Kapitel 2: Krümel in der Weihnachtsbäckerei

Wow, das hatt ich ja noch nie strahl 5 Reviews, bevor das 2. Kapitel an den Start geht! Vielen lieben Dank an Rycitia, Graeflicher-Trottel und Jagura!

Rycitia: Warum bist du nach dem hören der Gesamtaufnahme auf Chagal sauer? Das mit dem englischen Essen ist eine gute Idee  Und mit der Christmette: Würd ich ja echt gerne machen, aber damit würde ich unsere lieben kleinen Vampis ja glaub ich schon fast einen Pflock durchs Herz jagen g

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Mit Holz und Axt begaben sich die sieben Vampire wieder in die Hütte, in der sie schon von den anderen erwartet wurden.

Magda schnappte Herbert sofort seinen Holzkorb aus den Armen und legte einige Scheite in den Kamin, denn tatsächlich war von den vorsorglichen Resten Kromlings nichts mehr übrig.

Nachdem sich die vier Männer aus ihren Jacken, Schals und Mützen geschält und sich am Tisch niedergelassen hatten, wurden die Catines erst einmal in die Mangel genommen.

„Woher wusstet ihr eigentlich, wo wir hinwollten?", fragte Graf von Krolock.

„Och, naja, Julian hat uns da so ein paar Infos geliefert", antwortete Ardora grinsend. „Auch, dass ihr euch mit diesem Urlaub ein bisschen für die Hilfe bei der Hochzeit bedanken wolltet."

Der Graf rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. „Na ja, wie schon gesagt, ich hab vergessen, euch bescheid zu sagen... das war echt keine Absicht."

„Liebe macht vergesslich", feixte Bella. „Und was ist mit Herbert?" Sie wandte sich ihrem Cousin zu. „Du hast doch gemerkt, dass Julian oft bei uns war – hat der zumindest gemeint."

„Na jaaa... ich dachte, wenn Vater das schon alles so ausführlich geplant hatte, dann hätte er auch daran gedacht, euch bescheid zusagen - natürlich, ohne uns auch nur ein Sterbendwörtchen zu erzählen."

Titania schaute weiterhin ihren Cousin an. „Ich hoffe, du bist nicht sauer, dass wir hinterher gereist sind?"

„Natürlich nicht!"Der Graf schüttelte energisch den Kopf. „Je mehr wir sind, desto besser wird es. – nein, Jonathan, das Ganze war nicht als nachträgliche Flitterwochen gedacht!"

Jonathan grinste. „Hätt ja sein können."

Der Graf tauschte einen kurzen Blick mit der kichernden Sarah. „Hätte es nicht! Und bevor da jetzt noch weiter drauf herumgeritten wird, zeige ich euch, wo ihr schlafen könnt."

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Zehn Minuten später schleppten Ardora, Julian und Bella ihr Gepäck hoch auf den Dachboden und Titania und Jonathan zogen in das letzte freie Zimmer im Erdgeschoss.

Noch einmal fünf Minuten später betraten Herbert, Alfred und Sarah den Dachboden, wo sich die drei Neulinge gerade daran machten, ihre Pullover in die beiden kleinen Schränke zu quetschen.

„Hallo", flötete Herbert.

Julian schaute auf. „Hey! Ist schön hier oben."

„Nicht zu kalt?", erkundigte sich der Grafensohn.

Die beiden Frauen schüttelten die Köpfe. „Ist sehr angenehm", ließ Bella vernehmen, deren Kopf im Schrank steckte. Sarah kicherte.

„Außerdem sind die Särge schön warm, ich hab vorhin mal Probe gelegen", sagte Ardora.

„Obwohl, ich denke, ich wird mir für Tagsüber doch die Wolldecke rauskramen."Julian ließ sich neben Alfred auf seinen Sargdeckel fallen und machte Anstalten, sein Hemd auszuziehen.

„Wo sind eigentlich Titania und Jonathan?", drang Bellas Stimme aus dem Schrank.

„Unten", antwortete Alfred. „Ich glaube, Jonathan ist am Auspacken..."

„Und Titania ist mit deinem Vater beschäftigt", fügte Sarah hinzu.

Mit einem Ruck zog Bella ihre blonde Mähne aus dem Schrank. „Wie bitte?!"

Herbert, Julian, Alfred, und Sarah prusteten gleichzeitig los.

„Hey, du bist doch sonst nicht so konservativ", lachte Ardora.

„Nicht so beschäftigt natürlich!", kicherte Sarah. „Dann würde mein Mann es aber mit mir zu tun bekommen!"

„Wie die Mutter, so die Tochter", flüsterte Alfred Julian zu. Der Teen-Vampir grinste und schlüpfte in einen dicken Wollpulli.

„Heute Nacht dürfte es für euch jedenfalls nicht zu kalt werden", meinte Herbert mit einem mehrdeutigen lächeln.

Jetzt hatte er gleich drei fragende Blicke auf sich. „Vater meinte, wir sollten und um die Weihnachtsbäckerei kümmern."Er wechselte einen schnellen Blick mit Bella und Julian – die drei hatten schon einige Erfahrungen, was die Weihnachtsbäckerei mit Jungvampiren anging.

„Zimtsterne", seufzte Ardora.

„Auch", grinste Herbert. „Kommt ihr mit?"

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Wenig später standen die Vampire unten in der großen Küche. Magda war so nett gewesen und hatte Mehl, Eier, Milch, Zucker und andere Zutaten bereitgestellt.

„Also, was für Rezepte haben wir denn?", fragte Alfred tatendurstig.

„Hmm, mal gucken..."Ardora studierte das Backbuch. „Zimtsterne..." Ihre stimme wurde beim Gedanken an diese Plätzchen sehr hoch. „...Kokosmakronen... Schokoladenplätzchen... Vanillekipferl... das sollte reichen, oder?"

Herbert lachte. „Wenn du den Zimtsternen nachher so gegenüberstehst, wie du jetzt guckst, bezweifle ich das."Er stellte sich nahe an den Ofen – und nahe zu Alfred.

Julian grinste. „Ach, Herbi, du kennst uns doch, wahrscheinlich ist schon nichts mehr vom Teig übrig, bevor das erste Blech im Ofen ist."

„Nix da!"Bella kramte eine Rolle Backpapier aus einer Schublade und drückte Sarah, die vor Tatendrang regelrecht glühte, zwei Schüsseln in die Hand. „Der liebe Herr Graf und mein Mamalein werden uns die Hölle heiß machen, und wir können extra nochmal runter ins Dorf um neue Zutaten zu kaufen."

„Nun seh das doch nicht alles so eng!"Ardora stupste Alfred und Herbert sanft zur Seite und legte ein bisschen Holz nach. „Nimm dir lieber ein Beispiel an deinem Vater, der würde gleich mitessen."

„Ich weiß", säuselte die blonde Vampirin und zwinkerte ihrem silberhaarigen Cousin zu. „Aber wie gesagt, ich kenn euch – und ich erinnere mich noch gut an das letzte mal."

Die sechs Vampire verteilten schnell die Aufgaben. Herbert und Alfred sollten den Teig für die Zimtsterne machen, den Ardora und Julian ausstechen sollten. Die ausgestochenen Sternchen sollten anschließend von Sarah und Bella angepinselt und mit Oblaten ausgestattet werden.

„Gibst du mal die Milch rüber?", fragte Herbert.

Alfred starrte ihn verdutzt an. „In den Teig kommt aber doch gar keine Milch..."

Der Grafensohn grinste. „Die ist zum Trinken. Hier ist es wirklich warm drin und die ist schön kalt."

Lächelnd schenkte der junge Wissenschaftler kalte Milch in zwei Gläser ein, bevor die beiden mit vereinten Kräften in der großen Schüssel herumrührten.

Zu Herberts Leidwesen stimmten Julian und Ardora neben ihnen lauthals „In der Weihnachtsbäckerei"an, in das Bella und Sarah begeistert einstimmten. 0

„Kommen da eigentlich keine Spezialzutaten rein?", fragte Alfred Herbert leise, als sie den Teig ausrollten.

Ein genießerisches Lächeln ließ sich auf Herberts Lippen nieder. „Ja, aber nicht in den Teig, sondern auf die Glasur. Sehr lecker und sehr süß – für die süßen Leute, die die Sternchen essen."Er warf dem Assistenzwissenschaftler einen zärtlichen Blick zu, auf den hin Alfred schlagartig rot anlief.

Er war die Anmachen des Grafensohnes ja gewohnt – aber nicht in solch einer Ausdrucksweise und erst recht nicht in einer schwer geheizten Küche über einem Plätzchenteig!

Sarah, die die beiden beobachtete, während sie Eiweiß mit Blut und Zucker zusammenrührte, kicherte. „Die beiden sind so süß zusammen! Ich hoffe, sie lassen sich nicht zu viel Zeit."

Bella nickte mit einem Lächeln auf den Lippen. „Wird Zeit, dass da mal was passiert."

In diesem Moment öffnete sich die Küchentür und Jonathan schlüpfte herein.

„Na, wie läuft' s?"

„Wir haben erst vor ein paar Minuten angefangen", begann Julian, aber Jonathan unterbrach ihn.

„Gut! Also, lasst gewisse Personen davon ja nichts hören, der Professor erschlägt mich mit seinem Regenschirm und Pastor kromling hält mir glatt ein Kreuz mit Knoblauch vor die Nase, aber..."Er blinzelte Herbert zu. „Du kennst ja die Tradition, Junge. Dein Vater hat in vollkommener Geistesgegenwart etwas eingepackt..."Jonathan zog eine längliche Flasche aus seinem Umhang.

Die Augen von Herbert, Julian, Ardora und Bella weiteten sich. „Ist das..."

„Genau. Frisches Blut von einer Jungfrau, die ihren ersten Liebeskummer in einer Kneipe ertränkt hat", nickte der Schwager des Grafen. „Viel Spaß damit!"Er drückte Herbert die Flasche in die Hand und entschwand genauso schnell, wie er gekommen war.

Die sechs Vampire scharten sich um den Grafensohn.

„Was heißt das denn?", fragte Alfred neugierig. „Blut von einer Jungfrau, die Liebeskummer in einer Kneipe ertränkt hat?"

„Und warum wären Kromling und der Professor so sauer darüber?", wollte Sarah wissen.

„Julian, würdest du?"Herbert griff nach sechs Pinnchen.

Der Teen-Vampir räusperte sich, und erklärte den beiden Jungvampiren: „Das ist eine alte vampirische Weihnachtstradition, das Blut einer Jungfrau zu trinken. Die Jüngeren von uns-" Ardora, die mit 85 Jahren rund 340 Jahre jünger war als Julian, schnaubte. „-Die Jüngeren von uns bevorzugen jedoch die leicht alkoholisierte Variante, weil wir uns wahrscheinlich noch etwas besser daran erinnern können, das selber mal gemacht zu haben... Keine Angst", fügte er an Sarah gewand hinzu, die keine allzu guten Erinnerungen an Alkohol und Liebeskummer hatte, „das Zeug ist pures Blut mit einem minimalen Alkoholgehalt."

„Mit dem Zeug kann ich mich immer wieder identifizieren", seufzte Bella. „Ich hoffe, ich kannte die Dame nicht..."

„Auf jeden Fall schmeckt das Zeug herrlich", meinte Ardora. „So richtig erfrischend..."

„Kann ich persönlich sehr gut gebrauchen", meinte Julian, der in seinem dicken Pullover nun doch anfing zu schwitzen.

Herbert schüttete etwas Blut in jedes Pinnchen und verteilte die kleinen Gläser.

„Stößchen", grinste Julian und erntete einen mörderischen Blick von Herbert.

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Eine Dreiviertelstunde später steckten die ersten Bleche im Backofen und die sechs Vampire ließen sich auf den Tisch und auf die Stühle fallen.

„Puh, ich wusste gar nicht, dass Plätzchenbacken so anstrengend ist!" Julian entledigte sich nun doch seines Rollkragenpullovers.

„Wundert das irgendjemanden?", feixte Sarah.

„Das Zeug ist übrigens wirklich lecker", meinte Alfred und deutete auf das Jungfrauenblut in der Flasche.

„Was machen wir denn morgen?"Ardora half Herbert, das erste Chaos, das sie angerichtet hatten, zu beseitigen.

„Ich bin für 'ne schöne, ausgiebige Schneeballschlacht", meldete sich Bella sofort begeistert strahlend.

Die beiden aufräumenden Vampire wechselten einen gequälten Blick.

Auch Alfred sah nicht allzu angetan aus, aber Sarah und Julian lächelten ebenfalls.

„Also", begann der junge Wissenschaftler vorsichtig. „Ich glaub, ich sollte dem Prof-"

„Aber Schnee ist doch gut", unterbrach ihn Herbert. „Du könntest endlich Skifahren lernen. Das ist auf jeden Fall spannender, als dem Professor beim Übersetzen zu helfen", fügte er hinzu.

„Oh ja, Skifahren!"Ardora strahlte fast genauso, wie wenn sie das Wort ‚Zimtsterne' hörte.

Sarah schaute etwas unbehaglich drein. „Ähm... ich kann es auch nicht..."

„Und ich denke mal, dein Papa und seine Flamme auch nicht", sagte Julian abschließend. „Dann gibt das eben einen Massen-Crash-Kurs."

„Ja, vor allem Crash", murmelte Alfred. Ihm gefiel es immer noch nicht, dass die anderen Vampire – allen voran Herbert – ihn auf zwei schmale Bretter stellen und einen Berg herunterrutschen lassen wollten.

„Ach komm schon! Das macht wirklich Spaß!"Bella „So schwer ist das gar nicht."

„Und blamieren wirst du dich auch nicht", schloss sich Julian an. „Im Notfall schicken wir die Fortgeschrittenen – also, Bella und Eltern, den Herrn Graf und Professor Abronsius eben schon mal auf eine schwarze Piste."

Alfred musste lachen. Professor Abronsius auf einer schwarzen Piste? Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen.

„Hmm... eigentlich könnten wir ja heute schon fahren", überlegte Ardora.

Aber Herbert schüttelte den Kopf. „Mit Anfängern ist das zu gefährlich. Weißt du noch, als wir dir das beibringen wollten? Unter Zeitdruck ist das besonders unangenehm."

Alfred und Sarah seufzten erleichtert, während sich Ardora an ihren ersten Sturz erinnerte.

„Dann aber morgen."Aus Julians Stimme konnte man nur zu deutlich die Vorfreude heraushören.

Die Wirtstochter und der Assistenzwissenschaftler wechselten einen Blick, der davon zeugt, dass beiden nichts Gutes schwante.

Dann wurden die beiden allerdings abgelenkt, nämlich dadurch, dass Herbert plötzlich schnüffelte.

„Riecht ihr das auch?"

„Hmm... ja, das riecht irgendwie... unangenehm..."Ardora schaute sich um.

Julian zuckte die Schultern. „Ja, riecht verbrannt", sagte er lässig.

Dann jedoch realisierte er, was er gerade gesagt hatte. „Verbrannt?!" Er wechselte einen schnellen Blick mit Bella, die vor dem Ofen stand.

Die blonde Vampirin reagierte zwar schnell, aber nicht schnell genug. Einige Augenblicke später beugten sich die sechs Vampire über ein Blech voller verkohlter Sterne, Kometen und Tannen.

„Mist!" Die Enttäuschung stand Alfred ins Gesicht geschrieben.

„Na ja, dafür sind die anderen noch okay", tröstete Herbert und zeigt ihm das zweite und das dritte Blech, auf denen die Kekse nur ziemlich braun, aber bei weitem nicht so schwarz waren, wie auf dem ersten Blech.

„Reichen die denn? Ich meine, wir sind ja nicht gerade wenige... und bis Weihnachten sind es noch ein paar Tage..."Ardora kramte eine Plätzchendose aus einem Schrank.

Bella lachte. „Wie ich meinen und Herbis Vater kenne, essen die unsere Meisterwerke, bevor wir einmal blinzeln können."

„Die sollen sich Hüten", rief Herbert mit gespieltem Ernst und kippte die ersten Zimtsterne in die Dose.

In diesem Moment ging die Tür auf und der besagte Graf lugte herein. „Oh, das riecht aber gut!"

Sein Sohn verdrehte die Augen und grinste Alfred zu, der ein Kichern unterdrückte.

Graf von Krolock betrat die Küche vollständig und folgte – mit der Nase voran – dem Duft der Weihnachtsplätzchen.

„Wie kann er finden, dass das gut riecht?", wisperte Julian. „Hier stinkt es, als wäre der halbe Ofen in die Luft geflogen!"

„Darf ich mal probieren?"

Herbert glaubte es kaum: Sein Vater hatte geradezu einen Hundeblick aufgesetzt!, bemerkte er fassungslos. Wie konnten ein paar Kekse und die paar Meter Schneelandschaft, durch die er bis jetzt gelaufen war, ihm denn so viel von seiner gräflichen Würde nehmen?! Das musste entweder an dieser Hütte oder an Sarah liegen!

„Nein, nein, nein! Die müssen erst abkühlen!"Sarahs Hände komplimentierten die bereits ausgestreckten Finger des Grafen zurück.

‚Okay, es liegt an Sarah', stellte Herbert in Gedanken fest. ‚Bei der brauch er diesen Blick ja...'

Von Krolock machte ein Enttäuschtes Gesicht. „Och bitte, nur einen!"

„Wenn Sie unbedingt Bauchschmerzen bekommen wollen, greifen sie zu", warf nun überraschenderweise Alfred ein. Natürlich, außer dem jungen Wissenschaftler hatte niemand an die Wirkung von heißen Plätzchen in einem Vampirmagen gedacht.

Der Graf verzog das Gesicht. „Wann darf man denn da dran?", fragte er beinahe lauernd.

Bella, die sich vor unterdrücktem Lachen schon beinahe eine Rippe gebrochen hatte, wandte sich kichernd ab.

Auch Julian presste die nach oben gebogenen Lippen aufeinander, um nicht loszuprusten.

Nur Herbert verzog keine Miene. „Ich denk mal, morgen Nacht kannst du loslegen", sagte er, während er das letzte Blech in die weihnachtsmannförmige Keksdose entleerte.

Sein Vater nickte, warf noch einmal einen sehnsüchtigen Blick auf die Vanillekipferl, die aus einer Dose herauslugte, und machte dann die Tür von außen zu.

Kaum war er verschwunden, brachen Bella, Julian, Sarah, Ardora, Herbert und Alfred in schallendes Gelächter aus.

„Sag mal, Herbi, seit wann ist dein Vater denn so in Weihnachtsgebäck vernarrt?", kicherte Julian.

„War er schon immer", lachte der silberhaarige Grafensohn. „Aber das darf er natürlich nie zeigen."

„Na ja, wenn er es so offen wie Bellas Vater zeigen würde, wär sein guter Ruf ja auch im Eimer."Grinsend schloss Ardora den Deckel einer Keksdose.

„Das denkt man gar nicht von ihm", meinte Alfred und betrachtete den Deckel- Kopf des mit Gebäck gefüllten Weihnachtsmannes. „Wenn er seine Zähne zeigt, wirken sie nicht, als würden sie sich so gerne in... na ja... Kokosmakronen oder sowas bohren..."

„Ich glaub, Hälse sind ihm trotz Allem lieber."

Alfred zuckte zusammen, als er Herbert Stimme ganz nah an seinem Ohr vernahm und seinen Atem an seinem eigenen Hals spürte.

Aber als er sich zu ihm umdrehte, stellte der Grafensohn gerade eine Dose in ein hohes Regal und versteckte sie zudem noch mit einem dicken Kochbuch.

Sarah und Julian sahen sich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Beide dachten: ‚Da hätte aber noch was kommen können!'

„Meint ihr, wir können die Dinger verstecken, zumindest bis übermorgen?", fragte Bella. „Sonst sind sie nämlich weg..."

„Ich würde dem Professor auch zutrauen, dass er tagsüber nach den Plätzchen sucht", kicherte Sarah.

„Ich glaube, sie hat das Blut nicht so gut vertragen", stellte Herbert trocken fest. Sarah schaute ihn empört an, und ihr Blick war ein erneuter Anlass für Julian, Ardora und Bella, um loszukichern.

„Äh, ich glaube, ihr seid reif für den Sarg", meinte Alfred leise, worauf Julian ihm einen anzüglichen Blick, gefolgt von einem „Meinst du?"zuwarf und dafür einen Rippenstoß von Herbert erntete.

Alfred wurde – mal wieder – puterrot. Warum zur Hölle mussten diese Vampire aus dem Schloss von Krolock eigentlich alle so eine laszive, oft zweideutige Art an sich haben?! Nicht mal die Verwandten des Grafen, die er im Sommer auf der Hochzeit kennengelernt hatte, waren so schlimm!

„Also, ich glaube, er hat Recht", sagte Sarah schnell, um die Situation für den verlegenen Wissenschaftler nicht noch unangenehmer zu machen. „Wir sollten vielleicht wirklich hochgehen..."

„Aber es ist doch gerade mal halb fünf", warf Bella ein.

„Und bis die Sonne aufgeht, kann man noch eine Menge machen."Ardora sah Herbert mit hochgezogenen Augenbrauen an – und Alfred wurde noch einen Tick röter.

Sarah und Julian grinsten breit. Die dunkelhaarige Vampirin gab Julian, der neben ihr stand, einen Klaps auf die Hüfte. „Lesen zum Beispiel!"

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Ein paar Minuten später waren alle Keksdosen versteckt, auf dem Dachboden hatten Julian, Ardora und Bella tatsächlich ihre Bücher hervorgekramt – und Alfred und Herbert hatten Herberts Sarg vor das Fenster gerückt und es sich mit ein paar Decken darauf gemütlich gemacht. Im Zimmer war es komplett dunkel, nicht mal eine Kerze hatten die beiden angezündet. Nun beobachteten die beiden das Schneetreiben draußen und den Sternenhimmel.

„Schon wieder die Sterne", sagte Herbert leise. „Ich glaube, wir gucken sie uns ziemlich oft an..."

„Aber nicht zu oft", unterbrach ihn Alfred. „Ich find es schön."

„Ich auch."

Einige Augenblicke schwiegen die beiden Männer. Herbert ließ seinen Kopf auf Alfreds Schulter sinken, worauf das Herz des jungen Wissenschaftlers heftig zu schlagen begann. Allein schon, sich mit Herbert die Sterne anzuschauen, hatte etwas Romantisches – das hatten sie auch im Sommer oft getan. Aber damals waren sie so ziemlich immer unterbrochen worden... erst jetzt wurde Alfred klar, dass nun aller Wahrscheinlichkeit nach niemand die Situation stören würde... und er war sich nicht sicher, ob das etwas Gutes oder etwas Schlechtes sein sollte.

„Was verschenkst du eigentlich so?", fragte Herbert und riss den jungen Assistent damit aus seinen Gedanken, der den Atem des Älteren mal wieder nur zu deutlich an seinem Hals spürte.

„Also, ich hab die Sachen schon ziemlich früh besorgt, im Oktober, ich hoffe, dass sie dann noch den Interessen entsprechen...", murmelte er.

Herbert grinste. „Warum denn so früh? Hattest du-"

„Angst, sie zu vergessen, ja."Alfred lächelte verlegen. „Also, für Sarah hab ich einen neuen Schwamm..."

„Oh nein, ich auch!"Herbert biss sich auf die Unterlippe.

„Nun ja, was soll's, ich glaube, ihre Schwämme sind ziemlich schnell abgenutzt", grinste Alfred. „Für deinen Vater hab ich ein Buch besorgt, ich hoffe, er hat es noch nicht... Beim Professor hab ich mich nicht an ein wissenschaftliches Buch herangetraut, er hat bestimmt schon alle gelesen, aber wer weiß, vielleicht kann ich ihn ja doch für ‚Harry Potter' begeistern..."

Herbert lachte.

„Na ja, Magda kriegt ein neues Kissen für ihren Sarg, Chagal neue Hosenträger, und..."

Alfred drehte den Kopf so, dass er Herbert genau in die Augen sehen konnte.

„... und was du bekommst, bleibt ein Geheimnis."

Herbert setzte erst einen kleinen Schmollmund auf, verwandelte ihn aber dann in ein zärtliches kleines Lächeln.

„Dann sag ich dir aber auch nicht, was du bekommst", flüsterte er.

Ihre Gesichter waren sich sehr nahe. Alfred hielt den Atem an, bekam noch mit Mühe und Not ein „Okay"heraus.

Herbert wunderte sich, dass er in Alfred Nähe aber auch wirklich immer so nervös war. Der junge Wissenschaftler war weiß Gott nicht der erste Mann, in den er sich verliebt hatte. Aber der Grafensohn musste sich dennoch eingestehen, dass er für Alfred mehr empfand, als für einige seiner Flammen, die der Vergangenheit angehörten. Und eben, weil Alfred noch vor einem Jahr eine solche Angst vor ihm gehabt hatte, musste Herbert seinen ganzen Mut zusammenkratzen, um sich zu ihm vorzubeugen.

Jedoch tat er es.

Ihre Lippen trafen sich in einem sanften Kuss. Für Alfred war es ein völlig neues Gefühl, so nahe mit jemandem zusammen zu sein, erst recht, wenn diese zarte Berührung auch noch länger anhielt – denn wenn Herbert ihn vorher mal geküsst hatte (auch wenn es nie zu einem Kuss auf den Mund gekommen war), waren es kurze Berührungen gewesen. Aber der junge Wissenschaftler konnte nicht leugnen, dass er diese Gefühl genoss, dieses Kribbeln, das sich nun bis zu seinen Finger- und Zehenspitzen ausbreitete.

Trotzdem war er es, der den Kuss abbrach. Herbert seufzte leise. Darauf hatte er so viele Wochen und Monate geträumt...

„Das war schön", wisperte der Grafensohn und seine Hand spielte mit einer von Alfreds Locken.

„Hmm...", machte Alfred und nickte. Wieder starrten die beiden schweigend nach draußen. Am Himmel war bereits ein heller Streifen zu sehen, doch sie hatten noch etwas Zeit.

„Du, Herbi?", fragte der junge Assistent.

„Ja?"

„Ist Skifahren wirklich nicht so schwer?"

Herbert grinste. „Aller Anfang ist schwer, aber ich schwör's dir, wenn du fallen solltest, fang ich dich persönlich auf!"

Auf seiner Stimme schien purer Samt zu liegen.

Alfred seufzte ebenfalls. „Ich glaube, wir sollten uns langsam mal hinlegen..."Er deutete auf den heller werdenden Himmel.

„In einen Sarg?"

Alfred schaute den Grafensohn erschrocken an. Dieser lachte leise. „War nur ein Scherz. Gute Nacht."Er küsste seinen Alfi zärtlich auf die Stirn.

Ein paar Minuten später hatte Herbert seinen Sarg wieder an die rechte Wand des Zimmers gerückt und lag nun träumend in den Federn, während Alfred in seinen Kissen und Decken darüber nachdachte, wie sehr sich alles seit dem letzten Jahr verändert hatte.

Vor einem Jahr hatte er noch für Sarah geschwärmt, er hätte alles dafür gegeben, um nur eine Umarmung von ihr zu ernten. Vor Herbert und seinem Vater hatte er größte Panik gehabt und er war beinahe ausgerastet, wenn er spitze Zähne zu Gesicht bekam.

Nun besaß er selber zwei Exemplare davon, Sarah war mit dem Grafen verheiratet und Alfred hatte das sichere Gefühl, dass sich seine Emotionen für Herbert genau in das verwandelt hatten, was der Grafensohn sich so gewünscht hatte.

Konnte er es riskieren, seinen Gefühlen vollständig freien Lauf zu lassen? Alfred seufzte. Warum eigentlich nicht? Vor Herbert hatte er schon seit Langem nichts mehr zu befürchten, und der Grafensohn war vorhin so sanft gewesen... plötzlich machte sich genau die Gewissheit in ihm breit, gegen die er sich seit über einem Jahr gewehrt hatte: Herbert würde und wollte ihm nicht wehtun.

Alfred wollte ihn nicht mehr dauernd vor den Kopf stoßen. Und das würde er ihm auch zeigen!

Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief der junge Wissenschaftler schließlich ein.

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Und, wie wars? Ich hoffe, es hat euch gefallen  Der lila Button wartet mal wieder auf euch und Herbi und Alfi wollen wissen, was ihr von der ersten Romantikszene dieser Geschichte haltet g

Eure Aisa