Kapitel 9: Frühling

Schön die ersten Sonnenstrahlen auf dem Gesicht zu spüren oder? – Ja es wurde auch Zeit das der Winter endlich losgelassen hat. – Ja und was machen wir? Kaum kommt die Sonne raus, schon kaufen wir sämtliche Geschäfte leer. Meg und ich nutzten die ersten warmen Sonnenstrahlen zu einem gemütlichen Einkaufsbummel in Paris. Und so ganz nebenbei war es auch ganz lustig. Den Meg versorgte mich dabei auch gleich mit dem neuesten Klatsch und Tratsch aus der Stadt und was noch wichtiger war: Die neuesten Schauergeschichten aus der Oper. Man sollte es nicht für möglich halten, - Sagte sie im verschwörerischen Ton zu mir – aber in der Oper spukt es mal wieder! Oh wirklich? Na lass mich raten, was ist wohl diesmal passiert? Ist Charlottas Perücke verschwunden? – Oh das ist gemein warum erzählt er dir auch immer alles sofort? – Tja hat so seine Vorteile bei dem sog. Operngeist zu wohnen. – Ha ha ha - och Mensch jetzt wollte ich dir mal was neues erzählen und dann ist es wieder nix. – Hat sie die besagte Perücke schon wieder gefunden? Oder sucht sie noch? – Sie suchen noch. Warum? Weißt du irgendetwas genaueres? – Jep ich kann dir sagen wo sie gelandet ist. Sie soll doch mal im Büro der Direktion nachschauen am besten im Schreibpult! – Also wirklich was haben die Herren Direktoren wohl mit einer Perücke vor? – Keine Ahnung!

So ging es Stundenlang weiter. Einfach einen Tag so erleben, als wäre nie etwas ungewöhnliches passiert. Und dabei hatte sich so vieles geändert. Doch eigentlich konnte es kaum noch besser werden. Erik ist vor eineinhalb Wochen in Nadirs Begleitung aufgebrochen, um alles für unseren Umzug nach Boscherville vorzubereiten. Einerseits stimmt mich die Aussicht Paris zu verlassen traurig, doch auch froh. den dann würde ich die Ereignisse des letzten halben Jahres getrost vergessen können. Und außerdem gingen wir ja nicht alleine. Den Meg und deren Mutter werden uns begleiten. Sie haben ebenfalls ein kleines Häuschen ganz in der nähe gekauft.

Am Abend gingen wir zurück. Solange Erik weg war, wohnte ich mit Madeleine bei ihr. Er traute dem Frieden offensichtlich immer noch nicht. Aber ich hatte auch nichts dagegen. Aber dennoch freute ich mich auf seine Rückkehr. Er wollte morgen Abend wieder zurück sein. Und wenn alles gut ging, waren wir spätestens Ende nächster Woche aus Paris verschwunden. Und daran hatte ich auch keine Zweifel. Und wie er es versprochen hatte war Erik am nächsten Abend wieder zurück. Und er hatte auch gute Nachrichten für uns. Die Häuser sind in einem sehr guten Zustand. Auch wenn sie jetzt lange leer gestanden waren. Wir können also nächste Woche aufbrechen. Wir freuten uns alle. So gute Nachrichten hatten wir nicht erwartet.

Ein paar Tage später:

Ich hätte nie gedacht, dass wir Paris wirklich so schnell verlassen können. Und vor allem, dass es diesmal kein einziges Problem gegeben hat. Endlich war es soweit. Morgen wollten wir aufbrechen. Und auch heute wie schon die ganze letzte Woche war Meg bei mir. Da ich gerade dabei war meine Gardarobe zusammenzupacken, kam mir jede Hilfe recht. Ja aber du freust dich doch oder? Und ich hoffe ganz besonders über den Umstand das ich dich begleite! Den neckischen Unterton in Megs Stimme konnte man nicht überhören. Aber natürlich freue ich mich darüber. Ich hatte schon Angst, dass ich auf der Reise gar keine Lachnummern zu sehen bekomme. – Was soll da den bitte heißen? Ich duckte mich rasch den schon kam eine meiner Haarbürsten geflogen. - Gar nichts, es ist nun einmal eine Tatsache, dass du immer für einen Lacher gut bist .- Pass bloß auf, dass ich es mir nicht noch einmal überlege und dich doch nicht begleiten werde. – War doch nur Spaß! – Hat sich aber gar nicht so angehört. – Also jetzt mach aber mal halblang ja! Du sagst doch selbst immer das du die Tollpatschigkeit in Person bist! – Ist ja schon gut ich gebe es ja zu! Manchmal stelle ich mich halt ein wenig blöd an. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich vor habe auf unserer kleinen Reise für Lachnummern zu sorgen. – Na mal abwarten! – Oh Christine du kannst manchmal so gemein sein! Lachend ging ich wieder an die Arbeit. Sag mal wo wir gerade davon sprechen, wo ist Erik eigentlich? – Er hat gesagt er müsse noch einige Kleinigkeiten erledigen bevor wir aufbrechen können. Aber es würde nicht all zu lange dauern. Ich vermute das er allen in der Oper noch einmal einen gehörigen Schrecken einjagt bevor der Operngeist komplett verschwindet. – Das würde ihm ähnlich sehen! –Ja nicht war? Er hat eínmal zu mir gesagt: Ich habe schließlich einen Ruf zu verlieren! – Ja das hört sich wirklich ganz nach Erik an.

Endlich waren wir mit dem Einpacken fertig. Ich schlug Meg noch vor erst einmal gemütlich eine Tasse Tee zu trinken bevor wir weitermachten. Oh ja gute Idee! Ich muss dir nämlich unbedingt noch etwas erzählen bevor wir weitermachen! Also ging ich ins Wohnzimmer und stellte die Tassen auf den Tisch, während sich Meg anbot kurz nach Madeleine zu sehen. Als sie wenig später wiederkam, kochte das Teewasser bereits. Kind müsste man sein, die kleine schläft seelenruhig. – Ja? Gut danke dir! Ich goss uns gerade Tee ein, als mich plötzlich ein dumpfer Schlag gefolgt vom Geräusch splitternden Glases auffahren lies.

Erschrocken wandte ich mich zu Meg, die auch wie vom Blitz getroffen aufgesprungen war. Oh mein Gott was war das? Das kommt von der Spiegelkammer! Ja das höre ich doch auch! Was ist da bloß los? Ein zweiter Schlag mit dem selben Effekt lies uns endgültig die Fassung verlieren. Da ist jemand! Wer könnte das nur sein? – Oh Meg sprich es nicht aus was ich befürchte! Das kann doch nicht war sein!

Meine Gedanken wirbelten nur so durcheinander. Einen klaren Kopf bewahren dachte ich noch. Ich konnte mir lebhaft vorstellen wer da in der Kammer stand. Und dieser hat sich wohl gedacht das er ich mit Gewalt Zugang zur Wohnung verschaffen konnte. Und was soll ich noch sagen, damit hatte er wohl richtig gedacht! Und wenn es wirklich so war, dann war auch niemand hier, der imstande wäre ihn aufzuhalten. Er würde seine Rache bekommen.

Schließlich war Meg es, die als erstes ihre Fassung wiederhatte! Christine warte hier! Ich sehe nach wer da ist. – Meg warte! – Doch sie war schon auf halben Weg zur Tür. Sie griff noch nach dem Dolch, der dort auf einem kleinen Schränkchen lag. Meg komm zurück! Bist du wahnsinnig geworden?

Ich konnte mich immer noch nicht bewegen. Ich starrte nur weiter wie gebannt auf die Tür. Meg! Weiter kam ich nicht mehr, als die Tür mit einem lauten krachen zersplitterte. Ich registriert gerade noch, das irgendjemand nach Megs Arm griff und sie durch die Türe zog. Sie versuchte noch mir zuzurufen, dass ich verschwinden sollte. Doch kaum eine Sekunde später hörte ich, das irgendetwas mit ungeheurer Wucht gegen einen der Spiegel geschleudert wurde, und dieser darauf hin zerbrach. Und was machte ich? Stand immer noch wie angewurzelt am Tisch und war nicht einmal in der Lage den Mund aufzumachen. Und es wurde auch nicht besser, als plötzlich Raoul vor mir stand.

Na sieh mal an wen haben wir den da? Wen das nicht mal meine liebe Frau ist, die vor einiger Zeit spurlos verschwunden ist. Hast du etwa geglaubt, dass ich dich in den Fängen dieses Ungeheuers lasse? Aber jetzt bin ich ja da, und dir wird nichts mehr passieren! Er kam langsam und schritt für Schritt näher. Und mit jedem Schritt wich ich weiter von ihm zurück. Ich wusste nicht was ich jetzt noch tun sollte. Gegen Raoul hatte ich keine Chance. Und da er jetzt auch noch rasend war vor Wut, war er unberechenbar. – Was willst du? Hättest du mich nicht einfach in Ruhe gehen lassen können? – Ich hatte endlich meine Gedanken wieder unter Kontrolle - Oh nein denkst du etwa ich gebe mich so leicht geschlagen? Glaubst du das wirklich? Nein, da hast du dich aber gewaltig getäuscht meine Liebe. Und jetzt bist du auch mal brav und kommst mit mir nach Hause, bevor ich mich vergesse. Das war gewiss das letzte was ich im Moment tun würde, und wenn dann würde er mich mit Gewalt dazu zwingen müssen. – Nein, dass traust du dich nicht! Wenn du mir oder meiner Tochter etwas antust, dann möchte ich nicht in deiner Haut stecken. – Ach ja! Dein persönlicher Schutzengel etwa? Glaub mir eines, vor dem habe ich gewiss keine Angst mehr. Und was DEINE –Die Art wie er das Wort aussprach war mehr als beunruhigend! – Tochter angeht, die interessiert mich keinen Heller. Mir egal was aus ihr wird. Lass sie doch einfach hier! Schließlich ist ER doch ihr Vater oder? – Was hast du mit Meg gemacht? –Keine sorge, sie wird ein wenig Kopfschmerzen haben wenn sie wieder aufwacht, aber auch nicht mehr. So und jetzt tust du gefälligst was ich dir sage, oder ich vergesse mich wirklich. – Träum weiter, mit dir gehe ich nirgendwo mehr hin!

Ich schleuderte ihm diese Worte in purer Verzweiflung entgegen. Doch wusste ich auch, dass er sich von so etwas nicht beeindrucken lassen würde. Und das tat er auch nicht. Mit einem wütenden Aufschrei kam er die letzten Schritte auf mich zu, drehte mir den Arm auf den Rücken und drückte mir ein mit Chlorophorm getränktes Tuch ins Gesicht. Ich versuchte noch mich zu wehren, als ich merkte das das Mittel sehr schnell wirkte. Doch meine Gegenwehr war nutzlos. In seiner Wut konnte ich ihm nichts mehr entgegensetzen.