Das Haus in dem sie erschienen, hätte man auf den ersten Blick für ein gewöhnliches Muggelhaus halten können. Es war eingerichtet, wie man es von einem solchen erwartete, die Fenster, durch die das Sonnenlicht hereinströmte, waren blitzeblank und alles wirkte ruhig und friedlich.

Nur waren eindeutig Zauberer am Werk gewesen. Der Fernseher des Wohnzimmers stand auf dem Kopf und war irgend wie mit dem Stromstecker an den Videorecorder angeschlossen worden. Vermutlich mit ein wenig magischer Nachhilfe.

Snape sah sich mit einem sichtbaren Missfallen um. Es war viel zu hell in diesem Haus und nach ruhigen Blicken in alle Richtungen befand er es auch als schwer zu verteidigen.

Hermine hingegen fand ihr neues zu Hause wundervoll. Auch wenn ihre Ferien noch nicht zu lange her gewesen waren empfand sie die Zeit seit ihrem letzten Aufenthalt in einem Muggelhaus als eine Ewigkeit. Und so ließ sie sich umso lieber in das weiche Sofa fallen und musste unweigerlich seufzen.

"Ist das wundervoll hier..."

Jauchzte sie und besah sich dann Snape mit einem skeptischen Blick. "So können sie aber nicht bleiben." Stellte sie nüchtern fest.

Snape sah ein wenig gequält aus, als er in das innere seiner Robe griff und eine unscheinbare, schwarze Flasche hervorholte. Dann besah er Hermine kritisch. "Ich werde nicht zu Ihrer Belustigung eine Verwandlung machen.", sagte er mit seiner ruhigen Stimme.

Daraufhin verschwand er in der Küche, aus der wenig später seltsame Laute zu Hermine herüberdrangen. Wenige Minuten danach erschien ein Fremder in der Tür, der Snapes Sachen trug. Braunes, struweliges Haar umrahmte ein unfreundlich schauendes Gesicht.

"Zweifeln Sie nicht daran, dass ich noch voll und ganz der Alte bin."

Hermine hatte zu tun das aufkommende Grinsen nieder zu ringen. "Das tue ich nicht, Professor." entgegnete sie brav. "Dennoch sollten sie mich wohl besser Hermine nennen, wenn wir schon die glückliche Familie spielen..."

Snape sah sie noch kritischer an als sonst und befand erst nach eine Weile, dass sie es wohl ernst meinte. "Gut.", sagte er nur. "Was gibt es noch?"

"Nun..." begann Hermine und musste unweigerlich seufzen. "Sie brauchen dringend andere Kleidung... und... es wird ihnen wohl nicht erspart bleiben dem Umgang mit den wichtigsten Haushaltgeräten zu lernen. Da es hier weder Hauselfen gibt, noch wir zaubern dürfen wird ihnen wohl nichts anderes übrigbleiben. Ich habe keine Lust die ganze Zeit über ihr Hausmädchen zu spielen."

Sein Blick wurde immer finsterer. „Ich soll die Arbeit eines Hauselfen tun? Mit den Händen?" Mit gefährlich leiser Stimme sagte er: "Wenn ich auch nur aus dem Zucken eines Ohres von Potter den Eindruck gewinne, dass Sie über das hier geredet haben, wird es Ihnen Leid tun, Miss Granger."

"Sie können sich auf mich verlassen Professor." Erwiderte sie so ernst ihr nur möglich, bevor sie sich von ihm abwandte. "Aber vorher muss ich noch dieses Chaos hier beseitigen..."

Nachdem Hermine die gröbste Unordnung gebändigt hatte, welche die Zauberer des Ordens beim Einrichten angerichtet hatten, während sich Snape in Muggelsachen gezwängt hatte, traten sie vor die Tür des Hauses.

Little Wineing war ein ruhiger, kleiner Vorort Londons, in dem sich kleine Häuschen aneinander reihten und eine trügerische Idylle des Friedens schien über allem zu liegen. Snape sah sich die Hälfte der Zeit aufmerksam um, während er die andere Hälfte damit beschäftigt war, an seinem Anzug herumzuzupfen.

"Wenn mich die Todesser nicht umbringen, dann ganz gewiss diese Zumutung eines Fracks.", murmelte er.

"Sie werden sich schneller daran gewöhnen als ihnen lieb ist." flüsterte Hermine ihm zu, während auch sie ihre Neue Nachbarschaft aufmerksam musterte.

Überall konnte sie die typischen kleinen Backsteinhäuschen ausmachen und musste lächeln. Wie fremd musste Snape dies alles vorkommen, wo er doch nur die dunklen Mauern von Hogwarts kannte...

Der Professor schien hingegen nur nach möglichen Gefahren zu suchen. "Ich verstehe nicht, wie die Muggel so leben können.", sagte er mehr zu sich selbst und sah dann zu Hermine. "Wir werden uns ein wenig in der Nachtbarschaft umhören und uns vorstellen. Das Haus, in dem wir wohnen gehörte einer Muggelfamilie, die vollständig verschwunden ist. Das sollte genug Tratsch für die Waschweiber der Gegend liefern."

Hermine nickte. "Das ist eine gute Idee." lobte sie ihn. "Vielleicht könnte man ja auch eine Art Einzugsparty oder so geben. Das machen die Muggel manchmal. Ist aber nicht zwingen notwendig." fügte sie schnell hinzu. „Sie sollten übrigens niemals das Wort Muggel verwenden, wenn sie sich in der Gegenwart solcher befinden."

Snape nickte gelassen. "Es ist nicht so, dass ich das erste mal mit nichtmagischen Menschen zu tun habe, Miss Granger. Ich fürchte dennoch, dass ich sehr auf Ihre Hilfe... angewiesen bin." Die letzten Worte waren ihm nur schwer über die Lippen gekommen, die sich auf einmal zu einem Schönwetterlächeln verzogen, als eine Frau aus dem Haus links von ihnen trat.

Sie gingen zu ihr, während sie Anstalten machte, sich in ihr Auto zu setzen. "Ich wollte mich kurz vorstellen.", sagte er. "Ich bin Ihr neuer Nachbar, Severus... Granger."

Die Frau nicht ihm mit einem schwachen Lächeln zu, doch man sah, dass sie sich nur aus Höflichkeit zwang nicht sofort weg zu rennen. "Angenehm." entgegnete sie schwach. "Mein Name ist Misses Houston. Ich wohne alleine mit meinem Sohn in diesem Haus. Mein Mann..." sie stockte. "ist vor etwa einem Monat..." sie brach am und hielt sich die Hand vor dem Mund um sofort loszuschluchzen.

"Es tut mir leid..." versuchte sie sich wieder zu fangen und strich sich in einer dramatischen Geste ihre grauen Haare nach hinten.

"Es nimmt mich nur so sehr mit..." versuchte sie zu erklären.

Dann warf sie einen Blick zu Hermine und ihre Miene hellte sich auf. "Ist das ihre Tochter?"

Snape, der sich offenbar nur schwer mit diesem Gedanken anfreunden konnte, erwiderte knapp: "Ja, ist sie." Und zwängte noch wenig überzeugend hervor: "Alles was mir von meiner Familie nach einer Kesselexplosion geblieben ist."

Hermine zwang sich zu einem schwachen Lächeln, auch wenn sie Snape am liebsten getreten hätte. "Mein Name ist Hermine." entgegnete sie brav und reichte der Frau zur Begrüßung die Hand. "Es freut mich ihre Bekanntschaft zu machen, Misses Houston."

"Wenn es nicht zu indiskret ist, darf ich fragen, was Ihrem Mann zugestoßen ist?", fragte Snape und ausnahmsweise wirkte sein ruhiger, besonnener Tonfall richtig am Platze. "Ich wollte den Gerüchten nicht glauben, die mir vor dem Kauf des Hauses erzählt wurden."

Die Frau blickte zuerst skeptisch zu Hermine bevor sie mit düsterer Stimme antwortete. "Man weiß es nicht." entgegnete sie knapp. "Wahrscheinlich ist er ein weiteres Opfer dieses Massenmörders, der seit einem Vierteljahr in dieser Nachbarschaft wütet."

Dann wurde ihr Gesicht finster. "Ich wünschte die Polizei würde diesen Mistkerl endlich kriegen. Ich denke nämlich, dass es eine Menge Leute gibt, die noch eine Rechnung offen mit ihm haben."

"Gibt es denn keine Hinweise?", fragte Snape nach. "Diese Gesetzeshüter müssen doch einen Verdacht haben. Im Tagespro... Im Tagesspiegel war auch von Entführungen die Rede..."

Hermine sah, wie die Frau angespannt aufseufzte. "Die vermuten doch alle etwas anderes." sagte sie mit schüttelndem Kopf.

"Wenn man etwas genaues wüsste, dann würde man längst nicht mehr im dunkeln herumsuchen, sinnlose Hausrazzien machen und stattdessen das Schwein verhaften.", sagte die Frau ärgerlich. Dann jedoch klärte sich ihre Miene. "Machen sie sich aber nicht zu viele Gedanken. Ich bin sicher die kriegen diesen Mistkerl bald."

Hermine sagte sich, dass diese Frau eine sehr schlechte Lügnerin war, doch sie zwang sich zu einem sonnigen Lächeln.

"Sie haben Recht Miss Houston. Wir sollten uns nicht so viele Sorgen machen. Kommen sie doch mal einen Abend bei uns vorbei, wenn sie Lust haben. Wir müssen jetzt leider weiter." Mit diesen Worten zupfte sie Snape am Ärmel.

"Ich wollte Sie auch nicht lange aufhalten.", stimmte ihr Snape zu. "Leben Sie wohl."

Damit wandte er sich ab und schritt die Einfahrt zur Straße hinab. "Der dunkle Lord muss sich sehr sicher fühlen, wenn er einfach so unter den Muggeln wildert. Es muss einen Sinn geben, warum er es ausgerechnet hier so hemmungslos tut."

"Lassen Sie uns weiter rumfragen." Dann fiel sein Blick auf Hermine. "Warum nur habe ich das Gefühl, dass Sie diese Frau eingeladen haben, um mich zu ärgern? Ich bin kein geselliger Mensch, dass sollten Sie wissen."

Für den Nachmittag hatte Hermine die erste Unterrichtsstunde für Snape in der Küche angesetzt. Auch wenn sie ihm bereitwillig das Essen bereitete, würde er vielleicht doch irgendwann auf sich alleine gestellt sein. Und sie wollte einer nahenden Katastrophe zu diesem Zeitpunkt vorbeugen.

Sie konnte es nicht leugnen dass sie es genoss wenn Snape auf sie angewiesen war.

Es war ein schönes Gefühl ihm auch etwas beibringen zu können und auf einem Gebiet mehr zu wissen als er selbst. Doch hatte sie sich auch vorgenommen ihn nicht unnötig zu quälen, da sie es vermeiden wollte, dass er sich in ihren späteren Unterrichtsstunden an ihr rächte. Denn das traute sie ihm ohne mit der Wimper zu zucken zu.

Seine Laune war auch so schon schlecht genug. Es fing damit an, dass er die Töpfe skeptisch musterte und der elektrische Herd an seiner Ehre als Schöpfer von Zaubertränken kratzten, da er zwar die Temperatur von Feuer auf ein zehntel Grad genau beherrschen konnte, aber nicht mit dem Drehknopf des Herdes zurechtkam.

"Ich verstehe nicht, wie es die Muggel so weit bringen konnten.", sagte er mit einem skeptischen Blick auf all die verschiedenen Küchengeräte. Seine Hand klopfte unbewusst auf die Tasche, in der sein Zauberstab verborgen lag. "Womit fangen wir an?"

Nachdem Hermine ihm das System von Mikrowelle und Brotmaschine erklärt hatte, beschloss sie, dass er außer der Bedienung der Kaffeemaschine nichts mehr weiter wissen brauchte. So erklärte sie ihm das Mischungsverhältnis für einen guten Kaffee, da sie vermutete, dass er wohl gerne solchen trank.

Snape studierte die Funktionsweise der Kaffeemaschine eingehend und ihm schien die ein oder andere Verwendungsmöglichkeit dafür durch den Kopf zu gehen. "Man könnte damit hervorragend ranziges Rennmäusefett destillieren.", brummte er schließlich.

Hermine schenkte ihm nur ein amüsiertes Grinsen und kramte unterdessen in der Tiefkühltruhe aus welches sie wenig später eine Packung tiefgefrorener Lasagne zog. "Machen sie das warm."

sagte sie knapp und reichte ihm die Packung. "Eine genaue Anleitung finden sie auf der Unterseite..."

Snape studierte, was hinten auf der Packung stand und seine Augenbrauen zogen sich immer mehr zusammen. "Schmeckt wie bei Muttern?", fragte er skeptisch. "Ich wage zu bezweifeln, dass der Koch meine Mutter kannte."

Dann öffnete er die Mikrowelle, tat die Lasagne hinein, drehte an dem richtigen Knopf und schloss die Tür. Nichts geschah.

Auch sein Blick, der jeden Erstklässler unter den Tisch getrieben hatte, blieb ohne Wirkung. Schließlich sah er ratsuchend zu Hermine.

Diese bemühte sich nicht zu lachen. Gemächlich trat sie an die Mikrowelle heran, griff an deren Hinterseite und fummelte nach dem Stromstecker, der natürlich nicht in der Dose steckte.

Sie widerstand der Versuchung ihn Snape vor die Nase zu halten und steckte ihn stattdessen selbst in die Dose. "Versuchen sie es jetzt nochmal."

Snape schloss erneut die Tür der Mikrowelle, das Licht sprang an und er musterte skeptisch, wie sich die Lasagne zu drehen begann. "Ein Hauself in einem Kasten.", sagte er kopschüttelnd. "Aber wie füllt sich diese Eistruhe auf, wenn sie nicht magisch ist?"

"Die müssen sie selber auffüllen." entgegnete sie mit einem leichten Lächeln. "Zuvor müssen sie natürlich die entsprechenden Sachen in einem Kaufhaus einkaufen." erklärte sie.

"Das kann ziemlich nervig sein, wenn man kein Auto hat und die ganzen Sachen per Hand tragen muss. Aber wir werden uns auch daran gewöhnen."

Da Snape sowieso schon finster drein sah, konnte Hermine nicht genau sagen, ob ihm diese Aussicht auch zu wieder war, aber sie vermutete es. Snape begann die Schränke nach Tellern zu durchsuchen, während seine Aufmerksamkeit immer wieder von allen möglichen Dingen abgelenkt wurden, die er für die Alchemie geeignet hielt.

Als er endlich gefunden hatte, was er suchte, ertönte ein seltsames, flatschendes Geräusch aus der Mikrowelle und die halbe Lasagne verteilte sich auf der Glasscheibe. Snape sah gelassen zu der Mikrowelle und sagte zynisch: "Einen Hauselfen würde ich dafür auspeitschen. Aber was soll ich mit diesem Kasten anstellen?"

Hermine warf ihm einen finsteren Blick zu. "Nun, in diesem Falle sollten sie wohl besser die Peitsche spüren. Nicht nur für ihr Kommentar den armen Hauselfen gegenüber, die sie versklavt haben, sondern auch dafür, dass sie die Gradzahl falsch eingestellt haben. Diesen "Kasten" wie sie ihn nennen trifft keine Schuld. Der tut nur was sie ihm sagen." Wütend griff Hermine sich den Stapel Teller. „Ich decke uns schon mal den Tisch. Unterdessen können sie dieses Chaos hier beseitigen."

Snape hob überrascht die Augenbrauen. "Sieh an, ein Schüler der für die Prügelstrafe ist..." Dann warf er der Mikrowelle einen düsteren Blick zu, griff nach einem Schwamm und sah sich sehr, sehr gründlich um, ob er beobachtet wurde, bevor er sich an die Arbeit machte.