Kapitel 8

„Ich weiß. Sie waren auch immer wie eine Mutter für mich."sagte Lucas zu Dr. Kristin Westphalen.

Lucas umarmte die zierliche Person vor sich immer noch. Diese befreite sich dann aber aus der Umarmung. *Komisch. Lucas mochte es doch sonst nie wenn man ihn zu lang umarmte und jetzt kann er nicht genug davon bekommen.* wunderte sich Kristin.

„Lucas ist alles ok bei dir?"wollte sie nun wissen.

Lucas senkte seinen Kopf zu Boden. „Klar mir geht es gut."

Kristin versuchte ihm ins Gesicht zu sehen und plötzlich entdeckte sie ein Träne die seine Wange runterlief.

„Dir geht es nicht gut. Du weinst ja."

„Ich hab was ins Auge bekommen."

„Lucas du konntest mir früher schon nichts vormachen und das hat sich bis heute nicht geändert. Was ist los mit dir?"

Lucas wischte sich die Tränen weg und sah Kristin nun ins Gesicht.

„Können wir uns hinsetzten?"wollte Lucas wissen.

„Natürlich. Lass uns da hinter gehen."Kristin zeigte auf eine kleine Sanddüne an deren Vorderseite eine Windgeschützte Ecke war. Diese zeigte zum Meer hin. Am Hang der Sanddüne wuchsen ein paar Gräser wild durcheinander.

Lucas ging voraus. Und während er auf die Sanddüne zulief stieg ein sehr ungutes Gefühl in Kristin auf. Sie hatte Lucas nie weinen gesehen. Natürlich war er mal deprimiert, aber es war nie wirklich schlimm gewesen und selbst die schlimmsten Katastrophen die sie beide erlebt hatten, hatten ihn nie zum verzweifeln gebracht. Doch jetzt...

Lucas saß bereits als Kristin sich neben ihm niederließ. Während sie noch überlegte wie sie nun das Gespräch anfangen sollte zog der Junge neben ihr eine kleine Metallschachtel aus seiner Hosentasche. Er öffnete diese und holte etwas längliches heraus. Kristin erkannte schnell, das es eine Zigarette war. Gleich hatte Lucas auch ein Feuerzeug bei der Hand und schon war die Zigarette angezündet.

„Seit wann rauchst du denn? Ich dachte du hältst das für schädlich und ungesund."

„Ich hab meine Meinung eben geändert."

Das machte Kristin noch misstrauischer. Sie wusste wie sehr Lucas gegen das rauchen war. Sein Großvater war an Lungenkrebs gestorben. Er hatte viel zu viel geraucht und so hatte Lucas es sich angewöhnt jedem den er rauchen sah einen Vortrag über die Schädlichkeit zuhalten.

„Was ist passiert?"wollte Dr. Westphalen nun endlich wissen.

„Haben sie es noch nicht im Fernsehen gesehen oder in der Zeitung gelesen?"

„Da muss ich dich enttäuschen ich hab so viel zu tun, da hab ich keine Zeit für so was. Nun rück endlich mit der Sprache raus."drängte Kristin.

Mit einem Kloß im Hals antwortete Lucas: „Meine Eltern sind tot."

Dr. Westphalen Gesichtszüge entgleisten. „Oh Lucas das tut mir so leid für dich. Wie konnte das nur passieren?"

„Ihr Flugzeug ist abgestürzt. Sie wollten grad von den Flitterwochen heimkehren."Lucas schnipste den übriggebliebenen Zigarettenstummel weg.

Kristin nahm den Jungen in den Arm. Und streichelte mit ihrer Hand langsam seinen Rücken.

„Wissen sie mein Leben verlief in letzter Zeit ziemlich schlecht. Es ist nicht nur der Tod meiner Eltern."

„Möchtest du es mir erzählen?"

Lucas nickte und fing an Kristin alles zu erzählen. Und diese hörte aufmerksam zu während sie immer ihren auf Lucas Schulter hatte, der seinen Kopf an ihrer Schulter gelehnt hatte.

Kristin unterbrach ihn nicht. Was sie hörte schockte sie. Was musste Lucas alles durchgemacht haben. Westphalen hatte den neuen Captain der SeaQuest früher kennengelernt. Damals schien er nicht so zu sein wie Lucas ihn beschrieb, doch sie glaubte dem Jungen. Lucas würde nie lügen.

Lucas erzählt ihr von dem Besuch beim Beerdigungsinstitut und all den Reportern. Irgendwann war er so erschöpft das er mit dem Kopf auf Kristins Schoss einfach einschlief.

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Es war inzwischen dunkel und ein eisiger Wind zog vom Meer in Richtung Land hinüber. Kristin war kalt, aber sie wollte Lucas nicht wecken, der noch immer friedlich schlief. Sie strich ihm sanft über die Wange. Plötzlich öffnete Lucas die Augen.

„Ich wollte dich nicht wecken, aber hier ist es eiskalt geworden. Bist du einverstanden wenn wir gehen?"

„Ja. Können sie heut Nacht bei mir im Hotel schlafen? Ich möchte nicht so gern allein sein."

„Das ist kein Problem, aber ab morgen kommst du mit zu mir nachhause. Ich lasse dich doch nicht hier im Hotel wohnen. Das ist eh nicht dein Stil. Und mein Haus ist auch nicht weit weg vom Meer, falls du dir das Sorgen macht."

„Ok schon überredet."Lucas warf noch einen Blick aufs Meer, Darwin war nicht zu sehen. Dann drehte er sich um und ging mit Kristin in zum Hotel.

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Als sie auf seinem Zimmer ankamen ging Lucas zum Kühlschrank und holte etwas zu Trinken für sich und Westphalen.

„Diese Leute hier im Hotel machen mich noch ganz verrückt. Haben sie gesehen, wie die uns angestarrt haben als wir reinkamen? Das gleiche haben die auch heut früh gemacht. Als ob es so schlimm wäre mit nassen Sachen ins Hotel zu gehen."

„Mit nassen Sachen?"

„Ich war schwimmen mit Darwin. Da wird man nun mal nass."

„Lucas du bist unverbesserlich."

„Ich weiß."

„Wie geht es Darwin überhaupt?"wollte Kristin wissen.

„Eigentlich ganz gut wenn wir davon absehen das der Captain ihn von Bord vertreiben will."

„Was will er?"

„Das hab ich ja noch gar nicht erzählt. Der Captain kann Darwin nicht leiden und meinte er sei froh das ich ihn mit an Land nehme, weil er dann seine Ruhe vor ihm hätte. Als er so über Darwin sprach musste ich ihm 'leider' eine verpassen."

„Ich kenn dich ja gar nicht so. Früher hättest du so was nie getan."

„Zeiten ändern sich."antwortete Lucas trocken.

Die Sorgen um Lucas stiegen immer mehr in Kristin auf, doch sie versuchte das so gut wie möglich zu verheimlichen.

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Lucas schlief ganz Gentleman auf der Couch und überlies Dr. Westphalen das Bett.

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Am nächsten Morgen wachte Lucas schon sehr früh auf. Zu früh für seinen Geschmack. gerade wollte er aufstehen als Kristin mit einem Tablett um die Ecke kam.

„Morgen Lucas. Ich hab dir Frühstück gemacht."

„Oh toll!"rief der Junge begeistert. Und griff gleich nach dem ersten Brötchen.

Er fing an genüsslich das Essen in sich reinzustopfen während Kristin ganz Hausfrau die Betten bzw. die Couch machte.

Nachdem Lucas mit essen fertig war ging er zu Kristin die immer noch eifrig das Bett aufschüttelte.

„Dr. Westphalen? Ich hätte da eine ziemlich wichtige Frage oder eher Bitte."

„Um was geht's denn?"

„Währen sie damit einverstanden mich auf die Beerdigung meiner Eltern zu begleiten?"

„Natürlich werde ich dich begleiten."

„Danke!"

Lucas warf einen traurigen Blick auf den Boden.

„Du hast doch noch etwas auf dem Herzen, oder?"

„Ja, ich wollte sie schon gestern Abend fragen, aber ich wusste immer nicht wie. Ich muss unbedingt wissen, ob der Captain, ich meine wo..."Lucas unterbrach sich selbst und schaute stumm zur Seite.

Kristin wusste genau was er damit meinte. „Du willst wissen ob ich weiß wo der Captain ist, stimmts?"

Auf einmal sprudelten die Worte nur so aus Lucas' Mund. „Ja! Bitte wenn sie irgendwas wissen, dann müssen sie es mir sagen. Sie und der Captain sie standen sich doch so nahe."

„Lucas ich..."