Wow! Ich hätte niemals gedacht, dass ich so weit komme. Aber ich muss nun sagen: allmählich neigt sich die story ihrem ende zu. Aber bevor es so weit ist, hier noch einmal ein grooooßes chapi, das mir selbst sehr gefallen hat, manchen vielleicht zu dramatisch erscheinen wird. dennoch würde ich mich über revs freuen. Ich hab heute meinen knuddel tag ;-)

Sirina: Wow! Was für ein Lob! Sag bloß, du kennst die Fantasy-Reihe! Oder liest du einfach nur gern Salvatore? Ich habe mich jedenfalls riesig gefreut! knuddel

Celebne: freudensprünge macht celebne umarmt wie kann ich mich nur bei dir bedanken, dass du so stetig reviewst und auch noch so schön? Das nächste chapi gefällt dir sicher, oder ich hoffe es jedenfalls. Und ich warte bereits auf die Fortsetzung von "Dunkelheit über Ithilien"!

Tanja: Ja, das ist eine verlockende Vorstellung! Aber im kommenden Chapi würde ich lieber an Faramirs Seite liegen ;-) Ach´, beide sind super, ich werd mich nie entscheiden können lol. tanja drück

Das Gezeiten-Ritual

Zusammen gingen sie zurück zu dem Krauthaus. Doch der Weg war fast ganz dunkel. Keine Laternen glühten mehr, außer jene, die ihren Weg begleiteten und auch sie löschte Juraviel, indem er seine Hand auf sie legte, denn er kam rasch an sie heran durch seine hohen Sprünge. Er selbst hatte sein einfaches Gewand gegen eine Robe aus dem hauchdünnen Stoff gewechselt, welche die Feen hier oben getragen hatten.

Endlich angekommen offenbarte sich ihnen ein unglaublicher Anblick. Alles wimmelte geradezu von Touel'afar. Sie alle hatten sich versammelt und die weißen und blauen Gewänder der Winterlichen wehten ineinander mit den rotgoldenen der Herbstlichen. Auf den Ästen der Bäume über und neben ihnen saßen rosa und grün gekleidete. Die Geländer waren geschmückt mit Bahnen wehenden Stoffes in allen Naturfarben. Doch sie schienen den Nahenden Platz zu machen, indem sie gerade in dem Augenblick, da sie sie zu berühren drohten von einem Windhauch weggeweht wurden.

Die Luft sprühte von Farbe und aufsteigendem Glitter, denn jeder Elf hatte entweder ein wehendes Tuch oder eine feine Schale mit den leuchtenden Flüssigkeiten in der Hand. Sanftes Funkeln stieg mit dem Duft der Schalen hinauf und verbreitete eine magische Atmosphäre.

Die Touel'afar machten ihnen Platz, damit sie zum Krauthaus gelangen konnten. Dort warteten bereits Gandalf und die Herrin, die nun noch viel herbstlicher schien, denn auf der linken Wange hatte sie einen blassrosa Strich aus einem matten Staub hinzu gefügt und ihr Haar hatte die Farbe der roten Blätter des Herbstes angenommen und war mit goldenen und braunen Strähnen durchwirkt. Sie hielt ebenfalls eine Schale in den Händen, aber im Gegensatz zu allen anderen leuchtete diese nicht rosa, blau, grün oder hellgelb, sondern im klarsten und reinsten Weiß, wie von Winterschnee.

Sie lächelte ihnen entgegen und der nahenden Gruppe fiel es etwas leichter zu gehen und ihre Gedanken wurden erhellt.

„Da seid ihr ja," begrüßte sie sie. „Wie schön, dann können wir beginnen."

„Womit beginnen?" fragte Legolas, denn obwohl er nun schon drei Tage hier war und mehr über die Touel'afar wusste, als alle anderen – Gandalf ausgenommen – war ihm diese Zeremonie fremd.

Er hatte den immerzu schwelgenden Sprechgesängen und leicht dahin fließenden Melodien jeden Tag, den er hier gewesen war gelauscht und die Wesen so gut es nur ging studiert. Aber solch einen Aufwand hatte er noch nicht beobachten können.

„Wir geleiten Faramir nun zum Lebenskreis, wo unsere Kräfte am stärksten sind. Dort will ich versuchen, zusammen mit Gandalf, zu Faramir zu sprechen. Eine Macht hält ihn gefangen, die ich nicht verstehe, aber vielleicht gelingt es uns mit vereinten Kräften?"

Legolas nickte. Dann wurde der Vorhang weggenommen und drinnen standen sechs Touel'afar. Vier Männer in rotbraun gekleidet jeweils zu Faramirs Körper und Beinen. Zwei güldene Frauen rechts und links seines Kopfes.

Faramir lag auf einem hauchdünnen Tuch, wie von Seide und schlief noch immer. Das Tuch war rötlich, durchwirkt von goldenen Fäden.

Als die Herrin nickte, packten die feenartigen Geschöpfe das Tuch an den Enden und hoben Faramir an. Das Tuch trug ihn sicher und riss nicht. Aber es wehte im aufziehenden Herbstwind hin und her und die langen und fein frisierten Haare der Feenfrauen tanzten zu seinem Lied.

Sie sprangen sanft vom Boden ab und hoben Faramir mit in die Höhe. Erst draußen landeten sie wieder geschmeidig und blieben vor der Herrin stehen. Sie hob ihre Schale in die Höhe und sprach fremd klingende Worte zu den mächtigen alten Bäumen um sich.

Wenn man ganz genau hin sah, wie Legolas es tat, konnte man die kleinen Baumgeister sehen, auf jedem Baum einer, versteckt im Blätterdach.

Dann ließ die Herrin die Schale vor sich hernieder und trug sie mit nach vorn ausgestreckten Armen. Anmutig war sie und ihre Robe wehte im spielerischen Wind.

Zwei braun gekleidete Feen kamen vor sie herab geglitten und hatten eine dicke Girlande aus Herbstlaub, welche sie vor sich her trugen. Die Girlande war von Spinnenweben gehalten. Zwei weitere wiederum sprangen von irgendwo her ab und kamen vor diesen beiden nieder. Es waren Sommerliche, die jeweils ein großes Büschel mit grünen Gräsern und Kräutern in den Armen hielten. Juraviel war einer von ihnen und bunte Bänder schmückten seine Gliedmaßen.

Vor diesen landeten dann die blonden Frühlingshaften in den rosa Gewändern. Sie trugen Kränze aus jungen Blüten, die sie extra hatten erblühen lassen und waren mit Tau besprenkelt.

Eindrucksvoll waren auch die Winterlichen, welche den Zug anführten. Schnee fiel von ihren Flügeln, wenn sie diese benutzen. Ihre Haut glitzerte von Frost. Sie trugen dünne und lange Eiszapfen und Schneekristalle.

Als sich der Zug in Bewegung setzte, fanden sich die Menschen direkt hinter der Herrin wieder. Der Zug war wie folgt geordnet: Zuerst die Vertreter der Zeiten. Danach die Bahre mit Faramir. Hierauf folgten die Herrin und dann die Fremden. Alle anderen kamen danach, auch wenn die Reihenfolge nicht fest war und einige Feen verspielt um den Zug schwirrten und tanzten.

Es war ein heiliges Ereignis und eine schier religiöse Erfahrung für die Gäste.

Der Zug nahm seinen Lauf durch die Kräuter und irgendwann kamen sie in einen lichteren Teil des Waldes, wo keine Häuser mehr waren und nur diese eine Brücke zu sehen war, auf der sie sich gerade befanden. Später hatten die Neulinge allerdings erkannt, dass in diesem Teil der Siedlung genau vier Brücken verliefen, die alle in einem Punkt endeten – eine riesige Plattform.

Diese war überwuchert von Moos und sogar einige Bodenblumen wuchsen hier. Die Geländer waren von silbernen Tauen, geflochten aus Spinnenfäden.

Die Sicht auf den Himmel war frei und die Sterne schauten herab. Auf der kreisrunden Ebene dienten lange spitze Felsbrocken den Geländerseilen zum Halt und begrenzten den Zirkel.

Dort angekommen, sammelten sich alle Touel'afar und ihr chaotisches Stimmgewirr ordnete sich in einem mannigfaltigen Sprechgesang.

Die Vertreter der Zeiten zogen zuerst ein und blieben in der Mitte stehen, bereiteten den Trägern einen breiten Gang, der unter der Herbstgirlande verlief. Mitten unter sie ließen sie Faramir nieder, so sanft, dass das Tuch keine neuen Falten schlug. Auch als sie es los ließen, fiel es einfach zu Boden, denn hier ging kein Lüftchen.

Den Freunden wurde bedeutet, sich zwischen die Vertreter zu stellen. Gandalf aber stand zur Rechten der Herrin, die den Kopf einnahm und etwas beschwörend in ihre Schale murmelte. Da fing das Wasser darin an zu blubbern und spritzte nach oben, als würde es kochen. Der Sprechgesang wurde lauter und schließlich fingen vereinzelte Touel'afar an, ihre Stimme in einer fremdartigen und stets wechselnden Melodie zu erheben, nur um sie sofort wieder ersterben zu lassen. Immer mehr von ihnen flochten ihre Stimme kunstvoll, wie in einen gewebten Teppich ein und schon bald war die Luft voll von hohen, glockenklaren und tiefen, reinen Stimmen. Der Gesang war so kunstvoll, dass die Neulinge keinem Thema folgen konnten und es einfach auf sich einwirken lassen mussten.

Aber all das war nichts, gegen die klare Stimme der Herrin, die sich in einem einzigen langen und durchdringenden Ton über alles hinweg hob. Nach langer Zeit erst musste sie Luft holen und unterbrach ihren Gesang für eine Sekunde, nur um noch schöner anzusetzen.

Die weiße Flüssigkeit in ihrer Schale blubberte und ließ helle Funken aufsteigen. Als sie überzulaufen schien, hörte die Herrin auf zu singen und wandte sich den Vertretern zu.

„Die vier Säulen der Zeit, mögen sie uns erhören! Oh Mutter, die du herrschst über Geschöpf und Tier, über Pflanze und Fluss, verzeih uns, was wir dir nehmen. Ungebührlich ganz sicher! Aber sei nicht verärgert und schenke deine alldurchdringende Lebenskraft, dass wir erkennen und ehren, was du uns gegeben! Alterst du doch am langsamsten!

Das Frühjahr ist dir die Liebste und du erschaffst neu und erneuerst in all deinem Tun. Bringst Boten der Wärme hervor und gestaltest die Welt freundlich, uns zum Gefallen. Vögel und Schmetterlinge, all das sind deine Werke. Die Frühlingshaften, deine Bereiter, sie mögen vortreten!"

Auf das Geheiß, traten die rosa Gekleideten mit dem güldenen Haar vor und sangen, ihre Stimmen klangen wie Vogelgezwitscher und sie hielten ihre Gabe hoch. Die bunten Blüten stellten sich auf und öffneten sich. Sie gaben einen der Kränze dem Leblosen in die linke Hand und schmückten die Fremden mit den Kränzen, die sie auf ihre Häupter legten.

Eowyns goldenes Haar fing unter den Blumen an zu leuchten und ihre weiße Haut strahlte. Sie selbst war sich dessen nicht gewahr, aber die Blumen verschlangen sich in ihren feinen Strähnen.

Auch Legolas war davon betroffen und er spürte die Stängel und Blätter, wie sie sich an seinen Kopf schmiegten. Plötzlich fühlte er sich rein und seine verschleierten Sinne wachten auf. Er fühlte, wie eine Last von ihm genommen wurde, derer er schon zu lange ertrug. Seine Schultern strafften sich augenblicklich und sein Auge wurde klarer und öffnete sich. Es war wie ein Erwachen aus einem Traum, dessen er sich nicht bewusst gewesen war. Und da war kein Zweifel mehr in seinem Inneren und er befand alles für richtig und gut. Eine Blockade wurde gelöst, die er selbst erschaffen hatte. Unwillkürlich sah er zu Boromir hin und spürte nunmehr kein Misstrauen. Er fand sich wieder in dieser Welt und alles hatte seine Ordnung. Boromirs Wiederkehr widersprach seiner Überzeugung und seinem Glauben nicht. Da wurde der Elb auf unglaubliche Weise befreit und seine Sinne ließen ihn nie mehr im Stich.

„Wir wollen Faramir, dem Sohn der Finudlias unser erwachendes Leben zum Geschenk machen. Er möge Stärke und Willenskraft daraus gewinnen," sprachen die Frühlingshaften. „Denn wir sind der Beginn und das Erwachen aus langem Schlafe."

Dann traten sie zurück und die Herrin verbeugte sich respektvoll vor ihnen.

„Der Sommer ist dir der Ruhevollste. Hier kann das Leben vor sich hin laufen ohne Sorge, ohne Furcht. Denn an Wärme ist gesorgt und auch an Früchten. Die Lasten der kalten Tage vergessen. Baum und Wasser, all das sind deine Werke. Die Sommerlichen, deine Hüter, sie mögen vortreten!"

Juraviel und eine Frau traten ganz in grün und stolzen Gewändern vor mit ihren Büscheln an Kräutern. Sie bedeckten mit einem kleinen Strauß die rechte Brust Faramirs und legten den Rest unter ihn, denn die Träger fassten das Tuch und hoben ihn elegant an. Es sah aus, als schwebe Faramir auf einer Welle roten Wassers.

Nur einen Zweig behielten sie für sich und zu jeder Seite einer von ihnen, rupften sie die kleinen Blätter ab und gaben den Menschen, dem Elb, dem Hobbit und dem Zauberer je eines davon, sie zu essen. Pippins Augen fingen an zu strahlen, er fühlte sich lebendig und voller Lebensfreude. Es kribbelte in seinem Mund, als er auf dem Blatt kaute und fast hätte er kichern müssen. Gandalf sah mit Freuden auf den kleinen Hobbit.

„Wir wollen Faramir, dem Sohn der Findulias unsere Energie und Pracht zum Geschenk machen. Möge das Wasser unserer Flüsse ihm Inspiration und Lebenskraft geben," sprachen die Sommerlichen, wie aus einem Munde. „Denn wir sind die Freude am gerade begonnenen Leben und die Freude am Bestehenden."

Dann traten sie zurück und auch vor ihnen verbeugte sich die Herrin.

„Der Herbst, er ist dir der Stürmischste und Fruchtbarste von allen. Mächtig über die Früchte deines Schaffens beschenkt er uns. Die Vorahnung auf den Winter bringend und mahnend. Wind und Sturm, all das sind deine Werke. Die Herbstlichen, deine Voraussichtigen, sie mögen vortreten!"

Die rotbraunen Touel'afar sprangen vom Boden ab und hielten die Girlande über alle Anwesenden.

„Segen! Segen! Wir wollen Faramir, unseren Sohn, segnen und ihn unter den unseren erkennen. Mögen die Winde unserer Zeit ihn in Melancholie und Andenken halten, dass er zu uns zurück schaue, wenn er uns verlässt und ihn unseres und seines Ursprunges gedenken lasse. Er möge Weisheit und wachen Verstand, Inspiration und Mut daraus gewinnen, stark ist er, wie unsere Schwester, die Erde," sprachen die Herbstlichen und ließen sich zu ihm herab. „Denn wir sind die Herbstlichen, deine Brüder, deine Verbündeten. Denn wir sind sowohl die Freunde des Lebens, als auch die Verkünder des Vergehens."

Dann hoben sie ihre Arme und beschworen den mächtigen Herbstwind herauf, der die Anwesenden durchflutete und ihnen Nachricht vom fernen Winter brachte und dunkle Gedanken.

Und Boromir konnte nicht anders und starrte seinen Bruder an, mit nachdenklichen, aber klaren Augen. Sein Verstand arbeitete und fügte so viele Bruchstücke seiner Kindheit und seines Erwachsensseins zusammen, dass ihm plötzlich vieles Klar wurde. In dieser Minute, da die Herbstlichen ihren Segen herab ließen, erkannte er sich selbst und warum er war. Da war es ihm kein Geheimnis mehr, warum er noch lebte, weshalb er überlebt hatte. Nur eine Ahnung, aber so durchdringend wie Gewissheit, ließ ihn dies erkennen.

Der Wind wehte noch immer, als sie sich still zurückzogen, die beiden Wesen und die Herrin verbeugte sich.

„Hoher Winter! Er ist dir der Unheilvollste und Wunderbarste von allen. Er nimmt deine Werke hinweg und bereitet dir die Welt von neuem, damit du wieder schaffen kannst! Eis und Kälte, all das sind deine Werke. Die Winterlichen, deine Zaubergeschöpfe, sie mögen vortreten!"

Die weißen Touel'afar traten vor… und sie schwiegen lange. Eowyn überlegte schon, ob sie denn nichts sagen wollten und schweigend ihre Wünsche sprechen würden. Aber da legten sich eisig glitzernde Stimmen über sie und alles, was sie sprachen war klirrend und einprägsam, wie die Kälte die Haut prägt.

Und als alle aus dem Staunen über ihre folgenden Worte nicht mehr heraus kamen, lächelten Gandalf und die hohe Herrin sanft und wissend.

„Du, Faramir, bist uns nicht nur durch Finulias Vermächtnis ein teurer Freund. Auch wenn du ein Sohn des Herbstes bist, so ist dein Geist mit uns verwand. Du bist Bruder des Winters, denn zu viel Kälte und Hartherzigkeit, zu viel Enttäuschung und Leid hast du durchlebt, dass du uns nah gekommen bist und dein Geist sich gewandelt hat. Deine Augen tragen den Schleier des Eises und du siehst mit ihnen hinter die kalten unscheinbaren Fassaden böser Menschen. Unser Geschenk an dich ist der Tod."

Da ging ein erschrockenes Raunen durch die Frühlingshaften, die Sommerlichen und die Herbstlichen, denn noch nie hatten die Winterlichen jemandem ein so grausames Geschenk bereitet. Die Herbstlichen standen da mit weit aufgerissenen Augen. Ihre Freunde würden einen der ihren hinweg nehmen!

Jeder der zwei Winterlichen weinte eine Träne und sie fielen wie Tauwasser auf Faramirs Lippen herab, die sofort blau wurden.

Sie ließen Frost herab sinken, der sich weiß auf des Sterbenden Wangen nieder ließ und seinem Gesicht die Farbe des Lebens nahm.

Auch seine Freunde spürten die Kälte und der Frost schlug sich auf ihrem Haar hernieder. Aragorn, dessen Gesicht von Schneekristallen glitzerte war der einzige, der in diesem Moment keine Angst hatte und den Winterlichen mit den schwarzen Haaren vertraute. Er spürte den Frieden, der sich auf alles herab ließ und Faramirs Schlaf unendlich tief werden ließ. Er spürte, was ihm selbst zum Geschenk wurde. Furchtlosigkeit… vor dem Tode.

„Er ist uns näher als dem Sommer. Möge er Frieden und Befreiung davon tragen und dem Fluch, der auf ihn gefallen ist, entkommen. Denn wir sind das Vergehen…"

Der Lebenskreis glitzerte vom Frost und alles schien erstarrt zu Eis. Selbst die Anwesenden.

Eowyn, die auf ihren toten Verlobten sah, beobachtet hatte, wie das Leben aus ihm geschieden war, schüttelte fassungslos den Kopf.

„Nein," flüsterte sie. „Nein!" schrie sie. Sie rannte zu den beiden Winterlichen, welche noch immer über ihren Verlobten gebeugt und riss einen von ihnen herum. „Wie konntet ihr das tun? Wir wollten ihn retten und ihr verderbt ihn! Weg mit euch! Weg mit euch allen! Fort von meinem Faramir!"

Die weiße Frau war außer sich und fiel Faramir auf die Brust. Sie hob und senkte sich nicht. Zwar sah sein edles Gesicht aus, als schliefe er, aber er war tot. Sie hielt seine kalte Hand und merkte gar nicht, wie die Winterlichen zurück traten und die hohe Herrin sich vor ihnen tief und respektvoll verneigte. Auch Aragorn verneigte sich ehrfurchtsvoll vor den beiden.

Boromir sah seinen König neben sich, wie er den Winterlichen Ehre erwies, obwohl sie seinen Bruder hinweg genommen hatten. Verzweiflung machte sich in ihm breit und er wusste nicht, was vor sich ging. Warum verbeugte er sich? Er sah Eowyn, die sich auf Faramir geworfen hatte und dort bittere Tränen weinte. Aber er konnte nichts sagen. Etwas hielt ihn davon ab, Protest auszusprechen.

Die Herrin trat vor und hielt die Schüssel über Faramirs Haupt.

„So schließt sich der Kreis! Das Leben wird hinweg genommen… aus dem Tod entsteht neues Leben. Trauer ist des Todes Begleiterin, doch Freude möge sie nun vertreiben, denn was vergangen, macht Platz für neues Leben! Ich rufe dich, Faramir, der du schon so lange darauf wartest, zurück zu kehren! Komm zu uns und erwache mit der Gabe des Frühlings!"

Sie ließ die Flüssigkeit aus der Schale rinnen, dass sie in einem weißen dünnen Strahl auf Faramirs Stirn rann. Gandalf, der zu ihrer Rechten stand, kam heran und legte seinen linken Zeigefinger auf Faramirs blaue Lippen. Dann begann er Fromeln zu sprechen in der alten Sprache der Zauberer. Aragorn konnte einige Male die Worte Udun und Flamme heraus hören, aber viel verstand er nicht.

Die Schale der Herrin leerte sich allmählich, aber nichts geschah. Sie öffnete daher die Augen und sah besorgt auf den Toten.

„Faramir, wo bist du nur?" fragte sie und man sah ihr an, dass sie plötzlich nervös wurde.

Legolas schien ebenfalls ruhelos und sah sich verwirrt um, als suche er etwas. Pippin an seiner Seite, versuchte seinen Blicken zu folgen, obwohl er nicht wusste, nach was er sehen sollte. Er konnte ja nicht ahnen, dass Legolas nach Faramirs Aura Ausschau hielt. Der kleine Hobbit stand traurig und verloren da und wusste gar nicht, was vor sich ging. Mit Tränen in den Augen suchte er Gandalfs Blick, aber auch dieser konnte ihm keine Zuversicht geben, denn der Zauberer zweifelte plötzlich selbst an ihrem Vorhaben.

Er hatte selbst eingewilligt, Faramir hinweg zu nehmen, damit die düstere Macht, welche ihn gefangen gehalten hatte, ebenfalls seinen Körper verlassen sollte. Doch es schien nicht recht zu funktionieren, denn nun wachte der junge Truchsess gar nicht mehr aus dem Tode. Schon jetzt spürte er, wie dessen Körper kalt wurde und der Zerfall bereits seine Klauen nach ihm ausstreckte. Das hatte er nicht gewollt.

Er sah auf zur Herrin, mit der er sich so lange beraten hatte. Zusammen waren sie zu dem Entschluss gekommen, dass es besser wäre, Faramir dem Tod zu überlassen, als dass Midiel weiterhin sein grausames Spiel mit ihm trieb. Aber nun, da er wirklich zu entgleiten drohte, brach ihm das Herz, dass er so leichtsinnig über Faramirs Leben entschieden hatte und Vorwürfe überkamen den alten Zauberer. Wie viel besser als Denethor war er, wenn er über der anderen Köpfe hinweg über Faramirs Leben entschied? Doch selbst die hohe Herrin schien überrascht und stand da mit offenem Munde. Das Kristallwasser rann aus ihrer Schale, wie der Sand aus einer Sanduhr, die anzeigt, wann die Zeit abgelaufen ist.

Das kann es nicht gewesen sein, betete der Zauberer zu den Eldar.

Aber niemand schien ihn zu erhören… bis auf…

Aragorn trat vor, neben Eowyn, die gebannt auf die Herrin starrte. Dann holte er den Zweig Königskrautes heraus.

Legolas erkannte, was Aragorn vorhatte. Er nahm Pippins Hand und fing an Faramir auf elbisch zu rufen.

„Faramir, Faramir, komm zurück ins Licht," sprach er und auch wenn Pippin nicht wusste, was Legolas Worte bedeuteten, sprach er sie mit.

Auch Boromir und Eowyn fingen an, mit ihm zu sprechen und alle Touel'afar staunten über diese wundervolle Sprache. Dann begannen sie ebenfalls mit einem beschwörerischen Sprechgesang und bildeten mehrere Kreise. Sie fingen an, im Kreis zu tanzen, wobei jeder Ring immer in eine andere Richtung tanzte. Es war verwirrend und wunderbar, wie sich der Zauber ausbreitete in den rosa, grünen, weißen und goldroten Ringen.

Aragorn trat an die Herrin heran, die ihn fragend ansah und das kleine Blümelein in seiner Hand entdeckte. Aber bevor sie ihn danach fragen konnte, streckte sich der König und warf das Königskraut in die Tonschale. Das Wasser färbte sich blitzartig grün und die letzten Tropfen rannen herab.

Stille.

Niemand sagte etwas und alle standen still.

Pippin, Legolas, Boromir und Eowyn hatten aufgehört zu sprechen.

Faramir nahm einen tiefen Atemzug. Die Vertreter der Zeiten blinzelten ungläubig, wie auch alle anderen, als sie sahen, wie sich seine Brust hob und senkte.

Die Träger traten hervor und breiteten ein weiteres rotes Tuch, aber diesmal über Faramir, aus. Es fiel sanft herab und legte sich über seinen ganzen Körper.

Dann verließen nach und nach alle Touel'afar den Lebenskreis und schwebten davon. Zuletzt waren nur noch die Vertreter, die Herrin, Melen und die Fremden da.

„Was ist denn jetzt geschehen? Warum sind sie alle weg?" fragte Boromir flüsternd, denn er kam sich vor, als würde er eine heilige Stille durchbrechen.

„Es ist geschafft," sagte die Herrin und nickte im zu. „Wir haben ihn zurück gebracht. Sie lassen ihm nun Ruhe und das sollten wir auch tun."

Legolas sah Faramir nachdenklich an.

„Etwas ist anders an ihm," bemerkte er und versuchte zu erkennen, was das war.

„Etwas ist an uns allen anders," meinte Juraviel vergnügt. „Auch an euch ist etwas geschehen. Ich bin gespannt, ob ihr herausfindet, was es ist!"

Er zwinkerte, aber jeder hatte schon eine Ahnung, was für ihn selbst anders geworden war. Aber Legolas ließ sich nicht leicht abwimmeln.

„Der Fluch… er ist verschwunden," vermutete er.

Aber die Herrin schüttelte den Kopf.

„Nein, leider nicht. Ich fühle das Dunkel noch immer in Faramir. Aber was wir vermochten zu tun hilft ihm wenigstens für den Augenblick. Er ist frei. Midiels Geist ist gewichen und wir haben ihn aus unserem Reich verbannt. Denn nichts kann sich uns widersetzen."

„Nichts? Warum habt ihr ihn dann nicht gleich verbannt?" fragte Pippin.

„Das hätten wir tun können, aber es wäre nicht gewiss gewesen, ob wir nicht Faramirs Geist ebenfalls aus seinem Körper gerissen hätten. Deshalb haben wir ihn dazu gebracht, dass er von selbst seinen Körper verlässt. Nur seltsam, dass Faramir nicht wieder kam."

„Du meinst…" Legolas suchte nach den richtigen Worten.

Sie nickte.

„Du hast es gesehen, Legolas, Elbenmann. Midiel ergriff von Faramir Besitz."

Legolas wandte sich den anderen zu.

„Ich hatte Angst. Es war fürchterlich, kann ich euch sagen. Etwas bemächtigte sich seiner Gedanken und immerzu schien er nachzudenken und seltsames Zeug zu murmeln. Aber dieses Etwas ist nun fern und ich spüre, er ist er selbst."

Die Herrin brachte das Wort an sich.

„Wir müssen warten, bis er erwacht. Lass uns gehen, denn noch etwas anderes bedarf der Eile und dringender Besprechung."

Sie sah Aragorn viel sagend an, aber der König wusste nicht, was sie vorhatte, ihm zu sagen. Eine dunkle Ahnung stieg in ihm auf und Furcht…

Sie waren nun wieder im Herbstlichen Viertel und hatten den Lebenskreis und Faramir allein zurück gelassen. Die Nacht war voran geschritten und es blieben kaum noch vier Stunden bis zum Tagesanbruch. Melen, Juraviel und die Herrin hatten die Besucher zu dem Haus begleitet, das ihnen als Schlafstädte dienen sollte und nun bat sie nur noch um einen Moment ihrer Aufmerksamkeit, bevor sie schlafen gehen sollten.

„Aragorn, König von Gondor," sprach die Herrin düster. „Ich weiß, dein Herz begehrt, zurück zu kehren zu deiner Stadt und deinen Hallen. Und ich warne Euch, was Euch dort erwartet, wird Euch nicht erfreuen. Aber es ist von großer Dringlichkeit, dass Ihr uns bald verlasst, denn eine Biene brachte mir Nachricht, die große Stadt sei bedroht…"

„Minas Tirith," keuchte der König und plötzlich flammte sein Pflichtgefühl auf. „Was ist mit meiner Stadt?"

„Sie hat sich versammelt auf der großen Spitze unter einem weißen Baum. Geister belagern Euer Reich. Aber sie tun niemandem etwas, denn sie vermögen nicht, den Hof zu betreten."

„Der weiße Baum," sagte Boromir. „Er hält sie davon ab."

Aragorn nickte.

„Aber Ihr solltet Euch dennoch eilen, denn wer weiß wozu Midiel fähig ist, nun da er gehen musste…"