Celebne: hehehe... nein, ich habe nicht alles selbst erfunden... leider :-( aber wenn du gerne einmal nachlesen willst, woher ich diese Ideen habe: R.A. Salvatore "Himmelsjuwelen". Dieses Buch war mein erstes Fantasybuch und sehr schön geschrieben, zumindest die Bände 1 und 2 sind nett.

Tanja: am boden festnagelt sodala... ;-) danke für deine Rev! hihihi, bist ja richtig aufgedreht, was?

Leonel: heul schön dass es dir gefällt! Ja, Boromir ist superduper! hehehe... naja alles ist ja nicht meiner Phantasie entsprungen. Wenn du mal R.A.Salvatore liest, könnten dir manche Namen bekannt vorkommen ;-) Aber dass die Touel'afar die Jahreszeiten gewissermaßen kontrollieren, ist tatsächlich meine Idee.

Der Zauber der Zeit

„Freund, ich bin froh, dass ich dich gesund hier antreffe!"

Aragorn, ich danke den Eldar, dass du endlich hier bist, begrüßte Legolas ihn auf elbisch und ließ seine Hände auf Aragorns Schultern ruhen, als sie auseinander gingen.

Aragorn sah die Freude in den Augen des Elben… oder eben viel mehr Erleichterung…

„Was ist, Legolas? Was stimmt hier nicht? Ich sehe es in deinen Augen," flüsterte Aragorn ihm zu, so lange die anderen noch weit genug entfernt waren.

Legolas senkte den Kopf und sprach gedämpft nur zu Aragorn, da er die anderen heran nahen sah.

Ihre kleine Unterredung nun war komplett in elbisch, was außer Gandalf keiner sonst verstehen konnte und der Zauberer zog schon in einiger Entfernung die Stirn in Falten, da er die Anspannung des Elben spürte.

„Es ist etwas passiert. Mit Faramir…"

„Ich weiß, aber Juraviel sprach zu uns, als wäre es nicht so schlimm…"

„Dieses seltsame Volk spricht von allem heiter. Nur Melen hier scheint ganz und gar nicht von ihrem Schlage. Aber es ist schlimm, Elessar, ich fürchte um sein Leben."

Aragorn stockte der Atem. Dass Legolas die Situation derart schlecht einschätzte raubte ihm die Luft und ließ die Sorge um den Gondorianer schnell wieder aufflammen.

„Was ist mit ihm?"

„Er hat eine ernsthafte Kopfverletzung, die er sich in einer großen Schlucht zugezogen hat, durch mein Verschulden. Ich musste den Weg für ihn bis hier her gehen und seitdem kümmern sich diese Wesen um ihn. Die Medizin dieser Leute ist außergewöhnlich und wirksam, aber sie reicht nicht aus. Es steht schlecht um ihn. Ich fürchte fast nicht einmal Gandalf kann etwas tun… wie sollen wir es nur Eowyn sagen?"

Legolas rechnete mit dem Schlimmsten. Es trieb Aragorn fast die Tränen in die Augen und er war froh, dass er seine Freunde im Rücken hatte und sie nicht ansehen musste. Er konnte die Nachricht kaum verarbeiten und brauchte eine Schrecksekunde, um sich zu erholen. Zudem wollte er Eowyn und Boromir nicht einfach so vor den Kopf stoßen. Legolas konnte Aragorn nur zu gut nachempfinden und ihm entging natürlich nicht, wie hart es ihn traf, auch wenn er es nur einen Sekundenbruchteil gezeigt hatte. Der Elb kannte Aragorn neben Arwen und Gandalf am besten und es tat ihm leid, den König mit solch schlechter Nachricht begrüßen zu müssen. Er hatte ihn nicht belasten wollen und lange hatte er darüber nachgedacht, als er an Faramirs Bett gesessen hatte, wie und wann er es Aragorn und Gandalf sagen wollte.

„Gräme dich nicht, Legolas. Es war nicht deine Schuld," sagte Aragorn und versuchte so viel Festigkeit wie möglich in seine Worte zu legen, aber die Hoffnungslosigkeit ließ seine Stimme etwas zittern.

Aber Legolas reagierte nicht auf diese Worte und eine Ahnung stieg in Aragorn auf.

„Ich fürchte, das ist nicht richtig," flüsterte der Elb und der König sah ihn fragend an. „Ich werde es dir nachher erzählen," schloss er, denn die anderen, ob sie nun Elbisch verstanden oder nicht, waren nun bei ihnen.

Für alle sah die Situation ganz natürlich aus, denn Legolas hatte Aragorn empfangen, wie er es immer bei einem Wiedersehen getan hatte. Mit einer Umarmung und ein paar persönlichen Worten in seiner schönen Sprache.

Nur Gandalf hatte die letzten Sätze mit angehört und wusste bereits bescheid, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war und es drängte ihn plötzlich unaufhörlich, Faramir zu sehen. Seinen Schützling.

„Gräme dich nicht, Legolas. Alles geschieht aus bestimmtem Grunde und der Himmel weiß allzeit, was er tut. Mache dir keine Vorwürfe!" sagte Juraviel nun wieder in einer für alle verständlichen Sprache.

Legolas tat sein Möglichstes, zuversichtlich und normal zu wirken, aber es nagte an ihm. Jede Minute, in der er nicht bei Faramir war und nicht genau über seinen Zustand bescheid wusste, machte ihn unruhig.

„Melen!" rief Juraviel. „Kannst du unsere Gäste zur Halle bringen? Ich muss hinauf, man wartet bereits auf mich und ich muss mich sputen. Sei nicht so mürrisch, Fala wird dich heute nicht mehr ärgern, also schenke den Fremden doch mal ein Lächeln, sie brauchen es. Das Sommerlichen Viertel brauchst du ihnen heute nicht mehr zu zeigen, es ist schon spät."

Dann winkte er und wollte sich gerade abwenden, als Gandalf ihn zurück hielt.

„Wann kommst du wieder? Ich muss Faramir sehen, so schnell es geht!"

Juraviels Lächeln verflog einen Augenblick. Er sah die Ernsthaftigkeit in Gandalf Augen und er wusste um seine Person.

„Meister Gandalf. Ich werde mich beeilen und so schnell, es mir möglich ist, zu Euch zurückkehren. Vertraut mir."

Mit diesen Worten verbeugte er sich respektvoll und nachdem er tief in die Knie gegangen war, stieß er sich hart vom Boden ab und mit einem übermenschlich hohem Sprung gelangte er über das Geländer der zweiten Ebene und war nicht mehr zu sehen.

Pippin staunte Bauklötze und auch die anderen waren sichtlich überrascht über das plötzliche Verschwinden des Touel'afar.

„Wie ist das möglich," brachte Boromir heraus und starrte nach oben.

Gut fünfundzwanzig Fuß trennten die Ebenen. Nur Legolas schien nicht überrascht und auch Gandalf hatte schnell eine Erklärung gefunden.

„Melen," sprach er. „Sie haben Flügel, nicht wahr?"

Die Frau nickte.

„Ja, mich wundert, dass Ihr es bemerktet."

„Sie können fliegen?" fragte Eowyn überrascht, denn ihr war es gar nicht aufgefallen, dass diese Wesen Flügel hatten.

Zu aller Erstaunen lachte nun Melen auch zum ersten Mal.

„Nun, zum Fliegen gereicht es leider nicht, dafür sind sie viel zu schwach. Sie sind hauchdünn und fallen gar nicht auf, obwohl sie Körperlänge haben. Aber sie genügen, um einen Sprung zu unterstützen oder einen Fall abzufangen."

„Das ist ja unglaublich," meinte Eowyn und wünschte sich, sie hätte genauer hingesehen, denn es interessierte sie doch.

Neugier hatte sie gepackt und ihr Wissensdurst über dieses Volk wollte nicht versiegen. Sie fühlte sich wie ein kleines Kind, das in einer Phantasiewelt spielte. Wunder geschahen um sie herum! Ein unbekanntes Volk! Wesen mit Flügeln! Unheimliche Prüfungen! Und dieses Licht!

„Was sind das für Lampen?" fragte sie Melen.

Melen drehte sich verdutzt um.

„Das? Wie meinst du das?"

„Nun ja… durch was leuchten sie?"

„Häh? Natürlich durch Glühwürmchenstaub, was sonst?"

Eowyn schüttelte den Kopf.

„Glühwürmchen?"

„Aber natürlich. Wie macht ihr denn Licht?"

„Mit Feuer!"

Melen verdrehte die Augen.

„Mit Feuer? Warum denn das? Dazu braucht man doch Holz…"

Irgendwie war diese Unterredung sehr seltsam für beide Parteien. Die Selbstverständnis von bestimmten Dingen ging sehr auseinander.

„Aber ja…"

„Fällt ihr etwa Bäume, um Feuer zu machen? Oder reißt trockenes Gras heraus?"

„Ja, wir fällen Bäume, wenn wir Feuer machen wollen," erklärte Eowyn, ohne sich etwas dabei zu denken.

„Ihr seid Barbaren!" rief Melen. „Und die Tiere bei euch sind damit einverstanden?"

„Die Tiere?"

„Warum die Tiere?" fragte auch Boromir.

„Na, der Wald gehört doch nicht euch allein! Oder was denkt ihr?"

Aragorn beschloss sich einzuschalten und die Sache so weit, wie möglich aufzuklären.

„Leider haben wir noch keine andere Möglichkeit, als durch Kerzen, Öl oder Holz ein Licht zu entfachen. Ich schätze, wir könnten einiges von euch lernen. Glühwürmchenstaub? Wie kommt ihr da dran?"

„Wir haben Nurissen-Felder. Die Blumen locken die Insekten an und ihre Stempel sind so gemacht, dass der Staub an ihnen hängen bleibt. Wir müssen ihn nur noch abkratzen und die Gläser der Lampen damit bestäuben. Dann noch ein Tropfen Nurissennektar dazu und es fängt an zu leuchten. Ihr müsst die Felder sehen! Sie leuchten und sogar ein heller sonniger Tag verblasst gegen die Leuchtkraft der Blumen und Glühwürmchen!"

„Wow!" sagte Boromir und sie gingen weiter.

Es dauerte nicht sehr lange und sie waren endlich angekommen. Vor ihnen tat sich ein großes Gebäude auf, das an eine Scheune erinnerte.

Das musste die Halle sein! Sie sah aus, als wäre sie geschmückt worden. Die Wände bestanden komplett aus grünen Ranken mit rosa Blüten, auf denen sich glitzernder Frost nieder schlug und am Dach, das aus Herbstblättern gemacht war, hingen lange und wunderschöne Eiszapfen, die schmolzen und silberne Tropfen herabregnen ließen, welche auf dem Holz zerplatzten und überall hin sprangen, wenn sie auftrafen.

Eine Tür hatte die Halle nicht, aber zwei natürlich gewachsene Statuen aus lebendem Holz rahmten den Eingang. Die Statuen zeigten Touel'afar, aber ziemlich wohlgeformte. Ihre Hände hoben sich empor und hielten Schalen, die das herabtropfende Wasser auffingen, um den Eingang trocken zu lassen. Ihr Haar verlief sich kunstvoll in Äste, die an ihren Enden viele grüne und saftige Blätter trugen.

Wo die Fremden standen war es noch Winter, aber hier wehte bereits eine laue Sommerbriese vom sommerlichen Viertel her und auch einzelne Herbstblätter hatten sich auf den Weg verirrt. Eowyn fröstelte etwas und rieb sich die Arme.

„Anscheinend ist Euch etwas kalt," bemerkte Melen. „Wir werden uns in den Sommerlichen Teil setzen, da fühle ich mich selbst auch am wohlsten."

Sie ging um die Halle herum und für jede Jahreszeit schien es einen Eingang zu geben. Der sommerliche lag natürlich in der Richtung des entsprechenden Viertels. Als Melen dort eintrat schwang ihr schwere warme Sommerluft entgegen und wärmte ihre Glieder.

Sie wies den Gästen einen Tisch zu, der bereits mit dampfenden Speisen und Krügen frischen Quellwassers gedeckt war. Tisch und Stühle waren natürlich gewachsen, die großen Äste eines Baumes. Aber man saß erstaunlich gut auf dem dicken weichen Moos.

Die Speisen waren absolut fleischlos und bestanden aus Früchten, eichelartigen gekochten Nüssen, gegarten Pilzen in einer Kräutersoße und einem fremdartigen Brei, der nach Honig und Milch schmeckte, aber keines von beidem enthielt, wie Melen ihnen sagte.

Das Wasser schmeckte herb und süß zugleich, irgendwie nach Baum, fand Pippin und machte auch keinen Hehl daraus, seine Entdeckungen laut auszusprechen. Melen erklärte ihm Einiges. Dass das Wasser durch die Rinde der Bäume sickere, bevor es zu ihnen herab käme und dass sie den Tau aus den Kelchen der Nurissen für den Brei verwendeten. Dass die großen Bäume im Viertel der Herbstlichen die Nüsse fallen ließen, die einen leicht salzigen und herzhaften Geschmack hatten, dass die Pilze ungekocht Halluzinationen hervorbringen konnten und einiges mehr. Aber irgendwie wollte keiner so richtig essen, denn etwas anderes lag ihnen schwer im Magen und keiner konnte Juraviels Rückkehr abwarten.

Dann endlich eine Stunde nachdem er sie verlassen hatte, kam er zurück und alle betrachteten sich bei jeder Gelegenheit heimlich seine Flügel, die wirklich fast durchsichtig und nicht zu sehen waren. Er fragte sie, wie das Essen war und ob Melen ihre Fragen ausreichend hatte beantworten können. Sie gingen auf alles höflich, aber auch nur kurz ein, denn sie wollten ja etwas anderes wissen.

Endlich stand der Touel'afar auf und nickte ihnen freundlich zu.

„Ich werde euch nicht länger warten lassen, denn ich weiß, wie wichtig es für euch ist, endlich euren Freund wieder zu sehen," er sah besonders Gandalf an und war nun ernst. „Die Herrin ist wieder da und wird zu euch kommen, sobald sie ihre Formeln im Lebenskreis getan hat."

Er ließ sie aufstehen und führte sie hinaus auf den Hauptweg zwischen den Sommerlichen und Herbstlichen.

Da waren die Straßen wieder voll und leises Stimmengewirr, wie von Nachtvogelzwitscher war zu hören. Es war dunkel, aber die Siedlung war grünlich erhellt und noch allerhand Touel'afar waren auf den Wegen. Hin und wieder gingen sie an einem vorbei, aber hier waren die Wesen ganz anders. Manche sahen wie Juraviel aus, braunes Haar, dunkle Augen. Die anderen waren rotgold behaart und hatten graublaue Augen… etwas erinnerte Gandalf an Faramir und auch ganz besonders an Findulias.

„Juraviel, welche Verbindung hatte Findulias zu euch? Sie ist keine Touel'afar gewesen. War sie jemals hier?"

Juraviel blieb stehen und war fast wie in einem Traum gefangen, als er an die Frau dachte, die für das ganze Durcheinander verantwortlich war. Er lächelte träumerisch im Gedenken an sie und sein Blick schwelgte in die Ferne.

„Melen haben wir einmal im Wald gefunden. Sie war einfach da, wir wussten nicht woher. Die Baumgeister haben sie uns gebracht, so sagen wir, auch wenn das nicht wahr ist."

Melen, die es nicht mochte, dass man über sie sprach, wurde etwas rot und sah weg von ihnen.

„Wir nahmen uns ihr an und versuchten sie so gut, wie möglich bei uns zu integrieren und bildeten sie zur Waldhüterin aus. Irgendwann vielleicht einmal wird sie uns verlassen, um die Wälder in Mittelerde zu schauen, um zu entdecken und zu lernen und zu beschützen. Und sie ist nicht der erste Mensch, den wir aufgenommen haben. Schon einmal vor einigen Jahren empfingen wir ein solches Findelkind. Wir zogen es auf und bildeten es aus, genau wie Melen. Er wurde sehr stark und weise. Er war einer von uns und wir hatten großen Respekt vor ihm. Aber er verließ uns und wir sahen ihn niemals wieder. Ihr mögt ihn vielleicht kennen. Gowandel hieß er."

Gandalf nickte wissend.

„Dein Großvater, Boromir. Er wurde Fürst in Gondor."

Juraviel grinste.

„So ist es! Ein stattlicher Mann! Ich schätze, Boromir, du hast etwas von ihm geerbt. Wie du da stehst, erinnerst du mich stark an ihn! Aber nicht nur du hast etwas von deinen Großeltern. Faramir… er führt die Gabe fort, die eure Großmutter euch mitgegeben hat. Falandas. Sie lebt schon lange nicht mehr. Viele Jahre nach Gowandels Fortgehen ist sie gestorben. Bevor er in die Welt hinaus zog, hat er sich in sie verliebt. In eine Touel'afar. Und was aus ihrer Liebe entsprungen war, war Findulias, deine Mutter. Noch nie zuvor hat es solch eine Verbindung gegeben und auch nie wieder. Findulias, die Herbstzeitlose, haben wir sie genannt und da sie die Gabe der Natur gebundenen Magie innehielt, unterrichteten wir sie und ihr Wesen wuchs heran und verschönerte das Viertel der Herbstlichen. Und sie hatte für einen Menschen ungeheure Weisheit und Voraussicht. Sie tanzte mit den Herbstblättern und schwelgte in den saftigen Wiesen des Sommers. Sie wandelte bei uns, als sei sie eine von uns. Noch heute fährt ein Schauer durch uns, wenn wir an ihr schönes gelocktes Haar denken, das sich in den Herbstwinden fing. Sie war wahrhaftig eine Touel'afar! Die Herrin selbst unterrichtete sie und ihre Fähigkeiten gediehen wunderbar. Sie feierte zusammen mit uns die hohen Fünf und trug auf ihre eigene Weise etwas zu sechzehn fruchtbaren und heiteren Herbsten bei. Doch vor ihrem siebzehnten Jahr erfasste sie eine Sehnsucht und sie wurde von Tag zu Tag melancholischer. Eine Sehnsucht nach etwas Neuem… eine Sehnsucht nach etwas alt Vertrautem. Und als sie nicht mehr lachen wollte, da kam die Herrin, deren Schülerin sie gewesen war und nahm ihre Hand.

Du weißt, hat sie gesagt, wo unser stilles Dorf liegt. Geh hinaus und finde, was du suchst, Findulias, Tochter. Und ob du es findest oder nicht, bei uns wirst du immer willkommen sein. Gefällt dir die Welt der Menschen nicht, so kehre wieder und wir empfangen dich und die deinen mit einem Freudenfest. Wenn du aber nicht wieder kehrst, so gebe weiter, was du gelernt, an eines deiner Kinder. Das ist unser Geschenk, so soll etwas von uns in deiner Nachkommenschaft weiter leben. Wir lieben dich so sehr…

Und da weinte unsere Herrin zum ersten Male und sprach ihre magischen Formeln. Sie brachten die Feentochter weg von hier, schier in einem Augenzwinkern. Und die Herbstzeitlose kehrte nicht wieder. Die Herrin empfing hin und wieder Kunde von ihr. Schmetterlinge und Käfer, Bienen und Hummeln trugen zu uns, dass sie ihren Vater fand, was Falanda sehr entzückte. Nach wenigen Jahren wurde uns gewahr, dass Findulias geheiratet hatte und nicht viel länger war es, dass wir von einem Erstgeborenen Nachricht bekamen. Zu unserer Verwunderung sollte sie ihm nicht die Gabe vererbt haben, aber wie ich schon sagte, Findulias war reich an Weisheit und Voraussicht. Boromir war sein Name und er sei das Abbild seines Großvaters. Wir waren stolz und feierten dich als einen der unseren und als den Hauch des Windes, der gerade durch unser Dorf strich.

Aber die Zeit strich schnell dahin und in unserem Tun bemerkten wir gar nicht, dass Jahre vergangen waren. Und als wir gerade geschäftig waren, die Früchte des Herbstes zu segnen und zu ehren, da brach eine flirrende Welle von Schmetterlingen bei uns herein, die aufgeregt die neue Kunde heran trugen. Der Erbe ward geboren!

Ein Freudenschrei ging durch unsere Reihen. Und wir fanden uns im Lebenskreis, wo Findulias Blumen angefangen hatten zu blühen und feierten bis lange nach Sonnenuntergang.

Und dann wurde es wieder still um sie. Wir hatten gehofft, dass sie wieder käme und uns den jungen Faramir in die Obhut geben würde. Aber sie schien einen ebenwürdigen Lehrer gefunden zu haben. Gandalf den Grauen. Und wir vertrauten ihr und manchmal kam ein Marienkäfer, der uns berichtete, wie ihr beiden heranwuchset. Und unsere Herrin lachte vergnügt, denn es gefiel ihr, was sie hörte.

Und die Jahre vergingen rasch und schon waren fünfe dahin. Da blieb plötzlich Nachricht aus und lange warteten wir, bis wir eine dicke Hummel losschickten, um zu hören, was dort vor sich ginge in Gondor. Brummend und summend kam sie zurück und berichtete, Findulias nicht gefunden zu haben, nur ihren Mann und die zwei Söhne. Auch der Zauberer sei nicht mehr da.

Und da sorgten wir uns sehr. Gowandel war schon lange tot, denn Menschen sind nicht langlebig. Und so manches Mal schickte die Herrin, die nun ernst geworden war, einen Käfer oder einen Grashüpfer los. Leider brachten sie nichts Gutes zu uns zurück. Wir erfuhren, dass Faramir seine Fähigkeiten nicht hatte finden dürfen und dass sein Vater ihm nicht wohl wollte. Und Boromir, so klein er doch war, musste gar schnell in die Fußstapfen seines Großvaters schlüpfen und seinen Bruder schützen. Und nach vielen schlechten Nachrichten, wurden wir abgelenkt, denn plötzlich war es für den Frühling nicht mehr leicht, seine zarten Finger überall hin auszustrecken. Irgendwas tat sich in der Welt der Menschen und anstatt Tagfaltern kamen immer mehr Nachtfalter zu uns. Sie sprachen von Rauch und Dunkelheit und die Herrin hatte viel zu denken, was wohl vor sich ginge. Die beiden Brüder waren schon längst dem Militärdienst zugeordnet und während Boromir Schlachten mit strahlender Rüstung führte, tat Faramir, was ihm natürlich angeboren war. Er machte sich die mächtige Natur zur Verbündeten und führte von da aus Krieg.

Das alles beschwerte unsere Herzen und es schien kein Ende in Sicht. Wir fürchteten, dass unser Geschenk bald verloren ginge und beide Söhne sterben würden. Und dann schickte man dich fort, Boromir und Faramir war ganz allein. Wir folgten dir bis hoch in den Norden, wo wir noch ungestört unser Werk vollbringen konnten und verloren dich aus den Augen. Durch einen Fisch, der Faramir im großen Fluss waten sah, erfuhren wir von deinem Tod.

Und mit deinem Tod wurde es schwer für uns. Der Frühling wollte nicht mehr gelingen, die Wärme des Sommers gelang immerzu zu stickig und der Herbst brach grau und früh herein, endete noch viel schneller, bevor wir die Früchte und Bäume segnen konnten und wir hatten Mühe, den Winterzu zügeln. Die Winterlichen waren so sehr damit beschäftigt, den kalten Winden Einhalt zu gebieten, dass viele von ihnen vor Schwäche zusammen gebrochen sind, da sie Tag und Nacht Formeln sprachen. Die Sommerlichen wurden weniger, denn die Kälte war für viele der Tod. Erst dieses Jahr können wir seit vielen Monaten wieder ungehindert walten. Was war denn nur los bei euch?"

Auf die unvermittelte Frage reagierten alle etwas verblüfft, denn was der Touel'afar da sprach hatte alle sehr bekümmert und sie wussten, was geschehen war.

Aragorn räusperte sich und versuchte den Kloß in seinem Halse los zu werden.

„Wir hatten eine große Macht gegen uns, die ganz Mittelerde zu verschlingen drohte. Alles Leben wäre geendet, wenn wir nicht durch die Mithilfe vieler vieler tapferer Völker das Unheil hätten abwenden können. Ich wünschte, ich hätte Frodo Beutlins Buch hier. Es wäre sicherlich sehr aufschlussreich für euch. Vielleicht aber kann ich euch irgendwann eine Abschrift davon zuteil werden lassen? Also der Krieg und der dunkle Herrscher Sauron forderten uns vieles ab und wir mussten viele Opfer beklagen. Auch Boromir schien dazu zu gehören. Zu unser aller Verwunderung aber kehrte er zurück und während wir noch darüber rätselten, wie das sein konnte, denn ich selbst sah ihn sterben, da war etwas mit Faramir nicht in Ordnung und das Abenteuer nahm seinen Lauf."

Juraviel schien traurig.

„Ein Krieg also. Ja, das Dunkel ist tückisch, wenn es widernatürlich ist. Oh! Ich vergaß, bitte verzeiht, wir wollen zu den Krauthäusern! Schnell nun, sonst wartet die Herrin!"

Rasch wandte er sich um und ging weiter. Tatsächlich hatten sie sich lange aufgehalten, als sie über Findulias gesprochen hatten.

„Eure Herrin?" fragte Gandalf. „Ihr sprecht immerzu von ihr, aber ich weiß noch nichts über sie."

Wieder kicherte der Kleine wie ein Bub und hüpfte weiter.

„Die Herrin! Sie ist wunderschön, muss ich euch sagen! Ihre Worte sind das Leben selbst und ihre Hände sind stets warm im Sommer. Aber sie wandelt sich je nach Jahreszeit und bestimmt den Gang des Jahres. Und im Winter wird sie weiß, wie aus Glas und mir kommt sie dann immer kalt und grausam vor, aber dann mögen die Winterlichen sie am liebsten. Und im Frühjahr, da flechten sich Blumen in ihr Haar und es sprießt grün und golden, wie die jungen Bäume! Und im Sommer, da wird es dunkelgrün und braun, wie die starken Bäume und wo sie hintritt, fällt warmer Sonnenstrahl. Im Herbst wird ihr Haar rotbraun, wie die Blätter und sie bemalt sich in den Farben der Bäume! Dann tanzt sie mit den Blättern und gebietet die Winde bis ihr Haar wieder von weiß durchfurcht wird und ihre Haut verblasst… So läuft es immer fort."

Er blieb stehen vor einem Haus mit so vielen Stockwerken und Plattformen, dass es in die zweite Ebene hinein reichte.

„Wir könnten auch über einen Windeweg gehen, aber ich denke, ihr solltet das Haus kennen lernen, in dem ihr schlafen werdet. Auch wenn Legolas und Eowyn eher frühlingshaft und du Streicher winterlich erscheinen, dachten wir es wäre besser euch nun zusammen in der Nähe unter zu bringen. Und du Gandalf, du gibst mir Rätsel auf…" staunte der Touel'afar und sah an dem langen Bart empor.

„Winterlich? Nein! Oder doch? Du ähnelst der Herrin im Winter, so rein. Aber wer darf schon wie die Herrin sein? Ich schätze du bist ein Weißer? Aber was plappere ich? Hinein mit euch und dann nach Oben! Wir sind gleich da!"

Die Gruppe musste sich bücken, um durch die kleine Tür hinein zu kommen. Doch drinnen war die Decke hoch genug, um gerade darin stehen zu können. Die vielen Fenster machten den Raum hell. Alles war aus rötlichem Holz eingerichtet und Teppiche aus Flachs bedeckten den Boden. Die Wände waren voller Regale, in denen hunderte Bücher standen. Sie schienen alt, aber keineswegs verstaubt. Entweder wurden sie regelmäßig gereinigt oder gelesen. Dass das Holz der Möbel noch lebte, erkannte man an den grünen Ausläufern, die sogar Blätter trugen und den Raum schmückten. Es war sehr gemütlich. Drei kleine Tische standen im Raum mit vielen kleinen Stühlen. Zur Tischmitte hin wucherten Pflanzen, die sich dann emporragten und blühten. Fast, wie ein Blumengesteck.

„Dort hinauf!" rief Juraviel und sprang zu einer kleinen niedrigen und knorrigen Treppe.

Diese führte ganz hinauf und hatte keine Fenster. Aber sie war erhellt von den typischen Lampen. Unterwegs waren viele Türen auf den verschiedenen Stockwerken, die zu kleinen Zimmern führten. Juraviel teilte jeden von ihnen ein Zimmer zu. Ganz oben war wieder ein Zimmer, fast gleich zu dem ganz unten. Viele Bücher…

Juraviel öffnete die Haustür und ließ sie hinaustreten. Hier auf der zweiten Ebene war alles noch viel schöner, als auf der ersten! Viele Glühwürmchen flogen umher und die Touel'afar hier trugen lange wehende Gewänder. Die Herbstlichen trugen rot und braun, die Sommerlichen grün und braun. Fast nur weibliche Wesen. Es sah herrlich aus. Sie schienen umher zu schweben. Aber in Wirklichkeit sprangen sie nur ganz sachte vom Boden ab und glitten dank ihrer Flügel dahin, bis sie sich wieder abstoßen mussten.

„Kommt, wir sollten uns beeilen!"

Aber es waren keine zehn Häuser, an denen sie vorbei mussten, als Sie plötzlich ein ganz anderes Bild von der Umgebung bekamen.

Alles wurde ganz ruhig und still, man hatte den Eindruck, als ruhe dieser Ort in sich selbst, obwohl er zugleich eine Kraft ausstrahlte, die eine Ahnung auf das Urleben zuließ. Hier war alles noch dichter bewuchert und die Pflanzen waren von unterschiedlichster Art. Hunderte von geheimnisvollen Düften betörten die Fremden, mal süß wie Honig, mal herb wie Kiefern, mal bitter, wie von Kresse. Selbst in den Astwinkeln der Bäume sprossen ganze Putschen von Gräsern und auf den Geländern blühten allerhand seltsame Moose und Flechten. Die Fremden getrauten sich fast nicht, weiter zu gehen, denn selbst der Boden der Brücken war bedeckt von Gras, Moos und Pilzen, von denen sie leider einige zertraten, als sie da entlang gingen. Eowyn erwischte sich sogar dabei, wie sie versuchte den weiten Schritten Boromirs zu folgen, um in dessen Fußabdrücken zu bleiben. Wie ein Mädchen musste sie dafür einige Male springen und sie erinnerte sich, an die Zeit, als sie früher auch in die Spuren ihres Onkels Sprang, die sich im Matsch abgebildet hatten. Sie fühlte sich seltsam beschwingt von den Düften um sich herum. Die Touel'afar hinterließen sicherlich keine Spuren hier, denn die meisten Wege schwebten sie ja dahin. Deshalb konnte hier alles wunderbar gedeihen.

Auch Juraviel hüpfte nun grazil und kam nur alle fünf Meter einmal auf. Er sah reizend aus, auch wenn er nicht in eines der wehenden Kleider gehüllt war. Dort wo er aufkam hinterließ er nicht mehr Abdrücke, als ein Eichhörnchen es getan hätte. Auch Legolas bewegte sich sehr vorsichtig und zertrat keine Blüte, keinen Halm, setzte jeden Schritt auf das dichte Moos und seine Fußspuren waren kaum zu sehen. Die der Menschen, des Hobbits und des Zauberers ließen tatsächlich Spuren, aber dort wo sie traten, richteten sich die starken und gesunden Pflanzen sogleich wieder auf. Die meisten Pflanzen waren saftig grün, aber hier und da wuchs auch eine braune Wurzel aus der Erde heraus, oder reckte sich ein unscheinbares Blümelein empor. An den kräftigen Baumstämmen schlängelte sich auch manchmal eine bunte Blumenranke. Allerlei fremdes Gewächs, das einer Studie wert gewesen wäre ragte sich neben den Brückengeländern hoch und hing über den Köpfen der Gruppe.

Hier waren mehr Plattformen, auf denen sich die Pflanzen nur so sammelten und Häuser fand man fast keine. Sie überschritten mehrere dieser Plattformen und staunten darüber, dass man in dieser Höhe etwas anbaute. An einem Feld arbeiteten gerade zwei zarte weibliche Feen, die kurz aufsahen, als sie vorüber gingen.

„Key, Juraviel und Legolas! Keya, Boromir und ihr anderen Fremden!" flöteten sie ihnen entgegen.

Sie verneigten sich sachte, den Gruß entgegnend. Die Stimmen waren wie helles Glockenspiel und bezauberten sie wunderbar.

„Es gibt nichts schöneres, als den Gesang unserer Frauen," schwärmte Juraviel und winkte den beiden Mädchen zu, die sich dann wieder an ihre Arbeit machten, neue Setzlinge zu pflanzen. „Das hier sind unsere Heilgärten, wie ihr wahrscheinlich schon herausgefunden habt. Sie bedürfen ganz besonderer Pflege und fast alles wächst hier. Nur einige Pflanzen, die das kalte Klima brauchen, wie die Eisblumen oder Osterglocken sind zwischen den Winterlichen und Frühlingshaften angebaut. Der Rest ist hier und am Ende der Gärten, am äußeren Rand der oberen Ebene sind die Nurissen Felder."

Aragorn fiel auf, dass auch Melen so leichten Schrittes ging, dass sie nichts zerdrückte. Sie war geradezu andächtig ruhig. Aber es war auch ein Ehrfurcht verbreitendes Örtchen.

„Da vorne," flüsterte die Frau dem König zu, der hinter ihr ging. „Da ist das Krauthaus."

Aragorn schaute an ihr und dem Touel'afar vorbei und sah ein relativ großes Haus. Es war einstöckig und von Holz. Natürlich umrahmt von etlichen Pflanzenranken. An mehreren Stellen war es offen und man konnte hinein sehen. Von vorne sah man, dass der ganze vordere Raum dazu diente, die Kräuter zu trocknen. Sie hingen in Büscheln an langen dünnen Schnüren, die silbern glänzten, hoch im Raum. Manche waren noch saftig grün, andere waren schon dunkel oder gelblich getrocknet. Ein starker Geruch, der an Jasmin erinnerte strömte heraus und ließ leichten Schwindel aufsteigen vor Intensität.

Sie gingen allerdings nicht in diesen Raum, sondern folgten Juraviel neben das Gebäude, wo viele kleinerer Räume frei einsehbar waren, weil die Außenwände offen waren. In diesen Räumen waren entweder Regale voller kunstvoll geblasener Flaschen, deren Inhalt die verschiedensten Farben haben konnte oder aufgetürmte dicke Säcke. Wieder in einem anderen wurde gerade in einem riesigen Kessel eine lila Brühe gebraut, die nach Thymian und Kresse roch. Eine Fee in ihren älteren Jahren rührte den großen Holzlöffel herum und als sie sie bemerkte lächelte sie gutmütig. Sie war eine der älteren, aber man sah ihr das keineswegs an. Jugendlich waren alle Touel'afar.

„Keya, ihr werten Gäste! Wollt ihr Faramir besuchen? Ich fürchte, er ist noch immer nicht erwacht und die Herrin war noch nicht da."

Juraviel blieb stehen.

„Key, Lilofa! Das betrübt mich zu hören. Es steht noch nicht besser?"

Sie schüttelte den Kopf, aber ihr sanftes Lächeln war beständig. Sie nahm eine kleine Tonschale, die neben ihr auf einem kleinen Tisch mit Zutaten stand.

„Leider nicht. Es scheint mir, als sei etwas mit seinem Geiste. Er kämpft sehr wohl, das Fieber verrät es mir. Aber etwas hält ihn, das wir nicht vertreiben konnten. Etwas Kraftvolles. Etwas, das unsere Kräuter nicht austreiben können, bei aller Mühe, die wir uns geben. Die Wunde ist geschlossen, der Körper ist bereit zu heilen. Aber der Geist… der Geist…" sie füllte etwas der lila Flüssigkeit in die Schale und streute winzige Blätter hinein, die sie von einem Stängel abstreifte.

Sofort verteilte sich ein frischer Geruch von Minze und machte die Lungen aller Anwesenden frei.

„Aber vielleicht ist ein Krautmeister unter den Fremden?" sie schaute die Neulinge an und wartete auf eine Antwort.

„Nein, gewiss nicht, aber heilende Kräfte haben wir dennoch," sagte Gandalf und betrachtete Aragorn mit einem viel sagenden Blick.

„Dann nehmt doch bitte das hier mit und stellt es neben das Bett des jungen Herrn, auf dass es seinen Körper reinige. Vielleicht vermögt ihr mehr auszurichten, als ich und meine Gehilfen bis jetzt konnten," bat sie und gab Gandalf das einfache Gefäß mit der Flüssigkeit und der Zauberer merkte sofort, wie er selbst gereinigt wurde.

Der intensive Duft drang in Nase und Mund ein, machte die Lunge und die Nebenhöhlen frei und nach wenigen Minuten fühlte sich der alte Zauberer erfrischt und stark.

„Es ist fantastisch," sagte er und verneigte sich anerkennend vor Lilofa.

Sie winkte lächelnd ab und wandte sich wieder ihrem Kessel zu.

„Ich schicke gleich Niffa, um nach Faramirs Wunde zu sehen."

Endlich gingen sie und drei Räume weiter standen sie plötzlich vor einem Vorhang aus Tauperlen und Spinnenseide. Er verdunkelte einen kleinen Raum.

„Hier sind wir," sagte Juraviel und zog den Vorhang etwas zur Seite.

Drinnen war es etwas dunkler, aber verschiedene Gefäße im Raum, die mit Flüssigkeiten gefüllt waren, strahlten Lichter ab. Rosa, blaue und grüne Schimmer, die aus den wohl duftenden Gebräuen entstanden. Sie tauchten das Zimmer in wunderschöne Farben. Es roch nach Kiefernharz, Lavendel und noch vielem mehr. Der Duft schlug ihnen entgegen und sofort fühlten die Menschen sich benebelt und leicht.

In der Mitte, stand ein Bett mit dem Kopfteil an der Wand. Lindgrüne Blätter umwucherten es.

Darauf lag der schlafende Faramir, auf eine dicke weiße Decke gebettet und auf seinem Kopfkissen lagen lila Blüten. Er war blass und über seine Stirn war ein Verband gelegt worden.

Legolas war ganz vorne, aber er ging zur Seite und ließ Boromir den Vortritt. Dieser konnte es kaum fassen, dass er seinem Bruder nun so nah war. Endlich, nach so langer Zeit! Langsam und zögernd ging er an Faramirs Krankenbett, ganz leise und vorsichtig, damit er ihn in seiner Ruhe nicht störte. Aber selbst wenn er versucht hätte, seinen Bruder zu wecken, er wäre nicht aufgewacht…

Er sah ihn da liegen, so friedlich, als schliefe er.

Seine Augen waren geschlossen und seine Gesichtszüge entspannt. Aber seine Stirn glänzte vor kaltem Schweiß und seine geröteten Wangen verrieten das Fieber, das in seinem Inneren tobte. Er trug noch immer seine Waldläuferkleidung, die er bei seinem Fortritt angehabt hatte, aber sie war sauber.

„Oh Faramir!" flüsterte Boromir und ließ sich neben Faramirs Bett auf die Knie sinken.

Auch die anderen traten nun herein. Gandalf hatte fast gedacht, dass Pippin ans Bett des Kranken rennen würde, um sich an ihn zu werfen, aber statt dessen blieb der kleine Hobbit wie angewurzelt stehen und starrte mit Tränen gefüllten Augen auf seinen Freund.

Seine kleine Hand hatte sich fest in Gandalfs weißes Gewand gekrallt und seine Finger zitterten. Er atmete schwer.

Eowyn konnte es gar nicht richtig fassen, was sie sah. Sie schritt aufrecht und schön an Boromirs Seite und verharrte einen Augenblick, sah auf ihren Verlobten herab. Er sah so krank und bleich aus. Dann drehte sie sich zu Aragorn um und Fassungslosigkeit stand in ihrem Gesicht.

„Aragorn! König! Deine Hände sind die eines Heilers! Oh ich bitte dich, lass ihm zuteil werden, was du einst auch mir gewährtest!" sagte sie mit brüchiger Stimme und versagte fast.

Aragorn selbst aber sprach nicht. Er starrte auf das Bett mit weit aufgerissenen Augen, als sähe er einen Geist. Sein Mund war leicht geöffnet und er atmete nicht.

„Gandalf! Spürst du das?" fragte er heißer und der alte Zauberer trat heran.

Seine grauen Augen wanderten über das Bett und auch er spürte, was Aragorn zu fühlen vermochte.

„Ja, ich weiß. Es ist da, so stark."

Juraviel und Melen sahen die beiden verwirrt an. Anscheinend sahen sie, was sie selbst nicht konnten und das verwunderte vor allen den Touel'afar, denn er hatte gedacht, sein Volk wäre zu mehr im Stande, was Geist und Natur anging, als die Menschen. Doch wie es aussah, war dem nicht so.

„Was meint ihr?" fragte Melen.

„Der Fluch," erklärte Ganfdalf. „Ihm ist er auferlegt worden, vererbt durch die Ahnen seines Vaters, Denethor. Und nun nimmt er ihn in Besitz und droht, ihn zu verschlingen!"

„Ich verstehe nicht," stammelte Juraviel und ging an Faramirs Bett, um es sich genauer anzusehen.

Dann legte er ihm beide Hände auf die Stirn, aber er fühlte nichts, nur die Hitze in seinem Körper.

„Aber ich," tönte eine melodische Stimme hinter ihnen und ein strahlendes Licht fiel in den Raum herein.

Alle drehten sich um und Boromir, schaute auf. Hinter ihnen mit den Lichtern der Siedlung im Rücken war das zauberhafteste Geschöpf, das sie je gesehen hatten.

Sie war klein, aber etwas größer, als alle andern Touel'afar und sehr graziös. Ihre Glieder bewegten sich fließend, wie der Bach und ihr grünes Kleid wehte in einer sachten Sommerbrise. Ihr Haar wallte lang und füllig bis an ihre Hüften in sanften Wellen herab und glänzte in Braun-, Gold- und Rottönen. Auf ihren Wangen waren bereits erste Erscheinungen der Bemalungen, wie Juraviel ihnen erklärt hatte. Auf der linken sonnengebräunten Wange eine goldene und auf der Rechten eine rötlichbraune Zeichnung.

Sie war Anmutig und schritt langsam an ihnen vorbei.

„Ich fürchtete beinahe, dass es so etwas ist. Leider konnte ich nicht früher kommen, aber ich bin froh, dass ich es zu eurer Ankunft geschafft habe," sprach sie mit der Stimme des Windes und der Flöten. „Schon viel eher habe ich ihn sehen wollen, doch leider haben mir meine Pflichten das verwehrt."

Sie schritt anmutig heran und setzte sich auf Faramirs Bett, direkt neben Boromir. Dieser sah sie erstaunt an, überwältigt von ihrer Schönheit und Grazie.

„Boromir," sagte sie liebevoll, wie eine Mutter und stich ihm sanft übers rote Haar.

Seine Hände zitterten und er bebte schier.

„Was ist mit ihm?" fragte er sie.

Die Herrin der Touel'afar wandte sich dem Ruhenden zu und betrachtete sein Gesicht lange und intensiv.

„Das wird ein schwieriges Unterfangen," meinte sie.

„Herrin!" drang eine Stimme vom Vorhang her und eine kleine Fee stand im Eingang. „Soll ich später wieder kommen?"

„Nein, Niffa. Komm herein und nimm den Verband ab."

Die Fee in dem rosa Kleid kam herein und behutsam nahm sie Faramirs Verband von der Stirn. Dann lächelte sie und nickte zufrieden, sprach zu ihrer Herrin.

„Die Wunde hat sich geschlossen und wird sich ohne eine bleibende Spur heilen, Herrin. Aber ich fürchte, sehr viele Narben zieren seinen Körper und es würde etwas länger dauern, ihn davon zu befreien," berichtete sie.

„Ich weiß, Niffa. Aber er wird vielleicht einige davon behalten wollen, also tun wir nichts dagegen. Wenn kein Verband mehr nötig ist, geh und hilf den anderen."

„Wird er gesunden?" fragte Niffa etwas schüchtern und errötete leicht.

Die Herrin hatte einen nicht zu deutenden Ausdruck in ihrem Gesicht und winkte der jungen Frau ab, die mit einem Blick auf Boromir scheu das Zimmer verließ.

„Juraviel, Melen," forderte die Herrin sie auf. „Zieht das Bett etwas nach vorne. Ich will sehen, was ich tun kann."

Die beiden kamen ihrer Aufforderung sofort nach und sobald das Bett etwas verschoben worden war, glitt sie dahinter und legte ihre Hände auf Faramirs Stirn und seine bereits verheilende Wunde. Sie sog die Luft einmal tief ein, bevor sie sie langsam entweichen ließ und dabei die Augen schloss. Ab da wusste niemand, ob sie noch atmete, aber sie sah wunderbar friedlich aus, ruhend und schön.

Aber als die Minuten dahin strichen und nichts geschah, sah Boromir zweifelnd Aragorn an. Der König fühlte auch selbst ein Drängen, etwas zu tun… es wurde immer stärker. Bevor er es richtig bemerkte, war seine Hand in sein Hemd geglitten, wo er nah am Herzen immer einen Zweig Athelas hielt. Doch gerade, als er es nicht mehr aushalten konnte, öffnete die Herrin ihre Augen und sah etwas betrübt in die Runde.

„Ich kann ihn einfach nicht erreichen. Er ist es nicht selbst, der blockiert."

„Nein, das ist er nicht," sagte Gandalf und sah sie ernstlich an.

„Ihr wisst mehr über seinen Zustand, nicht wahr, werter Zauberer?" Plötzlich war etwas anderes in ihren Augen.

Neugier.

„Gandalf. Findulias befand euch für den richtigen Lehrer. Warum habt Ihr Faramir nicht gelehrt? Ich fühle Potential in ihm, aber roh und ungeschliffen. Doch Ihr hattet Gründe, wie ich in Euren Augen lesen kann."

Sie machte eine lange Pause und allen Anwesenden war, als lese sie tatsächlich in seinen Augen. Etwas erinnerte Pippin und Boromir stark an Galadriel.

„Ich begehre, mehr über Euch zu erfahren. Euer Wissen scheint mir schier unendlich," keuchte die Herrin. „Schon lange war ich wissbegierig und habe mich danach gesehnt, Euch zu treffen, Meister Zauberer! Folgt mir in den Lebenszirkel. Dort will ich mehr von Euch erfahren und von Faramir."

„Was ist mit Faramir? Was sollen wir tun?" fragte Eowyn geschwind, die endlich etwas tun wollte.

„Heute um Mitternacht," sprach die Herrin. „Da bringen wir ihn zum Lebenskreis und wollen all unseren Zauber aufwenden, um ihn zu befreien. Jeder, der etwas beizutragen hat, soll sich dort einfinden. Holt die Herbstlichen heran! Sie sollen alles bereiten! Sagt auch allen anderen bescheid, wir tragen ihn zu segnen."

Juraviel nickte eifrig und machte sich sofort auf den Weg.

„Ihr lieben Gäste. Tut, was euch beliebt. Ich spüre, dass ihr ermattet, deshalb wäre es sicherlich nicht schlecht, wenn ihr euch ausruhtet und Kraft sammelt. Findet euch vor Mitternacht wieder hier ein, wenn wir ihn holen und begleitet unseren Zug in die Mitte von Eldeborough! Ihr aber Gandalf sollt mit mir kommen und mir meine Fragen beantworten, so gut euch möglich."

Sie streckte ihren Arm aus und der Zauberer tat es ihr gleich, legte seine Hand unter die ihre. Ein seltsames Bild war dies, der weiße Zauberer, unberührt von Zeit, und die Herrin der Touel'afar, die in der Blüte des Sommers stand. Eine leichte Brise begleitete die beiden hinaus.

Plötzlich schien der Raum nur noch halb so prachtvoll und dunkel, obwohl die Gefäße noch immer das sanfte Leuchten spendeten.

„Ich möchte hier bleiben," sagte Boromir und auch Eowyn wollte verweilen.

Melen seufzte. Sie hatte es befürchtet, dass es zu Widerstand kommen würde.

„Was soll ich da sagen? Soll ich eurem Wunsch nicht entsprechen? Ich sehe, dass es euer dringlichstes Begehren ist, hier zu bleiben und dass es im Moment nichts Wichtigeres für euch gibt. Aber so glaubt mir, ihr werdet eure Kraft noch brauchen, denn die Gesänge der Touel'afar sind lang und anstrengend für die, welche sie nicht kennen. So bitte ich euch, folgt mir zu euren Zimmern und ruht dort zusammen oder getrennt."

Schweren Herzens folgten sie und tatsächlich, als sie endlich in den weichen nach Lavendel duftenden Kissen lagen, kam schnell ein kurzer Schlaf über sie. Als Melen sie dann weckte, erwachten sie erfrischt und ausgeruht, als hätten sie eine ganze Nacht durchschlafen. Aber draußen war es noch immer dunkel und die Gestirne über ihnen glitzerten am klaren kühlen Nachthimmel.