Joho! Da bin ich ein weiteres Mal. Hehehe... hier gibt's noch nicht viel zu sagen, ihr müsst einfach lesen. Ich werd mal sehen, ob sich die Story lohnt. Also heißt das: Reviewt!!!

@Vicky23: Hiho! Freut mich ja, von dir zu hören! Ja, natürlich hast du Recht mit deiner Vermutung, aber wer schreibt nicht gerne über die Beziehungen im Hause der Truchsen? *lol* Aber ich bin mir sicher, dass du den Verlauf der Story und meine Vorhaben nicht erahnen kannst *evilgrin*... viel Spaß beim Lesen!

@Sara: Uiuiui! Was für eine Review! Welches Lob könnte besser sein? Allerdings muß ich zugeben, dass ich nicht weiß, wie Faramirs Mutter hieß, sonst wäre der Prolog vielleicht etwas persönlicher rüber gekommen? Nun ja... ich werde mich einfach an dich wenden *g*... hoffe, du liest weiter!

Zeichen

Aragorn, König von Gondor, stand an den weißen Baum gelehnt und sah, die leichte Briese genießend, über das weite Land, das sich unter ihm erstreckte. Das schwarze glatte Haar wallte über seine Schultern und dort, wo es nicht von der silbernen Krone beschwert wurde, spielte der Wind damit. Sein Blick haftete stets am Norden oder am Westen, fast nie schaute er nach Osten, dem kargen Land entgegen. Doch manchmal ermahnte er sich, der schrecklichen Zeiten zu gedenken, welche nun ein dreiviertel Jahr zurücklagen, und rief sich immer wieder ins Gedächtnis, dass aus all dem Unheil auch Gutes hervorgegangen war.

Nichts bedeutete ihm heute mehr als die Freundschaft zu denen, die er in seiner schwersten Zeit kennen gelernt hatte. Mit Gimli hatte er einen unregelmäßigen, aber anhaltenden Kontakt erhalten und somit eine Brücke zwischen Menschen und Zwergen geschlagen. Hier und da, wenn Gimli „zufälliger Weise im Land war"– wie der Zwerg es sich immer in den Bart murmelte – brachte er atemberaubende Reichtümer und Schätze aus den Zwergenhöhlen mit. Nur eine Kleinigkeit, wie er Aragorn immer versicherte. Der König musste immer noch über den Kurzwüchsigen lachen, denn der Zwerg hatte während des Krieges nichts von seinem Humor eingebüßt, der Legolas einst beinahe zur Verzweiflung gebracht hatte. Zuerst war Legolas mit ihm gekommen, die ungleichen Freunde waren durch das Land gezogen, hatten ihre Abenteuer fortgesetzt. Doch schon nach einiger Zeit blieb Legolas` Besuch aus und Gimli kam nur noch alleine, zuweilen in der Begleitung einiger anderer Zwerge. Aragorn hatte nicht nach Legolas gefragt, denn er wusste, was geschehen war, welchen Verlust Gimli hatte hinnehmen müssen.

Aragorn atmete tief den Westwind ein. Er trug etwas zu ihm, das ihn immer daran glauben ließ, dass Legolas noch in Mittelerde war. Aber Aragorns Verstand sagte ihm, dass Legolas` Herz ihn gen Westen geboten hatte und der anmutige Elb mit dem goldenen Haar nicht mehr da war. Schwermut erfasste Aragorn für einen Augenblick und er schaute aus, ob er nicht das Meer sehen konnte. Ein weit, weit entferntes Glitzern ließ es ihn vermuten. So viele waren für immer gegangen. So viele. Das sanfte Antlitz der Elben würde Mittelerde nie wieder erfüllen, ihre Anmut war für immer verloren und eines Tages würden sie zu Luftgestalten, nichts weiter als Sagen. Aragorn schwor sich, dass seine Nachkommen diese Geschöpfe niemals vergessen würden.

Ein Lichtstrahl brach durch eine dicke Wolke, die Gerade ihre Runde einsam um den Erdkreis zog und die Sonne über Minas Tirith verdunkelte, einen riesigen Schatten warf.

„Deine Rolle in dieser Geschichte ist nun vorbei, alter Freund,"murmelte Aragorn und sah den Sonnenstrahl wieder schwinden.

In früheren gefährlicheren Zeiten hätte er solch ein Schauspiel, als ein Vorzeichen von Gandalfs Ankunft ausgelegt, aber heute deutete er es als ein Kunstwerk der Natur. Auch Gandalf würde nie wieder kehren. Nie wieder. Vielleicht befand er sich noch in Mittelerde, vielleicht auch nicht. Aber Aragorn wusste, was er vorhatte, nun da seine Zeit in Mittelerde vorbei war und das letzte Mal, das sie sich gesehen hatten, hatte der alte Zauberer sich verabschiedet und Mittelerde seinen Händen überlassen. Den Händen des rechtmäßigen Erben des Thrones. Damals hatte der neue König gewusst, dass er nicht wiederkehren würde... und mit ihm jemand weiteres... Frodo. Der Zauberer hatte ihn eingeweiht, dass er den jungen Hobbit mit sich nehmen wollte. Mit nach Westen. Da Aragorn weder von ihm, noch von Sam, Pippin oder Merry etwas gehört hatte, war er über den Stand im Auenland nicht informiert. Doch erst vor kurzem hatte er einen der Dunedain gebeten, sich auf den Weg dort hin zu machen und nach dem Rechten zu sehen. Dies alles würde sich aber bald erledigt haben.

Die Wehmut wurde mit einem Mal zu groß für den König und schnell versuchte er, sich auf andere Gedanken zu bringen, nicht dem Vergangenen nachzuhängen, sondern der Zukunft entgegen zu sehen. Denn Erfreuliches stand bevor!

Die ganze Stadt war in Unruhe und bei den Vorbereitungen für das große Fest. Seine Frau, Arwen, sein Abendstern, würde bald ein Fest geben, wie es die Menschen noch nicht erlebt hatten. Bald würde sie alle an einer uralten Tradition der Elben teilnehmen lassern. Der Mitsommer stand bevor. Die Elben erbrachten diesem Tag viel Respekt und Arwen wollte um keinen Preis von der Tradition ablassen. Und schon gar nicht, zumal noch etwas bevor stand...

Die Hochzeit Eowyns, Schwester von König Eomer, und Faramirs, Nachfolger des Stadthalters Denethor. Ein kurzer Schauer überlief Aragorn, wenn er an das dachte, was ihm erzählt worden war von der Nacht der Schlacht um Minas Tirith. Er wusste nicht, ob er wünschte, in der Stadt gewesen zu sein, um den Verwirrten aus seinen Wahn zu leiten, oder, ob er froh war, nicht dort gewesen zu sein, diesen Wahn mitzuerleben.

Jedenfalls war Eowyns Trauer um Theoden vorbei und die Zustände in Rohan geregelt. Der Hochzeit zwischen den beiden stand nichts mehr im Wege. Aragorn freute sich darauf, seinen Stadthalter endlich etwas besser kennen zu lernen, denn bisher war kaum Zeit gewesen. Damals im Haus der Heilung war er zu eilig durch seine Pflicht als König und Heerführer gewesen. Nach der letzten Schlacht hatte es den jungen Mann schnellsten weggezogen vom Ort, an dem sein Vater umgekommen war. Er hatte die Einsamkeit gesucht und Aragorn hatte sie ihm nicht verwehren wollen. Nicht nach alledem, was er geopfert hatte für Gondor. Aber allmählich machte es sich bemerkbar, dass der Stadthalter fehlte. Keine Frage, als König konnte Aragorn alles regeln, aber ihm fehlte noch das Verständnis für die offiziellen Sachen, die Papiere! Herr je! Wie er sich mit diesem ganzen Papierkram herumärgerte, ohne durchzublicken, wohin was gehörte!

„Die Hobbits werden mit Gimli anreisen,"eine sanfte warme Stimme hatte sich hinter dem Rücken des Königs erhoben und Aragorn fühlte die Aura seiner Frau, wie sie sich ihm näherte.

Arwen trat an ihn heran und legte ihre schlanken Arme über des Königs Schultern, führte ihre feingliedrigen Finger vor seiner Brust zusammen und küsste seinen Nacken.

Seine Hände wanderten nach oben und streichelten ihre sanfte Haut über den Fingerspitzen, dann den Knöcheln und dann über den Handrücken. Dann drehte er sich in ihrer Umarmung und sah ihr tief in die blauen Augen, während seine Arme ihren Weg um ihre schönen Hüften suchten.

„Das ist schön, ich hoffe, sie werden bald eintreffen."

„Ich weiß, dass du es kaum erwarten kannst, auch wenn du dich in vortrefflicher Zurückhaltung übst,"säuselte Arwen in sein Ohr.

Er strich ihr das seidene Haar aus dem Gesicht, wobei er ihre weiche Haut berührte.

„Du kennst mich besser, als ich mich selbst!"

*~*~*~*

Eomer ritt stolz mit kleiner Eskorte. Nach dem Krieg war es ruhiger geworden und man konnte ohne ständige Angst die Lande durchqueren. Auf seinem Kopf trug er dennoch den gleichen Helm, wie damals in der Schlacht. Der Schmuck aus langem Pferdehaar wehte im Gegenwind und flatterte wild. Schon einige Tage war er unterwegs, hatte sein sich erholendes Reich nur ungern sich selbst, aber auch den Händen fähiger Männer überlassen. Doch die Hochzeit seiner Schwester wollte er sich um keinen Preis entgehen lassen – zumal sie ihm auch die Hölle heiß gemacht hätte, wenn er nicht erschienen wäre. Er freute sich auf seine kleine Schwester, auf die er immer so stolz war und die er über alles liebte. Seine Eowyn hatte sein Herz erleichtert, nach dem Tode Theodens und seiner neu auferlegten Verantwortung. Immer wenn er sich davon erdrückt fühlte, war sie gekommen und hatte ihn aufgeheitert. Ihre Blauen Augen strahlten immerzu und ihre Stärke reichte für sie beide.

Auch wenn es ihm absolut unsinnig erschien, so musste er sich doch eingestehen: wenn Eowyn keine Frau wäre, so würde sie besser auf den Thron passen, als er selbst. Aber sie war eine Frau. Er lachte in sich hinein, als er an ihr schmollendes Gesicht dachte, das sie aufsetze, wenn sie nicht bekam, was sie wollte. Aber schnell versuchte er sich klar zu machen, dass er sie ernster nehmen musste. Sie, die den Hexenkönig von Angmar getötet hatte. War sie im Herzen eine Kriegerin? Mehr noch, als mancher Mann?

Eomer musste plötzlich an seinen zukünftigen Schwager denken. Faramir war sicher weniger Krieger, als Eowyn. Oder vielleicht weniger kriegerisch? Nur eine andere Art Krieger. Ein Stratege? Nicht ein Haudrauf-Krieger, wie Eowyn? Wieder musste der König lachen und dachte über die Besuche der beiden in Rohan nach. Faramir war einige male mitgekommen und hatte ihn persönlich mit einer Weisheit beeindruckt, die er einem Mann seines Alters nicht zugedacht hätte. Sehr ruhig war der Stadthalter Gondors, sehr bedacht und höflich. Doch auch überaus zuverlässig und respektabel. Wenn Eomer über ihn nachdachte, fielen ihm nur sehr nüchterne Worte ein, Faramir zu beschreiben, dabei verband die beiden schon jetzt eine feste Freundschaft. Und er beurteilte ihn streng, denn immerhin würde er in Zukunft über seine Schwester wachen müssen! In der Öffentlichkeit hielt Faramir sich gegenüber seiner Zukünftigen immer zurück, aus Respekt.

Der König wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er seine Männer reden hörte. Scharf zog Eomer die Zügel seines großen Pferdes an und hob die Linke.

„Ho!"rief er, befahl der Eskorte zu halten.

Vor ihnen, keine 100 Meter entfernt, stand ein kleines, aber angemessenes Haus aus Stein, mitten in einem Wald voller grüner Tannen, vor einer größeren Felswand. Ithilien! Sie waren endlich da! Eomer ließ sich schnell vom Pferd ab und stand mit beiden Füßen auf moosbedecktem Boden, der weich unter seinen Füßen nachgab.

Die Luft hier war kalt, aber sauber und frisch. Das Erste mal war Eomer hier gewesen, damals, als Faramir und seine Schwester hergezogen waren, bzw. nur Faramir, da Eowyn es vorgezogen hatte, ihre Trauerzeit in Edoras zu verbringen. Erst nun, da der Trauer Genüge getan ward, war sie bereit gewesen, in dieses südliche Land mit seinen vielen dichten Wäldern zu kommen.

Eomer schritt auf das Haus zu und sein Herz schlug ihm bis zum Halse. Er vermisste Eowyn so sehr, wenn sie nicht in Edoras war. Ihre Heiterkeit fehlte, ihre helle Stimme, die sonst durch die goldene Halle schallte. Er atmete tief ein.

*Ich muß los lassen!* schalt er sich selbst.

Da machte er eine Bewegung vor sich aus. Sofort lenkte er seine Aufmerksamkeit auf den Ursprung und stellte fest, dass die Türe des Hauses sich öffnete und eine Figur darin stand. Eomer kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, wer sich da verbarg. Doch als eine helle Gestalt heraus rannte, war ihm alles klar! Eowyns Haar wehte hinter ihr her, als sie über das feuchte Gras vor dem Haus auf ihren Bruder zu rannte, und glitzerte golden in der Morgensonne, die gerade im begriff war, die Erde wach zu küssen.

Eomer konnte nicht an sich halten, als er ihre wunderschöne, schlanke Figur auf sich zu kommen sah und ohne es richtig zu begreifen, machten sich seine Beine selbständig und bewegten sich in einem schnellen Lauf.

Es war ein berauschendes Bild, als Bruder und Schwester einander in die Arme rannten, sich in einer innigen Umarmung begrüßten und das flachsgelbe, vom Helm befreite Haar des einen, sich mit dem goldenen der anderen verflechtete.

„Eomer! Wie habe ich dich vermisst!"hauchte Eowyn in die Schulter Eomers und drückte ihn an sich.

Eomer lächelte und wagte es nicht, sie los zu lassen.

„Geht es dir gut, Schwester?"

Da sah Eowyn auf, mit großen fragenden Augen.

„Aber natürlich... was ist das für eine Frage?"

Der Bruder lachte, als er sich selbst ertappte, wie er immer noch versuchte, seine Schwester zu beschützen, als sei sie völlig wehrlos. Er winkte entschuldigend ab, wusste aber, dass er seine Schwester in Rage versetzt hatte und ließ eine Zurechtweisung über sich ergehen.

„Es tut mir leid, ich weiß doch, dass du wohl im Stande bist, auf dich aufzupassen. Es ist nur..."

Aber Eowyn brachte ihn zum Schweigen, als sie die Hände in die wohlgeformten Hüften stämmte und Eomer mit einem bösen Blick bedachte. Dieser drehte sich schnell um, in der Hoffnung einer weiteren Auseinandersetzung zu entgehen. Hurtig legte er die halbe Strecke zwischen sich und seinem Gefolge zurück, um den Helm aufzuheben, den er im Lauf vorhin abgenommen und bei Seite geworfen hatte. Dann winkte er seinen Männern zu, sie sollten näher kommen.

Eowyn, ging ihnen entgegen und begrüßte sie angemessen.

„Kommt herein und stärkt euch! Ihr müsst ausgelaugt sein!"

Sie wies der Tür zu und ihr einladendes Lächeln hätte niemandem eine Chance gelassen, abzulehnen.

Gemeinsam ging die kleine Schar zum Haus und eine große breite Gestalt stand im Türrahmen. Eomer nickte zur Begrüßung und versuchte, sich so schnell wie möglich an den Namen des Mannes zu erinnern. Er fiel ihm schließlich ein.

„Beregond! Wie geht es Euch?!"

Der Kräftige verbeugte sich respektvoll und senkte sein Haupt. Aber Eomer gewährte ihm eine kräftige Umarmung.

„Sehr gut, König Eomer! Ich danke Eurer Nachfrage! Wie war die Reise?"

„Sehr gut,"Eomer sah seiner Schwester hinterher, als sie in einem Raum weiter hinten im Haus verschwand und Beregond sie in einen anderen führte, der sich als Speisezimmer entpuppte. „Ein langer Weg in kurzer Zeit. Pferde und Reiter bedürfen der Rast und wollen erst morgen weiter reiten."

Der König sah sich in dem Raum um. Keine Frage, das Haus war klein und nicht zu vergleichen mit der goldenen Halle, aber dennoch schien es geräumig und konnte einigen Gästen leicht Herberge sein.

Beregond wies die Männer höflich an, platz zu nehmen. Die Möblierung in diesem Raum war aus dunklem Holz und wirkte sehr massiv, auch wenn dem gar nicht so war. Alles war relativ einfach gehalten, feine schwungvolle Schnitzereien schmückten Möbel oder Balken. Jedoch standen an den Wänden kunstvoll gearbeitete Figuren, die über den Raum zu wachen schienen. Eomer vermutete die Kunst der Elben dahinter, denn alle die Figuren sahen melancholisch und zartgliedrig aus. Zudem war der Stein aus dem sie waren so fein gearbeitet, wie kaum ein Mensch ihn hätte schaffen können. Der König wusste, dies musste Faramirs Einfluss auf das Haus sein, während Eowyn wohl die Möbel bestimmt hatte. Diese Melancholie war etwas, an das sich Eomer erst hatte gewöhnen müssen, denn zunächst war es ihm unangenehm gewesen, wenn sich zwischen ihm und seinem zukünftigen Schwager diese Stille breit gemacht hatte. Aber mit der Zeit hatte er diese Stille auch zu schätzen gelernt und erfahren, dass ein stilles Beisammensein nicht immer unangenehm sein musste.

„Wo ist dein Herr?"

„Lord Faramir?"entgegnete Beregond. „Er hat Euch in der Tat nicht so früh erwartet, der Tag hat ja kaum begonnen... Früh morgens steht er immer auf, ist sehr ruhig und geht in den Wald, alleine. Nach drei Stunden kommt er dann zurück und ist wie eh und je."

Beregond schüttelte den mächtigen Kopf mit den dunklen Haaren.

„Aber sorget Euch nicht, er weckt mich immer, um auf das Haus aufzupassen... und auf Lady Eowyn."

Eomer hob schnell die Hand.

„Ich bezweifle nicht, dass er für die Sicherheit meiner Schwester sorgt. Gleichsam weiß ich, dass Ihr eurer Pflicht gut nachkommt."

Der größere behäbigere Mann streckte stolz die Brust heraus und schien noch ein wenig zu wachsen unter dem Lob des Königs. Nur zu gut war sich Eomer bewusst, welche Rolle Beregond außerdem zu tragen hatte. In Rohan war es nicht mehr offizielle Sitte, da das Land rau und die Leute einfach waren. Aber Faramir hatte auf den Brauch bestanden, einen „Aufpasser", eine Anstandsdame zu erwählen, während Eowyn unverheiratet bei ihm wohnte. Kurzerhand hatte Eomer befunden, dass Beregond derjenige sein sollte...

Eowyn kam in den Raum mit einem großen Topf, der so heiß war, dass er dampfte. Sie hatte ein dickes Tuch darum gelegt, damit sie sich nicht die Finger verbrannte. Hinter ihr ging eine Magd. Die junge Frau – oder das Mädchen viel mehr – trug zwei Laibe dunkles Brot und lächelte scheu und so unscheinbar, wie möglich dem König von Rohan zu. Eomer war eine beeindruckende Gestalt und wirkte natürlich auch auf Frauen, was er allerdings selten bemerkte, schon seit langem nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt hatte. So kam es, dass er nie in Gesellschaft von Frauen gesehen ward, es sei denn in Eowyns, oder der einer Dienerin.

Mit einem lauten Krachen, setzte sie den schweren Topf auf den Tisch und nahm Tuch und Deckel ab. Den Männern im Raum lief das Wasser im Munde zusammen, als sie den würzigen Geruch des Eintopfes tief einatmeten. Vor allem Eomers Gefolgschaft konnte ihre Freude nicht verhindern und der junge König fand sich unwillkürlich an diese kleinen Geschöpfe erinnert, die Hobbits, welche immer hungrig waren.

Eowyn stämmte die Hände in die Hüften und schnaufte durch, während die Magd schon den Tisch deckte.

„Ich hatte euch nicht so früh erwartet, aber Faramir hat mich heute Morgen geweckt, als er vor meiner Türe vorbei ging. Vor Aufregung hätte ich nicht schlafen können und dies scheint ein glücklicher Zufall, denn ich meine, ihr habt Hunger. So beleidigt eure Gastgeberin nicht und lasst gerade übrig, dass es noch für meinen zukünftigen Gatten ausreiche."

Die Männer, auch Eomer, bestätigten diese Worte mit zustimmenden Jubel und schon teilte die Herrin des Hauses das Essen aus, vergaß sich selbst dabei nicht.

Alles schlang mit Begierde den dicken Eintopf aus den hölzernen Schälchen und manch ein nicht gebildeter, gab so manch ein Geräusch von sich.

Aber Eomer sah während dem Mahl auf und fixierte seine Schwester, die seelenruhig weiter zu essen schien. Ohne den Blick zu heben, wandte sich die weiße Frau an ihn.

„Was ist?"

Eomer grinste.

„Bist du denn nicht aufgeregt?"

Eowyn nahm einen weiteren Löffel und schob ihn sich in den Mund, bevor sie ihm antwortete.

„Sollte ich?"

„Das ist der wichtigste Tag in deinem Leben!"

„Ich denke, historisch gesehen, stimmt das nicht."

Das verpasste ihrem Bruder einen Dämpfer. Doch schon bald kehrte das schelmische Grinsen wieder, denn Eowyn konnte nicht bei sich halten und ein Lächeln kämpfte sich seinen Weg durch die angestrengte Mine, welche nichts preisgeben wollte.

„Ich wusste es,"lachte Eomer. „Rohans Schildmaid hat also doch noch ihr Herz verschenkt!"

Beregond, der in der Nähe saß, schaltete sich ein und Eowyn errötete etwas, so dass ihre sanfte Haut die Farbe einer Apfelblüte annahm.

„Wenn ihr mich fragen wolltet, Herr König, so denke ich dies schon, auch wenn sich Herr und Herrin nicht gerade oft sehen, so ist die Verbindung dennoch da!"

Da brach der Mann ab, sich bewusst werdend, dass er nicht einfach hätte das Wort ergreifen dürfen. Schnell setzte er hinzu:

„Wenn ihr einen einfachen Mann, wie mich fragen wolltet."

Eomer lächelte warm den etwas vorlauten, aber herzensguten Mann an.

„Mein Freund, ich – und ihr wahrscheinlich auch – würde euch wohl als denjenigen bezeichnen, der Lord Faramir am nächsten steht. So steht ihr mir auch nahe und ich respektiere Euer Urteil."

Beregond nickte und sprach also weiter.

„Im Augenblick mag ich noch Anstandsdame sein, doch beide scheinen von gleichem Gemüt, von gleichen Interessen... von gleichem Stand. Und was sich nicht ähnelt, ergänzt sich vortrefflich."

„Jetzt seid aber ruhig!"meinte Eowyn. „Es schickt wahrhaftig nicht, über mich zu reden, als wäre ich nicht da; ich bin es aber. Also bezieht mich mit ein, oder setzt Euer Gerede wann anders fort."

Eomer lachte, aber Beregond mochte dies nicht. Mit einem herzerweichenden Blick suchte er Vergebung bei seiner Herrin.

Sie gewährte ihm und alles schien wieder in Ordnung. Eomer aber fiel etwas auf in ihrer Art... da war etwas, dessen war er sich sicher.

„Bist du heute streitsüchtig?"

„Bitte, was?"Eowyn sah ihren Bruder wieder mit diesen großen Augen an.

„Ich weiß nicht, aber ich vermag es dir heute nicht recht zu machen, weniger noch als sonst..."

Die junge Frau senkte den Blick und nahm einen Löffel Suppe, ließ den Inhalt jedoch wieder zurück in den Teller laufen. Dies wiederholte sie noch einige Male. Eomer erkannte eine Gebärde, die Eowyn als kleines Kind schon angenommen hatte. Immer wenn ihr etwas auf der Seele lag, überkam sie Appetitlosigkeit und sie fing an, mit ihrem Essen zu spielen. Diese Gewohnheit hatte sie in all den Jahren noch nicht abgelegt.

„Was ist?"

Sie legte den Löffel weg.

„Ich weiß nicht. Eigentlich nichts, worüber ich mich sorgen müsste. Aber irgendwie hab ich ein seltsames Gefühl."

Beregond sah seine Herrin bestürzt an, als sei dies das erste Mal, dass sie über etwas Unmut verkündet hatte. Und der König wusste, dass sie nur selten wirklich wegen etwas einen anderen mit einbezog.

„Beregond, war es schon immer so, dass Faramir so früh auf war und bereits zwei Stunden vor der Sonne in den Wald ging?"

Der Mann dachte nach und verdrehte dazu die Augen nach oben.

„Also als überaus überraschend würde ich das nicht bezeichnen. Das hat er früher schon getan... vielleicht ist er einfach noch nicht mit dem Krieg fertig."

Beregond seufzte tief und schwer, ließ seine Schultern sinken.

„Sein Vater hat ihn und Minas Tirith verraten, so viele Freunde sah er sterben, sein Bruder..."

Beregond brach ab, erhob sich und verließ ohne ein Wort das Zimmer.

„Beregond!"rief Eomer beinahe befehlend, aber Beregond kam nicht zurück.

Eowyn saß ungläubig da. Beregond war einer der freundlichsten und gemütlichsten Menschen, an die sie sich erinnern konnte. Tränen? Von ihm? Das passte absolut nicht.

„Willst du, dass ich nachher mit ihm rede?"bot Eomer seiner Schwester an.

Sie löste den Blick von der Türe und ihre großen blauen Augen richteten sich auf ihren Bruder. Sie nickte.

„Vielleicht ist das besser. Männer sollten solche Sachen immer noch unter sich ausmachen. Du kannst mir ja sagen, was dir beliebt."

Im Raum war es still geworden und die Männer zu Tisch wussten nicht, sich zu verhalten. Eowyn drehte sich zu ihnen und wurde wieder ganz die starke Frau und gute Gastgeberin, die sie war.

„Esst, schöpft Kraft für die Reise, die noch bevor steht!"

Als Vorbild nahm sie einen weiteren Löffel... und noch einen... und legte ihn bei Seite, als die anderen wieder aßen.

„Wann wird Faramir zurück sein?"

„Bald."

*~*~*~*

Aragorn stand auf der ersten Mauer der Festung und wieder ertappte er sich dabei, dass er über das Land spähte, als erwarte er etwas, anstatt sich seinen Pflichten zu widmen oder Arwen bei den Vorbereitungen zu helfen.

In den Stuben wurde genäht, ich den Öfen reichlich Brot gebacken und von den umliegenden Feldern allerhand Obst und Gemüse ersteigert. Schweine und Hühner standen in den Ställen und Arwen bearbeitete einen Wein, veredelte ihn durch Gewürze und Heilpflanzen. Doch Arwen schalt ihn weder, noch bat sie um seine Hilfe, streichelte ihm immer nur sanft über den Handrücken, wenn er sie fragte, was er denn tun könne, und meinte, er solle das tun, was er tun müsse.

Wie weise sie doch war und wie dumm er selbst, dass er dem nicht nach kam und einfach seine Zeit hier draußen vertrödelte.

Aber der Wind! Oh, der Westwind! Er wehte in letzter Zeit nur allzu stark! Dies war nicht ungewöhnlich für die Jahreszeit, aber Aragorns innere Ruhe war irgendwie aus dem Gleichgewicht geraten und er war unruhig, rastlos. Rastlos, in den Himmel gen Westen zu schauen.

Er fing an, ein altes Elbenlied zu summen, welches er das letzte Mal bei seiner Krönung vor einem dreiviertel Jahr gesungen hatte. Aber vielleicht würde es ihn beruhigen... Wieder kam eine Böe und wehte sein langes Haar zurück.

Aragorn versuchte seinen Blick zu lösen und endlich diese Mauer zu verlassen. Er wandte sich um und plötzlich sprang ihn irgendetwas an. Wild um sich schlagend, versuchte er sich davon zu befreien, aber in Panik geratene Krallen und Federn, machten es ihm schwer, das Vieh von sich zu schieben.

Doch schließlich ließ es ab und er konnte die Arme herunter nehmen, musste sein Gesicht nicht länger schützen.

„Was war das denn?"schnaufte er hart und versuchte, seine Gedanken zu ordnen, sah zur Festung. „Das hast du vom Träumen, großer König!"

Er lachte leise über sich selbst und wollte gerade einen Schritt vorwärts machen, als...

„Krääh!"

Der König erschrak und sah nach unten auf den Boden.

Direkt vor seinen Füßen, ohne Angst und Scheu, saß ein schwarzer Vogel und schien zu ihm aufzusehen, als würde er ihn kennen, ihm schelmisch ins Gesicht schauen.

Aragorn bekam Gänsehaut. Es graute ihm geradezu. Aber dann kniete er sich hin und bemerkte, dass der Vogel noch immer nicht floh.

„Na, du kleine Krähe? Willst du mir Nachricht bringen von fernen Landen?" lächelte der König.

Wie seltsam bekannt ihm das alles war und welch ein bedrückendes Gefühl ihn beschlich. Er wusste nicht, was dies zu bedeuten hatte, aber er würde bei Gelegenheit Arwen zu Rate ziehen. In manchen Fällen war sie die bedachtere von ihnen beiden. Aragorn erhob sich wieder, schüttelte den Kopf und ging nachdenklich wieder zur Festung. Er hatte Arbeit zu tun. Doch seine Gedanken würden sich den ganzen restlichen Tag um etwas anderes drehen.

Und er wusste nicht, wie berechtigt seine an den Vogel gerichtete Frage war.