/at all: vielen lieben Dank für eure reviews. Nochmal sorry, dass es so lange gedauert hat. Dafür gibt's heute aber auch ein etwas längeres Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch (hat nämlich richtigen Spaß gemacht, es zu schreiben).

/Atidu: Bin ja mal gespannt, ob du mit deinen Vermutungen Lucilla betreffend richtig liegst /g/.


CAST:

Quintus – Befehlshaber der Prätorianergarde (im Film gespielt von Tomas Arana)


Begriffserklärung:

Iden - Die Iden (lat. Idus) eines Monats im römischen Kalender bezeichnen etwa die Monatsmitte, also den 13. bzw. den 15. Tag. Im März, Mai, Juli und Oktober fallen die Iden auf den 15. in den anderen Monaten auf den 13. Tag des Monats. Bei den Etruskern hieß der Tag Itus; die Sabiner nannten ihn Iden.

Toga - Die Toga war ein römisches Kleidungsstück aus einem einzigen, 4 m langen und 2 1/2 m breiten Stück Stoff, das so getragen wurde, dass man den einen Zipfel über die linke Schulter nach vorn warf, den oberen Rand über den Rücken zog, den anderen Zipfel aber unter dem rechten Arm durchzog, sodass dieser frei blieb, und dann über die linke Schulter warf (vgl. Abbildung). Unter dem rechten Arm bis zur linken Schulter entstand dabei ein Bausch, den man als Tasche (sinus) gebrauchte. In der späteren Zeit trug man unter der Toga die Tunika unmittelbar auf dem Körper. Die Toga war aus weißer Wolle (toga alba), bei gewöhnlichen Leuten und bei der Trauer dunkel (pulla). Die höheren Magistratspersonen bis zu den kurulischen Ädilen trugen eine mit einem Purpurstreifen eingefasste Toga (toga praetexta), ebenso die Knaben bis zum 17. Lebensjahr, die Mädchen bis zu ihrer Heirat. Vom vollendeten 17. Jahr an trugen die Jünglinge die einfache, unverbrämte Toga, die toga virilis oder toga pura. Besondere Staatskleider waren die toga picta, eine purpurne Toga, mit goldenen Sternen verziert, die der Triumphator anlegte, sowie die mit eingestickten Palmzweigen geschmückte toga palmata (trabea). Die toga candida wurde von den Bewerbern um Staatsämter getragen und war glänzend weiß; die Angeklagten trugen eine dunkle Toga (toga squalida). Im Sommer trug man die toga rasa, eine abgeschorene Toga aus dünnem Stoff; im Winter eine wollene (toga pinguis).

Charon –Der Begriff Charon bezeichnet einen Fährmann in der griechischen Mythologie, der die Toten über den Fluss Acheron ins Totenreich bringt.

Klient – eine von einem Patron (höhergestellte Persönlichkeit) abhängige Person, die verpflichtet ist, den Patron im Krieg und vor Gericht zu unterstützen. Freigelassene wurden üblicherweise Klienten ihrer früheren Herren.

Freigelassener – ein freigelassener Sklave. Mit der offiziellen Freilassung bekam der Freigelassene die vollen Bürgerrechte mit Ausnahme des Rechts, ein Amt innezuhaben, zugesprochen. Die inoffizielle Freilassung gab einem Sklaven die Freiheit, ohne ihn jedoch mit Wahlrecht o.ä. auszustatten, d.h. er hatte nicht die gleichen Rechte wie von Geburt an freie Römer. In der zweiten, spätestens dritten Generation wurden Freigelassene gleichberechtigte römische Bürger.

Assassine – (Begriff aus dem arabischen). Übersetzt etwa: Meuchelmörder, Auftragskiller.


Kapitel 6 – unverhofft kommt oft...

In dieser Hinsicht irrte Lucius sich gewaltig.

Tage vergingen, dann Wochen, ohne dass etwas geschah. Die Monotonie des immer gleichen Tagesablaufs im Ludus wurde durch nichts außergewöhnliches unterbrochen. Weder wurde Lucius noch einmal zum Palast beordert, noch bekam er hochgestellten Besuch. Auch die latente Angst, dass Commodus ihn womöglich eines Nachts einfach im Schlaf ermorden ließ, um sich so an ihm zu rächen, verblasste mit der Zeit. Es schien fast so, als hätte das unheilvolle Treffen zwischen dem römischen Kaiser und Lucius niemals stattgefunden.

In der ersten Woche nach seiner Beinverletzung gestattete man Lucius, sich etwas zu schonen, damit der Heilungsprozess schneller von statten ging. Wobei schonen eigentlich zu viel gesagt war, denn Lucius wurde trotzdem immer noch zum täglichen Schwertkampftraining gezwungen, musste jedoch nur die Hälfte des Tagespensums absolvieren. Proximo war der Meinung, dass Müßiggang der Anfang allen Übels war und so wurden alle Gladiatoren, sofern sie sich halbwegs auf den Beinen halten konnten, zum Training verdonnert, auch wenn dadurch so manch schmerzverzerrtes Gesicht auf dem Übungsplatz zu sehen war. Auch Lucius gehörte zu diesen Unglücklichen. Die ersten Tage waren wirklich äußerst qualvoll, denn die Wunde verursachte schon bei der kleinsten Bewegung höllische Schmerzen. Doch sie heilte wiedererwartend gut und rasch, auch weil Drusus ihm jeden Abend einen neuen Verband anlegte und auch sonst dafür sorgte, dass sich keine Entzündung ausbreitete. Nach einer kurzen Reihe von Tagen waren die Schmerzen auf ein erträgliches Maß abgeklungen und Lucius nahm wieder am regulären Training teil, auch wenn ihm das alles andere als behagte. Er wusste jedoch, dass er an seinem Schicksal recht wenig ändern konnte und dass wahrscheinlich schon bald ein neuer Auftritt in der Arena auf ihn wartete.

Lucius vermutete richtig. Ungefähr 6 Wochen nach jenem katastrophalen Abend im Palast wurde ihm mitgeteilt, dass er an den nächsten Iden des Mai an den Spielen teilzunehmen hatte. Ihm blieben also 4 Tage, bis er wieder in den Höllenschlund der Arena musste.

Was für ein Gegner wohl dieses Mal auf ihn warten würde?

War es vielleicht ein noch stärkerer als beim letzten Mal?

Wollte Commodus auf diesem Weg sicher stellen, dass Lucius den Tod fand, indem er ihm einen schier unbezwingbaren Feind entgegenhetzte?

Fragen über Fragen, auf die Lucius bald eine Antwort erhalten würde, denn sein „großer Tag" rückte unaufhaltsam näher.

Doch als er dann endlich im Oval der Arena stand, musste er sich ein überhebliches Grinsen verkneifen, denn sein Gegner war alles andere als furcht einflößend. Lucius erfasste mit einem einzigen lauernden Blick, dass der Mann unter der thrakischen Rüstung vor Angst zitterte. Offenbar ein Neuling und kein sehr gut trainierter, den man Lucius diesmal gegenüber gestellt hatte. Das versprach recht einfach zu werden.

Und so war es dann auch.

Der Thraker nahm sofort eine defensive Vertreidigungshaltung ein, erwiderte verzweifelt um sich schlagend Lucius' Schwerthiebe, ging aber selbst niemals zum Angriff über. Er machte noch nicht einmal von dem Vorteil Gebrauch, den ihm sein längeres und leichteres thrakisches Schwert bot. Lucius hätte dem Trauerspiel ein schnelles Ende setzen können, wenn er gewollt hätte, denn die Deckung des Thrakers war stellenweise so löchrig wie ein grobmaschiges Fischernetz. Man hatte ihm jedoch beigebracht, niemals einen Kampf zu schnell zu beenden, selbst wenn man es konnte. Zu kurze Kämpfe befriedigten das Publikum nicht und es war von großem Übel, sich als Kämpfer den Unmut der Zuschauer zuzuziehen, denn das bedeutete ein recht baldiges und unrühmliches Ende der Karriere in der Arena.

Und so spielte Lucius mit seinem schwächlichen Gegner, genauso wie eine Katze mit einer Maus spielt, bevor sie sie letztendlich tötet. Dabei blieb er dennoch steht's wachsam, denn auch ein völlig verängstigter Gegner konnte zur tödlichen Gefahr werden, wenn man nur einen Moment lang unachtsam war. Am Ende tötete er ihn auf relativ gnädige Weise mit einem gezielten Schwertstich genau ins Herz. Lucius' Gegner starb schnell, er hatte vorher schon genug gelitten und der weißblonde Zauberer war schließlich kein völliger Unmensch.

Lucius atmete erleichtert auf, als er endlich aus dem grellen Licht der Arena heraus war und wieder das Zwielicht der Katakomben darunter erreicht hatte. Der Kampf war wirklich recht einfach gewesen, er hatte ihn ohne einen einzigen Kratzer überstanden. Das und das Wissen darüber, noch eine weitere Gnadenfrist erhalten zu haben, freute Lucius. Dennoch, er war sich des brennenden Blicks aus der Kaiserloge vom ersten Moment an, als der das Kampfrund betreten hatte, mehr als nur bewusst gewesen. Die ganze Zeit über hatte er das Gefühl gehabt, von Commodus' Blick durchbohrt zu werden wie von Millionen winziger Nadeln. Ein äußerst unschönes Gefühl und es bestätigte Lucius' Befürchtung, dass er noch lange nicht außer Gefahr war. Heute jedoch lächelte Fortuna Lucius freundlich zu, denn der Zorn des Kaisers galt offenbar einem anderen.

Nachdem er Schwert und Rüstung beim Rüstmeister abgegeben hatte, zwängte sich Lucius durch die heftig tuschelnde Menge der anderen Gladiatoren hindurch, bis er an einem kleinen vergitterten Fenster angekommen war, das einen Blick in das Oval der Arena zuließ. Ein paar der Männer hatten zwar protestiert, als Lucius sich einfach nach vorne drängelte, doch sein eisiger Blick hatte sie schnell verstummen lassen. Mittlerweile war Lucius' Ansehen als nicht zu unterschätzender Kämpfer so gut, dass er sich dergleichen erlauben konnte, ohne Prügel fürchten zu müssen.

Aber den Hauptkampf dieses Tages wollte er sich unter keinen Umständen entgehen lassen. Schon als er nur wenige Schritte die Rampe hinunter unter die Arena hinter sich hatte, war ihm die veränderte Stimmung unter den Gladiatoren aufgefallen. Es schien fast so, als wäre die Luft elektrisch aufgeladen. Er spürte die unterschwellige Spannung, die fast schon an Aggression grenzte und auch die gespannte Erwartung im Verhalten der Männer. Lucius gab sich nicht der Illusion hin, dass dies auf ihn und seinen gerade beendeten Kampf zurückzuführen war. Er wusste selbst, dass es keine Glanzleistung gewesen war, sondern einfach nur ein etwas besserer Übungskampf. Irgend etwas musste vorgefallen sein oder würde noch passieren.

Und dann hatte er unter den im Flüsterton geführten Unterhaltungen den Namen Maximus aufgeschnappt. Auch von unfairen Methoden und kaiserlicher Willkür war die Rede.

Lucius war recht schnell klar, warum er heute ungeschoren davon gekommen war. Der rächende Blitz des Kaisers würde heute auf einen anderen Gladiator hernieder fahren und keinen geringeren als den allseits so beliebten und unter den Kämpfern hoch geachteten Maximus würde es treffen. Kurz fragte sich Lucius, was sich Maximus wohl gegenüber Commodus hatte zu Schulden kommen lassen. Dass es wohl schwerer wog, als Lucius' eigene Verfehlungen dem Kaiser gegenüber war unverkennbar, als der Kampf in der Arena endlich begann.

Nicht nur, dass Commodus einen bis dato unbesiegten und äußerst erfahrenen Kämpfer als Maximus' Gegner auserkoren hatte, nein, er hatte noch ein weiteres ganz besonderes Arrangement getroffen. Und das alles nur aus einem einzigen Grund: um sicher zu gehen, dass Maximus das Kolosseum nicht lebend wieder verließ.

Lucius folgte dem Kampf mit wachsendem Interesse. Er wusste, dass Maximus ein exzellenter Kämpfer mit dem Schwert war, der sich seiner Haut sehr gut erwehren konnte, aber so in Bedrängnis hatte er ihn noch nie gesehen. Nicht nur durch den stetigen Hagel an Schwert- und Axthieben, mit dem ihn sein Gegner beinahe unablässig eindeckte. Nein, er wurde auch von 4 ausgewachsenen Tigern bedrängt, die durch Ketten nur dürftig zurückgehalten und sofort auf ihn gehetzt wurden, sobald er sich einen der Tiere auch nur näherte.

Bis jetzt hatte er allen Attacken relativ gut ausweichen können, doch nun war er zu nahe an eine der Gruben heran geraten, in denen die Tiger bis zu Beginn des Kampfes verborgen gewesen waren. Die Helfer ließen die Kette schleifen und der Tiger setzte zum Sprung an. Maximus konnte gerade noch einem Schwerthieb ausweichen, schnellte herum und hob im letztmöglichen Augenblick instinktiv seinen Schild. Die Wucht, als der Tiger auf ihn prallte, warf ihn rückwärts in den Staub, doch noch gab sich Maximus nicht geschlagen. Er stieß dem Tiger blitzschnell das Schwert mehrere Male in die Seite, während die tödlichen Krallen den Schild und seine Lederrüstung zerkratzen. Offenbar waren die Stiche gut gezielt gewesen, denn der Tiger starb kurz darauf mit einem grauenvollen Laut, der Lucius das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Kaum war Maximus wieder auf den Beinen, wurde er auch schon wieder von seinem Gegner mit Schwert und Kurzaxt angegriffen. Der Kampf tobte noch eine Weile hin und her, doch dann gewann Maximus die Oberhand. Die Menge jubelte frenetisch und Lucius konnte sich den verärgerten Gesichtsausdruck von Commodus sehr gut vorstellen.

Maximus reizte Commodus sogar noch mehr, denn er tötete am Ende seinen blutend am Boden liegenden Gegner nicht, obwohl er vom Kaiser den unmissverständlichen Befehl dazu erhalten hatte. Und wieder jubelten ihm die Massen zu und nannten ihn „Maximus, den Barmherzigen". Auch unter den Gladiatoren wurde Beifall über soviel Mut, Unverfrorenheit und auch Gnade laut. Als Maximus in den Gewölben unter der Arena auftauchte, ließen sie ihn hochleben. Lucius stand versonnen lächelnd im Hintergrund und dachte sich, dass das Spiel so wohl noch nicht vorbei war, er aber einen Vorteil hatte, denn jetzt würde sich die Rache des Kaisers erst einmal auf Maximus konzentrieren. Das verschaffte Lucius etwas Zeit. Vielleicht die Zeit, die er brauchte, um endlich einen dieser verflixten Portschlüssel zu finden.


Nach Maximus' denkwürdigem Kampf kehrte aber erst einmal wieder der eintönige Schulalltag zurück. Doch etwa 3 Tage danach geschah etwas. Lucius sah' Maximus, wie dieser aus den Privatgemächern von Proximo herauskam und eine sichtlich sturmgepeitschte Miene zur Schau trug. Offenbar war der Eigentümer der Schule und auch jedes einzelnen Lebens hier nicht sehr erbaut über Maximus' Auftritt im Kolosseum und hatte ihn deshalb zur Rede gestellt. So zumindest vermutete das Lucius. Offenbar war der Stern des Stars der Schule im Sinken begriffen und das verschaffte Lucius ein klein wenig Genugtuung, hatte er das überhebliche Getue dieses grobschlächtigen Gladiators doch schon lange satt. Vor allem aber verübelte Lucius Maximus einen Übungskampf, indem er von ihm aufs übelste vorgeführt worden war. Dass Proximo jetzt nicht mehr so gut auf seinen bisherigen Liebling Maximus zu sprechen war, war für Lucius zwar nur ein kleiner Trost, aber immerhin besser als gar nichts.

Er irrte er sich jedoch gewaltig mit seinen Vermutungen, wie er in der kommenden Nacht feststellen musste, als er von Proximo höchstpersönlich aus dem Schlaf gerissen wurde.

Reichlich verstimmt über die rüde Behandlung stolperte Lucius schlaftrunken hinter Proximo her in einen etwas abgelegenen Teil der Schulgebäude. Dort wurde er in einem niedrigen Raum, der nur spärlich durch ein einzelnes Binsenlicht beleuchtet wurde, an eine Wand gefesselt. Die Handeisen waren mit etwa 2 Fuß langen Ketten verbunden und im Mauerwerk verankert und schenken Lucius ein wenig Bewegungsfreiheit. Kurz fragte er sich, was das hier sollte, doch dann wurde seine Aufmerksamkeit von den drei Gestalten in Bann gezogen, die sich bis jetzt im Dunkeln verborgen gehalten hatten, nun aber vortraten.

Eine davon war Lucius unbekannt, es handelte sich aber um einen römischen Senator, wie man am Purpurstreifen der Toga erkennen konnte. Bei den anderen beiden handelte es sich um niemand anderen als Maximus und Lucilla. Welch illustre Gesellschaft, die sich hier zu nächtlicher Stunde eingefunden hatte, dachte sich Lucius und ließ seinen Blick schweifen.

Offenbar war heute der zu erwartende Zahltag gekommen, spekulierte Lucius, als Lucilla sich ihm näherte.

„Ich nehme an ihr wisst noch, wer ich bin?" fragte sie ihn mit leiser Stimme.

„Natürlich" gab Lucius zurück, seine Miene blieb dabei so unbeweglich wie die einer Statue.

„Gut. Das hier ist Senator Gracchus...", stellte Lucilla den Mann in der edlen Toga vor und bestätigte damit Lucius' Vermutung, „...Proximo und Maximus sind euch ja bekannt".

Lucius nickte nur kurz und wartete, dass die Schwester des Kaisers fort fuhr und ihm endlich enthüllte, was sie als Gegenleistung für sein von ihr gerettetes Leben haben wollte. Denn dass sie ihm nur einen Höflichkeitsbesuch abstattete war wohl kaum denkbar.

„Wir haben euch ein Angebot zu unterbreiten" begann Lucilla und ihr Blick ließ Lucius dabei keine Sekunde aus den Augen.

Lucius schwieg für einen Moment und unterzog sie einer genauen Musterung. Zu seinem Ärger musste er feststellen, dass sich Lucilla genau wie er meisterlich darauf verstand, ihre wahren Gefühle und Absichten hinter einer scheinbar undurchdringlichen Maske zu verbergen. Sie lächelte ihn warm an und wartete auf seine Reaktion.

Doch so leicht ließ sich Lucius nicht einwickeln. Sie war überaus höflich zu ihm und hatte ihm mit ihrer Rede mehr Respekt gezollt, als dies bei einem einfachen Sklaven wie ihm überhaupt nötig gewesen wäre. Diese Frau war definitiv gefährlich und sie wollte etwas sehr wichtiges von ihm, daran bestand kein Zweifel. Er beschloss, durch Unverschämtheit ein klein wenig an dieser glatten Oberfläche zu kratzen, um zu sehen, was sich darunter verbarg.

Er richtete sich kerzengerade auf und hob den Kopf eine Spur weit. Gerade soviel, um ihm ein unmissverständlich hochnäsiges Aussehen zu verleihen.

„So, so ein Angebot. Warum so förmlich Mylady? Warum sagt ihr nicht direkt, dass ihr hergekommen seid, um die Lebensschuld einzutreiben, die ich euch eurer Meinung nach schulde?" seine Tonlage passte perfekt zu seinem arroganten Gehabe.

Leider hatte er in Lucilla eine scheinbar ebenbürtige Gegnerin gefunden, denn sie ließ sich durch seine beleidigenden Worte keineswegs aus der Ruhe bringen, sondern lachte kurz und glockenhell auf.

Doch bevor sie Lucius antworten konnte, fiel ihr Maximus ins Wort.

„Warum verschwendest du deine Zeit mit höflichen Floskeln Lucilla? Dieser Barbar ist es nicht wert, dass man ihn mit Respekt behandelt" zischte Maximus und funkelte Lucius an.

In dessen Gesicht zuckte es kurz, dann begegnete er Maximus' verächtlichem Blick mit der gleichen Mimik, wie er sie einer Küchenschabe gegenüber aufgesetzt hätte.

„Ein Barbar bin ich also? Und was Mylord...glaubt ihr, seid ihr?" Lucius' Tonfall war mehr als nur geringschätzig, das ‚Mylord' klang wie eine derbe Beleidigung.

Maximus schnaubte wie ein wütender Stier und setzte zum Sprechen an, doch Lucius schnitt ihm einfach das Wort ab, indem er hinzusetzte: „Einst war ich eine angesehene und hochgestellte Persönlichkeit, der man immer den nötigen Respekt gezollt hat, aber hier hat man mich gegen meinen Willen zum Sklaven gemacht. Es reicht, wenn der römische Adel glaubt, willkürlich über mich verfügen zu können und ungestraft auf mich herabsehen zu dürfen aber ihr...Freund... habt weder das Recht dazu noch dulde ich, dass ihr mich verhöhnt. Ihr seid selbst nur ein rechtloser Sklave und bei weitem nicht so kultiviert wie ich".

„Unseliger...was glaubst du wer du bist? Ich war Tribun, alleiniger Befehlshaber der Nordtruppen. Barbaren wie du haben ich und meine Männer noch vor dem Frühstück vernichtet..." schoss Maximus wutentbrannt zurück.

„Tja, schon möglich. Aber jetzt bist auch du nur ein wertloser Sklave und ich kann mit dir reden wie es mir passt" antwortete Lucius spöttisch.

Es erforderte die vereinten Kräfte von Proximo und Senator Gracchus, um Maximus davon abzuhalten, Lucius an die Gurgel zu gehen. Der stand nur höhnisch lächelnd da und Maximus' Beschimpfungen prallten wirkungslos an ihm ab.

„Ich weiß nicht, ob ihr wirklich so mutig seid oder einfach nur dumm und überheblich. Jedenfalls seid ihr sehr wählerisch in der Auswahl eurer Gegner und sucht euch nur die stärksten aus" bemerkte Lucilla und betrachtete Lucius versonnen, als endlich wieder etwas Ruhe eingekehrt war.

Lucius nahm Lucillas Bemerkung schweigend zur Kenntnis, nickte unverbindlich und schenkte ihr ein wissendes Lächeln.

„Ich hoffe für euch, dass es Mut ist. Ihr werdet allen Mut brauchen, den ihr aufbringen könnt, um die Aufgabe zu erledigen, um die wir euch bitten".

„Ah, wir kommen der Sache näher. Und was ist es, das ich tun soll und was bietet ihr mir dafür im Gegenzug an?" antwortete Lucius lauernd.

„Glaubst du wirklich, dass du dich in einer Position befindest, in der du Forderungen stellen kannst?" schaltete sich da Gracchus ein.

„Ja, ich denke, das tue ich" gab Lucius zurück und musterte den Senator unverhohlen spöttisch.

Wieder war Lucillas helles Lachen zu hören.

„So langsam beginne ich zu glauben, dass ihr einst tatsächlich ein mächtiger Mann wart. Niemand anderes wäre derart anmaßend in seinem Auftreten" bemerkte Lucilla lächelnd.

„Ihr sprecht ein wahres Wort gelassen aus Mylady. Aber kommt nun bitte endlich zur Sache" erwiderte Lucius.

„In Ordnung. Ihr sollt für uns einen Auftrag erledigen. Um genau zu sein, sollt ihr den Kaiser möglichst rasch und unauffällig töten".

Lucius riss überrascht die Augen auf. Er hatte mit vielem gerechnet, aber ganz sicher nicht damit.

„Ist das euer Ernst? Ich soll tatsächlich euren Bruder ermorden?" fragte Lucius und sah Lucilla verblüfft an, denn er konnte nicht glauben, dass diese Frau so kaltblütig war, dass sie sich in ein Mordkomplott gegen ihren eigenen Bruder verwickeln ließ. Er hatte immer noch das Bild von ihr vor Augen, wie sie sich liebevoll und zärtlich um Commodus gekümmert hatte. Das alles war aber offensichtlich nur Theater gewesen, denn jetzt sah er etwas völlig anderes in ihrer Miene. Kalter Hass auf ihren Bruder funkelte in ihrem Blick, ihr Gesichtsausdruck war hart geworden.

„Ja..." hauchte sie „es ist mein Ernst. Werdet ihr es tun?"

Kurz fragte Lucius sich, was Commodus wohl seiner Schwester angetan haben mochte, um derart tödlichen Unmut auf sich zu ziehen. Doch dann wurde sein Verstand von etwas anderem abgelenkt. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Schweigend ließ er seinen Blick von einem zum anderen wandern, nahm jeden der vier Verschwörer im Raum genau in Augenschein.

Den römischen Kaiser zu ermorden glich einem Himmelfartskommando, die Aussichten, dabei Erfolg zu haben und mit heiler Haut davon zu kommen, waren selbst bei guter Vorplanung mehr als gering. Das Leben eines Sklaven dafür zu opfern schien die beste Lösung, denn ein Sklave war entbehrlich und die hohen Herrschaften würden sich ganz sicher nicht selbst die Hände schmutzig machen. Für diesen Auftrag brauchten sie aber keinen gewöhnlichen Sklaven, sondern einen Mann mit Mut und Kampferfahrung. Einen, der klug genug war, um bei Bedarf auch improvisieren zu können. Ein Gladiator also, aber nicht irgendeinen, sondern einer, der sich bereits durch Tapferkeit und Mut ausgezeichnet hatte und der nicht völlig ungebildet war.

Und er, Lucius, war nicht ihre erste Wahl gewesen...

„Vergiss es, er wird es nicht tun, denn er ist trotz seiner überheblichen Rede nur ein erbärmlicher Feigling" schnaubte Maximus abfällig und bestätigte damit Lucius' Vermutung.

„Ich denke, umgekehrt ist das eher zutreffend. Du selbst warst zu feige und hast den Auftrag abgelehnt, sonst wäre ich überhaupt nicht hier heute Nacht" gab Lucius zurück.

Maximus winkte großspurig ab.

„Was weißt du schon...!" knurrte er wütend.

Lucius würdigte diesen kleinen Ausbruchmit keiner Antwort.

„Hört auf ihr beiden. Ihr benehmt euch wie ein paar wilder Hunde, die sich um einen Knochen raufen" mischte sich Lucilla ein und funkelte beide Männer finster an.

„Ich finde diese Metapher nicht besonders angebracht Mylady" erwiderte Lucius.

„Ich schon" gab sie zurück und damit war das Thema einstweilen beigelegt.


In den folgenden Minuten tat Lucius so, als würde er angestrengt nachdenken. Das tat er tatsächlich; er überdachte sowohl das Angebot als auch die Risiken, die es barg und welcher Vorteil daraus für ihn erwachsen konnte. Er legte sich seine weiteren Schritte genau zurecht und das war auch gut so, war es doch ein in höchstem Maße gefährliches Unternehmen, in das er hier hineingezogen worden war. Ein falsches Wort und er war tot.

„Also...gesetzt des Falles, ich gelange ungesehen bis in die Gemächer des Kaisers und töte ihn...wer aus dieser Runde hier kann mir garantieren, dass ich auch unversehrt wieder hinausgelange und dass mein Leben danach weiterhin verschont bleibt? Und, was bietet ihr mir für diesen Auftragsmord als Entlohnung an?" fragte Lucius nach einer Weile, sich des gefährlichen Terrains, auf dem er wandelte, vollkommen bewusst.

Gracchus und Lucilla tauschten einen kurzen Blick. Ob sie damit gerechnet hatten, dass ihr auserkorenes Opferlamm Bedingungen stellte, war nicht zu erkennen.

„Du bist ein Sklave und tust, was man dir aufträgt" antwortete Proximo, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, kalt.

„Unter normalen Umständen könnte ich dir nicht widersprechen, aber dies hier sind keine normalen Umstände. Diese Leute haben vor, mich, dein Eigentum, in einen fast sicheren Tod zu schicken. Also glaube ich, habe ich dabei durchaus ein Wörtchen mitzureden. Und wenn es auch nur darum geht, mir die Art meines Todes selbst aussuchen zu dürfen" erwiderte Lucius ebenso kalt, ja beinahe emotionslos.

Proximo schnaubte abfällig.

„So oder so, dein Leben ist keinen Heller mehr wert, denn du wirst vor Ende dieses Monats sowieso tot sein. Ob im Palast als gescheiterter Assassine oder in der Arena, du wirst den Tod finden" gab Proximo zurück.

Lucius betrachtete seinen Besitzer interessiert. Proximo verfügte im Moment ganz offenbar über mehr Informationen als er.

„Schätzt du mein Geschick als Kämpfer in der Arena denn derart gering ein, dass du glaubst, ich würde schon beim nächsten Kampf unterliegen? Das wirft aber kein gutes Licht auf deine Schule und das Können der von dir ausgebildeten Gladiatoren" hakte Lucius, geschickt an Proximos Ausbilderstolz kratzend, nach.

Der schluckte den Köder prompt.

„Ha! Ich weiß selbst, dass du gut ausgebildet bist und dich bis jetzt mehr als wacker geschlagen hast, also brauchst du mich nicht noch extra darauf hinzuweisen. Aber gegen Coniaric hast du nicht den Hauch einer Chance und der Kaiser hat ihn für die nächsten Spiele ausdrücklich als deinen Gegner auserkoren".

Lucius fröstelte kurz. Damit hatte er nicht gerechnet. Natürlich war auch ihm Coniaric mehr als ein Begriff, obwohl er ihm noch niemals zuvor begegnet war. Coniaric war ein riesenhafter Gladiator, sogar noch größer als Hagen. Er stammte aus einem konkurrierenden Ludus, wurde vom Publikum als bis jetzt unbesiegter Kämpfer in der Arena geliebt und war unter den Gladiatoren als grausamer und fintenreicher Schlächter bekannt und gefürchtet. Proximo hatte leider recht, gegen diesen hünenhaften Muskelberg hatte Lucius tatsächlich keine Chance.

Maximus war Lucius' Unbehagen bei dieser Eröffnung natürlich nicht entgangen und er beschloss, noch ein wenig Salz auf die geschlagene Wunde zu streuen.

„Der Tod lächelt uns alle an. Alles was ein Mann tun kann ist, zurück zu lächeln. Sofern er sich traut" erklärte er halb im Spott, doch seine Bemerkung hatte bei Lucius nicht den gewünschten Effekt, denn dieser schenkte ihm ein weiteres überhebliches Lächeln und antwortete: „Vielleicht. Oder aber er ist geschickt genug, schließt mit Charon einen Handel ab und lebt einfach weiter".

Das brachte sowohl Gracchus als auch Lucilla zum Lachen.

„Meine Liebe, unser Kandidat ist ganz schön unverfroren, finde ich. Aber das hat durchaus seinen Charme und ich begrüße es, denn es zeigt, dass er ein klügerer Mann ist, als wir dachten" bemerkte Gracchus lächelnd.

„Nachdem das jetzt geklärt ist, können wir bitte zu den wichtigen Punkten eures Plans zurück kehren? Wie zum Beispiel wollt ihr mich in den Palast schmuggeln und wie viel Gold gebt ihr mir, zusätzlich zu meiner wiedererlangten Freiheit?" schaltete sich da Lucius wieder ein.

„Er kommt wirklich schnell zur Sache und unverschämt ist er obendrein" bemerkte Gracchus, halb verärgert, halb amüsiert.

„Unverschämt, überheblich, ein Feigling und unfähig obendrein" setzte Maximus hinzu und funkelte Lucius wütend an.

„Warum tötest du den Kaiser dann nicht selbst, wenn du es mir nicht zutraust, dir aber scheinbar sehr viel an dessen Ableben liegt?" schoss Lucius, an Maximus gewandt, zurück.

Dieser konnte nicht verhindern, dass er vor Verblüffung kurz erbleichte, doch er fing sich sofort wieder und fletschte grinsend die Zähne.

„Weil Commodus lieber dir an die Wäsche geht als mir, du Zuckerpüppchen. Du hast somit den einfacheren Zugang zum Palast. Nicht, dass ich nicht auch einen Weg finden würde, wenn ich es darauf ankommen ließe" bemerkte er amüsiert.

Lucius missfiel es ziemlich, dass Maximus offensichtlich über die Schwäche des Kaisers für schöne Männer im allgemeinen und für Lucius im besonderen bestens Bescheid wusste, doch er zeigte es nicht.

„Und warum findest du dann nicht einen Weg und beseitigst diesen impertinenten Emporkömmling selbst, anstatt die ganze Drecksarbeit auf andere abzuwälzen?" höhnte Lucius.

„Nicht dass es dich etwas angehen würde, aber ich habe den Auftrag keineswegs abgelehnt" erwiderte Maximus, wandte sich dann aber an den Senator: "Gracchus ist nur nicht mit meinen Methoden einverstanden und will lieber seinen eigenen Plan durchsetzen. Ein Plan übrigens, den ich für zum Scheitern verurteilt halte, aber das habe ich dir bereits gesagt. Dieser weißhaarige Angeber hier wird es niemals schaffen, den Kaiser zu töten. Mein Vorschlag ist der bessere. Bringt mich ungesehen nach Ostia zu meiner Legion und ich kehre binnen 4 Tagen mit 5000 Legionären zurück. Innerhalb einer Tagesfrist ist der Kaiserpalast unter unserer Kontrolle und Commodus tot".

„Oh ja natürlich, mit 5000 Männern im Rücken fühlt man sich gänzlich unbesiegbar, aber das bist..." bemerkte Lucius sarkastisch, doch Gracchus schnitt ihm das Wort ab.

„Es reicht jetzt! Ihr beide, hört auf, euch wie unreife Kinder zu zanken. Und dir Maximus sage ich noch einmal: ich dulde es nicht, dass Rom von bewaffneten Soldaten überschwemmt wird. Es würden zahllose Unschuldige getötet werden und das ganze könnte sehr schnell in einem Volksaufstand eskalieren".

„Große Taten erfordern nun mal große Opfer. So war es schon immer und so wird es immer sein" gab Maximus, sichtlich unbeeindruckt, zurück.

„Möglich. Dennoch komme ich auf deinen Vorschlag nur im äußersten Notfall zurück, denn ich will keine Truppen in Rom haben, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Commodus' Vernarrtheit in diesen Sklaven hier kommt uns sehr gelegen und ich glaube, er ist Manns genug, den Kaiser wie gewünscht zu töten" antwortete Gracchus.

Lucius war der Unterhaltung schweigend gefolgt. Bei Gracchus' letzter Bemerkung hatte sich sein Gesichtsausdruck kurz verhärtet, denn er schätzte es überhaupt nicht, dass jemand über ihn redete und dabei so tat, als wäre er gar nicht vorhanden. Er verkniff sich eine Erwiderung, weil er wusste, dass es zu nichts führen würde.

„Die Zeit läuft uns davon, wir müssen jetzt schnell handeln. Lucilla du weißt, wir sind alle in tödlicher Gefahr und diese wächst von Tag zu Tag. Commodus ahnt bereits zu viel, er lässt sowohl mich als auch einige andere Republiktreue Senatoren schon seit einiger Zeit beschatten. Wenn wir noch länger warten, ist unsere Chance vertan und wir sind alle tot" setzte Gracchus, sich eindringlich an Lucilla wendend, noch hinzu.

„Ja, ich weiß. Ich weiß es nur zu gut. Jeder Tag im Palast ist ein Tanz auf Messers Schneide und ich kann jederzeit dabei abstürzen. Und mein Sohn wird mit mir sterben. Commodus zeigt in letzter Zeit ein wenig zuviel Interesse an ihm. Ich fürchte um sein Leben und deshalb bin ich jetzt ja auch hier und beteilige mich an dieser Verschwörung" antwortete Lucilla und ungeweinte Tränen funkelten in ihren Augen.

Unbemerkt von den anderen hatte Lucius bei diesem Punkt der Unterhaltung aufgehorcht. Die Verschwörer saßen also selbst in der Falle und -was noch interessanter war- ihnen lief die Zeit davon. Wenn er es geschickt anstellte, konnte er einen wirklich guten Preis aushandeln und hätte danach nichts mehr zu befürchten. Dass er dafür einen Mann kaltblütig ermorden musste, störte ihn nicht, denn er hatte als Voldemorts Gefolgsmann schon oft genug getötet. Es kümmerte ihn nicht und an Commodus' Ableben hatte er sogar ein ganz persönliches Interesse. Er wollte es diesem Gecken heimzahlen, der es gewagt hatte, ihn zu begrabschen wie ein billiges Flittchen und dem es fast gelungen war, ihn zu küssen.

„Werdet ihr es tun?" fragte Lucilla Lucius, wie schon einmal in dieser Nacht.

Lucius ließ sie einen langen Augenblick zappeln.

„Ja. Ja, ich tue es, wenn ihr meinem Preis zustimmt" antwortete er fest.

„Und was verlangt ihr genau?" fragte Lucilla lauernd.

„Ihr verbürgt euch dafür, dass ich nach dem Mord lebend und unbeschadet aus dem Palast und irgendwo außerhalb Roms in Sicherheit gebracht werde" begann Lucius bedächtig, denn er rechnete mit einer sofortigen Ablehnung.

„Oh, das dürfte kein Problem sein. Quintus, der erste Centurio der Prätorianergarde ist unserer Sache zugetan. Er wird dafür sorgen, dass dich eine entsprechend instruierte Wache in den Palast hinein und auf einem Geheimweg wieder hinausbringt. Danach werden dich meine Diener umgehend aus der Stadt hinaus und auf den Landsitz einer meiner Klienten in Capua bringen" mischte sich Gracchus ein.

„Gut. Sobald ich in Capua bin, sorgt ihr dafür, dass man mir die nötigen Urkunden überbringt, die mich als Freigelassenen mit den vollen römischen Bürgerrechten ausweisen" führte Lucius seine Bedingungen weiter aus.

„Nein, nein, nein, das geht nicht. Eine offizielle Freilassung würde zuviel Aufsehen erregen und das können wir so kurz nach dem Umsturz nicht gebrauchen. Es wäre auch gefährlich für dich, du bist nicht gerade eine unauffällige Person und niemand kann dafür garantieren, dass man dich nicht doch mit dem Mord am Kaiser in Verbindung bringt. Aber ich kann dir deine Freiheit erkaufen und dafür sorgen, dass du gut untergebracht wirst. Nach ein paar Monaten wird sich das mit der offiziellen Freilassung dann gefahrlos machen lassen" erwiderte Gracchus.

Lucius fluchte stumm. Er hatte einen Fehler gemacht,diese Forderung zu stellen, und das hätte er eigentlich vorher wissen sollen. Gracchus hatte leider Recht, aber ohne offizielle Freilassung und die Erlangung der vollen Bürgerrechte blieb Lucius leider nur ein einfacher Freigelassener, dessen Handlungsspielraum erheblich eingeschränkt war und deshalb waren ihm die Rechte so wichtig gewesen. Doch diese Kröte musste er wohl schlucken, auch im Interesse seines eigenen unversehrten Weiterlebens nach dem Attentat. Darüber hinaus hatte Lucius noch eine letzte Forderung und auf die würden sie sich sicherlich nicht so schnell einlassen, wie auf die beiden vorangegangenen.

„In Ordnung. Dann also zuerst nur einfacher Freigelassener. Aber verbrieft und gesiegelt, denn ich hege nicht den Wunsch, noch einmal mein Dasein als Sklave fristen zu müssen" willigte Lucius in Gracchus' Angebot ein, der dieses mit einem Nicken bestätigte.

„Ist das alles?" fragte Lucilla.

„Nein, eine Bedingung habe ich noch. Als Entlohnung für den Auftrag und die Gefahren, die ich dadurch auf mich nehme, verlange ich, dass man mich in Gold aufwiegt. Das erscheint mir nur recht und billig als Startkapital für mein weiteres Leben" antwortete Lucius würdevoll.

Darauf erhob sich heftig protestierendes Stimmengewirr.

„Du bist übergeschnappt! Dich in Gold aufwiegen, ja? Was für eine Anmaßung zu glauben, du wärst auch nur einen Bruchteil dessen wert" fauchte Maximus wütend, doch Lucius sah ihn nur kalt an und schwieg. Maximus' Meinung war für ihn nicht von Belang, auch was Proximo dazu zu sagen hatte, kümmerte ihn nicht.

Einzig und allein die Meinung von Lucilla und Gracchus waren maßgebend. Diese beiden waren wenig erbaut von seiner Forderung, doch er vermutete, dass sie am Ende wohl zustimmen würden, denn sie hatten fast keine andere Wahl.

„Seid froh, dass ich durch den kargen Schweinefraß hier im Ludus an Gewicht verloren habe, sonst käme euch dieses Arrangement noch teuerer zu stehen" bemerkte Lucius spöttisch.

Das brachte Lucilla ein weiteres mal zum lachen. Sie gebot dem empört nach Luft schnappenden Proximo, der natürlich wegen der gegen ihn gerichteten Spitze in Lucius' Bemerkung wütend war, zu schweigen und ließ ihren Blick über Lucius wandern.

„Ihr seht nicht unbedingt unterernährt aus und darüber hinaus seid ihr größer als manch anderer. Ich denke, es wird trotz allem noch genug Gold sein, welches sich auf der Waagschale türmen wird, damit ihr sorgenfrei leben könnt" bemerkte Lucilla versonnen.

„Dann willigt ihr also ein?" hakte Lucius sofort nach.

„Ja, ich denke, das lässt sich arrangieren".

„Habe ich euer Wort darauf?"

„Ja, das habt ihr" besiegelte Lucilla den Handel.

„Und ihr, habe ich auch euer Wort, dass alles so geschehen wird, wie wir es gerade eben ausgemacht haben?" wandte sich Lucius nun an den Senator.

„Du hast es" bestätigte Gracchus.

„Haben wir im Gegenzug auch euer Ehrenwort, dass ihr bis zum vereinbarten Zeitpunkt Stillschweigen wahren werdet und dass ihr den Auftrag dann auch wirklich ausführt?" hakte Lucilla nach.

„Auch wenn ihr in mir nur den Sklaven seht Mylady, ich bin ein Ehrenmann und stehe zu meinem Wort" erklärte Lucius feierlich.

„Ich glaube euch. Nun denn, dann wäre alles wohl geregelt".


Für kurze Zeit trat Schweigen ein, dann brachte Proximo Maximus, der an der weiteren Ausführung des Plans keinen Anteil mehr hatte, zurück in die Quartiere. Nachdem Proximo sich den anderen wieder angeschlossen hatte, besprachen sie noch eingehend die weiteren Einzelheiten des geplanten Attentats. Danach wurde auch Lucius wieder zurück in die Quartiere gebracht.

„Dieser Lucius ist klüger als gut für ihn ist. Und darüber hinaus auch noch ein äußerst harter Verhandlungspartner. Hoffen wir, dass er in der Ausübung seiner Pflicht genauso gewissenhaft ist" bemerkte Gracchus und strich sich müde über sein Gesicht.

„Bestimmt. Ich habe keinen Zweifel daran. Er mag ja tatsächlich nur ein Sklave sein, aber er ist auch ein Mann von Ehre. Ich konnte keinerlei Anzeichen von Arglist oder Täuschung in ihm sehen und du weißt, dass ich so etwas sofort spüre" erwiderte Lucilla.

„Mut hat er auch und den wird er brauchen. Commodus ist ein Gegner, den man nicht unterschätzen sollte und du weißt, dass ich ungern Geld für ein hoffnungsloses Unternehmen ausgebe" erwiderte Gracchus.

„Ich weiß wie mein Bruder ist, aber ich glaube auch, dass unser Geld hier nicht vergeudet ist, auch wenn es wirklich maßlos ist, was dieser Gladiator verlangt".

„Möglicherweise bekommen wir ja, was wir wollen und müssen dafür nur einen Bruchteil des vereinbarten Preises bezahlen".

„Wie meinst du das?" fragte Lucilla überrascht.

„Nun ja, selbst im idealsten Fall sind seine Chancen, unbeschadet wieder aus dem Palast zu kommen, nachdem er Commodus getötet hat, äußerst gering. Ich schätze seine Überlebenschance auf weniger als 10 Prozent ein".

„Wieso das denn? Du hattest doch gesagt, Quintus wäre auf unserer Seite und würde für alles sorgen?"

„Das ist er und das wird er auch. Aber du weißt doch, dass Quintus nur die Hälfte der Prätorianergarde untersteht. Die andere Hälfte wird von Markus Domitius befehligt und er ist dem Kaiser treu ergeben. Und leider tun immer gleich viele Legionäre aus beiden Garden Dienst im Palast. Das heißt für uns, dass die Hälfe der Wachen loyale Kaisertreue sind und nur ein kleiner Teil von Quintus Männern überhaupt von der ganzen Sache weiß. Es ist äußerst riskant und wird ein Spießrutenlauf werden, aber Quintus hat mir versichert, dass sie den Gladiator auf jeden Fall in den Palast hineinschaffen können. Über das folgende konnte er mir keinerlei Garantien geben" antwortete Gracchus.

„Dann ist hoffen alles, was mir bleibt. Und ihm auch..." erwiderte Lucilla und dachte dabei an den weißhaarigen Gladiator.

Und damit trennten sich auch die Schwester des Kaisers und der Senator und gingen ihrer Wege in die Nacht hinaus.

...to be continued...


Na, hat euch Lucius in diesem Kapitel gefallen? Er war ganz schön arrogant, aber auch ziemlich gerissen, oder?

/g/

Zum Schluss habe ich noch eine gute Nachricht. Das nächste Kapitel (7) ist bereits fertig geschrieben und ich werde es am kommenden Wochenende updaten.

Bis dahinne...

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/liegguckt/