Stimme. Cilghals knollige Augen schauten in den Saal und blieben an Kyp hängen. „Im Senat und in vielen Völkern der Neuen Republik haben wir immer noch viele Verbündete."
Kyp machte eine wischende Handbewegung. „Das sind doch nur diejenigen, denen der Mumm fehlt, uns an den Feind auszuliefern." Mit diesen Worten drehte sich Kyp um und verließ den Saal.
Jaina nahm ihren Bruder Anakin bei der Hand. „Wir müssen ihn aufhalten, bevor er zu viele von uns mitnimmt."
Anakin schaute kurz zu Onkel Luke und der nickte verständnisvoll.
„Was wollt ihr?", fragte Kyp misstrauisch die beiden ihm folgenden Jedi.
„Es gibt Neuigkeiten, die du noch nicht weißt, Kyp. Neuigkeiten, die dich von den Socken hauen werden."
„Du leitest auf ein anderes Thema um, sehr geschickt."
Sie lächelte. „Ich habe von meiner Mutter mehr als nur das Aussehen geerbt. Und jetzt komm wieder rein und hör dir an, was wir von Duro zu berichten haben."
Luke bedachte Kyp mit einem anerkennenden Nicken, als der Jedimeister wieder den Saal betrat. Hinter ihm schlüpfte noch ein anderer Mann in den Saal – und Lukes bislang matte Augen hellten sich merklich auf.
„Major Showolter, wie schön, Sie wiederzusehen."
„Danke, Meister Skywalker. Das habe ich in letzter Zeit ziemlich selten zu hören bekommen."
Jaina und Jacen berichteten vom Vorgehen des Feindes, von Nom Anors Ränken und vom Heldenmut einige Duros bei der Rettung der Flüchtlinge. Dann erzählte Jacen, was er mit seinen Eltern auf der Flucht im Milleniumfalken erlebt hatte, was Leia ihnen anvertraut hatte.
„Nom Anor ist Dr. Cree'Ar. Und er ist Pedric Cuf", sagte Jacen beschwörend. „Und wenn meine Mutter genesen ist, dann wird sie in den Senat gehen und dort die Verräterin stellen, die diesem Yuuzhan Vong-Spion dabei zur Hand ging."
Luke nickte seinem Neffen zu. „Ich denke, das ist ein gutes Stichwort, unseren nächsten Redner anzukündigen", wandte er sich an alle. „Denn Major Showolter kommt gerade von der letzten Sitzung des Sicherheits- und Geheimdienstrates und möchte uns sicherlich von dort etwas mitteilen."
Der untersetzte Mann drückte dem Jedimeister einen Stapel Flimsiplast in die Hand. „Das ist mein Beitrag zur Ratssitzung", begann Showolter, dann wandte auch er sich an alle Anwesenden. „Und dies sind die Beweise, die unzweifelhaft belegen, dass sich der hier erwähnte Pedric Cuf gestern auf der Geburtstagsfeier von Senatorin Viqi Shesh aufhielt – einer privaten Feier wohlgemerkt."
Ein Raunen ging durch die Jedi und Kyps Ausfälle waren fürs Erste vergessen.
„Wie hat Shesh auf Ihren Bericht reagiert?", fragte Luke.
„Sie hatte ziemlich zu Beginn der Sitzung bekanntgegeben, dass Pedric Cuf es geschafft hatte, sich auf ihre Feier zu schleichen. Sie gab an, ihn sofort beim örtlichen Geheimdienst von Kuat angezeigt zu haben. Allerdings bestreitet sie, ihn bereits vorher gekannt zu haben. Sie behauptete, ihn von der Momentaufnahme wiedererkannt zu haben, die wir ihr in der letzten Sitzung gezeigt hatten."
Luke nickte. „Ich war ja dabei, als das Bild auf der vorletzten Sitzung herumgereicht wurde. Aber es hatte mich schon sehr verwundert, dass der Staatschef die neue Sitzung genau dann anberaumt, wo wir unsere Jediberatung haben."
„Geheimdienstchef Scaur ist derselben Meinung und hat mich zu Ihnen geschickt. Wie meine Recherchen ergaben, ist ein anderer Geburtstagsgast, die Baronin Feena D'Asta, eine gute Bekannte von Leia Organa Solo. Möglicherweise wird sie uns helfen, Pedric Cuf alias Nom Anor und damit Viqi Shesh auf die Schliche zu kommen."
„Wenn sie auch eine Freundin von Viqi Shesh ist, so hat sie möglicherweise Skrupel, ihre Freundin bloßzustellen", warf Jacen ein.
„Nicht, wenn sich Viqi weiterhin von Pedric Cuf distanziert, so wie vorhin in der Sitzung", widersprach der NRI-Agent. „Ich weiß jedoch, dass es vor der Eroberung Duros ein Holovid-Gespräch zwischen Viqi Shesh und Leia Organa Solo gegeben hat, wo Nom Anor alias Pedric Cuf im Hintergrund von Viqi Shesh kurz zu sehen war. Wenn Leia Organa Solo noch einen Mitschnitt dieses Gesprächs in ihrem Besitz hat, dann können wir den Senat davon überzeugen, Shesh ihrer dortigen Pflichten zu entbinden und hernach ihre Rolle auf Duro genauer unter die Lupe zu nehmen."
Lukes Hände falteten sich schlaff vor seiner Mitte zusammen. „Und wieder einmal hängt alles an meiner Schwester. Hoffentlich geht es ihr bald besser."
Er wandte sich wieder Showolter zu. „Was werden Sie jetzt unternehmen?"
„Scaur hat mich freigestellt und angedeutet, dass ich in dieser Sache nicht locker lassen brauche. Also werde ich mich erneut nach Kuat begeben und dort beenden, was ich angefangen habe – egal ob Shesh das passt oder nicht."
Der Jedimeister reichte dem Geheimdienstmann die Hand. „Tun Sie das, Major. Wir werden uns um Feena D'Asta kümmern und einen Plan ausarbeiten."
„Da wäre noch eine Sache", sagte Showolter und schaute zu den Zwillingen. „Borga die Allmächtige hat lange nichts mehr von ihrem Sohn gehört. Und nachdem auch ihr Gehilfe Boss Bunji tot ist, möchte sie gern wissen, was auf Duro mit Randa geschah."
Jacen knetete die Hände. „Ich hatte Randa seit dem Tag der Evakuierung der Flüchtlinge von Duro nicht mehr gesehen, aber als ich das Büro meiner Mutter betrat, roch es dort sehr nach ihm. Und beinahe wäre ich auf seiner Schleimspur ausgerutscht, als ich ihr Büro betreten habe." Er ließ eine sich für die Jedi dunkel anfühlende Pause. „Mutter hat uns dann später erzählt, dass Randa im Abwehrkampf getötet wurde, nachdem er den Kriegsmeister angegriffen hatte, um Leia die Flucht zu ermöglichen."
Luke sah Kyp an. „Jemand muss Borga davon in Kenntnis setzen."
Der jüngere Jedimeister hob abwehrend die Hände. „Vielleicht kann das ja einer von Borgas Gehilfen übernehmen. Kennen wir nicht auch noch Crev Bombaasa, den Corellianer, der in Borgas Auftrag die Gewürzrouten nach Tynna und Bothawui beaufsichtigt."
„Je weniger Leute von Borgas derzeitigem Aufenthaltsort wissen, desto besser", wies Luke Kyps Ansinnen ab. „Und außerdem könntest du auf dem Weg dorthin ja auch für etwas Ordnung in der Galaxis sorgen", er zwinkerte Durron zu, „solange es nicht als Bruch des Waffenstillstandes ersichtlich ist, natürlich."
„Ich werde die Yuuzhan Vong vor Ort schon davon überzeugen, dass dem nicht so ist", meinte Kyp düster und einige Jedi auf den hinteren Plätzen kicherten.
„Dann ist ja alles bestens", erwiderte Luke und dieses Mal war sein Lächeln echt. „Wir haben alles Wichtige besprochen und machen eine kurze Pause. Und du wolltest vorhin ohnehin gehen. Also viel Erfolg."
Kyp Durron nickte kurz zum Abschied und verließ zusammen mit Showolter die Versammlung. Luke gelang es, nach einigen Schaltungen um vier Ecken die Baronin D'Asta zu erreichen und was er dort erfuhr, ließ ihn Jacen zu sich rufen.
„Ich denke, es wäre gut, wenn du Danni Quee anrufst, um sie auf die Mission D'Asta vorzubereiten. Danni wird dort eine alte Bekannte wiedertreffen, mit der sie sich eigentlich bereits auf Duro unterhalten wollte, bevor der Planet vom Feind eingenommen wurde."
Jacens braune Augen begannen zu glänzen. „Und ich? Kann ich da nicht mitkommen?"
Luke schüttelte den Kopf. „Dein Vater hat vor einer halben Stunde angerufen. Er meint, er braucht dich auf jener Mission, um deiner Mutter zu helfen."
„Kann das nicht …?"
Luke klopfte Jacen auf die Schulter. „Du meine Güte, du redest ja schon wie Kyp Durron vorhin."
Jaina und Anakin traten zu ihnen. „Meister Luke", begann Anakin zögerlich. „Es sind jetzt sehr wenige Jedi auf Yavin IV im Praxeum und nach dem Ultimatum des Kriegsmeisters, alle Jedi auszuliefern, könnte es sein, dass Tionne, Meister Ikrit, Sannah und Tahiri dort in Gefahr sind."
„Aber wir haben dort eine Illusion projiziert, die Fremde von der Akademie fernhalten", versuchte Luke, seinen Neffen zu beruhigen.
Anakins Miene wurde gequält. „Aber all die wichtigen und jungen Jedi sind jetzt hier. Und selbst wenn nicht, so hält die Illusion auch nur Unkundige von der Akademie fern, nicht jedoch diejenigen, die bereits von ihr wissen – und dieses Wissen an den Feind weitergeben."
„Dann wirst du dich nach Yavin IV begeben, um nach den Jünglingen, den Alten und nach Tahiri zu sehen", sagte Luke und Anakins Miene entspannte sich etwas. „Jaina, du wirst dich zu Gavin Darklighter begeben, um dich wieder in seine Staffel einzureihen. Es könnte sein, dass Anakin schon bald eure Hilfe braucht."
Jaina sah zu ihrem Bruder herüber. „Kann Jacen nicht mitkommen?"
„Sein Vater braucht ihn, um eurer Mutter zu helfen."
„Und er hat nicht gesagt, um was genau es geht?", fragte Jacen skeptisch.
Luke schüttelte den Kopf. „Er möchte mit dir allein darüber reden. Später, wenn du wieder auf dem Falken bist."
Jaina verzog den Mund. „Ein krummes Ding nach dem nächsten. Er wird sich wohl nie ändern."
Luke erhob mahnend den Zeigefinger. „Euer Vater hat sich in den Jahren, die ich ihn kenne, mehr geändert, als du dir auch nur vorstellen kannst, Jaina. Ich bin mir sicher, dass Han Solo genau weiß, was er tut."
Jaina schaute kurz nach unten. „Solange es Mom hilft, soll es mir recht sein." Sie sah ihren Bruder an und Jacen nickte stumm.
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Zwei Tage später auf dem Planeten Takodana im Mittleren Rand
Im Kastell der Piratenpatronin Maz Kanata ging es an jenem Vormittag eher mäßig geschäftig zu. An einem Tisch saßen ein Frachterkapitän und seine dreiköpfigen Crew, um auf einen Kunden zu warten, der sich Zeit ließ.
Die lederhäutige Maz kam zu den Gästen herangeschlurft. „Darf es noch etwas zu trinken sein?"
„Ich hätte gerne noch einen endorianischen Portwein", sagte der Kapitän.
„Für mich Yavin-Grasshopper", schloss sich einer von der Crew der Bestellrunde an.
„Da haben Sie aber Glück", sagte die kleine Humanoidin, die dem Mann höchstens bis zum Bauchnabel reichen mochte. „Das Yavin-System ist aus Kriegsgründen gesperrt, aber ich habe natürlich noch eine goldene Reserve auf Lager. Das kostet dann natürlich auch extra."
„Seit wann ist Yavin Kriegsgebiet?", erkundigte sich der Captain.
Maz Kanata zuckte mit den Schultern. „Also ich weiß es seit gestern, aber der Typ ist an jenem Tag auch schon wieder abgereist."
Sie nahm noch die restlichen Bestellungen auf, doch bevor sie zur Bar ging, um dem Twi'lek-Barkeeper die Bestellungen durchzugeben, hielt sie inne, um die verhüllte Figur zu betrachten, die zum Eingang hereinkam. Maz änderte die Richtung und ging auf den Neuankömmling zu, um ihm oder ihr mit der kleinen Hand in Richtung Treppe zum Obergeschoss zu weisen. Der Kapitän wusste, dass es dort einen separaten Fest- oder Besprechungssaal gab, der nur zu besonderen Gelegenheiten zugänglich war – oder für besondere Gäste reserviert wurde.
„Das ist kein Pirat oder Schmuggler", sagte der, der den Yavin-Grasshopper bestellt hatte, zu seinem Chef.
„Nee, die läuft viel zu gestelzt herum – wie ein ganz hohes Tier", bestätigte der Kapitän. „Und ich wette, die hat auch was mit dem Krieg zu tun."
Die Verhüllte war auch von anderen Gästen in Maz Kanatas Wirtsstube bemerkt worden.
„Sie hat zu uns herübergeschaut, als würde sie uns kennen", sagte Baronin D'Asta, die Herrscherin über den D'Astanischen Sektor, zu ihrer Begleitung.
„Von dem, was ich über sie gehört und gelesen habe, könnte sie es sein, aber die alte Maz wird uns schon Bescheid geben", erwiderte Mirith Sinn, die sie nicht nur für diese Veranstaltung als versierte Sicherheitskraft hinzugezogen hatte.
„Wer, glauben Sie, wird als nächster kommen?", fragte Feena D'Asta.
Die seit dreizehn Jahren Herrscherin über den D'Astanischen Sektor war viel zu früh zum Termin gekommen – um das Terrain zu sondieren. So tat sie das häufig, um jegliche Überraschungen im Vorfeld erkennen und kontern zu können.
„Es ist die Frage, ob auch wirklich alle kommen", dachte Mirith laut nach. „Wenn eine fehlt, dann erst haben wir ein Problem."
„Vielleicht dachte mein Schwester auf Venzeiia Prime ja auch so", sagte Feena dunkel. „Ich habe den Mord an ihr zwar nicht selbst miterlebt, doch hatte ich um die Zeit herum ein seltsames Gefühl gehabt."
Mirith legte beruhigend eine Hand auf Feenas Hand. „Das ist jetzt schon dreizehn Jahre her und es war von Anfang an als Falle geplant gewesen. Aber hier wird das nicht so sein. Pedric Cuf weiß doch von gar nichts."
„Da wäre ich mir nicht so sicher", konterte Feena. „Als er mich vor Viqi Sheshs Geburtstagsfeier abgepasst hatte, sagte er mir Dinge, die er über mich wusste, die er ebenfalls so nicht hätte wissen können, wenn er nicht ein Netz mit Agenten hätte, die mich ständig überwachen – so wie damals. Aber du hast Recht – wahrscheinlich mache ich mir nur unnötige Gedanken."
„Ich schätze, dass die anderen Jedi zuerst kommen werden und dann die Königin."
D'Asta beugte sich zu ihr vor. „Kennst du einige von den Jedi, die kommen werden?"
Die Leibwächterin schoss einen Blick zum Tresen, wo Maz Kanata gerade ein Tablett mit Getränken aufnahm, um damit zu einem der Spieltische zu gehen. „Unter normalen Umständen hätte ich Leia angerufen, um sie das zu fragen, aber wie es scheint, sind sie und ihr Mann momentan die abwesendsten Personen in der gesamten Galaxis."
„Es wäre vielleicht auch gar nicht so schlecht, wenn Meister Skywalker nicht ganz so bekannte Gesichter schicken würde", meinte Feena und nippte an ihrem Weißweinglas. „Stell dir nur mal vor, wenn jetzt plötzlich Kyp Durron hier auftauchen würde. Womöglich würde er Ärger stiften; dafür ist er ja bekannt."
Mirith Sinn kicherte leise. „Einige seiner Einsatzorte sollen nicht mehr existieren, habe ich gehört."
D'Asta kniff ihre rotgeschminkten Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und schaute zur Treppe, deren oberes Ende sie noch nicht kannte. „Wäre schade um dieses illustre Anwesen. Hat immerhin bereits tausend Jahre auf dem Buckel."
Ein schmaler Lichtstrahl fiel durch die gerade wieder geöffnete Tür ins Innere des Hauptraumes. Zwei schlanke Silhouetten brachen das hereinkommende Tageslicht. Nur wenige der Gäste verschiedenster Spezies drehten sich nach den Neuankömmlingen um, eine davon eine blasse, schlanke Menschenfrau mit dunklen Augen und darüber stark nachgezogenen Brauen.
Mirith machte mit ihrer Hand hinter dem Rücken einen nur für Feena sichtbaren Wink. „Die werde ich mal im Auge behalten. Scheint eine Spionin zu sein."
Feena musterte die Frau in dem eng anliegenden Kapuzenkleid nur kurz. „Hoffen wir, dass es die einzige ist oder dass sie andere Observationsobjekte hat als Jedi."
Mirith fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. „Zumindest das Erste kannst du knicken."
Die Tür hatte sich wieder geschlossen und aus den beiden Silhouetten waren Menschen geworden, die eine ein mindestens zwei Meter großer blonder Mann und an seiner Seite eine junge Frau, fast noch ein Mädchen – das sommersprossige Gesicht von naturroten Haaren umrahmt, dessen kurze Strähnen nach allen Seiten hin abstanden.
„Die große Versammlung dort, die kleine hier", sagte der Mann zu Feena.
„So klein nun auch wieder nicht", erwiderte die Baronin.
Die bislang ernste Miene des jungen Mannes hellte sich auf. „Genau die richtige Antwort. Ich bin Jediritter Raynar Thul und das ist Eryl Besa - ebenso Jediritterin. Es ist unsere erste Mission zusammen, also kennen wir uns fast genauso wenig wie wir Sie kennen."
Eryls grüne Augen sprühten vor Belustigung. „Wir haben schon drei Gruppen angequatscht und endlich hat mal jemand mit der richtigen Parole geantwortet."
Mirith hob verwundert die Brauen. „Sie sind doch aber gerade erst hereingekommen."
Eryl grinste. „Das war ein Witz. Die Beschreibung von Ihnen durch Meister S. war schon eindeutig."
Die beiden Jedi setzten sich und redeten eine Weile mit der Baronin und ihrer Begleiterin.
Nach etwa fünf Minuten kam Maz Kanata an ihren Tisch. Im Schlepptau der Schlossherrin ging eine junge Frau, vielleicht Anfang Mitte Zwanzig. Ihr lockiges, blondes Haar trug sie im Pferdeschwanz, der ihr bis in den Nacken hing, und das Grün ihrer Augen war etwas dunkler als das von Eryl. Das geblümte Sommerkleid, das sie trug, ließ sie inmitten der hartgesotten wirkenden Kundschaft im Wirtshausbereich wie eine unbedarfte Touristin wirken, die den Anschluss an ihr Kreuzfahrtschiff verloren hatte, so dass sie sich jetzt eine unkonventionelle Weiterreise organisieren musste.
„Die große Versammlung dort, die kleine hier", sagte sie zur Begrüßung.
„So klein nun auch wieder nicht", erwiderte die Baronin und lächelte. „Sie sind aber nicht die Königin, oder?"
„Mein Name ist Danni Quee und Meister S. schickt mich, um hier die Stellung zu halten – zumindest für einige Zeit, bis die Ablösung kommt."
Maz nickte. „Dann können wir."
Mirith stand auf und stellte sich neben Danni, so dass jene sie hören konnte, aber nicht ansehen musste. „Die mit den dick aufgemalten Augenbrauen und dem Kapuzenkleid – behalt sie im Auge und gib uns Bescheid, ja?"
Danni nickte stumm. Die drei übrigen Gäste standen ebenso vom Tisch auf und gingen mit Maz Kanata denselben Weg, den vorher die Verhüllte gegangen war. Danni Quee jedoch setzte sich an den freigewordenen Tisch. Während eine Kellnerin kam und die Bestellung aufnahm, linste Danni die Gelegenheit nutzend an der Kellnerin vorbei und musterte verstohlen die schlanke Frau, die ihr die unbekannte Frau mit dem Kampfanzug zur Beobachtung zugewiesen hatte. Die Verdächtige nestelte an einem kleinen Täschchen herum, öffnete es umständlich und zog ein Komlink hervor.
„Ihre Bestellung bitte?"
„Ach … Entschuldigung", stotterte Danni. „Ein Wasser bitte."
Sie sah der Kellnerin hinterher, während diese den Tisch verließ, und bekam dadurch mit, dass die Frau im Kapuzenkleid ihr Komlink bereits wieder in ihre Umhängetasche steckte. Offenbar hatte sie nur kurz eine Meldung durchgegeben – eine Beobachtung?
Erneut ging die Tür auf und ein Hutt schlängelte in die Wirtsstube. Danni rümpfte die Nase ob des Gestanks, den die Amphibie verbreitete, und auch die anderen Gäste drehten sich um und schenkten dem neuen Besucher teils spöttische, teils mitleidige Blicke. Ein bronzefarbener Protokolldroide kam auf den Hutt zu und sagte etwas, das Danni nicht verstehen konnte, doch am Tonfall konnte sie hören, dass der Droide weiblich programmiert war.
Ein dumpfes Geräusch ließ sie wieder zur Tischfläche vor ihr herumschwingen. Ein Drink war vor ihr auf dem Tisch gelandet. Aus dem Glas waberte ein süßlich-scharfer Duft zu ihrer Nase empor, den Danni als angenehme Abwechslung zum Geruch des Hutts empfand. Sie überlegte, ob sie schauen sollte, von wem die Aufmerksamkeit kam, doch erinnerte sie sich ihres Auftrages und ließ stattdessen den Blick locker durch die Räumlichkeiten schweifen, um Auffälligkeiten zu registrieren.
„Der kommt vom Captain da drüben", hörte sie neben sich plötzlich die klare Stimme der Wirtin.
Danni fuhr herum. Was für eine lausige Beobachterin sie doch war, sich auf alles und nichts zu konzentrieren und dabei nicht zu bemerken, wenn die Hausherrin höchstpersönlich sie ansprach.
„Richten Sie ihm meinen Dank aus", sagte Danni, während sie aus den Augenwinkeln mitbekam, wie der Hutt von dem Protokolldroiden denselben Weg zur Treppe geführt wurde, den vorhin bereits die Baronin und die übrigen drei genommen hatten.
„Warum bist du hierhergekommen?", fragte Maz und sah Danni dabei intensiv in die Augen.
Danni lachte verlegen. „Bestimmt nicht, um mir von Unbekannten einen ausgeben zu lassen. Aber ich kenne Ihren Ruf, die Wahrheit auszusprechen, also will ich ehrlich sein. Dass ich hier bin, ist Meister Skywalkers Idee gewesen. Aber wenn es nach mir ginge, wäre ich lieber wieder im Institut auf Coruscant, um dort Daten auszuwerten und Forschungen anzustellen."
Maz stellte ihre Brille scharf, deren Bügel von hinten kommend Maz' Kopf umspannten. „Ich sehe Angst in dir, mein Kind. Luke Skywalker hat sich damals seiner Angst gestellt, und auch du wirst dich ihr stellen müssen."
Danni lag auf der Zunge, dass sie gar keine Angst hatte, doch erneut warnte sie ihr Verstand, dass es besser war, der alten Maz keine Lügen aufzutischen. „Müssen wir alle das nicht manchmal? Jetzt mal im Ernst: jeder Ryn-Wahrsager könnte so etwas prophezeien."
„Aber jetzt geht es um dich", sagte Maz ernst. „Du bist die Wissenschaftlerin, die Helska IV überlebt hat. Und vielleicht werden schon bald andere durch dich überleben."
Danni sah zur Treppe. „Ja, die Baronin vielleicht. Aber ich schätze, sie hat bereits genügend Aufpasser."
„Nun, ich kann auch selbst gut auf mein kleines Reich hier aufpassen", sagte Maz und tätschelte ihre Hand. „Und du wirst deine Angst besiegen – in zehn Standardminuten, dann darfst du hoch."
Maz erhob sich und ging davon. Danni beschlich zunächst das Gefühl, dass die alte Wirtin ihre letzten Worte nicht richtig gewählt hatte. Hätte Maz nicht eher sagen müssen: ‚noch zehn Standardminuten, dann darfst du hoch'? Sie spielte den Satz erneut im Kopf durch und kam zu dem unerquicklichen Schluss, dass sich die zehn Standardminuten eher auf ihre Angst bezogen. Sie rieb sich die Ohren, denn die Musikkapelle spielte auf einmal etwas lauter – zumindest einer der Musiker, ein Bith – eine Sie. Ihr Sobriquet schien alle Instrumente zu übertönen und der Blick ihrer schwarzen Augen schien sich mit dem von Danni zu verhaken. Ihre Nackenhaare stellten sich auf, als sie ein Wabern der Macht fühlte – die Musikerin war machtsensitiv, eindeutig, aber warum spielte sie dann hier in der Band, anstatt auf Yavin IV im Praxeum oder auf Coruscant bei jener Versammlung zu sein, die als Gegenstand für ihre Erkennungsparole hergehalten hatte? Ihr fiel ein, dass sie selbst noch vor einem Jahr auch nicht daran gedacht hatte, einmal zu den Jedi zu gehören. Möglicherweise wusste die Bith gar nicht, was für einen Schatz sie barg.
Ein Mann ging an ihrem Tisch vorüber und Danni drehte sich nach ihm um. Sein dunkelblondes Haar war weder zu kurz noch zu lang und seine scharf definierten Wangenknochen gaben seinem ovalen Gesicht etwas Edles. Blaue Augen schauten zu Danni … und die junge Frau erstarrte, konnte sie doch deutlich die Leere in der Macht fühlen, die von ihm ausging. Der Fremde wandte den Blick wieder von ihr ab und schaute zum Tresen. Ein Hagelschauer schien Dannis Rückgrat entlangzuklopfen, denn ihr wurde im Nachhinein bewusst, dass sich das linke Auge des Mannes beim Fokuswechsel nicht mitbewegt hatte … Ihr Puls beschleunigte und Danni wurde heiß. Der Mann entsprach genau der Beschreibung, die Luke Skywalker ihr und den anderen beiden Jedi von Pedric Cuf gegeben hatte, dem als Mensch verkleideten Agenten der Yuuzhan Vong auf Coruscant. Seine Augen waren gar noch blauer als auf dem Bild, das ihr Jacen gezeigt hatte. Die Yuuzhan Vong waren hier und Danni hatte es rechtzeitig bemerkt. Aber würde das ausreichen, um Pedric Cuf zu stoppen? Um die anderen zu retten?
Der Mann ging in aller Seelenruhe zum Tresen, um etwas zu bestellen. Und in diesem Moment erkannte Danni, dass sie nicht die einzige war, die den verkleideten Yuuzhan Vong beobachtete. Die Frau im Kapuzenkleid folgte ihm ebenso mit Blicken. Und schon wieder hatte sie ihr Komlink – oder war es gar ein Interkom? – gezückt und sprach etwas hinein.
„Kann ich Ihnen vielleicht Gesellschaft leisten?", hörte sie hinter sich eine Stimme.
Sie drehte sich um und erkannte einen der Leute vom Tisch jenes Captains, von dem Maz Kanata vorhin gesprochen hatte. „Danke, aber ich erwarte jemanden."
Er setzte sich ihr gegenüber, ohne sie um Erlaubnis zu fragen. „Dann werde ich Ihnen bis dahin die Zeit vertreiben. Wenn er kommt, werde ich auch sofort wieder gehen, großes Biologenehrenwort."
„Sie wissen bereits, dass es ein Er ist?"
Er nickte wissend. „Das sagt mir Ihr Blick."
Sie lachte ihre Verlegenheit fort und musterte ihn näher, während die Kellnerin mit dem bestellten Wasser zurückkehrte. Seine Augen waren blau, nicht so strahlend intensiv wie die des verkleideten Yuuzhan Vong, aber hell und klar. Er schien in den späten Dreißigern zu sein, oder waren es bereits seine Vierziger? Sein Haar war dunkelbraun und die Wangenknochen nicht ganz so ausgeprägt wie bei dem Mann in Ooglithmaske vorhin. Sie schalt sich innerlich, die beiden Männer überhaupt miteinander zu vergleichen.
„Sie sind also Biologe?", griff sie sein Ehrenwort von vorhin wieder auf, und schielte kurz zur Seite, um trotz der Ablenkung ihren Beobachtungsauftrag nicht außer Acht zu lassen.
Er nickte zur Antwort … und ihr fiel plötzlich wieder ein, was zu tun war. Sie stand von ihrem Stuhl auf. „Entschuldigen Sie, ich … bin gleich wieder hier."
Er blieb sitzen, schaute kurz nach unten, dann hob er seinen Kopf, um sie unbefangen anzulächeln. „Ich warte."
Sie ging zur Tür und versicherte sich, dass Pedric Cuf immer noch am Tresen stand. Ein kurzer Blick, um sich zu versichern, dass ihr niemand gefolgt war oder sie belauschte, und sie zückte ihr Komlink. „Ein Tapari in Nerfkleidung", vermeldete sie. „Der, von dem Meister Luke sprach."
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Eine Viertelstunde vorher
Die kleine Versammlung bestand aus sechs Personen, einer Königin, einer Baronin, ihrer Leibwächterin, die bereits ihrer Schwester gedient hatte, zwei Jedi und zu guter Letzt einem Hutt, der sich als Bevollmächtigter von Borga Besadii Diori ausgewiesen hatte.
„Es ist wahrhaft eine Ironie des Schicksals, dass uns ausgerechnet der Feind hier zusammengeführt hat", eröffnete Feena D'Asta die Geheimkonferenz, nachdem sie sich vorgestellt hatte.
„Ich bin Bana, Borgas Gesandter", erklärte der Hutt.
Nachdem sich auch die beiden Jedi vorgestellt hatten, schlug die bislang verhüllte Person ihre Kapuze zurück und alle Anwesenden blickten in ein Yuuzhan Vong-Gesicht. „Ich bin Königin Nina Galfridian. Baronin D'Asta, so erzählen Sie uns doch bitte genau, wie dieses Treffen zustande kam."
„Ich war bei meiner Freundin Viqi Shesh zum Geburtstag eingeladen", begann Feena zu erzählen. „Wir kennen uns von einer Party nach einer Senatssitzung von vor fünf Jahren. Sie wollte damals einen Verkauf von Kopfjägern an die D'Astanische Flotte einfädeln."
Nina Galfridian nickte. „Die Senatorin war bereits zu Anfang des Krieges sehr geschäftstüchtig gewesen. Ich kenne sie von einer Konferenz auf dem Planeten Serenno."
„Bevor ich zu Viqis letzter Geburtstagsparty kam, passte mich jener Pedric Cuf vor dem Eingangstor ab. Er behauptete, meinen Vater und meine Schwester zu kennen. Er war gutaussehend, charmant … und intelligent genug, dass ich mich auf der Party weiter mit ihm unterhalten wollte. Drinnen erzählte er mir dann von dem Plan, mich, die Baronin und die Hutts zusammenzubringen."
„Und die Senatorin hat ihn geduldet?", fragte Mirith Sinn skeptisch.
„Zu Anfang ja, aber dann brachte ihre Mutter ihn zum Gartentor. Zu Anfang meinte Viqi zu mir, dass eine dringende Angelegenheit Pedric Cuf nicht länger erlauben würde zu bleiben. Doch später, als die meisten Leute gegangen waren, eröffnete sie mir, dass sie Erkundigungen eingeholt hätte und es sich bei Pedric Cuf um einen maskierten Agenten der Yuuzhan Vong handeln würde, den der NRI mittlerweile suchen würde."
„Es bleibt die Frage, ob er dieses Treffen nicht vielleicht vorausgeplant hat, um uns alle hier zu fangen", mischte sich der blonde Raynar Thul ein. „Aber dafür haben wir Vorkehrungen getroffen."
„Manchmal bringen raffinierte Pläne genau das Gegenteil dessen, was beabsichtigt wurde", sagte Nina Galfridian. „Ich selbst bin das beste Beispiel dafür. Einst schleuste mich ein Agent des Feindes in diese Galaxis ein. Ich jedoch lernte diese Welt achten und lieben – und genau deshalb bekämpfe ich heute diejenigen, denen ich einst diente. Von meiner neuen Heimat Artorias, wie ich es kennenlernte, ist nicht viel übriggeblieben, doch es gibt einen Untergrund – im wahrsten Sinne des Wortes. Und mir untersteht ein Schiff des Feindes mit großen Kapazitäten, das ich Herz von Artorias getauft habe. Es hat uns schon viel unterstützt, aber neue Logistikwege und Stützpunkte durch unsere vereinten Kräfte wären ein Ziel, das in diesem Bündnis allen zugutekommen würde."
„Die D'Astanische Flotte ist immer noch die stärkste in unserem Sektor – gleich nach den Streitkräften des Restimperiums", sagte Feena. „Und seit Beginn der Invasion hat sich selbst die stolze Welt Serenno zu einem Bündnis mit uns bereiterklärt. Ich soll Ihnen in diesem Zusammenhang auch meine besten Grüße von Count Serenus Vemec übermitteln, welcher außerdem bereit ist, uns insgeheim zu unterstützen."
„Da schließe ich mich an", brachte sich auch Bana der Hutt mit ein. „Borga ist immer noch am Leben und verfügt außerdem noch über den berühmten Notgroschen, den sie gerne in gemeinsame Unternehmungen einfließen lassen möchte."
Alle nickten zustimmend, aber Mirith Sinn machte eine Geste, dass sie sprechen wollte. Feena D'Asta sah keinen Grund, ihr das zu verweigern.
„Verlangen die Hutts dafür irgendeine Gegenleistung?", fragte Mirith und sah Bana dabei direkt in die großen Augen.
„Borga versteht ihren Beitrag als Investment in die Zukunft", erwiderte Bana. „Und außerdem sieht sie sich in der Schuld des Jedi Kyp Durron, der nicht nur ihrem Sohn, sondern letztens auch ihr selbst und ihrem jüngsten Huttling das Leben gerettet hat. Leider hat sie immer noch keine Nachricht von Randa erhalten."
Raynar Thuls Miene wurde ernst. „Kyp Durron ist gerade auf dem Weg ihr mitzuteilen, dass ihr Sohn Randa von Tsavong Lahs Schergen auf Duro getötet wurde. Er starb, als er Leia Organa Solo helfen wollte zu fliehen."
Banas Mundwinkel sackten noch ein Stück weiter nach unten, als sie bereits waren. „Das wird Borga sehr betrüben. Sie bittet im Übrigen die Anwesenden und vor allem die Jedi darum, die üblichen Routen des Gewürzhandels nicht weiter zu behelligen."
Raynar und Eryl sahen sich an. Eryl nickte und der blonde Jedi wandte sich an den Hutt. „Luke Skywalker und die anderen Jedi haben derzeit Wichtigeres zu tun, als sich mit Schmuggel von Gewürzen zu beschäftigen, zumal es nie Sache der Jedi war, die Kriminalität an sich zu bekämpfen – das ist immer noch Sache der Polizei und der Behörden der einzelnen Systeme."
Bana nickte. „Des Weiteren möchte sich Borga nach Informationen zum Verbleib von Boss Bunji erkundigen, dem bisher die Aufsicht über die Handelsroute vom Huttraum nach Corellia oblag. Er hatte auf Coruscant einen Sonderauftrag für Borga zu erledigen, aber noch vor der Einnahme von Duro verlor sich seine Spur."
„Für Boss Bunjis Tod sind Pedric Cuf und seine Vagaari-Handlanger verantwortlich", informierte Raynar Thul den Hutt. „Und das bringt mich zu meinem nächsten Anliegen. Jaina und Jacen sind von Duro zurückgekehrt." Er wandte sich Feena D'Asta und Nina Galfridian zu. „Leia Organa Solo und ihr Mann sind in Sicherheit, und auf Duro ist es ihnen gelungen, die wahre Identität Pedric Cufs in Erfahrung zu bringen."
Er hielt zwei Flimsiplastfolien in die Höhe, von denen eine Pedric Cufs Züge zeigte, die man dem Hochauflösungsmodus einer Überwachungsholocam vor dem Senatsgebäude zu verdanken hatte, während auf der anderen jene Phantomzeichnung des unmaskierten Nom Anor zu sehen war, die Jacen nach den Angaben seiner Zwillingsschwester während der Rückreise von Corellia nach Coruscant angefertigt hatte.
Nina Galfridians grüne Augen weiteten sich. „Das ist Nom Anor! Er ist früher mein Führungsoffizier beim Außendienst der Yuuzhan Vong gewesen."
„Sie kennen diesen Mistkerl also? Und haben uns nichts gesagt?", sagte Eryl mit einer Spur Misstrauen in der Stimme.
„Natürlich habe ich das", verteidigte sich die Königin. „Leia sagte mir damals, ich solle meine Informationen an Admiral Traest Kre'fey weitergeben und genau das habe ich getan."
„Der Admiral hatte in der letzten Zeit alle Hände voll zu tun", nahm Raynar den weißfelligen Bothaner in Schutz. „Vielleicht wusste er auch nicht, wie wichtig Nom Anor ist. Aber sicher werden wir in dieser Sache auf ihn zurückkommen."
Der Hutt kniff ärgerlich die Augen zusammen. „Also jetzt, wo das geklärt ist: Konnte man wenigstens herausfinden, was Pedric Cuf alias Nom Anor mit Borgas Geld getan hat?"
Raynar setzte zu einer Antwort an, als sein Komlink summte. Sofort nahm der Jedi die Verbindung an. „Ein Tapari in Nerfkleidung", hörte er Dannis gedämpfte Stimme. „Der, von dem Meister Luke sprach."
„Gib Maz Bescheid, wenn du sie siehst", erwiderte Raynar Thul. „Und beobachte ihn. Wir beratschlagen jetzt, wie wir mit ihm verfahren. Dann werde ich zu euch runterkommen."
Der Blick seiner blauen Augen scannte die kleine Versammlung, um an dem Hutt hängenzubleiben. „Wenn wir es geschickt anstellen, dann können Sie Pedric Cuf gleich selbst nach Borgas Credits fragen, denn er steht gerade unten am Tresen."
Bana riss entsetzt die dunklen Augen weit auf, sagte jedoch nichts. Nina Galfridians Miene versteinerte, und Feena D'Asta fasste sich unwillkürlich an den Bereich unterhalb ihrer Kehle. „Es war mir unheimlich, dass er mich auf Kuat abgefangen hatte, obwohl ich niemandem gesagt habe, dass ich zu Viqi Sheshs Geburtstag reisen werde", räumte Feena D'Asta ein. „Es stellte sich heraus, dass er meinen gesamten Werdegang kennt und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Pedric Cuf mir bereits die ganze Zeit über … irgendwie gefolgt ist."
„Bis hierher, wie es scheint." Nina Galfridian stand von ihrem Stuhl auf und ihr blaues Kleid raschelte, als sie zu der weißhaarigen Baronin ging. „Wenn Sie gestatten, werde ich Sie untersuchen, ob Sie einen Erkennungsmarker in sich tragen. Es wird nicht lange dauern – zuerst die Oberarme, dann die Waden."
Widerstrebend schob Feena die weiten Ärmel ihres Kleides hoch, dann ihren Rock, und Nina fuhr mit einer Art kleiner Schlange darüber wie mit einem Detektor der Raumhafengepäckkontrolle. Das zierliche Tier wedelte mit der Schwanzspitze, die in eine bestimmte Richtung zeigte, und Nina ging dem Wink nach, um bei Feenas rechter Hand zu landen.
„Hmmm, eine ungewöhnliche Stelle", meinte Nina. Die Schlange züngelte gierig und Ninas grüne Augen blitzten auf. „Das war gar nicht so einfach zu finden", sagte sie und hob Feenas Hand, um an der Kuppe des mittleren Fingers eine feine Erhebung zu sehen.
„Seit wann haben Sie das?", fragte die Königin.
„Da hat mich ein Dorn der Phyllis gestochen, die mir Pedric Cuf vor Viqi Sheshs Gartenhaus überreicht hat – ein Verlegenheitsgeschenk, da er mich ja zufällig getroffen hatte."
„Vielleicht war es wirklich Zufall", meinte Mirith Sinn, „vielleicht war die Phyllis aber auch für die Senatorin bestimmt gewesen."
Feena sah ihre Leibwächterin ungläubig an. „Dann wäre er mir doch aber nicht bis hierher gefolgt, meinst du nicht auch?"
„Achtung, es könnte etwas wehtun", kündigte die Königin an und drehte die Schlange um, um mit der scharfen Schwanzspitze die feine Haut der Baronin anzuritzen und damit ein kleines, schwarzes Etwas aus dem Fleisch zu pulen.
Feenas Züge verzerrten sich und die Finger ihrer linken Hand krallten sich steif am Tisch fest, um des Schmerzes Herr zu werden, jedoch ihrem Mund entwich kein Laut. Die Königin ohne Land zog eine runde, beigefarbene Rolle aus ihrer Tasche, riss einen Fetzen davon ab und stillte damit die Blutung der Wunde.
Während Feena aufatmete, dass es vorbei war, hielt Nina Galfridian das schwarze, höchstens zwei Millimeter große Implantat in die Höhe, so dass alle es sehen konnten.
„Ein Nisbat", erklärte sie. „Damit hat er Sie gefunden … und höchstwahrscheinlich wird er ihnen und damit auch uns weiter folgen – ein raffinierter Plan, sich derart als Verbündeter auszugeben und noch dazu ein Treffen seiner Feinde zu arrangieren – wie auf dem Präsentierteller. Sagen Sie mir: Haben Sie der Senatorin davon erzählt, dass wir hier sind?"
Feena schüttelte den Kopf. „Pedric hat nur von unseren Parteien hier am Tisch gesprochen, ansonsten hätte er Viqi in diesem Zusammenhang erwähnt. Also habe ich ihr davon auch nichts erzählt. Gibt es einen Grund für Ihre Frage?"
„Es ist eher so ein unbestimmtes Gefühl", holte Nina aus.
„Ich habe bei dieser Sache auch ein mieses Gefühl", mischte sich Mirith Sinn ein. „Aber wir sollten das auf später vertagen, wo doch Gefahr im Verzug ist."
„Und dieses Treffen lohnt, an anderer Stelle fortgesetzt zu werden – ohne das Implantat", brachte sich der Hutt wieder ein.
Eryl Besa sah Raynar Thul an. "Hat Maz Kanata etwas darüber gesagt, dass es auch einen Fluchtweg nach oben gibt – vom Dach der Festung?"
Er sah ihr in die grünen Augen und lächelte. „Der Hutt hat mich auf eine Idee gebracht. Die Treppe geht von hier aus noch weiter nach oben. Und über uns befindet sich der große Turm der Festung. Wir brauchen einen fähigen und loyalen Piloten. Der soll mit seinem Schiff auf dem dicken Turm auf uns warten."
Raynar Thul schaute wieder in die Runde. „Und da auch Meister Skywalker der Meinung ist, dass wir mit diesem Treffen ruhig auch den Feind etwas hervorlocken können, wollen wir diese Gelegenheit nutzen."
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Langsam, immer darauf bedacht, die Umgebung zu studieren, ging Danni wieder zu ihrem Tisch. In ihr hallte immer noch Raynars vorheriger Satz nach. Der Jedi hatte euch gesagt, aber sie als halbe Jedi war doch allein hier unten. Pedric Cuf stand immer noch am Tresen, aber er bezahlte gerade, während Maz Kanata im Begriff war, zu ebenjenem Tresen zu gehen.
Ihr Komlink summte und sie nahm die Verbindung an. „Wenn du Maz Kanata siehst, sag ihr, dass sie einen fähigen und loyalen Piloten aussuchen und mit seinem Schiff auf den großen Turm der Feste schicken soll", hörte sie Raynars Stimme.
In jenem Moment, in dem das Knacken im Komlink anzeigte, dass Raynar die Verbindung beendet hatte, blieb Maz Kanata abrupt stehen und drehte sich zu Danni um, um auf sie zuzugehen.
„Wir brauchen einen loyalen und fähigen Piloten", sagte Danni, als die kleine Frau auf Flüsterweite an sie herangekommen war. „Auf dem Dach des großen Turmes."
„Gut", erwiderte die Festungsherrin. „Für den Herren am Tisch dann auch noch ein Wasser." Sie gab dem altertümlichen Protokolldroiden einen Wink und er ging zum Tresen, um dort ein Glas Wasser aufzunehmen. Danni belustigte sich kurz daran, wie sich Pedric Cufs gutes Auge angewidert verdrehte, während er hastig von der technischen Abscheulichkeit Abstand nahm, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Mann an ihrem Tisch zu.
„Sie sind also Biologe", nahm sie den Gesprächsfaden wieder auf und setzte sich auf ihren Platz. „Von wo stammen Sie?"
„Ich komme von Ithor", sagte er und senkte den Blick, was Danni als Trauer deutete.
„Ithor – es war so eine schöne Welt, die ich leider nur von Erzählungen kenne."
„Vielleicht haben Sie ja schon einmal von der Tafanda Bay gehört, dem größten Herdenschiff über Ithor. Ich habe dort gelebt und biologische Forschungen betrieben."
Danni beugte sich etwas zu ihm vor. „Welche denn zum Beispiel?"
„Ich hatte es mir in den Kopf gesetzt, eine schwarze Donarblüte zu züchten. Kennen Sie die lila Blume?" Seine schmalgliedrigen Hände beschrieben einen Kreis. „Manche davon werden so groß wie meine beiden Hände zusammen."
Sie musste unwillkürlich lächeln, während sie an diese Blume dachte … und dem Spiel seiner Hände zuschaute.
„Ich stand kurz vor dem Durchbruch, jegliches Lila und Rot aus der Blume herauszuzüchten, als die Yuuzhan Vong angriffen. Dadurch wurden all meine Forschungen vernichtet."
Wieder senkte er den Kopf.
„Immerhin haben Sie Ihr Leben behalten", erwiderte Danni. „Sie könnten die Forschungen anderswo fortsetzen. Es gibt botanische Gärten, wo es noch Exemplare der Donarblüte gibt. Zum Beispiel auf Coruscant, wo ich derzeit lebe."
„Viel lieber würde ich Ihnen diese Blüten in ihrer natürlichen Umgebung auf einem echten ithorianischen Herdenschiff zeigen."
„Kannten Sie den Priester Relal Tawron?", fragte Danni. „Ein Freund, der Ithor besuchte, erzählte mir, dass er ebenfalls auf der Tafanda Bay lebte."
Ihr Gegenüber schaute wieder nach unten auf den Tisch, als versuche er sich zu erinnern, dann drehte er den Kopf in Richtung des Protokolldroiden, der ihm das von Maz versprochene Wasser brachte, um ihn freundlich anzulächeln. „Vielen Dank."
Danni trank entspannt aus ihrem Drink den ihr der Mann am Tisch spendiert hatte. Was für ein wohltuender Gegensatz sein Lächeln für den Droiden doch war im Gegensatz zum abweisenden Verhalten von Pedric Cuf am …
Ihr fiel auf, dass der Yuuzhan Vong in Verkleidung nicht mehr am Tresen stand. Ihr Blick hetzte durch die ausgedehnte und dabei verwinkelte Halle von Maz Kanatas Gastwirtschaft.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?", fragte sie der fremde Mann an ihrem Tisch und trank ebenfalls. „Oder kommt Ihr Freund?"
„Er ist nicht mein Freund … also nicht in dem Sinne."
Erneut fiel ein Lichtstrahl von der Eingangstür auf Dannis Tisch und als sie sich umdrehte, sah sie Pedric Cuf flüchten. Nur wenig später sprang die hochgewachsene Gestalt von Raynar Thul in einem gewaltigen Satz von der Treppe durch jenen Lichtstrahl bis hin zu dessen Quelle. Nur eine Sekunde später brachte ein nicht ganz so langer Sprung Eryl Besa von derselben Treppe immerhin über knapp zwei Drittel der Distanz bis zur Tür. Ein ehrfürchtiges Raunen ging durch die Halle und einige neugierige Leute drängten hinter den Jedi nach draußen, um zu sehen, was dort geschah, darunter die Bith, die vorhin so laut Sobriquet gespielt hatte.
Danni sprang vom Tisch auf und lief ebenso zur Tür, und ihr unbekannter Tischgenosse folgte ihr. „Nur für den Fall", rief er Danni hinterher, blieb dabei jedoch in einem Abstand, den sie als höfliche Distanz wertschätzte.
Ein Blasterbolzen verendete an Raynars grauer Klinge, während sich Pedric Cuf den Weg zu seinem Schiff bahnte – Danni erkannte einen Frachter corellianischer Bauart. Meter um Meter kämpfte sich der Agent des Feindes vor - mit dem Rücken zu seinem Schiff gewandt – es trennten ihn vielleicht noch zehn Meter davon. Raynar preschte vor, wehrte einen weiteren Blasterschuss ab, als Cuf eine runde Scheibe unter seinem braunen Jackett hervorzog und in Richtung von Raynars Hals schleuderte. Danni registrierte, wie sich die Einstiegsluke des Frachters öffnete und fragte sich, wie der Agent das gemacht hatte – so im Abwehrkampf gefangen, wie er war.
Der Jedi wich dem Prallkäfer aus, aber nicht weit genug. Die organische Scheibe ritzte seinen Hals an und Blut quoll aus der Schnittwunde hervor, während die graue Klinge in seiner routinierten Hand weiter Blasterschüsse abwehrte. Eine zweite Scheibe sauste auf Raynar Thul zu, um von einer plötzlich aufblitzenden blauen Klinge sauber in zwei Hälften zerteilt zu werden. Der Agent war nur noch zwei Meter von seinem Schiff entfernt – sein rechter Fuß stand bereits auf dem Ende der geöffneten Rampe - und mit einem Mal wurde diese Distanz auf Null verringert, als ein unscharfer Schemen auf Pedric Cuf zuraste und ihn von der Rampe schubste.
Die zwei Körper kamen neben der geöffneten Rampe auf dem harten Boden Takodanas auf und Danni erkannte die Bith von vorhin. Der blaue Strahl in ihrer Hand kam direkt aus dem Sobriquet – sie hatte ihre Jediwaffe mit dem Instrument wahrlich gut getarnt. Jetzt kniete die gelbe Frau über ihrem ausgeknockten Gegner und die Spitze ihrer Klinge wies genau auf sein rechtes, gutes Auge.
„Ganz ruhig, Vong-Ratte, dann passiert dir nichts", sagte die Bith in näselndem Akzent. Ihre blaue Klingenspitze summte weiter über dem Gesicht des Agenten, während Eryl Besa und Raynar Thul die Schützenhilfe nutzten und dem Agenten Hände und Füße fesselten. Nachdem das geschehen war, legte Eryl Raynar Raynar einen Verband an die Stelle seines Halses, wo ihn der Prallkäfer getroffen hatte. Sofort färbte sich der weiße Mull rot.
Bana kam von hinten herangeschnauft. „Pedric Cuf – Was haben Sie mit Borgas Credits gemacht?"
„Wenn Sie Credits brauchen, dann gehen Sie doch nach Muunilinst, bevor wir es tun werden", höhnte der gefesselte Yuuzhan Vong.
„Dreihunderttausend Credits – fort! Boss Bunji und Randa – tot!" Banas kleine Hände wedelten in gefährlicher Nähe zum aktivierten Lichtschwert der Bith wütend in der Luft herum, während sein Schwanz zornig hin und her peitschte. „Dafür werden Sie zahlen! Also Agent: Wo sind Borgas Credits?"
„Idiot von einem Hutt! Ich habe keine Ahnung, wo Sie Ihre lumpigen Credits verloren haben!"
Raynar machte eine beschwichtigende Handbewegung in Richtung Hutt. „Bana, warten Sie bitte einen Moment."
Er gab der Bith ein Zeichen und die blaue Klinge berührte jenen Punkt neben seiner falschen Nase. Der Agent zuckte zusammen und sein gutes Auge verdrehte sich dabei nach oben, während die mutmaßliche Prothese, die er in der linken Augenhöhle trug, unbeweglich blieb. Das Geschöpf, das der Ooglithhüller war, rollte sich zusammen und gab ein hellgraues Gesicht frei. Stirn und Wangen wiesen einige verschnörkelte Tätowierungen auf, die von zwei halbmondförmigen Narben auf den Wangen durchbrochen wurden, die sich in hängenden Bögen von seinen Ohren bis zum Loch seiner abgeschnittenen Nase wanden. Eryl hielt eine kleine Holocam auf das entblößte Yuuzhan Vong-Gesicht und machte ein paar Schnappschüsse, während Raynar sein Interkom aktivierte.
„Das ist er nicht", zischte Raynar. „Der Nom Anor auf dem Phantombild ist gelb."
Enttäuscht steckte Eryl die Holocam in ihre Tasche. „Wie viele von diesen einäugigen Spionen laufen eigentlich hier rum?"
„Das ist so typisch für Pedric Cuf", schnaubte Bana und machte in Richtung Tür kehrt. „Andere vorschicken und sich selbst verstecken", hörte Danni ihn im Davonschlängeln brummeln.
Die Wipfel der hohen Bäume um die Festung herum begannen zu rauschen und erst dadurch bemerkte Danni, wie windstill es bisher gewesen war. Maz Kanata stand am Eingang und gestikulierte heftig und nur wenig später schossen lilane Korallenskipper über die Baumwipfel auf die Festung zu, um genau den Vorplatz abzuriegeln, wo die Verfolgung und Entlarvung des Agenten stattgefunden hatte. Eine goldene Plasmasalve schoss nach unten und die schaulustigen Gäste stoben auseinander, um im Schloss oder in den Wäldern Zuflucht zu suchen.
„Was machen wir mit ihm?", fragte Eryl und zeigte auf den immer noch am Boden liegenden und gefesselten Agenten.
Raynar fasste sie an der Hand und zog sie in Richtung Tür. „Wir lassen ihn hier und hoffen, dass sich der Feind etwas mit ihm beschäftigt."
Genauso schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden sie wieder in Maz' Kastell und rannten die Treppe zum dickeren Turm hinauf, dabei die Macht zu Hilfe nehmend, vor allem, um den massigen Hutt im Schlepptau zu halten.
Die Treppe endete und eine Leiter kam in Sicht, die zur Decke führte, die das Turmplateau sein musste. Raynar schätzte, dass der Hutt mit Ach und Krach durch die Luke hindurchpassen musste – vielleicht mit etwas Hilfe von unten. Er stieg auf die Leiter, um die Luke zu öffnen, doch dann sank seine Hand wieder, während er sich zu Eryl herumdrehte. „Sag mal, wo ist eigentlich Danni?"
Eryls grüne Augen scannten gehetzt die Treppe nach unten. „Ähm, ist sie denn nicht bei Ulaha Kore in dem anderen Schiff von uns?"
Raynar schüttelte den Kopf. „Eryl, Danni kennt Ulaha doch noch gar nicht."
„Aber hat sie doch unten im Speisesaal Mirith Sinn und die Baronin getroffen. Bestimmt ist Danni jetzt bei der Leibwächterin, der Baronin und der Königin. Zur Königin wollte sie doch sowieso schon die ganze Zeit."
Raynar kratzte sich nervös hinterm Ohr. „Wenn wir sie auf keinem unserer Schiffe haben und ihr dort unten etwas zustößt, dann wird uns Meister Luke das nie verzeihen!"
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Danni kam hinter dem Baum hervor, hinter dem sie Zuflucht gesucht hatte, um vor der Lavasteinsalve Reißaus zu nehmen, die ihr kurzzeitig die Sicht auf ihre Jedikameraden genommen hatte. Das Glühen am Boden wurde langsam schwächer, während die krepierende Lavaladung eine Vertiefung ins Gestein fraß. Als die Luft wieder durchschaubar war, sah Danni, wie die Skips näherkamen, während der gefesselte Agent immer noch am Boden lag, sich jedoch beruhigt hatte, wo die Rettung nahte. Und gleich daneben stand einladend sein ganz untypisch technisches Schiff, während von ihren Jedifreunden keine Spur zu sehen war.
„Sie gehören also zu den Jedi?", hörte Danni neben sich die Stimme ihres Tischgenossen.
„Sie wollten mich in Sicherheit bringen, weil …"
Sie überlegte fieberhaft nach einer Begründung für ihr Nacheilen, denn für Außenstehende sollte es für diese Mission nicht so aussehen, als sei auch sie eine Jedi. Sie fand keine und ärgerte sich, sich auf solch ein Szenario nicht vorbereitet zu haben. Jacen wäre sicherlich sofort eine gute Antwort eingefallen.
„Ist ja auch egal", wischte er ihre Besorgnis mit einem weitschweifigen Wink seiner rechten Hand beiseite. „Aber wir sollten das Schiff nicht hierlassen."
Danni glotzte den corellianischen Frachter an. „Das Schiff?"
„Es könnte voll mit Informationen über den Feind sein. Wo immer Sie jetzt hinfliegen, wir können es mitnehmen. Auf diese Weise könnten wir uns auch besser aufteilen, um die Verfolger zu verwirren."
Danni wandte sich ihm zu. „Ich hätte nicht gedacht, dass Sie …"
Er berührte flüchtig ihre Schulter. „Darüber können wir später reden." Seine Hand entfernte sich von ihr, um auf die noch geöffnete Einstiegsrampe zu weisen. „Jetzt aber werden wir dem Feind dieses Schiff stehlen und uns damit in Sicherheit bringen. Geben Sie mir die Koordinaten und ich fliege Sie, wohin sie wollen."
Danni musterte ihn. Sie wollte ihn fragen, was seine Kameraden in Maz' Schänke davon hielten, ob sie von seiner wohl spontan geplanten Spritztour wussten, entschied jedoch, dass das jetzt egal war. Darüber können wir später reden.
Sie wandte sich dem corellianischen Frachter zu. Zur Not könnte sie dieses Schiff vielleicht sogar selbst fliegen, wenn sie an die alte Spacecaster dachte, mit der sie damals vor einem Jahr nach Helska IV aufgebrochen waren. Bensin Tomri hatte die klapprige Kiste zwar gesteuert, aber sie hatte ihm interessiert dabei zugesehen. Sie dachte an Mara Jades Schiff, das sie ebenfalls über jenem Wasserplaneten, der nun nicht mehr existierte, kurzzeitig gesteuert hatte, während Mara ohnmächtig gewesen und Jaina die Kanonen bedient hatte.
Ihre Gedanken kehrten zurück ins Hier und Jetzt. Ihre Tischbekanntschaft hatte sie an der Schulter berührt und das hatte ihr verdammt gut getan.
Warum eigentlich nicht?
Sie lächelte ihn an. „Gut, gehen wir."
Note der Autorin: In diesem Kapitel geht es unter anderem um Ereignisse im Roman „Anakin und die Yuuzhan Vong" von Greg Keyes (2004), dem 7. Band der Buchreihe „Star Wars - Das Erbe der Jediritter", der Kurzgeschichte „Genesung" von Troy Denning (2005) sowie aus dem Film „Han Solo – A Star Wars Story" von 2018.
