Kapitel 33 - Eine neue Situation

Carmilla nahm ihre Rolle als neue Herrin sehr schnell wahr. Und sie lies mich mein Dasein als "gerade so geduldete Dienstbotin" deutlich spüren. Ich hatte mir vorgenommen, es zu ignorieren, einfach nur glücklich zu sein, solange ich in der Nähe meines Herrn sein konnte. Aber alle guten Vorsätze halfen nichts. Ich musste mir eingestehen: Ich hasste diese Frau von ganzem Herzen. Und ich war mir sicher, dass Verona, Marishka und Aleera auch nicht mir ihr einverstanden gewesen wären.

Jedoch halfen mir diese Gedanken keineswegs weiter. Und das schreckliche Weib tat ihr Möglichstes, meinen Meister vollkommen von mir abzuschotten. Seit seiner Rückkehr hatte ich ihn erst einmal wieder gesehen. Obschon bereits 2 Woche seitdem vergangen waren. Trotz allem beherrschte ich mich, war demütig und gehorsam und erduldete scheinbar ergeben alle Schikanen. Innerlich schrie ich wie ein verwundetes Tier. Mein Zorn wuchs mit jedem Tag und ich hatte manchmal Angst, dass ich ihn nicht mehr würde unterdrücken können und dann bestraft würde. Manchmal war mir meine äußerliche Ruhe selbst unheimlich und ich fragte mich, woher ich sie nahm und ob sie nicht vielleicht nur eine Entschuldigung für etwas viel schlimmeres war... war ich vielleicht einfach nur feige?

Nein... das konnte nicht sein. Ich hatte die letzten Jahre nicht überstanden und gekämpft weil ich feige war. Und ich hatte nicht überstanden um mich einer solchen Person zu beugen. Ich beschloss, ihr zu verdeutlichen, dass ich einzig und allein meinem Herrn diente und nicht ihr oder sonst irgendjemandem. Und schon bald sollte sich mir die Möglichkeit dazu bieten.

"Hey du, Dienstmädchen! Habe ich dir nicht gesagt, dass du mein aufgerissenes Kleid nähen sollst?!"

Sie war in der Nacht zuvor von der Jagd mit dem Meister heimgekehrt. Ihr Kleid war an mehreren Stellen gerissen. Ich wusste nicht warum, und es war mir auch egal. Vielleicht war es zu einem Kampf gekommen, vielleicht hatte sie sich auch einfach nur dumm angestellt. Ich hatte nicht gefragt. Es spielte keine Rolle. Sie hatte mir befohlen es zu nähen. Für einen Moment hatte mich der sehnsüchtige Wunsch beschlichen, das Kleid tief in die nächste Mistgrube zu tunken. Doch ich hatte widerstanden. Als Zeichen meiner offenen Revolte, hatte ich es eben einfach sein lassen und nicht genäht. Ja... ich weiß. Ich bin eine Rebellin.

Ich erhob mich nun also von dem Sofa auf dem ich gesessen und gelesen hatte und blickte ihr offen und mit der gleichen Feinseligkeit mit der sie mich anstarrte ins Gesicht. "Macht es selbst."

"Was war das?!"

"Ich sagte, macht es selbst!"

"Du elende kleine Sterbliche! Wie kannst du es wagen, dich gegen deine Herrin zu erheben!" Sie packte mich am Handgelenk und drückte fest zu. Ich hörte den Knochen splittern, noch bevor ich den Schmerz spürte. Aber ich schrie nicht. Diese Genugtuung wollte ich ihr nicht verschaffen. Ich blickte sie nur weiter trotzig an.

"So...", lächelte sie boshaft, "jetzt hast du wenigstens einen Grund, warum du das Kleid nicht nähen kannst." Ihr Lachen, das mir schon am ersten Abend so unangenehm aufgefallen war, hallte durch die Gemäuer und schmerzte in meinen Ohren. Gegen diesen Laut klang alles was Aleera von sich gegeben hatte melodisch.

Sie sah mich überheblich an. "Ich versteh gar nicht, was du noch immer hier willst. Wieso bist du überhaupt noch hier? Geh zu Deinesgleichen, kleiner Mensch. Hier bist du nur im Weg."

"Aber meine Herrin... Wer soll dann eure Kleidung nähen, die ihr durch eure Unfähigkeit bei der Jagd zerreist?"

"Schweig!" Sie schlug mich hart mit dem Handrücken ins Gesicht. Meine Wange brannte wie Feuer und der Schmerz in meinem Handgelenk wurde fast unerträglich. Aber ich redete mich weiter in mein Verderben...

"Mein armer Meister... ich kann mich nicht erinnern, dass eine seiner früheren Bräute eine derartige Ungeschicklichkeit an den Tag gelegt hatte. Aber ihr könnt natürlich nichts dafür... was soll man von einem Bauerntrampel schon anderes erwarten?"

Für einen Augenblick starrte sie mich nur aus großen, hasserfüllten Augen an. Ich stellte mich darauf ein, dass sie mich vermutlich gleich totschlagen würde. Aber das tat sie nicht. Stattdessen kam sie näher, bis sie direkt vor mir stand und kniff die Augen zusammen.

"Das hast du nicht umsonst gesagt, du Abfallprodukt menschlichen Unrats. Offenbar kann man dich mit körperlicher Züchtigung nicht maßregeln. Also werde ich dich vollkommen zerstören... deinen Geist... deine Seele... deinen Körper."

"Versucht es. Ich fürchte euch nicht." Ich legte alle Verachtung die ich für sie empfand in diese Worte.

"Was ist hier los?!"

Carmilla trat erschrocken einen Schritt zurück. Mein Meister stand im Zimmer und sah uns beide streng an. Er musterte mein Gesicht und mir fiel auf, dass ich einen blutigen Geschmack im Mund hatte. Offenbar waren bei Carmillas Schlag meine Lippen aufgesprungen.

"Ooooh, mein Herr. Dieses schreckliche dreckige Menschending hat mich ganz furchtbar beleidigt. Bauerntrampel und schlimmeres hat sie mich genannt. Und das völlig ohne Grund! Da habe ich für einen Augenblick die Beherrschung verloren. Vergebt mir." Sie drängte sich an seine Seite, unterwürfig und schutzsuchend. Der Blick seiner Augen ruhte einen Moment auf ihr. Dann blickte er zu mir.

"Paliki, ich wünsche, dass du Carmilla mit Respekt behandelst. Mit dem gleichen Respekt den du auch mir gegenüber hast... oder haben solltest. Ich dulde keinen Ungehorsam. Das weißt du. Ich werde einen weiteren Vorfall dieser Art nicht ungestraft lassen, ist das klar?!"

Ich zuckte zusammen und senkte beschämt den Kopf. "Ja mein Herr..." murmelte ich leise vor mich hin, dabei wollte ich laut schreien: Es stimmt nicht! Sie lügt! Seht doch was sie mir angetan hat! Sie hat mein Handgelenk zertrümmert! Doch keine Silbe kam über meine Lippen.

"Es wird Zeit... lass uns gehen.", sagte er zu Carmilla. Sie warf mir einen triumphierenden Blick zu und ging hoch erhobenen Hauptes voran. Er blieb zurück.

"Paliki..."

"Ja Herr?" meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

"Das Handgelenk solltest du schienen, sonst wird es verkrüppeln." Mit diesen Worten machte er kehrt und ging. Sie hatten kalt und unbeteiligt geklungen, so als hätte er mir befohlen ein Möbelstück reparieren zu lassen.

Ich starrte ihm fassungslos hinterher. Er hatte es gewußt? Er hatte gewußt, was sie mir angetan hatte und hielt trotzdem zu ihr? Er war auf ihrer Seite und wies mich zurecht?! Mein Herz schmerzte in diesem Augenblick noch viel mehr als das Handgelenk und ein bitteres Gefühl stieg in mir auf, dass sich nur durch ein lautes Schluchzen Luft verschaffen konnte. Er hatte mich verraten... für sie Partei ergriffen... sie beschützt, obwohl ich all die Jahre... In meinem Kopf drehte sich alles. Schließlich brach ich einfach auf der Stelle an der ich gestanden hatte in die Knie, hämmerte mit der noch heilen Faust auf den Boden und schrie meinen seelischen und körperlichen Schmerz hinaus in die Nacht. Es war mir egal ob sie es hörten, es war mir egal ob irgendjemand es hörte... am liebsten würde ich sterben.

"Sssch... hör auf. Du wirst dich noch mehr verletzen."

Ich schrak auf. Da war eine leise Stimme hinter mir. Ich sah mich um. Im ersten Augenblick konnte ich nichts erkennen, mein Blick war unscharf von den mühsam unterdrückten Tränen. Aber dann erkannte ich eine Gestalt, die in ein dunkles Gewand gehüllt war, das alles, von Kopf bis Fuß verbarg. Sie war groß und ich wich schnell zurück. In den letzten Wochen waren schon oft seltsame Gestalten im Herrenhaus ein- und ausgegangen. Offenbar Verbündete meines Herrn. Aber noch keiner hatte mich beachtet oder auch nur eines Wortes gewürdigt.

"Wer... seid ihr?"

Authors Note:

Frankenstein: It's aliiiiiiiiiiiiiiive!
Para: Nun übertreib doch nicht so schrecklich. #sweatdrop# Okay okay, ich lebe noch, für alle die daran gezweifelt haben. #g# Dieses Kapitel hat eine seltsame Vorgeschichte... eigentlich wollte ich nämlich an MSA weiterschreiben. Nur fiel mir dummerweise nichts passend irres ein. Woran das wohl liegen mag? Also dachte ich, versuch ichs hier mal und wubb sprudelten die Gedanken. Ich persönlich finde das Kapitel recht gelungen... auch wenn Dracula diesmal nicht besonders gut wegkommt.. oder was meint Ihr?

Sirius-MyLove: Ja... Carmilla ist als Haßfigur gedacht. Von daher ist das schon ganz richtig. Und das sie eine ganze Fiese ist, beweist sie ja hier in diesem Kapitel. Meine arme klein Paliki. #tröst# Und dann auch noch der fiese Kerl... sie hat's wirklich nicht leicht. #sweatdrop# #hüstel# #total unschuldig an der ganzen Sache, jaja#