So und schon gehts weiter! Ich bin gespannt, ob jemand drauf kommt, welche bücherreihe ich sonst noch gerne lese, denn ich habe einige Namen von dort entliehen. aber ich schätze, dass die Bücher nicht gerade bekannt sind ;-)
Tanja: also nerven tust du net ;-) und die story endet vor chapi 30, so viel ist sicher. Aber natürlich freue ich mich auf jedes Rev von dir, auch wenn du denkst, dass du nervst lol für autoren sind Revs doch immer wilkommen, hehehe
Leonel: rotwerd du schaffst es immer wieder, michin den himmel zu loben ;-) womit ich nicht sagen will, dass ich was dagegen hab grin leider hat Radagast eine kleinere Rolle, als es vielleicht scheint. Dennoch mag ich den alten Zauberer.
Celebne: Naja, wie schon gesagt: ich mag es nicht so sehr, neue charactäre einzuführen. Aber wenn ich ein neues Volk einführe, so muss man auch personen damit verbinden, oder? Ich hoffe, dieses chapi ist einigermaßen gelungen und da du am längsten bei der story dabei bist, liegt mir deine meinung sehr am herzen. Bitte schreib ruhig, wenn dir etwas nicht glaubwürdig vorkommt, ja? knuddel
Eldeborough
Die Gruppe blieb abrupt stehen, als sie die vielen hundert Lichter in der Ferne bemerkten. Es funkelte im dämmernden Abendlicht, als wären Sterne herab gefallen und leuchteten nun im Wald. Aber sie wussten, dass es keine Sterne waren, sondern ihr Ziel, diese geheimnisvolle Siedlung, nach der sie gesucht hatten.
Melen ging ihnen stolz voraus, man konnte ihr ansehen, dass sie die Verblüffung ihrer Reisegefährten belustigte. Für sie selbst war dieser Anblick alltäglich.
Doch für die Fremden in diesem Land war was sie sahen fast ein Wunder. Als sie näher kamen, erblickten sie bald in den Bäumen erste kleine Befestigungen, welche vor langer langer Zeit wohl als Spähposten gedient hatten. Sie befanden sich etwa zwanzig Fuß über ihren Köpfen. Gesichter schauten auf sie herab, Fratzen, aber sie waren nur von Holz und glotzten sinnlos in die Leere. Sie waren alt und rissig, ein Gesicht war sogar durch die Witterung in der Mitte gespalten und schielte nur noch halb grinsend in den Wald.
Nach fünf Minuten kamen sie in den äußeren Wachkreis, der alle sechs Fuß von einer seltsamen Laterne begleitet war. Dieser Kreis bestand nur aus Hängebrücken, die in gleicher Höhe zu den Wachtürmen hingen und als Aragorn zurück sah, erkannte er viele Seile, die in regelmäßigen Abständen an den Bäumen hingen und wahrscheinlich so weit zurück reichten, wie die Wachtürme. Anscheinend als Fluchtmöglichkeit, um schnell von den Wachtürmen zum Wachkreis zu kommen. Der König fragte sich, ob die alten Seile wohl noch immer das Gewicht eines Menschen tragen konnten. Er konnte ja nicht wissen, dass die Seile keine Menschenartigen Geschöpfe hatten halten müssen.
„Was für einen Sinn macht der Wachkreis, wenn niemand da ist, dort zu wachen?" fragte Boromir.
Auf den Brücken war niemand zu sehen, alles schien verlassen.
„Sie sind da, aber ihr könnt sie nicht sehen," erklärte Melen schlicht.
„Weiß jemand von euch? Ich meine, warum habt ihr einen Wachkreis? Niemand aus Gondor kennt euch," fragte Eowyn, die erstaunt über das wunderbare grün-blau schimmernde Licht in den Laternen war.
Das Licht rührte nicht von Feuer…
„Wir haben schon Jahrtausende diese Wachkreise. Es ist Tradition und Vorsichtsmaßnahme sie aufrecht zu erhalten. Man weiß nie, ob nicht doch Fremde irgendwann mal wieder hier her finden," zischte sie und Eowyn wusste, wem dieses Gift zugedacht war.
Sie fand es sehr unhöflich, Fremde so zu behandeln, selbst wenn sie nicht erwünscht waren. Und es machte ihr Sorgen, denn wenn ihnen hier überall so feindselig begegnet wurde, dann würde es eine unerfreuliche Zeit werden. Und sie sorgte sich auch um Faramir und Legolas, hoffte inständig, dass sie nicht irgendwo in einem Kerker saßen.
Wieder bemerkte Aragorn viele Seile an den Bäumen, die in regelmäßigen Abständen herab hingen und weit über dem Boden endeten. Sie sahen etwas jünger aus und schienen erst vor wenigen Jahren ausgetauscht worden zu sein. Aber mit der Zeit hingen sie immer höher und als sie etwa dreißig Fuß über der Erde endeten, erreichten sie einen zweiten Wachkreis, der ähnlich dem ersten war, mit vielen dieser hellen Lampen, aber auch mit befestigten Konstruktionen an den Bäumen, die mit niedrigen Holzwänden abgeschirmt wurden. Ob sich dahinter jemand versteckte?
Aragorn konnte jedenfalls auch hier niemanden entdecken und auch seine Ohren konnten nichts aufschnappen.
Aber Melen blieb stehen und sah hinauf.
„Key! Firu, ich bin wieder da! Bring Nachricht ins Dorf, wir kommen gleich!" rief sie hinauf und kurz darauf war ein Kichern zu hören.
„Key, Melen! Ich sage der Herrin bescheid! Lass dir nicht zu viel Zeit!" kam eine sanfte leise Stimme zurück, irgendwo aus den Bäumen.
Melen schaute säuerlich drein.
„Nicht zu viel Zeit lassen," spie sie aus. „Trödelt nicht, da hinten!"
Gandalf zog eine Braue hoch und sah Aragorn an. Dieser schüttelte nur den Kopf und presste die Lippen zu schmalen Linien zusammen.
Zu Aragorns Erstaunen verliefen die Seile immer höher. Allerdings waren die Baumwipfel noch weit entfernt von ihren Enden. Doch es dauerte nicht mehr lange und sie waren angekommen.
Grünes Licht strahlte von Oben herab und brachte die Neulinge zum Staunen. Allerdings sahen sie nicht gerade viel, denn die Siedlung befand sich bereits in dem Bereich, in dem sich die größten der Bäume verzweigten. Aber selbst aus dieser Entfernung konnte man sagen, dass es eine Menge Hängebrücken und Häuser gab.
Melen nahm ohne zu fragen die Zügel von Boromirs Pferd in die Hand und führte es an einen dürren Baum, wo sie es fest Band.
„Hier zu Lande fangen wir keine Pferde. Aber wir respektieren eure Sitte. Sie bleiben hier unten. Jemand wird sich gleich um sie kümmern."
„Durchstreift ihr diese Wälder nicht?" fragte Eowyn. „Womit legt ihr weite Strecken zurück?"
„Jedenfalls nicht mit Pferden. Die Touel'afar nehmen keine Tiere in ihren Dienst."
Sie Wollte auch Schattenfell nehmen, als ihr auffiel, dass es kein Zaumzeug hatte. Gandalf tat sie mit einer freundlichen Handbewegung ab und ließ Schattenfell laufen. Melen ging einige Schritte von ihnen weg und hielt die Hände an den Mund, so dass ihre Stimme besser übertragen werden konnte.
„Keya! Wir sind da! Lasst die Schlingen herunter!" rief die junge Frau hinauf.
Sofort fielen sechs Seile herunter, die in Schlingen endeten. Pippin schaute nervös zu Gandalf. Der Hobbit schien den Tauen nicht zu trauen Angesichts dieser Höhe. Aber Gandalf nickte ihm aufbauend zu und zeigte ihm, wie es gedacht war. Er setzte einen Fuß in die Schlinge.
„Siehst du, junger Hobbit? Einfach fest halten. Eine feine Konstruktion, nicht wahr?"
„Achso!" keuchte Pippin erleichtert hervor und ahmte Gandalf schnell nach. „Na das nenn ich Service!"
Und tatsächlich, kaum dass er bereit war, wurde er auch schon hochgezogen. Das bereitete dem Hobbit zwar einen kleinen Schrecken, aber er gewöhnte sich schnell an die ungewohnte Situation. Auch Eowyn und Aragorn schickten sich an, jeweils ein Seil in Anspruch zu nehmen, aber Boromir schien misstrauisch.
„Was ist, starker Mann?" fragte Melen herablassend. „Höhenangst?"
Boromir schenkte ihr einen giftigen Blick. Natürlich hatte er keine Höhenangst, aber er begab sich nur äußerst ungern in fremde Hände.
„Etwas Vertrauen, Boromir," forderte Eowyn ihn auf. „Wir sind nicht mehr weit von Faramir! Es ist fast geschafft!"
Das war allerdings wahr und trieb Boromir an. Die Liebe zu seinem Bruder hätte ihn alles überwinden lassen. Tatsächlich wäre Boromir der einzige außer Gandalf gewesen, der alle Prüfungen allein hätte lebend bestehen können. Aber das fanden die Freunde niemals heraus.
Als Aragorn weit genug oben war, um einen Blick über die Brücke erhaschen zu können, wäre er fast wieder runter gefallen. Er blickte auf eine ganze Stadt in den Bäumen, ähnlich Loriens. Die Bäume beherbergten Häuser, die beinahe genauso groß waren, wie die Bauernhäuser in Gondor. Es grenzte an architektonische Meisterleistung! Etliche Brücken schlangen sich zwischen den Häusern umher und die Stadt schien in zwei Ebenen gebaut zu sein. Die nächste lag etwa drei Mannslängen über ihnen.
Und was am meisten faszinierte, war das rege Treiben auf den Brücken… wo bei den Wachkreisen niemand zu sehen gewesen war, hatten die Wesen hier keine Scheu vor ihnen und zeigten sich ganz natürlich in ihrem Zuhause. Sie waren kleinwüchsig. Das war wohl das Erste, was allen auffiel. Die meisten gingen Eowyn nicht einmal zu den Schultern. Aber sie waren Hobbits oder Zwergen gänzlich unähnlich, da sie diese noch um einen guten Kopf überragten. Außerdem waren sie sehr zartgliedrig, so fein, dass man denken konnte, sie würden zerbrechen, sobald ein Mann wie Boromir seine kräftige Hand und den Arm eines der Wesen schloss. Sie sahen nicht mager aus, aber dennoch waren sie schlanker als jeder Elb.
Viele trugen Kleidung von grüner oder rosa Farbe, Hosen und Westen aus seltsamem Stoff, der zwar wunderbar aussah, aber nicht etwa schmückte wie Seide. Und ihre Haare waren goldblond. Und der König bemerkte vor allem auch die dunkelgrün leuchtenden Augen des Wesens, welches ihm über die Brüstung half. Neben ihm standen noch einige dieser Wesen, die den anderen Halfen. Aragorn stellte auch erstaunt fest, dass die Wesen stärker zu sein schienen, als er es ihnen zuerst zugetraut hatte. Er vermutete zusätzlich, dass sie außergewöhnlich flink und geschickt sein mussten, was man ja schon in den Wachkreisen hatte sehen können. Im Verstecken schienen sie wahre Meister. Schnell waren die Schlingen wieder feinsäuberlich aufgerollt und wurden weg getragen. Nur eines der Geschöpfe blieb. Ein männliches. Denn der etwas kräftiger ausgebildete Oberkörper und das Kinn, ebenso wie die schmucklosen Kleider und das erstaunlich kurze Haar ließen darauf schließen. Tatsächlich kam diese Frisur den Männern sehr seltsam vor, da die Wesen das Haar sehr kurz zu tragen pflegten.
Die Neuankömmlinge sahen sich erstaunt um. Es war eine richtige Stadt in den Bäumen, getaucht in ein feuerloses Licht und etwas zu klein für Menschen. Die Fenster und Türen der mehrstöckigen Häuser, welche oft in die zweite Ebene der Siedlung empor ragten, waren klein, aber zahlreich. Die Bauweise erinnerte etwas an die Bauernhäuser auf dem Land, sehr einfach und schmucklos. Aber überall sprühte das Leben, über das dunkle Holz der Bäume, der Brücken und Häuser wucherten Efeu und sonstige Schlingpflanzen. Ranken von rosa, blauen und blassgelben Blüten schlangen sich um die Geländer und umrahmten Fenster und Türbögen. Selbst die Pfähle, auf denen diese seltsamen Laternen standen waren grün und farbig umarmt.
Boromir stapfte einmal kurz auf, um das Holz unter seinen Füßen zu testen. Aber es war fest und gab keinen Zentimeter nach. Auch die Brücke schien fest und schwankte nicht. Hier gab es keine Hängebrücken, wie in den Wachkreisen, sondern sie waren gerade und mit Holz befestigt.
Melen schwang ohne Hilfe eines der Wesen über das Geländer und kam sicher auf, als stünde sie auf Boden. Man sah ihr an, dass sie es gewohnt war, hier oben zu sein. Sie musste wohl bei diesem Volk leben. Vielleicht, so dachte Aragorn, war sie so dünn und hager, weil sie versuchte, sich diesem Volk anzupassen und wie die Wesen auszusehen.
Denn obwohl sie genauso gekleidet war, wie alle anderen, in einem zarten Grün, so stach sie doch durch ihr langes braunes Haar und ihre große Erscheinung heraus.
„Keine Sorge," sagte eine zarte und ruhende Stimme und die Fremden sahen auf.
Vor ihnen stand ein Touel'afar, der sich ebenfalls aus der Menge abzuheben schien. Er hatte auch kurzes Haar, allerdings war dieses braun und seine Augen waren ebenfalls dunkelbraun. Er stand aufgeweckt und einladend vor ihnen und hatte ein etwas jungenhaftes Lächeln auf den Lippen, auch wenn seine Augen Erfahrung und Wissen verrieten. Es lag einfach an der Statur dieser Wesen, dass sie fast wie Kinder wirkten.
„Unsere Brücken werden Euch halten."
Boromir erkannte, dass er damit auf seinen Test angespielt hatte und nickte höflich, als Zeichen der Zurkenntnisnahme.
Aragorn kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und starrte den kleinen Touel'afar unbeabsichtigt an, mit offenem Mund. Eowyn bot ein ähnliches Bild und Pippin, der sehr aufgeregt schien, tippelte an Gandalfs Seite von einem Fuß auf den anderen, während er sich erstaunt nach den Häusern und Schmetterlingen umsah. Boromir selbst war etwas aus seiner Erstarrung gerissen worden durch des Wesens Ansprache, sagte aber nichts.
Als Gandalf bemerkte, dass Aragorn anscheinend erst mal etwas zu verdauen hatte, ergriff er das Wort, was ihm auch ganz recht kam, denn er hatte viele Fragen, wusste aber, dass er sich zügeln musste und höflich zu sein hatte. Zwar überwältigte ihn diese Entdeckung auch beinahe, aber er hatte sich auf dem ganzen Weg hierher schon gewappnet und sich so gut wie möglich geöffnet, dass er Neues aufnehmen konnte. Er trat vor und öffnete die Arme etwas zum Gruß, hielt seinen Stock zur Seite zum Zeichen der Freundschaft.
„Ich bin Gandalf. Das hier sind Aragorn, Eowyn, Boromir und der junge Pippin. Verzeiht unser Eindringen, wir kommen als Freunde."
Der kleine Touel'afar lachte laut und breitete die Arme aus.
„Aber das wissen wir doch schon längst, Herr Zauberer! Keya, ihr Fremden! Seid uns gute Gäste und wir werden Euch empfangen mit all dem Wohlwollen der Herrin, die Euch schon erwartet hat! Die Elfen- und Feenstadt Eldeborough heißt euch willkommen! Verzeiht, wenn euch einige neugierige Augen anstarren, aber schon seit langer Zeit kam kein Fremder mehr zu uns in den ururalten Wald.
Ich bin gesannt, euch zu führen und eure Fragen zu beantworten, denn die werte Herrin hat alle Hände voll zu tun. Der Mitsommer steht heute bevor und sie muss die Gezeiten der Tage neu regeln. Aber sie kommt so schnell es geht und wird euch selbst empfangen. Sagt seid ihr hungrig? Wir haben ein Mahl vorbereitet, unseren Gästen zu ehren, in der großen Halle, welche nur zu Mitsommer und für den Übergang der Jahreszeiten geöffnet wird."
„Ein Mahl? Das lob ich mir, Herr Elf! Wo Gäste so empfangen werden, kann kein Unheil sein!" rief Pippin freudig hervor und machte einen Freudensprung, wobei er Gandalf etwas anrempelte.
Der Zauberer hielt den Hobbit am Arm fest, damit er nicht vorn überfiel.
„Herr Elf?" lachte der kleine. „Verzeiht! Mein Name ist Juraviel. Ich bin ein Sommerlicher und führe euch auf dem Weg zur Halle durch unsere vier Viertel. Oder viel mehr durch dreie und das vierte besuchen wir nach dem Essen. Ich weiß, ihr seid begierig darauf, euren Freund wieder zu sehen. Herrn Legolas selbst holen wir an der Grenze zum winterlichen Viertel ab. Er wird sich sehr freuen, euch wieder zu sehen!"
„Legolas!" rief Aragorn. „Ich danke den Valar, dass er hier ist und wir ihn wieder gefunden haben! Sagt, geht es ihm gut?"
„Ja, als wir ihn fanden, war er etwas verwirrt und sehr besorgt wegen eurem anderen Freund, dem Sohn Findulias, aber er hat sich wieder erholt, denke ich. Er war sehr erschöpft von seinem Weg hier her. Wir haben ihm gestattet, sich frei in den unteren Teilen der winterlichen und frühlingshaften Viertel zu bewegen, aber haben auch dafür gesorgt, dass er hinauf geleitet wird in die obere Ebene, wo Faramir sich aufhält."
„Was ist mit Faramir? Warum wurden sie getrennt?" fragte Boromir scharf und etwas barsch.
„Ah, ich sehe auch in dir das Antlitz deiner Mutter. Auch du bist ein Kind des Herbstes. Doch bist du mehr wie der aufbrausende Herbstwind, als die Melancholie der roten Jahreszeit. Ich verstehe deine Sorge und möchte dich nicht weiter beunruhigen. Aber lass nun ab. Faramir wird die beste Versorgung der Tuel'afar zuteil und wenn die Herrin etwas Zeit findet, so wird sie sich auch endlich deinen Bruder ansehen. Leider wissen wir nicht, wie wir seinen Zustand bessern können, aber sie wird es wissen. Komm mit essen und danach gehen wir gestärkt weiter."
„Ich habe keinen Hunger mehr," brummte Boromir und zeigte sich uneinsichtig.
Eowyn nahm seinen Arm und versuchte, ihn zu besänftigen.
„Du musst nicht essen, aufbrausender Boromir. Aber in Geduld sollst du dich dennoch üben, denn dies ist nicht dein Reich. Gib dir etwas Zeit, die neuen Eindrücke aufzunehmen und leiste uns Gesellschaft."
Damit hatte Juraviel unmissverständlich klar gemacht, wer in diesen Landen nur Gast und wer Herr war. Der Krieger sah nicht sehr glücklich aus, aber wusste, dass er hier nicht an seinem Benehmen festhalten konnte und auch nicht sollte. Als Sohn des Stadthalters war er in Diplomatie unterwiesen worden und eigentlich war es von ihm immer erwartet worden sich sittlich zu benehmen. Es fiel ihm anhand Juraviels Worten nun leider schwerer, als je zuvor, aber er war Edelmann genug, um einzusehen, dass er sehr unhöflich war.
„Verzeiht. Ich bin besorgt und brenne darauf, meinen Bruder zu sehen. Aber ich nehme Eure Einladung mit Freuden an und versuche mich bezüglich meiner Manieren zu bessern," entschuldigte er sich.
Juraviel lächelte freundlich und als wäre nichts gewesen, machte er eine einladende Bewegung mit seiner Hand.
„Dann will ich euch nicht länger warten lassen und auch gerade erklären, was ihr fragt und was von Nöten ist. Folgt mir, bleibt auf den Wegen, dann könnt ihr euch auch nicht verirren."
Gandalf wartete, aber Aragorn zeigte, dass er dem Zauberer den Vortritt lassen wollte. Der König wusste, dass er die besseren Fragen stellen würde als er selbst es konnte und schließlich würde er davon selbst profitieren. Die anderen folgten.
Sie gingen auf einem langen geraden Weg, der außer von ein paar Baumstämmen und Plattformen nicht unterbrochen wurde und einen weiten Blick nach vorn ließ. Die Siedlung war sehr groß, denn man konnte von hier aus nicht das Ende sehen. Hier und da tanzten pastellfarbene Schmetterlinge, die in dem mysteriösen Licht selbst zu leuchten schienen. Und auch rosa, gelbe und blaue Glühwürmchen flogen umher.
„Wir befinden uns im Viertel der Frühliungshaften. Sie sind der Ursprung des neuen Lebens, aber zurzeit haben sie eher wenig zu tun, denn es ist ja Sommer und sie werden erst gegen Ende des Herbstes wieder aktiv. Euer Freund hält sich an der Grenze zwischen Winter und Frühling auf, er weist Merkmale beider auf und wir dachten, vielleicht fühlt er sich hier wohler."
„Was bist du?" fragte Pippin einfach so heraus, denn er hatte vorhin bei Juraviels Vorstellung nicht aufgepasst.
„Ich? Ich bin ein Sommerlicher. Braune Augen, braunes Haar, wie das Fell der Tiere, die hoch aktiv sind. Wie der Boden, der nun bebaut wird. Melen, ihr habt sicher bemerkt, dass sie mir ähnlicher ist, sie lebst auch bei uns. Aber jetzt, da ich seit Ewigkeiten wieder Menschen sehe, frage ich mich, was wir falsch gemacht haben. Oder seid ihr eher stämmige Vertreter eurer Spezies?"
„Nein," antwortete Aragorn. „Mir kam Melen auch sehr dünn vor. Eowyn hier ist ein Maß für Geschmeidigkeit unter Menschen. Und wenn ihr Legolas gesehen habt, er ist ein Elb und wenige von uns sind schlanker, als er."
Juraviel seufzte.
„Nun ja, es ist nicht leicht für sie unter uns zu leben. Wo ist sie eigentlich. Achso, ich schätze, sie holt Legolas. Er kam vor zwei Tagen hier an."
„Sind eure Viertel streng getrennt?" wollte Eowyn wissen.
„Nun ja… nicht wirklich. Wir besuchen einander ganz normal und es gibt keine festen Grenzen. Aber es ist einfacher mit dieser Ordnung. Schließlich arbeiten wir auch getrennt und oftmals ist es den Sommerlichen viel zu kalt bei den Winterlichen und umgekehrt ist es ihnen zu warm. Und die Frühlingshaften finden es zuweilen etwas traurig, wenn sie die Herbstlichen sehen. Sie finden den Herbst grausamer als den Winter, da er es ist, der die Kälte erst bringt und die grünen Blätter rot werden lässt, welche der Frühling hervorgezaubert hat. Anders herum ist der Herbst sehr melancholisch und versteht manchmal den kindischen Taumel des Frühlings nicht, denn er sieht auch den Winter und muss sich darauf vorbereiten. Also ihr seht, alles hat eine natürliche Ordnung und bleibt größtenteils von selbst dort, wo es hin gehört."
„Das ist sehr seltsam, was habt ihr mit den Jahreszeiten zu tun?" fragte Gandalf.
„Wie meint ihr das?" Juraviel schien die Frage nicht zu verstehen.
„Ich meine, was habt ihr zu tun, wenn eure jeweilige Jahreszeit ansteht?" versuchte es der Zauberer noch einmal.
Juraviel drehte sich um und sah den Zauberer verdutzt an mit großen Augen.
„Ich verstehe Eure Frage nicht…"
„Was tun die Sommerlichen im Sommer? Was tut ihr gerade? Was habt ihr gerade zu tun?"
Der Touel'afar zog eine Augenbraue hoch.
„Wie seltsam Ihr sprecht. Das gibt mir doch einiges an Rätseln auf… aber wir haben gerade keine Zeit, ich werde mich später damit beschäftigen, Herr Gandalf. Dann sprecht mich doch bitte noch einmal darauf an, ja?"
Dann drehte er sich um und ging weiter. Es wurde auch etwas kühler, bemerkte Aragorn. Wohl ein Zeichen des Winters.
„Wir sind hier auf einem von sechs Hauptwegen," erklärte Juraviel weiter. „Dieser hier ist nur einer von den vier kleineren. Er führt mitten durch das frühlingshafte Viertel, kreuzt nachher eine der beiden Großhauptwege und geht dann über ins winterliche, endet an dessen Ende in einen anderen Kleinhauptweg. Die Kleinhauptwege bilden fast ein Viereck, welches unsere Siedlung in äußeren Kreis und inneren Kreis einteilt. Die beiden Großhauptwege durchkreuzen das Viereck und trennen somit symbolisch die Viertel ab. Sie reichen bis an den Rand der Siedlung. Auf dieser unteren Ebene wohnen die meisten von uns. Im oberen Bereich feiern wir und läuten die Zeiten ein. Diese Ebene liegt näher zum Himmel und ist uns heilig, die untere Ebene schützt also die obere. Oben ist auch nicht alles eckig angelegt, sondern die Straßen verlaufen willkürlich. Denn zwischen den Jahreszeiten gibt es keine genaue Trennung. In der Mitte etwa liegt der Lebenskreis, unser größtes Heiligtum. Wenn die Herrin es euch erlaubt, werde ich ihn euch einmal zeigen. Er ist unglaublich. Dort oben sind auch die Krauthäuser, zwischen Sommer und Herbst, damit die Heilkräuter gut gedeihen. Dort haben wir auch euren Freund untergebracht.
Ebenfalls oben befinden sich unsere Baumquellen. Genau zwischen Frühling und Winter. Der Schnee der Winterlichen auf den Bäumen wird von den Frühlingshaften geschmolzen und dient uns als Wasserversorgung. Übrigens die große Halle liegt auf der unteren Ebene in der Mitte. Hier finden wir uns an den hohen Fünf Nachmittags ein, um zusammen die getane Arbeit zu bereden, bevor wir zu Sonnenuntergang wieder in den Lebenskreis zusammenkommen und den Himmel ehren. Leider kommen wir etwas spät und ihr müsst alleine speisen. Ich muss hinauf und die Herrin empfangen, denn ich bin der erste Sommerliche und wie könnte der Mitsommer ohne mich stattfinden," erklärte er als wäre es selbstverständlich.
Die Neuen sogen seine Worte in sich hinein und waren erstaunt davon. Es kam ihnen vor wie Traumgeschichten, was sie hörten und nur in ihrer Phantasie konnten sie sich ausmalen, was Juraviel ihnen erzählte. Zugleich bemerkten sie, dass keiner des Waldvolkes mehr auf den Wegen war.
Aber plötzlich war Aragorns Aufmerksamkeit woanders. Vor ihnen auf einer runden Plattform stand eine vertraute Gestalt und sah ihnen entgegen. Melen war unmittelbar neben ihm.
„Legolas," flüsterte Aragorn und beschleunigte seine Schritte.
Es war nun kalt, geradezu eisig und der Atem der Fremden und Feen schlug sich weiß hernieder. Juraviel machte Aragorn willig Platz und ließ den König passieren. Dieser eilte an ihm vorbei und fiel seinem alten Freund in die Arme. Auch Legolas entgegnete die Geste und drückte Aragorn freundschaftlich, aber zurückhalten, wie er es immer tat, denn Elben legten nicht so viel Wert auf eine körperliche Begrüßung. Dennoch hatte Legolas diese Sitte sich zu Eigen gemacht. Sie waren nun an der Grenze zu den Winterlichen und Frost schlug sich an dem Geländer zur Frühlingshaften Seite nieder. Auf dem anderen Geländer auf der gegenüber liegenden Seite lag frisch gefallener Schnee.
„Freund, ich bin froh, dass ich dich gesund hier antreffe!"
