A grizzly, a tent and a snorin' Daniel...
Kapitel 1
Montag
21.00
Uhr
Das Heulen eines Wolfes drang als weit entfernter Laut
durch den in der Abenddämmerung fast schwarz erscheinenden Wald
am anderen Ufer des kleinen Sees. Ein lauter Donner war zu hören
und kündigte das näher kommende Gewitter an. Regen setzte
ein. Aus dem anfänglichem Nieseln wurde bald eine unaufhaltsamer
Schwall, als hätten sich alle Schleusen des Himmels geöffnet.
Leise fluchte der nur mit einem kurzarmigen Shirt bekleidete Mann,
packte seine Angelsachen in den kleinen Metallkoffer, nahm die Angel
in die rechte und seinen Klappstuhl in die linke Hand und marschierte
vom Ufer des Gewässers durch das kniehohe Gras zurück zu
dem kleinen Wochenendhäuschen, das etwa zweihundert Meter weiter
in der beginnenden Dunkelheit lag. Jack O'Neill beschleunigte seine
Schritte, als der Regen stärker wurde. Dicke Tropfen prasselten
auf ihn nieder, als er endlich vor der Blockhütte angekommen
war. Fluchend schmiss er seine Angelausrüstung in die Ecke des
Vorraumes und öffnete die Tür, um in das
behaglich
eingerichtete Wohnzimmer zu gelangen. Er streifte sich das Shirt über
den Kopf, schnappte sich ein Handtuch und frottierte sich seine
graumelierten, nassen Haare. Er legte sich das Tuch um die Schultern
und ging in die kleine Küche, um sich Tee zu machen.
Jack
saß auf der durchgelegenen Couch im Wohnzimmer, die ihm
zugleich als Bett diente, deren Bequemlichkeit aber keinen Abbruch
tat und schlürfte das heiße Getränk. Er stellte die
Tasse auf den kleinen Tisch, verschränkte die Hände hinter
dem Kopf und ließ sich leise seufzend zurücksinken.
Wie
wohltuend Einsamkeit manchmal sein konnte. Er konnte sich nichts
Schöneres vorstellen, als in seinen freien Tagen hier in sein
kleines Häuschen in Minnesota zu kommen und zu fischen. Den
ganzen lieben langen Tag an nichts anderes denken, als was für
einen Köder soll ich diesmal nehmen?
Keine
Weltrettungsaktionen, keine Missionen auf Lichtjahre entfernte
Planeten, keine militärischen Umgangsformen...einfach süßes
Nichtstun. Manchmal brauchte er einfach Zeit für sich, zum
Nachdenken.
Und doch fehlte irgendetwas...
Seit Charlies
Tod und der Scheidung von Sara war es hier in der kleinen Blockhütte
wirklich sehr still geworden. Aber wenn er die Augen fest schloss,
hörte er manchmal Charlie vergnügt durch das Wohnzimmer
rennen, hörte sein ungehaltenes Lachen, sah, wie fröhlich
er immer war, wenn sie hier an diesem Ort waren. Und er sah auch
Sara, ihr Lächeln, ihre sanften Berührungen, fühlte
Wärme und Geborgenheit, die er sonst nirgendwo fand.
Natürlich
hatte er auch im SGC Freunde, die ihn unterstützen, aber dort
konnte er nie er selbst sein. Sie kannten ihn alle nur als Colonell
O'Neill, der harte und kampferprobte Soldat, der niemals Angst und
immer einen Scherz auf den Lippen hatte. Aber das war nur die eine
Hälfte von ihm. Die andere Hälfte kam nur hier, an diesem
speziellen Platz zum Vorschein. Ein Mann, der in seinem Leben oft
enttäuscht worden war. Dessen kleiner Sohn durch seine Schuld
gestorben war. Ein Mann, der oft weinte, wenn er alleine war, wenn
ihn die Schuldgefühle für Charlies Tod wieder einmal
übermannten. Sensibel und einsam. Sara hatte diesen Mann gekannt
und geliebt und er hatte auch sie geliebt. Hatte. Sie hatte sich
verändert. Genau wie er.
Sein Herz folgte jetzt einem anderen
Ruf. Untergab sich einer verbotenen Liebe. Jack seufzte wieder.
Morgen musste er wieder zurück in diesen kalten Betonbunker tief
unter der Erde.
Und trotzdem freute er sich irgendwie. Er liebte
seine Arbeit. Manchmal.
Und er konnte SIE wieder sehen. Die Frau,
der nun sein Herz gehörte. Die nichts davon wusste und die ihm
wahrscheinlich nichts dergleichen entgegenbrachte. Und trotzdem
erfüllte ein unbändiges Verlangen seine Brust wie ein
zweiter Herzschlag. Irgendwann...Vielleicht. Dann konnte auch er
wieder glücklich sein.
Dienstag
09.39 Uhr
Jack
schaltete das Radio an und begann leise das Lied mitzusummen. Er
befand sich mit seinem Jeep fast wieder auf heimatlichem Terrain. Er
fuhr immer zeitig ab, um nicht den ganzen Tag im Auto verbringen zu
müssen.
Er würde schnell zu Hause vorbeifahren, die
Sachen verstauen und dann zur Basis aufbrechen. Man würde ihn
dort bereits um 11 Uhr zu einer Besprechung erwarten. Der Alltag
hatte ihn nach den letzten 10 Tagen wohlverdientem Urlaub
wieder...
SGC
Besprechungsraum
11.18 Uhr
Samantha
Carter saß zusammen mit ihren Teamkollegen Daniel Jackson,
Teal'c und ihrem Vorgesetzten am Besprechungstisch und trank Kaffee,
während sie warteten. Es war ziemlich normal, dass der Colonell
sich verspätete, also maß niemand den zwanzig Minuten eine
Bedeutung zu.
Schließlich und endlich öffnete sich die
Tür und die Anwesenden schickten aufmerksame Blicke zum
Eingang.
"Morgen!", raunte Jack und setzte sich
unauffällig neben Carter.
Diese nickte ihm nur kurz zu, bevor
sie ihre Aufmerksamkeit wieder General Hammond widmete. "Wie
schön, dass Sie uns mit ihrer Gesellschaft beehren, Colonel.
Also dann, Major Carter, Dr. Jackson, legen Sie los.", eröffnete
Hammond die Sitzung.
Die beiden Angesprochenen erhoben sich.
Daniel kramte und raschelte nervös in seinen Papieren herum und
Carter schenkte ihm einen genervten Blick.
Etwa zehn Minuten später
"Was ich damit zu sagen versuche, Sir. Wir
sollten PX1689 unbedingt auf unsere Missionsliste setzen, nicht nur,
dass eine einmalige Sondenbeobachtung Zeichen einer uns bis jetzt
fremden Zivilisation zeigt, sonder auch, weil die vom MALP
gesammelten Bodenproben feinste Spuren von Naquada aufwiesen, was
bedeutet, dass es mit ziemlicher Sicherheit in der unmittelbaren
Umgebung des Stargates Naquadavorkommen gibt."; schloss Carter
und sah abschätzend in die Runde.
"Naquadavorkommen
heißt doch immer auch gleichzeitig erhöhtes Risiko, auf
irgendwelche Schlangenärsche zu treffen, habe ich Recht?",
mischte sich Jack ein.
Carter musste ihrem CO recht geben und
nickte. Der General sah nachdenklich aus. Teal'c musterte die
Digitalphotos der Sonde, die vor ihm auf den Tisch lagen, doch er
erkannte keine der Zeichen, die auf einer Ruine, welche die Sonde
gefilmt hatte, eingeritzt waren.
Daniel sah den General abwartend
an.
"Wir werden noch eine zweite Sonde durch das Stargate auf
PX1689 schicken. Wenn wir eine positive Bestätigung erhalten,
haben Sie grünes Licht für die Mission.", ließ
dieser sich vernehmen.
Die Mitglieder von SG1 nickten synchron und
vor allem auf Carters Gesicht zeichnete sich eine kleines Lächeln
ab. Wann auch immer sie den Begriff Naquada aufschnappte, schlug ihr
Herz doppelt so schnell. Dieses Metall hatte Eigenschaften, die mit
keinen physikalischen Grundkenntnissen hier auf der Erde vereinbar
waren. Es faszinierte die junge Wissenschaftlerin, nicht nur weil das
Stargate aus diesem Stoff gebaut war.
Kapitel 2
zwei Tage später
Die Sondendaten hatten keine Anzeichen
jeglicher Gefahren im Umkreis des Sternentores auf PX1689 ergeben und
so stand SG1 versammelt im Gateraum und blickte einmal mehr
ehrfürchtig auf den Ereignishorizont des sich etablierenden
Wurmloches.
"Auf geht's, Campingfreunde!", scherzte Jack
und scheuchte seine Untergebenen durch das Tor.
Mit einem
schlürfenden Geräusch schloss sich der Durchgang hinter
ihnen und die Vier erkundeten die unmittelbare Umgebung.
Teal'c
und Jackson untersuchten noch einmal die von der Sonde bereits
gefilmten Ruinen, die irgendwie an ein verfallenes Steinbauwerk
erinnerten und O'Neill und Carter sicherten den Umkreis des Stargates
und Sam nahm ein paar Bodenproben. "Keine Zeichen von Goau'ld
Aktivitäten, Sir!", meldete Carter.
"Das wollen wir
doch hoffen...", murmelte Jack.
Die beiden waren hinter einem
Hügel verschwunden und sahen auf eine weite freie Fläche,
die nur ab und zu durch strauchartige Gewächse aufgehellt
wurde.
"Sieht ganz nach einer Geröllwüste aus.",
kommentierte Jack die karge Aussicht.
Carter nickte.
Daniel und
Teal'c hatten sich nun ebenfalls neben den beiden Air-Force
Offizieren eingefunden.
Jack hatte sein Fernglas gezückt und
starrte damit in die unendlich erscheinenden Weite.
Er reichte es
weiter an Carter. "Sehen Sie auch, was ich sehe?", fragte
er.
Sam sah ihn verwirrt an, nahm dann aber den Feldstecher und
fokussierte den Horizont. Tatsächliche entdeckte sie einen
breiten grünen Streifen, der sich in einiger Entfernung fast
unsichtbar für das freie Auge abzeichnete.
"Ja, Sir, das
sieht aus als ob dort ein Wald wäre.", sagte sie und Jack
nickte.
"Wie viele Kilometer sind das ungefähr?",
schaltete sich Daniel ein.
"Etwa ein Tagesmarsch von hier!",
meldete sich der Jaffa und erntete ein paar staunende Blicke. "Erstes
Ausbildungsjahr aller Jaffa-Krieger!", erklärte er ruhig.
"Okay, wir errichten hier das Basiscamp. Morgen früh
brechen wir auf, vielleicht finden wir ja jemanden, der mir diese
Zeichen hier übersetzt.", bestimmte Jack und deutete auf
die kryptischen Symbole auf einem der Steine, die Daniel stolz mit
sich herumtrug und mit Argusaugen bewachte.
"Carter, Sie
helfen mir. Daniel, informieren Sie den General über unser
Vorhaben. Teal'c, du...kannst dir auch ein Zelt schnappen."
Etwa
eine Stunde später stand das Basiscamp mit allem Drum und
Dran.
Daniel studierte Stein um Stein, im Gepäck Teal'c, der
ihm interessiert über die Schultern schaute. Jack hatte sich in
sein Zelt zurückgezogen und Sam wusste nichts mit ihrer Zeit
anzufangen. Sie hatte die Bodenproben untersucht und kein neues
Naquada gefunden, anscheinend waren die ersten Proben nur ein
Glückstreffer gewesen. Schließlich setzte sie sich auf
einen großen Stein und putzte ihre Waffe.
"Hey!",
meldete sich ein ziemlich fertig aussehender Daniel hinter ihr. Sam,
die gerade noch gelangweilt gegähnt hatte, lächelte
kurz.
"Wo ist Teal'c?", fragte sie den jungen
Wissenschaftler. "Er ist ganz fasziniert von diesen fremden
Schriftzeichen...PUH... Ich brauch eine Pause...", seufzte er,
zückte seine Feldflasche und nahm gierig ein paar
Schlucke.
"Langweilig?", bemerkte er so
nebenbei.
"Allerdings.", bestätigte Sam.
Daniel
setzte sich neben sie auf den Boden. "Wo ist Jack, fragte nun
der Archäologe.
Sam zuckte die Schultern. "Er sitzt
schon seit Stunden in seinem Zelt, wahrscheinlich will er für
sich alleine sein. Er ist so seltsam. Irgendwie in sich gekehrt und
abwesend. Seit er von seinem Urlaub zurück ist. Natürlich
versucht er es mit Scherzen zu überspielen. Aber das macht er
immer, und wenn man ihn ein bisschen kennt, weiß man, dass das
nur Fassade ist", sagte sie leise.
Daniel schien kurz
nachdenklich zu sein und nickte. "Natürlich stimmt das,
aber da gibt es noch einen anderen Grund für sein Verhalten in
den letzten Tagen, der mir auch erst jetzt wieder in Erinnerung
kommt. Übermorgen vor genau 5 Jahren ist Charlie...gestorben.
Und sein Aufenthalt in ihrem Urlaubshaus in Minnesota macht das ganze
wahrscheinlich nur noch schlimmer für ihn...", raunte
Daniel mit tiefer Stimme.
Sam senkte betrübt den Kopf. "Das
wusste ich nicht. Aber er...", begann sie.
"...redet
nicht mit uns darüber.", schloss Daniel. Sam nickte
leicht.
"Ich möchte ihm so gerne helfen. Aber er lässt
niemanden an sich heran.", flüsterte Sam fast
unhörbar.
"Ich glaube, bei Ihnen liegt der Fall
anders.", negierte Jackson.
"Was soll das heißen?",
fragte sie verblüfft. "Na ja, ich meine...Jack verhält
sich generell anders, wenn Sie in der Nähe sind, Sam. Er hat so
eine bestimmte Art, Sie anzusehen."
"Das bilden Sie sich
ein. Sie sind verrückt, Daniel.", stritt sie ab.
"Ach
ja? Ich traue mich zu wetten, umgekehrt sieht es genauso aus.",
neckte Daniel.
"Daniel! Sie...haben recht.",
gab Sam zögernd zu. Daniel grinste.
"Sie sollten einfach
mal versuchen, mit ihm zu reden."; schlug er vor und seine Augen
strahlten Zuversicht aus. Sam nickte und lächelte. "Danke,
Danny. Ich werde es versuchen. Wenn es nur so einfach wäre, wie
es klingt!".
Daniel nickte noch einmal und verschwand dann in
dem Zelt, das er sich mit Teal'c teilte. Sie und Jack hatten je ihr
eigenes Zelt, was sie prinzipiell für ziemlich unnötig
hielt...
Am nächsten Morgen
Jack streckte seine
steifen Glieder und blinzelte verschlafen in die Morgensonne, die wie
ein riesiger Feuerball klar ersichtlich am Horizont aufgetaucht war
und riesengroß erschien. Es war erstaunlich kühl für
die Verhältnisse dieses Planeten und Jack leckte sich über
die Lippen. Er wollte gerade die anderen wecken, als plötzlich
hinter ihm ein tiefes Knurren zu hören war. Erschrocken drehte
sich Jack um und sah plötzlich in die Augen eines der größten
Bären, die er je gesehen hatte. Einer der zahlreichen Grizzlys,
die ihm bei seinen Tripps durch die Wälder Nordamerikas schon
über den Weg gelaufen waren, waren ein Witz dagegen. Das Fell
des Tieres erschein beinahe schwarz und seine Augen waren kalt und
stechend. Trotzdem erinnerte sich Jack an ein paar Ratschläge im
Umgang mit Bären und verharrte stocksteif in seiner Position.
Langsam, ohne jede hektische Bewegung ließ er seine Rechte zu
seinem Maschinengewehr gleiten. Der Bär richtete sich
schnüffelnd auf und Jack fragte sich, wo
zum Teufel das
Mistvieh hergekommen war. Wahrscheinlich auf der Suche nach Nahrung
aus dem Wald, den SG1 heute aufsuchen wollte.
Jack versuchte mit
Bedacht auf Langsamkeit mehr Raum zwischen ihn und den Bären zu
bringen. Der Bär ließ sich wieder auf alle Viere fallen
und ging nun schnüffelnd um die Zelte herum. Jack nützte
die Gelegenheit und schrie. "Carter! Teal'c, Daniel! Wir haben
Besuch.", schrie er verzweifelt und der Bär grunzte
verärgert.
Sofort sprang Carter aus dem Zelt und starrte das
zentnerschwere Tier ungläubig an. "Sir!", rief sie
aufgeregt. "Ich weiß!", schrie O'Neill zurück.
Der
Bär erhob eine seiner Tellergroßen Pranken und
zerfleischte mit einem Hieb die grüne Plane, die einmal Jacks
Zelt gewesen war.
"So, das war's. Jetzt reicht es.";
kommentierte Jack und zielte auf das Tier.
Mit einer gekonnt
gezielten Salve streckte er das 2,50 Meter große Tier auf den
steinigen Boden nieder.
Er wischte sich den Angstschweiß von
der Stirn und stieß die Luft aus, die er die vergangene Minute
über angehalten hatte.
"Das war knapp.", hauchte
er.
Teal'c und Daniel waren mittlerweile auch aus ihren Zelten
aufgetaucht und sahen ungläubig auf das tote Tier.
"Teal'c,
hilf mir das Ding von hier weg zu bekommen.", sagte Jack und die
beiden schleiften den Kadaver so weit wie möglich weg, um keine
anderen Tiere anzulocken.
"Wenigstens haben wir jetzt einen
Beweis, dass der Wald dort drüben ein funktionierendes Ökosystem
ist.", sagte Sam. Jack warf ihr einen zweifelnden Blick zu. "Es
scheint sogar ziemlich gut zu funktionieren, das ist das riesigste
Bärenvieh, das ich je gesehen habe!", behauptete er und Sam
runzelte die Stirn.
Nichts desto trotz machte sich das Team
auf den Weg zu dem Wald und nahmen große Teile der Ausrüstung
aus dem Basiscamp mit. Sie gingen den ganzen Tag über die
staubige Steppe. Erst am späten Nachmittag erreichten sie
endlich den Waldrand. Daniel stieß einen erschöpften
Seufzer der Erleichterung aus und setzte sich erste einmal auf eine
große Wurzel. "Okay, wir suchen uns einen Lagerplatz und
belassen es für heute dabei.", bestimmte Jack.
"Ich
werde ein Feuer machen, für etwaige andere bärige
Überraschungen.", witzelte er.
Jack saß
gedankenverloren am Lagerfeuer und starrte mit leerem Blick in die
züngelnden Flammen. Er dachte wieder einmal an Charlie, wie so
oft in den letzten Tagen. Morgen würden es genau fünf Jahre
sein. Fünf Jahre war das Ganze schon her. Unglaublich.
Er
stocherte abwesen mit einem Stock in der Glut herum. Daniel war schon
schlafen gegangen, er war ziemlich erschöpft gewesen. Teal'c
hielt irgendwo dort drüben in der undurchdringlichen Dunkelheit
Wache und Sam...Sam?
In diesem Moment tippte jemand an seine
Schulter.
"Hi Colonel. Darf ich?", riss ihn ihre Stimme
aus den Gedanken.
Er nickte und sie setzte sich ihm gegenüber
ans Feuer. Sie sah in fragend an, aber er schien mit seinen Gedanken
Lichtjahre entfernt zu sein.
"Einen Penny für Ihre
Gedanken, Sir...", murmelte sie. Er sah sie kurz an, richtete
dann seinen Blick aber wieder auf das Feuer. Sam seufzte.
"Was
ist los?", fragte sie sanft.
Jack schien kurz zu überlegen.
"Ich frage mich gerade, wo ich heute nacht schlafen soll. Mein
Zelt hat der Bär zum Frühstück verspeist.",
lenkte er ab.
Sam lächelte zwar, wusste aber genauso gut wie
er selber, dass es eigentlich etwas viel Schwerwiegenderes war, das
ihn bewegte.
"Kein Problem, Sie können bei mir im Zelt
schlafen.", sagte sie lächelnd und Jack grinste
gequält.
Eine Weile herrschte Stille und auch Sam schien
ziemlich fasziniert von den Flammen zu sein. Auch ihr Blick verlor
sich darin. Schließlich brach sie jedoch das Schweigen. "Hey,
was ist los mit Ihnen?", fragte sie erneut.
Wieder hob Jack
den Kopf, aber dieses Mal sah er sie lange an, schwieg aber
beharrlich. Sam wollte ihren Block schon wieder verlegen abwenden,
als er plötzlich doch zu sprechen begann.
"Wissen Sie,
morgen ist es genau 5 Jahre her, dass...dass Charlie gestorben ist.",
sagte er leise und schloss kurz die Augen.
"Oh. Ich verstehe.
Das ist sicher...sehr hart für Sie.", stammelte sie und
suchte nach den richtigen Worten.
Er nickte zögernd. "Ich
war in den 10 Tagen Urlaub in unserer alten Blockhütte und...ich
glaube das war ein Fehler. Jedenfalls um diese Zeit des Jahres. Es
erinnert mich zu sehr an ihn.", flüsterte er.
"Verstehe.",
sagte sie und ihr fehlten wirklich die Worte.
Er sah ihr
gedankenverloren in die Augen und sie erwiderte seinen Blick, bis sie
sich verlegen abwandte.
Wieder herrschte eisiges Schweigen. "Wenn
wir morgen nichts finden, kehren wir um. Ich habe keine Lust, mehr
Zeit auf diesem Planeten zu verbringen als unbedingt nötig.",
sagte Jack wieder gefasster und Sam nickte zustimmend.
Plötzlich
gähnte sie herzhaft. "Tschuldigung", murmelte sie.
Jack lächelte. "Ich bin auch müde, gehen wir
ins...gehen wir schlafen.", sagte Jack und tadelte sich selbst
für seinen kleinen Versprecher...ins Bett gehen, ja das würdest
du wohl gerne, alter Junge, dachte er bei sich und gab sich einen
gedanklichen Tritt in den Hintern.
Jack stand auf und Sam folgte
seinem Beispiel. "Teal'c?", rief Jack mit gedämpfter
Stimme. "O'Neill?", kam es lauter zurück.
"Willst
du die ganze Nacht hier sitzen?", fragte er mitleidig und rieb
sich verschlafen die Augen. "Das ist korrekt.", sagte der
Jaffa-Krieger kühl und starrte weiter mit wachen Sinnen in die
Dunkelheit.
"Wie hält er das bloß aus...",
murmelte Jack uns sah Sam an, die nur die Schultern zuckte. Die
beiden waren an Sams Zelt angekommen und Jack stand ein wenig
verlegen davor. Sam öffnete den Reißverschluss und ging
hinein. Wenigstens war es geräumig - für ein Zelt. "Kommen
Sie schon, sonst beißen uns die Mosquitos.", scherzte Sam
und machte eine einladende Geste. Jack ließ sich das nicht
zweimal sagen.
Sam rückte die dünne Unterlage ein wenig
in die Mitte und setzte sich, um ihre Schuhe auszuziehen. Jack
entledigte sich auch seiner Stiefel und Uniformjacke und stand
unschlüssig im Zelt. Sam legte sich hin und sah ihn abwartend
an. Schließlich gab er sich einen Ruck und legte sich mit
Abstand neben sie. Immerhin waren auch seine Matratze und Decke ein
Raub der Bärentatzen geworden und sie beide waren erwachsene
Menschen. Sam drehte ihm den Rücken zu, nicht bevor sie einen
Teil der ohnehin schon knappen Decke über ihn gebreitete hatte.
"Gute Nacht.", murmelte sie schlaftrunken. "Gute
Nacht."; wiederholte Jack und fragte sich, wie er schlafen
sollte, wenn die Frau seiner Träume nur Zentimeter von ihm
entfernt lag? Er seufzte leise und rückte doch etwas näher
an Sam, damit die Decke wenigstens seine Schultern berührte.
Stille
trat ein, unterbrochen nur von einem steten Schnarchgeräusch aus
dem Nachbarzelt. Plötzlich fing Sam ungehalten zu kichern an.
"Daniel schlägt heute wieder einmal alle Rekorde, was?",
raunte Jack mit tiefer Stimme und Sam bekam eine Gänsehaut. "Ja,
das tut er. Jetzt weiß ich, warum Teal'c es vorzieht, die Nacht
im Freien zu verbringen!", flüsterte sie und nun fing auch
Jack zu lachen an. Es war erstaunlich, wie schnell ihn die Gegenwart
dieser Frau von seinen wehmütigen Gedanken abbringen konnte...er
hatte schon fast wieder vergessen, was für ein Tag morgen war.
Kapitel 3
am nächsten Morgen
Jack schlug die Augen auf. Irgendetwas
stimmte nicht. Er setzte sich halb auf und da sah er auch den Grund
für seine Beunruhigung. Sam hatte ihre Hand im Schlaf über
seine Oberschenkel gelegt und das behagte ihm gar nicht. Natürlich
behagte es ihm - irgendwie, zumindest einem bestimmten Körperteil.
Impulsartig sprang Jack auf und rannte aus dem Zelt. Sam rieb sich
verschlafen die Augen und sah ihm verdutzt nach.
Jack rannte ein
Stück in den Wald und atmete ein paar Mal heftig ein und aus,
bis er sich wieder einigermaßen gefangen hatte. Diese Frau
machte ihn manchmal wahnsinnig. "Verdammt noch mal, sie hat nur
ihre Hand im Schlaf ein wenig deplaziert...", murmelte er zu
sich selbst. "Kein Grund zur Aufregung. Cool
down, alter Junge. Alles okay.", flüsterte er und
ging etwas beherrschter zum Lager zurück.
"Morgen, gut
geschlafen?", wurde er von seinem Major begrüßt. Ihre
Haare standen ihr kreuz und quer vom Kopf ab und er fand es einfach
nur süß.
"Ja, in der Tat.", sagte er kühl.
Sie verlor Gott sei Dank kein Wort über sein rasches
Aufstehen...
drei Stunden später
"Ich glaube,
wir sollten umkehren. Sieht nicht so aus als würden wir bald
etwas oder jemanden finden, nicht wahr?", kommentierte Jack und
ließ sich gelangweilt auf eine große Wurzel fallen. Er
nahm sein Baseballcap ab und wischte sich mit dem Handrücken
über die Stirn.
"Ich muss zugeben, dass es hier keine
Anzeichen von menschlichem Leben gibt, O'Neill.", pflichtete
Teal'c ihm bei.
"Aber woher kommen dann die Schriftzeichen?",
warf Daniel ein.
"Die Schriftzeichen waren alle im Umkreis
des Stargates, gut möglich, dass sie von einer anderen Welt
stammen, vielleicht hat sie irgendjemand als Markierung hier
gelassen?", schlug Sam vor.
"Ich fürchte, Sie sind
überstimmt, Daniel.", sagte Jack und warf ihm einen
gleichgültigen Blick zu.
Daniel nickte resigniert. "Okay,
dann ab nach Hause.", befahl Jack und stand wieder auf. Er ließ
den anderen den Vortritt und brachte ein wenig Abstand zwischen sich
und die drei.
Es war schwer, sich heute auf die Erforschung eines
fremden Planeten zu konzentrieren, wenn ihn wehmütige Gedanken
an seinen verlorenen Sohn plagten. Er seufzte wieder einmal.
"Alles
in Ordnung?", fragte plötzlich eine weibliche Stimme neben
ihm. Es war Sam. Sie sah ihn fragend und mit leuchtenden Augen
an.
"Ja. Ja klar. Alles okay.", log er.
Sie nickte
wenig überzeugt, leistete ihm aber weiter
Gesellschaft.
Schneller als gedacht wurde es Abend und SG1
beschloss, die Nacht noch am Waldrand zu verbringen. Auf der offenen
Fläche der Steppe waren sie allen Gefahren schließlich
vollkommen schutzlos ausgeliefert.
Daniel und Teal'c machten Feuer
und diskutierten über die Herkunft der Schriftzeichen. Sam saß
bereits im Zelt, als Jack eintrat und sich auf den Boden setzte. Sie
lächelte ihm zu und er nickte kurz.
Sam seufzte fast
unhörbar. Es war so schwer die richtigen Worte zu finden. Vor
allem, weil er ihr nicht gerade entgegenkam.
"Na?",
sagte sie deshalb bloß.
"Na?", wiederholte er.
Sie war dabei, ihre Stiefel und die Jacke loszuwerden und machte
alles schlaffertig. Er folgte ihrem Beispiel. Sie machte ihre
Taschenlampe aus, die ihnen ein wenig Licht gespendet hatte und das
Dunkel der Nacht wurde nur mehr durch den flackernden Schein des
Feuers, der durch die Zeltwand schien, durchbrochen.
Als Jack
wieder neben Sam lag, beschlich ihn wieder dieses eigenartig Gefühl,
das er immer hatte, wenn er ihr so nah war. Es fühlte sich so
gut und richtig an.
Plötzlich fröstelte Sam. Er gab ihr
mehr von der Decke, aber sie kuschelte sich eng an ihn und legte
einen Arm um seine Hüfte. Sie seufzte, als wieder Daniels lautes
Schnarchgeräusch ertönte, aber eigentlich war es gar nicht
so schlimm, schließlich war sie mit ihrer Schlafposition mehr
als zufrieden.
Sam wachte auf und fand sich geborgen in den
Armen ihres Colonels. Zufrieden schloss sie die Augen und legte ihren
Kopf wieder zurück auf seinen Brustkorb. Sie lauschte auf seinen
Atem, der gleichmäßig gegen ihr Haar strich und
schauderte. Sie drehte ihren Kopf und sah ihm ins Gesicht. Er war so
gottverdammt süß, wenn er schlief. Plötzlich
veränderte sich sein Atemrythmus und sie sah ihm direkt in seine
braunen, ausdrucksstarken Augen. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals.
Er schenkte ihr eines seiner Lächeln, die sie so liebte und sie
erwiderte es ungezwungen.
"Gut geschlafen?", raunte
er.
"Besser als zu Hause in meinem Bett.", erwiderte sie
wahrheitsgemäß.
Er grinste. "Mir geht's
genauso...", sagte er leise.
"Nicht bewegen.",
sagte sie plötzlich und er sah sie konfus an.
Sie streckte
sich und küsste ihn sanft auf den Mund. Jack glaubte, er würde
träumen und war zu perplex, um den Kuss zu erwidern.
"Wow,
wofür war das denn?", fragte er und Sam lächelte.
"Einfach
so...", flüsterte sie.
"Ich liebe dich, Sam.",
sagte Jack nach einer Weile und sah sie abwartend an.
Sam fing an
zu kichern. "Was?", fragte Jack und runzelte die
Stirn.
"Nichts. Nur das ich so was nie erwartet hätte.
Ich liebe dich auch Jack.", gab sie zu.
Er lächelte und
nun küsste er sie sanft. "Sam? Ich glaube ich träume.
Kneif mich.", sagte er und sah ihr in ihre wunderschönen
blauen Augen.
Sie folgte seiner Bitte und kniff ihm sanft in den
Hintern.
"Hey, dahin kneift man keinen Kerl. Autsch.",
protestierte er.
Sam lachte und rollte sich auf ihn. Sie küssten
sich leidenschaftlich und Jack vergaß alles um ihn herum bis
auf die Frau seiner Träume, die gerade auf ihm lag und ihn
küsste. Ein bestimmtes Körperteil teilte ihm auch seine
Begeisterung mit und er fühlte sich plötzlich unwohl. Sam
lachte nur weiter.
"Das Problem hatte ich gestern auch schon.
Du machst mich wahnsinnig, Sam. Ich hoffe das weißt du.",
gestand er. Sam sah ihm verliebt in die Augen.
"Das ist also
der Grund, warum du mich gestern so schnell verlassen hast...",
kicherte sie und Jack nickte verlegen.
"Jack, Sam? Seit
ihr wach?", hörte man schließlich Daniel vor dem
Zelt.
"Er hat einfach ein perfektes Timing, nicht wahr?",
protestierte Jack und Sam nickte glucksend. Sie rollte sich von ihm
runter und trat aus dem Zelt.
Sie grinste Daniel dümmlich an
und ging an ihm vorbei.
Jack folgte ihrem Beispiel und Daniel
schüttelte wissend den Kopf.
Daniel und Teal'c warteten
schon eine geschlagene halbe Stunde am Stargate. Sie hatten gar nicht
gemerkt, welch großen Vorsprung sie auf die anderen beiden
gehabt hatten. Endlich tauchten Sam und Jack auf dem Hügel auf -
Hand in Hand. Daniel lächelte. "Hat lange gebraucht, was?",
raunte er zu Teal'c.
"In der Tat, Daniel Jackson.",
erwiderte der Jaffa-Krieger nickend.
ENDE
