So, hier ein weiteres Kapitel. S wird immer undurchsichtiger g...
Celebne: Tut mir leid, dass ich dich immer so lange warten lasse, aber es ist so deprimierend, dass so wenige Reviews kommen (deine ausgenommen ;-)) also dank dir!
Dunkle Träume
Sie rümpfte die Nase. Ein Windstoß strich über ihre weiße Haut und verwirrte einzelne Strähnen ihres flachsenen Haares, welches sich darauf mit Grashalmen verwickelte. Dann musste sie doch niesen...
„Hatschi!"
„Wohlbekomms!"wünschte jemand an ihrer Seite.
Sie drehte sich um, wobei die Decke über ihr sich mitbewegte und blinzelte verschlafen.
„Schon so früh? Es ist ja noch dunkel!"
Eomer lachte und strich ihr über das goldene Haar. Diese Situation erinnerte ihn an früher, als Ihr Vater sie angewiesen hatte, aufzustehen und zum Frühstück zu erscheinen, das nach Eowyns Meinung immer viel zu früh gewesen war. Dann hatte sie sich immer im Bett herum gedrückt, bis Eomer gekommen war, um sie vor einer weiteren Schelte ihres Vaters zu bewahren. Erst mit dem herannahenden Krieg und Krima Schlangenzunges hatte sie ihre Langschläfrigkeit abgelegt und war noch ehe der Sonne wach geworden.
„Aufstehen Langschläfer,"sagte der König, wie er es als Kind getan hatte. „Du verpasst das Frühstück! Außerdem ist es nur dunkel, weil wir Wolken am Himmel haben. Es wird regnen, deshalb müssen wir los."
Eowyn hob den Kopf etwas und wurde sich gewahr, wo sie war. Die Männer waren bereits dabei, das Lager abzubauen.
„Faramir?"
Eomer hatte gewusst, dass diese Frage kommen würde.
„Er ist noch nicht wieder da."
Sie ließ den Kopf wieder auf das Feldbett sinken.
„Dann reite ich noch nicht los."
Eomer schnaubte und erinnerte an ein Pferd.
„Komm schon Schwesterchen, er kennt sich hier bestens aus und wird den Weg auch sicher allein zurück finden. Wer ist hier zu Hause? DU oder Er?"
Sie stand auf und legte ihre Decke zusammen.
„Dann werde ich ihn suchen."
„Denkst du, ihm ist etwas passiert?"
Sie sah auf, völlig emotionslos. Dann schnaufte sie.
„Weißt du... ich erwische mich oftmals dabei, dass ich ihn beschützen will,"gab sie zu.
Eomer lächelte.
„Manchmal macht er einen so hilflosen Eindruck auf mich, wenn er da so gedankenverloren vorm Haus sitzt oder im Stall steht. Dann glaube ich, dass er den Krieg noch nicht verwunden hat. Dann glaube ich, dass er den Tod seiner Familie nicht ertragen kann. Und vor lauter Trauer will ich ihn dann vor allem beschützen, das ihm irgendwie Schaden zufügen könnte."
Ihr Bruder nahm ihr Kinn hoch und sah ihr tief in die Augen.
„Ich weiß, wie du empfindest, Schwester. Wenn ich dich sehe, in dieser schönen zarten Gestalt, so wünsche ich nichts mehr, als dich vor allem Leid zu bewahren."
Er lachte auf.
„Jedoch muss ich oft einsehen, dass du mich nicht brauchst, dass du dich deiner erwehren kannst. Oder dass du es gar nicht anders willst, als dich in Schwierigkeiten zu bringen. Und dann wird mir klar, dass du weißt, was du tust, so hoffe ich es jedenfalls. Du bist eine erwachsene Frau und die mutigste Tochter Rohans, die unser Land je gesehen hat. Wer bin ich schon, dass ich glaube, dich beschützen zu können."
Eomers Worte rangen seiner Schwester ein Lächeln ab und sie umarmte ihn.
„Vorsicht! Da ist jemand im Wald!"sagte einer der Männer gerade laut genug, um alle zu warnen.
Die Geschwister sprangen auf und spähten in den Wald. Eomer zog sein Schwert und war sich vage bewusst, dass auch seine Schwester auch eines in Händen hielt.
„Wer ist da!?"rief er. „Gebt Euch zu erkennen, Fremder!"
Der König war sich sicher gewesen, etwas gesehen zu haben, jedoch waren seine Augen nunmehr nicht ihm Stande dieses zu sehen. Der Wald war völlig leer.
„Ruhig! Ich bin es!"
Eomer atmete auf, aber seine Augen wanderten noch immer suchend umher.
„Faramir?"
Dort! Es löste sich eine schlanke Gestalt aus den Bäumen und kam langsam auf sie hinzu.
Eomer schüttelte sich und blinzelte. Er hatte den Stadthalter nicht erkennen können, auch wenn dieser ganz klar aus den Bäumen hervor ging.
Eowyn zog die helle Stirn in Falten. Auch sie hatte Faramir beim besten Willen nicht ausmachen können. Ihr Mann schien besser um den Schutz der Bäume im Wald zu wissen, als sie. Jedoch wusste er es nicht besser im Umgang mit Pferden.
„Wo ist dein Pferd?"fragte sie und ging auf ihren zukünftigen Gatten zu, um ihn zu umarmen.
„Ich habe die Orks verfolgt, als ich in eine größere Gruppe hinein geraten bin. Mir blieb nichts, als mitten hindurch zu preschen und dann so schnell wie möglich Abstand zwischen uns zu bringen. Als ich weit genug weg war, ließ ich es laufen, denn allein, konnte ich mich besser verstecken. Bin ich euch gerade fand, habe ich etwa zwei Dutzend Orks umgebracht, der letzte liegt keinen Kilometer von hier."
Er drückte Eowyn etwas von sich weg und schaute fragend in die Runde.
„Warum habt ihr mir nicht geholfen? Beregond, ich glaube mich zu erinnern, dass du hinter mir geritten bist."
Der große Mann kam heran und sah Faramir entsetzt an.
„Aber ich war hinter Euch! Nur wart ihr plötzlich im Wald verschwunden, das Dickicht war mir undurchdringlich und ich war mir auch nicht sicher, wie Ihr das geschafft haben konntet. Als ich dann auch nichts mehr von Euch hörte, hielt ich an, ritt ein wenig umher, nach Spuren suchend. Doch Faramir! Ich habe nichts mehr von dir gesehen!"
„Das sagtest du uns aber nicht!"meinte Eomer.
Beregond sah schuldbewusst auf den Boden.
„Ich wollte Frau Eowyn nicht beunruhigen,"meinte er. „Faramir, ich habe keinen Laut von der Schlacht gehört! Wie kann das sein? Wie weit warst du denn weg?"
Faramir zog die Braue hoch und sah sich skeptisch um.
„Sollten es doch mehr Meilen gewesen sein, als ich schätzte? Kenne ich meine Wälder denn so schlecht?"
Eomer überlegte, der Sache nachzugehen, aber seine Gedankengänge wurden von Faramir unterbrochen.
„Wie dem auch sei. Wir sollten uns auf den Weg machen. Nicht, dass sich auch noch der König von Gondor um uns sorgen muss. Von den Orks muss er wissen, denn sie sind hinter den Grenzen des Anduin und können weiter durch die Lande streifen bis hin zum Ozean. Also lasst uns reiten."
In diesem Augenblick fing es an, zu regnen.
„Es ist mir nicht recht, diese Nacht auf sich beruhen zu lassen. Bald wird der Regen die Spuren verwischt haben und unsere Chance darauf, herauszufinden, was sich wirklich vorgetragen hat. Doch zu viel ist auch noch zu erledigen und je länger wir warten, desto weniger Zeit haben wir. Also sattelt die Pferde und setzt auf. Wir reiten weiter!"
Wie der König gesagt hatte, geschah es auch. Faramir war gerade dabei, bei seiner Frau auf zusetzten, als Eomer ihn nochmals zur Seite holte.
„Eines sage mir noch, mein Freund und Schwager: Woher wusstest du von dem Angriff? Du warst alarmiert, noch bevor wir ein Anzeichen für Gefahr sahen."
Faramir sah zurück in den Wald von wo er gekommen war. Seine grauen Augen schweiften über die Bäume und durchdrangen sie.
„Ich kann es nicht sagen. Ich wusste es einfach."
Ein tiefer Seufzer ging durch den großen Raum und erstarb irgendwo in den Tiefen des großen Ganges.
Boromir saß auf seines Vaters Bett und starrte auf das riesige Gemälde, das den Steward von Gondor in seinen besten Jahren zeigte. Boromirs graue Augen wanderten über die Leinwand – auf und ab. Sein Herz verkrampfte sich, als er den vermeintlichen Blick seines Vaters kreuzte. Mit harter Mine schien Denethor auf ihn herab zu sehen . Boromir kannte das Gemälde, jedoch war ihm dieser Ausdruck niemals so furchtbar grausam vorgekommen. Schnell wandte er das Gesicht ab und ließ sich zurück auf das weiche Lager fallen. Tief versank er in den Laken und Kissen.
Seltsam, so dachte er bei sich, seltsam, dass hier noch immer alles so ist, wie es einst war. Wie es war, als ich weg gegangen bin. Warum Aragorn das Zimmer wohl noch nicht geräumt hat?
Boromir beschloss, den König später danach zu fragen.
Der junge Soldat griff neben sich und fühlte die raue Oberfläche eines ihm wohlvertrauten Gegenstandes. Er drehte den Kopf leicht und besah sich den Gegenstand zu seiner Linken.
Sein Horn, das Horn Gondors, hatte auf dem Bett gelegen, als er hereingekommen war. Gespalten... Mit Grauen überkamen die Schatten jenes Tages den Mann und Boromir fühlte seinen Leib zittern. Er wollte ihn bezwingen, damit aufzuhören, wollte seinen Geist dazu bringen, ruhig zu werden und die Erinnerung verdrängen, jedoch brach es über ihn herein, wie eine Sturzflut.
Der riesige Urukhai stand zwanzig Meter von ihm entfernt und Boromir konnte das knacken des Bogens hören, als er ich knarrend gegen die raue Hand auflehnte, die ihn spannte. In diesem Moment war Boromir nichts weiter duch den Kopf gegangen, als ein Vergleich: Der dicke knarrende Bogen des Urukhais gegen Legolas schlanken, zarten, surrenden Elbenbogen aus Lorien. Boromir gingen tausende von Kleinigkeiten durch den Kopf. Die silberne Sehne, die Schnitzereien, die dünnen Pfeile mit schillernden Federn... keine Ahnung, warum, aber es kam ihm einfach in den Kopf... und dann kam ihn ein dritter Bogen in den Sinn: Einfach, aus Haselnussholz, ohne Zierde. Faramirs Bogen. Faramir! Er musste zurück kehren! Wer sonst würde den Zorn und den Unmut ihres Vaters von seinem kleinen Bruder ablenken? Warum hatte er sich nicht mehr für ihn eingesetzt?
Ein Rausch von Schuldgefühlen durchfuhr Boromir, mitsamt eines Pfeiles, dessen Eindringen in seine Schulter er nicht bemerkt hatte. Schuld! So große Schuld! FRODO!!! Was hatte er nur getan! Er riss sich hoch und wehrte eine grässliche Gestalt ab, die auf ihn zugekommen war. Neben sich rannte eine weitere, die an ihm vorbei wollte.
Nein! Ihr bekommt Pippin und Merry nicht!
Zorn und Hass breitete sich in Boromirs Innersten aus und er schwang sein breites Schwert, dem Körper des angreifenden Urukhai direkt entgegen.
Ein Ruck durchfuhr ihn und ein Brennen in seiner Brust sagte dem Mann aus Gondor, dass etwas nicht in Ordnung war. Seine Knie gaben nach und er fiel zu Boden.
Ich bin schuldig!
Der Gedanke ließ Boromir nicht mehr los. Seine Gedanken schwirrten um Frodo, den er an den Ring verraten hatte, um Faramir, den er an seinen Vater verraten hatte... um Aragorn, seinen König, den er an die Dunkelheit verraten hatte. Und da erkannte Boromir, welch ein Narr Denethor gewesen war. Sein geachteter Vater! Wie hatte er nur so blind sein können? Wie konnte er seine Schuld wieder gut machen?
Es gab keinen Weg. Nur unscharf konnte Boromir zwei Pfeile in Brust und Schulter erkennen, als er an sich herab sah. Er war schuldig und würde auch so in den Tod gehen. Jedoch wollte noch eines tun, um nicht auch noch den beiden Hobbits gegenüber schuldig zu werden.
Mit der Kraft eines verwundeten Raubtieres riss er sich hoch und hob das Schwert. Auf sein Verderben! Es war ihm einerlei! Mit Brüllen warf er sich einem Ork nach dem anderen entgegen, erschlug etliche Urukhai.
Wieder spürte er ein Stechen in der Brust.
Das Atmen fiel ihm immer schwerer und langsam verschwamm sein Blickfeld, drohte, sich seinem Willen zu entziehen.
Er stellte fest, dass er wiederum auf ein Knie gesunken war. Wieder raffte er sich auf. So viele Feinde! Sie waren überall! Wie sollte er nur gegen sie ankommen? Um ihn herum lagen bereits zwei dutzend tote Körper, manche mit klaffenden Wunden, andere mit fehlenden Gliedmaßen. Jedoch erkannte der Krieger, das Unvermeidliche – er konnte nicht standhalten.
Aragorn!
Boromir fühlte das Blut aus seinem Kopf weichen, als ihn etwas beinahe umwarf. Er hielt inne. Die Zeit verging plötzlich viel langsamer. Er sah die Hobbitgesichter, wie sie ihn voller Grauen ansahen und Panik in ihren Augen aufstieg. Pippin schrie etwas, das der Mann nicht hören konnte. Boromir sah wieder an sich herunter. Blut! So viel Blut! Es war seines! Vier Pfeile glaubte er zählen zu können.
Seine Beine gaben nach. Mit entsetzen verfolgte er, wie zwei von diesen Monstern zu Merry und Pippin rannten und sie ihrer Waffen entledigten, sich unsanft auf ihre Schultern warfen und mit sich nahmen.
Er selbst blieb zurück und vernahm wieder dieses knarren. Als er aufsah, blickte er direkt auf die Spitze eines dunklen dicken Pfeiles, der auf seinen Kopf zielte.
Dies war also das Ende.
Mit all seinem Mut, der noch geblieben war, blickte er die grausame Gestalt vor ihm an und erwartete den sicheren Tod.
Da verschwamm alles! Die Bewegungen, welche sich um ihn taten, waren zu schnell, aös dass er sie noch hätte verfolgen können.
Doch einen Augenblick hatte er gedacht, die Silouette des Königs sehen zu können, wie er in Hermelin und mit Bart vor ihm stand und den Pfeil von ihm ablenkte.
„Aragorn,"seufzte Boromir entkräftet und ließ sich fallen. Er versank in das rötliche Laub und dachte nicht mehr.
Als er schon tot zu sein glaubte, fühlte er die Wärme starker, aber sanfter Hände, spürte, wie sein Körper bewegt wurde, den er kaum noch zu regen im Stande war.
Als er die Augen öffnete, wusste er warum er gerade Linderung verspürt hatte.
Die Hände des Königs sind Hände eines Heilers, so hatten die alten Heilweiber immer gesagt.
„Aragorn! Ich... ich... habe Frodo verraten! Ich..."
„Boromir! Hey... alles in Ordnung?"
Boromir öffnete die Augen und fand, dass aller Schmerz verschwunden war, dass er klar sehen konnte und nur die Sonne ihn blendete. Über ihm gebeugt, war Aragorn, dessen schöne graue Augen ihn besorgt ansahen.
Der Soldat sprang auf und fummelte an seinem Hemd herum. Seinen Gürtel ließ er einfach fallen und dann riss er das Hemdstück auf. Tastend untersuchte er Brust und Bauch.
„Die Wunden! Sie sind weg!"
Aragorn trat näher und besah sich den kräftigen Körper des Mannes vor sich. Seltsamerweise schien Boromir immer noch genauso kräftig, wie jeher zu sein, trotzder langen Reise vom Anduin bis auf das Meer. Sachte tastete auch Aragorn Boromirs Bauch und Schulter ab. Zu seiner Verblüffung war nicht einmal eine Narbe zurück geblieben.
„Welch ein Wunder!"brachte er heraus.
In seinem ganzen leben hatte er so etwas noch nicht gesehen.
„Nicht ein Kratzer ist dir geblieben, Boromir! Was schützt dich nur? Eine große Macht muss es sein..."
Boromir seufzte.
„Und eine gute,"fuhr Aragorn fort. „Was sonst vermag solch wunderbares Werk zu vollbringen?"
Boromir schüttelte den Kopf.
„Ich vermag es nicht zu ahnen. Jedoch fürchte ich mich vor dem Wesen, das dies vollbracht hat."
Aragorn nickte. Er sah sich das Gemälde an, welches direkt vor dem Bett hing und darüber wachte.
„Du möchtest im Zimmer deines Vaters wohnen?"
Boromir nickte.
„Ich denke, die wenigsten werden auf die Idee kommen, hier herein zu kommen. Lasst mich hier schlafen, König Aragorn, im Bette meines Vaters, der mir zu früh genommen wurde. Denn trotz seiner Makel ward er mir zu früh genommen und ich habe seinen Tod noch nicht verwunden."
„Ich verstehe, was du fühlst. Da der Raum sowieso dem Statthalter vorbehalten ist, ist es dein Recht, ihn in Anspruch zu nehmen, Boromir."
Der Soldat sah erschrocken auf.
„Dann ist es Faramirs Anspruch, den ich erhebe?"
„Noch hat Faramir nicht offiziell seine Arbeit angetreten. Du bist der erstgeborene, Boromir, die Würde steht dir zu."
Ein Knoten löste sich aus Aragorns Hals, als er es endlich über sich gebracht hatte, auszusprechen, was der Wahrheit entsprach.
„Nein! Nein, das kann ich nicht! Mein Anrecht ist verwirkt! Faramir gehört an Eure Seite, Herr!"
Aragorn drehte sich um und legte eine Hand auf Boromirs Schulter.
„Du weißt, dass das nicht wahr ist. Du hast ebenso ein Anrecht darauf. Aber beschwere dich nicht mit solch unnötigen Sorgen. Sicher wird Faramir Verständnis haben, solltest du die Ehre annehmen. Aber noch ist die Zeit nicht, zu entscheiden. Erst muss er eintreffen, dann sehen wir weiter."
Boromirs Augen wurden groß.
„Er... er kommt hier her?"
Aragorn seufzte.
„Ja, sehr bald sogar. Ich erwarte ihn in diesen Stunden."
Etwas Farbe schien in Boromir Gesicht zurück zu kehren.
„Mein Bruder! Er kommt!"
„Boromir, ich muss dich bitten! Überlass es mir, ihn auf dich vorzubereiten! Der Krieg hat ihn verändert, viel musste auch er erleiden. Lass mir etwas Zeit, ihn vorzubereiten."
„Was musste er erleiden?"fragte Boromir düster. „Etwa den Tod? Den Wahn des Ringes? Auch ich habe gelitten und seine Gegenwart wäre wie Balsam für meine Seele."
Aragorn sah mit traurigen Augen zu Faramirs Bruder.
„Auch er erlitt den Tod. Auch er litt unter dem Wahn des Ringes. Boromir, ich muss dir über deines Vaters Ableben berichten."
Boromir setzte sich. Er fühlte sich unter diesen Worten von Aragorn nicht mehr sicher auf seinen Beinen.
„Was musst du mir sagen? Gandalf schwieg sich damals über das Thema aus. Nichts war aus ihm heraus zu bekommen. Was ist es?"
„Dein Vater verfiel dem Wahn des Ringes und spielte Sauron damit in die Hände. Denethor wurde verrückt und brach unter dem Druck. Die einstige Vernunft war hinweg genommen."
Boromirs Augen wurden glasig.
„Ich weiß,"keuchte er. „Ich weiß, Aragorn. Er war schwach, wie ich auch."
„Du hast den Ring und Sauron verwunden. Dein Vater aber..."
„Aragorn!"
Der König schrak herum. Pippin trällerte den Gang entlang und rief nach dem König, seinem Freund.
„Entschuldige mich,"mit diesen Worten rannte Elessar zur Tür und schob sich behutsam hinaus, ohne großes Aufsehen zu erregen.
Draußen kam Pippin ihm entgegen gerannt.
„Da bist du! Ich hab dich schon gesucht! Merry meint, ich soll nicht meine Nase in alles mischen, aber es kommt mir doch seltsam vor, dass du und Legolas und Gimli einfach so aufbrecht, ohne uns bescheid zu sagen! Was soll das?"
Aragorn ging nicht auf den Hobbit ein.
„Immer die ungünstigsten Momente suchst du dir aus, Pippin! Wie Gandalf sagt!"
Überrascht über Streichers rüde Antwort heftete sich Pippin an seine Fersen.
„Aber was ist denn, Aragorn? Seit Eurer Rückkehr sehen wir Euch kaum, Ihr seid plötzlich allzu beschäftigt! Legolas war schon lange nicht mehr beim Essen und gesehen hat ihn auch niemand. Und Gimli... er versucht zu lachen, schaut sich aber immer wieder um, als müsste er auf der Hut sein. Sind wir denn so vertrauensunwürdig, dass Ihr uns nichts anvertraut?"
Aragorn blieb stehen.
„Legolas ist nicht aufzufinden, sagst du?"
Pippin nickte und sein unschuldiger und besorgter Ausdruck in seinen Augen bewegte Aragorns Herz zutiefst.
„Pippin. Du weißt, dass ich dir und deinen Freunden hohen Respekt zolle. Und du, der du einst ein Wächter der Stadt warst, stehst so hoch in meiner Achtung, wie sonst keiner deines Volkes. Und dennoch... ich kann dir nicht sagen, was los ist, so lange ich nicht mehr weiß. Zu lose ist das Hobbit-Mundwerk und du weißt selbst um deine Achtlosigkeit."
Pippin stand nur da mit aufgerissenen Augen und offenem Mund.
„Ein Freund kehrte zurück, den ich sehr liebte! Doch sein Betragen ist so seltsam, dass ich mich sorgen muss, ob dies auch zu seinem und unserem Wohle ward. So willst du mich verweilen lassen, Streicher? In Sorge! In Unwissenheit!"
Aragorn drehte sich um und ging ohne ein Wort zu sagen. Sein schwerer Schritt hallte noch eine Weile durch die Gänge. Pippin blieb zurück und ließ seine Schultern hängen. Er fühlte sich so hilflos und zurückgestoßen. Er brauchte etwas zu Essen.
Celebne: Tut mir leid, dass ich dich immer so lange warten lasse, aber es ist so deprimierend, dass so wenige Reviews kommen (deine ausgenommen ;-)) also dank dir!
Dunkle Träume
Sie rümpfte die Nase. Ein Windstoß strich über ihre weiße Haut und verwirrte einzelne Strähnen ihres flachsenen Haares, welches sich darauf mit Grashalmen verwickelte. Dann musste sie doch niesen...
„Hatschi!"
„Wohlbekomms!"wünschte jemand an ihrer Seite.
Sie drehte sich um, wobei die Decke über ihr sich mitbewegte und blinzelte verschlafen.
„Schon so früh? Es ist ja noch dunkel!"
Eomer lachte und strich ihr über das goldene Haar. Diese Situation erinnerte ihn an früher, als Ihr Vater sie angewiesen hatte, aufzustehen und zum Frühstück zu erscheinen, das nach Eowyns Meinung immer viel zu früh gewesen war. Dann hatte sie sich immer im Bett herum gedrückt, bis Eomer gekommen war, um sie vor einer weiteren Schelte ihres Vaters zu bewahren. Erst mit dem herannahenden Krieg und Krima Schlangenzunges hatte sie ihre Langschläfrigkeit abgelegt und war noch ehe der Sonne wach geworden.
„Aufstehen Langschläfer,"sagte der König, wie er es als Kind getan hatte. „Du verpasst das Frühstück! Außerdem ist es nur dunkel, weil wir Wolken am Himmel haben. Es wird regnen, deshalb müssen wir los."
Eowyn hob den Kopf etwas und wurde sich gewahr, wo sie war. Die Männer waren bereits dabei, das Lager abzubauen.
„Faramir?"
Eomer hatte gewusst, dass diese Frage kommen würde.
„Er ist noch nicht wieder da."
Sie ließ den Kopf wieder auf das Feldbett sinken.
„Dann reite ich noch nicht los."
Eomer schnaubte und erinnerte an ein Pferd.
„Komm schon Schwesterchen, er kennt sich hier bestens aus und wird den Weg auch sicher allein zurück finden. Wer ist hier zu Hause? DU oder Er?"
Sie stand auf und legte ihre Decke zusammen.
„Dann werde ich ihn suchen."
„Denkst du, ihm ist etwas passiert?"
Sie sah auf, völlig emotionslos. Dann schnaufte sie.
„Weißt du... ich erwische mich oftmals dabei, dass ich ihn beschützen will,"gab sie zu.
Eomer lächelte.
„Manchmal macht er einen so hilflosen Eindruck auf mich, wenn er da so gedankenverloren vorm Haus sitzt oder im Stall steht. Dann glaube ich, dass er den Krieg noch nicht verwunden hat. Dann glaube ich, dass er den Tod seiner Familie nicht ertragen kann. Und vor lauter Trauer will ich ihn dann vor allem beschützen, das ihm irgendwie Schaden zufügen könnte."
Ihr Bruder nahm ihr Kinn hoch und sah ihr tief in die Augen.
„Ich weiß, wie du empfindest, Schwester. Wenn ich dich sehe, in dieser schönen zarten Gestalt, so wünsche ich nichts mehr, als dich vor allem Leid zu bewahren."
Er lachte auf.
„Jedoch muss ich oft einsehen, dass du mich nicht brauchst, dass du dich deiner erwehren kannst. Oder dass du es gar nicht anders willst, als dich in Schwierigkeiten zu bringen. Und dann wird mir klar, dass du weißt, was du tust, so hoffe ich es jedenfalls. Du bist eine erwachsene Frau und die mutigste Tochter Rohans, die unser Land je gesehen hat. Wer bin ich schon, dass ich glaube, dich beschützen zu können."
Eomers Worte rangen seiner Schwester ein Lächeln ab und sie umarmte ihn.
„Vorsicht! Da ist jemand im Wald!"sagte einer der Männer gerade laut genug, um alle zu warnen.
Die Geschwister sprangen auf und spähten in den Wald. Eomer zog sein Schwert und war sich vage bewusst, dass auch seine Schwester auch eines in Händen hielt.
„Wer ist da!?"rief er. „Gebt Euch zu erkennen, Fremder!"
Der König war sich sicher gewesen, etwas gesehen zu haben, jedoch waren seine Augen nunmehr nicht ihm Stande dieses zu sehen. Der Wald war völlig leer.
„Ruhig! Ich bin es!"
Eomer atmete auf, aber seine Augen wanderten noch immer suchend umher.
„Faramir?"
Dort! Es löste sich eine schlanke Gestalt aus den Bäumen und kam langsam auf sie hinzu.
Eomer schüttelte sich und blinzelte. Er hatte den Stadthalter nicht erkennen können, auch wenn dieser ganz klar aus den Bäumen hervor ging.
Eowyn zog die helle Stirn in Falten. Auch sie hatte Faramir beim besten Willen nicht ausmachen können. Ihr Mann schien besser um den Schutz der Bäume im Wald zu wissen, als sie. Jedoch wusste er es nicht besser im Umgang mit Pferden.
„Wo ist dein Pferd?"fragte sie und ging auf ihren zukünftigen Gatten zu, um ihn zu umarmen.
„Ich habe die Orks verfolgt, als ich in eine größere Gruppe hinein geraten bin. Mir blieb nichts, als mitten hindurch zu preschen und dann so schnell wie möglich Abstand zwischen uns zu bringen. Als ich weit genug weg war, ließ ich es laufen, denn allein, konnte ich mich besser verstecken. Bin ich euch gerade fand, habe ich etwa zwei Dutzend Orks umgebracht, der letzte liegt keinen Kilometer von hier."
Er drückte Eowyn etwas von sich weg und schaute fragend in die Runde.
„Warum habt ihr mir nicht geholfen? Beregond, ich glaube mich zu erinnern, dass du hinter mir geritten bist."
Der große Mann kam heran und sah Faramir entsetzt an.
„Aber ich war hinter Euch! Nur wart ihr plötzlich im Wald verschwunden, das Dickicht war mir undurchdringlich und ich war mir auch nicht sicher, wie Ihr das geschafft haben konntet. Als ich dann auch nichts mehr von Euch hörte, hielt ich an, ritt ein wenig umher, nach Spuren suchend. Doch Faramir! Ich habe nichts mehr von dir gesehen!"
„Das sagtest du uns aber nicht!"meinte Eomer.
Beregond sah schuldbewusst auf den Boden.
„Ich wollte Frau Eowyn nicht beunruhigen,"meinte er. „Faramir, ich habe keinen Laut von der Schlacht gehört! Wie kann das sein? Wie weit warst du denn weg?"
Faramir zog die Braue hoch und sah sich skeptisch um.
„Sollten es doch mehr Meilen gewesen sein, als ich schätzte? Kenne ich meine Wälder denn so schlecht?"
Eomer überlegte, der Sache nachzugehen, aber seine Gedankengänge wurden von Faramir unterbrochen.
„Wie dem auch sei. Wir sollten uns auf den Weg machen. Nicht, dass sich auch noch der König von Gondor um uns sorgen muss. Von den Orks muss er wissen, denn sie sind hinter den Grenzen des Anduin und können weiter durch die Lande streifen bis hin zum Ozean. Also lasst uns reiten."
In diesem Augenblick fing es an, zu regnen.
„Es ist mir nicht recht, diese Nacht auf sich beruhen zu lassen. Bald wird der Regen die Spuren verwischt haben und unsere Chance darauf, herauszufinden, was sich wirklich vorgetragen hat. Doch zu viel ist auch noch zu erledigen und je länger wir warten, desto weniger Zeit haben wir. Also sattelt die Pferde und setzt auf. Wir reiten weiter!"
Wie der König gesagt hatte, geschah es auch. Faramir war gerade dabei, bei seiner Frau auf zusetzten, als Eomer ihn nochmals zur Seite holte.
„Eines sage mir noch, mein Freund und Schwager: Woher wusstest du von dem Angriff? Du warst alarmiert, noch bevor wir ein Anzeichen für Gefahr sahen."
Faramir sah zurück in den Wald von wo er gekommen war. Seine grauen Augen schweiften über die Bäume und durchdrangen sie.
„Ich kann es nicht sagen. Ich wusste es einfach."
Ein tiefer Seufzer ging durch den großen Raum und erstarb irgendwo in den Tiefen des großen Ganges.
Boromir saß auf seines Vaters Bett und starrte auf das riesige Gemälde, das den Steward von Gondor in seinen besten Jahren zeigte. Boromirs graue Augen wanderten über die Leinwand – auf und ab. Sein Herz verkrampfte sich, als er den vermeintlichen Blick seines Vaters kreuzte. Mit harter Mine schien Denethor auf ihn herab zu sehen . Boromir kannte das Gemälde, jedoch war ihm dieser Ausdruck niemals so furchtbar grausam vorgekommen. Schnell wandte er das Gesicht ab und ließ sich zurück auf das weiche Lager fallen. Tief versank er in den Laken und Kissen.
Seltsam, so dachte er bei sich, seltsam, dass hier noch immer alles so ist, wie es einst war. Wie es war, als ich weg gegangen bin. Warum Aragorn das Zimmer wohl noch nicht geräumt hat?
Boromir beschloss, den König später danach zu fragen.
Der junge Soldat griff neben sich und fühlte die raue Oberfläche eines ihm wohlvertrauten Gegenstandes. Er drehte den Kopf leicht und besah sich den Gegenstand zu seiner Linken.
Sein Horn, das Horn Gondors, hatte auf dem Bett gelegen, als er hereingekommen war. Gespalten... Mit Grauen überkamen die Schatten jenes Tages den Mann und Boromir fühlte seinen Leib zittern. Er wollte ihn bezwingen, damit aufzuhören, wollte seinen Geist dazu bringen, ruhig zu werden und die Erinnerung verdrängen, jedoch brach es über ihn herein, wie eine Sturzflut.
Der riesige Urukhai stand zwanzig Meter von ihm entfernt und Boromir konnte das knacken des Bogens hören, als er ich knarrend gegen die raue Hand auflehnte, die ihn spannte. In diesem Moment war Boromir nichts weiter duch den Kopf gegangen, als ein Vergleich: Der dicke knarrende Bogen des Urukhais gegen Legolas schlanken, zarten, surrenden Elbenbogen aus Lorien. Boromir gingen tausende von Kleinigkeiten durch den Kopf. Die silberne Sehne, die Schnitzereien, die dünnen Pfeile mit schillernden Federn... keine Ahnung, warum, aber es kam ihm einfach in den Kopf... und dann kam ihn ein dritter Bogen in den Sinn: Einfach, aus Haselnussholz, ohne Zierde. Faramirs Bogen. Faramir! Er musste zurück kehren! Wer sonst würde den Zorn und den Unmut ihres Vaters von seinem kleinen Bruder ablenken? Warum hatte er sich nicht mehr für ihn eingesetzt?
Ein Rausch von Schuldgefühlen durchfuhr Boromir, mitsamt eines Pfeiles, dessen Eindringen in seine Schulter er nicht bemerkt hatte. Schuld! So große Schuld! FRODO!!! Was hatte er nur getan! Er riss sich hoch und wehrte eine grässliche Gestalt ab, die auf ihn zugekommen war. Neben sich rannte eine weitere, die an ihm vorbei wollte.
Nein! Ihr bekommt Pippin und Merry nicht!
Zorn und Hass breitete sich in Boromirs Innersten aus und er schwang sein breites Schwert, dem Körper des angreifenden Urukhai direkt entgegen.
Ein Ruck durchfuhr ihn und ein Brennen in seiner Brust sagte dem Mann aus Gondor, dass etwas nicht in Ordnung war. Seine Knie gaben nach und er fiel zu Boden.
Ich bin schuldig!
Der Gedanke ließ Boromir nicht mehr los. Seine Gedanken schwirrten um Frodo, den er an den Ring verraten hatte, um Faramir, den er an seinen Vater verraten hatte... um Aragorn, seinen König, den er an die Dunkelheit verraten hatte. Und da erkannte Boromir, welch ein Narr Denethor gewesen war. Sein geachteter Vater! Wie hatte er nur so blind sein können? Wie konnte er seine Schuld wieder gut machen?
Es gab keinen Weg. Nur unscharf konnte Boromir zwei Pfeile in Brust und Schulter erkennen, als er an sich herab sah. Er war schuldig und würde auch so in den Tod gehen. Jedoch wollte noch eines tun, um nicht auch noch den beiden Hobbits gegenüber schuldig zu werden.
Mit der Kraft eines verwundeten Raubtieres riss er sich hoch und hob das Schwert. Auf sein Verderben! Es war ihm einerlei! Mit Brüllen warf er sich einem Ork nach dem anderen entgegen, erschlug etliche Urukhai.
Wieder spürte er ein Stechen in der Brust.
Das Atmen fiel ihm immer schwerer und langsam verschwamm sein Blickfeld, drohte, sich seinem Willen zu entziehen.
Er stellte fest, dass er wiederum auf ein Knie gesunken war. Wieder raffte er sich auf. So viele Feinde! Sie waren überall! Wie sollte er nur gegen sie ankommen? Um ihn herum lagen bereits zwei dutzend tote Körper, manche mit klaffenden Wunden, andere mit fehlenden Gliedmaßen. Jedoch erkannte der Krieger, das Unvermeidliche – er konnte nicht standhalten.
Aragorn!
Boromir fühlte das Blut aus seinem Kopf weichen, als ihn etwas beinahe umwarf. Er hielt inne. Die Zeit verging plötzlich viel langsamer. Er sah die Hobbitgesichter, wie sie ihn voller Grauen ansahen und Panik in ihren Augen aufstieg. Pippin schrie etwas, das der Mann nicht hören konnte. Boromir sah wieder an sich herunter. Blut! So viel Blut! Es war seines! Vier Pfeile glaubte er zählen zu können.
Seine Beine gaben nach. Mit entsetzen verfolgte er, wie zwei von diesen Monstern zu Merry und Pippin rannten und sie ihrer Waffen entledigten, sich unsanft auf ihre Schultern warfen und mit sich nahmen.
Er selbst blieb zurück und vernahm wieder dieses knarren. Als er aufsah, blickte er direkt auf die Spitze eines dunklen dicken Pfeiles, der auf seinen Kopf zielte.
Dies war also das Ende.
Mit all seinem Mut, der noch geblieben war, blickte er die grausame Gestalt vor ihm an und erwartete den sicheren Tod.
Da verschwamm alles! Die Bewegungen, welche sich um ihn taten, waren zu schnell, aös dass er sie noch hätte verfolgen können.
Doch einen Augenblick hatte er gedacht, die Silouette des Königs sehen zu können, wie er in Hermelin und mit Bart vor ihm stand und den Pfeil von ihm ablenkte.
„Aragorn,"seufzte Boromir entkräftet und ließ sich fallen. Er versank in das rötliche Laub und dachte nicht mehr.
Als er schon tot zu sein glaubte, fühlte er die Wärme starker, aber sanfter Hände, spürte, wie sein Körper bewegt wurde, den er kaum noch zu regen im Stande war.
Als er die Augen öffnete, wusste er warum er gerade Linderung verspürt hatte.
Die Hände des Königs sind Hände eines Heilers, so hatten die alten Heilweiber immer gesagt.
„Aragorn! Ich... ich... habe Frodo verraten! Ich..."
„Boromir! Hey... alles in Ordnung?"
Boromir öffnete die Augen und fand, dass aller Schmerz verschwunden war, dass er klar sehen konnte und nur die Sonne ihn blendete. Über ihm gebeugt, war Aragorn, dessen schöne graue Augen ihn besorgt ansahen.
Der Soldat sprang auf und fummelte an seinem Hemd herum. Seinen Gürtel ließ er einfach fallen und dann riss er das Hemdstück auf. Tastend untersuchte er Brust und Bauch.
„Die Wunden! Sie sind weg!"
Aragorn trat näher und besah sich den kräftigen Körper des Mannes vor sich. Seltsamerweise schien Boromir immer noch genauso kräftig, wie jeher zu sein, trotzder langen Reise vom Anduin bis auf das Meer. Sachte tastete auch Aragorn Boromirs Bauch und Schulter ab. Zu seiner Verblüffung war nicht einmal eine Narbe zurück geblieben.
„Welch ein Wunder!"brachte er heraus.
In seinem ganzen leben hatte er so etwas noch nicht gesehen.
„Nicht ein Kratzer ist dir geblieben, Boromir! Was schützt dich nur? Eine große Macht muss es sein..."
Boromir seufzte.
„Und eine gute,"fuhr Aragorn fort. „Was sonst vermag solch wunderbares Werk zu vollbringen?"
Boromir schüttelte den Kopf.
„Ich vermag es nicht zu ahnen. Jedoch fürchte ich mich vor dem Wesen, das dies vollbracht hat."
Aragorn nickte. Er sah sich das Gemälde an, welches direkt vor dem Bett hing und darüber wachte.
„Du möchtest im Zimmer deines Vaters wohnen?"
Boromir nickte.
„Ich denke, die wenigsten werden auf die Idee kommen, hier herein zu kommen. Lasst mich hier schlafen, König Aragorn, im Bette meines Vaters, der mir zu früh genommen wurde. Denn trotz seiner Makel ward er mir zu früh genommen und ich habe seinen Tod noch nicht verwunden."
„Ich verstehe, was du fühlst. Da der Raum sowieso dem Statthalter vorbehalten ist, ist es dein Recht, ihn in Anspruch zu nehmen, Boromir."
Der Soldat sah erschrocken auf.
„Dann ist es Faramirs Anspruch, den ich erhebe?"
„Noch hat Faramir nicht offiziell seine Arbeit angetreten. Du bist der erstgeborene, Boromir, die Würde steht dir zu."
Ein Knoten löste sich aus Aragorns Hals, als er es endlich über sich gebracht hatte, auszusprechen, was der Wahrheit entsprach.
„Nein! Nein, das kann ich nicht! Mein Anrecht ist verwirkt! Faramir gehört an Eure Seite, Herr!"
Aragorn drehte sich um und legte eine Hand auf Boromirs Schulter.
„Du weißt, dass das nicht wahr ist. Du hast ebenso ein Anrecht darauf. Aber beschwere dich nicht mit solch unnötigen Sorgen. Sicher wird Faramir Verständnis haben, solltest du die Ehre annehmen. Aber noch ist die Zeit nicht, zu entscheiden. Erst muss er eintreffen, dann sehen wir weiter."
Boromirs Augen wurden groß.
„Er... er kommt hier her?"
Aragorn seufzte.
„Ja, sehr bald sogar. Ich erwarte ihn in diesen Stunden."
Etwas Farbe schien in Boromir Gesicht zurück zu kehren.
„Mein Bruder! Er kommt!"
„Boromir, ich muss dich bitten! Überlass es mir, ihn auf dich vorzubereiten! Der Krieg hat ihn verändert, viel musste auch er erleiden. Lass mir etwas Zeit, ihn vorzubereiten."
„Was musste er erleiden?"fragte Boromir düster. „Etwa den Tod? Den Wahn des Ringes? Auch ich habe gelitten und seine Gegenwart wäre wie Balsam für meine Seele."
Aragorn sah mit traurigen Augen zu Faramirs Bruder.
„Auch er erlitt den Tod. Auch er litt unter dem Wahn des Ringes. Boromir, ich muss dir über deines Vaters Ableben berichten."
Boromir setzte sich. Er fühlte sich unter diesen Worten von Aragorn nicht mehr sicher auf seinen Beinen.
„Was musst du mir sagen? Gandalf schwieg sich damals über das Thema aus. Nichts war aus ihm heraus zu bekommen. Was ist es?"
„Dein Vater verfiel dem Wahn des Ringes und spielte Sauron damit in die Hände. Denethor wurde verrückt und brach unter dem Druck. Die einstige Vernunft war hinweg genommen."
Boromirs Augen wurden glasig.
„Ich weiß,"keuchte er. „Ich weiß, Aragorn. Er war schwach, wie ich auch."
„Du hast den Ring und Sauron verwunden. Dein Vater aber..."
„Aragorn!"
Der König schrak herum. Pippin trällerte den Gang entlang und rief nach dem König, seinem Freund.
„Entschuldige mich,"mit diesen Worten rannte Elessar zur Tür und schob sich behutsam hinaus, ohne großes Aufsehen zu erregen.
Draußen kam Pippin ihm entgegen gerannt.
„Da bist du! Ich hab dich schon gesucht! Merry meint, ich soll nicht meine Nase in alles mischen, aber es kommt mir doch seltsam vor, dass du und Legolas und Gimli einfach so aufbrecht, ohne uns bescheid zu sagen! Was soll das?"
Aragorn ging nicht auf den Hobbit ein.
„Immer die ungünstigsten Momente suchst du dir aus, Pippin! Wie Gandalf sagt!"
Überrascht über Streichers rüde Antwort heftete sich Pippin an seine Fersen.
„Aber was ist denn, Aragorn? Seit Eurer Rückkehr sehen wir Euch kaum, Ihr seid plötzlich allzu beschäftigt! Legolas war schon lange nicht mehr beim Essen und gesehen hat ihn auch niemand. Und Gimli... er versucht zu lachen, schaut sich aber immer wieder um, als müsste er auf der Hut sein. Sind wir denn so vertrauensunwürdig, dass Ihr uns nichts anvertraut?"
Aragorn blieb stehen.
„Legolas ist nicht aufzufinden, sagst du?"
Pippin nickte und sein unschuldiger und besorgter Ausdruck in seinen Augen bewegte Aragorns Herz zutiefst.
„Pippin. Du weißt, dass ich dir und deinen Freunden hohen Respekt zolle. Und du, der du einst ein Wächter der Stadt warst, stehst so hoch in meiner Achtung, wie sonst keiner deines Volkes. Und dennoch... ich kann dir nicht sagen, was los ist, so lange ich nicht mehr weiß. Zu lose ist das Hobbit-Mundwerk und du weißt selbst um deine Achtlosigkeit."
Pippin stand nur da mit aufgerissenen Augen und offenem Mund.
„Ein Freund kehrte zurück, den ich sehr liebte! Doch sein Betragen ist so seltsam, dass ich mich sorgen muss, ob dies auch zu seinem und unserem Wohle ward. So willst du mich verweilen lassen, Streicher? In Sorge! In Unwissenheit!"
Aragorn drehte sich um und ging ohne ein Wort zu sagen. Sein schwerer Schritt hallte noch eine Weile durch die Gänge. Pippin blieb zurück und ließ seine Schultern hängen. Er fühlte sich so hilflos und zurückgestoßen. Er brauchte etwas zu Essen.
