Snape hastete durch die Gänge, hatte aber alles andere als eine planlose Fluch im Kopf. Vielmehr wollte er die Todesser von Hermine weglocken und gleichzeitig in die Nähe des Ausgangs gelangen. Eine Zeit lang schien das auch gut zu funktionieren, drei seiner Verfolger lagen inzwischen verflucht auf dem Boden und konnten sich nicht mehr bewegen. Doch dann traf Snape ein Zauber mitten in den Rücken und streckte ihn nieder.
Als er einige
Zeit später mit Kopfschmerzen in einer Zelle wieder aufwachte,
wusste er, dass er gescheitert war. Es blieb ihm nur noch zu hoffen,
dass Hermine es nach Draußen geschafft hatte. Und wieder
schimpfte er sich einen Narren. Kein Heldentum, hatte er gesagt und
sich nicht daran gehalten.
Stimmen wurden im Gang laut, Tumult
entstand und dann wurde es wieder still. Als das Schloss klickte,
sprang Snape auf die Füße und machte sich bereit, jeden
anzugreifen, der durch diese Tür kommen würde. Vielleicht
gelang es ihm ja, einen Zauberstab zu ergreifen.
Doch an statt
eines Todessers erschien Dumbledores Halbmondbrille mit seinen hellen
Augen dahinter im Türspalt. "Professor Snape, ich fürchte,
das gibt 100 Punkte Abzug für Slytherin.", schmunzelte der
Schulleiter und stieß die Tür ganz auf. "Kommen Sie
jetzt, die Zeit drängt."
Während sie durch die
Gänge eilten, gab Dumbledore ihm zwei Zauberstäbe in die
Hand. Snapes und den von Hermine. "Was ist mit Miss Granger?",
fragte Snape.
"Ich fürchte, sie ist nicht mehr in dieser
Schule.", erwiderte Dumbledore nur. "Oder nicht mehr am
Leben."
Sie eilten durch die finsteren Gänge, doch trafen sie auf keine Todesser. Entweder hatte Dumbledore sie vertrieben oder er hatte eine seltsame Magie gewirkt, welche diese Schule leer sein ließ. Schon bald traten sie in die Dunkelheit einer wolkenverhangenen Nacht hinaus und waren endlich wieder in Freiheit.
Dumbledore führte Snape und die anderen Ordensmitglieder ein Stück über den Friedhof, wo er ein wenig abgelegen unter einer alten Eiche stehen blieb und auf den Rest der Gruppe wartete. Sicher hatte er eben diesen Ort als Treffpunkt verabredet, damit sich sie Gruppe hier neu formieren konnte.
Nach und nach trafen die ersten Ordensmitglieder ein, die meisten unverletzt oder nur mit kleineren Blessuren. Mit ungewohnt finsterem Gesicht hörte sich Dumbledore die einzelnen Berichte an, nickte bei jedem einzelnen tief konzentriert und brummte etwas, das wohl eine Zustimmung bedeutete. Dennoch wirkte der sonst fröhliche Mann ungewohnt finster.
Snape wartete
ungeduldig. Ihm behagten die neugierigen Blicke der Ordensleute
nicht, die sie ihm zuwarfen. Man hatte ihn gefunden, gefangen wie ein
Kaninchen. Doch viel mehr beunruhigte ihn Hermine. Als die letzte
Hexe ihren Bericht gegeben hatte, fragte Snape: "Hat man sie
gefunden?"
Dumbledore schüttelte betrübt den Kopf.
"Ich fürchte nicht, Severus."
"Dann ist sie
vielleicht entkommen.", sagte Snape. "Ich habe versucht die
Todesser, die den Ausgang bewachten, abzulenken. Vielleicht hat sie
es geschafft."
Dumbledore musterte Snape kurz eindringlich,
lächelte dann und sagte zu den Zauberern und Hexen: "Durchsucht
die Umgebung. Wir haben noch zehn Minuten, bis der Zeitstopp endet."
Ein unruhiges Gemurmel ging durch die Reihen doch letztendlich folgte jeder dem Befehl des Schulleiters. Einige Schlossen sich zu Zweiergruppen zusammen, während andere alleine mit erhobenem Zauberstab loszogen. Dumbledore und Snape waren die letzten, die zurück blieben. „Ich schlage vor wir machen uns ebenfalls auf den Weg." Schlug der Direktor im Plauderton vor.
"Natürlich,
Professor." Snape schloss sich dem Schulleiter an, der raschen
Schrittes vorwärts eilte. "Wie kommt es, dass Sie doch so
schnell hier sein konnten?", fragte er.
"Nun, ich hatte
dieses untrügliche Gefühl, dass Sie eine Dummheit begehen
würden.", antwortete Dumbledore, tippte sich mit seinem
Zauberstab gegen die Stirn und murmelte einen Zauber. "Deswegen
konnte ich leider nur jene mitbringen, die ich so schnell
zusammentrommeln konnte. Mir wäre es lieber gewesen, mit viermal
so vielen Ordensleuten diese Schule zu säubern, doch musste ich
mich nun mit einer Befreiungsaktion begnügen."
Dumbledore
blieb stehen und blickte in Richtung einer Krypta. "Kommen
Sie."
So sehr Snape sich auch anstrengte, er konnte nichts
entdecken. Doch Dumbledore ging unbeirrt auf die Krypta zu, öffnete
den Eingang mit einem Wink des Zauberstabs und Snape blieb wie
angewurzelt stehen.
Tatsächlich
lag dort Hermine, in einer ungesunden Stellung zusammengekrümmt
auf dem Boden. Ihre Kleider waren zerfetzt und teils verkolt und ihre
Haut wies die Spuren der unterschiedlichsten Flüche auf.
Zweifellos hatte sie mehrere Crucicatus Flüche ertragen müssen.
Auch Dumbledore blieb zunächst ruhig im Eingang stehen,
wiegte immer wieder den Kopf von der einen zur anderen Seite, bevor
er vorsichtig näher trat.
"Ich fürchte sie hat es nicht geschafft, Severus." sagte er matt und beugte sich noch im selben Atemzug zu ihr herunter.
Snape biss die
Zähne zusammen und trat ebenfalls näher. Hermine lag
regungslos und bleich da. Kein Zweifel. Sie war...
Snape stutzte.
In seinem Blut befand sich noch ein kleiner Rest des Tranks der
wahren Sicht. Dumbledore nahm er wie ein Leuchtfeuer als Zauberer
wahr, so dass es leicht war ein schwaches Glimmen von Hermine zu
übersehen.
"Sie lebt noch.", flüsterte Snape.
Verwundert
wandte Dumbledore den Kopf, sah den Professor an und befühlte
dann die Stirn des Mädchens. "Sie wird eine ganze Menge
Glück brauchen." seufzte er. "Und gute Versorgung.
Lassen sie uns so schnell es geht nach Hogwarts zurückkehren."
er nickte und erhob sich. Seine Miene wirkte längst nicht mehr
so finster, blieb aber dennoch nachdenklich.
"Ich schlage vor
sie tragen sie." dann lächelte er leicht verlegen. „Ich
auf meine alten Tage..."
Snape hob Hermine behutsam hoch und erschrak ein wenig. Es schien, als wäre sie um einiges leichter, als das letzte Mal. Dann traten sie ins Freie. Dumbledore hatte ein Leuchtsignal in die Luft gezaubert und die Zauberer und Hexen des Ordens sammelten sich hastig unter der alten Eiche.
Die meisten Disapparierten auf der Stelle, doch Dumbledore verzauberte einen Stein als Portschlüssel und bald darauf waren er, Hermine und Snape verschwunden.
Als Hermine zu sich kam, fühlte sie sich, als hätte man ihr mit einem riesengroßen Hammer den Schädel zertrümmert und ihr Gehirn in einen Haufen Watte verwandelt. Alle ihre Knochen taten weh und teilweise fühlte sie sich, als hatte sie eine Sonderbehandlung bei Lockhard und nicht bei Madam Pomphrey hinter sich gehabt. Über sich sah sie die Steinernen Gewölbe des Hogwarts Krankensaals und sie wusste, dass sie in Sicherheit war. Der Albtraum war vorbei.
"Guten Mittag, Miss Granger.", drang Snapes Stimme an ihr Ohr. Er war wieder in seine schwarze Robe gekleidet und auch sein Tonfall war wieder viel mehr der des Professors, den sie kannte.
Hermine wollte sich umsehen, doch musste sie feststellen, dass sie kein Gefühl in ihren Knochen hatte. Und so begnügte sie sich nur mit einem "Hallo." was aber auch mehr ein Krächzen als alles andere war.
"Bevor Sie sich etwas einbilden..." Snape stand bereits auf. "Ich bin nur hier, um ihnen zu sagen, dass wir offziell nur verschwunden waren, nicht tot oder ähnliches. Der Unfall hatte unerwartete Nebenwirkungen, wie das Verschwinden unserer Körper. Gehen Sie nicht weiter darauf ein, wenn man Sie fragt."
Gerade, als er sich zum Gehen wenden wollte, ging die große Flügeltür des Saals auf und Harry und Ron kamen hereingestürmt.
Als sie Snape jedoch erblickten, blieben sie zunächst wie versteinert stehen, blickten verwirrt von Snape zu Hermine und wieder zu Snape. Dann jedoch nickten sie stumm in Richtung von Snape, bevor sie sich in unnötig großem Abstand an ihm vorbei drängten und sich neben Hermine setzten.
"Hallo hermine, schön dass du wieder da bist." sagte Harry mit einem sonnigen Lächeln in ihre Richtung. "Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt, weißt du das?"
"Das war
die Folge von mangelnder Disziplin beim Brauen des Zaubertranks,
Potter.", ließ Snape vernehmen. "Seien Sie froh, dass
Ich ihren Trank aufgelöst habe, bevor er explodiert ist."
Dann
stutzte er, als ihm etwas einfiel, ging zu Harry hinüber und
sagte leise und gefährlich. "Sollte ich Sie jemals dabei
erwischen, wie Sie "Snape explodiert" spielen..." Er
überließ den Rest Harrys Vorstellung und wandte sich ab.
Hermine sah, wie jegliches Grinsen sofort auf Harrys Gesicht erloch und sofort durch Schrecken ersetzt wurde. Er entgegnete Snape jedoch nichts, sondern wartete, bis er wieder die Tür erreicht hatte, bevor er leise zu Hermine flüsterte. "Schade dass er nicht noch ein bisschen weggeblieben ist. Lupin hat in seiner Abwesenheit ein sehr guten Unterricht gemacht. Neville ist regelrecht aufgeblüht."
"Stell dir vor Hermine. Meine Noten sind um 2 Punkte gestiegen." berichtete Ron begeistert ohne sich auch nur zur Tür umzuwenden und Snapes Verbleib zu untersuchen. Beinahe schien es so, als würde dieser für die Beiden gar nicht mehr existieren.
Snape war aber noch nicht verschwunden, sondern hatte an der Türe innegehalten. "Passen Sie auf, Weasley. Miss Granger ist seit dem Unfall ein wenig bissig." Dann ließ er die Freunde endlich allein.
Als auch Ron und Harry schließlich wieder verschwunden waren (sie hatten ihr vorher noch ausführlich vom ständig sinkenden Punktestand der Slytherins berichtet) fühlte sich Hermine wie gerädert und war im Grunde froh, dass sie wieder ihre Ruhe hatte.
Es dauerte nicht lange und sie versank in einen tiefen Schlaf aus dem sie erst mitten in der Nacht wieder erwachte, da sie ein seltsames Brennen auf ihrem Unterarm verspürte.
Mühsam zog sie ihn unter der Bettdecke hervor schob den Ärmel ihres Schlafanzuges nach oben und fuhr vor entsetzen zusammen. Auf ihrem Arm prangte hell leuchtend das dunkle Mal.
