Kapitel 24 - Erwachen

Ich öffnete schwerfällig die Augen. Das Kerzenlicht blendete mich für einen Moment und ich blinzelte ein paar Mal, bis ich allmählich scharfe Umrisse erkennen konnte. Ich starrte nach oben auf den Baldachin eines vierpfostigen breiten Bettes. Es dauerte einige Augenblicke bis ich mich wieder erinnerte wo ich war. Ich war im Herrenhaus der Valerious und hatte versucht meinen Meister wieder zum Leben zu erwecken, aber irgendetwas war schief gegangen... An dieser Stelle setzte meine Erinnerung aus. Stattdessen plagten mich rasende Kopfschmerzen. Behutsam setzte ich mich auf. Zu meinem Erstaunen fühlte ich mich frisch und ausgeruht wie schon seit Wochen (oder Jahren?) nicht mehr. Nur etwas benommen.

Ich blickte an mir herab und stellte verwundert fest, dass ich ein sauberes weißes Kleid trug. Waren meine Kleider nicht blutüberströmt gewesen? Ein kurzer Erinnerungsfetzen blitzte in meinem Geist auf, aber ehe ich ihn fassen konnte, war er wieder erloschen.

Ein Geräusch lies mich herumfahren. Mein Blick ruhte nun auf der Gestalt die links von mir stand. Sie hob sich kaum von der dunklen Tür ab vor der sie stand. Ob er soeben erst das Zimmer betreten hatte oder schon länger dort stand und jetzt erst auf sich aufmerksam gemacht hatte, vermochte ich nicht zu sagen. Ich konnte ja noch nicht einmal genau sagen ob es nicht wieder einer dieser immer wiederkehrenden Träume war, die mich seit Jahren heimsuchten. Ich wachte auf und er war ganz einfach da. So als wäre er nie weg gewesen. Er kam auf mich zu, so wie jetzt, und seine durchdringenden Augen blickten mich forschend an... so wie jetzt. Aber ich wagte es immer noch nicht zu glauben. Wie oft schon war ich aus diesen Träumen aufgewacht und hätte schreien wollen als ob es mir das Herz zerriss, weil ich doch wieder allein war?

Er legte seine Hand auf meine Stirn und ich spürte die Kälte die von ihm ausging. War diese Wahrnehmung wirklich oder doch nur wieder eine Sinnestäuschung? Ich hatte in den letzten Tagen so viele Dinge gesehen und gehört von denen ich nicht wusste, ob sie real waren oder nur meiner Einbildung entsprangen.

"Gut... dein Fieber ist gesunken." stellte er sachlich fest.

Ich saß immer noch im Bett wie versteinert. Der Klang seiner Stimme war so vertraut, obwohl es 12 Jahre her war, dass ich sie das letzte Mal wirklich gehört hatte, nicht nur in meinem Kopf. Dennoch versagte meine Stimme mir den Dienst. Ich hatte so furchtbare Angst durch ein unbedachtes Wort alles zu zerstören und auch diesen Traum zum zerplatzen zu bringen, wie eine Seifenblase, die man festhalten möchte.

Er runzelte die Stirn. "Bist du der Sprache nicht mehr mächtig?"

Endlich brachte ich wieder einen Ton hervor. "Ich..."

Jedoch bevor ich weitersprechen konnte, brach meine Stimme und meine Augen füllten sich wie von selbst mit Tränen. Es schien so, als würde mein Körper noch vor meinem Verstand begreifen, dass es diesmal Wirklichkeit war und keine Illusion oder Hirngespinst. Die Tränen rannen lautlos über meine Wangen während ich verzweifelt versuchte zu begreifen, dass meine Suche endlich vorbei war und um Fassung rang. Mit noch zitternden Beinen erhob ich mich langsam von meinem Lager um ihm besser in die Augen sehen zu können.

"Seid ihr es wirklich?" konnte ich schließlich mühsam formulieren.

Anstatt einer Antwort streckte er mir nur seine Arme entgegen. Meine Angst und meine Verzagtheit fielen von mir ab wie ein alter Umhang und ich lies mich einfach von meinen Gefühlen davontragen. Schluchzend stürzte ich mich in seine Umarmung wie ich es als kleines Kind schon einmal getan hatte. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Schulter und lies 12 Jahre Verzweiflung und Frustration endlich hinter mir. Seine Hände strichen beruhigend über meinen Rücken und durch mein Haar.

"Ssssh... die Zeit für Tränen ist jetzt vorbei. Wir haben eine Menge zu tun..." Sein Blick glitt in die Ferne und ein grausames Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

Authors Note:
Dieses Kapitel widme ich Luise, die ich heute durch eine Mail erst kennengelernt habe und die mir eine unbeschreiblich große Freude und Ehre hat zuteil werden lassen. Nicht nur, dass sie sich durch diese endlos lange und wirre Geschichte gelesen hat, sie ist kreativ tätig geworden und hat Bilder dazu gemalt. Und wenn ich das so sagen darf: Verflucht gute Bilder!!! Ihr könnt sie auf ihrer Homepage:

elbenart.de.vu

bewundern. Ich war jedenfalls sprachlos vor Rührung. Und da sie sich so sehr gewünscht hat, der Meister möge doch nun endlich zurückkehren, sei ihr hiermit dieser Wunsch gewährt. #fuchtelwedelzauber#

Und wenn wir schon beim Bedanken sind, danke ich auch noch einmal ganz herzlich Kodachi5, ohne deren beständiges piesaken ich die Geschichte nie online gestellt hätte, geschweige denn so viele Kapitel geschafft. #tiiiiief verneig# #Oscarrede halt#

Kleine Anmerkung noch zum Kapitel selbst. Ich hoffe es ist nicht zu kitschig geworden (meine bisherigen Lektoren meinen nein, aber ich bin mir net so sicher ;). Es ist so unendlich schwer sich Sätze für diesen Mann auszudenken. Aber da ich von so lieben Menschen unterstützt werde gebe ich mir weiterhin Mühe und schreibe auf jeden Fall weiter.

Sirius: Wow... was Du Dir für Gedanken zu der Story machst #g# Zur "Zusammensetzung" von Dracula... es hat schon seine Gründe warum ich die Szene nicht explizit beschrieben habe #räusper# Okay, ich bin ehrlich, ich hatte mehrere Vorstellungen, konnte mich aber nicht so wirklich entscheiden und so überlasse ich es der Phantasie des geneigten Lesers.