Nachdem Hermine sorgfältig den Tisch gedeckt hatte, machte sie sich noch schnell daran ein paar Spiegeleier als Alternative zu der verunglückten Lasagne zu braten.
Innerlich kochte sie vor Wut über Snapes Kommentar den armen Hauselfen gegenüber. Doch sie bemühte sich vergeblich sich nichts anmerken zu lassen.
Merklich unsanft wendete sie die Eier in der Pfanne, bevor sie diese lieblos auf einen großen Teller gleiten ließ, welchen sie wortlos in das Esszimmer trug. Danach rief sie Snape nur mit einem halbherzigen "Essen ist fertig!" zu Tisch.
Snape kam und setzte sich schweigend, besah sich die Eier und begann zu essen, während sein Blick unentwegt schwer auf Hermine ruhte. Hinter seiner Stirn gingen so einige finstere Gedanken durch den Kopf.
"Ich danke Ihnen für dieses köstliche Mahl, Miss Granger.", sagte er schließlich, doch sein Tonfall war ein wenig spöttisch. "Ein Punkt für Gryffindor.Und zehn Punkte Abzug, weil Sie sich mir gegenüber im Tonfall vergriffen haben." Dann schob er sich einen weiteren Bissen in den Mund und lauerte auf Hermines Reaktion.
Hermine hatte zuerst versucht seine Worte zu überhören, doch innerlich kochte sie vor Wut. Lustlos schob sie ihr Essen vor dem Teller hin und her, starrte dabei, ihren Kopf mit der Hand stützend, auf die karierte Tischdecke.
"Sie vergessen dass sie hier außerhalb des Schulgeländes sind und meinem Haus folglich keine Punkte abziehen können."
Sagte sie mit bemüht gelassener Stimme.
"Außerdem vergessen sie, dass sie momentan auf meine Hilfe angewiesen sind." sie warf der verunglückten Lasagne welche auf einem weiteren Teller angerichtet war einen böse funkelnden Blick zu.
Snape legte in aller Ruhe seine Gabel beiseite, tupfte sich mit einem Taschentuch den Mund ab und sagte in einem Tonfall, den er sonst für den armen Neville reserviert hatte: "Und sie vergessen offenbar, dass ich immer noch Ihr Professor bin, Miss Granger." Seine Stimme war ruhig und bedrohlich wie ein schwarzer See. "Und in dieser Mission der leitende Kopf. Ich glaube nicht, dass es Ihnen zusteht mir mit dem Entzug Ihrer Hilfe zu drohen."
"Soll das eine Herausforderung sein?" Blaffte sie ihn an. "Bitte." Mit diesen Worten erhob sie sich wütend vom Tisch. "Vielleicht sollte ich Dumbledore befragen, was er dazu meint. Er wird Ihnen sicher gerne einen anderen Helfer zuweisen, wenn ich ihn darum bitte. Soweit ich weiß, ist Harry genauso bei Muggelverwandten aufgewachsen..." Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer.
Snape erhob sich gelassen und ging ihr nach. Als er die Tür von Hermines Zimmer verschlossen vorfand, wusste er, wo sie abgeblieben war. "Wenn Ihnen ein Weg einfällt, um Dumbledore zu fragen, können Sie das gerne tun.", sagte er durch die Tür hindurch. "Und was die Herausforderung angeht... Sie wollen ein Spiel mit mir Spielen?" Er lachte humorlos. "Gerne."
Dann wandte er sich ab. An der Treppe nach unten blieb er noch einmal stehen. "Ich frage mich, wer eher lernen wird. Ich dieses lächerliche Muggelgetue oder sie die hohe Kunst der Zaubertränke, welche ich am Ende des Jahres bei jedem meiner Schüler prüfen werde."
Vor Wut kochend krallte sie sich in ihr Bettlaken. Eigentlich hatte sie sich nicht so aufregen wollen, doch dieser Mann brachte sie einfach zur Weißglut. Noch immer ärgerlich kramte sie eines der Bücher unter dem Kopfkissen hervor, welche Dumbledore ihr gegeben hatte. Was Snape nicht wusste war, dass sie eine Art Bildtelefon darstellten, ähnlich dem Spiegel, welchen Harry in seinem 5. Jahr von Sirius bekommen hatte.
Solche Gemeinheiten würde sie sich nicht bieten lassen, auch nicht wenn es sich hier um einen ihrer Professoren handelte.
Wütend schlug sie das Buch auf, starrte eine Weile benommen auf die leeren Seiten. Dann jedoch überlegte sie es sich anders und klappte das Buch wieder zu. Dieser Mann wollte spielen? Dann sollte er sein Spiel haben.
Als keine hörbare Reaktion aus Hermines Zimmer drang, nickte Snape zufrieden und ging wieder nach unten, um sein Essen zu beenden.
Hermine ließ sich extra viel Zeit dabei sich ihre Kleider und Haare wieder zu richten, bevor sie gemächlich aus dem Zimmer schritt. Auf keinen Fall sollte Snape merken, wie sehr sie sich über ihn aufgeregt hatte.
So langsam dass es nicht unnötig auffiel ging sie die Treppe hinunter, bevor sie ohne sichtbare Gefühlsneigung ihren Teller ergriff, und ihn scheinbar um ihn abzuwaschen in die Küche trug.
Dort angekommen ließ sie hörbar das Wasser in die Spüle laufen, um nebenbei ein paar Änderungen an Küchengeräten und Lebensmitteln vorzunehmen.
Zucker und Salz wurden in den Dosen vertauscht, den Tiefkühlschrank taute sie ab, indem die den Stecker der Tiefkühltruhe zog.
Auch die Gewürze vertauschte sie untereinander, bevor sie allen übrigen Küchengeräten ebenfalls den Strom nahm, natürlich nicht ohne sie leise so zu verhexen, dass es so aussah als wäre alles in bester Ordnung.
Snape betrat nach geraumer Zeit die Küche, sah, dass Hermine den Abwasch machte und nickte zufrieden. "Ich sehe, Sie haben sich entschieden. Ich fürchte, so sehr es uns beiden auch nicht behagt, dass wir für die Dauer unseres Auftrages miteinander auskommen müssen." Irgendwie erweckte er dabei den Eindruck, als würde er das größere Opfer auf sich nehmen.
"Heute Abend, nach Einbruch der Dunkelheit, werden Sie eine Stunde Zaubertränke nehmen, Miss Granger. Im Keller sollten wir ungestört genug dafür sein."
Hermine antwortete ihm nur mit einem schwachen Nicken, während sie sich auffällig gründlich ihren Tellern zuwandte. Ins Geheim jedoch überlegte sie, in wieweit ein paar durchgebrannte Sicherungen, Waschpulver aus der Tube statt Zahnpasta und ein Staubsauger ohne Staubbeutel Snape aus der Bahn werfen würden.
"Ich werde dort sein." entgegnete sie ihm nach einer ganzen Weile, während sie sich ans abtrocknen des abgewaschenen Besteckes machte.
"Übrigens habe ich für morgen Abend eine kleine Einzugsparty mit unseren Nachbarn angesetzt. Ich erachte dies als zwingend notwendig, da solche Festlichkeiten üblich bei den Muggeln sind. Und zumindest ich will deren Ärger nicht auf mich ziehen."
Snape schien einen kurzen Moment aus der Bahn seiner Gedanken geworfen zu werden. "Muggel? in diesem Haus?" Er seufzte schien für einen kurzen Moment zu erwägen, dass Hermine ihm das mit Absicht antat, verwarf diesen Gedanken aber offenbar.
"Es wird eine gute Gelegenheit sein, sich das Vertrauen dieser Menschen zu erschleichen und sie auszuhorchen.", sagte er schließlich. Und zu seiner slytherintypischen Art zurückfinden fügte er hinzu:„Vielleicht könnte ein wenig Veritasserum Erinnerungen aus ihren Hirnen locken, die sie der Polizei nicht gesagt haben..."
Hermine musste sich zusammen reißen um nicht sofort mit einem Teller nach ihm zu werfen. "Nun, wenn wir sie in dieses Haus lassen, dürfte es zumindest ihr Misstrauen uns gegenüber ersticken." bemerkte sie und begann das Geschirr wieder in den Schrank zu stapeln. "Außerdem wäre dieser Abend die perfekte Gelegenheit für sie um sich im Umgang mit den Haushaltsgeräten zu üben."
"Nun, ich schätze, abgesehen von ein paar Lachern auf meine Kosten, könnte das ganz gut sein, ja.", erwiderte er betont ruhig. Dann bekam sein Blick einen Hauch von Beute-erspähen, als er Hermine ansah. "Aber erst einmal werden Sie den heutigen Abend überstehen müssen. Ich gehe davon aus, dass Sie nichts gegen eine ganz besonders anspruchsvolle Stunde Zaubertränke einzuwenden haben?"
"Gewiss nicht." erwiderte sie gelassen. "Eher im Gegenteil. Ich freue mich schon darauf..."
Das mit dem Freuen hätte sie wohl lieber nicht sagen sollen. Irgendwie hatte Snape es geschafft, diesem Keller mit den Backsteinwänden einen Hauch von Schlossgewölbe einzuhauchen. Fackeln brannten an den Wänden und es standen genug ekelhaft anmutende Zutaten für Zaubertränke in den Regalen, dass sie selbst das Unterrichtszimmer in Hogwards verblassen ließen.
Und die wohl abscheulichsten Zutaten standen auf dem Tischchen neben dem Kessel, der Hermine zugedacht war. "Heute.", verkündete Snape mit Genugtuung, "werden Sie in den Genuss eines ganz besonderes seltenen Trankes gelangen. Er ist für unseren Auftrag von entscheidender Bedeutung, also würde ich Sie bitten, ihn nicht zu verderben."
Er tippte mit seinem Zauberstab auf ein leeres Pergament auf Hermines Tisch und eine Formel erschien darauf, für die das Papier wohl zu klein war und es wuchs mit jeder erscheinenden Zeile mit. "Der Trank der wahren Sicht ist hoch komplex und...", er nickte zu den Zutaten. "sehr unappetitlich. Mit seiner Hilfe wird es Ihnen möglich sein, die Anwesenheit eines Zauberers oder einer Hexe auf 50 Meter Entfernung zu spüren. Fangen Sie an."
Angewidert blickte Hermine über ihren Tisch. Dort fand sie unter anderem Fledermausflügel, einige Augen, sie vermutete von etwa katzengroßen Tieren, ein Gehirn, eine Schale voller Algen, verschiedene Fläschchen voller Tinkturen in ungesunder Farbe und etwas von dem sie vermutete dass es Spinnenbeine waren.
Als wenn das nicht genug gewesen wäre versetzte die Zubereitungsanleitung an die Grenze einer Ohnmacht. Nachdem sie die Spinnenbeine mit einer Mörser zerkleinert hatte und das Gehirn in den verschiedenen Säuren aufgelöst war ihr dermaßen übel, dass ihre Ohren zu sausen begonnen hatten und sie sich kreidebleich an der Tischplatte abstützen musste.
Ihr Kessel verströmte einen sehr unappetitlichen Geruch und sie fragte sich ernsthaft, wie Snape dem ohne ein Anzeichen von Übelkeit zu zeigen standhalten konnte.
Der Professor jedoch schien in seinem Element zu sein. Obwohl er einen nicht weniger komplex anmutenden Trank zusammenbraute, fand er genug Zeit, Hermine genauestens auf die Finger zu schauen und sich - daran bestand kein Zweifel - an Ihrer Abneigung gegen die Zutaten zu erfreuen.
So vergingen die Minuten wie quälende Stunden und zu allem Überfluss hatte Snape noch eine Überraschung für sie parat, als sie fertig war. "Trinken Sie ihn.", forderte er sie auf.
Hermine packte das blanke Entsetzen und die Tränen standen ihr vor Ekel in den Augen. "Aber ist das denn jetzt erforderlich? Ich meine, ich bin sicher dass mir heute Abend weder ein Muggel noch ein Zauberer mehr über den Weg läuft." Sie gähnte gespielt herzhaft. "Ich denke, dass man einen solch aufwendigen Trank nicht so einfach verschwenden sollte..."
Snape lächelte schmal und gefährlich. "Sie haben einen ganzen Kessel voll davon... Aber ich zwinge sie nicht."
Hermine entgegnete ihm nichts darauf, trabte stattdessen zu einem Regal und nahm sich einige leere Flaschen heraus um den Trank abzufüllen. Schweigend machte sie sich daran die noch warme Flüssigkeit in die Behälter zu löffeln, diese sorgfältig zu schließen und zu beschriften.
"Ich bleibe dabei." sagte sie schließlich und wandte sich ab. Mit einem kurzen Wink ihres Zauberstabes beseitigte sie die von ihr verursachte Unordnung bevor sie sich zum Gehen wandte. "Schlafen sie gut."
Das Snapes Augenbrauen kurz nach oben wanderten war das Einzige Zeichen seiner Überraschung. "Ich trage es Ihnen nicht nach, Miss Granger. Ich habe diesen Trank als Schüler auch gehasst." Damit schnappte er sich eines der Fläschchen, hielt es gegen das Licht einer Fackel, entkorkte es und nahm einen Schluck, wobei er in einen sauren Apfel zu beißen schien.
"Eine hervorragende Arbeit, Miss Granger.", gestand er dann schließlich ein. "Aber leider kann ich Ihrem Haus ja keine Punkte geben."
Mit einem Wink seines Zauberstabs erloschen alle Fackeln bis auf ein. "Gute Nacht."
Als Hermine am nächsten Morgen in die Küche kam, roch es zu ihrer Überraschung nach gebratenem Speck und gebratenen Eiern, die auf Toast verteilt dampfend auf zwei großen Tellern lagen. Doch Snapes müdes Gesicht legte die Vermutung nahe, dass er vor seiner Zeit aufgestanden war, um heimlich zu üben.
Auch fragte sie sich, wie Snape den Toast gemacht hatte, denn der Toaster sah aus, als wäre er unsanft von einem Fluch getroffen worden, der ihn zu einem jämmerlichen Klumpen hatte schrumpfen lassen.
"Guten Morgen, Miss Granger.", begrüßte sie Snape mit einer solch übertrieben Höflichkeit, dass kein Zweifel daran bestand, dass Snape innerlich kochte. "Ich hoffe, ich habe nichts unmuggelhaftes getan, als ich das Weißbrot auf dem Herd geröstet habe. Dieser... Toaster... hat seinen Dienst verweigert. Und irgend ein unfähiger Zauberer vom Orden muss den Herd mit einem Fluch belegt haben, damit er keinen... wie heißt das... Fluss bekommen hat." Daraufhin lächelte er grundfalsch. "Zum Glück habe ich mit dem Wahrsichttrank von gestern Abend diesen Fehler eher entdeckt als bei dem Toaster."
Er trug die Teller ins Wohnzimmer und setzte sich. "Ich habe die Eier und den Speck noch nicht gekostet, aber ich hoffe er wird Ihnen munden."
Unsicher blickte Hermine auf den Teller, und fragte sich, ob er wohl das Spiegelei mit Zucker gewürzt hatte. Doch da sie sich nichts anmerken lassen durfte würde sie wohl oder übel kosten müssen.
"Es wird sicher köstlich sein." erwiderte sie mit einem strahlenden Lächeln. "Schließlich wäre es nur natürlich, wenn sie sich auf´s kochen ebenso verstehen wie auf das bereiten von Zaubertränken." Mit diesen Worten nahm sie einen selbstsicheren Biss. Nichts konnte schlimmer sein als der Zaubertrank den sie am letzten Abend hatte trinken sollen.
Aber Spiegeleier mit Zucker kamen dem dann schon ziemlich nahe. Nur noch übertroffen von gezuckertem Speck. Wenigstens war der Toast nicht verkokelt. Snape war durch ihr Vorkosten sichtlich ermutigt und biss ebenfalls herzhaft in ein Stück Speck mit Ei.
Seine Züge veränderten sich nicht großartig, aber ihm entkam ein leises Seufzen. "Kann es sein, dass es hier einen Hauselfen gibt?", fragte Snape gelassen. "Einen, der mich hasst?"
"Ich erwähnte bereits, dass es hier keinerlei Hauselfen gibt." erwiderte sie kühl und aß tapfer weiter ihren Toast mit Speck, wenn auch mit ungewohnter Hast.
Auch wenn es eher eine Qual für sie als ein Gaumenschmauß war kam sie nicht umhin innerlich vor Freude zu tanzen. Das konnte ja ein lustiger Tag werden...
Snape bestätigte diese Vermutung, in dem er todesmutig sein verunglücktes Frühstück hinunterschlang. Offenbar fiel es ihm schwer, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass es diesmal keinen Hauselfen gab, den man bestrafen konnte. Und Selbstgeißelung zählte wohl nicht zu seiner Auffassung von gerechter Strafe.
