Und wie immer: Sarah, danke für die Reviews! knuffl
Kapitel 14
Der größte Schmerz
Elladan wehrte Aewrins Angriff mit spielerischer Leichtigkeit ab, doch sie setzte sofort zu einem neuen Streich mit der leichten, fein ziselierten Klinge an und dieses Mal durchbrach sie seine Deckung ohne Mühe. Mit einem Lachen sprang der Elb zurück und verbeugte sich vor ihr.
„Du hast wenig von Deinem Können verloren, mein Bücherwurm."
Aewrin lächelte und versenkte das Schwert wieder in der Scheide. Sie trat zu der Bank in der Übungshalle, eine weitläufigem Pavillion mit einem dunklen Holzboden und einem gewölbten Dach, in dem sich Zweige naher Bäume verflochten. Der Tag war inzwischen weit fortgeschritten und der Abend näherte sich. Aewrin setzte sich.
„Ich habe zwar lange nicht mehr trainiert – ich weiß gar nicht, warum." Ihre Stimme klang verwundert, so als sei sie aus einem Traum erwacht. „Es waren seltsame Monate. Aber die sind endgültig vorbei."
Elladan wiegte leicht den Kopf.
„Dich belastet doch etwas. Ich kenne das von früher – immer wenn etwas war, musstest Du Dich ablenken."
Aewrins Lächeln war trocken und kurz.
„Ich werde meinen Gefährten verlassen. Er hat mich belogen und benutzt."
Elladan füllte aus einem Krug mit Wasser einen Becher und reichte ihn ihr. Sie nahm ihn mit einem dankbaren Lächeln an und trank einen Schluck.
„Das kommt unerwartet", gab er zu und setzte sich neben sie. „Ich meine – wir hatten das Gefühl, dass Ihr Euch gut versteht. Eure Leidenschaft für Bücher zum Beispiel. Eure Seelen waren sich so ähnlich."
„Leidenschaft ist genau das, was fehlte – und was er in einem kleinen perfiden Plan einsetzte." Sie winkte ab und seufzte leise. „Eine viel zu lange Geschichte, mein Freund."
„Dann wirst Du wieder hier bei uns sein?" Elladan lächelt und nahm ihre Hand in seine.
„Ja, das werde ich. Mit Lorien verbindet mich nichts mehr."
Sie wusste, dass sie log. Im Goldenen Wald lagen ihr Begehren und ihr Herz, bei einem Mann, der sie wahrscheinlich ebenso benutzt und versucht hatte, sie zu manipulieren. Lange hatte sich gegen die Erkenntnis gewehrt, doch in jenem Moment der Klarheit, der sie im Gespräch mit Aragorn überkommen hatte, war sie sich bewusst geworden, dass Haldirs Plan aufgegangen war.
Aewrin liebte ihn, jede Wildheit, die über ihn kam, den Ausdruck seiner Augen, wenn sie weich wurden. Die Wahrheit schmerzte sie ungemein, aber sie konnte sich nicht dagegen wehren. Aber es würde vorbeigehen mit der Zeit. Jeder Schmerz verging, aber sie war sich auch bewusst, dass sie diesen einen immer tief in sich verschlossen tragen würde. Liebe. Leidenschaft. Gefunden in einem Mann, dem sie niemals würde vertrauen können.
„Aewrin? Bist Du hier?" Belegren erschien im Eingang zur Trainingshalle und stutzte kurz, als er die beiden Elben sah. „Ich habe Dich gesucht." Seine Augenbrauen sanken missbilligend herab. „Ich bereite unsere Rückreise nach Lorien vor. Die Herrin erwartet meinen Bericht über die Lage."
Die Elbe erhob sich von der Bank und trat langsam auf ihren Gefährten zu und war froh darüber, Elladan in ihrem Rücken zu wissen. Belegren hatte im Lauf des Tages einige unangenehme Eigenschaften gezeigt, die sie überrascht und ein wenig verängstigt hatten. Ihre Stimme klang ruhig und beherrscht, als sie mit kühlem Nachdruck erklärte:
„Du wirst alleine zurückkehren. Ich sage mich von Dir los."
Belegren trat einen Schritt nach hinten, so sehr schien ich die Nachricht zu treffen, aber Aewrin wusste jetzt, dass es allein sein Stolz war, der einen Schlag bekommen hatte. Drohend ballte der Elb eine Hand zur Faust, ließ sie aber dann wieder sinken, als ein leises Klirren hinter Aewrin unmissverständlich davon kündet, dass Elladan aufgestanden war und seine Waffe gezogen hatte.
„Darf ich fragen, warum?" Er atmete tief ein und aus. „Ist es wegen diesem Bastard?"
Aewrin schüttelte mit einem fassungslosen Lächeln den Kopf.
„Ich kann nicht glauben, dass Du ihn so nennst." Der Blick ihrer Augen bohrte sich in das Gesicht des Mannes, den sie zu lieben geglaubt hatte. Doch nun spürte sie nur noch Verachtung und kalten Zorn. Sie hatte genug getrauert und nach einem Moment der Freundlichkeit gegiert wie ein Verdurstender ohne Wasser. „Ich weiß alles über Euch. Haldir hat versucht, das zu erobern, was Du ihm präsentiert hast, um ihn zu kränken. Doch ich bin keine Sielfigur, weder für Dich, noch für ihn."
Belegren hob abwehrend die Hand und zu einem matten Verteidigungsversuch an.
„Du irrst Dich, Aewrin. Als ich Dich hier in Bruchtal das erste Mal sah, wusste ich, dass wir uns ähnlich sind und nur Du zu mir passen würdest." Sein Blick wurde flehentlich, aber die Berechnung hinter dieser Regung war klar zu erkennen. „Ich dachte, wir wären Freunde."
Sie lachte nur auf.
„Freunde? Das hätte mir niemals genügt und das wusstest Du. Wolltest Du ihn zurück? Oder ihn nur verletzen. Geh, Belegren." Sie wies hinaus in den Abend. „Ich will Dich niemals wieder sehen."
Sein Gesicht verzerrte sich wütend.
„Deine Leidenschaft ist Dein größter Fehler, Aewrin, begreife es endlich. Es ist nicht der Weg, den eine wahre Elbe gehen sollte."
„Ich glaube, sie ist unser aller großer Fehler, meinst Du nicht auch?" Aewrin ließ die erhobene Hand sinken und Trauer füllte ihre Seele. „Aber es ist müßig, darüber zu reden. Verlass Bruchtal nun und wenn Du in Lorien auf Haldir triffst, dann richte ihm aus, dass er durchschaut ist. Und dass ich ihn liebe, auch wenn ich es nicht sollte."
Belegren nickte, seine Züge nun eine Maske wie aus Stein. Noch machte er keinen Anstalten zu gehen, aber als Elladan herantrat und in einer beschützenden Geste eine Hand auf Aewrins Schulter legte, wendete er sich ab und eilte mit langen Schritten davon.
„Du liebst also den Hauptmann von Lorien." Elladan trat neben sie und ergriff ihre Hand, um sie zart zu drücken. „Es wird vorübergehen."
„Ja", sagte Aewrin leise. „Das wird es."
Über ihnen am Himmel zeigte sich der Abendstern und sie lächelte voller Kummer. Aragorns Worte hallten in ihr wieder. Die Liebe galt der Seele, und nicht nur dem Körper. Aber die Liebe konnte nichts ungeschehen machen, was einmal zum Untergang bestimmt worden war.
