Disclaimer:
Alles, was nicht Eigentum von Joanne K. Rowling ist, gehört Quillitch
und ihrer Fanfic „Hand-me-down Clothes".
Dies ist nur eine Übersetzung. Mir gehört absolut gar nichts.
Kapitel Sechs: Mrs McGonagall, Tante, Mami oder Großmutter?
Am nächsten Morgen erwachte Harry Potter zu taufrischer Stunde um 6:15 Uhr. Schwere rote Vorhänge verdeckten die riesigen Fenster, doch durch einen Spalt war stahlgraues Morgenlicht zu erkennen. Harry setzte sich vorsichtig in seinem provisorischen Bett auf und sah sich um. Letzte Nacht war er zu schläfrig gewesen, um seine Umgebung genauer zu untersuchen, aber jetzt war er munter und neugierig.
Sein Bett, bemerkte er sofort, stand am Ende eines absolut gigantischen Himmelbetts, in dem, nach Harrys Meinung, leicht sieben Personen auf einmal Platz finden könnten (es waren wohl eher vier). In dem Bett erkannte er die Umrisse einer Person, die mit einem kompliziert gemusterten und ziemlich schwer aussehenden Daunenbett zugedeckt war. Ein dunkelroter Vorhang hing von den hohen Pfosten des Himmelbetts herab und war mit samtenen Kordeln zusammengebunden. Die Pfosten selbst waren aus poliertem Eichenholz und dicker als Harrys Handfläche. Als er auf die andere Seite des Zimmers blickte, sah Harry über einer Kirschholz-Kommode einen riesig großen Wandteppich, der bis zur hoch gewölbten Decke reichte. Auf dem Bild war ein Löwe, eine Schlange, ein Dachs und ein Rabe in würdevollen Posen abgebildet.
Harry fand den Reichtum fast überwältigend und war noch mehr beeindruckt von der Größe des Schlafzimmers. Es war oval und viele gigantische Türen (manche zugenagelt) führten in weitere Räume. Der Boden war mit vielen, kleinen Teppichen bedeckt (in unterschiedlichen Stadien von ausgefranst bis weich und wertvoll aussehend) und die Möbel, trotz der etwas ungeplanten Anordnung, waren prachtvoll und meist sehr viel größer als Klein-Harry. Es war ein Zimmer, das eines Königs würdig war und Harry dachte, es war das herrlichste, war er je gesehen hatte!
Er rieb sich die Augen und warf einen weiteren Blick zu der schlafenden Gestalt in dem übergroßen Bett. Leise rutschte er aus seinem eigenen Bettchen und tapste vorsichtig um die Bettleiste (welche ihm fast bis an die Schulter reichte) herum, um zu sehen, ob der Schlafende Mr. Dumbledore war.
Zu seiner großen und doch leisen Erleichterung war er es tatsächlich. Mr. Dumbledore lag auf der Seite auf seinem silbernen Bart. Seine ungewöhnlich blauen Augen waren friedlich geschlossen und seine Hände hielten die Bettdecke fest. Ab und zu war bei einem besonders tiefen Atemzug ein sanfter Schnarcher zu hören, und sein Schnurrbart bebte dabei Comic-artig. Harry konnte nicht anders und kicherte bei dem Anblick. Sofort klappten Dumbledores Augen auf und Harry sprang überrascht zurück.
„Harry?" Mr. Dumbledores Stimme klang lange nicht so wach, wie sein Gesicht aussah.
„Ja, Sir?", quietschte Harry nervös, weil er den Mann aufgeweckt hatte.
„Ah", Dumbledore drehte den Kopf, um einen Blick auf die Uhr auf dem Nachttisch zu werfen. Als er sah, wie spät es war, verzog er unwillkürlich das Gesicht. „Warum bist du so früh schon wach?"
„Ich bin aufgewacht, Sir", sagte Harry mit erstaunlichem Verständnis des Offensichtlichen. Dumbledore schaffte es, schläfrig zu schmunzeln.
„Bist du nicht müde?", fragte er.
„Nicht wirklich", sagte Harry und bibberte. Sein Pyjama schützte ihn nicht vor der frühmorgendlichen Kälte. Als Dumbledore das sah, rutschte er ein wenig zur anderen Kante des Bettes und hob die Zudecke. Er zuckte, als er sich dabei versehentlich am Bart zog.
„Komm ins Bett, Harry, du holst dir noch eine Erkältung, und das wäre kein vielversprechender Beginn deiner Zeit hier."
Harry starrte Dumbledore mit einem verständnislosen Blick in seinem kleinen blassen Gesicht an.
„Komm ins Bett, Kind", wiederholte Dumbledore freundlich und gab dem Jungen ein kleines Lächeln.
Harry fingerte noch einen Moment mit seinen Händen. Er erinnerte sich daran, oftmals Alpträume gehabt zu haben und wenn er ins Schlafzimmer seines Onkels und seiner Tante schlüpfte, um zu fragen, ob er dort schlafen könnte, wurde er immer erbarmungslos weggeschickt. Er hatte dann immer mit aller Kraft versucht wach zu bleiben, allein in seinem Schrank – er hatte an seinen Fingernägel gekaut und sein Kissen an sich gepresst aus Angst, dass der Traum zurückkommt. Er wusste, hätte Dudley einen Alptraum, wäre er von seinen Eltern aufgenommen und von einer liebenden Mutter getröstet worden.
Harry hatte sich oft gefragt, ob mit ihm etwas nicht stimmte – etwas, das ihn nicht liebenswert machte.
Einige seiner Gedanken zeigten sich auf seinem Gesicht und in seiner Körpersprache, und Dumbledore war sehr aufmerksam mit diesen Dingen. Er war kurz davor den Jungen ins Bett zu tragen, als Harry seine düsteren Gedankengänge verließ und ins Bett kroch.
Nervös zappelte Harry unter der Bettdecke. Doch dann lag er ganz still und starrte die kunstvollen Goldfäden des Bettbezugs an, weil er fürchtete, sein Verhalten erklären zu müssen und zu den Dursleys zurückgeschickt zu werden.
„Harry?" Dumbledore war verwirrt wegen dem plötzlich verängstigten Verhalten des Jungen. Jeder würde Dumbledore nachfühlen können, dass ihm in diesem Moment düstere Gedanken wegen der Dursleys kamen. Langsam legte er eine Hand auf die abgemagerte Schulter des Jungen. „Hast du gut geschlafen?"
„Ja, Sir", antwortete Harry, während er weiterhin die Bettdecke studierte.
„Was wurde aus dem ‚Mr. Dumbledore'?", fragte Albus. „Ich mochte das eigentlich."
„Ähm", sagte Harry.
„Magst du mir sagen, was dir auf dem Herzen liegt, Harry?", sagte Dumbledore in einem Tonfall, der mehr nach „du sollst" anstatt „du kannst" klang.
Das funktionierte hervorragend bei Harry, der innerhalb von zehn Sekunden seine ungeordneten Gedanken in höchst verwirrender Art heraussprudelte, ohne dabei eine Pause zu machen.
Irgendwie gelang es Dumbledore trotzdem, Harry zu verstehen. Albus war froh, dass seine düsteren Befürchtungen nicht zutrafen. Rasch antwortete er, um einige Vorstellungen des Jungen klar zu stellen. „Harry, deine Eltern liebten dich über alles."
Harry gab keine Antwort, seine Eltern waren tot und er kannte nicht einmal Bilder von ihnen – erinnern konnte er sich auch nicht an sie. „Du bist ein sehr liebenswerter Junge. Ich bin mir ganz sicher, dass du hier in Hogwarts viele finden könntest, die dich gerne aufnehmen würden.
„Du wirst nie wieder zu den Dursleys zurückkehren, Harry. Was auch immer du in Zukunft falsch machst, ich werde dich nicht damit bestrafen, dass ich dich zurück zu den Dursleys schicke und ich werde dich auch nicht bestrafen, wenn du nachts zu mir kommst, wenn du einen Alptraum hattest."
„Wirklich?", fragte Harry und erinnerte sich an die Nächte, die Dudley bei seiner Mami und seinem Papi verbracht hatte, während er in seinem Schrank alleingelassen wurde.
„Wirklich", sagte Dumbledore lächelnd. Er unterdrückte ein Gähnen und bemerkte dann, wie Harrys smaragdgrüne Augen ihn mit einem Schimmer Verehrung beobachteten. „Meinst du, ich könnte noch ein wenig schlafen, Harry? Ich bin ein alter Mann und brauche meinen Schlaf!"
Harry wagte ein schüchternes Lächeln und war erleichtert zu sehen, dass es mit doppelter Stärke und einem Funkeln erwidert wurde.
„Ja, Mr. Dumbledore", sagte Harry, und als der alte Mann seine Augen schloss und tief durchatmete, kuschelte sich Harry vorsichtig an seinen Beschützer und lehnte seinen Kopf an seine Schulter. Ohne die Augen zu öffnen, legte Dumbledore beschützerisch einen Arm um den Jungen und umarmte ihn. Obwohl er anscheinend schlief, waren seine Gedanken betrübt und von Sorgen um den Jungen erfüllt, der sich selbst für nicht liebenswert hielt.
~~*~~
Später am selben Morgen, gegen 8 Uhr, erwachte Dumbledore von seinem Schlummer (er konnte nicht mehr richtig einschlafen) und fand Harry tief schlafend mit seinem Kopf leicht gegen ihn gelehnt. Der kleine Junge sah sehr süß aus mit seinen langen, dunklen Wimpern, leicht geröteten Wangen und zerzausten, schwarzen Locken.
So vorsichtig wie möglich begann Dumbledore sich von dem Jungen zu lösen, um ihn nicht aufzuwecken und es gelang ihm, den noch immer friedlich schlafenden Harry in die weißen Kissen (mit dem Hogwarts-Wappen) zu legen. Leider quietschte die Matratze, als er aufstand, und Harry rührte sich, öffnete seine trüben Augen und sah Mr. Dumbledore in einem lila Pyjama (Fragt nicht...) auf der Bettkante sitzen.
„Ist es Zeit zum Aufstehen, Mr. Dumbledore?", fragte er schläfrig.
„Du musst nicht, wenn du nicht magst, Harry. Es ist noch recht früh", antwortete Dumbledore.
„Darf ich bitte?", fragte Harry um Erlaubnis.
„Ja, Harry, natürlich."
Dumbledore wartete, bis Harry sich aus der Bettdecke befreit hatte, bevor er ihn in einen Morgenmantel einwickelte, der viele, viele Größen zu riesig war und gestikulierte dem Kind ihm zu folgen. Dumbledore führte Harry durch eine der riesigen Türen, die trotz ihres scheinbaren Gewichts leicht aufschwang. Innen war ein Badezimmer – und was für ein Badezimmer!
Für den kleinen Harry glich die Badewanne einem Schwimmbecken und die Wände schienen unendlich hoch. Die teuren Fliesen waren dekoriert mit einer Waldlandschaft, in der sich die Bäume tatsächlich im Wind neigten und ein Einhorn kurzzeitig sein Horn schimmern lies, bevor es davon galoppierte.
Harry war begeistert – der Morgenmantel, den er anhatte, fiel in Falten um seine Füße und hielt ihn davon ab, näher zu treten, aber er war sehr zufrieden damit, mit großen Augen um sich zu starren.
„Gefällt es dir?", fragte Dumbledore eifrig. „Ich habe es für mich selbst geschaffen. Der alte Schulleiter hatte einen Hawaiianischen Strand." Dumbledore machte einen abneigenden Gesichtsausdruck, „das war nichts für mich. Deswegen habe ich ihn in das hier verwandelt. Ab und zu wandert leider eine echte Person vorbei, was sehr peinlich sein kann, aber nicht sehr oft."
Harry starrte Dumbledore an. „Leute wandern vorbei?"
„Ja. Einmal war ich in der Badewanne und ein Muggel-Pärchen spazierte mit ihren Hunden vorbei – furchtbar schwer zu erklären", sagte Dumbledore und runzelte die Stirn in Erinnerung.
Harry starrte ihn nur an – manchmal war Mr. Dumbledore sehr seltsam.
„Komm mit", sagte Albus munter. „Wir müssen dein verschlafenes Gesicht waschen und deine Zähne putzen, wir wollen ja nicht, dass sie dir ausfallen!"
Mit dieser schockierenden Aussage scheuchte er Harry zu dem überraschend normal aussehenden Waschbecken. Dumbledore hob ihn auf eine Box, die plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war und befahl ein Handtuch herbei, bevor er in sein Schlafzimmer zurückging, um sich umzuziehen. Das einzig Seltsame, dachte Harry, als er wenig später seine Zahnpasta ausspuckte, war dass das Waschbecken überflüssiges Wasser und Zahnpasta mit einem freundlichen ‚Gluck-gluck' schluckte und dass der Spiegel ihm sagte, er solle sich die Haare kämmen.
Als er das Badezimmer verließ, traf er einen fertig angezogenen Albus Dumbledore, dessen Umhang genauso auffällig war, wie am Tag zuvor, nur war er diesmal dunkelgrün und silbern am Saum.
„Fertig im Bad, Harry?", fragte Mr. Dumbledore.
„Ja, danke."
„Hier sind deine Klamotten. Ich habe sie ein wenig geschrumpft, aber ich fürchte das ist das einzige, was ich im Moment tun kann. Wir müssen bald einkaufen gehen."
Harry wurde noch einmal allein gelassen, als er die Dursley-Klamotten (wie er sie heimlich getauft hatte) anzog und bemerkte, dass das Hemd ihm nicht mehr bis zu den Knien ging und die Hose auf einmal um seine Hüfte passte. Es war eine völlig neue Erfahrung für Harry und er verbrachte eine Weile damit, den elastischen Hosenbund zu weiten und wieder zurückschnellen zu lassen.
Ein leises Flügelschlagen kündigte die Ankunft von Fawkes an, der sehr erfreut war Harry wiederzusehen und das dadurch zeigte, dass er mitten in der Luft vor ihm stehen blieb und seinen Kopf nickte, um gestreichelt zu werden.
Als Albus Dumbledore aus dem Badezimmer kam, fand er Harry mitten in der Luft. Fawkes hielt ihn fest und im Sturzflug flogen die beiden mit einem ‚Wuusssch' durchs Zimmer. Für einen Moment glaubte Albus, sein Herz höre auf zu schlagen.
„Fawkes! Setz Harry ab, sofort!", rief Dumbledore und versuchte, nicht heiser zu klingen.
Fawkes gehorchte und ließ den Jungen direkt vor Dumbledore fallen, sodass er ihn auffangen musste. Harry kicherte so sehr, dass Dumbledore es nicht übers Herz brachte mit ihm zu schimpfen und so sagte er stattdessen, „Lass uns frühstücken gehen, Harry."
~~*~~
Zum Glück hatte das Schuljahr noch nicht begonnen und die Schüler waren noch in den Sommerferien. Im Verlauf der zweiten Augusthälfte waren alle Lehrer aus dem Urlaub wiedergekommen, um sich für das neue Schuljahr vorzubreiten, das am ersten September begann.
Harry war bezaubert von der Großen Halle. Seine Ehrfurcht war deutlich sichtbar, als er sich mit großen Augen umschaute, und versuchte alles auf einmal zu sehen. Begeistert zeigte er Mr. Dumbledore die schwebenden Kerzen und die langen, polierten Haustische. Als Dumbledore Harry seinen Platz am Lehrertisch zeigte, reagierte der Siebenjährige mit angemessen erstaunten „Ooh's" und „Aah's" beim Anblick der goldenen Verzierungen und der roten Seidenbezüge auf den Stühlen.
Letztendlich siegte der Hunger über Begeisterung und Neugier, und Harry setzte sich zwischen Albus und Minerva (mit Hilfe eines Kissens: Vielen Dank, Professor Flitwick!).
„Guten Morgen, Harry", sagte Mrs McGonagall in ihrer knappen Art. „Albus."
„Guten Morgen, Minerva", strahlte Albus gutgelaunt. „Harry, magst du Milch oder Orangensaft?"
„Orangensaft, bitte. Hallo Mrs McGonagall", sagte Harry und lächelte die Dame, die er am Abend zuvor kennengelernt hatte, ebenfalls an. „Wie geht es Ihnen?"
„Mir geht es sehr gut, danke", antwortete Minerva McGonagall und es gelang ihr nicht das Zucken in ihren Lippen zu unterdrücken.
„Harry und ich werden später einkaufen gehen, um ihm ein paar neue Klamotten zu kaufen", begann Albus. „Ich habe mich gefragt, ob du nicht vielleicht mitkommen würdest, da ich ja wenig Erfahrung darin habe, Kleidung für Kinder zu kaufen."
„Nun, das habe ich auch nicht, Albus, oder ist dir entfallen, dass ich keine Kinder habe?", sagte Minerva und rollte die Augen.
„Zwei Köpfe sind besser als keiner", antwortete Albus.
„Zwei Köpfe sind besser als einer, Albus", korrigierte Minerva.
„Ich dachte du behauptest immer, mein Kopf wäre hohl, bis auf Zuckerwatte und Süßigkeiten?"
Minerva McGonagall begann leise die Tage bis zu den nächsten Sommerferien zu zählen, wo sie endlich wieder flüchten konnte.
„Kommen Sie doch mit, Mrs McGonagall", sagte Harry und zupfte an ihrem Ärmel. „Mr Dumbledore hat gesagt, dort gibt es Honig- und Toast-Eiscreme."
Minerva schürzte die Lippen und warf Albus Dumbledore einen tadelnden Blick zu. Beim Anblick seines Unschuldsgesicht jedoch gab sie lächelnd nach.
„Ich komme gern mit, Harry, und ich denke wir werden dir auch gleich eine neue Brille kaufen", sagte McGonagall, während sie seine beschädigte Brille durch ihre eigene begutachtete.
„Ich hab überhaupt kein Geld", fiel Harry plötzlich ein, und er klang beunruhigt.
„Das ist schon in Ordnung, wir haben welches", sagte Albus ernst und vertraulich, während seine Mundwinkel zuckten.
„Das sollten Sie aber nicht für mich ausgeben", protestierte Harry und sah nun wirklich besorgt aus.
„Ich bin jetzt dein rechtmäßiger Vormund, Harry", sagte Dumbledore und überging, dass er offiziell niemanden davon unterrichtet hatte, dass Harry jetzt nicht mehr bei den Dursleys wohnte. Jedoch hatte Arabella mittlerweile zweifellos das Ministerium informiert. „Es ist meine Aufgabe auf dich aufzupassen und außerdem-", Dumbledore lehnte sich zu Harry runter, um in sein Ohr zu flüstern. „-bin ich reich."
„Wirklich?" Harry schien das oft zu fragen.
„Wirklich", bestätigte Albus und erkannte ein kleines Ritual hier. Minerva schaute ihn tadelnd an, doch er zuckte nur mit den Schultern, als wollte er sagen, dass er keine andere Wahl hatte.
„Isst du denn gar nichts?", fragte Minerva besorgt, als sie Harrys leeren Teller und leere Schüssel sah.
„Ich warte bis alle anderen fertig sind", sagte Harry und sah sie mit seinen riesigen, unschuldigen Augen an, die nichts als die Wahrheit sprachen. Minerva warf Albus einen vielsagenden Blick zu und kaute an der Innenseite ihrer Wange, um nichts Schlechtes über die Dursleys zu sagen.
„Hier kannst du anfangen zu essen, wann immer du magst, Harry", sagte Dumbledore. „Möchtest du lieber Toast oder Cornflakes?"
„Cornflakes, bitte", sagte Harry leise. Er sah klein und verloren aus, neben Albus' riesigem verziertem Stuhl.
„Welche Sorte?", fragte Albus und schwenkte sechs Packungen bunt leuchtender magischer Cornflakes vor Harrys Nase. Harry starrte sie an – von solchen Sorten hatte er noch nie gehört. Es gab knusprige Kessel Krunchies (die Severus Snape bevorzugte, zur heimlichen Erheiterung aller), Wundervolle Weizen Wichte, Torkelnde Törtchen (die sich in Teekrüge verwandeln, wenn sie in Milch schwimmen) und Dizzige Dumbos (leuchtend bunte Figuren, die ein wenig wie Elefanten aussahen, taumelten auf der Abbildung wie angetrunken in der Schale), und das alles aus Zutaten, die man tatsächlich essen konnte.
„Albus war diese Woche an der Reihe, die Cornflakes auszusuchen", erklärte Minerva McGonagall einem leicht überwältigtem Harry. „Er nimmt immer die aller seltsamsten."
„Direktor", erklang plötzlich eine unangenehme Stimme. „Warum ist Harry Potter hier?"
„Guten Morgen, Severus", grüßte Dumbledore übertrieben höflich. „Ich bin Harrys neuer Vormund."
„Oh, nein", sagte die Stimme und klang dabei, als wäre das das schlimmste, das sie je zu hören befürchtet hatte. „Bitte, sag mir, dass das ein Scherz ist. Was war an seinen Pflegeeltern falsch – er war die letzten sechs Jahre dort!"
„Nun ja", sagte Albus und fühlte eine weitere Welle Schuldgefühle auf sich zurollen. „Sie waren ungeeignet, deswegen bleibt er jetzt bei mir."
Jeder der Professoren am Lehrertisch lauschte unfreiwillig und brannte nun förmlich darauf, Antworten auf seine Fragen zu bekommen.
„Ungeeignet? Wen schert es – warum ihn hierher bringen?" Die Stimme knurrte jetzt praktisch.
„Nach seiner Familie bin ich jetzt sein Vormund", erklärte Dumbledore unbeeindruckt von der Intensität in der Stimme. Harry nahm die Torkelnden Törtchen und füllte sich vorsichtig seine Schüssel. Er beobachtete wie sie sich zufällig verwandelten und blickte besorgt drein.
„Was ist denn, Harry?", fragte McGonagall, als sie ihm zusah, seinen Cornflakes zuzusehen.
„Verwandeln die sich auch in meinem Bauch, Mrs McGonagall?", fragte Harry besorgt.
„Nein, Harry", antworte Mrs McGonagall und unterdrückte ein Kichern. „Das ist nur ein Zauber, ein magischer Spruch, der beendet wird, sobald die Cornflakes in deinem Bauch sind." Sie goss ihm noch etwas Orangensaft ein und Harry fing vergnügt an zu essen.
„Mrs McGonagall?", sagte die schnippige Stimme. „Seit wann ist Professor McGonagall verheiratet! Was für eine sagenhafte Vorstellung: die prüde Hauslehrerin von Gryffindor auf dem Weg zum Traualtar-"
„Das reicht, Severus", befahl Dumbledore streng – Snape war zu weit gegangen mit dieser Beleidigung. Die anderen Mitglieder des Lehrerstabs betrachteten verlegen ihr Frühstück – wenn Dumbledore diesen Tonfall verwendete, fühlten sie sich alle wieder wie Schulkinder.
„Ich habe nur-", begann die Stimme schmollend.
„Das reicht.", wiederholte Dumbledore ohne die Stimme zu heben. Er machte sich Sorgen um seine langjährige Freundin Minerva, die ziemlich aufgebracht und verärgert aussah.
„Sind Sie verheiratet, Mrs McGonagall?", fragte Harry unschuldig und kam einem seiner beiden Freunde zu Hilfe.
„Ich war es einst", sagte Mrs McGonagall sehr leise, doch es verstand sie trotzdem jeder.
„Was ist passiert?", fragte Harry und griff nach Minervas Hand, als sich ein Schatten auf ihrem Gesicht zeigte.
„Er starb", sagte sie einsilbig und nahm Harrys Hand in die ihre. „Vor langer Zeit."
Die Stille am Tisch war absolut – nur Dumbledore und Madame Pomfrey hatten gewusst, dass Minerva verheiratet gewesen und jetzt Witwe war.
Harry war ein sensibler kleiner Junge, vielleicht weil er in seiner Kindheit keine Liebe bekommen hat, suchte er überall danach und verstand Gesten der Traurigkeit oder sorgenvolle Gesichtsausdrücke, da er sie von sich selbst kannte. Er rutschte – und fiel halb – aus seinem Platz und mit uncharakteristischer Zuneigung (er hatte nie jemanden, der von ihm gemocht werden wollte) krabbelte er auf Minervas Schoss und umarmte sie. McGonagall vergrub ihr Gesicht in seinen zerzausten Haaren und erwiderte die Umarmung, die sie beide beruhigte.
„Meine Mami und mein Papi sind gestorben", sagte Harry nach einer Weile. „Ich kann mich nicht sehr gut an sie erinnern, aber ich vermisse sie. Ich glaube, Sie vermissen Mr. McGonagall auch."
„Ja", murmelte Minerva undeutlich.
„Wir könnten füreinander Familie sein, weil wir keine richtige mehr haben", sagte Harry schüchtern.
„Was meinst du?", fragte Minerva McGonagall matt, während sie sich anders hinsetzte, damit beide es etwas bequemer hatten.
„Ich weiß auch nicht genau", gab Harry betrübt zu. „Tut mir leid."
„Nein, das ist schon okay, Harry, ich wäre gern ein Teil deiner Familie", Minerva lächelte Harry an, als der Kleine sie breit angrinste. Sie lehnte sich vor und küsste ihn sanft auf die Wange.
„Oh!", rief Harry laut. "Wir haben etwas vergessen, Mr. Dumbledore!"
„Etwas vergessen?" Albus erschrak bei Harrys Ausruf.
„Mrs Figgs Geschenk für Tante Minerva", erinnerte Harry und hopste auf dem Schoss der neugetauften Tante Minerva auf und ab.
„Tante Minerva?", fragte eben diese erstaunt.
„Oh, ja!", murmelte Albus, steckte sich sein Stück Toast zwischen die Zähnen und begann die Taschen seines Umhangs zu durchsuchen.
„Großmutter?", fragte Harry, während er Minervas Gesicht genau beobachtete. „Mama?"
„Harry!", protestierte McGonagall lachend.
„Entschuldigung", sagte der kleine Junge, erleichtert sie lachen zu hören.
„Schon in Ordnung", beruhigte Minerva, reichte an Harry vorbei um Albus' Stück Toast aus seinem Mund zu nehmen. Seine Augen lachten sie an und funkelten fröhlich.
„Ah, hier ist es", sagte Albus als er das ‚Geschenk' aus einer unendlichen Tasche nahm.
„Sie hatten gestern einen anderen Umhang an", bemerkte Harry und wunderte sich wie das Geschenk von einem Umhang in den anderen gelangte.
„Magie!" Dumbledore zwinkerte Harry zu. "Bitte schön, meine Liebe, anscheinend magst du den. Bring den Lieferanten nicht um", Albus reichte das Geschenk Minerva und zuckte zusammen, weil er einen Wutausbruch erwartete.
„Oh, ich liebe diesen Lachs!", rief Minerva. „Man bekommt den Guten jedoch nur in Muggel-Supermärkten, seltsam nicht? Ich glaube die Magie verdirbt den Geschmack."
Albus schaute seine Stellvertreterin ungläubig an. „Du magst Fisch", sagte er.
„Mmm-hmm", Minerva nickte zustimmend und zeigte Harry die Dose. „Schmeckt am besten mit einer Schüssel Vollmilch."
Dumbledore starrte sie an – im Grunde starrte sie jeder am Tisch an.
Minerva sah sich um und brach in schallendes Gelächter aus. „Ich liebe es, wenn ich euch auf den Arm nehme", kicherte sie.
Sie hörte ewig nicht auf zu lachen.
~~*~~
Nächstes
Kapitel:
Einkaufen in der Muggelwelt!
Da fließen wieder ein paar Tränen – aber es ist nicht Harry, der weint... *schmunzel*
