Fandom: the pretender
Autor: morgen
Raiting: PG-13
Short Cut: Miss Parker jagt Jarod und stößt auf unerwartete Hindernisse
Spoiler: spielt nach THE ISLE OF THE HAUNTED
Pairing: Sydney, Jarod, Miss Parker, Broots
E- mail: General
Rechtliche Hinweise: Die hier beschriebenen Personen sind das geistige Eigentum von TNT, NBC und 20th Century Fox, gehören somit leider nicht mir, sondern den genannten Firmen. Die folgende Geschichte verfolgt keine kommerzielle Ziele.
Bemerkung: Danke für eure Geduld, aber ich hatte in letzter Zeit weder die richtige Muse, noch Glück mit meinem Computer. Weswegen das auch so lange gedauert hat. Aber davon lässt sich ein echter Pretender- Fan eh nicht unterkriegen. ;)
Auch möchte ich mich hier mal bei allen bedanken, die mir so brav feedback geben. Ohne euch wäre ich in den letzten Wochen wirklich verloren gewesen.
VERSCHWUNDENE PFADETeil 4
28. Mai; 23:36
Massachusetts, Boston
Mit ihrem Innersten beschäftigte bemerkte Miss Parker nicht, wohin ihre Füße sie führten. Sie lief durch die Straßen und Gassen ohne auch nur einmal den Kopf zu heben oder sich die Auslagen der Läden anzusehen. Ihre Gefühle schienen ihre Schritte zu leiten. Langsam kehrten ihre Gedanken in die Wirklichkeit zurück. Sie versuchte ihre Umgebung wahrzunehmen. Herauszufinden, wo sie war. Sie konzentrierte sich auf ihr Umfeld. Die Schilder, Reklamen, welche sie umgaben. Sie ging auf die nächst größere Straße zu. „Warum habe ich auch nicht darauf geachtet, wo ich lang gehe." Konnte man sie leise vor sich hin fluchen hören. Ermutigen sprach sie sich selbst zu. Im Schein der Laterne, deren Schein Miss Parker gerade durchbrach, war ein Relief erkennbar. Von Efeu umrankt, an einer dunklen Mauer erhob sich ein Oktogon. Es umfasste einen Kreis aus Totenköpfen(13). Sie beachtete das Symbol nicht, sah es nicht. Zielstrebig schritt sie weiter.
28. Mai; 21:56
Colorado; RMNP
Jarods Hütte
Mit zwiespältigen Gefühlen machte sich Jarod wieder an seine Arbeit. Wenn Syd in Gefahr war, hätte Angelo ihm das sicher direkter mitgeteilt. Er wusste nun, dass Lyle in dem Vorfall verwickelt war, doch hatte dieser offenbar bisher nichts unternommen, so dass Broots und Sydney zur Zeit nicht in Gefahr waren. Ihm waren das zu viele unschlüssige Informationen, zu viele unentschiedene Situationen. Zu viele offene Fragen. Nichtsdestotrotz musste er erst mal damit leben.
Der Kaffee, den er sich gemacht hatte, war inzwischen kalt und schmeckte bitter, Jarod hasste diesen Geschmack, doch er hielt wach. Und er musste noch eine Weile wach bleiben. Langsam zog er das Kartenmaterial näher zu sich heran. Durch den kalten Kaffee zogen sich seine Gesichtszüge zusammen. Die rotmarkierten Suchgebiete stimmten mit den von ihm überprüften überein. Sie entsprachen dem üblichem Muster. Er fuhr die Höhenlinien ab. Es traf ihn wie ein Schlag. Auf dem Plan fehlte etwas, etwas entscheidendes. Die wichtigen Orientierungspunkte waren eingezeichnet, auch die Spalte, in der sich der Bergsteiger befunden hatte, doch war der Maßstab ungenau. Die Karte war anscheinend für ein praktischeres Format um wenige Zentimeter verkürzt worden, damit hätte man allerdings die Berechnung der Koordinaten erneut vornehmen müssen. Worauf offenbar verzichtet wurde. Wie konnte diese Karte ungeprüft in den Umlauf kommen? Die Abweichungen waren minimal, in diesem Fall aber entscheidend. Die Suchmannschaft hatte die Spalte abgesucht ohne ihre genaue Proportion zu kennen. Die gesamte Landkarte besaß ein verzogenes Verhältnis, so war ihnen der Mann unter dem Felsvorsprung entgangen. Sie hatten nur auf das Offensichtliche geachtet, der eigentliche Hinweis wurde von ihnen übersehen.
28. Mai; 22:33
Massachusetts
Das dunkle Gewölbe lag in der völligen Finsternis. Kein Hauch bewegte sich in dem hohen Raum. Dumpf geisterte die Luft vor sich hin. Der Mann neben ihm zitterte vor innerer Aufruhr. Unerbitterlich erfasste ihn ein schmerzendes, beklemmendes Gefühl der Hilflosigkeit. Die Angst bahnte sich ihren Weg nach oben. Während der Strahl vor sich hin schimmerte konnte er sich an ihm festhalten. Klammerte sich in kindlicher Zuversicht an den Tag. Doch mit der Dämmerung verschwand die Hoffnung auf Rettung. Ein dunkler Schleier legte sich über ihn, umfasste seine Seele. Schnürte ihm die Luftzufuhr ab. Erlösend strich ihn der Schlaf. Sich dem warmen Gefühl hingebend versank er in unruhigen Träumen.
29. Mai; 02:32
Massachusetts, Boston
Miss Parkers Hotelzimmer
‚Dichter Nebel ging über den Feldern. Blitze erhellten die Landschaft nur schwerfällig. Bäume tauchten aus der Nebelwand auf. Die dunklen Äste streckten sich ihr entgegen ... schienen nach ihr zu greifen. Gleißendes Licht schnitt durch die trübe Dunkelheit. Geisterhaft flatterten Vögel hoch; von weitem war der krächzende Gesang von Krähen zu hören.'
Ruckartig wachte sie auf. Sie starrte in ihr dunkles Zimmer. Nur ein Traum. Das war nur ein Traum. Sie spürte noch immer das beklemmende Gefühl. Hörte die Totenstille, den heiseren Gesang der Rabenvögel. ‚Du solltest dich nicht mehr über diese Träume wundern.' Mit der Hoffnung wenigstens den Rest der Nacht durchschlafen zu können, drehte Miss Parker sich um.
‚Brennend stach ein Lichtblitz in seine Augen. Die gespenstische Landschaft war absolut still. Nicht ein Hauch wehte ihm entgegen, dennoch fror er. Seine Hände waren klamm und schmerzten. Das dumpfe Läuten einer Glocke drang an sein Ohr. Ungenaue Bilder tauchten vor ihm auf. Er konnte nur Siluetten, unscharfe Umrisse erkennen. Verzerrt nahm er seine Umgebung wahr. Unförmige, verkrüppelte Bäume tauchten aus der trüben Wand aus Nebel hervor. Das Bild vor ihm wurde undeutlicher. Ihm war, als werde der Nebel dichter ... als erdrücke er ihn.'
Jarod erwachte. Schweiß lief ihm über das Gesicht. Noch immer spürte er das erdrückende Gefühl, das ihn gepackt hatte, die drückende, schwere Einsamkeit. Die Einsamkeit, welche von dem Ort aus ging.
‚Ein kleines Mädchen lief über eine Wiese. Sie trug einen Kranz aus Gänseblümchen im Haar. Die Sonne strahlte mit ihr um die Wette, vor sich hin summend rannte sie einem gleichaltrigen Jungen entgegen. Sie fielen sich in die Arme und sangen das Lied immer lauter werdend zusammen weiter. Die Melodie wurde immer unnatürlicher. Sie machte einem störenden Geräusch Platz. Die Melodie war verschwunden.'
Durch das Klingeln ihres Handys geweckt, schaute sie auf den Radiowecker neben ihrem Bett. Sie hatte lediglich eine halbe Stunde geschlafen, seit sie sich zuletzt umgedreht hatte. Eigentlich war es kein Wunder, dass sie seit Jahren nicht mehr durchgeschlafen konnte. Selbst wenn Jarod nicht anrief, konnte sich Miss Parker darauf verlassen zwischen zwei und vier aufzuwachen. Die Macht der Gewohnheit. Ihre Innere Uhr besaß inzwischen nicht nur einen Tag- Nacht- Rhythmus, sondern auch einen Jarod- Takt. Erneut nahm sie den störenden Ton des Handy wahr.
Übermüdet ging nahm sie ab. „Was?" Ihre Stimme klang gequält, ihr trockener Mund verweigerte ihr beinahe den Dienst.
„Guten Morgen Miss Parker." Schlief dieser Kerl denn nie? „Ich wollte nur mal hören, wie es Ihnen geht." Musste er dazu um halb vier Uhr morgens anrufen?
„Jetzt schon viel besser. Ich hatte schon Angst Ihnen wäre etwas passiert, wo ich seit ... lassen Sie mich nachsehen ... seit genau 27 Stunden nichts mehr von Ihnen gehört habe." ‚Habe ich nun endgültig den Verstand verloren? Reiß dich zusammen Parker.' Genervt fauchte sie in den Hörer. „Was wollen sie Jarod!" Sie versuchte gleichgültiger und vor allem wacher zu klingen.
29. Mai; 09:11
Colorado, RMNP
Jarods Hütte
Jarod steckte die Unterlagen und seine Erkenntnisse in einen Umschlag. Den Empfänger draufschreibend, erinnerte er sich an das Gespräch mit Miss Parker. Sie hatte gefasst geklungen ... gleichgültig. Aber er hatte auch die Tiefe ihrer Verwundung empfinden können. Das Verschwinden ihrer Helfer hatte sie mehr mitgenommen, als sie ihm gegenüber zugeben wollte. Vielleicht auch konnte. Sie traute niemanden; er nahm es ihr nicht übel. Zu oft hatte man sie belogen ... betrogen.
Er wollte gerade in sein Auto steigen, als Jarod den Vater des verunglückten Bergsteigers entdeckte. Diesen bedrückten, gebrochenen Mann sehend wurde ihm klar, seine Erkenntnisse erfüllten diesmal nicht all seine Anforderungen. Diesem Vater konnte er nichts schenken. Hier war etwas gerissen, dass er nicht reparieren konnte. Der Mann hatte ein Teil von sich verloren. Einen wichtigen Teil. Sein Sohn war unwiederbringlich tot. Er würde nur langsam wieder auf die Beine kommen. Und niemand konnte ihm dabei zur Seite stehen. Langsam verstand er, was ihn dazu gebracht hatte seine Familie finden zu wollen, warum Miss Parker den vermuteten Tod ihres Vaters schwerer nahm als den bewiesenen ihrer Mutter. Das Band zwischen Eltern und ihren Kindern durfte nicht gewaltsam durchtrennt werden. Es war zu kostbar. Es war einzigartig.
29. Mai; 11:45
Massachusetts, Boston
Miss Parkers Hotelzimmer
In ihr rumorte es. Miss Parkers Äußeres strahlte eisige Ruhe, absolute Selbstsicherheit aus, doch ihr innerstes glich einem Wasserfall. Unermüdlich schienen ihr Weltbild und ihre festen Ziele, die stabilen Punkte ihres Lebens sich zu verschieben. Unaufhaltsam strich ihr die Zeit durch die Finger. Unaufhaltsam stürzte sie hinab. Den schäumenden Abgrund vor Augen. Wie um den Gedanken abzuschütteln zuckte sie zusammen. In ihrem Leben war zu viel schief gelaufen, Miss Parker wusste dies, aber erst seit dem Sprung ihres Vaters ... durchdrang sie dieser Gedanke. Sie begann zu begreifen, wie sehr sich ihre Welt, ihr Leben ... ihre Prioritäten und auch ihr Verhältnis zu anderen Personen verändert hatte. Immer häufiger überlegte sie, was ... wer sie geworden wäre, wenn ihre Mutter mit ihr hätte fliehen können. Wenn sie in einem anderen Umfeld aufgewachsen wäre. Ohne die Geheimnisse, Intrigen. Ohne diesen Hass, die Wut, die unerwiderte Liebe.
29. Mai; 11:56
Delaware, Blue Cove
Centre, Lyles Büro
„Gut, die beiden bleiben also noch eine Weile unter Verschluss. Ich benötige Zeit, ohne dass diese Schnüffler ihre Nase in meine Angelegenheiten stecken." Lyle thronte auf seinem Sessel. Er fühlte sich auch wie ein König. Der Plan funktionierte wie geschmiert.
„Sollen die Gefangenen weiterhin freie Kost und Logis haben?"
„Ja, wir wollen uns doch nicht des Mordes schuldig machen." Ein schmieriges lächeln trat auf seine Lippen.
„Okay. Ich melde mich in zwei Tagen wieder. Und denken Sie an mein Geld. Sie wissen, was passiert, wenn nicht." Sein Gesprächspartner legte auf. Wie liebend gerne hätte er darauf verzichtet zu zahlen und die Quälgeister einfach sterben lassen, aber Raines wollte das nicht. Lyle konnte sich nicht erklären, warum. So wichtig waren die beiden auch nicht für das Centre.
Die riesige Halle wirkte auf viele einschüchternd, was letztlich vermutlich das Ziel des Architekten war. Die meisten Mitarbeiter schenkten ihr keine große Beachtung mehr, wenn sie nur lange genug hier arbeiteten. In der großen Halle des Centres stehend informierte er Raines über sein Gespräch mit ihrem kurzeitigen Angestellten. Lyle bewunderte die Empfangshalle, die Macht, welche von ihr ausging strahlte auf das gesamte Centre ab. Und somit auch auf ihn.
„Sie haben dafür gesorgt, dass Sydney und Broots auch weiterhin festsitzen?" Raines flache Stimme ging in dem hohen Gang fast unter.
„Ich muss lediglich das Honorar überweisen." Sam ging an ihnen vorbei und schaute sich nach ihnen um. Lyle ahnte warum seine Schwester den Sweeper ins Centre zurück geschickt hatte. Er würde jedoch nichts herausfinden, das von Bedeutung wäre. Nicht allein. Nicht, wenn er es verhindern konnte.
„Dann tun Sie das. Ich brauche noch etwas Zeit um die Dateien meines Bruders zu rekonstruieren. Wer hätte gedacht, das sie mit einem Sicherungscode versehen sind." „Wann werden die Techniker es gefunden haben?" Die versteckten Dateien, die sich auf dem Computer seines Onkel befunden hatten, waren für ihn von einer anderen Bedeutung, als für Raines. Sie waren ein Rückhalt, ein Trumpf in diesem Spiel mit versteckten Karten.
„Noch ist nichts gewiss." Mit einem undeutbaren Lächeln verschwand Raines um die nächste Ecke.
29. Mai; 13:19
Massachusetts„Sie wird uns nie ... nie finden ... wir werden hier sterben ... ganz langsam ... einfach dahin vegetieren."
Bereits seit Stunden murmelte Broots diese Worte vor sich hin. Sydney wusste, dass er in eine Art Trance verfallen war. Die Angst hatte Broots umgriffen, ihn fest in ihren Würgegriff genommen. Da nutzte kein Beruhigen, kein auf ihn einreden. Er musste damit selbst fertig werden. Seine Angst von innen bezwingen. Sydney wusste all diese Dinge, dennoch fühlte er sich hilflos. Er hätte Broots gern beigestanden; ihm geholfen.
„Syd, wird sie uns hier finden?" Broots regte sich. Er kämpfte sich seinen Weg durch den Schleier der Angst. Sydney hoffte, dass er es schaffen würde.
„Sie wird uns suchen." Er musste ihn beschäftigen, in der Realität festhalten. „Warum nennen Sie mich plötzlich Syd, dass haben Sie doch noch nie getan?"
„Ich dachte wenn wir schon eingesperrt sind, könnten wir auch etwas weniger formell mit einander umgehen." Er hörte den Mann ihm gegenüber in der Dunkelheit schlucken. „War das zu viel?" Broots wie ihn Sydney kannte, eingeschüchtert, sobald man etwa sagte. Ihn etwas fragte.
„Nein. Sie können ruhig bei Syd bleiben. Schließlich kennen wir uns schon seit einigen Jahren." Miss Parker kannte er noch länger und dennoch schien sie nichts zu verbinden außer Erinnerungen.
„Warum blieben Sie nach Jarods Flucht im Centre?" Was? Hatte er sich verhört?
„Jarod benötigte Hilfe von innen." War das alles? Belog er sich damit nicht selbst? „Um ehrlich zu sein." Ein leichtes Seufzen ging ihm über die Lippen. „Ich denke, ich konnte anfangs einfach noch nicht loslassen. Dann war da Miss Parker. Sie benötigte auch Hilfe. Schutz; den ihr Vater ihr nicht geben konnte." Unsicherheit machte sich in ihm breit. Die Bedenken beiseite schiebend betrachtete er Broots durch die Finsternis hindurch. „Aber ich könnte ihnen die selbe Frage stellen." Wenn sie sich unterhielten konnte Broots nicht erneut in seine Angst abdriften. „Weshalb sind Sie im Centre geblieben, nachdem sie erfahren hatten, was das Centre ist. Was hinter dem imposanten Gebäude und den gestriegelten Menschen steckt." Er sah Broots fragend an, obwohl er ihn kaum erkannte. Seltsam, wie der Mensch an Gewohnheiten festhält, auch wenn sie nicht benötigt wurden.
„Denken Sie das Centre hätte mich gehen lassen? Mit allen Geheimnissen, die ich kenne. Den Abgründen, die sich mir in den letzten Jahren aufgetan haben? Nein! Ich habe eine Tochter, an die ich denken muss." Broots klang dabei mehr als ernst, als bedeutete es den Tod aus dem Centre auszuscheiden. Aber hieß es das nicht auch? Waren nicht alle tot, die dem Centre den Rücken zudrehten? Sydney erinnerte sich an die Opfer des Centres. Sie waren entweder physisch oder psychisch tot. Manche durften das Centre verlassen. Durften? Sie wurden gezwungen. Er dachte an Michelle. An das Leben, dass er hätte führen können. Jarod schien der einzige zu sein der dem Centre entgegentrat und nicht von ihm überrollt wurde ...
„Sydney, Sydney!" Erneut schwang Panik in Broots Stimme.
29. Mai; 13:36
Massachusetts, Harvard University
Herauszufinden, wo Jarod in Boston gewohnt hatte, war nicht leicht. Miss Parker war schon länger klar gewesen, dass sich Jarod nur finden ließ, wenn er das wollte. Oder mit viel Glück und Zufall. Sie hatte vermutlich mit jedem, der sich auf dem Campus befand gesprochen. Versucht herauszubekommen, ob jemand etwas wusste. Allerdings ohne Ergebnis. Keiner seiner Arbeitskollegen ... seiner Bekannten konnte ihr aufschlussreiches über seine Unterkunft verraten. Enttäuscht und wütend trat sie auf die Straße. Diese ständigen Versteckspiele. Erneut fragte sie sich, warum sie noch immer für das Centre Jarod jagte. Warum ging sie nicht einfach nach Europa, wohin ihre Mutter mit ihr gewollt hatte(14)?
Ein heruntergekommener Mann kam auf sie zu. Sie bemerkte ihn nicht. In ihre Gedankengänge vertieft übersah sie ihn und wäre an ihm vorbei gegangen.
„Sind Sie Miss Parker?"
Irritiert schaute sie auf. „Wer will das wissen?" Schnauzte sie den Mann an.
„Das ist unerheblich. Sie suchen doch einen Mann. Jarod, wenn ich mich nicht irre."
Ihr Blick durchbohrte ihn. Sollte dieser verwahrloste Mann etwas über Jarod, über dessen Rückzugsort wissen. „Ja. Und?" Sie glaubte selbst nicht wie gefasst sie klang, wie unberührt.
„Dort werden Sie ihn heute Abend finden." Der Obdachlose gab ihr einen Zettel mit einer Adresse in Boston.
„Warum helfen Sie mir?" Die Frage klang misstrauisch, verstört. Miss Parker ermahnte sich selbst. Sie traute dem ganzem nicht. Sie hatte den bisher nicht einen Hinweis finden können, keine Andeutungen. Nichts. Und jetzt sollte es so einfach sein.
„Weil er mich darum gebeten hat."
Zweifelnd zog sie unwillkürlich die Augenbraue hoch. Nein, das war zu einfach. Erst kein einziger Anhaltspunkt und dann ... dann dies. Ob es diese Adresse überhaupt gab? Wiederholt besah sie sich den Zettel. Sie fand keine anderen Zeichen oder Botschaften auf ihm. Nur die Adresse. Die Sache musste einen Hacken haben. In dem Drang dem Mann über sein Verhältnis zu Jarod und das Treffen auszufragen, sah sie von dem Stück Papier hoch. Er stand nicht mehr vor ihr. Er war verschwunden.
29. Mai; 12:57
Colorado, RMNP
Jarods Hütte
Er verstaute die letzten Dinge in seinem Wagen. Obwohl er nur wenige Tage hier gelebt hatte, fiel ihm der Abschied schwer. Er ging noch einmal in das Blockhaus um zu sehen, ob er etwas vergessen hatte. Die Hütte sah genauso verlassen aus wie bei seiner Übernahme. Vielleicht könnte er irgendwann wieder herkommen. Vielleicht. Es gab so viele vielleicht' s in seinem Leben.
„Du willst doch wohl nicht gehen ohne Dich zu verabschieden?" Die raue Stimme von Bob ertönte. „Da bin ich aber wirklich enttäuscht. Hätte Dich für höflicher gehalten."
„Es eilt. Ein Freund braucht meine Hilfe. Sonst hätte mich natürlich noch einmal gemeldet." Schuldbewusstsein drückte auf ihm.
„Tja dann viel Erfolg." Bob klang wenig überzeugt. Dennoch reichte er Jarod die Hand.
„Danke." Jarod schlug ein und war überrascht in eine Umarmung gezogen zu werden. Von Bob wieder losgelassen, stieg er in sein Auto. Einen vermutlich letzten Blick auf Bob und die Umgebung werfend trat er auf das Gaspedal.
Bob sah Jarod noch kurz hinterher. Sein Blick verdunkelte sich, Betrübnis stand in ihm geschrieben. „Ich hoffe Du wirst die Vergangenheit irgendwann begraben können. Erst wenn Du erkannt hast, dass die Zukunft vor und nicht hinter einem liegt, wirst Du finden was Du suchst." Ein Lächeln ging über sein Gesicht. „Du musst es nur wollen." Mit schweren Schritten ging er den Weg zu seiner Hütte hinauf. Seine Gestalt verlor sich in der Landschaft.
29. Mai; 17:12
Massachusetts, Boston
Die Adresse gehörte zu einem verlassen Fabrikgebäude. Die Anlage machte einen verwahrlosten, heruntergekommenen Eindruck. Die dunklen Fenster waren eingeschlagen, gespenstisch blickten die toten Augen des Gebäudes sie an. Miss Parker fröstelte. Sie bereute auf Sam verzichten zu müssen. Entschlossen trat sie auf das Haupttor zu. Es war nicht verschlossen. Die schwere Tür zur Seite schiebend gelangte sie in das Gebäude. Ein Gewölbe erstreckte sich über ihrem Kopf. Trotz des zur Zeit warmen Klimas stand die Kälte in dem Gemäuer. Miss Parker folgte dem Gang. Er führte sie in einen großen Saal. Die Größe und Leere des Gebäudes wirkte befremdlich. Vor ihr schien sich eine surreale Kulisse aufgebaut zu haben. Eine bedrückende Stille lag über dem Raum. Wie konnte Jarod hier wohnen ... hier leben? Ihr Blick wanderte über die Wände hin zu einer Tür. Bedächtig schritt sie auf diese zu. Eine alte Bürotür. Wahrscheinlich die zum Büro des ehemaligen Fabrikleiters. Die Waffe umständlich aus dem Holster ziehend öffnete sie die Tür. In Erwartung sah sie um die Ecke. Nichts. Kein Jarod. Nur ein spartanisch eingerichtetes Zimmer. Seltsam. Seine Unterkünfte hatten nie etwas persönliches. Sie waren verwohnt, abgenutzt, vom häufigem Gebrauch gekennzeichnet, doch ihnen fehlte immer Charakter. Sie waren nur mit wenigen Dinge eingerichtet. Nur für seine Zwecke gedacht. Zum Schlafen und Arbeiten. Seine Zimmer zeigten sich stets anders, doch waren sie sich ähnlicher, als er selbst es vermuten würde. Miss Parker fiel auf, dass Syd nie ein Wort darüber verloren hatte. ‚Hielt er es für unerheblich? Symbolisierte nicht ein gemütliche Einrichtung nicht ein Zuhause? Gab eine Wohnung nicht die Persönlichkeit eines Menschen wider? Spiegelte sein Ich ... Was geht es dich an' Die Smith'n Wesson sichernd setzte sie sich auf einen Sessel.
(13) IotH – In P2001 schickt Raines Miss Parker und Jarod ein Bild ihrer Mütter. Im Hintergrund ist eine Mauer und ein obskures Zeichen zu erkennen. In The Isle of the Haunted findet Jarod heraus, dass es sich um das Symbol der Vespusians handelt, einen Geheimbund, der Anfang des 19. Jahrhunderts in Boston ansässig war. Jarod findet es an der Mauer einer Sportbar wieder.
(14) II 20 – Miss Parker bekommt von Jarod Briefe ihrer Mutter, die sie Miss Parker geschrieben hat. In einem steht, dass sie mit ihrer Tochter nach Europa gehen will.
