Also wenn jetzt net mal n paar Reviews kommen, weiß ich auch net. Habe schon weiter geschrieben und sag euch: mehr Action is schon in Sicht! Der arme Faramir! Außerdem: in diesem Chapi mal ein paar Aufschlüsse, also lesen, lesen, lesen... und dann reviewt, reviewt, reviewt. Sonst muss ich doch woanders veröffentlichen...
Celebne: Endlich mal n bissel Auflösung! Ja, in Chapi 11 ging s mal etwas zur Sache, aber des ist nichts gegen das, was bald noch kommt! seuftz ich glaub, ich muss noch n bissel HdR gucken... Inspiration!
Midiels Fluch
Boromir stand am Fenster und konnte nicht atmen.
Ungeheuerlich!
Er sah die Menschen unter ihm, wie sie sich alle zu sammeln versuchten und doch genauso schockiert waren wie er selbst.
„Faramir," flüsterte er und der Gegenstand in seiner Hand fiel mit einem dumpfen Schlag zu Boden.
Aragorn! Sah er ihn etwa am Fenster stehen? Der König stand da unten neben diesem Pferdemenschen und starrte zu ihm. Boromir überkam ein Schauder.
Der Krieger führte seine Hand auf den Rücken und betastete seinen schweren Schild, den er immerzu mit sich führte schon seit dem Ringkrieg.
Möge er mir auch nun Schutz gewähren!
Aragorn brach aus der Erstarrung und plötzlich konnte auch Boromir wieder Luft holen. Er nahm einen tiefen Atemzug.
Zu seinen Füßen lag das Buch, welches er hatte fallen lassen. Er kniete sich hin und nahm es auf, nach der Seite suchend, die er zuletzt gelesen hatte. Dann setzte er sich wieder neben den Stapel Bücher, die seines Vaters tiefste Gedanken enthielten und versank. Er konnte das Zimmer nicht verlassen.
Er würde auf Aragorn warten.
„Ich werde alles absagen!"
Aragorn drehte sich erschrocken um und sah seine Frau an, dann zu Gandalf. Sie befanden sich in dem Raum, den er Gandalf als Herberge zugewiesen hatte und der nun für den Rest des Hofstaates nun unter Verbot stand.
Legolas sah auf und legte seine Hand auf Gimlis Schulter.
„Etwas steht uns bevor und ich glaube nicht, dass es gut wäre all meine Energie auf ein Fest zu verschwenden."
„Aber Faramirs Hochzeit! Was wird er sagen?"grummelte Gimli unter seinem Bart.
Aragorn schüttelte den Kopf und langsam wurde aus seiner Befürchtung greifbare Tatsache.
„Wir müssen sie in Kenntnis setzten. Jetzt. Sie alle."
Der König stützte seinen Kopf in die Hände.
„Das war unser Hochzeitstag..."flüsterte er.
Es fiel ihm nicht leicht, dieses Fest abzusagen. Schließlich hatten er und Arwen damals geheiratet. Doch ihm blieb nichts übrig.
Gandalf nickte in seiner Weisheit und respektierte die Entscheidung des Königs. Bei alle diesen seltsamen Vorkommnissen, die sie wieder zusammen geführt hatten, würden sie die Dinge durch ein Versteckspiel nur noch komplizierter machen und sich dadurch kostbare Hilfe entgehen lassen.
„Faramir? Was ist denn los?"
Pippin stand in der Tür und traute sich nicht, den Raum zu betreten, so hatte ihn das Geschehen mitgenommen.
Der junge Herr saß in seinem Zimmer und starrte die graue Steinwand an, tief in Gedanken versunken.
„Komm rein, Pippin. Und Merry, ich weiß, dass auch du da bist."
Pippin wurde rot im Gesicht und machte vorsichtig einen Schritt nach vorne. Merry traute sich kaum hinter dem Türbalken hervor, aber er hatte seinem Cousin versprochen, mit zu gehen. Also würde er sich nun auch zusammenreißen.
„Faramir, was ist da unten im Hof geschehen?"
Der junge Statthalter raffte sich auf und drehte sich zu den Halblingen um.
„Ich muss etwas tun. Aber ich kann es nicht allein. Pippin! Merry! Ihr müsst mir helfen!"
„Das ist keine gute Idee, Pippin!"
Die Hobbits schlichen auf dem Gang entlang und versuchten mit ihren nackten Füßen so leise, wie möglich aufzusetzen. Dennoch patschten sie auf den kalten Steinplatten entlang und sie waren weit durch den Flur zu hören.
„Ich meine, was ist mit Aragorn? Sollten wir ihn nicht vorher fragen? Oder wenigstens Arwen bescheit sagen?"
Aber Pippins Vertrauen zu Faramir war größer und seine Freundschaft zu ihm enger, als Merrys.
„Hör zu, Merry, wenn du dich nicht im Stande fühlst, das zu machen, dann will ich der letzte sein, der dich dazu zwingt. Aber bitte, oh bitte, verrate ihn nicht!"
Merry stöhnte und befürchtete, dass sein Freund wieder einmal im Begriff war, eine Dummheit zu begehen. Wie kompliziert doch immer alles war! Er wünschte sich, einfach zu Streicher gehen zu können, um ihn um Rat zu fragen. Doch gerade ihn durfte er jetzt nicht zu Rate ziehen.
Legolas stand draußen in der kühlen Nachtluft und der Wind fing sich verspielt in seinem goldenen Haar, das wie Seide hin und her wehte. Er sah hin zum Westen und ein Hauch von Meerluft strich über sein Gesicht. Kein Mensch konnte das Salz von so weit weg riechen, doch er konnte es.
Langsam und mit lautlosen Schritten ging er zum Stall und spähte sachte hinein. Seine scharfen Augen sahen sich blitzschnell um und erfassten alles. Niemand da... aber elf Pferde.
Der Elb ging nun hinein und kein Pferd schien seine Anwesenheit zu stören. Es war wie eh und je. Vor Eomers Pferd blieb der Elbenprinz stehen und seine Hand erhob sich langsam und ruhig zum Maul des Tieres. Sachte, aber bestimmend strich Legolas darüber und merkte, wie das Tier seine Schnauzte vertrauensvoll in seine Hand presste, damit er es weiter streichelte.
Was war denn vorhin nur los, Freund? fragte Legolas in seiner eigenen wunderschönen Sprache.
Das Pferd schnaubte, aber gab ihm keinen Aufschluss über das Unglück vor den wenigen Stunden.
Leise seufzte der Elb und ging an dem Tier vorüber bis zu seiner Mitte. Er strich ihm über den Bauch und fühlte das glatte, saubere Fell.
Wirst du mich begleiten? Ich möchte deine Dienste nur entleihen, deinem Herrn wirst du wieder überstellt. Legolas Stimme war so melodisch und rhythmisch.
Elbisch hatte einen ganz besonderen Klang, als wäre die Sprache selbst eins mit der Welt und bestünde schon seit Anbeginn der Zeit.
Doch plötzlich hörten seine sensiblen Ohren, wie die Türe geöffnet wurde und jemand mit vorsichtigen Schritten herein kam. Legolas wusste schon, wer es war, bevor er ihn überhaupt sehen konnte.
Faramirs Schrittmuster war geschickt und weich. Gleichmäßig, doch leicht zögerlich.
Was tust du hier? fragte der Elb sich selbst und spähte hinter dem Pferd hervor, das ihn nicht verraten würde.
Der junge Herr sah sich zwar aufmerksam um, doch den Elben zu erblicken, dafür reichte seine Beobachtungsgabe nicht aus. Legolas beobachtete ruhig, wie Faramir sein Pferd sattelte und schweigend Proviant auflud. Er schien in Gedanken verloren und seine grauen Augen wanderten immer wieder zurück zur Stalltür, als erwarte er, jeden Augenblick gesehen zu werden.
Als er fertig war, führte er sein Tier hinaus aus dem Stall.
Was mache ich jetzt?
Denn eigentlich hatte Legolas eigene Pläne gehabt für diese Nacht. Doch was er hier gesehen hatte, beunruhigte ihn sehr.
Dieses seltsame Betragen am Tage, das sah Faramir nicht ähnlich. Und wo wollte er heute Nacht nur hin, so allein und ungesehen? Etwas war hier im Busch.
Legolas ging kurz Eomer durch den Kopf, der im Moment noch im Haus der Heilung lag und darauf wartete, dass seine Schmerzen besser wurden. Zwei gebrochene Rippen hatte er sich eingeholt. Eowyn hatte es nicht übers Herz gebracht, Faramir zur Rede zu stellen. In diesem ganzen Durcheinander war dies völlig untergegangen. Warum war alles nur so kompliziert? Aragorn hatte noch keine Gelegenheit gehabt, den Stadthalter einzuweihen. Gandalf und Boromir waren ihm noch immer verborgen.
Ich kann noch nicht fort! Ich muss zuerst Aragorn in Kenntnis setzen!
Schnell und geschickt verließ Legolas den Stall wieder ohne dass er bemerkt ward. Er hörte die Hufe des Pferdes, als Faramir sich auf den Weg machte. Doch am Tor, dort wartete im Schatten eine kleine Gestalt, kaum sichtbar.
„Und ich dachte, du wärest einfach so fort geritten, ohne mich zu bemerken."sagte eine raue Stimme.
Legolas verschwand ebenfalls im Schatten der großen Mauer.
„Nein, ich war es nicht, der Minas Tirith verließ,"flüsterte Legolas zurück und er konnte sich geradezu vorstellen, wie Gimli die dicken roten Augenbrauen hochzog. „Faramir war es, den du da gerade sahst. Er verlässt die Stadt."
„Was?" brach es laut aus dem Zwerg heraus. „Aber er heiratet doch bald! Was ist mit Aragorn? Weiß er es? Hat er denn schon mit ihm gesprochen?"
„Das glaube ich nicht. Ich denke, Faramir hat noch keine Ahnung von seines Bruders Rückkehr, geschweige denn dem Grund, warum ich überhaupt noch hier bin. Etwas trübt seinen Geist."
Der Zwerg grollte leise in die Nacht hinein.
„Was machen wir jetzt?"
Legolas sagte erst einmal nichts. Sein Pflichtgefühl stand seinem Vorhaben nun entgegen. Er konnte jetzt nicht so einfach weg gehen.
„Ich reite ihm nach."
Gimli nickte nur leise.
„Geh zu Aragorn, setze ihn in Kenntnis. Ich fürchte, Faramir reitet sehr schnell, wer weiß, was ihn zur Eile drängt... Außer Gandalf wird ihn sonst niemand einholen können, doch er wird hier vielleicht gebraucht."
„Ich werde sie informieren."
Der Zwerg packte Legolas am Arm, denn zur Schulter gereichte er dem großen Elben nicht.
„Sei vorsichtig, mein Freund und komm schnell zurück. Und sorge dich nicht zu sehr über den Vorfall vor einigen Stunden. Es war vielleicht ein flüchtiger Schatten von Unglück, das auf uns lastete."
Dankbar nahm Legolas die Worte seines Freundes entgegen und er würde sie beherzigen, wenn es nicht wieder zu so etwas kam. Vielleicht war es gut, dass er nun von Faramir aufgehalten wurde. Die Reise wäre sonst lange und ungewiss gewesen.
„Entschuldige mich bei Eomer, dass ich sein Pferd borge. Ich gebe es selbstverständlich wieder zurück."
Gimli nickte und sah dem Elben hinterher, als er im Stall verschwand und wenig später wieder heraus kam, hoch zu Ross, seinen Langbogen auf dem Rücken tragend.
Doch als er gerade los reiten wollte, fiel ihm etwas auf.
„Und Gimli! Sage Aragorn, dass seine Wachen nachlässig sind! Das Tor ist offen und unbewacht!"
Mit diesen Worten preschte der Elb davon in die Schatten der Stadt und durchquerte Ring um Ring, bis er nach draußen gelangte.
Gimli sah nach oben, wo normalerweise die Wachtposten standen. Und da wurde auch ihm bewusst, dass keiner da war. Das Tor war schon offen gewesen, als er hier her gekommen war.
„Ich muss das sofort Aragorn melden!"
„Aragorn!"
Der König saß noch mit Gandalf und seiner Frau zusammen, als der Zwerg herein gestürmt kam. Die ganze Stadt schlief schon, doch der König selbst gewährte sich wenig Ruhe – zudem war er es ja auch gewohnt von seiner Zeit als Waldläufer.
„Gimli?!"
Die Anwesenden bemerkten sofort, dass etwas los war. Aragorn und Gandalf standen auf.
„Was ist los, Gimli?"
Der Zwerg kam vor seinem König zum Stehen und atmete hart, musste erst zu Luft kommen. Seine kurzen Beine trugen ihn immer nur verdammt langsam, ließen ihn dazu noch sehr schnell ermüden.
„Aragorn!" tönte es von der anderen Seite des Raumes her und der König schrak herum, als er die Stimme erkannte.
„Boromir?! Du bist durch die Gänge gelaufen? Hat dich wer gesehen?"
Gandalf wusste, dass etwas Wichtiges war, wenn der Soldat einfach so das Risiko einging, gesehen zu werden.
„Aragorn, ich muss Euch etwas sagen!"
„Ich auch!"jappste Gimli und Aragorn wusste nicht mehr, wohin er sich zuerst wenden sollte.
Aber Boromirs Durchsetzungsvermögen war noch immer dasselbe, wie früher und da der Zwerg noch nach Luft rang, ergriff er die Gelegenheit.
„Schau!"
Der große Mann warf dem König etwas zu und Aragorn fing es geschickt auf.
Er starrte auf das Buch in seiner Hand und erkannte, dass kein Titel auf dem dicken Einband stand.
„Was ist das denn?"er kannte das Buch nicht.
Es war sicher nicht aus der Bibliothek.
„Es ist ein Tagebuch... von meinem Vater."
Aragorns Herz bleib einen Moment stehen. In der Hand hielt er Denethors letztes Vermächtnis, seine Gedanken. Darin standen vielleicht seine Geheimnisse und die Umstände, die ihn zu dem gemacht hatten, was er gewesen war.
Doch war dies nun so wichtig?
„Es tut mir leid Boromir, aber im Moment habe ich wenig Zeit, mich diesen Dingen hinzugeben. Ich werde sie studieren, wenn ich dieses Durcheinander geordnet habe."
„Genau darum geht es! Um das alles hier! Mein Vater hat alles aufgeschrieben!"
Gandalf zog eine Augenbraue hoch und dachte scharf nach. Hatte Denethor seine dunklen Gedanken und Befürchtungen diesem Buch anvertraut? Hatte er es wirklich gewagt, es niederzuschreiben?
Der Zauberer ging zu Aragorn und nahm das Buch entgegen.
„Was steht darin? Hast du es gelesen?"
Boromir nickte und irgendwie sah er panisch aus. Seine sonst so ruhige Mine war nun angespannt.
„Mein Vater... er schrieb darin, was mit Faramir passiert. Dass er von etwas besessen sei. Und darin steht auch etwas, das mich sehr an den Vorfall vorhin erinnert, den ich durch mein Fenster beobachten konnte."
„Besessen?" brachte Aragorn heraus.
Gandalf schien ganz ruhig und lauschte Boromirs Ausführungen.
„Beim Tod unserer Mutter hatte er sich seltsam verhalten, wie auch vorhin. Seit dem verachtete mein Vater ihn und bekam Angst vor ihm. Er glaubte, dass etwas von Faramir Besitz ergreifen würde."
„Midiel," brummte Gandalf und ging wieder zu seinem Stuhl, setzte sich.
Voller Entsetzen starrte Boromir Gandalf an und seine grauen Augen waren weit aufgerissen. Schweiß stand ihm auf der Stirn.
„So hat er es genannt..."zischte Boromir. „Midiels Fluch!"
Aragorn versuchte sein Inneres zu beruhigen, damit er klaren Kopf behielt.
„Ich muss bald mit Faramir reden. Aber zunächst... Boromir, Gandalf! Ihr müsst mir davon erzählen!"
Doch da bemerkte er, wie sein Arm unsanft herum gerissen wurde.
Gimli hatte ihn gepackt und nun seine Aufmerksamkeit zu sich gezwungen.
„Dann wirst du dem jungen Stadthalter nachreiten müssen, Aragorn. Er hat soeben die Stadt verlassen!"
Gandalf schrak auf und Boromir erstarrte.
„Wohin?!"
„Wir wissen es nicht, aber Legolas ist ihm nachgeritten!"
„Warum habt ihr ihn nicht aufgehalten?"wollte Arwen wissen.
„Es ging alles so schnell und Legolas war selbst gerade dabei, die Stadt zu verlassen. Er hat sich um entschieden und verfolgt nun Faramir."
„Jetzt mal ganz der Reihe nach! Er kann die Stadt nicht unbemerkt verlassen, denn wenn das erste Tor geöffnet wird, bekomme ich das mit," meinte Aragorn.
„Die Wachen waren nicht auf ihren Posten,"erklärte Gimli nun.
Selbst Gandalf schien ratlos und wusste nicht, was nun vor sich ging.
„Das mit den Wachen kläre ich nachher,"versuchte Aragorn alles zu ordnen. „Wohin wollte Legolas?"
Gimli zuckte mit den Schultern.
„Er war ziemlich verwirrt, unser Elbenprinz. Er sagte, er wolle gen Norden reiten und jemanden um Rat fragen. Er schien ganz aus dem Gleichgewicht seit dieser Sache."
„Ismelda," flüsterte Arwen und Gandalf, der als einziger diese leisen Worte wahrgenommen hatte, nahm den Gedanken auf.
„Aber sein Vorhaben hat er abgebrochen?"
„Ja."
„Bist du dir da ganz sicher, Gimli?"
Gandalfs Unterton ließ den Zwerg erschaudern und er ging in sich, ließ die Situation von vorhin nochmals in seinen Geist. Er kam zu dem Schluss, dass Legolas aufrichtig gewesen war, er war ja schließlich auch ein Elb. Sein Pflichtgefühl hatte die Oberhand behalten.
„Er wollte Faramir nach."
„Und wohin will Faramir?"fragte Aragorn sowohl Boromir, als auch Gandalf, unsicher, ob jemand die Antwort wusste.
Gandalf brachte das Wort an sich.
„Vielleicht zum Amun Hem. Ich glaube, er versteht, dass etwas mit ihm geschieht, auch wenn er nicht weiß, was dies ist. Jetzt sucht er den Platz auf, wo er sich sicher fühlt."
„Vor was? Was passiert mit ihm?"fragte Boromir verzweifelt. „Vater schrieb von Midiels Fluch und doch ist nichts Greifbares herauszulesen!"
Gandalf war sich der literarischen Schwäche Boromirs wohl bewusst. Das war immer Faramirs Stärke gewesen.
„Ich will euch von der Legende um die Stadthalter erzählen. So ausführlich wie nötig, so kurz wie möglich."
Auch, wenn alles in Aufruhr schien, strahlte Gandalf eine gemächliche Ruhe aus, die mit Ernsthaftigkeit durchsetzt war. Er bot den anderen, sich auch zu setzten.
„Sie besagt, dass einst, noch bevor das Haus Denethors die Stadthalterschaft übernommen hatte, sich ein Schatten auf es gelegt hatte. Es war eine Zeit, zu der die Familie beglückt war von einem Sohn und einer Tochter. Ismarin war die jüngere und zu ihrer Zeit die schönste Frau Gondors. Ihre Weisheit und Tugend waren bekannt. Überall sah man sie an, wie eine Madonna. Sie war einem Grafen versprochen und sollte ihrer Familie Ehre und Wohlstand durch die Verbindung bringen. Es trug sich allerdings so zu, dass sie einem ärmlichen Landstreicher über den Weg lief und ihn pflegte. Sie verliebte sich in ihn und schlug den Grafen aus. Ihr Bruder, der dies nicht ertragen konnte – vielleicht hegte er selbst Gefühle für sie – schalt sie. Daraufhin floh Ismarin und suchte die Arme des Fremden. Kenthor aber erwischte sie bei der Flucht und schlug ihr vor Zorn und Eifersucht den Kopf ein.
Plötzlich erschien ihm der Fremde, den Ismarin so sehr geliebt hatte und machte eine dunkle Drohung: Dein Haus soll zusammenbrechen, gar dann, wenn ich sie wieder finde unter den Lebenden. Denn sie werde wieder geboren in euer Haus, dann wenn es sich am mächtigsten erweist und auf dem Höhepunkt ist. Von dort sollt ihr fallen ganz hernieder, denn ich beanspruche sie für mich, diese reine Seele. Holen werde ich sie mir und ich werde euch und die Adelsgeschlechter, die ihr so anseht, vernichten!"
Gandalf machte eine kurze Pause.
„Kenthor, aus Wut und Furcht, erhob sein Schwert und stieß es dem Fremden ins Herz. Sein Körper fiel, doch etwas blieb zurück. Eine Lichtgestalt, wie ein Geist. Dieser Geist schritt gerade durch Kenthor hindurch und alles Leben wich aus dessen Leib. Als die Eltern ihre Kinder fanden, war ihr Herz gebrochen, doch neues Leben regte sich in der Mutter. Sie erwartete ein Kind. Den Namenlosen dieser Nacht nannten sie Midiel, unruhender Geist."
Gandalf beendete die Geschichte und sah sich in der Runde um. Boromir, Gimli und Aragorn schienen sehr bedrückt und niedergeschlagen von dieser Geschichte. Arwen ließ nicht erkennen, was in ihr vorging und schwieg mit elbenhafter Ruhe.
„Warum kannte ich diesen Mythos nicht?"fragte Aragorn.
„Er ist nicht sehr bekannt, die Stadthalter sprachen selten und ungern darüber. Viele taten es als Aberglauben ab, andere fürchteten sich davor."
„Mein Vater war so grausam zu Faramir..."Boromir betrachtete das Tagebuch, in dem er vielen dieser Grausamkeiten, die er als Kind nicht mitbekommen und als Erwachsener ignoriert hatte, gewahr geworden war. „Du hast ihn versucht zu schützen, nicht wahr, Gandalf? Und... ihn auszubilden."
„Auszubilden," presste Arwen hervor und senkte den Kopf. Sie hatte etwas gespürt, damals. Ihr Vater hatte dies auch bemerken müssen, doch hatte niemals mit ihr darüber gesprochen.
Gandalf nickte.
„Dein Bruder hat besondere Fähigkeiten, Boromir, das hast du wohl erkannt. Doch dein Vater versuchte sie zu unterdrücken. Mit Liebesentzug ließ er Faramir glauben, etwas Schlechtes zu tun."
„Zauberlehrling schalt er ihn."
Aragorn beugte sich vor.
„Welche Fähigkeiten hatte er?"
„Mächtige Fähigkeiten, Aragorn. Er hat das geheime Vermächtnis seiner Mutter geerbt. Da Boromir als ältester dazu bestimmt war, einmal Denethors Nachfolger zu werden, bestimmte sie den Jüngeren, der ihre zu werden. Ich war bei ihr, als sie schwanger war. Wir beide wussten, dass ein Kind mit außergewöhnlicher Weisheit in ihr heran wuchs. Ein Kind mit Verständnis für die Wälder und die Natur, für die Überirdischen Dinge dieser Welt. Wir konnten es beide sehen. Und so entschied sie sich, ihm diese Fähigkeiten zu geben. Er ist sehr Naturverbunden, seine Augen sehen die Zeit und sein Geist hebt sich über alle Umstände empor. Und..."Gandalf ließ ein kleines Lächeln zu. „... er hat gewisse zauberische Fähigkeiten."
„Er ist ein Zauberer?"Brach Gimli erstaunt heraus.
Doch Gandalfs grollendes Lachen durchsetzte die Halle.
„Ein Zauberer? Nun wahrhaftig ist er das nicht. Niemals könnte er die Magie so lenken, wie wir. Doch die Grundlagen dazu hat er. Elementarmagie, Geistmagie, Lichtmagie und Schattenmagie. Er ist fähig, ihre Anfänge zu begreifen und sie im begrenzten Maße für sich zu nutzen. Doch Denethor hat es verstanden, es zu unterbinden. Und Faramir vergaß, was er in so jungen Jahren gelernt hatte."
Gandalfs Miene wurde nun aber vollkommen ernst.
„Dennoch bleibt er der mächtigste Stadthalter, den es jemals gegeben hatte. Und nun holt sich Midiel, was er die ganze Zeit entbehrt hatte."
„Ismarin?" fragte Boromir, der nicht verstand, was Gandalf ihnen sagen wollte.
Doch Aragorn verstand sehr wohl.
„Faramir ist die Wiedergeburt!"brachte er hervor.
Boromir lachte.
„Faramir ist ein Mann. Ismarin ist eine Frau."
Gandalf schüttelte den Kopf.
„Für einen Geist ist dies unerheblich, in welchem Körper er sich wieder findet. Genauso wenig kümmert dies Midiel. Er ist ein Geist und will die Seele zurück, die er einst verloren hatte."
Nun war Boromir entsetzt und atmete schwer.
„Aber was können wir tun? Hat er ihn bereits?"
Gandalf beugte sich vor und schenkte Boromir einen geheimnisvollen Blick. Ein sachtes Lächeln kam über ihn.
„Das glaube ich kaum. Viel wahrscheinlicher ist, dass Faramir nun Hilfe sucht."
Arwen schien nun das erste Mal überrascht.
„Hilfe?" flüsterte sie mit verheißungsvollem Ton. „Von wem?"
Gandalfs Lächeln blieb beständig. Eine geheimnisvolle Vorahnung wuchs in ihm heran, doch er wollte seine Vermutung noch nicht preis geben, bis er sie nicht untermauert hatte.
„Genau dies sollten wir versuchen herauszufinden."
