Die
nächste Woche über unterrichtete immer noch Professor Lupin
Zaubertränke, was die wildesten Gerüchte unter den
Gryffindors aufkommen ließ, Snape habe eine Allergie gegen
Zaubertränke entwickelt und würde von nun an nicht mehr
unterrichten.
Doch am Montag der übernächsten Woche saß
Snape wieder hinter seinem Pult, als die lärmende Horde
hereinstürmte und erweckte den Eindruck, nie fortgewesen zu
sein. Etliche Slytherin scharten sich um ihn und stürmten mit
Fragen auf ihn ein und Snape genoss es sichtlich, von ihnen alle
möglichen Proteste gegen ihren Aushilfslehrer zu vernehmen.
Als Hermine zusammen mit Harry und Ron in das Klassenzimmer trat, würdigte er sie keines Blickes und ließ laut genug eine abfällige Bemerkung über Werwölfe fallen, dass es die drei unweigerlich hören mussten. Die Slytherin bekundeten lautstark ihre Zustimmung, bis Snape sie alle auf ihre Plätze scheuchte.
Auch für Hermine war dies wieder ihr erster Schultag. Sie hätte sich keine Sekunde länger von Madam Pomphrey an dieses Krankenbett fesseln lassen, wo sie noch weitere kostbare Unterrichtsstunden versäumen würde. Und so betrat sie nach einer äußerst erfüllenden Stunde Arithmantik gemeinsam mit Ron und Harry das Klassenzimmer.
Das Mal an ihrem Arm hatte sie sobald sie dazu in der Lage war selbst mit einem dicken Verband verdeckt, den sie leicht mit dem Zaubertränkeunfall rechtfertigen konnte. Manchmal hatte es auch seinen Vorteil, wenn die Eltern Mediziner, wenn auch nur Zahnärzte, waren. Sie zog es vor, zunächst niemandem von diesem Ding zu erzählen.
Ron und Harry würden es sicher nicht so auffassen, wie sie es sich wünschte. Vielleicht würde man sie für einen Verräter halten, und das wollte sie auf keinen Fall. Und so zog sie es vor sich stattdessen erst einmal in ihrer Knappen Freizeit über dieses Symbol zu belesen.
Hörbar keuchend wuchtete sie ihre Tasche neben sich auf den Stuhl, welche sie zu diesem Zweck wieder randvoll mit Büchern gestopft hatte. Nun da sie endlich legal in der verbotenen Abteilung der Bibliothek schmökern konnte, würde es ihr sicher ein Leichtes sein, etwas über ihr Problem zu erfahren.
Von vorne drang unterdessen Snapes gehässige Stimme an ihr Ohr, welche eine abfällige Bemerkung über Wehrwölfe machte. Doch sie ignorierte sie.
Jetzt, wo sie wieder Verstärkung durch ihre Freunde hatte, würde sich alles viel leichter ertragen lassen.
Snape
stand auf und Schweigen machte sich breit. "Gut.", sagte er
wohlwollend. "Wie es scheint, haben Sie nicht vergessen, wer ich
bin." Er schritt zu der Tafel und drehte sich wieder zu der
Klasse um. "Um sicher zu gehen, dass Sie wieder wissen, wer sie
prüfen wird, werde ich heute deutlich machen, welches Niveau sie
zu erwarten haben. Ich bin bei weitem nicht so nachsichtig wie mein
geschätzter Kollege." Er klopfte mit dem Zauberstab
gegen die Tafel und das Rezept für den Trank der wahren Sicht
erschien.
Dabei erklang aus der
Richtung von Hermine ein hörbares stöhnen.
"Da
sie inzwischen bestimmt nicht verlernt haben, zu lesen, brauche ich
nichts weiter dazu sagen. Es ist ein sehr nützlicher Trank und
ich versichere ihnen, dass ich ihn prüfen werde." Dann
lächelte er falschfreundlich. "Sie dürfen sich am Ende
der Stunde gerne von seinen geschmacklichen Vorzügen
überzeugen."
Hermine, die eben diesen Horror schon einmal hatte durchmachen müssen bereitete alles mit äußerster Sorgfalt und erster Routine zu. Dabei schoss ihr die Frage durch den Kopf, ob Snapes Privatunterricht vielleicht angenehmer gewesen sein könnte. Doch sie verwarf den Gedanken wieder und wandte sich stattdessen den Spinnenbeinen zu, welche Ron ihr herübergeschoben hatte. Sie wusste ja dass er diese vielbeinigen Insekten auf den Tod nicht ausstehen konnte.
Als Hermine sie ihm fertig bearbeitet in den Kessel warf vernahm sie nur ein erleichtertes seufzen aus seiner Richtung und lächelte zufrieden. Es war alles beim alten geblieben.
Snape hatte keinen Camäleontrank gebraucht, um wie aus dem Nichts hinter ihnen aufzutauchen. "Nun, Miss Granger. Brauen Sie jetzt zwei Tränke gleichzeitig?"
Hermines Gesicht färbte sich bei diesen Worten sichtbar rot und sie drängte sich unweigerlich näher an die Tischplatte um einen gesunden Abstand zwischen sie und den Professor zu bringen. Doch es gelang ihr nicht so recht. "Nein Professor Snape." nuschelte sie unverständlich, und musterte Ron mit einem mitleidigen Blick. "Ron hatte nur ein Problem mit der Zubereitung einer Zutat. Das ist alles."
"Arachnophobie?", fragte Snape doch es war eher eine Feststellung. "Nun, Sie wissen, dass Sie ihn dann auch trinken müssen, Mister Weasley?" Dann ging er zu dem nächsten Tisch. "Ach ja... Ich toleriere kein Schummeln. Zwei Punkte Abzug für Gryffindor." Malfoy grinste zufrieden.
Die
Stunde zog sich wie immer hin wie Gummi und Hermine war dankbar, als
sie schneller als alle anderen fertig war und nur noch das blubbernde
Gebräu vor sich im Kessel musterte. Damals war sie um das
trinken des Trankes herum gekommen, doch heute würde es wohl
keinen Ausweg geben, wenn sie Gryffindor nicht weitere Minuspunkte
verschaffen wollte.
Zufällig fiel ihr Blick herüber zu
Neville und sie seufzte. Wahrlich, es hatte sich nichts verändert.
Unweigerlich glitt ihr Blick herüber zu Snape welcher sich gerade über Malfoys Kessel beugte.
Wie zufällig wischte der Professor eine Zutat, die am Rande des Tisches lag mit dem Ärmel in den Kessel Malfoys und machte sich nicht einmal die Mühe, sich umzuschauen, ob ihn jemand gesehen hatte. Während er durch die Reihen Schritt, mit Lob geizte und mit Tadel nicht sparte, rieb er gedankenverloren seinen rechten Unterarm.
Schnell wandte Hermine ihren Blick wieder ab und bemerkte nun auch ihrerseits das unangenehme brennen. Doch sie bemühte sich keine Miene zu verziehen und rührte stattdessen eifrig in ihrem Kessel. Auf der einen Seite verspürte sie das Bedürfnis den Professor genauer nach dem Mal zu fragen. Doch andererseits wollte sie keine Aufmerksamkeit auf sich lenken. Und sie fürchtete, dass Snape, misstrauisch wie er war, sofort Verdacht schöpfen würde.
Und so verwarf sie den Gedanken in Windeseile wieder.
Als
sich die Stunde endlich ihrem Ende neigte, ließ Snape
verkünden: "Auch wenn es eine Neuigkeit für viele von
Ihnen sein wird, ich bin kein Unmensch." Lachen der Slytherins
und leises Grummeln der Gryffindors war zu vernehmen. "Ich gebe
offen zu, ich verabscheue es selbst, diesen Trank zu trinken. Er ist
einfach widerlich."
Er stellte sich neben das Lehrerpult und
überschaute die Klasse. "Deswegen werde ich niemanden von
Ihnen zwingen, diesen Trank zu trinken."
Erleichtertes Raunen
ging durch die Reihen.
"Jedem bleibt die Wahl überlassen,
es nicht zu tun. Was seinem Haus 20 Minuspunkte einbringen wird."
Ein
Laut der Enttäuschung machte die Runde.
"Aber da die
Gryffindor so sehr für ihre Opferbereitschaft gerühmt
werden..." Er ließ seine kalten Augen über den
hinteren Teil der Klasse schweifen. "Jedem steht es zu, den
Trank eines Mitschülers zu probieren und dessen Minuspunkte zu
vermeiden. Sie sehen, es ist ihre Wahl."
Als Antwort bekam er jedoch nur einen tödlichen Blick von Hermine, der Rest der Klasse musterte ängstlich das vor sich blubbernde Gebräu. Hermine jedoch hatte sich bereits die erste Kelle aus dem Kessel geschöpft und setzte nach einem prüfenden Rundumblick zum Schluck an. Diesem Widerling würde sie es zeigen. Und wenn sie jeden einzelnen Trank des Gryffindors probieren musste.
Ein salzig bitterer Geschmack breitete sich auf ihrer Zunge aus und sie würgte einmal laut, bevor sie sich wieder im Griff hatte und sich blass an der Tischplatte abstützte.
Vielleicht
sollte sie lieber versuchen die Minuspunkte durch gesteigerten
Lerneifer wett zu machen?
"Ach
ja... Habe ich erwähnt, dass sich der Geschmack bei jedem
Schluck potenziert?", warf Snape kühl ein.
Hermine erschauderte und schüttelte angeekelt den Kopf. Zu ihrer Erleichterung sah se, wie nun auch andere zum Schluck ansetzten, und nur Neville und Ron vermieden den Näheren Kontakt mit ihrem Gebräu. Panisch begann Hermine zu rechnen, musterte dabei die vor Ekel zusammengesunkenen Mitschüler um sich herum. 40 Minuspunkte waren einfach zu viel...
Die Slytherin schluckten indess mit Todesverachtung Einer nach den Anderen ihren Trank und blickten Snape danach stolz an. So wie es aussah, würde es keine Minuspunkte für sie geben.
Ratlos blickte sie zwischen Nevilles und Rons Kessel hin und her, doch die Entscheidung fiel ihr nicht schwer.
Vor Wut schnaubend griff sie sich Rons Kelle, rührte einmal prüfend um und roch an dem Gebräu. Es roch ebenso abscheulich wie ihr eigener Trank. Sich bereits vorher vor Ekel schüttelnd trank sie einen weiteren Schluck des Trankes, ließ dabei die Kelle laut scheppernd zu Boden fallen und hielt sich stattdessen den Hals umklammert.
Ron stütze sie währenddessen mit mitleidiger Miene und Harry verwandte die Zeit um Snape einen düsteren Blick zu zu werfen.
Als
sich Hermine wieder ein wenig erholt hatte, war Snape bei ihnen
angekommen und betrachtete Neville durchdringend. "Nun, Mister
Longbottom?"
Der schrumpfte unter Snapes Blick noch mehr in
sich zusammen, bis Harry ihm die Kelle aus der Hand nahm, Snape
wütend anfunkelte und ebenfalls trank.
Würgend sank er
auf die Knie und hustete sich halb die Lunge aus dem Hals. Snape
jedoch lächelte zufrieden. "Gut, gut. Das war tapfer, nicht
wahr? Ich wusste, dass ich mich auf meine Lieblingsschüler
verlassen kann." Das Gejohle der Slytherin war ohrenbetäubend.
Danach war die Stunde endlich zu Ende und die drei Freunde schleppten sich mehr oder weniger frohen Mutes in Richtung Gryffindorturm. Noch immer würgte es Harry in kürzeren Abständen und Hermine begann zu spekulieren, ob Neville vielleicht die eine oder andere Zutat zu hoch dosiert hatte, und musterte ihren Freund mit ängstlichem Blick.
Dieser jedoch schien in relativ guter Verfassung. Dennoch hatte Snape ihnen gewaltig den Tag verdorben. Hermine lernte an diesem Tag nur noch halb so viel wie sie sich eigentlich vorgenommen hatte.
