Ein mehr oder minder langweiliges Chapi, jedoch schon wichtig für den
Zusammenhang der Geschichte. Außerdem verspreche ich, dass es im nächsten
Chapi endlich mal etwas zu Sache geht und die erste Überraschung auf euch
wartet! Wer FF oder aSR kennt, der weiß, dass ich immer zuerst einen Plot
aufbaue. Storybord ist noch immer nicht fertig, aber immer mehr Ideen
formen sich in meinem kranken Hirn, euch zu überraschen und mit Spannung
bei der Sache zu halten. Eines kann ich schon mal sagen: Wie für HdR
üblich, wird dies eine Longstory und um einiges Länger, als meine anderen
zwei. Hoffentlich werde ich euch bei Laune halten können, bis zum Schluss,
aber bis jetzt bin ich guter Dinge und werde euch schon bald mit Freud und
LEID eurer Helden konfrontieren.
Reisende
Die große Türe zum Thronsaal wurde aufgestoßen und Aragorn sah vom Thron auf, der am anderen Ende positioniert war. Der Botenjunge stand in der Tür und brachte vor Schnaufen kein Wort heraus, lehnte nur am Balken und wies mit der freien Rechten zurück zur Stadt.
Aragorn verstand sofort und sprang auf. Die Unterlagen, welche er gerade noch in Händen gehalten hatten landeten auf dem Boden und mit einem Satz war der König darüber hinweg, rannte quer durch die Halle, an dem Jungen vorbei hinaus ins helle Tageslicht und die Wärme des Sommertages, der sich über Gondor gelegt hatte. Zunächst war der König geblendet, doch mit abgeschirmten Augen hielt er sein Tempo und spürte sein Herz in der Brust schneller schlagen.
Auf der Mauer stand eine Wache, die ihm zuwinkte und bedeutete, dass unten in der Stadt etwas sein musste.
„Ja!"entwand es sich Aragorn unwillkürlich, als er seinen Lauf beibehielt und durch das oberste Tor Gondors stürmte und die letzte der zehn Wände hinter sich ließ. Der König rannte durch die Straßen Minas Tiriths und jeder der ihn sah, musste sich doch sehr über seinen König wundern, der ohne Ross und ohne Gefolgschaft, ohne Frau Arwen unterwegs war, so eilig, dass er nicht einmal grüßte, wenn einer der Soldaten ihm still stand.
Eine weitere Mauer ließ er hinter sich, und noch eine! Plötzlich, als er um eine Ecke bog, lief er in ein ungeahntes Hindernis. Ein Korb mit Kartoffeln fiel zu Boden und die junge Frau, die ihn gerade noch getragen hatte stieß einen Schrei des Erschreckens aus.
„Um Himmels Willen!"rief Aragorn und stoppte sofort, rannte zurück zu der jungen Frau und sammelte schnell die Knollen zusammen, während sie sich vor Überraschung über den König nicht regen konnte.
Was suchte er hier? Was legte er für ein Betragen an den Tag? Da besann sie sich und schalt sich, kniete nieder, den Kopf gesenkt.
„Verzeiht, dass ich Euch im Wege stand, Sire."
Aragorn sah entsetzt auf und starrte sie an. Dann nahm er ihr Kinn in seine starken rauen Hände und zwang sie, ihn anzusehen.
„Nicht Ihr müsst Euch entschuldigen, Kind. Es war meine Schuld und ich bitte Euch um Verzeihung."
Die Frau errötete und half ihm schnell beim einsammeln.
„Was versetzte Euch so in Eile, mein König?"
Aragorn las in aller Hast die letzten Kartoffeln zusammen.
„Freude, nichts als Freude! Freunde kommen! Einen Zwerg und Hobbits erwarte ich, sie kommen zum Fest."
Die Augen des Mädchens weiteten sich.
„Die Helden kehren wieder? Aber was hält Euch dann noch, einer unbedeutenden Magd zu helfen, Sire! Geht, geht! Zum Empfang!"
Aber Aragorn ging nicht bis nicht auch die letzte Kartoffel im Korb war und er der Frau aufgeholfen, sich nochmals entschuldigt hatte. Doch dann rannte er weiter, noch schneller als zuvor.
Im vierten Tor kam er zum Stehen. Seine grauen Augen wurden erhellt, fingen jeden Lichtstrahl der Sonne ein und leuchteten.
Eine dunkle raue Stimme dröhnte durch die weiße Stadt.
„Aragorn! Harhar!"
Darauf folgten aufgeregte Schreie.
„Streicher!"riefen Pippin und Merry, die sich ein Pferd teilten.
Pippin, der es nicht erwarten konnte, vom Pferd zu kommen, versuchte sich herunter zu lassen, doch weil er vorne saß und sich zudem noch im Zaumzeug des Pferdes verhädderte, verlor er das Gleichgewicht und stürzte zu Boden, riß Merry mit sich, der entsetzt aufschrie.
Einer über dem anderen liegend, versuchten sie sich zu enthäddern, was eine ganze Weile dauerte – Pippin war noch immer so ungeschickt wie einstweilen. Aragorn lachte ausgelassen und genoss den Anblick der sich ihm bot. Zwei Hobbits, die immer wieder übereinander kugelten bis sich der König erbarmte und ihnen aus ihrer peinlichen Lage half.
„Nicht so eilig!"versuchte er sie zu beruhigen und als sie endlich wieder auf den Beinen waren, schnappte sich jeder ein Bein von Aragorn, um ihn zu umarmen.
Das war nun mal das einzige, was sie erreichten. Aber sofort ließ er sich herab und erwiderte die herzliche Umarmung und kam sich vor als wäre alles ein kleines bisschen wie früher.
„Schön dich wieder zu sehen, König Streicher!"rief Pippin aus und fing sich eine Kopfnuss von Merry ein. „Entschuldige... ich meine natürlich König Elessar."
Pippin rieb sich den Kopf und zu der Schamesröte gesellte sich auch noch die der Wut über die erhaltene Kopfnuss.
Aragorn schüttelte den Kopf.
„Nicht nötig, sich an solcher Formalität zu stören, meine Freunde! Für euch bin ich sowohl Streicher, als auch Aragorn, als auch König Elessar!"
Und Pippin schaute schnippisch zu seinem Cousin, völlig überlegen.
Dann wandte sich Aragorn auch seinen anderen beiden Gästen zu und begrüßte sie herzlich und mit einer festen Umarmung. Während dessen kamen zwei Wachen gerannt, die sich zum Salut aufstellten, die Helden der Stadt zu empfangen. Es sah etwas chaotisch aus, aber die Ankömmlinge achteten sowieso nicht auf solcherlei Dinge.
„Sam! Gimli! Schön euch zu sehen! Wie war die Reise?"
„Gut, Herr Aragorn!"meinte Sam fröhlich und nahm den Empfang entgegen. „Lange, aber nicht so lange wie damals!"
Aragorn nickte.
„Wir würden uns doch niemals das Ereignis des Jahres entgehen lassen," lachte Gimli, der noch immer auf dem Pferd saß und sich vom König ab helfen ließ.
„Nein, ich hätte Faramirs Hochzeit niemals verpassen wollen!"rief Pippin fröhlich.
Merry verschränkte die Arme, als er sich zu Pippin umdrehte.
„Er meint Königin Arwens Fest, Pippin."
„Nun... ich meine beides!"bestand der junge Hobbit und Merry verdrehte die Augen.
Aragorn fiel natürlich auf dass Frodo nicht zugegen war. Doch er wusste warum und um die fröhliche Gesellschaft nicht zu zerstören erwähnte er ihn nicht, sondern wagte nur einen Blick nach Westen und schickte einen stummen Gruß hinterher, gefolgt von einem Seufzen, welches sich in den Wind legte und mit ihm weit hinaus aufs Meer wehte.
Dann hörte er ein Scheppern und sah, dass Sam seine Pfanne gezückt hatte.
„Dann werde ich uns erst mal was zu Essen zaubern, oder was meint ihr Freunde?"
Pippin und Merry brachen in Freudenschreie aus, aber Aragorn wehrte ab.
„Nicht nötig, Meister Samweis! Bald ist Essenszeit! Lasst uns hinauf gehen und speisen!"
Ohne Widerworte folgen Zwerg und Hobbits hinauf. Der Wortschwall der Halblinge ließ nicht ab, die ganze Zeit und sogar, als sie etwas zu Essen im Mund hatten, erzählten sie weiter von ihrer Reise zurück ins Auenland und nachdem sie damit fertig waren, machten sie mit der Reise nach Gondor weiter. Gimli saß relativ gelassen dabei und gab hier und da einen bestätigende Handbewegung oder Rülpser von sich, um die Aussagen zu untermauern. Am Ende des Mahles zündete er sich eine Pfeife an und rauchte den Tabak, den er als Willkommensgeschenk von den Halblingen erhalten hatte.
Der Redeschwall wurde seichter, als auch die Hobbits sich anschickten, ihre Pfeifen zu stopfen und genüsslich das Kraut zu rauchen.
„Wann kommt Faramir?"fragte Pippin.
Aragorn nahm dankbar etwas Kraut von Sam entgegen und stopfte seine Pfeife.
„Tja, Herr Pippin, das kann ich dir nun gar nicht sagen. Vielleicht morgen oder übermorgen? Es bleiben noch so viele Vorbereitungen, dass ich denke, es kann nicht mehr lange dauern."
Pippin klatschte in die Hände und sprang auf den Tisch, zog seinen Cousin mit sich. Dann fing er an, ein Hobbitlied zu singen, welches natürlich vom Feiern und vom Essen handelte. Merry stimmte fröhlich mit ein und beide tanzten auf dem Tisch im großen Speisesaal, achteten aber darauf, dass ihre großen Füße nicht etwas herunter traten.
Gimli gab ein zufriedenes Brummen von sich und Aragorn wandte sich dem Zwerg zu.
„Es freut mich, dich zufrieden zu sehen, alter Freund,"meinte Aragorn.
Gimli sah ihn an, aber sagte nichts. Statt dessen nahm er einen weiteren Zug von seiner Pfeife und blies gemächlich Ringe in die Luft.
Lady Arwen, welche neben ihrem Manne saß, erfasste die Augen des Zwerges und sah tief hinein.
Aragorn bemerkte dies und war verwundert, dass Gimli dies gar nicht einmal unangenehm schien. Noch gut erinnerte sich der König an die Ankunft in Lorien und Gimlis erste Begegnung mit der Herrin des Waldes, Galadriel. Er war bis zu diesem Augenblick voller Misstrauen und Furcht gewesen. Doch als er sie erblickt hatte und sie ihn aus ihrem Starren entlassen hatte, war er plötzlich völlig anderer Meinung über Elben gewesen. Vielleicht vertraute er Arwen aus diesem Grunde?
„Ich weiß um Eure Sehnsucht, Herr Zwerg und maße mir an, sie nachfühlen zu können,"redete sie leise auf Gimli ein, während sie nach seiner Hand griff.
Der Zwerg drehte sich zu ihr und seine Augen waren so sensibel, wie Aragorn es nur selten gesehen hatte.
„Wenn jemand Sehnsucht nach dem Elbenvolk verspüren muss, so seid Ihr es, oh Herrin! Niemals würde ich es wagen, meinen Verlust gegen den Euren abzuwägen."
„Sagt das nicht! Schon lange ward kein solche Freundschaft mehr entstanden, wie zwischen Euch, Meister Zwerg und dem Prinzen des Düsterwaldes. Darum muss ich sie umso mehr respektieren."Sie machte eine kurze Pause und schaute zum Westfenster, ihr Blick wurde trüb und weit. „Aber ich fühle den Westwind, oh wie heftig, dieser Tage. Und nicht einmal Aragorn bleibt davon unangetastet. Etwas kommt auf uns zu, ich kann es fühlen mit der lauen Luft, die zu uns getragen wird. Geheimnisvoll und unerwartet, unerklärlich."
Aragorn erzitterte, als er seine Frau so reden hörte und die Wahrheit in ihren Worten erkannte. Tatsächlich war dem so, dass er in letzter Zeit ein Gefühl hatte, wie damals. Ein Gefühl, als würde eine Änderung eintreten.
*Sauron ist zerstört,* redete er sich zu und rief sich ins Gedächtnis, dass diese Gefahr nicht wieder kehren würde.
„Kannst du erahnen, was es ist?"fragte er.
Aber sei schüttelte den Kopf.
„Dafür ist es noch zu früh, alles zu weit entfernt... glaube ich. Mein Gefühl mag mich trügen."
„Was fühlst du, Arwen?"
„Ich fühle..."
Gimli und Aragorn starrten die Königin an und warteten, dass sie es ihnen mitteilte.
„Ich fühle, ich bin nicht allein."
„In Rätseln sprecht Ihr, Lady Arwen. Aragorn, was heißt das?"
„Ich vermag es nicht zu erklären,"antwortete er, aber verstand in gewissem Maße, was Arwen Undomiel gesagt hatte.
„Geduldet Euch, Meister Zwerg. Es kommt... es kommt."
*~*~*~*
Eomer überließ Beregond die Führung und ließ sich etwas zurück fallen, wodurch er einmal Faramirs Weg, als auch den Weg seiner fünfköpfigen Gefolgschaft kreuzte. Neben seiner Schwester nahm er dann wieder Tempo auf und ritt ein wenig neben ihr her, bis er schließlich das Wort ergriff.
„Hat er sich gebessert?"grinste er ihr zu.
„Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Man wird sehen, was auf Dauer ist. Was hast du ihm gestern gesagt?"
Eomer dachte an den gestrigen Tag zurück und sowohl der berauschende Wald als auch das Gespräch mit seinem Zukünftigen Schwager kam ihm ins Gedächtnis.
„Wir haben über Männerkram geredet. Du weißt schon. Schwerter, Rüstungen, Frauen. Das Übliche."
Eowyn nahm die Zügel in die Linke und mit der freien Hand verpasste sie ihrem Bruder eine Kopfnuss.
„Autsch! Womit habe ich das verdient?!"
„Du hast es wohl verdient! Wie kannst du nur solche schlechten Scherze mit mir treiben?"
Beide brachen sie in Gelächter aus und es tat ihnen gut, miteinander zu lachen. Was ihnen nicht klar war, war, dass ihr Lachen so ähnlich war. Natürlich seines tief und stark, während ihre klar und glockenhell war, dennoch schien die Art so ähnlich.
„Sag, spielt er oft?"
Eowyn sah nach vorne zu Faramir und ein Lächeln lag auf ihrem schönen blassen Gesicht, ihre blauen Augen strahlten.
„Was meinst du?"
„Spielt er dir oft Flöte?"
Sie drehte sich zu ihm um, aber das Lächeln auf ihrem Gesicht schien nur noch ein steinerner Abglanz von dem Moment zuvor.
„Faramir spielt Flöte?"
„Und sehr gut noch dazu! Das wusstest du nicht?"
Das überraschte Eomer tatsächlich. So gut, wie Faramir spielte, hatte er gedacht, dass er seine Schwester damit sicher hätte erfreuen können.
„Nein! Das habe ich nicht!"Bestürzung lag in ihrer Stimme, aber sie verhielt sich leise.
Eomer sah, dass Faramir wohl nichts mitbekommen hatte. Wenn er sie doch gehört hatte, so zeigte er es nicht. Der König fragte sich, ob es klug gewesen war, Eowyn auch noch damit zu belasten, dass Faramir sie an etwas nicht teilnehmen lies, was er anscheinend sehr gerne tat. Zugleich kamen ihm Zweifel. So sehr er es auch zu verdrängen versuchte, aber es nagte an ihm. War er wirklich der Richtige für seine Schwester? Liebte er sie wirklich?
„Eowyn, wenn etwas sein sollte..."
Sie sah ihn nicht an, starrte nur auf Faramir.
„Ich bin da. Egal was sein sollte."
Sie schwieg.
*~*~*~*
Sie hatten gerade die Grenze Ithiliens erreicht und würden nun bald schon die Gewässer des Anduin erblicken, denen sie sich anschließen wollten. Faramir kannte das Land ganz genau und wusste, wo die Grendzen waren, welche Wälder offiziell noch zu Ithilien gehörten, und welche nicht. Auch die Äußeren hatten den Charme und die Stille des Landes inne. Natürlich nicht genau so, wie die inneren, aber noch fühlte sich Faramir wie zu Hause. Die Pferde machten guten Weg und sie legten weite Strecken in kurzer Zeit zurück. Das Wetter war ihnen hold und die Sonne schien nicht allzu heiß. Ab und zu kühlte sie ein frischer Westwind und erleichterte ihren Weg nochmals.
Faramir seufzte. Vor sich konnte er den kleinen Feldweg sehen, der die Grenze markierte.
„Bleib."
Es fiel ihm sehr schwer, seine geliebten Wälder zu verlassen, aber genauso freute er sich auf das Bevorstehende. Auf seine Hochzeit! Darauf, Aragorn wieder zu sehen und auch baldigst seine Arbeit aufnehmen zu können, die er schon viel zu lange vernachlässigt hatte. Deswegen plagten ihn schon des längeren Schuldgefühle. Auch wenn der König ihn von seinen Pflichten befreit hatte, so lange Eowyn in Edoras verweilt hatte und er sich stark genug fühlte, um nach Minas Tirith zurück zu kehren.
„Geh nicht!"
Fühlte er sich stark genug? War er denn bereit, sich Minas Tirith zu stellen? Als er damals gegangen war, hatte er sich nicht an vieles erinnern können, doch mit der Zeit war einiges wieder gekommen. Bilder: Die Heiler, welche sich über ihn gebeugt hatten, ein Halbling, wahrscheinlich Pippin, Feuer. Eindrücke: Panik, Schreiende Menschen, Hektik. Gerüche: Beißender Rauch, Öl...
Aber er musste diese Vergangenheit hinter sich lassen und der Zukunft entgegensehen.
„Das willst du doch nicht."
Er hatte solche Zweifel.
„Alles in Ordnung? Du siehst blass aus."
Eowyn hatte zu ihm aufgeschlossen und als Faramir sich umdrehte, bemerkte er, dass Eomer die Nachhut übernommen hatte. Jetzt ritt die junge schöne Frau neben ihm und sah in besorgt an.
Er lächelte sie an.
„Aber ja. Ich bin nur etwas nervös. König Elessar hat lange ohne mich auskommen müssen."
Eowyn schüttelte den Kopf und ihr goldenes Haar flutete herab, wie ein Wasserfall.
„Was sorgst du dich so unnötig? Es tut dir nicht gut, dir ununterbrochen Gedanken zu machen über etwas, das du nicht beeinflussen kannst. Verschwende nicht deine Kraft auf solch nichtige Dinge."
Er nahm die Zügel in eine Hand und griff mit der anderen nach der Hand seiner Verlobten, schloss seine schlanken Finger fest um die ihren.
„Du sprichst so wahr... deshalb verspreche ich dir, mich zu bessern. Ich will mehr meiner Kraft auf dich verwenden."
Da strahlte Eowyn und ihr Gesicht schien gleich der aufgehenden Sonne.
„Was tust du da?!"
*~*~*~*
Reisende
Die große Türe zum Thronsaal wurde aufgestoßen und Aragorn sah vom Thron auf, der am anderen Ende positioniert war. Der Botenjunge stand in der Tür und brachte vor Schnaufen kein Wort heraus, lehnte nur am Balken und wies mit der freien Rechten zurück zur Stadt.
Aragorn verstand sofort und sprang auf. Die Unterlagen, welche er gerade noch in Händen gehalten hatten landeten auf dem Boden und mit einem Satz war der König darüber hinweg, rannte quer durch die Halle, an dem Jungen vorbei hinaus ins helle Tageslicht und die Wärme des Sommertages, der sich über Gondor gelegt hatte. Zunächst war der König geblendet, doch mit abgeschirmten Augen hielt er sein Tempo und spürte sein Herz in der Brust schneller schlagen.
Auf der Mauer stand eine Wache, die ihm zuwinkte und bedeutete, dass unten in der Stadt etwas sein musste.
„Ja!"entwand es sich Aragorn unwillkürlich, als er seinen Lauf beibehielt und durch das oberste Tor Gondors stürmte und die letzte der zehn Wände hinter sich ließ. Der König rannte durch die Straßen Minas Tiriths und jeder der ihn sah, musste sich doch sehr über seinen König wundern, der ohne Ross und ohne Gefolgschaft, ohne Frau Arwen unterwegs war, so eilig, dass er nicht einmal grüßte, wenn einer der Soldaten ihm still stand.
Eine weitere Mauer ließ er hinter sich, und noch eine! Plötzlich, als er um eine Ecke bog, lief er in ein ungeahntes Hindernis. Ein Korb mit Kartoffeln fiel zu Boden und die junge Frau, die ihn gerade noch getragen hatte stieß einen Schrei des Erschreckens aus.
„Um Himmels Willen!"rief Aragorn und stoppte sofort, rannte zurück zu der jungen Frau und sammelte schnell die Knollen zusammen, während sie sich vor Überraschung über den König nicht regen konnte.
Was suchte er hier? Was legte er für ein Betragen an den Tag? Da besann sie sich und schalt sich, kniete nieder, den Kopf gesenkt.
„Verzeiht, dass ich Euch im Wege stand, Sire."
Aragorn sah entsetzt auf und starrte sie an. Dann nahm er ihr Kinn in seine starken rauen Hände und zwang sie, ihn anzusehen.
„Nicht Ihr müsst Euch entschuldigen, Kind. Es war meine Schuld und ich bitte Euch um Verzeihung."
Die Frau errötete und half ihm schnell beim einsammeln.
„Was versetzte Euch so in Eile, mein König?"
Aragorn las in aller Hast die letzten Kartoffeln zusammen.
„Freude, nichts als Freude! Freunde kommen! Einen Zwerg und Hobbits erwarte ich, sie kommen zum Fest."
Die Augen des Mädchens weiteten sich.
„Die Helden kehren wieder? Aber was hält Euch dann noch, einer unbedeutenden Magd zu helfen, Sire! Geht, geht! Zum Empfang!"
Aber Aragorn ging nicht bis nicht auch die letzte Kartoffel im Korb war und er der Frau aufgeholfen, sich nochmals entschuldigt hatte. Doch dann rannte er weiter, noch schneller als zuvor.
Im vierten Tor kam er zum Stehen. Seine grauen Augen wurden erhellt, fingen jeden Lichtstrahl der Sonne ein und leuchteten.
Eine dunkle raue Stimme dröhnte durch die weiße Stadt.
„Aragorn! Harhar!"
Darauf folgten aufgeregte Schreie.
„Streicher!"riefen Pippin und Merry, die sich ein Pferd teilten.
Pippin, der es nicht erwarten konnte, vom Pferd zu kommen, versuchte sich herunter zu lassen, doch weil er vorne saß und sich zudem noch im Zaumzeug des Pferdes verhädderte, verlor er das Gleichgewicht und stürzte zu Boden, riß Merry mit sich, der entsetzt aufschrie.
Einer über dem anderen liegend, versuchten sie sich zu enthäddern, was eine ganze Weile dauerte – Pippin war noch immer so ungeschickt wie einstweilen. Aragorn lachte ausgelassen und genoss den Anblick der sich ihm bot. Zwei Hobbits, die immer wieder übereinander kugelten bis sich der König erbarmte und ihnen aus ihrer peinlichen Lage half.
„Nicht so eilig!"versuchte er sie zu beruhigen und als sie endlich wieder auf den Beinen waren, schnappte sich jeder ein Bein von Aragorn, um ihn zu umarmen.
Das war nun mal das einzige, was sie erreichten. Aber sofort ließ er sich herab und erwiderte die herzliche Umarmung und kam sich vor als wäre alles ein kleines bisschen wie früher.
„Schön dich wieder zu sehen, König Streicher!"rief Pippin aus und fing sich eine Kopfnuss von Merry ein. „Entschuldige... ich meine natürlich König Elessar."
Pippin rieb sich den Kopf und zu der Schamesröte gesellte sich auch noch die der Wut über die erhaltene Kopfnuss.
Aragorn schüttelte den Kopf.
„Nicht nötig, sich an solcher Formalität zu stören, meine Freunde! Für euch bin ich sowohl Streicher, als auch Aragorn, als auch König Elessar!"
Und Pippin schaute schnippisch zu seinem Cousin, völlig überlegen.
Dann wandte sich Aragorn auch seinen anderen beiden Gästen zu und begrüßte sie herzlich und mit einer festen Umarmung. Während dessen kamen zwei Wachen gerannt, die sich zum Salut aufstellten, die Helden der Stadt zu empfangen. Es sah etwas chaotisch aus, aber die Ankömmlinge achteten sowieso nicht auf solcherlei Dinge.
„Sam! Gimli! Schön euch zu sehen! Wie war die Reise?"
„Gut, Herr Aragorn!"meinte Sam fröhlich und nahm den Empfang entgegen. „Lange, aber nicht so lange wie damals!"
Aragorn nickte.
„Wir würden uns doch niemals das Ereignis des Jahres entgehen lassen," lachte Gimli, der noch immer auf dem Pferd saß und sich vom König ab helfen ließ.
„Nein, ich hätte Faramirs Hochzeit niemals verpassen wollen!"rief Pippin fröhlich.
Merry verschränkte die Arme, als er sich zu Pippin umdrehte.
„Er meint Königin Arwens Fest, Pippin."
„Nun... ich meine beides!"bestand der junge Hobbit und Merry verdrehte die Augen.
Aragorn fiel natürlich auf dass Frodo nicht zugegen war. Doch er wusste warum und um die fröhliche Gesellschaft nicht zu zerstören erwähnte er ihn nicht, sondern wagte nur einen Blick nach Westen und schickte einen stummen Gruß hinterher, gefolgt von einem Seufzen, welches sich in den Wind legte und mit ihm weit hinaus aufs Meer wehte.
Dann hörte er ein Scheppern und sah, dass Sam seine Pfanne gezückt hatte.
„Dann werde ich uns erst mal was zu Essen zaubern, oder was meint ihr Freunde?"
Pippin und Merry brachen in Freudenschreie aus, aber Aragorn wehrte ab.
„Nicht nötig, Meister Samweis! Bald ist Essenszeit! Lasst uns hinauf gehen und speisen!"
Ohne Widerworte folgen Zwerg und Hobbits hinauf. Der Wortschwall der Halblinge ließ nicht ab, die ganze Zeit und sogar, als sie etwas zu Essen im Mund hatten, erzählten sie weiter von ihrer Reise zurück ins Auenland und nachdem sie damit fertig waren, machten sie mit der Reise nach Gondor weiter. Gimli saß relativ gelassen dabei und gab hier und da einen bestätigende Handbewegung oder Rülpser von sich, um die Aussagen zu untermauern. Am Ende des Mahles zündete er sich eine Pfeife an und rauchte den Tabak, den er als Willkommensgeschenk von den Halblingen erhalten hatte.
Der Redeschwall wurde seichter, als auch die Hobbits sich anschickten, ihre Pfeifen zu stopfen und genüsslich das Kraut zu rauchen.
„Wann kommt Faramir?"fragte Pippin.
Aragorn nahm dankbar etwas Kraut von Sam entgegen und stopfte seine Pfeife.
„Tja, Herr Pippin, das kann ich dir nun gar nicht sagen. Vielleicht morgen oder übermorgen? Es bleiben noch so viele Vorbereitungen, dass ich denke, es kann nicht mehr lange dauern."
Pippin klatschte in die Hände und sprang auf den Tisch, zog seinen Cousin mit sich. Dann fing er an, ein Hobbitlied zu singen, welches natürlich vom Feiern und vom Essen handelte. Merry stimmte fröhlich mit ein und beide tanzten auf dem Tisch im großen Speisesaal, achteten aber darauf, dass ihre großen Füße nicht etwas herunter traten.
Gimli gab ein zufriedenes Brummen von sich und Aragorn wandte sich dem Zwerg zu.
„Es freut mich, dich zufrieden zu sehen, alter Freund,"meinte Aragorn.
Gimli sah ihn an, aber sagte nichts. Statt dessen nahm er einen weiteren Zug von seiner Pfeife und blies gemächlich Ringe in die Luft.
Lady Arwen, welche neben ihrem Manne saß, erfasste die Augen des Zwerges und sah tief hinein.
Aragorn bemerkte dies und war verwundert, dass Gimli dies gar nicht einmal unangenehm schien. Noch gut erinnerte sich der König an die Ankunft in Lorien und Gimlis erste Begegnung mit der Herrin des Waldes, Galadriel. Er war bis zu diesem Augenblick voller Misstrauen und Furcht gewesen. Doch als er sie erblickt hatte und sie ihn aus ihrem Starren entlassen hatte, war er plötzlich völlig anderer Meinung über Elben gewesen. Vielleicht vertraute er Arwen aus diesem Grunde?
„Ich weiß um Eure Sehnsucht, Herr Zwerg und maße mir an, sie nachfühlen zu können,"redete sie leise auf Gimli ein, während sie nach seiner Hand griff.
Der Zwerg drehte sich zu ihr und seine Augen waren so sensibel, wie Aragorn es nur selten gesehen hatte.
„Wenn jemand Sehnsucht nach dem Elbenvolk verspüren muss, so seid Ihr es, oh Herrin! Niemals würde ich es wagen, meinen Verlust gegen den Euren abzuwägen."
„Sagt das nicht! Schon lange ward kein solche Freundschaft mehr entstanden, wie zwischen Euch, Meister Zwerg und dem Prinzen des Düsterwaldes. Darum muss ich sie umso mehr respektieren."Sie machte eine kurze Pause und schaute zum Westfenster, ihr Blick wurde trüb und weit. „Aber ich fühle den Westwind, oh wie heftig, dieser Tage. Und nicht einmal Aragorn bleibt davon unangetastet. Etwas kommt auf uns zu, ich kann es fühlen mit der lauen Luft, die zu uns getragen wird. Geheimnisvoll und unerwartet, unerklärlich."
Aragorn erzitterte, als er seine Frau so reden hörte und die Wahrheit in ihren Worten erkannte. Tatsächlich war dem so, dass er in letzter Zeit ein Gefühl hatte, wie damals. Ein Gefühl, als würde eine Änderung eintreten.
*Sauron ist zerstört,* redete er sich zu und rief sich ins Gedächtnis, dass diese Gefahr nicht wieder kehren würde.
„Kannst du erahnen, was es ist?"fragte er.
Aber sei schüttelte den Kopf.
„Dafür ist es noch zu früh, alles zu weit entfernt... glaube ich. Mein Gefühl mag mich trügen."
„Was fühlst du, Arwen?"
„Ich fühle..."
Gimli und Aragorn starrten die Königin an und warteten, dass sie es ihnen mitteilte.
„Ich fühle, ich bin nicht allein."
„In Rätseln sprecht Ihr, Lady Arwen. Aragorn, was heißt das?"
„Ich vermag es nicht zu erklären,"antwortete er, aber verstand in gewissem Maße, was Arwen Undomiel gesagt hatte.
„Geduldet Euch, Meister Zwerg. Es kommt... es kommt."
*~*~*~*
Eomer überließ Beregond die Führung und ließ sich etwas zurück fallen, wodurch er einmal Faramirs Weg, als auch den Weg seiner fünfköpfigen Gefolgschaft kreuzte. Neben seiner Schwester nahm er dann wieder Tempo auf und ritt ein wenig neben ihr her, bis er schließlich das Wort ergriff.
„Hat er sich gebessert?"grinste er ihr zu.
„Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Man wird sehen, was auf Dauer ist. Was hast du ihm gestern gesagt?"
Eomer dachte an den gestrigen Tag zurück und sowohl der berauschende Wald als auch das Gespräch mit seinem Zukünftigen Schwager kam ihm ins Gedächtnis.
„Wir haben über Männerkram geredet. Du weißt schon. Schwerter, Rüstungen, Frauen. Das Übliche."
Eowyn nahm die Zügel in die Linke und mit der freien Hand verpasste sie ihrem Bruder eine Kopfnuss.
„Autsch! Womit habe ich das verdient?!"
„Du hast es wohl verdient! Wie kannst du nur solche schlechten Scherze mit mir treiben?"
Beide brachen sie in Gelächter aus und es tat ihnen gut, miteinander zu lachen. Was ihnen nicht klar war, war, dass ihr Lachen so ähnlich war. Natürlich seines tief und stark, während ihre klar und glockenhell war, dennoch schien die Art so ähnlich.
„Sag, spielt er oft?"
Eowyn sah nach vorne zu Faramir und ein Lächeln lag auf ihrem schönen blassen Gesicht, ihre blauen Augen strahlten.
„Was meinst du?"
„Spielt er dir oft Flöte?"
Sie drehte sich zu ihm um, aber das Lächeln auf ihrem Gesicht schien nur noch ein steinerner Abglanz von dem Moment zuvor.
„Faramir spielt Flöte?"
„Und sehr gut noch dazu! Das wusstest du nicht?"
Das überraschte Eomer tatsächlich. So gut, wie Faramir spielte, hatte er gedacht, dass er seine Schwester damit sicher hätte erfreuen können.
„Nein! Das habe ich nicht!"Bestürzung lag in ihrer Stimme, aber sie verhielt sich leise.
Eomer sah, dass Faramir wohl nichts mitbekommen hatte. Wenn er sie doch gehört hatte, so zeigte er es nicht. Der König fragte sich, ob es klug gewesen war, Eowyn auch noch damit zu belasten, dass Faramir sie an etwas nicht teilnehmen lies, was er anscheinend sehr gerne tat. Zugleich kamen ihm Zweifel. So sehr er es auch zu verdrängen versuchte, aber es nagte an ihm. War er wirklich der Richtige für seine Schwester? Liebte er sie wirklich?
„Eowyn, wenn etwas sein sollte..."
Sie sah ihn nicht an, starrte nur auf Faramir.
„Ich bin da. Egal was sein sollte."
Sie schwieg.
*~*~*~*
Sie hatten gerade die Grenze Ithiliens erreicht und würden nun bald schon die Gewässer des Anduin erblicken, denen sie sich anschließen wollten. Faramir kannte das Land ganz genau und wusste, wo die Grendzen waren, welche Wälder offiziell noch zu Ithilien gehörten, und welche nicht. Auch die Äußeren hatten den Charme und die Stille des Landes inne. Natürlich nicht genau so, wie die inneren, aber noch fühlte sich Faramir wie zu Hause. Die Pferde machten guten Weg und sie legten weite Strecken in kurzer Zeit zurück. Das Wetter war ihnen hold und die Sonne schien nicht allzu heiß. Ab und zu kühlte sie ein frischer Westwind und erleichterte ihren Weg nochmals.
Faramir seufzte. Vor sich konnte er den kleinen Feldweg sehen, der die Grenze markierte.
„Bleib."
Es fiel ihm sehr schwer, seine geliebten Wälder zu verlassen, aber genauso freute er sich auf das Bevorstehende. Auf seine Hochzeit! Darauf, Aragorn wieder zu sehen und auch baldigst seine Arbeit aufnehmen zu können, die er schon viel zu lange vernachlässigt hatte. Deswegen plagten ihn schon des längeren Schuldgefühle. Auch wenn der König ihn von seinen Pflichten befreit hatte, so lange Eowyn in Edoras verweilt hatte und er sich stark genug fühlte, um nach Minas Tirith zurück zu kehren.
„Geh nicht!"
Fühlte er sich stark genug? War er denn bereit, sich Minas Tirith zu stellen? Als er damals gegangen war, hatte er sich nicht an vieles erinnern können, doch mit der Zeit war einiges wieder gekommen. Bilder: Die Heiler, welche sich über ihn gebeugt hatten, ein Halbling, wahrscheinlich Pippin, Feuer. Eindrücke: Panik, Schreiende Menschen, Hektik. Gerüche: Beißender Rauch, Öl...
Aber er musste diese Vergangenheit hinter sich lassen und der Zukunft entgegensehen.
„Das willst du doch nicht."
Er hatte solche Zweifel.
„Alles in Ordnung? Du siehst blass aus."
Eowyn hatte zu ihm aufgeschlossen und als Faramir sich umdrehte, bemerkte er, dass Eomer die Nachhut übernommen hatte. Jetzt ritt die junge schöne Frau neben ihm und sah in besorgt an.
Er lächelte sie an.
„Aber ja. Ich bin nur etwas nervös. König Elessar hat lange ohne mich auskommen müssen."
Eowyn schüttelte den Kopf und ihr goldenes Haar flutete herab, wie ein Wasserfall.
„Was sorgst du dich so unnötig? Es tut dir nicht gut, dir ununterbrochen Gedanken zu machen über etwas, das du nicht beeinflussen kannst. Verschwende nicht deine Kraft auf solch nichtige Dinge."
Er nahm die Zügel in eine Hand und griff mit der anderen nach der Hand seiner Verlobten, schloss seine schlanken Finger fest um die ihren.
„Du sprichst so wahr... deshalb verspreche ich dir, mich zu bessern. Ich will mehr meiner Kraft auf dich verwenden."
Da strahlte Eowyn und ihr Gesicht schien gleich der aufgehenden Sonne.
„Was tust du da?!"
*~*~*~*
