Part II: Appearance of an angel
Währenddessen waren Kais Freunde aus den anderen Teams völlig fassungslos, als sie zu verarbeiten – und überhaupt erst einmal zu verstehen suchten – was sich hier während der letzten Minuten genau vor ihren Augen abgespielt hatte.
Schon Ians heimtückische Attacken auf Kai hatten die Mitglieder der Bladebreakers sehr besorgt um ihren Teamcaptain gemacht, ebenso wie ihre Freunde bei den White Tigers, All Starz und Majestics. Doch sie alle wußten, daß sie durch die Turnierregeln nicht in den unfairen Kampf eingreifen durften, auch wenn es ihnen das Herz zerriß, Kai so allein auf verlorenem Posten kämpfen zu sehen und diesem nicht helfen zu dürfen. Sie sahen, wie der Junge mit dem graublauen Haar sich krampfhaft zu behaupten versuchte, und dennoch spürten sie gleichzeitig auch, daß er auf Dauer nicht würde durchhalten können.
Die Wunden, die Kai durch die Bit-Biests seines Gegners zugefügt wurden, waren nicht lebensbedrohlich, dennoch aber sicher sehr schmerzhaft. Vor allem der Biß des Schakals in Kais linkem Bein bereitete diesem ziemliche Schmerzen, wie die restlichen Bladebreakers unschwer erkennen konnten.
Die Kälte, die ihren Teamcaptain umgab, isolierte diesen zwar von den anderen vier Jungen, dennoch waren sie nicht gewillt, ihre Bemühungen um Kai aufzugeben. Daher hatten sie sich mit der Zeit darauf verlegt, diesen zu beobachten und anhand von Kais Reaktionen dessen Charakter besser zu verstehen. Die daraus resultierende Fähigkeit, Kais Körpersprache lesen zu können, erlaubte es Tala, Ray sowie Max und Kenny oftmals, diesen trotz seiner abweisenden Haltung zu verstehen und meistens richtig darauf zu reagieren.
Und in den letzten Minuten hatten sie seine wachsende Verzweiflung anhand seiner verfahrenen Situation daran erkennen können, wie sich der hochgewachsene Junge trotz seiner großen Schmerzen krampfhaft aufrecht hielt. Sie hatten gespürt, wie Kai sich zu wehren versuchte – wie er mit allem, was er besaß, gegen die unausweichlich scheinende Niederlage ankämpfte. Und dabei doch langsam den Mut verlor.
Bis...ja, bis auf einmal Hilfe für ihn erschien.
Doch diese Hilfe war von einer Art, wie sie keines der Mitglieder der befreundeten vier Teams jemals erwartet hätte. Denn als es für ihre Augen schon fast so aussah, als würde Kai jeden Moment aufgeben müssen, erschien wie aus dem Nichts heraus auf einmal ein helles Licht über Kai. Das Licht schien wärmend und sanft, wirkte auf die sechzehn Jugendlichen, die Kai während der letzten Minuten sorgenvoll beobachtet hatten, beschützend und gut.
Und als das Licht langsam dimmte und eine Gestalt darin Form annahm, wurde den überraschten Freunden auch klar, warum sie dieses Gefühl von Sicherheit und Güte verspürt hatten, kaum, daß sie es gesehen hatten. Denn während das warme Licht immer weiter an Intensität verlor, sank es hinter Kai zu Boden und die Gestalt darin war nunmehr klar zu erkennen.
Max entfuhr ein ungläubiger Ausruf, während Tala, Kenny und Ray nur mit weit aufgerissenen Augen auf die schimmernden weißen Flügel schauten, die aus dem Rücken der Person ragten, welche in der nächsten Sekunde sanft die Arme um ihren Teamcaptain legte.
Auch die Mitglieder der Majestics, White Tigers und All Starz blickten gebannt und ungläubig auf die schlanke Gestalt, welche Kai beschützend umarmte. War es jedoch schon ein Schock für sie gewesen, plötzlich und unerwartet diese mysteriöse Person mit den weiten Engelsschwingen zu sehen, die stolz emporgereckt reinweiß schimmerten und warmes Licht verbreiteten, so erwartete sie gleich darauf noch
eine weitere Überraschung.
Denn kaum schlossen sich die Arme des Engels um Kais Taille, schien dieser sich merklich zu entspannen – und lehnte sich kurz darauf in die Umarmung zurück, als wüßte er, nun würde ihm kein Leid mehr geschehen.
„Spinne ich jetzt oder...", ließ sich Johnnys Stimme vernehmen, welcher neben Robert saß. Der Schotte wandte sich an seinen Teamchef und fuhr fort: „Sag mir bitte, daß ich wirklich sehe, was ich zu sehen glaube..."
Bevor Robert jedoch antworten konnte, erklang Olivers Stimme an Johnnys anderer Seite. Der kleine Franzose wischte sich mehrmals über die Augen und blinzelte dann nochmals fassungslos in die Mitte der Arena, während er zu seinem Teamgefährten meinte: „Wenn du gerade einen Engel siehst, der Kai umarmt, dann spinnst du nicht, Johnny. Außer, wir haben das gleiche Problem..."
„Ich muß Oliver zustimmen", ließ sich nun auch Robert vernehmen, dessen einziger sichtbarer Ausdruck von Verwunderung seine gehobene Augenbraue war. Ansonsten wirkte der deutsche Blade-Meister völlig gelassen, im Gegensatz zu seinen Teamgefährten und seinen Freunden aus den Teams der White Tigers und All Starz.
„Dies ist...ungewöhnlich", fuhr der Lilahaarige fort, wurde jedoch an dieser Stelle von Kevin unterbrochen, der ihn ansah, als zweifle er an Roberts Verstand.
"Ungewöhnlich?", wiederholte der Junge mit dem grünen Haar, bevor er den Kopf schüttelte und meinte: „Du hast einen Hang zu Untertreibungen, oder? Was du dort siehst, ist ein leibhaftiger Engel – und du nennst das nur ungewöhnlich?"
„Kevin, sei still", ließ sich nun Mariah vernehmen, die nicht wollte, daß unter ihnen ein Streitgespräch ausbrach. „Egal, wie man es auch nennt, es ist auf jeden Fall... ungewöhnlich, da hat Robert schon Recht. Auch wenn ich es eher total faszinierend nennen würde", fügte sie noch hinzu.
„Mag ja alles sein, doch woher kommt dieser Engel auf einmal?", wollte nun Emily wissen, welche das Geschehen in der Beyblade-Arena aufmerksam beobachtete. Ihre Neugier war geweckt, wie immer, wenn sie etwas nicht sofort verstand oder erklären konnte. Dann tat sie – wie Kenny – stets alles dafür, eine plausible Erläuterung zu bekommen.
„Woher sollen wir das wissen?", murmelte Michael vor sich hin, während er den Kopf schüttelte. Daraufhin erhielt er einen Rippenstoß von seiner Teamgefährtin, die ihn genervt anfunkelte.
„Auf jeden Fall hilft er Kai", mischte sich nun Lee in das Gespräch, die Augen nicht von dem Genannten nehmend, der inzwischen wieder Kampfgeist zeigte und seinen Blade angreifen ließ. Offensichtlich gab ihm die Anwesenheit des Engels wieder Mut und die Hoffnung, doch noch gewinnen zu können.
„Und ich denke, daß ist doch das Wichtigste, oder?", fügte Lee noch hinzu, als seine Freunde um ihn herum verstummten. „Vor allem, da Kai ihm offenbar vertraut – der Engel muß sein Freund sein."
„Einen Engel als Freund", murmelte Robert vor sich hin, Kai fest im Blick behaltend. „Das sagt doch Einiges über Kai aus, findet ihr nicht?" Blicke richteten sich auf den Teamchef der Majestics, doch Lee lächelte nur kurz, denn diese Schlußfolgerung war typisch für Robert. Doch der deutsche Meister hatte Recht.
Wer konnte schon ein Geschöpf des Lichts wie einen Engel seinen Freund nennen?
Einen Freund, der ihm in der Stunde der Not sofort zu Hilfe kam?
Dies sagte wirklich Einiges über Kais wahren Charakter und seine Seele aus. Auch wenn der Teamchef der Bladebreakers ihnen gegenüber sowie seinem eigenen Team bis jetzt immer die kalte Schulter gezeigt und nie Interesse daran offenbart hatte, mit ihnen Freundschaft zu schließen, mußte doch Güte in ihm stecken – sonst würde er nicht einen Schutzengel haben.
Und zwar nicht nur einen Schutzengel im abstrakten Sinne, wie jeder sich gern einen wünschte – sondern einen äußerst realen Schutzengel.
Was war Besonderes an Kai, was diesen Engel bewogen hatte, ihm zu helfen?, grübelte Lee, während er mit seinen Freunden und Teamgefährten weiterhin gespannt den sich nun rapide entwickelnden Ereignissen in der Bey-Arena zuschaute.
Mitten im Geschehen stehend, vergaß Kai angesichts der Trost und Geborgenheit verheißenden Gegenwart seines Freundes all seine vorherigen Zweifel, seinen Gegner besiegen zu können. Es standen noch immer drei Bit-Biests gegen Dranzer und ihn, dennoch fühlte Kai die Hoffnung in seinem Herzen, welche Thyros jederzeit in ihm zu wecken verstand. Oft war nur ein Blick der tiefblauen Augen des Engels dazu nötig, doch in Zeiten wie jetzt begnügte sich Thyros nicht damit, das wußte Kai aus vorherigen Erlebnissen.
Und wie um Kais Gedanken Realität werden zu lassen, vernahm er kurz darauf Thyros' Stimme, der sagte: „Es ist unfair, auf welche Weise dieser Junge den Kampf gewinnen will, Kai. Daher hoffe ich, daß du nichts dagegen haben wirst, wenn ich dir ein wenig helfe, mein Freund."
Kai nickte nur kaum merklich, sich in Thyros' Armen wieder stark fühlend. Sein Freund gab ihm immer so viel Kraft; eine Kraft, die er in Augenblicken wie diesen dringend nötig hatte und die er widerspruchslos annahm. Doch diese Gefühle – das dankbare Annehmen von Hilfe – zeigte er nur Thyros auf diese Weise; anderen Menschen gegenüber hatte er diese Fähigkeit vor vielen Jahren verloren. Sie würden es doch irgendwann nur dazu nutzen, ihn zu verletzen.
„Nun, dann wollen wir diesen Kampf doch mal etwas ausgleichen", murmelte Thyros hinter Kai, der sich fragte, wie sein Freund dies anstellen würde. Doch schon im nächsten Moment huschte ein Lächeln kaum wahrnehmbar über Kais Züge, als er Thyros ausrufen hörte: „Ich rufe dich, Dragoon, Herrscher des Sturmes und Blitzes! Bitte hilf meinem Freund!"
Sekunden vergingen, in denen Kai seine Aufmerksamkeit zwischen der Erwartung auf das Erscheinen von Thyros' Freund und der Aufrechterhaltung seiner Attacken mit Dranzer auf die Bit-Biests seiner Gegner teilte. Ihm konnten inzwischen weder der Geier noch der Schakal oder der Hai etwas anhaben, denn Thyros hatte seine Engelsschwingen nach vorn um seine Gestalt gelegt, so daß sie Kai wie ein Kokon umgaben und vor Verletzungen schützten.
Auch Ian hatte das mittlerweile herausgefunden, als seine Attacken auf Kai plötzlich an einer unsichtbaren Barriere abprallten. Der andere Junge war davon irritiert, wie Kai mit einem innerlichen Lächeln erkannte, denn Ians erstauntes Gesicht amüsierte ihn.
Kai wußte jedoch, daß Ian Thyros nicht sehen konnte und daher war seine offensichtliche Verwirrung nur zu verständlich. Er mußte ja glauben, er sähe nicht recht, als die vorher so erfolgreichen Attacken Kai nun nicht einmal mehr erreichten, sonder vorher wirkungslos an Thyros unsichtbarem Schutzkreis verpufften.
Doch dadurch, daß Kai jetzt nicht mehr in Gefahr war, konnte er all seine zurückgekehrte Kraft darauf konzentrieren, Dranzer in seinem Kampf zu unterstützen. Und damit zögerte Kai auch nicht, sondern ließ den goldroten Phönix wiederholt Feuerpfeile auf die gegnerischen Bit-Biests schießen, die nacheinander sowohl den Geier als auch den Schakal zum vorläufigen Rückzug zwangen.
Nur der Hai machte Kai noch Sorgen, denn sein Phönix war als Feuer-Bit-Biest sehr empfindlich gegenüber Wasserattacken. Die Tsunami Wave am Anfang des Kampfes hatte Dranzer fast erwischt und hätte damit fast das gesamte Match entschieden. Kai war nicht gewillt, sein Bit-Biest einer solchen Gefahr ein weiteres Mal auszusetzen.
Daher seufzte er innerlich auch erleichtert auf, als er Thyros mit seiner warmen und ruhigen Stimme sagen hörte: „Dragoon ist auf dem Weg zu uns, Kai. Er wird gleich hiersein, halt nur noch ein wenig durch."
„In Ordnung", erwiderte der Junge mit dem blaugrauen Haar leise, bevor er Dranzer zur Ablenkung eine neue furiose Attacke befahl, welche Ians Geier kurz darauf mit einem schrillen Schrei und brennenden Federn abstürzen ließ, nachdem der Phönix ihn mit seinen Feuerpfeilen beschossen und genau getroffen hatte.
Kai war dabei, die Oberhand zu gewinnen, als das geschah, was er befürchtet hatte. Ian ließ sein Hai-Bit-Biest angreifen, als er den Erfolg von Dranzers Attacke bemerkte und schickte dessen kraftvollsten Angriff – die Tsunami Wave – dem rotgoldenen Phönix entgegen. Dranzer stieg mit schnellen Flügelschlägen auf, doch es war nicht sicher, ob er es auch diesmal schaffen würde, rechtzeitig auszuweichen.
Schon schien es, als würde die Macht der Welle den Phönix erreichen, als plötzlich etwas Großes vor diesem Gestalt annahm und damit die drohende Gefahr für den Feuervogel ausschaltete. Die Tsunami Wave traf die neue Gestalt und rauschte dann zurück, als wäre das Wasser an einem undurchdringlichen Hindernis abgeprallt und suche sich nun einen anderen Weg.
Dabei traf der abgelenkte Angriff von Ians Hai nunmehr dessen zweites Bit-Biest, den Geier. Dessen noch immer brennende Federn wurden dadurch zwar gelöscht, doch war der Raubvogel inzwischen zu sehr geschwächt, als daß er hätte weiterkämpfen können. Mit einem schrillen Schrei voller Enttäuschung und auch Schmerz zog sich das Geier-Bit-Biest daher in Ians Beyblade zurück.
„Da waren's nur noch zwei", konnte Kai Thyros murmeln hören und verkniff sich mit Mühe ein Lächeln angesichts des Humors in der Stimme seines Freundes. Dann hob er den Blick zu dem Wesen, welches seinen Phönix vor der Gefahr gerettet hatte und der Junge mit dem blaugrauen Haar unterdrückte nur mit Mühe einen bewundernden Ausruf.
„Darf ich dir Dragoon vorstellen, Kai?", erklang erneut Thyros' Stimme, dieses Mal voller Stolz auf seinen Freund. „Ein Himmelsdrache", wisperte Kai ehrfürchtig, als er das mächtige Geschöpf in Augenschein nahm. „Aber diese Geschöpfe sind Legende! Niemals zuvor haben ich einen der mächtigen Sturmdrachen gesehen!"
„Legendär sind sie, das stimmt", meinte Thyros, „doch es gibt sie noch, wenn auch nicht mehr so zahlreich wie einst. Es ist eine große Ehre, mit einem der heiligen Sturmdrachen befreundet zu sein, selbst für mich. Ich kenne Dragoon schon sehr lange und bin stolz darauf, daß er mich zu seinen Freunden zählt."
„Er ist wunderschön", flüsterte Kai, ergriffen von der Majestät, die der mächtige, blauschimmernde Drache ausstrahlte. Mit ausgebreiteten, silberblau leuchtenden Schwingen scheinbar schwerelos an einem Platz verharrend, schien das heilige Wesen die Halle durch seine überwältigende Präsenz förmlich zu dominieren.
An Ians geschocktem Gesichtsausdruck erkannte der Teamchef der Bladebreakers, daß sein Gegner den Drachen sehen konnte – und wohl nicht nur er, denn nun waren verwunderte Ausrufe von überall her in der Halle zu vernehmen.
Doch Kai blickte nur weiterhin fasziniert zu dem Himmelsdrachen auf, den Thyros zu Hilfe gerufen hatte. Das mächtige Geschöpf war vollständig dunkelblau wie die tiefe See oder auch der Himmel mitten in der Nacht. Sein Schwanz peitschte durch die Luft, als wolle es sich im nächsten Augenblick auf Ians zwei restliche Bit-Biests stürzen. Und auch die stahlblauen Augen, in denen es vor Intelligenz und Weisheit leuchtete, fixierten mit ernsten, kalkulierendem Blick den Schakal und den Hai.
Dann jedoch wandte der majestätische Drache auf einmal den Blick ab und sah zu Dranzer, der, noch immer von ihm gedeckt, über ihm schwebte. Ein fragendes Grollen durchschnitt volltönend die Stille, woraufhin der rotgoldene Phönix mit einem hellen Triller antwortete. Es schien so, als würden die Beiden miteinander kommunizieren, bemerkte Kai.
Plötzlich schwebte Dranzer auf Dragoon zu und streifte den Drachen in einer dankbaren Geste mit seinem Flügel am Maul. Daraufhin grollte dieser kurz, bevor er mit den Flügeln schlug und damit eine mächtige Druckwelle erzeugte, die Ian von den Füßen riß. Seinen Bit-Biests erging es kaum besser, auch sie hatten schwer zu tun, dieser ersten Attacke des Himmelsdrachens standzuhalten. Kai hingegen war in Thyros' Schutzkreis sicher vor den Auswirkungen der Windattacke.
Kaum hatten sich Hai und Schakal wieder einigermaßen gefangen, ging Dragoon erneut zum Angriff über, nachdem er sich kurz fragend Thyros zugewandt hatte. Dieser rief ihm zu: „Besiege sie, mein Freund, doch füge ihnen nicht mehr Leid zu, als unbedingt nötig ist. Sie sind nicht böse, sondern nur fehlgeleitend durch ihren Herrn."
Kai hatte dazu unwillkürlich genickt, auch wenn er ursprünglich nicht so viel Mitgefühl mit den Bit-Biests seines Gegner gehabt hatte. Doch Thyros hatte Recht mit seinen Worten, sie gehorchten schließlich nur Ians Befehlen, daher sollte ihnen zuviel Qual erspart bleiben.
Dragoon grollte eine Zustimmung, bevor er sich ein weiteres Mal das Hai-Bit-Biest vornahm. Mit mächtigen Flügelschlägen ein wenig höhersteigend, begann der Drache wenig später in dunklem Blau zu glühen. Daraufhin ballte sich in Sekundenschnelle ein Gewitter in der Halle zusammen, welches die Anwesenden fassungslos anstarrten. Sie fragten sich, wie es möglich war, daß hier, inmitten einer Beyblade-Halle auf einmal ein Gewitter entstehen konnte, doch fanden sie dafür keine Lösung.
Dragoon war jedoch mit seiner Attacke noch lange nicht fertig, denn die Gewitterwolken verdichteten sich immer mehr, bis ein grollender Donner immer lauter zu hören war. Der Sturm wurde heftiger und riß an den Kleidern der Anwesenden, als das Unwetter immer mehr an Kraft zunahm. Blitze begannen zu zucken und immer wieder rollte der Donner, bis Dragoon auf einmal kräftig mit den Flügeln schlug und dann von einer Sekunde zur anderen in den Sturzflug überging.
Für ein Wesen seiner Größe bewegte er sich erstaunlich schnell und wendig. Dies überraschte Ian völlig und setzte damit seine beiden Bit-Biests Dragoons Angriff ungeschützt aus. Den Schakal, so schien es, fast nebenbei aus dem Weg katapultierend, stürzte sich der Himmelsdrache auf den Hai.
Sein lautes Angriffsgrollen klang einschüchternd und voller Macht, während das von ihm erzeugte Gewitter sich drohend zusammenballte und dann aus den Wolken wie goldene Pfeile Blitze auf das Meeres-Bit-Biest zuschossen.
Ians Augen weiteten sich in bestürzter Erkenntnis dessen, was nun gleich geschehen würde. Die größte Schwäche für im Wasser lebende Bit-Biests war Elektrizität – und diese setzte Dragoon nun in vollem Umfang gegen den Hai ein.
Die Blitze folgten dem Kommando des Sturmdrachen und näherten sich in rasender Geschwindigkeit dem Hai, welcher der drohenden Gefahr nicht begegnen konnte. Auch der Schakal konnte dieser Übermacht nicht widerstehen, daher war er für das andere Bit-Biest in diesem Augenblick keine Hilfe.
Daher war es auch nur eine Sache von Sekunden, bis sich der Hai, vielfach getroffen von den Blitzen, wie der Geier zuvor, geschlagen in Ians Beyblade zurückziehen mußte.
Dragoon ließ ein triumphierendes Grollen hören, woraufhin ihm Dranzer ebenso voller Freude antwortete. Dann aber stürzte sich der Phönix auf einmal auf das letzte von Ians Bit-Biests, denn immerhin war dies Kais und sein Kampf, auch wenn sie beide äußerst dankbar für die Hilfe waren.
Aber Dranzer wollte dieses Match mit Kai zuende bringen, denn das Bit-Biest fühlte, daß sein menschlicher Partner viele grausame Erinnerungen mit seinem Gegner verband. Und daher wollte der Feuervogel Kai die Genugtuung bereiten, ihren Feind zu schlagen und damit der Vergangenheit ein wenig gelassener ins Angesicht blicken zu können. Sie ein Stückchen weiter hinter sich zu lassen.
Kai spürte, wie versessen sein Bit-Biest darauf war, den Kampf jetzt endgültig für ihre Seite zu entscheiden, daher zögerte er nicht lange, sondern befahl mit lauter, energischer Stimme: „Dranzer, bring es zuende!"
Daraufhin ließ der Phönix die volle Macht seines Angriffs auf den Schakal niederprasseln, woraufhin dieser sich aufheulend krümmte und dann den Rückzug antrat. Es wußte, es hatte keine Chance gegen Dranzer.
Oder gegen Dragoon, der wartend über dem Phönix schwebte und damit deutlich machte, daß selbst wenn es dem Bit-Biest wieder Erwarten noch gelingen sollte, den rotgoldenen Feuervogel zu besiegen, noch immer ein weiterer Gegner vorhanden war, den zu schlagen kaum in Aussicht stand.
Andächtige Stille herrschte in der ganzen Halle, als nach Dranzers furiosem Angriff Ians Beyblade rapide an Geschwindigkeit verlor, dann ins Schwanken geriet und schließlich umstürzte, während Kais rotblauer Blade weiterhin seine Kreise zog.
Dann aber brach lauter Jubel los und der Schiedsrichter konnte sich kaum bemerkbar machen, als er Kais Sieg verkündete, womit die Bladebreakers in die Endrunde der World Champion Ships einzogen.
Kai hingegen starrte auf Boris, der haßerfüllt zurückblickte. Die Wut und der Ärger in den Zügen des Mannes ließen in Kai ein Gefühl von Zufriedenheit aufsteigen, denn er wußte, er hatte – mit Thyros' und Dragoons Hilfe – die Pläne des Älteren zunichte machen können.
Diese Erkenntnis ließ Kai leise lächeln und er fühlte sich so wohl wie schon lange nicht mehr. Einen Teil seiner Vergangenheit hatte er heute besiegen können, auch wenn er sie damit nicht ungeschehen machen konnte. Doch sich gegen die Ursache alter Pein erfolgreich durchgesetzt zu haben, erfüllte den Jungen mit dem blaugrauen Haar mit innerem Frieden.
Dann erst hörte Kai den Jubel, der ihn umgab. Die Zuschauer freuten sich unglaublich über seinen Sieg, ging ihm auf und er ließ sein Lächeln etwas deutlicher werden. Kurz darauf nahm er sich jedoch wieder zusammen, denn er wollte nicht, daß jeder seine Gefühle sah. Dies gestattete er sich nur wenigen Personen gegenüber.
Wie Thyros, der ihn wieder einmal gerettet hatte.
Diesmal auch auf physische Weise vor weiteren körperlich Verletzungen außer denen, die Kai schon vor Thyros' Auftauchen erlitten hatte. Doch viel wichtiger war für Kai die moralische Unterstützung und die unglaubliche Wärme, mit der Thyros ihn stets beschenkte und ihm damit zu ein wenig Freude und Glück in seinem Leben verhalf.
Daher lehnte er sich für einige Augenblicke inmitten all des Jubels still und voller Vertrauen in Thyros' Arme zurück, der ihn schweigend festhielt. Dann öffnete Thyros jedoch seine Schwingen, die Kai zuvor noch immer schützend umgeben hatte, als der Junge mit dem blaugrauen Haar sagte: „Danke, Thyros. Ohne deine Hilfe wäre ich verloren gewesen."
„Dazu sind Freunde da, Kai", erwiderte der Engel mit sanfter Stimme, wobei er Kai noch einmal fest drückte. „Ich werde immer für dich da sein, das verspreche ich dir."
„Danke", hauchte Kai kaum hörbar, diese Worte tief in seinem Herzen verwahrend.
Dann holte er noch einmal tief Luft und genoß das Gefühl schützender Wärme um sich herum, bevor er sagte: „Sag auch Dragoon meinen Dank, ja? Er hat Dranzer gerettet, dafür stehe ich für immer in seiner Schuld."
„Ich werde es ihm ausrichten, Kai", versprach Thyros, bevor er sich von dem Jungen löste. „Jetzt muß ich jedoch kurz gehen, um Dragoon zu danken und ihn zu verabschieden. Dann bin ich wieder bei dir. Es wird nicht lange dauern."
„Du mußt dich nicht beeilen, Thyros. Mir geht es gut, dank Dragoon und dir."
Doch der Engel widersprach. „Du bist verletzt, Kai. Daher brauchst du gar nicht zu behaupten, es ginge dir gut. Laß dich verarzten und nachher sehe ich dann, ob es dir bessergeht. Versprich mir, daß jemand nach deinen Wunden schaut, mein Freund."
Kai seufzte kaum hörbar, doch er gab nach. In Wirklichkeit schmerzten nämlich die Verletzungen, die er davongetragen hatte, doch ziemlich. Daher widersprach er auch nicht weiter, sondern nickte zustimmend.
Daraufhin sprach Thyros erneut und Kai konnte die Erleichterung und freundschaftliche Sorge deutlich in seiner Stimme mitschwingen hören, als der Engel sagte: „Bis bald, Kai. Ruh dich bitte ein wenig aus; dieser Kampf war sehr heftig. Wir sehen uns nachher." Damit verschwand der Engel in einer Wolke hellen, warmen Lichts, die sich Sekunden später in viele glitzernde Teilchen leuchtender Energie auflöste.
Kaum war dies geschehen, spürte Kai, wie Müdigkeit und Schmerzen ihn plötzlich wieder voll in ihrem Griff hatten und er schwankte. Mühsam riß er sich zusammen und richtete sich trotz der Schmerzen, die diese Bewegung verursachte, hoch auf.
Sekundenbruchteile später war er von den Mitgliedern seines Teams umringt, die ihn strahlend, aber auch mit Besorgnis, ansahen, während sie offensichtlich versuchten, seinen Zustand einzuschätzen. Eingedenk seines Versprechens an Thyros, reagierte Kai nicht wie sonst schroff abwehrend, als Kenny der allgemeinen Besorgnis dahingehend Ausdruck verlieh, daß Kai sich doch im Krankenzimmer untersuchen lassen sollte.
Nur ein kurzer Ausdruck leichten Ärgers, der über Kais Gesicht huschte, machte deutlich, was er von dem ganzen Trubel um seine Person hielt.
Doch er ließ sich in Richtung des Krankenzimmers geleiten, wenngleich er es strikt ablehnte, sich von den Bladebreakers oder den Mitgliedern der anderen drei Teams, die sich mittlerweile ebenfalls bei ihnen eingefunden hatten, stützen zu lassen. Statt dessen humpelte er, seine letzte verbliebene Kraft und seinen Stolz gebrauchend, allein den ziemlich langen Weg.
Ende, aus, fini! Wenn ihr das nächste Kapi haben wollt, dann schickt mir Kommentare!
CU, Dragon's Angel
