Disclaimer:
Alles, was nicht Eigentum von Joanne K. Rowling ist, gehört Quillitch und ihrer Fanfic „Hand-me-down Clothes". Dies ist nur eine Übersetzung. Mir gehört absolut gar nichts.

 

Kapitel Zwei: Petunia entscheidet

 

„Hallo." Ein siebenjähriger Harry Potter lächelte den 147-jährigen Albus Dumbledore unsicher an.

„Hallo", erwiderte Dumbledore herzlich und beugte sich runter, um auf gleicher Augenhöhe mit dem Jungen zu sein. „Du musst Mister Harry Potter sein."

Der junge Harry wischte sich die unordentlichen Haare aus den Augen und verkündete eifrig: „Sind Sie hier um mich zu besuchen?" Er öffnete die Haustür weit, hatte dann jedoch Bedenken.

„Moment, nein... Sie sind hier wegen Mrs Kenmore, oder?" Der Türspalt wurde plötzlich wieder sehr viel schmaler.

„Ich fürchte, nein. Aber ich bin hier um dich zu sehen. Wer ist Mrs Kenmore?"
Und warum siehst du wegen ihr so besorgt aus?, fragte sich Dumbledore.

„Mrs Kenmore ist meine Grundschullehrerin, sie kann mich wirklich nicht leiden, sie ist schrecklich, aber es war nicht meine Schuld! Ich meine, ich war am anderen Ende des Klassenzimmers... Ich verstehe nicht, warum sie michbeschuldigt, nur weil sie mich angebrüllt hat, als...", Harry brach ab und blickte betrübt drein.

„Als?", ermutigte Dumbledore und stellte fest, dass der Kleine sein Interesse geweckt hatte.

„Als sich ihre Haare verfärbten", erklärte Harry Potter niedergeschlagen.

„Sie verfärbten sich...?", wiederholte Dumbledore ermutigend, während seine Lippen hinter seinem Bart zuckten.

„Sie wurden blau", erläuterte der Junge ernsthaft.

„Blau?", Dumbledore versuchte ein Lächeln zu verbergen, aber seine Stimme zitterte.

„Sie waren vorher braun", berichtete Harry nüchtern und stieß einen sehr erwachsenen Seufzer aus.

„War es ein sehrleuchtendes Blau?", fragte Dumbledore und lächelte den plötzlich peinlich berührten Harry, offen an.

„Jaa-aa", gab Harry verlegen zu, während er auf seine abgetragenen Schuhe starrte. Dumbledore runzelte die Stirn, als er bemerkte wie groß sie ihm waren und wollte Harry gerade fragen, ob er vielleicht reinkommen kann, anstatt den ganzen Tag auf der Türschwelle zu stehen, als eine schrille Stimme aus der Küche schallte.

Harry! Was machst du denn? Wer ist es?"

Harry fuhr erschrocken hoch, „Oh, nein! Das ist Tante Petunia! Äh, wer sind sie, Sir?"

„Ich bin Albus Dumbledore", sagte Albus entgegenkommend, mit einem Funkeln in den Augen.

„Okay", antwortete Harry mit einem schüchternen Lächeln. „Ich werd nur Tante Petunia Bescheid sagen."

„Kann ich reinkommen?", fragte Dumbledore schnell, bevor sein Gastgeber verschwinden konnte.

Harrys Augen weiteten sich und er warf einen besorgten Blick über seine Schulter in die Küche. „Wenn Sie wollen", sagte er und trat widerwillig zur Seite.

„Natürlich, natürlich!", Albus Dumbledore schmunzelte und trat in den Flur der Dursleys.

„Bitte, kommen Sie und setzen sich ins Wohnzimmer. Ich sag Tante Petunia dass Sie hier sind", Harry öffnete eine weiße Tür zu seiner Rechten und rannte dann in Richtung Küche. Albus, erfreut über seine erste Begegnung mit Lilly und James' Sohn, sah sich neugierig um.

Das Wohnzimmer bestand aus einem beigenen Sofa, zwei beigenen Sesseln und einem Holzhocker. Ein polierter Kaffeetisch stand in der Mitte und dahinter, eingebettet in die Wand, war ein gefliester Kamin aus Marmor, in dem ein paar nachgemachte Kohlestücke aus Plastik lagen.

Bilder hingen an der mit Blümchenmuster tapezierten Wand – große Bilder, kleine Bilder, teuer gerahmt und sauber glänzend. Auf dem Kaminsims standen mehrere kleinere Fotos (außerdem ein seltsamer Hüttensänger-Vogel aus Porzellan und eine Postkarte).

Da er ein harmloser, alter Mann war (zugegeben, vielleicht auch nur neugierig), betrachtete er die Bilder genauer und weil er nicht ganz so alt und senil war, wie er vielen Leuten vorspielte, fiel ihm bald etwas Merkwürdiges auf. Es gab viele, viele Bilder von einem eher gutgebauten Jungen mit kurzem blondem Haar und ziemlich kleinen, wässrig-blauen Augen, entweder allein (in verschiedene Posen), oder mit seiner Mutter (herzliche Umarmungen) und seinem Vater (ein stolzer Klaps auf die Schulter). Das große Familienportrait hing an der Wand auf der anderen Seite des Fensters (um gut beleuchtet zu werden): Vernon Dursley stand majestätisch in der Mitte, daneben Petunia Dursley mit ihrer langen, hochnäsigen Nase und Dudley Dursley, der glücklich lächelte, während sein Doppelkinn seine Krawatte verschluckte.

Wo jedoch war der kleine Harry? Albus konnte kein Bild von Harry James Potter ausmachen; es gab keinen einzigen Hinweis, dass außer den drei Dursleys noch jemand in diesem Haus wohnte. Das unbehagliche Gefühl einer Vorahnung breitete sich in ihm aus, als er das prahlerische Familienportrait betrachtete. Er kratze sich am Bart und hoffte, dass Arabella falsch lag; nicht um seinetwillen, sondern um des Jungens Willen.

„Wie können Sie es wagen?", fauchte eine wütende Stimme in der Türöffnung und unterbrach seine Gedanken, „Verschwinden Sie aus meinem Haus!"

Albus Dumbledore drehte sich zu Petunia Dursley um und lächelte vage, als er sich zur Begrüßung verneigte. „Guten Morgen, Mrs Dursley. Ich bin hier, um mich nach Harry Potters Wohlergehen zu erkundigen. Mein Name ist Albus Dumbledore, ich bin Schulleiter der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei. Ich weiß nicht, ob Lilly mich je erwähnt hat?", erkundigte er sich höflich.

Das hatte Mrs Dursley den Wind aus den metaphorischen Segeln genommen; ihr erster Zorn verschwand und sie schaffte es sich zusammenzureißen.

„Ich, ähm, ich kann mich nicht daran erinnern."

„Hmm, das ist schade, Lilly und James machten mich beide zum Verwalter ihres Testaments. Es war meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass Harry ein Zuhause findet, als sie starben. Ich glaube ich habe Ihnen einen Brief hinterlassen, der die Umstände erklärt. Jetzt jedoch ist es höchste Zeit, dass ich meinen Verpflichtungen gegenüber dem Jungen nachkomme."

„N-... Natürlich", Petunia blinzelte verwirrt und verhaspelte sich angesichts der offiziell klingenden Erklärungen.

„Folglich bin ich sicher, Sie haben keine Einwände dagegen, dass ich mit Harry Potter heute etwas Zeit verbringe", fuhr Albus weiter fort, ohne Rücksicht auf ihr Gestottere.

„Etwas Zeit verbringen", wiederholte Petunia matt, während Harry hinter ihr nervös durch die Türöffnung auf Albus lugte.

„Vielen Dank, Mrs Dursley. Ihre Zusammenarbeit schätze ich sehr", Dumbledore lächelte gutmütig.

„Tatsächlich? Oh, also gut, ich meine, was? Etwas Zeit mit... Harry verbringen? Harry!Der Junge? Oh, nein..." Mrs Dursley sah ein wenig bestürzt aus, als sie Albus Dumbledore anstarrte. Es schien als ob ihr beanspruchtes Gehirn endlich das Gespräch eingeholt hatte.

„Also, tun Sie, was sie tun müssen. Aber ich warne Sie! Er ist ein unartiger Junge, steckt ständig in Schwierigkeiten und erzählt immer Schwindeleien." Sie verschränkte die Arme und starrte Dumbledore wütend an, darauf wartend, dass er sie zurechtwies. Hinter ihr versteckte sich noch immer der siebenjährige Harry Potter und als er die Worte hörte, die seine Tante gegenüber dem freundlichen Besucher äußerte, war kaum eine niedergeschlagenere Miene zu finden.

„Oh, also das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, nein, absolut nicht", sagte Albus überzeugt, der das kleine, blasse Gesicht an der Tür beobachtete. Und als Harry den Kopf hob und sich ein hoffnungsvolles Lächeln auf seinen Lippen spielte, funkelten Albus' Augen.

„Hmmpf." Mrs Dursley antwortete mit einem höhnischen Grinsen, drehte sich zum Gehen um und murmelte: „Machen Sie mit ihm, was sie wollen."

Sie wurde jedoch durch Albus' trügerisch leise Frage gestoppt: „Wie kommt es, Mrs Dursley, dass sich in diesem Raum kein einziges Foto von Harry befindet?"

Petunia stand wie angewurzelt, dann, mit einem Zucken in ihren zusammengepressten Lippen, murmelte sie, „Der Junge ist kamerascheu."

Anstelle einer verächtlichen Antwort, hob Albus Dumbledore nur ausdrucksvoll eine Augenbraue.

Auf dem Weg nach draußen zog Petunia an Harrys Ohr dafür, dass er, „Fremde ins Haus lässt", aber der kleine Junge zuckte anscheinend nur automatisch zurück. Seine großen, smaragdgrünen Augen glänzten mit kindlicher Begeisterung, als er Dumbledores Bewegungen mit etwas, das beinahe Verehrung war, verfolgte.

„Komm rein, Harry, komm rein", Dumbledore winkte Harry herein, der ein wenig verlegen aussah und mit einen guten Meter Abstand vor Albus stehen blieb. Dieser musterte Harrys Kleidung kritisch, und runzelte unwillkürlich die Stirn.

Harry trug eine von Dudleys alten, ausgewaschenen Hosen, die Löcher in den Knien hatte, an den Knöcheln ausgefranst und mehrmals geflickt war. Sein Hemd, das zwar teilweise in die Hose gesteckt war, bestand einfach aus zuviel Stoff um dem Jungen zu passen und hing ihm deswegen fast um die Knie.

Der Rahmen seiner Brille war aus Draht und so oft von Dudley und seiner Gang zerbrochen worden, dass nur noch Klebestreifen die einzelnen Teile zusammen halten konnten. Seine Schuhe waren noch ausgebeulter als seine Klamotten und sein Haar sah aus, als hätte es noch nie etwas anderes gesehen, als ein Küchenmesser.

Als er genauer hinsah, erkannte Dumbledore, dass eine Schnurr mehrmals um Harrys Taille gewickelt und festgebunden war, damit seine übergroße Hose nicht rutschte. Und er erkannte die schwache Andeutung eines Schattens auf seiner linken Schläfe – nur eine geringfügige Verfärbung, die Albus Dumbledores Stirnrunzeln unheilvoll verstärkte.

„Bitte, Sir?", flüsterte eine angsterfüllte Stimme.

„Ja?" Dumbledore knurrte fast. Harry sprang erschrocken zurück und Albus fand schnell seine vorige, gutmütige Tonlage wieder. „Entschuldige, Harry. Was ist denn?"

„Ich hab mich nur gefragt, warum Sie mich so streng anstarren, Sir."

„Es ist viel Zeit vergangen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe, Harry Potter. Jetzt, ans Werk! Ich bin den ganzen Weg von Schottland hierher gekommen, um etwas Zeit mit dir zu verbringen, Harry-"

„Warum?", unterbrach der Junge höflich und Dumbledore war einen Moment lang aus dem Konzept gebracht.

„Warum? Nun, warum nicht? Aber um die Wahrheit zu sagen, ich war ein guter Freund von deiner Mama und deinem Papa und sie würden wollen, dass ich mal nach dir sehe", er zuckte innerlich zusammen bei dieser Täuschung, doch es wäre kaum sinnvoll dem Jungen zu sagen, dass er hier herkommandiert wurde.

„Oh, okay", sagte Harry vertrauensvoll.

„Nun, wie wär's wenn ich mich erst einmal richtig vorstelle. Ich bin Albus Dumbledore, und du bist?" Förmlich streckte Dumbledore Harry die Hand entgegen.

Harry griff furchtlos nach der viel größeren Hand. „Ich bin Harry Potter", sagte er feierlich, während sie Hände schüttelten. Er empfand diesen Moment tatsächlich als sehr wichtig.

„Setzt du dich zu mir, Harry Potter?", Dumbledore lächelte aufmunternd und setzte sich auf das beige Sofa, dessen abgenutzte Federung unter seinem mageren Gewicht ein wenig tiefer sank.

Harry nickte, rannte durchs Zimmer, um den kleinen Holzhocker, den Dumbledore schon früher bemerkt hatte, zu holen. Er stellte ihn stillschweigend neben Dumbledores Füße, und setzte sich dann auf den Hocker. Albus Dumbledore blinzelte verwirrt.

„Sitzt du immer auf diesem Hocker?", fragte er ungläubig.

„Ja, Sir", antwortete Harry und wand sich unter dem strengen Blick.

„Nun, nicht heute. Komm und setz dich zu mir." Dumbledore klopfte einladend neben sich auf das Polster und Harry, der übers ganze Gesicht strahlte, stürzte sich aufs Sofa und setzte sich neben den alten Mann. Die Unterschiede zwischen den beiden konnten nicht größer sein, Albus war ein erwachsener Mann mit einem weißen Haarschopf und langem Bart, Harry war nur ein Kind und seine kohlrabenschwarzen Haare waren kurz und zottelig.

„Was magst du heute machen, Harry?" Dumbledore schaute seinen kleinen Begleiter fragend an und Harrys kleines, rundliches Gesicht neigte sich zu ihm hoch.

„Ich weiß nicht, Sir."

„Wie wäre es, wenn du mich hier ein wenig herumführst? Wir könnten mit dem Haus beginnen, dann in den Garten und danach könnten wir vielleicht in den Park gehen...?"

„In den Park gehen!" Harry grinste plötzlich. „Ja, Sir!", rief er begeistert und hüpfte ein bisschen auf dem Sofa herum.

„Du brauchst mich nicht ‚Sir' zu nennen, Harry. Du kannst mich...", Albus brach ab, er war ein bisschen unsicher, da Kinder ihn normalerweise ‚Direktor' oder ‚Professor Dumbledore' nannten. Aber Harry kannte Hogwarts noch nicht und würde es erst kennen lernen, wenn er alt genug war, um zu verstehen...

„Mr. Dumbledore", schlug Harry vor und unterbrach Dumbledores Überlegungen.

„Hmm, ja das passt mir ganz gut. Vielen Dank, Harry." Albus Dumbledore lächelte über Harrys offensichtliche Freude darüber, gelobt zu werden. „Gut, wo sollten wir denn unsere ‚Grande Tour' beginnen?"

„In meinem Schrank, natürlich!", Harry sprang impulsiv auf.

„Du meinst in deinem Kinderzimmer, Harry", korrigierte Albus lachend.

„Nein." Harrys smaragdgrüne Augen leuchteten vor Aufregung, als er nach Albus' Hand griff. „Ich meine meinen Schrank, kommen Sie mit!"

(Überarbeitet am 13. Mai 2004
Danke an Micha!)