Keine Neuzugänge beim Cast.
Heute mal keine Begriffserklärung notwendig. /g/
Und nun, ohne lange Vorreden: hier ist es, das neue Kapitel:
Kapitel 7 – Showdown im Abendrot
Noch war helllichter Tag, doch die Abenddämmerung war nicht mehr fern, als Proximo eiligen Schrittes den Übungsplatz überquerte und die Unterkünfte der Gladiatoren betrat.
„Komm' eil dich. Es ist soweit!" schnauzte Proximo Lucius an, der gerade beim Essen war.
Lucius verharrte mitten in der Bewegung, den Holzlöffel voll Eintopf auf halbem Wege zum Mund, und blickte auf.
Er ließ es sich nicht anmerken, doch eine eisige Kälte kroch ihm unvermittelt das Rückrat hinauf. Nun war es also soweit, nun sollte er in den Palast gebracht werden und einen Kaisermord begehen. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Seine Nerven waren auch so schon aufs äußerste gespannt, denn der Kaiser hatte sich Zeit damit gelassen, ihn nochmals zu sich zu rufen. Um genau zu sein bis zum Vorabend des angesetzten Kampfes zwischen Lucius und dem unbesiegbaren Coniaric. In den Tagen zuvor waren Lucius hin und wieder Zweifel gekommen, ob Commodus ihn überhaupt noch einmal in den Palast bringen oder ihn doch einfach nur kurzerhand in der Arena abschlachten lassen würde. Je näher der Tag des Kampfes rückte, desto mehr hatte er am Plan der Verschwörer zu zweifeln begonnen.
Doch Commodus' Schwäche für Lucius war offenbar stärker als sein Argwohn, der Kaiser wollte den weißhaarigen Gladiator also doch noch einmal vor dessen sicherem Ende aus der Nähe sehen. Gracchus' Vermutung hatte sich also als richtig herausgestellt.
Wortlos legte Lucius Löffel und Schale zur Seite, stand auf und folgte Proximo zur Rüstkammer.
„Na dann wollen wir dich mal für deinen großen Auftritt rausputzen" spottete Proximo und gab einem Sklaven Anweisung, frische Kleidung zu bringen.
Lucius behagte weder Proximos unangebrachte Spöttelei noch der Umstand, dass er sich hier vor Augen des Schulbesitzers, eines Sklaven und zwei Aufsehern umkleiden musste, doch er wusste auch, dass sich zu widersetzen keinen Sinn hatte und die ganze Angelegenheit nur unnötig hinauszögern würde. Und so entledigte er sich seines groben blauen Gladiatorengewands und streifte eine frische Tunika aus feinem weißen Leinen über. Diese wurde mit einem breiten Ledergürtel in der Taille zusammengehalten, dazu schlüpfte er in farblich passende Sandalen. Der Sklave legte ihm verzierte Ledermanschetten an, die fast die gesamte Länge der Unterarme bedeckten.
Proximo schob ihm höchstpersönlich den schmalen Dolch mit dem kurzen Heft in die linke Armschiene, mit dem Lucius den Kaiser ermorden sollte. Danach wurden Lucius die Handgelenke mit einem Lederriemen auf dem Rücken zusammen gebunden. Damit hatten sowohl Lucius als auch die Verschwörer gerechnet, denn es ging nicht an, dass ein gefährlicher Sklave ungefesselt in den Palast gebracht wurde. Die Fesseln waren stramm gebunden, um jeden Verdacht zu entkräften, doch Lucius sollte es trotzdem gelingen, sich davon zu befreien und nach dem verborgenen Dolch zu greifen.
„Mach deine Sache gut..." flüsterte Proximo Lucius zum Abschied zu, dann übergab er ihn an die wartenden Prätorianer am Tor des Ludus.
Lucius musterte seine Wachen unauffällig, konnte jedoch nicht feststellen, ob die beiden Männer ihm und der Sache wohl gesonnen waren, oder ob sie der kaisertreuen Garde angehörten. Aber das war im Moment auch unwichtig. Viel wichtiger war, wie ihm der Kaiser wohl dieses Mal begegnen würde und ob er genug Zeit hatte, die doch recht straff sitzenden Fesseln abzustreifen.
Diesmal kam ihm der Weg zum Palast viel kürzer vor als beim ersten Mal, in Anbetracht der Umstände, die ihn herführten, war das aber vollkommen natürlich. Und dann stand er auch schon ein zweites Mal in den Privatgemächern des Kaisers von Rom und harrte der Dinge.
Commodus schien offenbar auf eine Konfrontation vorbereitet, denn dieses Mal erschien er nicht leger in einer Tunika gekleidet, sondern voll gerüstet. Sein Lederharnisch und seine Bewaffnung unterschied sich nur geringfügig von der der Prätorianergarde.
Die Miene des Kaisers war angespannt und lauernd, er war offensichtlich bereit für einen Kampf, doch es lag auch ein Hauch Resignation in seinem Blick. Mit einem barschen Wink befahl er den Wachen, sich zurückzuziehen und kurz darauf war Lucius mit dem Kaiser allein.
Ein Umstand, den Lucius nicht sonderlich schätzte, denn es verkomplizierte die Dinge doch etwas. Er war sich ziemlich sicher gewesen, dass die Prätorianer, die ihn hergebracht hatten, Quintus' Männer gewesen waren. Also die einzigen, die ihn auch sicher wieder aus dem Palast bringen konnten, doch jetzt hatte Commodus sie einfach weggeschickt. Der so sorgsam ausgeklügelte Plan begann viel zu schnell, gehörig aus dem Ruder zu laufen und das verursachte ein ungutes Gefühl in Lucius' Magengegend. Dieses wurde noch verstärkt, als Commodus schweigend begann, in sicherem Abstand seine Runden um Lucius zu ziehen. Lucius hätte sich diesem lauernden Blick am liebsten entzogen, doch das konnte er nicht und so blieb er unbeweglich stehen und richtete seinen Blick starr auf die ihm gegenüberliegende Wand.
„Nun hast auch du mich betrogen..." begann Commodus auf einmal zu sprechen und fixierte Lucius mit einem mörderischen Blick.
Lucius konnte nicht verhindern, dass es ihm kalt den Rücken hinunterlief. Er fühlte sich ertappt und das war kein sonderlich angenehmes Gefühl. Der Kaiser wusste offenbar wirklich bereits viel zu viel.
War die Verschwörung vor der Zeit aufgeflogen? Falls ja, dann hatte Lucius nicht den Hauch einer Chance hier lebend wieder hinauszukommen. Natürlich hätte er jetzt sofort damit beginnen können, seine Lederfesseln zu zerreißen, den Dolch zu ziehen und sich auf Commodus zu stürzen, doch das wäre in höchstem Maße tollkühn gewesen, denn der Kaiser war gerüstet und ein scharfer Gladius hing griffbereit an seiner Hüfte und somit war er besser bewaffnet als Lucius mit seinem vergleichsweise armseligen Dolch. Und wenn Lucius jetzt an seinen Fesseln zu reißen begann, dann würde es Commodus nicht lange verborgen bleiben. Der Kaiser mochte ein Emporkömmling sein, wahnsinnig dazu, doch ein Feigling war er nicht und darüber hinaus noch Kampferfahren. Er würde Lucius' Absichten sofort bemerken und hätte ihn mit dem Gladius aufgespießt, noch bevor Lucius auch nur die Chance gehabt hätte, den Dolch gegen ihn zu erheben. Also blieb er eisern stehen und rührte sich nicht.
„Ich weiß nicht, wovon ihr sprecht" antwortete Lucius so unbeteiligt klingend wie möglich.
„Ach? Tatsächlich nicht?" gab Commodus zurück und betrachtete ihn abschätzig.
„Ich denke doch" bemerkte der Kaiser, ging zu Lucius und zog den Dolch aus dessen Armschiene.
„Du hast dich ganz offensichtlich mit den falschen Leuten eingelassen, Sklave. Haben sie dir die Freiheit versprochen? Dafür, dass du mir hiermit die Kehle durchschneidest?" fragte Commodus gespielt heiter und schwenkte den Dolch triumphierend vor Lucius' Nase.
Leugnen hatte keinen Zweck, das war Lucius vollkommen klar, und deshalb sagte er nur ein Wort: „Ja".
Allerdings ließ er so offen, welchen Teil der Frage er damit beantwortet hatte, doch Commodus schien das sowieso gleich zu sein. Nachdenklich spielte er mit dem Messer, schien ganz in Gedanken versunken.
Lucius nutzte den Augenblick und zog versuchsweise an seinen Handfesseln. Und verfluchte gleich darauf stumm den Aufseher des Ludus, der sie ihm angelegt hatte, den die Lederriemen gaben überhaupt nicht nach. Toller Plan...wirklich, dachte Lucius wütend, ich sitze hier gefesselt in der Falle, bin jetzt unbewaffnet und habe einen Wahnsinnigen vor mir, in dessen Augen es mordlüstern glitzert. Oh Merlin, was für eine unwürdige Art für einen so großen Zauberer wie mich, aus dem Leben zu scheiden. Ohne die Möglichkeit auf Gegenwehr abgeschlachtet zu werden von einem halben Kind, das sich selbst römischer Kaiser schimpfte. Mein Leben ist keinen Pfifferling mehr wert...
Lucius' Einschätzung seiner Lage sollte sich als absolut richtig erweisen, denn Commodus begann, immer noch mit dem Dolch spielend, zu sprechen:
„Ich sollte dir damit deine vorlaute Zunge herausschneiden...dafür, dass du mich beleidigt hast. Und dann sollte ich dir deine Augen ausstechen, weil du es immer noch wagst, mich derart hasserfüllt anzusehen. Danach sollte ich dich ganz langsam entmannen, auf dass du für niemanden mehr als Lustsklave taugst. Und das ist dann dafür, dass du es gewagt hast, dich meinem Begehren zu widersetzen".
Diese so beiläufig ausgeführte Aufzählung hätte selbst den mutigsten Mann erzittern lassen und auch Lucius konnte nicht verhindern, dass er bei diesen Worten erbleichte. Es bestand keinerlei Zweifel daran, dass Commodus gedachte, ihm all das anzutun und Lucius wurde klar, dass ihm ein unglaublich qualvoller Tod bevorstand. Dagegen waren alle drei unverzeihlichen Flüche zusammen nur bloßer Kinderkram.
Doch erst einmal sollte es nicht soweit kommen, denn die großen Flügeltüren öffneten sich und herein kamen ungefähr ein Dutzend Prätorianer.
„Ah Quintus...ist alles bereit?" wandte der Kaiser seine Aufmerksamkeit dem Anführer der Garde zu.
Lucius glaubte für eine Sekunde, seinen Ohren nicht trauen zu können. Quintus? Das war Quintus? Dann bestand vielleicht doch noch eine Chance für ihn, lebend und unversehrt davon zu kommen.
„Ja Cäsar" antwortete Quintus und salutierte.
„Gut...gut...". Commodus lächelte gefährlich und steckte sich den Dolch nun unter seine eigene lederne Armschiene.
Auf ein Zeichen hin nahmen 4 Prätorianer Lucius in ihre Mitte und alle folgten Commodus hinaus aus den kaiserlichen Gemächern.
Ihr Weg führte sie aus dem Palast, durch verschiedene Gänge und eine Galerie hinunter bis auf einen weitläufigen Platz. An dessen Ende waren zwei massive Holzpfähle in den Boden gerammt worden. An jeden der Pfähle war ein Mann gefesselt, seitlich daneben warteten noch mehr Prätorianer, alle mit Langbögen bewaffnet. Eine Abteilung Legionäre schlug immer wieder einen kurzen, stakkatohaften Trommelwirbel, wie er üblicherweise für Hinrichtungen vorgesehen war.
Dann hatte die Gruppe um den Kaiser den Schauplatz erreicht. Quintus, Lucius und die übrigen Prätorianer blieben etwas abseits, während Commodus sich zu den beiden Delinquenten begab. Nacheinander blieb er vor beiden Männern stehen, forschte in dessen vor Furcht verzerrten Gesichtern und fragte nach ihren Namen. Danach ging der Kaiser langsamen Schrittes zu Quintus hinüber.
„Sie müssen gewusst haben, dass Maximus entkommen ist, als sie die Leichen im Wald gefunden haben" wandte er sich an den Centurio.
„Wahrscheinlich haben sie geglaubt, dass die Barbaren dafür verantwortlich waren. Es sind gute Männer Sire, sie haben euch immer loyal gedient" antwortete Quintus.
„Möglich".
Commodus betrachtete leise lächelnd zuerst seinen Centurio, dann noch einmal die beiden gefesselten Männer. Ohne mit der Wimper zu zucken und ohne jegliche menschliche Regung hob er einen Arm und gab somit den Befehl.
„Nehmt die Pfeile auf und legt an" schallte das Kommando über den Platz. Die Legionäre legten ihre Pfeile auf die Sehnen und spannten die Bögen, die Trommler erhöhten das Tempo, die Trommelschläge hallten nun wie fortwährendes Donnergrollen von den Mauern wider. Obwohl die bereits untergehende Sonne rot und immer noch heiß auf den Platz herunterbrannte war die Szenerie dazu angetan, einem das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Vor allem Lucius fröstelte, wähnte er sich doch in ziemlich ähnlicher Lage wie die beiden Unglücklichen dort an ihren Pfählen.
Nochmals fiel ein lauernder kaiserlicher Blick auf Quintus. Lucius konnte von seiner Warte aus mühelos erkennen, dass der Centurio sich alles andere als wohl in seiner Haut fühlte.
Commodus schien gelassen, doch dann machte er den Eindruck, als wäre ihm etwas sehr wichtiges eingefallen. Scheinbar vor sich hingrübelnd begann er, herumzulaufen, bis er direkt in der Schusslinie des Exekutionskommandos stand. Wieder bohrte sich sein Blick in den von Quintus und mit einer kurzen Handbewegung befahl der dem Centurio, zu ihm zu treten und damit ebenfalls vor die gespannten Langbögen seiner Männer. Einige der Legionäre hatten alles andere als stählerne Nerven, denn ihre Hände begannen, angstvoll zu zittern und doch hielten sie die Bogensehnen krampfhaft gespannt.
„Dann...möglicherweise...hast du es gewusst mein lieber Quintus. Und mir nichts davon gesagt" gemerkte Commodus leise.
„Ich wusste nicht, dass er noch am Leben ist Sire" antwortete Quintus sichtlich betroffen.
Lucius schloss für einen Augenblick resigniert die Augen. Es war aus... der Kaiser wusste es, er wusste alles...und er wusste auch, dass sich der Hauptmann seiner eigenen Prätorianergarde gegen ihn verschworen hatte. Wieso hätte er Quintus sonst zu sich und direkt in die Schusslinie kommen lassen. Gleich würde Commodus zur Seite treten und die armen Teufel an den Langbögen würden drei Männer vom Leben in den Tod befördern und einer davon würde ihr Befehlshaber sein. Was für ein teuflischer Plan.
Aber wie konnte man sich als Kaiser besser der Loyalität seiner Männer versichern als so, dachte Lucius und musste zähneknirschend zugeben, dass Commodus doch nicht ganz so dumm und unfähig war, wie er nur zu gern geglaubt hätte.
„Du wusstest es also nicht, ja? Aber ein Oberbefehlshaber muss immer über alles Bescheid wissen, er ist für alles verantwortlich und hat immer das absolute Kommando. Ist es nicht so?" verlangte Commodus zu wissen.
„Doch...Cäsar" gab Quintus zu.
Lucius fühlte Mitleid mit dem Centurio, auch weil er dessen nun wohl besiegeltes Schicksal nur viel zu bald würde teilen müssen. Es war das Mitgefühl unter zum Tode verurteilten.
„Ah..." seufzte der Kaiser und nickte zustimmend. Dann wandte er sich von Quintus ab und ging wieder zu den beiden Verurteilten hinüber, stellte sich zwischen sie und legte jedem der Männer kameradschaftlich eine Hand auf die Schulter.
„Dann gib das Kommando Quintus...sag es!" forderte Commodus den Centurio auf.
Quintus begann, langsam zur Seite und außer Gefahr zu treten, dabei ließ ihn der Kaiser keine Sekunde aus den Augen. Wäre nicht der fortwährende Trommelwirbel gewesen, auf dem Platz hätte Totenstille geherrscht.
Heftige, ja beinahe irrational zu nennende Hoffnung keimte in Lucius auf. Es würde vielleicht doch noch alles gut werden. Sofern Quintus seine Männer voll unter Kontrolle hatte, brauchte er nur den Befehl zu geben, dann würde heute nur einer der drei Männer da vorne den Tod finden und zwar der römische Imperator höchst selbst, der sich so selbstvergessen hier in Gefahr gebracht hatte.
Und er, Lucius wäre danach frei und könnte gehen wohin es ihm beliebte, ohne sich dafür die Hände mit kaiserlichem Blut besudeln zu müssen. Doch tief in seinem Inneren musste Lucius bereits, dass das alles viel zu schön war, um einfach so Wirklichkeit zu werden.
So war er auch nicht weiter überrascht, als sich die Pfeile, nachdem ein weiterer langer Moment vergangen war, bis Quintus endlich den Befehl erteilte, nur in die Körper der beiden bedauernswerten Delinquenten bohrten, der Kaiser selbst aber unverletzt blieb.
Lucius starrte fasziniert in das Blut bespritzte Gesicht von Commodus, sah diesen Blick, der alles zu Eis erstarren lassen konnte und spürte in diesem Moment, was es bedeutete, die absolute Macht inne zu haben.
Macht korrumpiert, sagte man. Absolute Macht korrumpiert absolut und Commodus war das perfekte Beispiel dafür. Niemand sonst, niemand, außer einem Kaiser, der sich seiner absoluten Macht über alles und jeden voll bewusst war, hätte etwas derartiges getan. Er hatte auf äußerst anschauliche Weise alle anwesenden Legionäre und Befehlshaber seiner Leibgarde ein für alle mal auf deren Treue geprüft und war nicht enttäuscht worden. Nun fürchteten ihn die Männer noch mehr als zuvor und sie würden jetzt wohl eher sterben, als sich illoyal gegenüber ihrem Cäsar zu verhalten.
Absolute Macht...aus Angst geboren. Es gab nichts, was stärker war als diese angstvolle Ergebenheit, das wusste Lucius aus eigener Anschauung, denn auf ähnliche Weise führte auch Lord Voldemort sein düsteres Regiment über die Todesser. Doch jetzt, im Vergleich zum römischen Kaiser, kam Lucius der dunkle Lord wie ein harmloser Kinderschreck vor und er ließ resigniert den Kopf hängen.
Alles, was ihn jetzt noch erwartete, war ein langer qualvoller Tod.
Lucius bekam vom Rückweg in die kaiserlichen Gemächer nicht sonderlich viel mit, denn er war damit beschäftigt, sich innerlich so gut es ging gegen das nun folgende und wohl auch unausweichliche zu wappnen. Das einzige, was er noch erhoffte war, nicht allzu lange vom Kaiser gequält zu werden und es möglichst klaglos hinter sich zu bringen. Er dachte, sich in sein Schicksal zu fügen, wäre wahrscheinlich einfacher, da er eigentlich keine Chance auf ein Entkommen sah.
Doch Lucius hatte die Rechnung ohne seinen Selbsterhaltungstrieb gemacht. Und so begann er, nachdem er wieder mit Commodus allein in dessen Gemächern war, heftigst an seinen Fesseln zu zerren. Man hatte Lucius auf seine Knie hinunter gezwungen, aber eine demütige Haltung zeigte er dennoch nicht. Der Kaiser bemerkte es natürlich, hielt ihn aber nicht auf, sondern amüsierte sich über seine verzweifelten Versuche, die Fesseln abzuschütteln.
„Ja, ja...lach du nur..." knurrte Lucius leise und schoss einen giftigen Blick in Richtung Commodus ab, doch das reizte den nur noch mehr zum Lachen.
„Du bist entweder sehr dumm oder sehr mutig mein Freund. Nicht einmal das unrühmliche Ende zweier Verräter und dein baldiger äußerst schmerzvoller Tod veranlasst dich dazu, dich mir unterwürfig zu zeigen" bemerkte Commodus erheitert, doch Lucius bemerkte durchaus die unterschwellige Schärfe in der Stimme des anderen.
Lucius konnte zwar nicht ganz begreifen, warum es offenbar am kaiserlichen Ego kratzte, wenn sich ein rechtloser Sklave wie er gegen den römischen Imperator, gloris rex in all seiner Pracht, auflehnte, doch war es augenscheinlich der Fall. Ob er das zu seinem Vorteil nutzen konnte, blieb abzuwarten. Mittlerweile waren seine Handgelenke von den verflixten Lederriemen blutig gescheuert, die Wunden brannten wie Feuer, doch die Fesseln hatten immer noch nicht weit genug nachgegeben, damit Lucius sich daraus befreien konnte. Also ignorierte er den Schmerz und zerrte weiter daran.
„Weshalb sollte ich mich einem miesen kleinen Emporkömmling wie euch auch unterwerfen wollen. Nichts, was ihr mir anzutun vermögt, wird etwas an meinem Hass und Abscheu gegen euch ändern" gab Lucius, sich seiner Unverfrorenheit völlig bewusst, zurück, denn er verfolgte damit einen Plan. Einen tollkühnen Plan zwar, doch vielleicht würde seine Rechnung ja aufgehen. Wenn er es schaffte, Commodus genug zu reizen, würde dieser vielleicht wieder durchdrehen und ihn im Affekt schnell und relativ schmerzlos zu töten. Das war allemal besser, als langsam und qualvoll mit einem Dolch in seine Einzelteile zerlegt zu werden.
Leider schien Commodus heute nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen zu sein, als es beim letzten Aufeinandertreffen der Fall gewesen war. Vielleicht war der Kaiser auch noch zu berauscht von den vorangegangenen Ereignissen, um sich jetzt sofort verstimmt über Lucius' Beleidigung zu zeigen.
Lächelnd betrachtete der Kaiser seinen Gefangenen eine Weile. Es war das Lächeln eines Raubtiers; kühl, berechnend und dennoch mörderisch.
„Tja, schon möglich. Aber vielleicht muss du ja erst durch großen Schmerz Läuterung erfahren. Ich verspreche dir, bevor dein Ende kommt, wirst du mich anflehen, dir endlich den Tod zu schenken" sagte Commodus sanft, seine Stimme klang beinahe wie ein Schnurren.
Damit war eines vollkommen klar. Der Kaiser würde es genießen, Lucius zu Tode zu foltern, er würde jeden Augenblick davon voll auskosten und sich am Leiden des anderen erfreuen. Und es würde lange dauern...sehr lange...
Wie zur Untermauerung seiner Worte zog Commodus nun wieder den Dolch, der eigentlich dazu bestimmt gewesen war, ihn zu töten, aus seiner ledernen Armschiene und begann, damit zu spielen.
Als Lucius das sah, verstärkte er noch einmal seine Bemühungen, sich endlich von diesen verfluchten Fesseln zu befreien. Dass er hier und heute sterben sollte, war wohl nicht zu vermeiden, doch dass er kampflos starb, schon. Sobald seine Hände frei waren, würde er diesem Mistkerl von Kaiser zeigen, wer hier die Oberhand behalten und wer am Ende leiden würde. Lucius war so voll von Wut und Hass, dass er sich sogar im Stande sah, seinen Gegner mit bloßen Händen zu töten.
Das Blut hatte die Fesseln mittlerweile glitschig werden lassen. Noch ein heftiger Ruck und endlich konnte Lucius seine Hände befreien. Wutschnaubend kam Lucius auf die Füße, sofort nahm er Kampfstellung ein und taxierte knurrend sein Gegenüber.
Das Lächeln, das eben noch Commodus' Gesicht erhellt hatte, erstarb augenblicklich. Sich der unmittelbaren Gefahr, die ihm von diesem bis aufs äußerste gereizten Gladiator drohte voll bewusst, warf Commodus den Dolch sofort außer Reichweite und zog statt dessen seinen Gladius. Er ließ die Klinge ein paar mal durch die Luft sirren, dann nahm auch er Kampfstellung ein. Schweigend maßen sich die beiden Männer, der eine mit einem Schwert und der andere nur mit seinen bloßen Fäusten bewaffnet. Der Vorteil lag ganz klar auf Seiten des Schwertträgers, doch Commodus schien seinem Kampfesglück nicht ausreichend zu trauen oder aber er deutete Lucius' Miene vollkommen richtig. Auch unbewaffnet war ein gut trainierter Gladiator eine Gefahr, die man tunlichst nicht unterschätzen sollte. Hinzu kam noch, dass Lucius größer und stärker war als der Kaiser und somit den Nachteil des Unbewaffnet seins durchaus wettmachen konnte. Und so beschloss Commodus, seinen Vorteil noch ein wenig auszubauen.
„Wachen!" brüllte er und schenkte Lucius ein hämisches Grinsen.
Hektisch blickte sich Lucius nach einer Waffe um. Gegen den Kaiser allein anzutreten war eine Sache, doch unbewaffnet einem Haufen Prätorianer gegenüberzutreten, die gleich hereinstürzen würden, eine völlig andere.
Mehr zufällig aus den Augenwinkeln sah er etwas auf dem Schreibtisch des Kaisers aufblitzen. Ohne einen weiteren Gedanken und damit wertvolle Sekunden zu verschwenden, hastete Lucius hinüber zum Tisch und wühlte zwischen den Schriftstücken herum.
Als sich der Juwelenbesetzte Griff des Dolchs in seine Hand schmiegte, fühlte er sich gleich viel besser, auch wenn das keine wirklich adäquate Waffe war, um der Leibgarde des Kaisers gegenüberzutreten. Aber wenn er schon sterben sollte, so würde er vorher noch seinen Auftrag zu Ende führen, der ihn überhaupt heute hierher gebracht hatte.
Er würde Commodus töten.
Nicht nur für Lucilla oder Gracchus, auch nicht für die beiden bedauernswerten Seelen, die heute durch die kaiserliche Willkür den Tod gefunden hatten, sondern vor allem für sich selbst wollte Lucius den Kaiser töten.
Also fuhr er herum und wollte sich auf Commodus stürzen. Doch soweit kam es nicht. Noch bevor Lucius auch nur einen Schritt getan hatte, machte es Plopp und der weißhaarige Zauberer löste sich vor den Augen des Kaisers einfach in Luft auf.
Lucius hatte endlich gefunden, wonach er so lange gesucht hatte. Der reich verzierte Dolch des Commodus entpuppte sich als der lang ersehnte Portschlüssel, der Lucius endlich aus seinem Sklavendasein erlöste.
Im selben Moment, in dem der Dolch scheppernd auf dem Marmorboden aufschlug, wurden die Türen aufgerissen und eine Abteilung Prätorianer stürmte mit gezückten Schwertern herein, bereit, ihren Kaiser gegen jedwede Gefahr zu verteidigen.
Doch sie fanden nur einen schreckensbleichen Commodus vor, der wie gebannt auf den Dolch am Boden starrte, dessen Klinge im letzten Licht der Abenddämmerung noch einmal kurz aufleuchtete.
The End
So, das war es also. Lucius' Abendteuer im antiken Rom ist hiermit beendet. Ich hoffe, es hat euch ein wenig gefallen und es war nicht allzu langatmig.
Mal sehen, wohin es Mister Malfoy als nächstes hinverschlägt /g/
Noch eine kleiner Hinweis zum vorliegenden Kapitel. Die Hinrichtungsszene kommt in der Kinofassung von Gladiator leider nicht vor. Sie ist aber unter den Deleted Scenes auf der DVD zu finden und absolut sehenswert. So sehenswert, dass ich diese Szenerie unbedingt in meiner Story haben wollte und ich denke, so passt das recht gut, oder?
Ich kann bis heute nicht wirklich verstehen, warum der olle Ridley diese unglaublich intensive Szene hat herausschneiden lassen. Wenn ich seinen Audiokommentar richtig verstanden habe, war sie ihm einfach zu lang. Ich glaube aber eher, er hatte Schwierigkeiten, geeignete Überleitungen in und aus der Szene zu finden und die Szene so richtig in den Handlungsverlauf einzubetten. Wirklich zu schade, denn Joaquin Phoenix bringt als Commodus gerade in dieser Szene die ganze Abgründigkeit dieses halbwahnsinnigen Cäsars nur anhand seiner Mimik rüber. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich das mal auf DVD ansehen.
OK, das wars dann mal wieder von mir und meiner leicht kranken Phantasie. Mehr, demnächst in diesem Theater /ggg/
Reviews? Aber immer...gerne. /zwinker/
