OK, OK ich weiß...ich hab' euch viel zu lange auf ein update warten lassen /schäm/ aber irgendwie hab ich die letzte Zeit einfach nicht die Kurve gekriegt, um weiterzuschreiben. Mittlerweile ist aber ein neues Kapitel fertig und am nächsten bin ich bereits dran.
Da ich euch nicht mehr so lange warten lassen wollte, bis ich alles geschrieben habe, gibt's heute jetzt wenigstens mal ein neues Kapitel.
And here we go:
CAST:
Lucilla (Schwester von Commodus, im Film gespielt von Connie Nielsen)
Begriffserklärung:
Phalerae – man könnte sie als Rangabzeichen bezeichnen. Sie haben meist die Form eines Medallions.
Praetorianer
Die Prätorianergarde (oder kürzer Prätorianer, lateinisch Praetoriani) war eine Leibwächter-Truppe, die von den römischen Kaisern eingesetzt wurde. Vorher wurde sie von Feldherren benutzt (cohors praetoria), mindestens zurück bis zur Familie der Scipionen um das Jahr 275 v. Chr. Die Liktoren der höheren Ränge des Cursus honorum und die extraordinarii (eine erweiterte Schutztruppe der Amtsträger, da die Liktoren allein der Aufgabe nicht mehr gewachsen waren) wurden nach und nach zu den ersten Truppen der Prätorianer vereinigt. Die erste Garde, die den Namen Prätorianer trug, wurde 138 v. Chr. geschaffen.
Tarpeischer Fels
Der Tarpeische Fels ist ein Steilabhang im Südosten des Kapitols in Rom, das ursprünglich insgesamt „Tarpeischer Hügel" geheißen haben soll. Der Sage nach wurde er von Tarpeius gegen die Sabiner verteidigt. Dessen Tochter Tarpeia aber lieferte ihn den Feinden aus und fand dafür den Tod. Durch Herabstürzen vom Tarpeischen Felsen wurden zur Zeit der Römischen Republik (zuletzt 43 v. Chr.) bestimmte Schwerverbrecher (falsche Zeugen, Blutschänder, Verräter, Überläufer) hingerichtet.
Kapitel 5 – Abendunterhaltung
Es dämmerte bereits, als Lucius von den vier Legionären durch die Straßen Roms geführt wurde. Wohin sie ihn wohl bringen mochten?
Das ganze hier machte praktisch den Eindruck des letzten Ganges eines zum Tode verurteilten Verbrechers. Doch Lucius konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was er wohl verbrochen haben sollte, das diesen Aufwand hier rechtfertigte.
Wenn sich ein Sklave daneben benommen hatte, dann hätte man ihm wohl kaum vorher noch so fürstlich bewirtet und ihn dann von Soldaten wegbringen lassen. Nein, ein Sklave, oder besser gesagt ein Gladiator wie er, würde sofort und direkt in der Schule getötet und sein Leichnam danach in eine der Gruben geworfen werden.
Was also hatte das alles zu bedeuten?
So unauffällig wie möglich unterzog Lucius seine Wächter einer genaueren Musterung. Irgendwie sahen die vier nicht wie gewöhnliche Legionäre aus, dafür war ihre Rüstung einfach zu prunkvoll. Er musste allerdings zugeben, dass er einen Unterschied, sofern es denn einen gab, wohl nicht bemerken könnte, da er sich bis jetzt herzlich wenig um die Machart von Kleidungsstücken oder die Ausrüstung von römischen Soldaten aus der Antike gekümmert hatte.
Doch dann entdeckte er die Phalerae, die jeder der vier an einer Kette um den Hals trug. Das Wappen darin kam ihm seltsam bekannt vor und plötzlich erinnerte er sich daran, dass er es heute schon einmal gesehen hatte. Und zwar am Baldachin über der Kaiserloge.
Damit lüftete sich das Geheimnis seines abendlichen Ausflugs, denn seine Wachen waren keine geringeren als Prätorianer. Die Wachtruppe des Kaisers selbst.
Sein Verdacht erhärtete sich, als die Legionäre ihn einen Hügel hinauf zu einem riesigen, weitläufigen Palastkomplex führten.
Und nachdem sie, wie es schien, durch unzählige Säulengänge aus Marmor und Duzende von Sälen und Zimmern geschritten waren, fand sich Lucius in einem großen reich geschmückten Saal wieder. Zuerst dachte er noch, es handle sich um den Thronsaal, doch dann entdeckte er das auf einem kleinen Podest stehende und mit Säulen flankierte Bett am anderen Ende.
Es handelte sich hier wohl um die Privatgemächer einer einflussreichen Person, wenn nicht gar um die des Kaisers selbst. Lucius' Verdacht bestätigte sich, als er das Wappen auf einem thronähnlichen Sessel sah, der hinter einem prunkvollen Schreibtisch stand. Dies hier waren unzweifelhaft die Räumlichkeiten von Commodus, seines Zeichens Kaiser von Rom.
Lucius durchforstete sein Gedächtnis nach ein paar Details über diesen Mann, konnte sich aber leider nur noch daran erinnern, dass Commodus der Sohn von Marcus Aurelius war, einem sehr weisen und belesenen Kaiser, dessen Buch „Selbstbetrachtungen" sogar noch in der Neuzeit Beachtung fand. Das allein sagte aber noch lange nichts über den Charakter, sowohl den des Vaters wie auch den des Sohnes aus. Markus Aurelius mochte ein Philosoph gewesen sein, auf seinen Sohn traf dies wohl weniger zu, denn sonst hätte er sich des abends wohl eher einen Gelehrten als einen Gladiator in seine Privatgemächer kommen lassen.
Aufs Neue fragte sich Lucius, was ihn wohl hierher verschlagen hatte.
Durch die weit geöffneten Fensterflügel an der Stirnseite des Saals drang ein Geräusch, das Lucius schnell als Kampflärm identifizierte. Mittlerweile war ihm der Klang von aufeinanderprallenden Schwertern so vertraut, dass er ihn überall erkannt hätte.
Was ging hier nur vor? fragte er sich und blieb stehen. Die Prätorianer hatten wohl andere Befehle, denn zwei von ihnen drängten Lucius weiter vorwärts in Richtung der Fensterflügel und hinaus in einen weitläufigen Innenhof. Erst hier gestatteten sie Lucius, stehen zu bleiben.
Lucius ließ seinen Blick schweifen und nahm die Szenerie stumm in sich auf. In der Mitte des Innenhofs befand sich ein sandiger Übungsplatz und darauf kämpften gerade fünf Männer gegeneinander.
Nein eigentlich war es vielmehr so, dass ein Mann gegen vier Gegner kämpfte. Lucius hatte Commodus zwar nur einmal von weitem gesehen, doch er erkannte den römischen Kaiser trotzdem sofort in seinem arroganten und überheblichen Auftreten.
Kein normaler Mann würde sich freiwillig und offenbar auch freudig mit gleich vier Gegnern schlagen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass er Gefahr laufen könnte, von der Übermacht überwältigt und verletzt oder sogar getötet zu werden.
Zugegeben, Commodus verstand es durchaus, mit einem Gladius umzugehen, dieser Kampf sah in Lucius' Augen dennoch viel zu gekünstelt aus, um wirklich echt zu sein. Die vier Kämpfer gingen immer nur einzeln und abwechselnd auf Commodus los und die Abfolge der Schwerthiebe sah viel zu exakt aus, um nur zufällig zu sein.
Ein Übungskampf also, durchgeführt von einem römischen Kaiser, der offenbar Gefallen am Training der Gladiatoren fand. Nur, was Lucius hier sollte, darüber war er sich nicht im Klaren. Er war zwar mittlerweile recht versiert im Umgang mit einem Schwert, dennoch gab es genug erfahrenere und bessere Gladiatoren, die dem Kaiser vielleicht noch ein paar Kunstgriffe hätten beibringen können. Denn das war es, was Lucius vermutete. Er war offenbar hergebracht worden, weil Commodus gegen ihn in einem Übungskampf antreten wollte. Lucius war es recht, auch wenn sein verletztes Bein ihn wahrscheinlich behindern würde. Besser ein kurzes nicht ernst gemeintes Geplänkel mit dem Schwert, als dass er in einer Villa und im Bett einer römischen Matrone gelandet wäre. Was durchaus im Bereich des möglichen hätte liegen können, denn reiche römische Patrizierinnen ließen sich gerne hin und wieder einen Star aus der Arena für ein kleines Schäferstündchen bringen oder gingen sogar selbst in die Gladatorenschule und suchten ihre Lust in eigens dafür eingerichteten Räumlichkeiten des Ludus.
Doch Lucius' Hoffnung auf ein nur kurzes Intermezzo im Kaiserpalast und seine baldige Rückkehr in die Schule wurde recht bald auf höchst unangenehme Weise zunichte gemacht.
Der Trainingskampf des jungen Kaisers war offenbar kein solcher, denn Commodus schien es blutig ernst zu meinen.
In einer nur unwesentlich abgewandelten Variation von Lucius' eigenem finalen Schwertstreich in der Arena heute, tötete Commodus kurzerhand einen seiner Gegner, die übrigen drei traten sich verbeugend zurück. Der getroffene brach mit durchschnittener Kehle auf dem Hof zusammen und wurde einfach sterbend liegen gelassen. Der Kaiser kümmerte sich keinen Deut darum, sondern kam breit lächelnd auf Lucius zu.
Lucius konnte es nicht verhindern, er fröstelte.
„Ah, da ist er ja endlich...der siegreiche Star der heutigen Spiele" begrüßte Commodus den weißhaarigen Magier aus der Zukunft.
Lucius blieb stumm, neigte aber leicht den Kopf in Andeutung einer höflichen Verbeugung.
Über das ganze Gesicht strahlend begab sich Commodus wieder in seine Gemächer und bedeutete Lucius, ihm zu folgen. Dem blieb nichts anderes übrig, als dem Kaiser hinterher zu gehen und zuzusehen, wie sich Commodus von Sklaven die erhitzte Haut abwaschen und umkleiden ließ.
Dabei plauderte der junge römische Kaiser die ganze Zeit über irgendwelchen Unsinn, darunter auch die Feststellung, dass sie einen gemeinsamen Namen trugen und dass dies wohl eine schicksalshafte Fügung wäre usw.. Er schien fest davon überzeugt, damit Eindruck auf sein Gegenüber machen zu können. Doch Lucius war alles andere als beeindruckt davon, den gleichen Vornamen zu haben wie der römische Kaiser, es scherte ihn ehrlich gesagt herzlich wenig, wie dieser überdrehte Geck vor ihm gerufen wurde.
Das Geplapper des Kaisers setzte sich fort und fort und Lucius wurde das Gefühl nicht los, in einer üblen kleinen Komödie gelandet zu sein. Commodus schien nämlich nicht gerade mit großen Geistesgaben gesegnet zu sein. Zumindest hatte dies für Lucius den Anschein, denn das, was der Kaiser so von sich gab, ergab nur in den seltensten Fällen wirklich einen Sinn. Lucius fragte sich kurz, wie dieser Mann ein Imperium dieser Größe regieren konnte, wenn er nicht einmal Herr über seine ständig wechselnden Gemütszustände war.
Dass er Lucius zu einem Trainingskampf hatte zu sich rufen lassen, war wohl auch ein Irrglaube gewesen, denn der Kaiser hatte sich in eine lockere Tunika kleiden lassen und schien nicht daran interessiert zu sein, heute noch einmal ein Schwert in die Hand zu nehmen.
Zumindest keines aus Metall...
Langsam dämmerte es Lucius, warum er zu dieser Stunde in den Kaiserpalast gebracht worden war. Commodus umkreiste ihn wie eine verliebte Biene ein ums andere Mal, als wäre er eine besonders anziehende Blume.
Schließlich blieb der Kaiser direkt vor Lucius stehen und lächelte vielsagend. Lucius konnte nicht verhindern, dass er trocken schluckte, denn er hatte den lüsternen Blick durchaus bemerkt, den Commodus über ihn gleiten ließ.
„So herrliche Haare...welch unvergleichliche Farbe...und diese hellen Augen...wie poliertes Silber..." hauchte Commodus und ließ seine Finger durch Lucius' Haar gleiten.
Lucius schätzte es ganz und gar nicht, berührt zu werden. Von einem lüsternen Mann schon gar nicht. Doch noch hatte er sich ganz gut in der Gewalt und hielt still, denn er konnte dem Kaiser wohl schlecht befehlen, gefälligst die Finger von ihm zu lassen. Denn sonst würde er sehr schnell das gleiche Schicksal wie der Sklave erleiden, der mit einem letzten Röcheln gerade eben sein Leben auf dem Trainingsplatz im Innenhof ausgehaucht hatte.
Dennoch konnte Lucius nicht verhindern, dass sich seine gerade eben noch so hochgelobten hellen Augen verfinsterten und sein Blick stählern wurde.
Innerlich kochte er vor kaum noch zu unterdrückender Wut.
Was musste er denn noch alles erdulden? In den letzten Wochen war er als Sklave verkauft, mehrfach geschlagen, zum Schwerttraining und zum Kampf in die Arena gezwungen, verwundet und auf übelste Weise wieder zusammengeflickt worden. Man hatte ihm ungenießbaren Fraß und abgestandenes Essigwasser zugemutet, ihn in der Sonne brennen lassen, ihn immer und immer wieder gedemütigt.
Der heutige Tag war am schlimmsten gewesen. Lucius war hundemüde, ihm taten sämtliche Muskeln weh und er wünschte sich nichts sehnlicher, als sich endlich im Ludus auf seiner harten Pritsche auszustrecken und im Schlaf Vergessen zu suchen. Dies wurde ihm aber leider verwehrt, statt dessen musste er nun auch noch die Avancen des römischen Kaisers über sich ergehen lassen. Und das, ohne sich wehren zu dürfen.
Doch so langsam bröckelte Lucius' eiserner Wille, mit dem er seinen Wutausbruch zurückhielt. Die Schmerzen in seinem verwundeten Bein und die Müdigkeit setzten ihm zu, der Wein, den er getrunken hatte, tat ein übriges.
Und so kam, was kommen musste.
Als Commodus' Finger gierig über Lucius' Mund strich, sich dann in seinen Nacken legten und Lucius' Gesicht unaufhaltsam zu sich zogen, warf Lucius alle Vorsicht über Bord und widersetzte sich.
Unwillig wie ein schnaubendes Pferd schüttelte er die Hand des Kaisers ab, zischte ein leises „fass mich nicht an..." und trat einen Schritt zurück.
Der lüsterne Ausdruck in den Augen des Kaisers wurde durch Unglauben ersetzt. Noch niemals zuvor hatte es ein Sklave gewagt, sich ihm, dem Kaiser von Rom, zu widersetzen. Er hatte sich sogar die Mühe gemacht, diesen wundervollen Druiden aus Albion mit Komplimenten zu umgarnen, anstatt sich -wie sonst auch- einfach zu nehmen, was er begehrte. Und wie vergalt ihm dieser dahergelaufene Sklave jetzt diese Milde? Er wagte es, die kaiserliche Hand abzuschütteln und ihm einen mit Ekel und Hass erfüllten Blick zuzuwerfen, dass sich Commodus vorkam, wie ein elender Wurm.
Eiskalte Wut ballte sich im Magen des Kaisers und sein Blick wurde hart.
„Was hast du gesagt?" presste er leise zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er machte einen Schritt auf Lucius zu, doch dieser wich ihm aus, bis er von den beiden Prätorianern gestoppt wurde.
„Was hast du gesagt?" wiederholte Commodus seine Frage und taxierte Lucius aufmerksam. Er sah und spürte den Widerwillen und die Wut, die im Innern des hellhaarigen Gladiators loderten und das machte Lucius für ihn noch viel anziehender, als er es sowieso schon war.
Commodus fühlte, wie seine Erregung ob des Widerstands des Sklaven noch wuchs. Es erregte ihn, endlich einmal kein williges sondern ein sich sträubendes Opfer vor sich zu haben. Das machte die Sache nur noch interessanter und unwiderstehlicher für ihn.
Normalerweise hätte er Lucius für dessen Ungehorsam sofort von den Wachen töten lassen sollen, doch er brachte es nicht über sich, den nötigen Befehl zu erteilen.
Es wäre doch eine Schande, sagte er sich, diesen wundervollen Wildfang unberührt dem Tod zu übereignen. Nein, vorher wollte Commodus noch von dieser verbotenen Frucht kosten.
Und so trat der Kaiser nochmals ganz dicht an Lucius heran, packte dessen Genick und zog ihn, in der Absicht, ihn zu küssen, unaufhaltsam zu sich.
Lucius sträubte sich, versuchte vergeblich, dem harten Griff um seinen Nacken zu entkommen. Er drehte den Kopf so weit es ging weg und so streiften die kaiserlichen Lippen nur seine Wange, anstatt auf seinem Mund zu landen. Der heiße Atem des Kaisers glitt über seine Haut und er konnte dessen Erregung deutlich spüren.
Übelkeit stieg in ihm hoch, er wand sich und riss wie von Sinnen an seinen Fesseln.
„Oh ja, kämpfe...widersetz' dich mir...hmm...jaaa..so mag ich es..." die heiser gegurrten Worte des Kaisers drangen wie Alarmglocken an Lucius' Ohr und er fühlte neue Kraft durch seinen Körper schießen.
Mit vor Ekel verzerrtem Gesicht gelang es Lucius' nach einem langen Augenblick tatsächlich, sich von Commodus zu befreien. Mit einem gezielten Schulterstoß schaffte er es, den Kaiser auf Distanz zu bringen. Dieser taumelte nach hinten, fing sich aber.
„Versuch noch einmal mich zu küssen, du dreckiger römischer Bastard, und ich drehe dir den Hals um!" brüllte Lucius den Kaiser auf englisch an. In seiner Wut hatte er keinen Nerv, sich länger zurück zu halten oder seine Beleidigung auch noch in Latein vorzubringen.
Commodus hatte natürlich kein Wort dieser in seinen Ohren barbarisch anmutenden Sprache verstanden, doch der Tonfall war unmissverständlich der einer Beleidigung.
Nun wurde auch Commodus richtig wütend.
Es hatte ihm zwar gefallen, dass der Druide Widerstand leistete, doch jetzt war dieser entschieden zu weit gegangen und das konnte er keinesfalls länger dulden, ohne vor seinen Wachen das Gesicht zu verlieren.
Ein kleines Aufbegehren, bevor er sich seinem Kaiser voller Glut hingegeben hätte, so hatte sich Commodus das vorgestellt. Aber jetzt prallte er gegen eine Wand aus unverhohlenem Hass und Ekel, sobald er seinen Blick auf den hellhaarigen Sklaven richtete. Und dieser hatte ihn jetzt auch noch auf's übelste beleidigt, dessen war sich Commodus völlig sicher.
Hasserfüllt kniff der Kaiser seine Augen zusammen.
Die Fäuste in die Hüften gestemmt, richtete er sich zu seiner vollen Größe auf. Was aber nicht weiter beeindruckend wirkte, denn Lucius überragte den Kaiser immer noch um ungefähr eine halbe Haupteslänge.
Das bemerkte Commodus natürlich und das verstärkte noch seine Wut.
„Bediene dich gefälligst einer zivilisierten Sprache Sklave, sonst lasse ich dir das Fleisch von den Knochen peitschen!" fuhr Commodus Lucius an.
Lucius zweifelte keine Sekunde daran, dass der Kaiser diese Drohung auch in die Tat umsetzen lassen und sich wahrscheinlich ob des Schauspiels köstlich amüsieren würde, doch es war ihm gleich. Er war sowieso schon zu weit gegangen und der Hass auf diesen zudringlichen Emporkömmling machte alle Vorsätze, sich zu zügeln, völlig zunichte.
Commodus spürte instinktiv, dass der Sklave vor ihm auch jetzt noch nicht den geringsten Funken Respekt verspürte und das machte ihn rasend.
„AUF DIE KNIE MIT DIR!" tobte Commodus.
Lucius blieb eisern stehen.
Es hatte jetzt keinen Zweck mehr, sich zu fügen, denn sein Leben war sowieso schon verwirkt. Er hatte während der ganzen Auseinandersetzung aber vergessen, dass noch zwei der Prätorianer hinter ihm waren. Diese brachten ihn nun, auf einen Wink seitens Commodus, höchst unsanft zu Fall. Lucius prallte höchst unsanft mit den Knien auf den Marmorfußboden und konnte ein schmerzgepeinigtes Stöhnen nicht unterdrücken.
„Wie kannst du es wagen, dich zu widersetzen...du...du" tobte der Kaiser und lief wutschnaubend auf und ab.
Als Lucius nicht antwortete, stürmte Commodus auf ihn zu und packte ihn grob am Kinn.
„ANTWORTE GEFÄLLIGST SKLAVE!" herrschte er ihn an.
Lucius presste die Lippen zusammen, schwieg und sein Blick versprühte hasserfüllte Funken. Für eine Weile maßen die beiden so unterschiedlichen Männer sich schweigend mit Blicken. Keiner wollte klein bei geben, keiner war es gewohnt, klein bei zu geben.
Jeder hatte seine ganz eigene Art, mit Gegnern fertig zu werden. Lucius hatte es für gewöhnlich gar nicht nötig, laut zu werden, denn ein überheblicher Blick genügte in der Regel schon völlig, um seinem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln, ein kleines nichtsnutziges Kriechtier zu sein.
Commodus hingegen war es überhaupt nicht gewohnt, dass jemand sich ihm mit so viel Vehemenz widersetzte und das verwirrte ihn. Verwirrung überspielte er für gewöhnlich mit hochtrabenden Posen oder mit Brüllerei, doch beides schien an diesem Sklaven so nutzlos abzuprallen wie am tarpeischen Felsen.
Das machte ihn rasend und er steigerte sich langsam aber sicher in einen Blutrausch hinein.
Oh ja, dieser impertinente Sklave sollte bluten...er musste sterben, oh ja...
Mit einem Knurren ließ Commodus von Lucius ab und eilte zu seinem Schreibtisch hinüber. Hastig wühlte er in dem auf dem Tisch liegenden Schriftrollen-Durcheinander herum, bis er gefunden hatte, was er suchte. Triumphierend schwenkte er einen juwelenbesetzten Dolch in der Hand und kam hämisch grinsend wieder zu Lucius zurück.
Dieser zuckte nur leicht zurück, als er unvermittelt spürte, wie sich die Spitze des Dolchs gegen seine Kehle drückte.
In dem Blick, den er Commodus zuwarf, lag kein Fünkchen Angst, Lucius blickte dem Tod mit Gleichmut entgegen. Er war sich im Klaren darüber gewesen, was auf ihn zukommen würde, wenn er sich dem Kaiser widersetzte. Er hatte es dennoch getan, weil er lieber sterben wollte, als nach allem Unbill in dieser widerwärtigen Zeit jetzt auch noch den willenlosen Lustknaben für den römlischen Kaiser zu spielen.
Dass er jetzt natürlich keinen sanften gnädigen Tod erwarten konnte, war ihm klar und das war das einzige, was Lucius etwas Unbehagen bereitete. Er wappnete sich und bat stumm darum, noch soviel Kraft aufbringen zu können, um aufrecht und würdig zu sterben und nicht vor Schmerzen zu schreien und um Gnade zu winseln.
Commodus missdeutete Lucius' Blick, er sah in seinem Blutwahn nur, dass der Sklave sogar im Angesicht des sicheren Todes noch trotzig zu ihm aufblickte. Er zitterte vor Wut, riss den Dolch zurück und schlug Lucius mit der freien Hand so hart ins Gesicht, dass dessen Kopf zur Seite gerissen wurde.
Als Lucius wieder zu Commodus aufschaute, tropfte ein dünnes Blutrinnsal aus der Wunde an seiner Lippe, die der Siegelring des Kaisers geschlagen hatte.
Lippen, die Commodus so gern gekostet hätte. Wie gern hätte er jetzt das Blut davon abgeleckt, wie gern hätte er jetzt...er verbot sich, den Gedanken weiterzuführen. Er war nun auch noch wütend auf sich selbst, dass er den Sklaven selbst jetzt noch, nachdem dieser ihn tödlich beleidigt hatte, noch so sehr begehrte, dass er am liebsten den Dolch weg- und sich in die Arme des Druiden geworfen hätte.
Da Commodus sich selbst nicht dafür tadeln konnte, richtete er seine Wut gegen Lucius, auf dass dieser als Ventil für den kaiserlichen Zorn herhielt, denn er hatte ihn ja schließlich auch verschuldet.
„Wie kannst du es wagen...ich töte dich..." knurrte Commodus und hob den Dolch.
Er wollte gerade Ausholen um zuzustechen, als jemand ihn von hinten am Arm packte.
„Lass ab Bruder..." drang eine bekannte Stimme an sein Ohr.
Überrascht wirbelte Commodus herum und blickte in das Gesicht seiner Schwester.
„Besudele deine Hände nicht mit seinem unwürdigen Blut" versuchte Lucilla ihren Bruder zu beschwichtigen.
„Er ist doch nur ein einfacher Sklave. Er ist es nicht wert, dass du dich seinetwegen so erregst" setzte sie noch hinzu, als Commodus sich nicht rührte.
Einen langen Augenblick geschah nichts, doch dann durchlief ein Zittern Commodus' Körper, er ließ langsam den Arm sinken und seufzte.
Die lodernde Wut in ihm verrauchte langsam, als er die beschwichtigten Worte seiner geliebten Schwester hörte. Er ließ es auch zu, dass Lucilla ihm sanft aber bestimmt den Dolch aus den Händen nahm, und ihn danach hinüber zu seinem Bett führte.
„Vielleicht hast du recht. Er ist es nicht wert..." begann Commodus, stockte dann aber und lächelte seine Schwester an.
„Leg dich nieder Bruder. Du bist müde und erschöpft" sagte Lucilla und strich ihm sanft über die Wange, wie sie es schon zu Kinderzeiten immer getan hatte.
„Du hast natürlich recht...wie immer. Ich sollte schlafen..." murmelte Commodus etwas benommen.
Immer, wenn seine Schwester in der Nähe war, fühlte er sich angenehm geborgen. Er liebte Lucilla seit er denken konnte, sie war seine große Schwester, sie hatte sich immer um ihn gesorgt. Sie hatte sicher Recht, wie schon so oft, dachte er sich und fühlte gleichzeitig, wie eine angenehme Müdigkeit sich seiner bemächtigte.
Zufrieden legte er sich nieder, genoss noch einmal das gute Gefühl, dass er in Lucillas Nähe immer hatte. Lucilla setzte sich zu ihm auf die Bettkante und flüsterte ihm Koseworte zu.
Alsbald flatterten Commodus' Lider und er war recht schnell darauf eingeschlafen.
Lucius hatte diese ganze reichlich skurrile Szenerie schweigend beobachtet. Er war sich jetzt sicher, dass der amtierende Kaiser des römischen Reiches, zusätzlich zu einem übertrieben ausgeprägten Selbstbewusstsein auch noch nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Welcher erwachsene Mann ließ sich freudig von seiner ebenfalls erwachsenen Schwester wie ein Kleinkind hätscheln? Nun ja, vielleicht war das auch einfach nur ein Ausdruck totaler Dekadenz. Oder auch die Folgen jahrzehntelanger königlicher Inzucht?
Lucius unterbrach seine Gedankengänge, denn Lucilla war nun leise und vorsichtig vom kaiserlichen Bett aufgestanden und kam zu ihm und den Prätorianern hinüber.
Schweigend ließ sie ihren Blick über Lucius schweifen und er glaubte, ein winziges anerkennendes Nicken erahnt zu haben, als ihr Blick den seinen streifte, war sich jedoch nicht vollkommen sicher.
„Bringt ihn unbeschadet zum Ludus zurück" wies sie die Prätorianergarde an.
Die Soldaten salutierten, zogen Lucius auf die Füße und schleiften ihn ohne viel Federlesens mit sich.
Auf dem Rückweg durch die nächtlichen Straßen Roms zerbrach sich Lucius den Kopf über die abendlichen Geschehnisse. Das ganze hatte ihn sehr verwirrt, er war auf seinen Tod gefasst gewesen und nun sollte er einfach weiterleben. Natürlich freute ihn das, er kam aber nicht umhin sich zu fragen, welchen Preis er dafür würde zahlen müssen.
Denn dass die Schwester des Kaisers ihn aus purer Nächstenliebe vor dem sicheren Tod bewahrt hatte, daran glaubte er nicht.
Er war sich jedoch sicher, nicht sehr lange auf eine Antwort warten zu müssen.
to be continued
Anmerkung:
Ich lasse euch ganz sicher nicht wieder so lange auf das nächste update warten, das verspreche ich. So wie es aussieht, kriege ich die Story wohl in den nächsten 1-2 Wochen komplett fertig.
Für Geschichts-Fans und Wissbegierige hier noch ein paar geschichtliche Daten über die kaiserliche Familie:
Marcus Aurelius
oder Mark Aurel ( 26. April 121; † 17. März 180) war von 161 bis 180 römischer Kaiser. Geboren als Marcus Annius Verus oder Marcus Catilius Severus, nahm er nach seiner Adoption durch Antoninus Pius den Namen Marcus Aelius Aurelius Verus an. Als Kaiser nannte er sich Marcus Aurelius Antoninus Augustus.
Mark Aurel war der letzte der sogenannten Adoptivkaiser. Er musste nach einer längeren Friedenszeit wieder an mehreren Fronten gegen eindringende Feinde vorgehen. Insbesondere waren der Osten des Reiches durch die Parther und der Donauraum durch die Markomannen bedroht. Mark Aurel, der bis zu dessen Tod gemeinsam mit seinem Adoptivbruder Lucius Verus regiert hatte, starb während eines Feldzuges gegen die Germanen in Vindobona oder bei Sirmium. Wegen seiner philosophischen Selbstbetrachtungen wird er auch als Philosophenkaiser bezeichnet.
Commodus
Imperator Caesar Marcus Aurelius Commodus Antoninus Augustus (31.08.161 in Lanuvim, † 31.12.192 in Rom), war römischer Kaiservon 180 bis 192. (Der vollständige Name wechselte mehrmals; geboren wurde er als Lucius Aurelius Commodus, ab 191 lautete der Name Imperator Caesar Lucius Aelius Aurelius Commodus Augustus Pius Felix.)
Commodus wurde zusammen mit einem früh gestorbenen Zwillingsbruder als Sohn des Kaisers Marcus Aurelius und dessen Frau (zugleich Cousine) Annia Faustina geboren. Im Alter von 5 Jahren wurde ihm der Titel Caesar verliehen, mit 17 wurde er Mitregent. Einen Teil seiner Jugend verbrachte er an der Seite seines Vaters während der Markomannenkriege an der Donau. Am 17. März 180 starb sein Vater in einem Militärlager an der Donau. Commodus bereitete das Begräbnis seines Vaters vor und schloss zügig Frieden mit den Germanen. Am 22. Oktober 180 zog er im Triumph in Rom ein.
Beim römischen Volk war Commodus zunächst beliebt, zumal er sich freigiebig zeigte und für genügend Brot und Spiele (panem et circenses) sorgte. Da er die Finanzen auch durch Besteuerung der Klasse der Senatoren besorgte und den Befehlshabern der Prätorianergarde viel Einfluss gab, kam es zu Spannungen mit dem Senat. Diese drückten sich beispielsweise darin aus, dass im Actus Urbis die Formel Populus Senatusque Romanus ("römisches Volk und Senat") statt Senatus Populusque Romanus ("römischer Senat und Volk") benutzt wurde.
Die Regierung des Kaisers Commodus wurde immer stärker von Misstrauen und Morden geprägt, insbesondere nach einem fehlgeschlagenen Attentat im Senat auf ihn. Commodus vernachlässigte die eigentlichen Staatsgeschäfte und gefiel sich insbesondere in der Rolle des Hercules, die er auch als Gladiator in der Arena vor dem Volk zeigte. Immer stärker zeigte sich bei ihm Größenwahn. So wurde er noch zu Lebzeiten Gegenstand des zeitgenössischen Spotts.190 benannte er die Monate um (mit Commodus für April, auch die anderen Monate erhielten Namen nach Commodus, wie Lucius, Aelius usw.), die römischen Legionen sollten nur noch nach ihm Commodianae genannt werden, jeder Römer Commodianus, die Stadt Rom Colonia Lucia Annia Commodiana.
Am letzten Tag des Jahres 192 wurde er im Zuge einer umfangreichen Verschwörung unter Beteiligung seiner Konkubine Marcia in seinem Bad vom Athleten Narcissus erwürgt.
Lucilla
Lucilla wurde am 7. März 149 oder 150 als Tochter des Kaisers Marcus Aurelius und seiner Frau Faustina der Jüngeren geboren. Sie war die ältere Schwester des Kaisers Commodus.
161 wurde die elfjährige Lucilla mit Kaiser Lucius Verus verlobt. Dies hinderte Verus aber nicht daran, eine Beziehung mit der schönen Pantheia aus Smyrna zu beginnen, die viele Jahre halten sollte. Die Hochzeit zwischen Mitkaiser und Kaisertochter fand aber dennoch etwa 164 statt. Dabei erhielt Lucilla wie ihre Mutter den Ehrennamen Augusta.
Im darauffolgenden Jahr schenkte Lucilla in Antiochia einer Tochter das Leben. Wenig später feierte Lucius Verus gemeinsam mit Marcus Aurelius und der ganzen antoninischen Familie einen glanzvollen Triumph über das Partherreich. Das Familienglück hielt aber nicht lange an. Bereits 166 brach die Pest im Reich aus. Ihr sollte schließlich auch Lucillas Vater zum Opfer fallen.
Zudem fielen germanische Stämme ins Reich ein. Die beiden Kaiser brachen 168 zur Nordgrenze auf, kehrten auf Rat des Hofarztes Galen nach Rom zurück. Noch unterwegs erlitt Lucius Verus einen schweren Schlaganfall. Er starb drei Tage später im Alter von 39 Jahren. Lucilla war mit nur 19 Jahren bereits Witwe.
Eine Tradition berichtet, dass Spannungen zwischen Lucilla und Bruttia Crispina, der Ehefrau des Commodus, die Atmosphäre am Hof schwer belasteten. Lucilla soll sogar 181 an einer Verschwörung zum Sturz ihres Bruders beteilgt gewesen sein.
Ein Neffe des Pompeianus, Claudius Pompeianus Quintianus, organisierte einen Anschlag auf den Kaiser im Kolosseum. Dieser schlug jedoch fehl. Lucilla wurde nun verdächtigt, Quintianus angestiftet und zudem ein ehebrecherisches Verhältnis mit ihm unterhalten zu haben. Dies berichtet zumindest der Geschichtsschreiber Herodian.
Lucilla wurde jedenfalls verurteilt und auf die Insel Capri verbannt. Ob sie nun tatsächlich für das Attentat auf ihren Bruder mitverantwortlich war oder einer darauffolgenden Säuberungswelle zum Opfer fiel, bleibt ungewiss. Sie wurde schließlich noch 181 hingerichtet.
Eine Beteiligung Lucillas an der Verschwörung des Quintianus wäre aber nur dann sinnvoll gewesen, wenn ihr Ehemann Pompeianus Commodus' Nachfolger als Kaiser geworden wäre. Dieser hatte jedoch keinerlei Thronambitionen. Seine Unschuld war offenbar so klar, dass er nicht nur seine Gattin, sondern die ganze Regierungszeit des Commodus überlebte. Damit wäre es aber auch naheliegend, dass Lucilla selbst unschuldig war.
