Kapitel 11: Happy End?

Wir kamen spät nach hause. Lange waren wir nur nebeneinandergesessen. Doch jetzt war der erste Schrecken verflogen, und wir machten uns auf den Nachhauseweg. Wir gingen schweigend nebeneinander her. Wir waren einfach nur- nun ja, vielleicht erleichtert? Froh? Oder einfach nur überglücklich? Ich konnte in diesem Moment mein Gefühlschaos nicht einordnen. Und nebenbei war die Wirkung der Betäubung auch noch nicht ganz verflogen. Immer noch fühlte ich Schwindel und eine leichte aber doch hartnäckige Müdigkeit.

Als wir an der Oper ankamen, war es bereits stockdunkel. Die anderen machten sich bestimmt Sorgen. Denn eigentlich hatte Erik ja vor sofort zurückzukommen. Aber wer hatte schon ein Duell geplant, bei dem ich noch ganz nebenbei meinen „Ehemann" umgebracht hatte. Ich hatte einfach zugestochen. Ohne groß darüber nachzudenken welche Folgen dies haben könnte. Doch im Moment war erst einmal wichtig, dass wir den anderen bescheid gaben, dass wir mehr oder weniger wohlauf waren. Ein beruhigendes Gefühl kam in mir hoch, als Erik den Spiegel öffnete und wir den Gang dahinter entlanggingen. Den nun wusste wirklich kein einziger außenstehender mehr von dem Haus am unterirdischen See. Geschweige den wie man dorthingelangen konnte.

Wenig später waren wir am Wasserlauf angekommen. Als ich im Boot saß, kam unwillkürlich die Erinnerung an den Tag zurück, als ich zum ersten mal hier war. Doch damals hatte ich noch keine Ahnung, dass mein Leben in solch einer Bahn verlaufen würde. Wenige Minuten später legte das Boot am anderen Ufer an. Doch diesmal ein Stück weiter vom Haus entfernt als sonst. Wir wollten noch ein wenig die Ruhe genießen, die verflogen sein würde sobald wir nach Hause kamen. Erik legte mir einen Arm um die Schulter, und ich hakte bei ihm unter.

Was wird jetzt wohl geschehen? – Ich war diejenige die die Stille brach – Ich weis es nicht. Doch morgen früh brechen wir auf jeden fall auf. Wir verlassen Paris so schnell wie möglich. Und dann werden wir hoffentlich endlich in Frieden zusammen sein können. – Ja hoffentlich. – Ich kuschelte mich ein wenig enger an mein Phantom, obwohl wir nicht lange getrennt waren, so wurde mir doch bewusst, dass ich für den Rest meines Lebens bei ihm bleiben wollte. Ein ruhiges Leben mit ihm und unserer Tochter auf dem Land. Und mit unseren besten Freunden. Die Zukunft sah plötzlich wieder so schön aus. Und sie war nun zum greifen nahe.

Drinnen wurden wir schon ungeduldig erwartet. Erik und ich waren länger weg als beabsichtigt. Und natürlich hatten sich Nadir und Meg Sorgen gemacht. Doch waren sie nicht unbedingt untätig herumgesessen. Megs zahllose Schrammen und Kratzer waren verbunden, und das größte Chaos war aus der Wohnung verschwunden. Als wir die Türe öffneten, kamen beide angestürmt. Doch auf ihren Gesichtern zeigte sich sofort Erleichterung als sie uns beide in der Türe stehen sahen.

Wenig später als Erik den beiden und auch mir alles genau erzählt hatte, waren auch sie der Meinung, dass wir Paris nun so schnell wie möglich verlassen sollten.

Am besten brechen wir gleich morgen früh bei Sonnenaufgang auf. – Nadir war der selben Meinung wie Erik und ich. Und auch Meg stimmte dem sofort zu. Mann könne ja nie wissen, was sonst noch alles passieren könnte. Also entschieden wir uns dafür, am nächsten morgen entgültig aufzubrechen und Paris den Rücken zu kehren. Den ein toter Vicomte würde nicht lange unentdeckt bleiben. Und was dann in der Stadt los sein würde, daran möchte ich nicht einmal denken. Also verabschiedeten wir uns von Meg und Nadir, die eine Stunde später gingen. Und so waren wir beide wieder alleine. Meg hatte Madeleine zu ihrer Mutter gebracht, kurz nachdem Erik aufgebrochen war um nach mir zu suchen.

Ich saß nun schon eine geraume weile auf dem Sofa im Wohnzimmer und hatte mein Gesicht in den Händen verborgen. Ich wollte einfach nur nachdenken. Einfach begreifen was ich getan hatte. Warum nur hatte ich ihn umgebracht. Und vor allem, warum überkamen mich plötzlich solche Schuldgefühle. Schließlich hatte Raoul versucht Erik und mich umzubringen. Gewissermaßen war es dann doch Notwehr gewesen. Aber er hatte mich ja nicht direkt angegriffen. Eigentlich konnte er ja nicht einmal wissen, dass ich hinter ihm stand und einen Dolch in der Hand hatte. Und jetzt, jetzt war er tot. Und ich hatte ihn umgebracht.

Christine? – Erik riss mich aus meinen Gedanken. Als ich zu ihm aufsah, bemerkte ich, dass er sich umgezogen hatte. Er trug eine einfache Hose und ein Hemd. Das alte war ja zerrissen und voller Blut. – Was hast du mein Engel? – Er sah mich an und in seinen dunklen Augen stand die Sorge um mich geschrieben. – Ach ich mache mir Vorwürfe was ich getan habe. Ich meinen weshalb ich ihn gleich umgebracht habe. – Er setzte sich zu mir auf das Sofa und nahm mich in die Arme. – Du hast getan ,was dir in diesem Augenblick richtig erschien. Und wenn du es nicht getan hättest? Dann währe ich wahrscheinlich jetzt tot, oder ich hätte ihn selbst umbringen müssen. Und dann wärst du wieder bei ihm, und ich könnte dir nicht mehr helfen. – Als er dies zu mir sagte, wischte er mir die Tränen aus dem Gesicht. Was er sagte, traf sicherlich auch so zu. Doch ich konnte mich mit dem Gedanken eine Mörderin zu sein nicht anfreunden. – Wie bist du mit der Tatsache umgegangen jemanden umgebracht zu haben? – Ich schaffte es sogar ihn dabei anzusehen. – Nun um die Wahrheit zu sagen, ich habe es bis zum heutigen Tag noch nicht ganz an mich herangelassen. Damals das war ein Unfall. Und die Sache heute, nun sie es als Notwehr an. Du wolltest mir helfen – oder etwa nicht? – Ich nickte ihm nur leicht zu. Was er sagte war ja schließlich auch die Wahrheit. Und ich denke, mit seiner Hilfe kann ich auch dies überstehen.

Erik? – Ja? – Danke das du mich gerettet hast! – Gerne geschehen!

ENDE TEIL 1

So endlich geschafft. Jubel der erste Teil ist komplett. Ich beeile mich auch mit der Fortsetzung.

Grüße smile Leandra