Wie unrecht Snape mit dieser Bemerkung hatte, sollte er spätestens beim Frühstück merken. Da Hermine wusste, dass sie auf schöne Worte ohnehin nur bissige Antworten bekam, beschloss sie ihre Gedanken durch Taten sprechen zu lassen. Nachdem sie sorgsam Eier und Tee gekocht hatte, zauberte sie ohne jegliche Magie frische Brötchen und die passenden Brotaufstriche auf den Tisch.
Da sie jedoch nicht wusste ob Snape solche Speisen schätzte wechselte sie das Menü durch Müsli, verschiedene Cornflakes und frische Milch ab.
Nachdem sie den Tisch fertig gedeckt hatte machte sie sich bereits daran die Unordnung der Einzugsparty zu beseitigen, während sie auf sein Erschienen wartete.
Als er schließlich die Treppe hinabkam und sie arbeiten sah, sagte er, wohl bewusst, welche Wirkung diese Worte haben würden: "Es ist eine Schande, dass wir keinen Hauself haben, der das erledigen kann."
Zuerst hatte sie versucht diese Worte zu übergehen und bereute bereits, dass sie sich so viel Arbeit für diesen Idioten gemacht hatte. Innerlich machte sie sich eine Notiz, dass sie sich unbedingt weitere nicht-magische Gemeinheiten für ihre Küchengeräte einfallen lassen musste, bevor sie ihn mit auffälliger Höflichkeit zu Tisch bat.
Snape setzte sich an den reichlich gedeckten Tisch, übersah alles mit leicht überraschtem Blick. "Auf der anderen Seite bereiten einem diese kleinen Tierchen einem immer genau das, was man möchte." Er besah das Müsli eingehender. "Keine Überraschungen." Vermutlich sollte das so etwas wie ein Kompliment sein, aber slytherinischer hätte er es nicht sagen können.
Nachdem er sich Müsli in eine Schale gegeben und mit Orangensaft übergossen hatte, sah er Hermine kurz an, lächelte pflichtbewusst und sagte nur: "Danke."
Das Frühstück verlief ausnahmsweise sehr friedlich und wie immer schweigsam. Noch immer verspürte Hermine ein wütendes brodeln in der Magengegend, welches sie jedoch mühsam unterdrückte.
Stattdessen schmierte sie dich als Ausgleich lieblos ein halbes Brötchen und würgte es, ohne wirklich Hunger zu haben, herunter. Die restliche Zeit über nuckelte sie lustlos an ihrem Glas Milch und beobachtete nebenbei voller Interesse die Anordnung der Brötchenkrümel auf ihrem Teller.
"Sie sollten vielleicht doch ein wenig mehr essen, Miss Granger.", sagte Snape schließlich. "Sie werden für die Okklumentik-Stunde alle Kraft brauchen, die Sie bekommen können. Ich hege keinen Zweifel daran, dass Sie talentierter und disziplinierter sind als Ihr Freund Potter. Es dürfte dennoch kein Spaziergang für sie werden."
Der Keller des Hauses hatte nichts von seiner unheimlichen Atmosphäre verloren, nur weil die Kessel beiseite geräumt waren und keine widerlichen Dinge auf den Tischen verteilt lagen. Snape, auch wenn er in Muggelkleidung gehüllt war, wirkte dunkel und irgendwie bedrohlich, wie er in der Mitte des Raumes stand. Sein Zauberstab lag entspannt in seinen Fingern.
"Okklumentik, wie Sie bereits wissen, ist die Kunst, den Geist gegen Einflüsse von außen abzuschirmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Richtungen der Zauberei aber ist es keine Frage der Intelligenz oder des genauen Befolgens von Anweisungen, ob Sie diese Kunst meistern. Wichtig ist Willenstärke, Disziplin und...", er neigte selbstgefällig sein Haupt, "die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu beherrschen.
Ich weiß, dass sie mich hassen, Miss Granger, aber solange Sie Okklumentikstunden haben, empfehle ich Ihnen, davon Abstand zu nehmen. Ziehen Sie ihren Zauberstab."
Hermine hatte der Rede ihres Professors mit wachsendem Misstrauen gelauscht und als er geendet hatte griff sie nur unsicher nach ihrem Zauberstab. Willensstärke und Disziplin besaß sie zweifellos. Doch sie wusste nicht, ob auch letztere Fähigkeit ihr zueigen war. Ihr kamen jedoch starke Zweifel.
Sie malte sie aus, wie Harry Snape damals wohl gegenüber gestanden haben musste und in diesem Moment konnte sie sich nur zu gut vorstellen, wie er sich dabei gefühlt hatte.
Es war eine Sache Snape in einer normalen Unterrichtsstunde zu unterliegen, doch auch seine eigenen Gedanken hilflos vor seinen Füßen ausbreiten zu müssen war eine ganz andere.
Nervös rieb sie sich mit kalten Fingern ihr Handgelenk und griff ihren Zauberstab mit Daumen und Zeigefinger. Schnell versuchte sie alle Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen, bevor sie den Blick, wie sie hoffte entschlossen, auf Snape richtete. "Ich bin bereit."
"Ach wirklich?", sagte Snape kühl und hob seinen Zauberstab. "Das werden wir sehen." Dann zögerte er kurz. "Gibt es etwas, dass Sie mir beichten wollen, bevor ich es selbst herausfinde?"
Hermines Gedanken rasten und blieben an einem Tag in ihren 2. Schuljahr hängen, an welchem sie in Snapes Büro eingebrochen war um für einen Vielsafttrank die fehlenden Zutaten zu stehlen. /Verdammt./ Sie spürte, dass ihr bei dem Gedanken übel wurde. "Nein, nichts." Log sie und versuchte schnell die Erinnerung aus ihrem Kopf zu verbannen.
Snape neigte anerkennend sein Haupt. "Das glaube ich zwar kaum, aber es war die richtige Antwort. Zweifeln Sie nie an Ihrem Erfolg, Miss Granger.
Die Regeln sind einfach. Setzen Sie alle nur denkbaren Mittel ein, um mich davon abzuhalten, in Ihren Geist einzutauchen oder versuchen sie, mich aus ihm zu vertreiben. Legilimens!"
Snapes Zauberspruch traf sie wir ein Schlag, weil sie nicht auf einen so plötzlichen Angriff gefasst gewesen war. Völlig überrumpelt taumelte sie wenige Schritte zurück, bevor sie mühsam ihren Zauberstab hob und den Kitzelfluch über Snape sandte.
Nachdem Snape ärgerlich, von unterdrücktem Kichern geschüttelt, Hermines Fluch aufgelöst hatte, neigte er erneut anerkennend sein Haupt. "Das war nicht schlecht, für einen ersten Versuch, Miss Granger. Ich fürchte, ich werde nachlässig auf meine alten Tage. Machen Sie sich bereit, der nächste Angriff wird nicht so schwach ausfallen."
Er hob seinen Zauberstab. "Ich frage mich, wie Sie Musterschülerin wohl hinter meinem Rücken über mich reden.", stichelte er und rief: "LEGILIMENS." Die Wucht dieses Angriffs war erschreckend und trieb Hermines Verstand aus dem Keller hinaus...
Wieder taumelte sie unweigerlich zurück als sie Snapes Attacke spürte. Mein Kopf ist leer! Mein Kopf ist leer! versuchte sie sich zunächst panisch einzureden, bevor eine seltsame Schwere sie überkam. Sie sah sich in Snapes Unterrichtsstunde, wie sie ihn mit scharfen Augen beobachtete und schließlich das verhängnisvolle Kopfnicken an Harry richtete.
Schon hörte sie das verräterische Zischen des verhextes Feuerwerkskörpers hinter sich und das unvermeidliche Plumsen danach, als dieser in Goyles Kessel landete und schließlich explodierte.
Keinen Augenblick später rannte sie los, war bereits kurze Zeit später in Snapes Büro, wo sie zunächst von der Masse an Büchern, welche sorgfältig in Regale geordnet waren, überwältigt wurde. Alle Achtung Professor. Wie gerne wäre sie einige Momente länger geblieben um sie genauer anzusehen.
Doch diese Zeit blieb ihr nicht.
Siegessicher verhexte sie den verschlossenen Schrank mit den Zutaten, wo sie schnell die Baumschlangenhaut in ihren Umhang verschwinden ließ.
Dabei kam sie nicht umhin, ein gewinnendes Lächeln in das trübe Glas der Scheibe zu entsenden. "Das Schlammblut wird es dir schon zeigen Malfoy." Mit diesen Worten verschloss sie den Schrank und kehrte keinen Moment zu früh in den Klassenraum zurück.
Hermines Sicht kippte und wurde zur Kellerdecke. Erst einen Augenblick später begriff sie, dass sie wohl in die Kissen gefallen war, die Snape gestern ausgelegt hatte.
Snape erschien in ihrem Sichtfeld und machte keinerlei Anstalten, ihr aufzuhelfen. "Sie haben jämmerlich versagt, Miss Granger. Sie haben nicht einmal den Versuch unternommen, mich von ihren Erinnerungen fernzuhalten." Dann wandte er ihr den Rücken zu und schritt wieder in die Mitte des Kellers. Ohne Zweifel war er zornig. "Und ich hatte die ganze Zeit Potter in Verdacht gehabt.
Sagen Sie Miss Granger..." Er drehte sich zu ihr um. "Wozu haben Sie eigentlich Baumschlangenhaut benötigt?"
Hermine blieb noch eine ganze Weile sitzen, bevor sie sich schließlich sichtbar missmutig erhob. "Das müssen sie schon selber herausfinden." knurrte sie leise vor sich hin, bevor sie sich mit ihrem Zauberstab in Position begab. "Meinetwegen können wir weiter machen."
"Ah!", sagte Snape spöttisch. "Der Kämpfergeist der Gryffindor. Eine Herausforderung - nun denn. Legilimens!."
Und wieder traf Snapes Angriff sie völlig unvorbereitet und ließ sie zurücktaumeln. Ihr Vorteil jedoch war, dass sie selbst Probleme hatte, sich an alles genau zu erinnern. Mein Kopf ist leer! Mein Kopf ist leer! Mein Kopf ist leer! Sie versuchte ihre Gedanken um alles mögliche kreisen zu lassen, dachte eine Weile lang an die langweiligsten Formeln, welche ihr aus dem Arithmantikunterricht einfielen.
Dann jedoch erschien plötzlich Harrys Gesicht vor ihren Augen und sie stöhnte auf. Sie sah ihn zusammen mit sicher selbst und Ron im Klo der Maulenden Myrthe und musste beobachten, wie sie den Vielsafttrank fertig stellten und jeder die Haare, welche er von seinem Opfer erbeutet hatte in den Trank tat.
Schon verschwanden alle in ihre Kabinen und sie in die ihre. Sie setzte zum Schluck an, als sie sich plötzlich wieder besann wo sie war. Sie WAR nicht im Klo der maulenden Myrthe. Sie war...
im Keller.
"Der Vielsafttrank, wie hochinteressant.", sagte Snape nur. "Ich bin überrascht, dass Sie ihn offenbar korrekt gebraut haben. Drei verunstaltete Schüler wären meiner Aufmerksamkeit nicht entgangen.
Stehen Sie auf, Miss Granger. Sie haben einen kleinen Erfolg errungen, aber Sie verschwenden zuviel Zeit darauf, sich einzureden, dass Ihr Kopf leer ist. Entweder sie denken an gar nichts oder sie laden den Legilimentiker geradezu ein, das Geheimnis zu suchen, während Sie abgelenkt sind."
Wieder seufzte sie und rieb sich erschöpft die Stirn. "Ich habe verstanden." sagte sie knapp und nahm wieder Position ein. "Lassen sie uns weiter machen."
