Kapitel 5: Brechende und schlagende Herzen

Oi, danke für die lieben Reviews #freu#

Steeli: #Zimtsternenachschubrübereich# Danke schön :-) Ja, Magda und Ardora… ich wollte den ersten Schritt eigentlich in dieses Kapitel reinbauen, hoffe, dass mir die beiden keinen Strich durch die Rechnung machen… ach übrigens, mit Alfi sind wir zu dritt, ich kann auch nur Eislaufen, aber nicht Skifahren g

Rycitia: Vielen Dank :-) Nee, das ‚Mysterium' ist ein Maskulinum, also nicht Sarahs Freundin g Hast recht, Chagals Gesang ist umwerfend, aber da er hier in der FF nicht singt, kommt wohl eher sein nicht so guter Charakter ins Rampenlicht.

Also, weiter geht's :-)

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„Hey, Alfi, wach auf!"

Ardora wuschelte dem schlafenden Vampir durch die blonden Locken.

„Hmm, nur noch fünf Minuten…"

„Komm, steh auf, du willst doch dein Date nicht verpassen!"

„Date?"

Der junge Wissenschaftler öffnete ein Auge.

„Ja, dein Date mit Herbert."

„Kannst du Gedanken lesen?"

„Nein, Herbi hat es mir erzählt." Ardora seufzte, während Alfred gähnte und auch das andere Auge öffnete. „Er steht schon seit einer Viertelstunde im Badezimmer."

Alfred seufzte ebenfalls und setzte sich auf. Der Tag war einfach zu kurz gewesen… dann fiel ihm etwas ein.

„Ähm, Ardora… was zieht man zu so einer Verabredung an?"

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„Oh, Kaffee, gesegnet seiest du", murmelte Bella und trank einen Schluck des koffeinhaltigen Heißgetränks, das der Graf ihr gerade auf den Tisch gestellt hatte.

„Und du hast wirklich noch nie etwas von Frau Wolf gehört?", fragte von Krolock leicht belustigt, während Sarah im Badezimmer vor sich hinträllerte.

„Nein, woher denn", empörte sich die blonde Vampirin. „Ich gehe für gewöhnlich nicht in Etablissements! Und ich weiß auch nicht, wie diese Frau uns einen Saal für die Feier besorgen will!"

„Sie hat Kontakte", warf ihr Vater ein. „Genau wie Pastor Kromling."

„Sie ist aber nicht bei King's, oder?", wollte der Graf wissen.

Jonathan schüttelte den Kopf. „Nein, dafür ist sie… zu beschäftigt." Die beiden Männer lachten, während Bella resigniert den Kopf schüttelte.

„Sag mal, ist hier eigentlich mal irgendwo ein Bad frei?", rief Professor Abronsius.

„SARAH!" „HERBERT!", riefen Chagal und Graf von Krolock gleichzeitig. Natürlich reagierten weder die Wirtstochter noch der Grafensohn.

„Was für ein Chaos", murmelte Julian und bestrich sein Brötchen in aller Ruhe mit Marmelade. Er würde einer der wenigen sein, der in dieser Nacht nichts zu tun hatte – besser gesagt, er und Ardora würden heute Nacht in der Hütte die Stellung halten, während Magda und Chagal ihr Jubiläum zelebrierten, die Pärchen Sarah und von Krolock, Titania und Jonathan und natürlich Alfred und Herbert unten im Dorf essen gingen, Bella einen Saal für die große Silvester auftrieb und die beiden einzigen Sterblichen endlich mal ihre Ruhe hatten.

Einer dieser Sterblichen – Koukol, um genau zu sein - wuselte nun ungeduldig aus der Küche und pochte gegen die Badezimmertür – es war das erste mal, dass er sich gegen die langen Badegewohnheiten der Frau seines Meisters äußerte.

Sarahs Trällern erstarb etwas, es hörte sich so an, als würde sie endlich die Badewanne räumen.

Währenddessen stieg Herbert die Holztreppe herunter, er sah so gepflegt aus, wie Julian ihn lange nicht mehr gesehen hatte – und sein Vater konnte sich nur noch schwach daran erinnern, seinen Sohn dermaßen strahlen gesehen zu haben.

„Hallooo", flötete der Grafensohn.

„Wolke sieben in Person kommt angeschwebt", grinste Magda, die leicht verschlafen wirkte.

„Na endlich", kicherte Titania und ließ sich mit einem Tee neben ihren Mann sinken.

Ein paar Minuten später tauchte auch Alfred auf – Herberts Lächeln wurde noch ein Stück breiter – und er sah großartig aus: Er trug die helle Weste, die er sich für die Hochzeit besorgt hatte, aber seine Fliege hatte er deswegen trotzdem nicht abgelegt. In Herberts Augen sah er perfekt aus.

Nach weiteren fünf Minuten verließ Sarah das Badezimmer, das sofort von einem grummelnden Koukol besetzt wurde,

Nach einem ausgiebigen Frühstück mummelten sich der Graf, Sarah, Herbert, Alfred, Titania, Jonathan, Bella, Abronsius, Koukol und Chagal in dicke Mäntel, Schals, Handschuhe und Mützen und machten sich auf den Weg zur Seilbahn.

„Oh man, die personifizierten Turteltäubchen", feixte Julian, während er den Vampiren hinterher schaute.

„Ich bin so froh, dass Alfi und Herbi endlich eine Verabredung zustande bekommen haben", seufzte Ardora und ließ sich auf der Couch nieder.

„Wie gesagt, das wurde Zeit." Magda legte ein wenig Holz im Kamin nach.

„Sag mal, Magda, machst du dich eigentlich nicht hübsch?", fragte Julian, setzte sich neben Ardora und bekam gleich deren Ellebogen in die Rippen.

„Doch, natürlich", strahlte die junge Magd. „Ich glaub, ich fang schon mal an, Yoine meinte, er würde nicht so lange brauchen…" Damit hastete sie die Treppe hoch ins Badezimmer.

„Du streust aber nicht absichtlich Salz in meine Wunden, oder?" Die Dunkelhaarige griff nach ihrem Strickzeug, dass sie mit herunter gebracht hatte.

„Nein, aber ich wollte mich mal ein bisschen mit dir unterhalten."

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„Da hinten ist es."

Graf von Krolock deutete auf ein Gebäude, das mit lauter roten und goldenen Lichterketten geschmückt war. „Viel Glück, ich hoffe, du bekommst das hin."

Dann war er mit Sarah verschwunden und Bella überlegte ernsthaft, ob es sich bei der schrillen Beleuchtung wirklich um Weihnachtsbeleuchtung handelte.

Zögernd ging sie auf das Haus zu. Glücklicherweise stand auf dem Schild weder „Massagesalon" noch „Saunahaus", wie sie befürchtet hatte, sondern „Frau Wolf's Pension". Der Laden wirkte eher wie eine rot beleuchtete Gaststätte. Durch das Fenster konnte die hineinspähen. Es gab eine Theke, hinter der eine korpulente Dame in einem Notizheft herumstrich. Das Lokal war fast leer, an einem Tisch etwas weiter hinten war ein Mann in ein Buch vertieft und ganz hinten in einer Ecke hockte eine Gruppe junger Frauen, die recht spärlich bekleidet waren. Immer noch sehr vorsichtig betrat sie den Laden.

Sobald sie den ersten Schritt durch die Diele getan hatte, kam auch schon eine gut proportionierte, recht hübsche Frau auf die zu, die sie an der Schulter zu einem Tisch führte.

„Was kann ich für Sie tun", fragte sie mit tiefer Stimme und beugte sich so tief vor, dass Bella, ohne es zu wollen, einen Einblick in ihr Dekolleté bekam.

„Ähm…" Bella runzelte die Stirn und wich vor der Frau zurück. „Ich- uargh! Was machen sie denn?! Lassen sie das! Ich habe einen Termin mit Frau Wolf!"

„Und Sie sind sicher, dass sie nicht zuerst einen Termin mit mir haben?", ignorierte die Frau sie ihre Aussage.

„Ja! Würden sie jetzt bitte von mir runtergehen!?"

„Tatjana!", rief eine strenge Stimme aus Richtung Theke. „Nun dräng dich ihr doch nicht auf!"

Die Frau ließ von Bella ab, die nur erleichtert die Augen verdrehte.

Die korpulente Frau trat vor die Theke. „Also, das tut mir nun wirklich leid", entschuldigte sie sich, zog Bella auf die Beine und schleifte sie mit sich in den hinteren Teil des Lokals, wo die anderen jungen Frauen saßen.

„Wenn sie Ihnen zu unsanft war… versuchen sie es doch mal mit Grit."

„Nein, ich…"

„Oder vielleicht Madeleine? Die empfehl ich nicht nur jedem Mann sondern auch jeder Frau. Nur kein Genieren, sie tut ihnen nichts."

„Ich… hey, die hat ja Fieber! Ist sie krank?"

„Oh, ähm… wie wär's mir Marie? Sie entspannt sie fulminant. "

„Also wirklich!" Bella und die korpulente Frau wandten sich um. Der Mann, der bis dahin die ganze Szene nur mit den Ohren verfolgt hatte, während er in sein Buch versunken war, hatte sich erhoben.

„Also, Madame Wolf, so behandelt man doch keine Grafentochter!" Er lächelte Bella zu. Diese runzelte einen Moment die Stirn, während Frau Wolf sich die Hände vor den Mund schlug.

„Sie sind Bella Stella von Catine?", fragte sie entsetzt. „Oh nein, um Himmels Willen, das tut mir leid!"

Aber Bella hörte ihr nicht zu. Ihr fiel es plötzlich wie Schuppen von den Augen.

„Alter Römer", rief sie fassungslos, „was zur Hölle machst du denn hier? Und warum bist du blond?!"

Die beiden umarmten sich, während der Mann lachte. Dabei öffnete er den Mund so weit, dass man auch ihn als Vampir identifizieren konnte.

„Nun ja, die Haare…" Er zupfte mit bedauerlicher Miene an seinen etwas abstehenden Haaren. „Eine… Dame war etwas sauer auf mich… Chemiestudentin… sie wusste, dass ich meine braunen Haare geliebt habe!"

„Schwerenöter", kicherte Bella. „Mensch, Felix!" Sie umarmte ihn noch einmal. „Ich muss dich so viel fragen! Was machst du hier? Ich meiner… hier drin? So nötig hast du es doch noch nicht, oder? Und warum warst du nicht auf der Hochzeit?"

Felix schnaubte. „Weißt du, wann mich die Einladung erreich hat? Zwei Monate später! Ich war zu dem Zeitpunkt in Asien!"

„Hä? Was hast du denn da gemacht? Da spricht man doch gar kein Latein."

„Urlaub. Ist schön, wenn man mal in einem Land ist, wo keiner diese vermaledeite Sprache lernen will. Apropos, wie geht es denn meinen beiden Meisterschülern? Ich hab einen Brief von herbi bekommen, dass er frisch verliebt ist, mehr aber nicht… Und was machst du überhaupt hier?"

Die beiden Vampire ließen sich plaudernd an Felix Tisch nieder und Frau Wolf blieb etwas niedergeschlagen bei ihren Mädchen zurück.

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„Wohin willst du denn?", fragte Alfred.

„Wohin du willst", antwortete Herbert sanft. „Wir könnten in ein Restaurant gehen, oder picknicken…"

„Im Schnee?!"

„Warum nicht? Vielleicht ein bisschen Wein und Kerzenschein? Wär doch gigantisch romantisch", seufzte er.

„Ist es nicht ein bisschen kalt dafür?", fragte Alfred zweifelnd.

„Ach, das kann man ja in den Griff kriegen", grinste der Grafensohn.

Der junge Wissenschaftler hoffte sehr, dass Herbert diesen Satz nicht so zweideutig gemeint hatte, wie er ihn aufgefasst hatte.

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„Ich hätte gerne ein so… so ein Ding." Chagal deutete auf ein relativ kleines Raclettegerät.

„Die Leihgebühr dafür ist aber höher wie bei den großen", sagte der trübsinnig aussehende alte Mann hinter dem Tresen.

„Wie? Warum das denn?" „Weil wir da weniger von hier haben."

„Also, ich habe nur sieben Goldstücke dabei." In Gedanken dankte er dem Grafen, dass er ihm doch noch das Geld für die Leihgebühr vorgestreckt hatte. Aber dann…

Trotz seiner traurigen Miene musste der Alte lachen. „Goldstücke? Haha, wir bezahlen hier doch nicht mehr mit Goldstücken!"

„Aber wie soll ich das denn dann bezahlen?" Chagal wurde leicht verzweifelt.

„Okay, das mag Ihnen seltsam vorkommen, aber Sie können das alles ganz billig kriegen, wenn Sie dafür diese Flasche Wodka dazunehmen. Wir haben viel zu viel von dem Zeug auf Lager und es muss weg. Wenn Sie drei Flaschen und das Gerät nehmen, dann können Sie auch mit Gold bezahlen, wenn Sie mögen."

Chagal seufzte, aber dann legte er die Goldstücke auf den Tresen und versuchte, die Wodkaflaschen und das Raclettegerät zu balancieren.

So schwankte er aus dem King's-Laden.

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Etwa eine halbe Stunde später.

„Ach, das tut richtig gut, mal machen zu können, was man will, nicht wahr, Koukol?"

Der Diener des Grafen nickte heftig.

Er und Professor Abronsius saßen in einer bäuerlich wirkenden Gaststätte in der Nähe der Seilbahnstation an einem Tisch am Fenster vor zwei mächtigen Steaktellern.

Koukol bedeutete dem Professor, wie schön es sei, mal nicht von Toten umgeben zu sein.

Abronsius nickte ebenfalls zustimmend, aber dann fiel sein Blick auf eine schwankende Gestalt, die über die Straße lief.

„So viel zu ‚keine Toten'", murmelte er. Er erkannte Chagal.

Der dicke Wirt hatte seine Schwierigkeiten, sein Gepäck zu transportieren. Kurz bevor er die Seilbahnstation erreicht hatte blieb er stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„So bekomm ich das Zeug nie unbeschadet hoch", murmelte er. „Was kann man da denn machen? Hmm… aaah! Ja, genau, das mach ich!"

Er legte das Raclettegerät vorsichtig in den Schnee und stellte zwei Wodkaflaschen daneben. Die Dritte jedoch öffnete er und nahm ein paar kräftige Züge. Und noch ein paar… und noch ein paar mehr… ein paar für seine Tochter… ein paar für seine Frau… ein paar für sich selbst… ein paar für Magda… die Flasche war leer.

Nun schwankte der dicke Wirt noch mehr und als er versuchte, das Raclettegerät und die anderen beiden Wodkafalschen hochzuheben, wurde es noch schlimmer.

Die erste Flasche zeigte jedoch schon ihre Wirkung und so öffnete Chagal die zweite, um, wie er meinte, ‚Ballast' loszuwerden. Sein Schwanken wurde immer heftiger. Einen kurzen Moment dachte er an Magda und an ihr Jubiläum, doch als er einen Blick auf die Seilbahngondeln warf, wurde ihm leicht übel. Da öffnete er doch lieber noch die Dritte, anstatt diese Dinger zu benutzen…

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„Komisch, dass er noch nicht wieder da ist!"

Ardora strickte immer noch, Julian saß immer noch neben ihr, er las mal wieder in ‚Romeo und Julia'.

„Wer?", fragte er dumpf.

„Chagal. Er wollte doch nur kurz runter ins Tal und dann wieder herkommen."

„Sag mal, solltest du dir nicht eher Gedanken um Magda als um Chagal machen?" Der Teen-Vampir schaute von seinen Seiten auf.

„Tu ich doch", murmelte Ardora. „Ich mein, das hier wird doch für sie." Sagte sie etwas lauter. Sie deutete auf den Schal, an dem sie gerade strickte.

Julian lachte. „Ja, ja, Ardoras obligatorische Schals."

„Sie hat noch keinen", lächelte Ardora.

„Vielleicht solltest du mal nach ihr sehen."

„Nach wem?"

„Magda."

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„Wollen wir hier bleiben?"

„Ja, hier ist es schön."

Alfred und Herbert ließen sich im Schutz der dichten Tannen am Rand einer Lichtung nieder.

Die beiden waren, nachdem sie sich für ein Picknick entschieden hatten, geradewegs in Herrn Kromling hineingerannt, der auf dem Weg zur Kirche war. Auf die Frage nach ihrem Vorhaben hatte er sie erst mal zu seinem Haus geschleift und sie mit einer großen Menge Proviant versorgt.

Daraufhin hatten die beiden sich einen Weg durch den verschneiten Wald gebahnt, der sich fast unmittelbar an die Seilbahnstation anschloss und in einem großen Bogen das Dorf umschloss. Schließlich hatten sie die schöne kleine Lichtung gefunden, auf der sie jetzt das Essen ausbreiten. Sie hatten auch eine wasserdichte Decke bekommen, damit die trocken blieben.

„Wird das auf die Dauer nicht sehr kalt?", fragte Alfred.

„Na ja, wenn der Wein einfiert ist auch nicht schlimm… und wir können ja nicht mehr erfrieren", erinnerte ihn Herbert. „Und ansonsten rücken wir eben ein bisschen zusammen."

Das demonstrierte er dann auch sogleich, indem er ganz nah an den jungen Wissenschaftler heranrutschte.

Alfred grinste und schaute dem Grafensohn zu, wie er nach der Thermoskanne mit Rotwein griff.

„Kommt mir irgendwie komisch vor, Wein aus so einem Teil zu trinken." Herbert musterte die Kanne skeptisch. „Ist so… so…"

„Ungewöhnlich?", half Alfred aus.

„Nicht zum Wein passend", erwiderte Herbert mit einem spöttisch-süffisanten Lächeln. Er schüttete ein wenig Wein in zwei Becher und reichte einen davon Alfred.

„Der dampft ja", stellte der junge Wissenschaftler verwundert fest.

„Oh, hab ich dir nicht gesagt, dass das Glühwein ist?"

„Ist ja egal." Alfred schnüffelte prüfend an dem Gebräu.

„Auf unser erstes Date", sagte Herbert glücklich und hielt seinem Alfi den Becher hin, der darauf auch sofort anstieß.

„Weißt du wie lange ich darauf gewartet habe?", murmelte der Grafensohn, während Alfred sich noch ein bisschen näher an ihn kuschelte, als sie durch den Wind beide ein bisschen Schnee abbekamen.

„Die Idee war auf jeden Fall schön", sagte Alfred leise.

„Na ja, das ‚romantisch' ist jetzt zwar ein bisschen anders ausgelegt", begann Herbert, doch Alfred unterbrach ihn.

„Kommt doch drauf an, was man daraus macht…"

„Das stimmt." Der Grafensohn gab Alfred einen kleinen Kuss auf die Locken. „Und so wie's aussieht, mit einer Kerze und unter den Sternen… dann würde ich sagen, dass es noch sehr romantisch werden."

Von Alfred kam nichts anderes als ein mehr als zustimmendes „Hmm!"

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„Magda?"

Vorsichtig steckte Ardora den Kopf durch die Tür.

Magda saß mit hängenden Schultern auf ihrem Sarg. Sie trug ein cremefarbenes Kleid und eine schwarze Korsage – die Sachen, die sie an der Hochzeit angehabt hatte. Ihre Haare hatte sie mühevoll hochgesteckt und soweit Ardora es im schein der einzigen Kerze im Raum erkennen konnte, hatte sie sich für ihr Make-Up nicht weniger Mühe gegeben. Allerdings wollten ihre traurige Miene und ihre eingesunkene Haltung gar nicht zu ihrem aufwändigen Äußeren passen.

„Komm rein."

„Was ist denn los?" Ardora machte die Tür von innen zu und setzte sich neben die junge Magd.

„Chagal", stieß diese wütend hervor. „Von wegen, er wäre schnell wieder da! Es ist bald zwölf, er ist um halb acht losgegangen!" Sie hatte sichtlich Mühe, ein paar Tränen zurückzuhalten. „Ich hätte wissen sollen, dass das Ganze nur schief gehen kann!"

„Ich hab mir schon sowas gedacht", sagte Ardora leise und wagte es nicht, Magda dabei anzuschauen.

„Ich hätte es mir denken sollen", schniefte Magda. „Ich kenne ihn doch! Ich hätte wirklich ahnen können, dass er es vermasselt, dann hätte ich mir vielleicht nicht so viele Hoffnungen gemacht, dass…" Sie brach ab.

„Das was?" Ardora nahm sie vorsichtig in den Arm. Kurz darauf weinte sich die junge Magd an ihrer Schulter aus.

„Ich hab gedacht, dass er etwas daraus gelernt hätte, dass ich mich in den letzten Monaten eher von ihm ferngehalten hab. Ich dachte, er hätte sich vielleicht gemerkt, was ich ihm darüber gesagt habe, wie gut es sich angefühlt hat, wenn man mal nicht wie Dreck behandelt wird – also, ich hab ihm erzählt, dass es schön ist, dass du mich einfach wie einen lieben Menschen behandelt hast, um es konkret zu sagen, und nicht wie jemand, den man die ganze Zeit rumschicken kann und zu dem Mann nur nett ist, wenn es um… ums Bett geht. Ich dachte, dass es ihm doch was bedeutet, aber bestimmt liegt er irgendwo im Dorf sturzbesoffen an einer Straßenecke! Mir ging es nicht unbedingt um ihn selbst, eher darum, mal ein bisschen Anerkennung von demjenigen zu bekommen, für den man 28 Jahre lang geschuftet hat, und das diese Anerkennung nicht wieder nur aus einer Nacht im Sarg besteht, die hat er mir seit ich 19 bin schon lang genug aufgezwungen… 19 Jahre, und das fand er wohl in Ordnung!"

Ardora war einen Moment sprachlos. Sie tätschelte Magda nur die Schulter, während sie das Gehörte verarbeitete. Es ging der Magd also gar nicht um Chagal? Hörte man aus ihren Worten nicht sogar die Abneigung gegen manche Moralvorstellungen des dicken Wirts heraus? Es ging ihr um die Anerkennung, die sie verdiente?

„Tschuldigung", schluchzte Magda und wischte sich über die Augen. „Ich wollte dich nicht so zuheulen."

„Macht nichts", murmelte die Dunkelhaarige und umarmte die junge Vampirin noch etwas fester. „Das musst doch mal raus." Sie reichte ihr ein Taschentuch

„Siehst du, das meine ich!" Magda schob sich ein Stückchen von Ardora weg und schnäuzte sich die Nase. „Du bist immer total nett zu mir, und ich wette mit dir, Chagal hätte mich zusammengeschnauzt, wenn ich ihm das alles an den Kopf geworfen hätte."

„Na ja…" Ardora war sich unsicher, ob sie sagen konnte, was ihr auf der Zunge lag. Schließlich entschied sie sich dafür. „Chagal hat ja nicht gerade die… na ja, die beste Moral… ich meine, er-"

„Stimmt!" Magda nickte heftig. „Ich meine, du hast es doch gestern gehört, er hat Rebecca außer mit mir noch mit drei anderen Frauen betrogen! Ich hätte zwar gedacht, es wären mehr gewesen, aber eben nur, weil er so ein Schwein ist! Na ja, sein kann", schränkte sie ein.

„Auf jeden Fall hast du das nicht verdient, dass er dich so behandelt. Das wollte ich dir schon bei den Hochzeitsvorbereitungen sagen. Ich meine, er hat deine Arbeit kein bisschen gewürdigt."

„Genau das meine ich…" Magda ließ sich wieder an Ardoras Schulter sinken. „Und als die Hochzeit vorbei war, hatten wir uns direkt wieder in den Haaren. Ich meine, unmittelbar danach…"

„Worum ging es denn? Doch nicht etwa um die Hochzeit selbst, oder? Ich meine, ich würde es ihm ja zutrauen, dass er sich immer noch darüber aufgeregt hat, dass Sarah-"

„Nein, es … ehrlich gesagt, ging es um dich."

„Um mich?" Verwirrt starrte Ardora die junge Magda an, obwohl sie einen leisen Verdacht hatte, worum es ging.

„Er hat unseren Kuss gesehen", sagte Magda leise. „Und danach meinte er, ich müsse mich entscheiden. Darauf habe ich ihm das mit dem schlechten behandeln an den Kopf geworfen und bin… na ja, bin danach euch beiden erst mal für ein paar Wochen aus dem Weg gegangen."

Also doch. Ardora seufzte. Dann kratzte sie all ihren Mut zusammen und stellte die Frage, die ihr schon unter den Nägeln brannte, seit Magda damals im Schloss angefangen hatte, ihren Blick zu meiden: „Willst du überhaupt mit ihm zusammen sein?"

Nun war es an Magda zu seufzen. „Soll ich ehrlich sein? … Nein, nicht wirklich. Ich meine, er hat sich so viel geleistet und er lernt einfach nicht aus seinen Fehlern. Und der Zauber, der nach dem Biss da war, ist inzwischen weg…Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, widert er mich eher an, als dass ich mit ihm zusammen sein will", sagte sie mehr zu sich selbst als zu Ardora.

Die dunkelhaarige Vampirin schluckte. Sie wusste nicht, ob sie über dieses Geständnis erleichtert oder betroffen sein sollte.

„Weißt du", redete Magda weiter. „Ich hätte damals einen Schlussstrich ziehen sollen. Damit hätte ich viel verhindern können." Eine letzte Träne rollte über ihre Wange.

Ardora wischte sie vorsichtig mit dem Daumen weg. Sie spürte, wie die junge Magda durchatmete, bevor sie wieder etwas aufrichtete.

Magda schniefte noch einmal kurz. „Danke", flüsterte sie. „Danke fürs Zuhören… und dafür, dass du für mich da bist."

Sie hauchte Ardora einen kleinen Kuss auf die Wange, der das Herz der Älteren um einiges höher schlagen ließ.

„Kein… kein Problem", stammelte sie. „Und wenn… wenn du reden willst, dann sag einfach bescheid."

Dann sah sie zu, dass sie aus dem Zimmer kam, sie fürchtete, einen Kollaps zu bekommen. Draußen sank sie einem wartenden Julian in die Arme.

„Schieß los", sagte er, doch Ardora schüttelte nur den Kopf und murmelte „Die Liebe ist ein Feuerzeug, mein Herz, das ist der Zunder…"

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„Also, ich muss mich noch einmal eingehend für meine Mädchen entschuldigen, Madame, wenn ich gewusst hätte, dass sie es sind…"

„Macht nichts, Frau Wolf, macht nichts."

Dafür, dass Bella Felix in ihrer Pension getroffen hatte, verzieh sie der korpulenten Dame so ziemlich alles. Sie hatte sich ein wenig mit ihrem alten Freund unterhalten und erinnerte sich nun wieder an ihr anliegen. Gerade als sie endlich bei Frau Wolf nachhaken wollte, wurde sie jedoch wieder von dem älteren Vampir unterbrochen.

„Kann ich dir eigentlich irgendwie behilflich sein?", fragte Felix.

„Oh, gibs doch zu, du willst nur nicht mehr hier in der Pension schlafen", grinste die blonde Vampirin. Felix lächelte nur schelmisch.

„Aber du kannst mir wirklich helfen. Du musst nur gleich mitkommen." Mit diesen Worten wandte sie sich wieder Frau Wolf zu.

„Herr Kromling hat Sie für Saalvermietungen empfohlen. Was meinen Sie, haben sie einen Saal, an dem etwa 80 Vampire Silvester feiern können?"

Felix klappte der Mund auf, während Frau Wolfs Augen anfingen zu glänzen.

„Ich habe sogar zwei Säle, die Ihnen vielleicht zusagen könnten. Die feiern hier irgendwie nicht gerne…" Sie runzelte missbilligend die Stirn. „Der eine Saal ist aber nicht so zu empfehlen, weil es da reinregnet, und außerdem liegt er direkt am Wald, das ist nicht gut. Der andere liegt auch etwas außerhalb, aber trotzdem so, dass Sie einen kurzen Weg zur Seilbahn haben."

„Hört sich gut an", sagte Bella. „Können wir uns den Saal heute Nacht noch ansehen?"

„Natürlich, Madame, wenn sie wollen, sofort. Ich muss nur eben den Mädchen bescheid sagen, dass sie für eine Weile alleine sind…" Mit diesen Worten wuselte Frau Wolf in die Mädchenecke.

„Hab ich das richtig verstanden, ihr feiert?", wollte Felix wissen.

„Genau. Und zwar gar nicht traditionell."

„Und wobei kann ich dir da helfen?"

„Beim Planen. Dafür kann ich dir vielleicht einen anderen Schlafplatz besorgen."

„Hört sich doch interessant an." Felix zog die Augenbrauen hoch.

„Also, wir haben diesmal eine Menge Jungvampire mit dabei, und die müssen noch ein bisschen in unsere… na ja, Feiertraditionen eingeführt werden."

„Wie viele Jungvampire sind das denn?"

„Ähm… eigentlich sind in diesem Sinne nur meine Eltern, der liebe Herr Graf, Herbert, Julian und ich vom alten Schlag…"

„Hmm… nun, das dürfte ja nicht zu schwer werden."

Frau Wolf kam zurück. „Wir können los", rief sie.

Nur ein paar Minuten später standen die drei vor einem großen Haus.

„Zugegeben, wenn Sie es mieten, mieten sie das Haus, aber das Ganze ist ein riesiger Saal, mit Ausnahme der Toilette und der Küche natürlich, deshalb ist es zum Feiern eigentlich optimal."

„Warum können Sie das eigentlich einfach so vermieten?", wollte Bella wissen. „Ich meine, Sie haben doch nicht mehrere Häuser gekauft, als sie hier her kamen, oder?"

„Doch, doch." Frau Wolf nickte energisch. „Eigentlich wollte ich ein zweites Etablissement, einen Massagesalon und eine Pension aufmachen, aber ich habe keine Genehmigung für die ersten beiden bekommen nachdem ich die Häuser gekauft hatte, also habe ich alles unter dem Namen Pension eröffnet und diese beiden zur Vermietung angelegt." Sie grinste. „Das Geschäft boomt, es gibt genug Vampire in der Umgebung, die gerne feiern. Ohne euch als Kundschaft wäre ich hier schon lange bankrott, die Menschen mögen, wie gesagt, keine großen Feiern." Sie schüttelte verständnislos den Kopf, während sie die große Eingangstür aufschloss.

Ein kleiner Flur führte in eine riesige Halle, die nicht wenig Ähnlichkeit mit einem Tanzschulensaal hatte. Die Wände waren verspiegelt und von der Decke hingen drei Kronleuchter herab.

„Perfekt für eine moderne vampirische Silvesterfeier", stellte Felix fest.

Bella nickte. „Haben Sie das so eingerichtet, Frau Wolf?"

„Nein, nicht wirklich. Das war früher mal eine Lagerhalle, deshalb gibt es keine Stockwerke, danach war es eine Tanzschule und ich habe nur für die Kronleuchter gesorgt." Frau Wolf lehnte sich gegen die Wand. „Hier werden Sie mehr als 80 Leute unterbringen können."

„Auch gut." Bella grinste. „Besser zu viel als zu wenig."

„Wenn Sie wollen, können wir die Bezahlung jetzt schon übernehmen." Frau Wolf zog ihren Notizblock aus der Handtasche.

„Ganz schön geschäftstüchtig", murmelte Felix.

„Ähm, mir wäre es ganz recht, wenn ich mir das Ganze noch etwas näher anscheuen könnte", erwiderte Bella.

Frau Wolf ließ enttäuscht den Block sinken. „Nun gut, kommen sie mit."

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Die Nacht war schon weit vorgeschritten, es war bereits vier Uhr, als Herbert und Alfred ihr Candle-Light-Dinner beendeten.

„Hmm, das war lecker!"

Herbert ließ sich rücklings auf die Decke fallen. „Erdbeeren und Schlagsahne… woher bist du auf die Idee gekommen, das zu mischen?"

Alfred errötete und wickelte seinen Schal enger um den Hals. „Ach, das hab ich mal in Königsberg aufgegriffen…"

Herbert richtete sich grinsend wieder auf. „In der Mensa, oder was?"

„Unwichtig", sagte Alfred schnell, er wollte Herbert dazu wirklich keine Details erzählen.

„Ist dir eigentlich noch kalt?", wollte der Grafensohn wissen.

„Nee, geht schon…" Ohne, dass er es wollte, wurde Alfred wieder unglaublich nervös, als Herbert ein ganzes Stück näher rückte.

„Hmm, schade, dann ist meine Wärmung ja wohl nicht nötig." Er zog einen gespielten, aber perfekten Schmollmund und Alfred musste trotz seiner Nervosität lachen.

„Hast du das geübt?", kicherte er.

„Na klar, extra für dich!" Herberts lächelndes Gesicht kam dem von Alfred gefährlich nahe.

„Steht übrigens auch im ‚Ratgeber für Verliebte': Sollte das geliebte Wesen doch all zu abgeneigt sein, schiebe deine Unterlippe vor."

Statt seiner Unterlippe schon er sein ganzes Gesicht ein Stück nach vorne, sodass seine Lippen Alfreds berührten. Der junge Wissenschaftler erwiderte den Kuss erst etwas zögerlich, dann aber ließ er sich auf Herbert ein und die beiden vertieften den Kuss.

Doch plötzlich gab es ein paar Meter von ihnen einen dumpfen Knall und sie schreckten auseinander.

„Was war das?", fragte Alfred und schaute sich um.

„Weiß nicht… hörte sich an, wie eine Eule, die vom Baum gefallen ist…" Herbert runzelte die Stirn.

Sie lauschten noch einige Augenblicke, doch nichts regte sich.

„Wo waren wir stehengeblieben?", fragte Herbert mit einem Lächeln auf den Lippen und küsste Alfred erneut.

Der junge Wissenschaftler jedoch riss sich nach wenigen Momenten wieder los. „Da war etwas!"

„Wahrscheinlich wirklich nur eine Eule", wollte Herbert ihn beruhigen.

„Seit wann fliegen Eulen so weit unten?!" Alfreds hatte, wie Herbert feststellte, den Wissensdrang des Professors übernommen und schaute sich nun sehr aufmerksam um.

Herbert verdrehte sie Augen. „Komm schon, da wird schon nichts Schlimmes sein."

Alfred sah ihn verunsichert an. „Bist du sicher?"

„Aber sicher bin ich sicher."

Mit einem Seufzen lehnte sich Alfred gegen Herbert. „Aber wehe wir finden beim Weggehen eine tote Eule!"

„Och, und wenn, dann beschütz ich dich vor der", neckte ihn Herbert, bevor er ihn erneut in einen Kuss verwickelte.

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Um halb fünf fanden sich Graf von Krolock, Sarah, Koukol und Professor Abronsius an der Seilbahnstation ein.

Der Graf scheute sich um.

„Hier fehlen aber noch einige, oder?", sagte Sarah.

Ihr Mann nickte besorgt. „Professor, haben sie Herbert oder Alfred gesehen?"

„Nein, nur Chagal auf dem Weg zur Seilbahn…"

„Und meine Cousine?"

Koukol gestikulierte, dass er Titania und ihren Mann auf der anderen Seite des Dorfes gesehen hatte.

In diesem Moment hörten sie eine helle Stimme hinter ihnen. „Hallooo!"

„Bella, du hast nicht zufällig deine Eltern oder Herbert gesehen?", fragte der besorgte Graf sofort. „Oh, wen haben wir denn da…"

Die beiden blonden Vampire kamen näher.

„Felix Gaius! Was machst du denn hier?" Von Krolock schüttelte dem ehemaligen Lateinlehrer seines Sohnes die Hand.

„Ach, der Berg hat gerufen, und dann hat's mich halt hierhin verschlagen", entgegnete Felix grinsend.

„Du hast auch nicht zufällig Herbert gesehen, oder?"

„Wo wollten die denn eigentlich hin?", warf Sarah ein. „Kann ja sein, dass sie die Zeit vergessen haben…"

„Das sieht Herbert aber gar nicht ähnlich", erwiderte Bella, die jetzt genauso besorgt aussah wie der Graf. „Er wird doch wohl selbst bei einem Rendezvous einen hellen Streifen am Himmel sehen, oder?" Sie deutete auf eben diesen, der sich jetzt am Himmel zeigte.

„Aber, bevor wir uns jetzt unnötig Sorgen um jemand bestimmtes machen", meinte der Graf. „Chagal wollte doch gleich wieder nach oben und mit Magda dieses Jubiläum feiern, oder?"

Als Antwort erhielt er einstimmiges Nicken.

„Na, das macht die Sache auch nicht besser." Abronsius schaute mit gerunzelter Stirn die Dorfstraße entlang. „Ob wir uns jetzt um vier oder um fünf Leute sorgen, das macht den Braten auch nicht fett."

„Dann sind es eben nur zwei oder drei", sagte Felix plötzlich und deutete auf das Ende der Straße: Titania und Jonathan rannten auf sie zu.

„Tut uns leid", keuchte Jonathan, als er neben Sarah stoppte. „Aber die Besitzerin von dem Restaurant meinte, wir hätten zu wenig bezahlt und hat einen Riesenaufstandgema-"

„Habt ihr Alfred oder Herbert gesehen?", unterbrach der Graf ihn mit ernster Miene. Titania sah ihm an, dass er sich mit Mühe zusammenriss.

„Also, ich hab gesehen, dass sie mit Herrn Kromling mitgegangen sind, ich glaube, zu seinem Haus, aber ich weiß nicht, wo sie dann hinsind", sagte sie vorsichtig.

„Dann lasst uns den mal fragen", schlug Sarah vor.

„Wenn er nicht gerade seine Messe hält", erwiderte Bella düster.

„Nein, die fängt erst in einer Stunde an." Jonathan schaute sich ebenfalls um.

„Dann fragen wir ihn doch, und dann müssen zumindest Sie nach oben, bevor die Sonne aufgeht", sagte Abronsius entschieden.

So bewegte sich die kleine Gruppe durch das Dorf in die Nähe der Kirche und klopfte an eine Tür nahe dem Gotteshaus.

Pastor Kromling steckte noch im Morgenrock und auf seinem Kopf hatte er eine schiefsitzende Nachtmütze, als er öffnete, aber er wirkte hellwach.

Graf von Krolock schilderte ihm die Situation und die Augen des Priesters weiteten sich.

„Die beiden wollten ein Picknick im Wald machen, ich habe ihnen Proviant dafür gegeben… aber… nun ja, dieses Dorf ist von Wald umgeben, sie könnten von jeder Seite aus rein gegangen sein."

Jonathan stöhnte, Titania runzelte die Stirn und der Graf schien sichtlich nervös zu werden. Was, wenn sein Sohn nicht vor Sonnenaufgang einen geschützten Platz fand?

„Ähm… Exzellenz, ich will ja nicht taktlos sein", meldete sich Abronsius zu Wort. „Aber die Sonne geht bald auf, Sie sollten sich auf den Weg zur Hütte begeben. Wenn Herbert und Alfred wirklich noch draußen sind, werden sie schon einen Unterschlupf finden."

„Vielleicht sind sie ja alle schon früher wieder nach oben gefahren", überlegte Sarah.

„Herbert?", fragte Felix zweifelnd.

„Kann ich mir bei ihm nicht vorstellen", stimmte Titania ihm zu und auch der Graf und Koukol nickten.

„Aber der Professor hat recht, Herbert ist ja nicht lebensmüde", sagte Felix. „Er wird sich nicht in die Sonne setzen."

„Und es bringt nichts, wenn wir hier unten bleiben." Titania legte ihrem Cousin die Hand auf die Schulter.

„Wir können hier bleiben", bot Koukol an.

Abronsius und Kromling nickten. „Wir halten Ausschau nach den beiden, und wenn wir sie finden, bringen wir sie in Sicherheit."

Seufzend ließ sich der Graf überzeugen, dass es das Beste war, zur Hütte zurückzukehrern.

Felix wollte sich mit einem Abschiedsgruß auf den Weg zurück zu Frau Wolfs Pension machen – er hielt es für unangebracht, Bellas Übernachtungsangebot unter diesen Umständen anzunehmen - , aber Graf von Krolock winkte ab. „Du kannst natürlich bei uns bleiben. Es sei denn, du hast was dagegen, dich mit Bella, Julian und Ardora auf den Dachboden zu quetschen."

So saßen die Vampire bald in einer Gondel nach oben.

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„Müssten die nicht bald mal wiederkommen?"

Inzwischen hatte sich Magda zu Julian und Ardora ins Wohnzimmer ans Feuer gesetzt.

„Es dürfte bald hellwerden, wird Zeit, dass die kommen." Julian gähnte.

„Wird doch wohl nichts passiert sein?", fragte Ardora leise. „Passt gar nicht zu Bella oder Titania und erst recht nicht zum Grafen, erst so kurz vor Sonnenaufgang heim zu kommen…"

In diesem Moment klopfte es an der Tür und die drei öffneten sofort.

Es war tatsächlich die Gruppe aus dem Dorf – aber zu ihrem Entsetzen war sie mehr als unvollständig.

„Wo sind denn die anderen?" „Warum sind denn der Professor und Koukol nicht da?" „Ist Chagal nicht bei euch?"

Magdas letzte Frage ließ den Grafen aufschrecken. „Soll das heißen, er ist nicht hier?", fragte er ungläubig.

Der jungen Magd klappte der Mund auf und Sarah schlug sich die Hand vor den Mund.

„Ja, so viel zu ‚sich um zwei oder drei Leute Sorgen machen'", stieß Julian hervor.

Titania schubste ihre Tochter, Felix und ihren Cousin ins Haus.

„Wir können jetzt sowieso nichts mehr machen", sagte sie mit ruhiger Stimme, obwohl sie genauso aufgewühlt war wie Graf von Krolock.

„Wir können nur hoffen, dass die drei einen sicheren Platz gefunden haben oder dass der Professor, Koukol und Herr Kromling sie rechtzeitig finden."

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Glücklicherweise hatte Herbert trotz seiner Verliebtheit tatsächlich den hellen Streifen am Himmel bemerkt und auch Alfred darauf aufmerksam gemacht. Dementsprechend kurz war die Turtelei gewesen, die sich nach Alfred Aufschrecken angebahnt hatte und die beiden räumten rasch die Essensreste und die Decke zusammen.

Kurz darauf traten sie zwischen die Bäume, durch die sie gekommen waren.

Da quietschte Alfred plötzlich erschrocken auf.

Herbert zuckte zusammen, bevor er sich zu dem jungen Wissenschaftler umdrehte.

„Was denn, war da doch ne tote Eule?"

Alfred schüttelte stumm den Kopf und schaute zu Boden. Herbert kam zu ihm zurück und als er das Objekt Alfreds Aufmerksamkeit erblickte, wich er ein Stück zurück.

„Chagal! Was macht der denn hier? Ich dachte, der wäre längst in der Hütte?!"

„Und warum ist er bewusstlos?" Alfred kniete sich neben den dicken Wirt. „Chagal?" Er gab ihm eine leichte Ohrfeige.

Auch Herbert ging nun in die Hocke, er jedoch griff nach Chagals Unterarm, wobei Alfred sich fragte, warum der Grafensohn bei einem Toten den Puls messen wollte. Aber Herbert schien etwas feststellen zu können, denn einige Momente später sagte er: „Er dürfte in Ordnung sein."

„Er sollte eigentlich bei Magda sein, was ist bloß passiert?" Alfred schüttelte den Kopf, als könnte er den dicken Wirt damit verschwinden lassen.

„Nun… danach zu urteilen…" Herbert deutete auf die leere Wodkaflasche in Chagals Hand. „Danach zu urteilen ist er sturzbetrunken und hat es nicht mehr in die Seilbahn geschafft."

„Wie gestört muss denn seine Sicht gewesen sein?!" Alfred konnte sich kaum vorstellen, wie jemand in die entgegen gesetzte Richtung von seinem Ziel laufen konnte, denn sie hatten einen Weg in den Wald genommen, der der Seilbahnstation fast gegenüber lag. Und dies war doch der Weg, auf dem sie gekommen waren… oder?

Jetzt, wo er darüber nachdachte, fiel dem jungen Wissenschaftler auf, dass die Spuren, die sie hinterlassen hatten, komplett zugeschneit waren.

„Wir müssen ihn mitnehmen", sagte Alfred entschieden.

Herbert nickte. „Aber wir müssen uns auch beeilen."

Die beiden Männer nahmen jeweils einen Arm von Chagal über die eigene Schulter und schleiften ihn mit sich. So liefen sie eine ganze Weile, bis Alfred etwas auffiel.

„Herbi… waren… waren wir hier vorhin nicht schon mal?"

„Oh, ähm… das könnte sein…"

„Wo sind wir eigentlich?"

Sie kämpften sich noch eine ganze Zeit lang weiter durch den hohen Schnee, bis sie vor einem grob gezimmerten Holzschild ankamen, auf dem das Wort ‚Kleinwäldchen' eingeritzt war.

„Hört sich nach einem Dorfnamen an"; stellte der Assistenzwissenschaftler fest. „Hast du ihn schon mal gehört?" Doch ein Blick in Herberts Gesicht reichte ihm, um sich das zusammenzureimen, was der Grafensohn einen Augenblick später mit verzweifelter Miene sagte:

„Ich hab noch nie etwas von Kleinwäldchen gehört… Alfi, ich glaube, wir haben uns verlaufen."

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So, das wars mal wieder. Wie fandet ihr's? Der lila Button wartet auf euch :-) Das ist mit 17 Din A 4 Seiten übrigens das längste Kapitel, was ich bis jetzt geschrieben hab, ich hoffe, es war nicht zu lang.

Bis zum nächsten mal!

Eure Aisa