Wahre Freunde
Da Harry sich nach seinem Gespräch mit Professor Dumbledore ohne Verzögerung schlafen gelegt hatte, war er am Morgen des ersten Schultages schon relativ zeitig auf den Beinen und fühlte sich gut ausgeruht.
Als Harry die große Halle zum Frühstück betrat, saßen nur wenige Schüler bereits an ihren Haustischen, da es noch sehr zeitig am Morgen war. Harry suchte den Gryffindortisch mit den Augen nach bekannten Gesichtern ab. Er sah, wie Patrick Lupin ihm von der Mitte des Tisches gutgelaunt zuwinkte. Neben Patrick saß ein kleiner Junge mit dunkelbraunen Haaren, den Harry als Andrew Zabini erkannte. Lächelnd ging er auf die beiden Erstklässler zu.
„Guten Morgen, habt ihr was dagegen, wenn ich mich zu euch setze?", fragte er.
„Nein, überhaupt nicht", grinste Patrick, während er seine Tasche von dem Stuhl neben sich herunternahm, um Platz für Harry zu machen. Andrew schaute Harry ehrfürchtig an. „Du bist Harry Potter, nicht?"
„Ja, der bin ich", seufzte Harry und verzog dabei ein wenig verlegen die Mundwinkel. Doch Andrew schien das gar nicht zu merken. Stattdessen starrte er nun Patrick mit offenem Mund an. „Ihr kennt euch? Krass!"
Patrick warf Harry einen leicht amüsierten Blick zu und rollte die Augen. Nun musste auch Harry lächeln. Trotzdem beeilte er sich, dass Thema zu wechseln. Er mochte es nicht, wenn Leute ihn nur als „Den Junge, der lebt" ansahen.
„Und wie fühlt man sich als frischgebackene Hogwartsschüler?", starrte er einen kläglichen Small-Talk Versuch. Doch die beiden Jungen ergriffen sofort die Gelegenheit, ihrer Begeisterung über die Schule Ausdruck zu verleihen. Aufgeregt plapperten sie über die vielen coolen Portraits und über die echt krassen Treppen. Natürlich hatten sie auch schon mit Peeves Bekanntschaft gemacht und regten sich nun maßlos über ihn auf.
Harry hörte lächelnd zu, während er sich an seinen eigenen ersten Schultag in Hogwarts erinnerte.
„Guten Morgen, Harry", riss Ginny ihn aus seinen Gedanken und setzte sich neben ihn. „Na, gut geschlafen? Ich hab dich gestern abend gar nicht mehr gesehen."
„Ja, ich hatte noch was zu erledigen und bin danach gleich zu Bett gegangen", antwortete er und warf ihr einen Blick zu, der sagte, dass sie später darüber reden könnten. „Und tanzen dir die Ersties schon auf der Nase herum, oh du Vertrauensschülerin?", fragte er grinsend.
„Den möchte ich mal sehen, der mir auf der Nase herumtanzt," brummte sie mit gespielt bösem Gesicht, doch ihre Augen funkelten schelmisch.
Harry nahm die Hände hoch. „Das glaub ich dir aufs Wort.", sagte er lachend.
In diesem Moment kam Professor McGonagall an ihren Tisch, um die Stundenpläne für das diesjährige Schuljahr auszuteilen.
Harry stöhnte entsetzt auf, als er seinen Plan sah. Die Hauptfächer Verwandlung, Zauberkunst, Zaubertränke und Verteidigung gegen die dunklen Künste hatte er fünfmal die Woche, während er seine anderen beiden UTZ-Kurse Pflege magischer Geschöpfe und Kräuterkunde viermal die Woche hatte. Nur in den Fächern Geschichte der Zauberei, Astronomie und Wahrsagen, die er nicht bestanden hatte und deshalb nur die Basiskurse belegen musste, hatte er lediglich zwei Wochenstunden. So voll war sein Stundenplan noch nie gewesen.
Auch Ginnys Stundenplan unterstrich deutlich, dass dies ihr ZAG-Jahr war und eine Menge Arbeit für sie bereithielt. Sie warf einen kurzen Blick auf Harrys Plan und lächelte. „Hey, Harry, sieh es doch mal positiv. Heute ist Freitag und schau mal, heute ist dein kürzester Tag. Du hast nur bis mittags", munterte sie ihn auf.
„Ja, aber dafür hab ich heute nacht um zehn noch Astro", maulte er. Dann blickte er auf. „Wie lange hast du heute?", fragte er und zog ihren Stundenplan zu sich herüber. „Hm, du hast nur eine Stunde länger als ich. Da können wir heute Nachmittag Hermine besuchen, wenn du Lust hast", sagte er erfreut. Ginny nickte zustimmend. Auch sie freute sich darauf, ihre Freundin zu besuchen. „Gut, dann können wir uns gleich nach deiner Pflege magischer Geschöpfe Stunde bei Hagrids Hütte treffen", sagte er.
„Wir sehen uns ja dann beim Mittagessen", sagte er zu Patrick, Andrew und Ginny, während er seine Schultasche nahm und sich auf den Weg zu Professor Flitwicks Klassenzimmer machte.
Nach dem Mittagessen hatte Harry noch mehr als eine Stunde Zeit, ehe er sich mit Ginny treffen wollte. Da er am ersten Schultag noch nicht all zu viele Hausaufgaben hatte, beschloss er, das wunderschöne Spätsommerwetter für einen gemütlichen Spaziergang um den See zu nutzen.
In Gedanken verloren schlenderte er am Ufer entlang. Eine leichte Brise kräuselte die Wasseroberfläche und die Wellen reflektierten das Sonnenlicht, so dass der ganze See funkelte und glitzerte. Seufzend setzte Harry sich unter einen Baum und beobachtete träge das Spiel von Licht und Wasser. Abwesend holte er das Medaillon, das er vom Portrait seines Vaters bekommen hatte, aus der Tasche und betrachtete es.
Was hatte es mit diesem Schmuckstück auf sich? Er erinnerte sich daran, welche Wirkung das Medaillon auf ihn hatte, als Lupin ihn von Rons Aufenthaltsort unterrichtet hatte. Hatte er sich die beruhigende Wärme damals nur eingebildet? Nachdenklich schaute er den Löwen und den Phönix auf der Vorderseite an, während seine Finger wie automatisch über die Rückseite strichen. Als er Kratzer auf dem ansonsten glatten Metall spürte, drehte er das Medaillon neugierig um. Im hellen Sonnenlicht erkannte er, dass auf der Rückseite des Anhängers etwas eingraviert war, was ihm vorher nicht aufgefallen war.
Harry kniff die Augen zusammen, um die filigrane Schrift lesen zu können.
Gelassenheit – Kraft
Harry runzelte die Stirn. So richtig konnte er mit der Inschrift nichts anfangen. Von der Schule her hörte er die Glocke, die das Ende der fünften Stunde verkündete. Er zuckte mit den Schultern und stand auf, um Ginny zu treffen. Über die Bedeutung des Medaillons konnte er sich später noch Gedanken machen.
Vor Hagrids Hütte zeichneten sich die Gestalten des freundlichen Halbriesen und des rothaarigen Mädchens im hellen Sonnenlicht ab. Der Unterricht schien vorbei zu sein, denn die anderen Schüler aus Ginny´s Klasse waren schon auf dem Weg hinauf zum Schloss.
„Hallo Hagrid, Ginny!", grüßte Harry, als er gelblich-grüne Bälle auf der Wiese hinter den beiden herumrollen sah. Neugierig schaute er Hagrid an. „Was sind das denn für Dinger?" fragte er.
„Das sind Heuwusel", antwortete Ginny begeistert. „Hagrid hat sie uns heute in seiner Stunde gezeigt. Sind die nicht niedlich!"
Hagrid, der bei Ginnys Worten breit grinste, fügte stolz hinzu. „Und nicht nur niedlich sind die. Auch verdammt nützlich, die Biester. Die sorgen dafür, dass das Gras auch wirklich trocknet und zu Heu wird und nicht verfault.
So, nun muss ich aber los, Kinder", sagte Hagrid plötzlich. „Ich muss mich nämlich noch um Grawpie kümmern – benimmt sich auch schon viel besser, hat aber immer noch einen ordentlichen Appetit, der Gute."
Harry sah Hagrid zweifelnd nach, als dieser in den Verbotenen Wald stapfte. Schließlich drehte er sich zu Ginny um und schüttelte ungläubig den Kopf. „Hagrid hat die Hoffnung, Grawp zu zivilisieren wohl immer noch nicht aufgegeben. Aber wenigstens sah er nicht mehr so zerschlagen aus."
„Ich glaube du solltest froh sein, dass Hagrid nicht mehr darauf besteht, dass Hermine und du Grawp zivilisieren können", sagte Ginny verschmitzt.
„Oh ja, es macht nicht wirklich viel Spaß einem sechzehn Fuß großen Giganten Englisch beizubringen", sagte Harry und verzog dabei das Gesicht. „Aber weil wir gerade von Hermine sprechen – lass uns gehen, sie wartet sicher schon."
Schon am Ende des Ganges zur Heulenden Hütte sprangen Harry die Veränderungen an dem ehemals baufälligen Gebäude ins Auge. Rechts und links der Treppe, die zum größten Zimmer der Hütte hinaufführte, befanden sich nun zwei in freundlichem blau gestrichene Türen. Harry erinnerte sich, wie Professor Dumbledore davon gesprochen hatte, dass im Geheimgang Schlafzimmer eingerichtet werden sollten.
Harry und Ginny stiegen die neu gedielte Treppe hinauf und traten in ein hell erleuchtetes Zimmer. Die Bretter an den Fenstern waren verschwunden und durch hübsche Gardinen ersetzt. Die Wände waren in einem dezenten gelb gestrichen und im Raum standen fünf Tische mit jeweils vier Stühlen. Die hintere Wand des Raumes wurde komplett von einem großen Regal eingenommen, welches bis zum Rand mit Büchern gefüllt war.
Nichts erinnerte mehr an den staubigen Raum mit den zertrümmerten Möbeln, in dem Harry, Hermine und Ron damals Bekanntschaft mit Sirius Black geschlossen hatten. Auch war es nun schwierig, sich vorzustellen, dass dieses Haus als das am meisten von Geistern heimgesuchte Gebäude Englands galt.
Die siebzehn Schüler, die sich hier einquartiert hatten, solange sie von gewissen Personen in der Schule nicht erwünscht waren, schienen sich bereits sehr wohl in ihrem Exil zu fühlen. Die Atmosphäre glich der im Gryffindor Gemeinschaftsraum. An den Tischen saßen Schüler und lasen, lernten oder spielten Snape explodiert oder Schach.
Hermine war in einen riesigen Wälzer vertieft und hatte mehrere Notizzettel um sich herumliegen, als Harry und Ginny eintraten. Justin Finch-Fletchley, der neben ihr saß, schaute auf und winkte die beiden fröhlich zu sich herüber.
„Hallo Harry und Ginny! Schön euch hier zu sehen."
Nun schaute auch Hermine auf und begrüßte die beiden lächelnd. Sie legte ein Lesezeichen in ihr Buch, klappte es zu und räumte ihr vielen Blätter Pergament säuberlich auf einen Haufen um für Harry und Ginny Platz zu machen.
„Na, wie ist das Leben im Schloss oben?", fragte Justin. „Wer ist dieses Jahr Lehrer für Verteidigung?"
„Oh, dieses Jahr haben wir echt Glück", strahlte Ginny. „Hermine, du kennst sie. Dreimal darfst du raten."
„Hm. Eine Frau, die ich kenne, die Ahnung von Verteidigung gegen die dunklen Künste hat und bei der der Unterricht gut wäre…das kann ja eigentlich nur Tonks sein, oder?"
„Bingo!" sagte Harry. „Allerdings haben wir im Gegensatz zu Ginny erst am Dienstag Verteidigung. Ich bin schon echt gespannt. Heute hatte ich nur Zauberkunst und Kräuterkunde. Ich hab dir meine Mitschriften mitgebracht. Ist bis jetzt aber nur Wiederholung gewesen. Hausaufgaben hatten wir zum Glück noch keine."
Als Harry in seiner Tasche nach seinen Aufzeichnungen kramte, kam ein Hufflepuff Viertklässler an ihren Tisch. „Hallo", sagte er schüchtern. „Justin, ich krieg das nicht hin, den Ziegel in einen Apfel zu verwandeln. Könntest du mir mal bitte helfen?" Justin zuckte mit den Schultern „Bis später Leute", verabschiedete er sich. „Ihr kommt ja sicher noch ein paar mal vorbei, ehe wir wieder zurück ins Schloss dürfen, oder?", sagte er, als er mit dem Jungen zu einem anderen Tisch hinüberging.
Harry hatte inzwischen seine Mitschriften gefunden und gab sie Hermine. Sie legte jedes einzelne Blatt jeweils auf ein leeres Blatt, tippte das beschriftete Pergament mit ihrem Zauberstab an und sagte „Copius". Es dauerte nur wenige Augenblicke, da breiteten sich dünne Tintenlinien auf der leeren Seite aus und nach einigen Sekunden lagen da zwei Pergamente mit jeweils gleichem Inhalt, eines mit Harrys Krakelschrift und eines mit Hermines klein gedrängter, sauberer Handschrift.
„Wow", staunte Harry. „So einfach geht das mit dem Abschreiben also", sagte er, während ihm Hermine seine Aufzeichnungen zurückgab. Sie blickte ihn vorwurfsvoll an. „Ich hoffe ernsthaft, dass du diesen Zauberspruch nicht verwenden wirst, um deine Hausaufgaben bei jemanden abzuschreiben"
Glücklicherweise blieb es Harry erspart zu antworten, denn in diesem Moment kam ein gut gelaunter Professor Lupin zur Tür herein. „Hallo ihr drei", grüßte er, als er auf ihren Tisch zukam. „Ginny, ich hab gehört, du hattest heute schon bei meiner würdigen Nachfolgerin Unterricht?"
„Ja, und im Gegensatz zum letztem Jahr haben wir diesmal auch die Chance eine ganze Menge Nützliches zu lernen. Trotzdem werden wir die DA auch dieses Jahr fortführen", antwortete sie. „Ich soll Ihnen übrigens schöne Grüße von Patrick ausrichten."
„Dankeschön. Ich hab ihn heute schon auf seinem Weg zu Kräuterkunde getroffen. Wie es sich für einen Rumtreiber gehört, ist er ja in Gryffindor gelandet", sagte er mit sichtlichem Stolz.
„Es ist gut, dass ihr gerade alle hier seid", setzte er nach einer Weile Schweigen wieder an, „Ich habe heute Neuigkeiten aus dem St. Mungos Krankenhaus bekommen, dass Ron sich langsam wieder erholt und Besuch empfangen kann. Da ich morgen sowieso nach London muss, könnte ich euch mitnehmen, wenn ihr wollt."
„Wie geht es ihm?" „Wird er wieder ganz gesund werden?" „Kann er bald wieder nach Hogwarts kommen?" „Wann besuchen wir ihn morgen?" fragten Hermine, Ginny und Harry durcheinander.
„Ron ist übel von Du-weißt-schon-wem und seinen Todessern zugerichtet worden. Er war mehreren illegalen Flüchen ausgesetzt, unter anderem dem Knochenbrecher Fluch und dem Cruciatus Fluch", sagte Lupin leise. „Er ist immer noch sehr schwach und es wird eine Weile dauern, bis er wieder der Alte ist, aber er ist auf dem besten Weg dahin."
„Voldemort hat Ron das angetan, um an mich heranzukommen", zischte Harry von Hass auf den dunklen Lord erfüllt. Doch gleichzeitig fühlte er tiefe Schuldgefühle. Alle Menschen, die ihm etwas bedeuteten, waren durch Voldemort bedroht. Seine Eltern waren für ihn gestorben, als er gerade ein Jahr alt war. Cedric Diggory ist ermordet worden, nur weil er zur falschen Zeit in Harrys Nähe war und vor nur drei Monaten war Harrys Patenonkel Sirius im Zaubereiministerium gestorben, als er und die anderen Ordensmitglieder Harry und seinen Freunden im Kampf gegen einige Todesser zu Hilfe kamen.
Harry schüttelte den Kopf, wie um seine Gedanken zu ordnen. „Er hätte ihn beinahe getötet, wegen mir" hauchte er kaum hörbar. Nur am Rande nahm er war, wie Ginny beruhigend ihre Hand auf seinen Arm legte. Als Harry aufschaute, waren Hermine und Ginny über die Härte und Entschlossenheit erschrocken, die sie in Harrys Augen sahen. „Die Prophezeiung", begann er leise und mit harter Stimme „Sie ist nicht verloren gegangen. Und ich schwöre, ich werde sie erfüllen. Dieses Monster wird nie wieder meine Freunde angreifen."
„Was besagt die Prophezeiung, Harry?" fragte Hermine leise und ihre Stimme zitterte leicht vor Beunruhigung.
Harry zwinkerte und schaute sie an, als realisierte er erst jetzt, dass sie ihm gegenüber saß. Dann schaute er Ginny und anschließend Remus an, der ihm kaum wahrnehmbar zunickte. Harry seufzte und rezitierte emotionslos die Zeilen, die sich ihm am Ende des letzten Schuljahres in sein Gehirn gebrannt hatten, die sein Schicksal bedeuteten.
„Der Eine mit der Macht, den Dunklen Lord zu besiegen, naht heran…Jenen geboren, die ihm dreimal die Stirn geboten haben, geboren, wenn der siebte Monat stirbt…Und der Dunkle Lord wird Ihn als sich Ebenbürtigen kennzeichnen, aber Er wird eine Macht besitzen, die der Dunkle Lord nicht kennt…Und der Eine muss von der Hand des Anderen sterben, denn keiner kann leben, während der Andere überlebt…Der Eine mit der Macht, den Dunklen Lord zu besiegen, wird geboren werden, wenn der siebte Monat stirbt…"
Remus Lupin schaute Harry traurig an, während Ginny und Hermine ihren Schock über das eben Gehörte, versuchten zu verarbeiten. Die Gespräche und das Treiben an den anderen Tischen schien unendlich weit entfernt, als sich eine nervöse und schwere Stille über den Tisch breitete.
Harry seufzte erneut, stützte den linken Ellenbogen auf den Tisch, ließ seine Hand durch seine Haare rutschen und ließ den Kopf schließlich auf seiner Hand ruhen. „Tja, wenigstens wird mein Leben nie langweilig", sagte er sarkastisch.
Hermine, die inzwischen ihre Stimme wieder gefunden hatte, fragte „Ist es denn hundertprozentig sicher, dass du in der Prophezeiung gemeint bist?"
Harry hob den Kopf wieder, als er antwortete. „Es wurden im Juli 1980 zwei Babys geboren, deren Eltern Voldemort jeweils dreimal die Stirn geboten haben. Aber ich bin derjenige, der von Voldemort als Ebenbürtiger gezeichnet wurde", sagte er und zeigte dabei auf seine Narbe.
Wieder war es lange ruhig. „Harry", sagte Ginny schließlich leise und voller Wärme und Aufrichtigkeit, „die Prophezeiung mag sagen, dass du V..V..Volde…Voldemort ganz allein besiegen musst, aber bis es soweit ist, werden wir jeden Schritt auf dem Weg dahin zu dir stehen und dich unterstützen." Hermine nickte zustimmend.
Für einen Moment ließ sich Harry von der tiefen Loyalität und Freundschaft tragen, die Hermine und Ginny ihm entgegenbrachten und spürte wie ein unglaubliches Glücksgefühl ihn durchströmte. Doch dann schüttelte er den Kopf. „Nein", sagte er traurig, aber fest. „Ich muss das allein durchziehen. Das ist mein Kampf, und ich möchte euch nicht unnötig gefährden. Zu viele Menschen sind schon meinetwegen verletzt oder getötet worden."
„Harry", rief Hermine aus. „Der Kampf gegen Voldemort geht uns alle an. Und solange Voldemort lebt, ist in unserer Welt niemand sicher, ganz egal, ob wir mit dir befreundet sind oder nicht. Aber wenn wir zusammenhalten, dann sind wir stark und dann haben wir eine Chance, Voldemort zu besiegen – gemeinsam", sagte sie leidenschaftlich.
Harry schaute sie und Ginny lange an und sah uneingeschränkte Loyalität und Aufrichtigkeit in ihren Augen. Langsam nickte er. „Ihr habt recht. Danke", sagte er voller Wärme und fühlte, wie ein Gewicht, was er seit über zwei Monaten auf seinen Schultern zu tragen schien um einiges erleichtert wurde.
Remus Lupin räusperte sich. „Harry, Ginny, ihr solltet langsam zum Schloss zurückkehren. Es wäre nicht gut, wenn ihr das Abendbrot verpasst. Einige Slytherinschüler könnten misstrauisch werden", sagte er und Harry und Ginny standen auf und nahmen ihre Taschen. „Wir werden uns morgen 10 Uhr hier treffen. Von Hogsmeade aus können wir dann den Fahrenden Ritter nach London nehmen. Bring bitte deinen Unsichtbarkeitsumhang mit, Harry." Harry nickte und er und Ginny verabschiedeten sich von Hermine und machten sich auf den Rückweg zum Schloss. Remus begleitete sie noch den Gang bis zur Peitschenden Weide entlang. Bevor sie sich auch von ihm verabschiedeten, legte Remus Harry eine Hand auf die Schulter. „Du hast wunderbare Freunde, Harry. Du kannst dich wirklich glücklich schätzen", sagte er ein wenig melancholisch. Dann drehte er sich um und ging zur Heulenden Hütte zurück.
