Kapitel 4: Final Countdown
We're leaving together,
But still it's farewell
And maybe we'll come back,
To earth, who
can tell?
I guess there is no one to blame
We're leaving ground
Will things ever be the same
again?
It's the final countdown...
(Europe – Final Countdown)
Itineris per tertia noctis. Diesen Satz hatte ich mir schon vor längerer Zeit zusammen gereimt. Ich war nie ein Genie in Latein, aber der Satz sagt genau das aus, was ich bin, wie ich mich fühle und was ich mache.
Früher hatte ich diesen: Carpe Diem – Nutze den Tag! Was soll ich den nutzen? Carpe Diem sagt etwas Gutes aus, drückt Hoffnung aus, eigentlich alles, was ich nicht kann, was niemand kann. Aber hoffen kann jeder, auch wenn es schon viele verlernt haben.
Was hat Severus zu mir gesagt? Viele glauben nichts, aber fürchten alles? Zweifel ist der Weisheit Anfang? Wieso hat er mir das gesagt. Alleine komme ich doch nicht gegen sie an. Meine Gedanken, wenn ich so weiter mache, sind für den dunklen Lord ein offenes Buch.
Ich muss es tun, ich muss einfach!
Es scheint mir, als seinen Monate vergangen, aber in Wirklichkeit waren es nur ein paar Tage. Ich hatte meinen Entschluss gefasst, ich konnte nicht mehr so weiter leben. Bei den Todessertreffen tat ich so wie immer und als es hieß, dass jemand in die Nähe der Highlands musste, weil dort jemand des ehemaligen Ordens gefunden wurde, meldete ich mich sofort freiwillig. Es war die Chance meines Lebens, das zu tun, was ich mir vorgenommen hatte.
Was mir dann einen Schlag versetzte war, als der dunkle Lord sagte, es müsse mich jemand begleiten. Ich sah meinen Plan vor meinen Augen verschwinden, aber als ich dann hörte, wer mein Partner sein würde, hätte ich Luftsprünge machen können. Es war und ist Severus. Er kennt sich in dieser Gegend aus und außerdem weiß er, weshalb ich mich freiwillig dafür gemeldet hatte. Der Lord ahnte nichts von dem, was ich geplant hatte. Ich kann mein Glück kaum noch fassen.
Es klopft an meiner Tür.
„Wer?"
„Severus Snape."
„Komm rein."
Langsam öffnet sich die Tür. „Bereit?", fragt er mich kurz angebunden.
„Wir können gehen." Ich verkleinere nur noch meine Sachen und verlasse mein Zimmer. Wenn alles gut gehen würde, und das würde es, da war ich zuversichtlich, dann würde ich dieses Zimmer hier, heute zum letzten Mal sehen.
„Wir werden keine Magie benutzen. Niemand traut heutzutage einem Todesser. Wir werden zu Fuß dort hin gehen."
„Zu Fuß? Du weißt schon, dass das ganz im Norden ist, oder?" Ich zweifle wirklich an seinem Verstand und was macht er? Er lacht einfach, einfach so.
„So können uns auch die Todesser nicht folgen und wir sind etwas sicherer. Oder glaubst du, dass ich nicht mitbekommen habe, warum du dich dafür gemeldet hast?"
Ich seh auf den Boden. Ist es also so offensichtlich?
Wenigstens bin ich in Begleitung einer normalen Person und nicht in einer, von einer mordlustigen Person.
Wir marschieren Tag und Nacht, Nacht und Tag. Eigentlich immer, vorwiegend im Dickicht der Wälder. Die Wälder sehen so aus wie der verbotene Wald in Hogwarts. Grau, ausladend und so, als würden sie sich jeden Moment auf dich stürzen. Ich muss bei dem Gedanken an Hogwarts lächeln. Es war die schönste Zeit meines Lebens. Ich hatte Freunde, Spaß und noch keine ruinierte Zukunft. Ich hoffe nur inständig, dass es hilft. Wenn auch nicht, ich habe mein Bestes getan.
„Weißt du Severus", sag ich dann plötzlich. „In Hogwarts warst du viel schlimmer als jetzt. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie du immer wieder Punkte abgezogen hast. Dir war es egal, ob es gerechtfertigt war oder nicht. Du hast immer die Slytherins bevorzugt und alle anderen schlecht gemacht. Und jetzt? Jetzt bist du irgendwie das komplette Gegenteil, so wie ich das sehe."
„Menschen ändern sich."
„Du weißt wo sie sind?"
„Glaubst du, wieso der dunkle Lord weiß, dass noch welche vom Orden existieren? Und glaubst du, dass es Zufall ist, dass ausgerechnet ich dich begleite?"
„War das Absicht?"
„Ja."
Severus Snape war, ist und wird ein Rätsel für mich sein. Er versucht nach außen hin Kälte auszustrahlen, aber in Wirklichkeit, ist er genauso viel ein Todesser wie ich.
Mein Leben erkenne ich jetzt, meine Bestimmung, das Ziel, mein Schicksal. Was bringt es mir, wenn ich nur da sitze und nichts unternehme? Auch wenn ich hiermit mein Todesurteil unterschreibe, es ist mein Lebenstraum, zwar erst seit geraumer Zeit, aber es ist ein Traum von mir, dass es die nachfolgenden Generationen besser haben als ich und in Frieden leben können, wie ich es gerne tun würde. Glück und Hoffnung will ich wieder hervor bringen, nicht viel, aber etwas, dass ihnen etwas gibt, das ihnen zeigt, dass nicht alles unmöglich ist. Man muss eben nur an das Mögliche glauben und an sich selbst!
Wenn die Welt dann vom dunklen Lord befreit ist, dann bin ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben und sehe von unten hinauf. Ich bezweifle, dass ich in den Himmel kommen werde, ich habe zu viel angestellt. Wenn ich nicht sterbe, dann werde ich wahrscheinlich in Askaban bleiben und das bis zum Ende meines Lebens. Vielleicht bekomme ich dann noch eine zweite Chance. Mein Leben neu leben, so wie ich es will, in Frieden, ohne Angst und Furcht, ohne Krieg und Opfer.
Die Zeit scheint still zu stehen, nichts scheint sich mehr zu bewegen. Keine Tiere, alle sind versteckt, es wirkt alles so trostlos. Nichts scheint nur im Geringsten an Erlösung zu erinnern. Und ich bin schuld daran, dass es so weit gekommen ist. Nicht alleine, aber ich habe auch meinen Teil zu diesem Leid beigetragen. Ich würde gerne alles rückgängig machen, aber Zeitreisen, die können nicht mehr gemacht werden. Es würde alles bemerkt werden.
Es gibt noch Hoffnung, wenn man es weiß! Hat das gerade Severus gesagt? Was meint er damit? Harry? Harry und Albus leben noch? Aber ich habe doch damals ihre Leichen gesehen. Ein Zauber? Verwandlungszauber? Wenn ich das vorher gewusst hätte, dann hätte ich nie aufgehört zu hoffen. Der Funke Hoffnung, der noch in mir ist, wurde durch Severus entfacht, jetzt ist er größer, weil zwei mächtige Zauberer nicht tot sind, so wie alle glauben mögen. Hätte ich es nur früher erfahren.
„Wir sind da", reist mich Severus aus meinen Gedanken. In den letzten Tagen waren wir mit Pferden unterwegs, keine Zauberei, sonst würden uns die Todesser orten können. Aber wir sind schneller vorangekommen als erwartet.
Als ich die Ordensmitglieder sehe, breche ich fast in Tränen aus. Freudentränen, dass es eine Aussicht auf Wärme gibt.
Der finale Kampf kann dann also kommen? Ja, er kann kommen, ich bin bereit. Ich würde sogar dafür sterben.
Planung ist das Wichtigste, darauf konzentrieren wir uns im Moment. Severus und ich, sollen noch andere Hexen und Zauberer dazu überreden mitzumachen. Wir sollen in andere Länder reisen und dort welche anwerben. Für jede Auslandsmission melden wir uns und erfüllen auch das, was von uns verlangt wird. Der dunkle Lord sieht uns als perfektes Team, er schickt uns nur mehr gemeinsam auf Missionen. Ich bin dankbar, dass ich Okklumentik kann, ich hatte einen guten Lehrer. Auch bin ich dankbar, dass der Lord nichts von unserem Plan weiß. Aber in seiner Nähe darf ich mir keine Gedanken darüber machen, denn ich habe Glücksgefühle, wenn ich daran denke. Und das Schlimmste was mir passieren könnte wäre, dass ich meine Gefühle nicht unter Kontrolle habe, denn dann wäre alles vorbei und er würde immer herrschen.
Der Tag des finalen Kampfes rückt immer näher. Ich bin gespannt, aufgeregt – viele Gefühle strömen durch meinen Körper. Schon lange habe ich diese nicht mehr gespürt.
Der Kampf ist vorbei. Wir haben gesiegt und ich lebe noch. Viele der Todesser sind ums Leben gekommen. Andere sind dankbar, dass sie von der Tyrannei befreit sind. Und ich? Ich habe gemischte Gefühle. Die Angst, was jetzt auf mich wartet und die Freude, dass es vorbei ist.
Jedoch habe ich es vermutet, dass mich einige Zauberer und Muggel erkennt hatten. Sie erkannten meine Stimme wieder, einige sahen zufällig auch mein Gesicht.
So sitze ich nun vor dem Zaubergamout. Fesseln waren um meinen Körper geschlungen. Einige sehen dieses Szenario mit skeptischem Blick an. Ich hatte doch geholfen, wieso jetzt? Ich bin schuld, ich weiß es, ich verdiene es. Auch wenn ich mein Gewissen etwas gereinigt habe, es ist immer noch nicht rein. Ich habe Blut an meinen Händen.
„Wie plädieren Sie?", fragt mich der Zaubereiminister. Ich kann nichts sagen, meine Stimme hat versagt. Ich schlucke alles hinunter und sehe den Zaubereiminister an, dann lasse ich meinen Blick über die anderen Mitglieder schweifen. Viele Schaulustige waren auch gekommen, um zu sehen, wie ich die Strafe bekomme, die ich verdient habe. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Die meisten Anwesenden habe ich sogar selber gefoltert.
Dennoch, nein, eine zweite Chance verdient jeder, aber ich würde sie mir selber nicht geben. Wiedergeboren werden und neu leben, dass wäre mein letzter Wunsch.
Von vielen Seiten höre ich „Schuldig!" Was anders habe ich nicht erwartet. Wie auch? Sie kennen mich nur als Mörderin und Todesserin, aber sie wissen nicht, welcher Kampf immer in mir getobt hat.
„Also? Ich warte auf Ihre Antwort!", sagt der Minister abschätzig zu mir.
Ich lache lustlos auf: „Was bringt es mir zu sagen, was ich für richtig halte? Sie werden sowieso das tun, was Sie für richtig halten. Alleine habe ich keine Chance. Es wäre also sinnlos, wenn ich etwas sagen würde."
„Wie Sie meinen." Er blickt in die Runde. „Wer für unschuldig ist, der hebe seine Hand." Wie zu erwarten, zeigt niemand auf. Doch, da sind einige. Dumbledore und Shaklebolt. Sie setzen sich für mich ein, aber sie haben keine Chance. Sie sollten es nicht tun, es wird ihren Ruf und ihr Ansehen nicht gut wegkommen lassen. „Schuldig?" Die ganzen Hände im Raum waren in der Luft.
„Die Angeklagte ist schuldig der Anklage. Die Strafe für sie: poena capitis!"
Im Raum hält jeder die Luft an. Noch nie wurde einem Todesser diese Strafe gegeben. Ich hoffte auf Askaban, aber diese Strafe ist …
„Wir halten es für angebracht, die Angeklagte so zu bestrafen, so wie sie mit ihren Opfern umgesprungen ist." Es sind viele Einwände. Wieso? Wieso setzen sie sich dennoch für mich ein? Dann höre ich, die letzten Worte, bevor ich weggebracht werde: „Lebenslang Askaban."
Jetzt bin ich seit einem halben Jahr hier. Dumbledore sieht hin und wieder noch mir. Er redet mit mir, aber mein Verstand macht bald nicht mehr mit. Die Dementoren nehmen mich mehr mit, als ich geahnt hatte. Die ganzen Ereignisse spielen sich immer wieder in mir ab.
Bei der jährlichen Inspektion sage ich zu den Auroren, zu denen, die vor meiner Zelle stehen: „Carpe Diem!" Die zwei Wörter sind an jeden gerichtet. Nutze den Tag, bevor es zu spät ist. Ich war ein Nachtschwärmer, jemand, dem es egal war, was mit ihm passiert und jetzt ist es vorbei. Die Personen sehen mich einfach nur verwirrt an. Ich spreche noch? Ein Wunder nicht? Sie wissen, dass es mir nicht gut geht. Sie wissen, dass ich nicht mehr lange durchhalten werde.
„Würden Sie mir bitte einen Gefallen tun?" Ich weiß nicht wieso, aber ich muss sie bitten. Es ist mein letzter Wille. „Es ist mein letzter Wille." Wieso sollten sie mir das eigentlich erfüllen, wo ich doch die Leben anderer Personen nicht geschont hatte?
„Wie Sie meinen. Kommt aber darauf an, welcher Gefallen es ist." Sie sehen mich abschätzig an, ich öffne meine Augen. Sie gewähren es mir? Noch war nichts sicher, aber ich durfte meinen Wunsch äußern.
„Bitte, lassen Sie mich sterben. Ich möchte endlich Frieden finden."
„Nein." Doch nicht. „Das werden wir Ihnen nicht erfüllen. Sie sind nicht ohne Grund in Askaban gelandet."
„Ich dachte es mir. Wäre zu schön gewesen." Meine Stimme wird immer leiser. Sie ist kurz davor zu versagen, aber ich möchte nicht schwach erscheinen, obwohl ich das bereits bin, sonst hätte ich nie diese Bitte geäußert.
„Würden Sie mir dann Pergament und Feder geben?"
„Wofür?"
„Ich möchte eine Kleinigkeit hinterlassen. Ich möchte etwas aufschreiben."
„Cornwell, bring Pergament und Feder", ordert der Minister an. Er reicht mir durch die Gitter Pergament und eine Feder, die keine Tinte benötigt.
Sie gehen vom meiner Zelle weg und ich sehe auf das leere Pergament vor mir. Leer, so wie meine Seele und mein Leben, aber ich weiß, was ich schreiben will.
Ich bin mit dem Text fertig, lasse ihn einfach liegen, lege mich auf mein „Bett", sehe zum kleinen Fenster raus. Sehe den Mond und sehe zu den Sternen.
Mein Liebster, bald bin ich bei dir! Ich schließe meine Augen …
