An dieser Stelle möchte ich mich einmal für die vielen lieben Reviews bedanken! Vor allem bei meinem treuen Fan Isidra! knuddel

Kapitel 7

In der Dunkelheit

Der Pfeil schwirrte von ihrer Sehne und grub sich in die Brust des Orks, direkt in sein Herz. Aewrin wusste, dass sie den verdutzen Ausdruck in seinem Gesicht niemals vergessen würde, als er in seinem Lauf inne hielt und ihm sein schartiges Schwert aus der Hand glitt. Er umfasst den Pfeil und zog heftig daran. Dann fiel er.

Mehr bekam sie nicht mit, denn sie hatte schon den zweiten Pfeil aufgelegt und losgelassen, während sie sich immer weiter zurückzog, die Deckung von Bäumen und Büschen ausnutzend. Sie tat es Rumil gleich, der ein ganzes Stück entfernt von ihr durch das Unterholz glitt, seine Pfeile präzise auf die Ziele gerichtet.

Die Orks brüllten im Angesicht der Gegenwehr zornig auf, sie waren schneller, als ihre massigen Körper vermuten ließen. Schon waren sie zu nahe, als dass Aewrin ihren Bogen benutzen konnte. Als der erste Ork auf sie einschlug, hielt sie ihm den Bogen entgegen, der sofort unter der Klinge zerbrach. Die Bruchstücke fielen nutzlos zu Boden und Aewrin sprang zurück, weiteren Schlägen ausweichend.

Drei Orks schoben sich auf sie zu, gerüstet mit schlecht sitzenden Brustplatten und Lederrüstungen. Ihre deformierten Gesichter, verschoben wie von der nachlässigen Hand eines Gottes, grinsten ihr entgegen und sie sah an den schwarzen Augen, die sie musterten, beutegieriges Vergnügen.

Keiner von ihnen machte mehr Anstalten, sie anzugreifen, selbst als sie ihren Dolch zog. Ihre Attacken waren wohl nur dazu gedacht gewesen, sie zu entwaffnen und als sie auf die winzige Klinge in ihrer Hand blickte, überfiel sie ein Schauer.

Ein Pfeil schoss an ihr vorbei und traf einen der Orks in den Arm. Er lachte hässlich auf und im selben Moment hörte Aewrin hinter sich die Geräusche eines heftigen Kampfes. Ihr Herz krampfte sich zusammen, doch sie wagte es nicht, sich nach Rumil umzusehen. Wie gelähmt beobachtete sie, wie der Orks den Pfeil in seinem Arm umknickte und den Schaft fortwarf. Dunkles Blut sickerte an seinem kräftigen Arm entlang.

„Elbe", sagte er langsam und seine Hauer, die aus seinem Mund ragten, der mehr ein Loch war, schienen ihm Probleme zu bereiten, dieses Wort in ihrer Sprache zu formulieren. „Kleine Elbe."

Sie wich zurück, sehr langsam, doch kaum einen Lidschlag später rang ihr von hinten eine kräftige Hand den Dolch aus der Hand und schlang sich um ihren Hals. Sterne blitzten vor ihren Augen auf und eine raue Stimme lachte leise neben ihrem Ohr, als eine grobe Hand kurz tastend über ihren Körper glitt. Ein unzufriedenes Grunzen erklang und der Ork, der sie festhielt, knurrte etwas in seiner kehligen Sprache, woraufhin sich die anderen vor Lachen schier ausschütten wollten.

Der Druck um ihren Hals löste sich und sie taumelte einen Schritt nach vorne, nur um gleich an den Handgelenken zurückgerissen und grob gefesselt zu werden. Dann stieß man sie vorwärts und drängte sie heraus aus den letzten Ausläufern des Goldenen Waldes.

Ihre Füße fanden den Weg über Wurzeln und Steine ohne Probleme, doch mehr als einmal erheilt sie einen Stoß von hinten, der sie taumeln oder stürzen ließ. Bald riss ihre Hose auf und Blut von ihren aufgesprungenen Knien besudelte den feinen, grauen Stoff.

Sie wehrte sich nichts, da sie wusste, dass sie keine Gelegenheit zur Flucht haben würde. Rumil und sie hatten höchstens acht der Orks getötet und die fast zwei Dutzend, die sie umgaben und sich unterhielten, würde sie niemals überwältigen können.

Durch den Schmerz von ihren Knien und ihre Händen, die in den Stricken langsam taub wurden, spürte sie langsam Panik in sich aufkeimen. Die Geschichten, die sie über Orks gehört hatten, prophezeiten ihr kein glückliches Ende. Vergewaltigung, Folter-. Sie schloss die Augen und drehte dann den Kopf, um sie in Richtung des Waldes noch einmal zu öffnen.

Einige Vögel spielten im Sonnenlicht über den Kronen der Bäume, die mit jedem Schritt weiter fortrückten. Das Gefühl der Geborgenheit und ruhenden Kraft, das jeden Bewohner Loriens erfüllte, rann aus ihrem Herzen, langsam, wie das Blut aus ihrem Körper. Der Gedanke an Rumil quälte sie zusätzlich als eine weitere Wunde.

Die Orks trieben sie schnell voran, sich immer wieder argwöhnisch umdrehend, doch sie fanden kein Zeichen für Verfolger. Sie gingen einige Stunden in östlicher Richtung, dem großen Strom entgegen. Die Bewaldung nahm wieder stärker zu und so auch die Möglichkeiten der Orks, sich ungesehen von Beobachtern fortzubewegen, auch wenn das Krachen der klauenbesetzten Füße kaum zu verbergen gewesen wäre, selbst wenn es die Orks gewollt hätten.

Sie rissen aus Spaß Bäume um und machten sich einen Spaß daraus, Aewrin mit kleinen Ästen zu schlagen, um zu sehen, ob sie reagierte. Bald war auch ihre Tunika an mehrere Stellen zerrissen und blutbefleckt, doch Aewrin bot ihnen nicht die Genugtuung, die sie sich wünschten und so wurde der Ton in der Gruppe bald aggressiver.

Die Stunden verrannen schneller, als Aewrin dachte, denn sie verschloss ihren Geist vor den Schmerzen und der Angst und konzentrierte sich auf Bilder, die ihr Freude bereiteten. Ihre Eltern, das Rauschen des Wasserfalls nahe Elronds Haus, der Schimmer von kühler Macht, der Galadriel umgab wie ein Mantel aus Gaze.

Irgendwann ging der Herbsttag endgültig seinem Ende entgegen und die Nacht dämmerte über dem Horizont hinauf. Der Wind zwischen den Bäumen war kühl und zerrte an Aewrins Haaren, Gelegenheit für einen Ork, ebenfalls in den roten Schopf zu greifen und kräftig zu ziehen, so dass sie mit einem kleinen Aufschrei zusammensackte. Gegröle ertönte, dann wies einer der Orks – der, der des Elbischen ein wenig mächtig und augenscheinlich der Anführer war- auf eine kleine Lichtung, auf die sie sich zubewegten und gab einige Befehle.

Mit einigen Tritten trieb man Aewrin zu einem Baum, in dessen Schatten sie noch zusätzlich an den Beinen gefesselt wurde. Ein Ork machte ihr mit Gesten deutlich, dass er ihr die Kehle durchschneiden würde, wenn sie sich auch nur ein Stück weit bewegte. Tatsächlich hockte er sich in ihre Nähe und betrachtete sie argwöhnisch, während er auf dem Waldboden begann, mit Steinen und Hölzern eine Feuerstelle anzulegen.

Eine andere Orks begannen, noch mehr Holz zusammenzusuchen und die Bogenschützen verschwanden im Wald, wohl um zu jagen. Bald knisterten Flammen in der Mitte der Lichtung und als die Dunkelheit endgültig herangezogen war, kehrten auch die ersten Jäger mit zwei Hirschkühen und einigen Kaninchen zurück, die gehäutet und zubereitet wurden.

Die Orks schlangen das Fleisch teils roh, teils gebraten hinunter und stritten sich lautstark um die besten Stücke. Im Stillen hoffte Aewrin, dass von Lorien aus eine Gruppe unterwegs war, um sie zu finden. Schnell zu finden, bevor etwas Schlimmeres geschah. Ihre Augen glitten über die zuckenden Schatten zwischen den Bäumen und meinten dort, vorgegaukelt vom Feuerschein, immer wieder Bewegung zu sehen, doch sie wurde immer wieder enttäuscht.

Je dunkler es wurde, desto aggressiver wurde die Stimmung der Orks. Sie tranken eine dunkle Flüssigkeit aus ihren Wasserschläuchen, die ihr Gelächter und ihre großen Gesten in die Trunkenheit steigerte und immer wieder stand einer der Wesen auf, um zu Aewrin zu gehen und ihr einen Tritt zu verpassen oder sie grob in empfindliche Stellen zu kneifen.

Sie sagte nie etwas und bemühte sich auch, Regungen des Schmerzes zu vermeiden, doch als sie ein Tritt gegen den Kopf traf und sie nach hinten auf den Boden warf, wimmerte sie leise auf. Die Stirn gegen den kühlen Boden gepresst, um ihre Ruhe wiederzufinden, spürte sie, wie Blut aus ihrer geplatzten Lippe floss.

Doch da wurde sie herumgerissen und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie hoch zu dem Anführer der Gruppe, der, während einer seiner Männer Aewrins Hände nahm und über ihrem Kopf auf den Boden drückte, mit einem Grinsen seinen Lendenschurz löste.