Kapitel 8
Claire
war tatsächlich eingeschlafen.
Als sie am nächsten
Morgen die Augen öffnete, stellte sie fest, dass Charlie
ebenfalls schlief. Sie lächelte und kuschelte sich noch näher
an ihn. So könnte ich jeden Morgen aufwachen, dachte sie. Sie
streichelte ihren Bauch, das Baby strampelte wieder.
Sie war sich
bewusst, welches Glück sie hatte - Charlie mochte sie trotz der
Schwangerschaft. Viele Männer schreckte so etwas ab. Aber für
ihn schien es selbstverständlich zu sein, dass das Baby zu ihnen
gehörte.
Die ersten Leute um sie herum wurden wach und
standen auf. Auch Charlie streckte sich und schlug die Augen auf.
„Guten Morgen.", sagte er und fuhr sich durch die Haare.
„Guten Morgen.", antwortete Claire und lächelte ihn
glücklich an. „Hast Du gut geschlafen?"
„So gut wie
schon lange nicht mehr.", antwortete er.
Claire stand langsam
auf.
„Ich verschwinde mal kurz.", sagte sie grinsend.
Das
Baby drückte seit einigen Tagen besonders auf die Blase, also
beeilte sie sich und lief ein Stückchen in den Dschungel hinein.
Als sie stehen blieb, hörte sie ein Rascheln hinter
sich.
Irritiert zog sie die Stirn kraus. Hätte am Rand zum
Dschungel nicht eigentlich jemand Wache stehen sollen?
Ergriffen
von Angst drehte sie sich um. Da war niemand!
Hinter ihr
raschelte es wieder und innerhalb einer Sekunde stand plötzlich
jemand hinter ihr und hielt ihr den Mund zu.
Sie versuchte, sich
dem Griff zu entwinden, doch die Person war zu stark und hielt sie
fest.
„Bleib´ ruhig, dann passiert Dir nichts!",
sagte eine Männerstimme.
Claire klopfte das Herz bis zum
Hals und sie hatte das Gefühl, gleich zu ersticken.
„Ich
beobachte euch.", sagte der Mann. „Schon seit Tagen, Dich und
Deinen Freund."
Claire spürte, wie ihre Beine anfingen zu
zittern und sie fürchtete, dass jeden Moment ihre Knie nachgeben
würden.
„Ich weiß, dass er Ethan getötet hat."
Claire schloss entsetzt die Augen und ihr wurde übel. Der
Mann war also tatsächlich jemand, der zu Ethan gehörte!
„Claire, bist Du hier? Alles in Ordnung?", rief Charlie,
während er näher kam.
Claires Herz wollte zerspringen,
so gerne hätte sie ihn gewarnt, doch sie konnte nicht! Der Mann
stand noch immer hinter ihr und hielt ihr den Mund zu.
Geh
einfach wieder weg, dachte sie.
Statt dessen, kam Charlie aber
immer näher!
Sie hatte noch keinen Blick auf diesen Kerl
werfen können, er klang jedoch bedrohlich und war viel größer
als sie.
Sie konnte Charlie nun sehen, nur noch wenige Meter und
er würde bei ihnen sein!
Dann sah er sie auch schon. Er
blieb geschockt stehen.
„Keinen Ton!", sagte der Kerl.
„Was
soll das?", fragte Charlie und kam vorsichtig einen Schritt näher.
„Bleib´ stehen!"
Charlie gehorchte.
„Wer bist
Du?", fragte er dann weiter und blickte immer wieder nervös zu
Claire.
„Ich will, dass Du Dich auf den Boden legst, Gesicht
nach unten!" antwortete der Mann, ohne auf Charlies Fragen
einzugehen.
„Was soll das werden?"
„Tu was ich sage,
oder Claire -„
„Okay!", rief Charlie und tat, was er
verlangte.
Der Kerl zerrte Claire mit sich und ging hinüber
zu Charlie. Er stellte einen Fuß auf dessen Wirbelsäule
und Charlie biss die Zähne zusammen.
„Du hast meinen
Bruder umgebracht!", sagte er und Claire lief es eiskalt den Rücken
hinunter.
Er will sich rächen, dachte Claire in Panik und
versuchte noch einmal, sich zu befreien.
„Alles was wir
wollten, war das Kind!", sprach der Mann weiter, ohne auf Claire zu
achten.
„Das ist doch krank!", presste Charlie hervor.
Der
Kerl verlagerte mehr Gewicht auf Charlies Rücken und dieser
schrie auf.
„Du bist nicht in der Situation, meinen Bruder zu
beleidigen!"
Charlie versuchte zu atmen, doch Claire erkannte,
dass es zusehends schwieriger für ihn wurde. Sie musste etwas
unternehmen...
Sie holte aus, trat mit aller Kraft nach
hinten und traf das Schienbein des Kerls. Dieser schrie auf und warf
sie zu Boden.
Der Aufprall raubte ihr den Atem und ihr Bauch
schmerzte. Beschützend legte sie die Hände um ihn und
setzte sich auf. Sie versuchte, wieder Luft zu bekommen. Dann blickte
sie hinauf und erkannte den Mann... ja, er war ebenfalls bei den
Höhlen gewesen! Jetzt, da sie ihn sah, wusste sie es! Sein Name
war... Lucas! Ethan hatte mit ihm gesprochen, ihm Befehle erteilt...
Charlie versuchte zwischenzeitlich, sich zu drehen und das
Bein des Kerls zu packen, es gelang ihm aber nicht. Lucas zog ein
Messer aus seinem Hosenbund und griff nach Charlies Haaren.
Er
bringt ihn jetzt um, schoss es Claire durch den Kopf und sie
rappelte sich auf.
Ohne zu zögern lief sie zu Lucas hinüber
und begann, mit aller Kraft auf dessen Rücken einzuschlagen.
Plötzlich knallte es und Claire zuckte zusammen.
Sie
blickte nach rechts und dort standen Jack, Locke und Boone!
Jack
hielt eine Waffe auf Lucas gerichtet. In diesem Moment packte dieser
Claires Arm und zog sie wieder an sich, diesmal hielt er sie mit dem
Messer in Schach.
Boone hielt sich eine Hand an die Stirn, aus
einer Wunde blutete er heftig. Lucas musste ihn niedergeschlagen
haben...
Noch mehr Leute, die den Schuss gehört hatten,
tauchten auf und Hoffnung keimte in Claire auf.
„Lass die
beiden sofort gehen!", forderte Jack und zielte weiterhin auf den
Mann.
„Ich schätze, wir haben hier eine Patt-Situation.",
antwortete dieser nur und gab noch etwas mehr Gewicht auf sein Bein.
Charlie schrie erneut auf.
Locke richtete nun ebenfalls
seine Waffe auf ihn.
„Du weißt genau so gut wie wir, dass
Du nicht mehr hier weg kommst.", sagte Locke.
Mehrere Leute
hatten sich bereits Stöcke oder Steine genommen und bildeten
einen Kreis.
„Er hat meinen Bruder getötet!", rief
Lucas, außer sich vor Wut.
„Und Dein Bruder wollte ihn
töten.", antwortete Jack.
„Ihr Unwissendes Pack!",
schrie er verächtlich, „Ihr seid noch nicht lange genug hier
um zu verstehen, was die Insel fordert!"
Der Kerl ist völlig irre, genau wie sein Bruder, dachte Claire und sie blickte nervös zu Jack hinüber...
