Kapitel 2: Ein Meer von Agonie

Sie zündeten Häuser an, brannten Felder nieder, rodeten Wälder, schlachteten Schweine und Rinder, doch sie fanden nichts.

Sie rissen Steingebäude und Tempel nieder, gruben Friedhöfe um und ertränkten sämtliche Nutztiere, doch sie fanden nichts.

Sie schändeten die Frauen, missbrauchten die Kinder und folterten die Männer, doch niemand sagte ihnen, wo das One Piece sei, wie könnten sie auch?

So machten sie ihre Drohung wahr, sie schlugen dem Volk die Köpfe ab, schlitzten ihnen die Bäuche auf, durchschnitten ihre Kehlen, verbrannten sie bei lebendigem Leib, ertränkten sie, knüpften sie auf, erschossen sie, vergiftete sie, zerstückelten sie, öffneten ihnen die Adern, pfählten sie, prügelten sie tot und wateten gewissenlos in unschuldig vergossenem Blut.

Der Himmel war schwarz von Rauch und Ruß, die Gewässer waren Ströme aus Blut, die Felder waren übersät mit verfaulenden, stinkenden Kadavern. Die Wege gepflastert mit madenzerfressenen Leichen dazwischen, solche die noch dahinsiechten und langsamer krepierten.

Schmerzensschreie und Wehklagen voll Todesangst erfüllten die Luft, unterbrochen von den derben Trinkliedern der besoffenen und feiernden Soldaten.

Ein Genozid sondergleichen, ein Meer von Blut umrahmt von einem Flammenmeer auf einer einst idyllische Insel in Mitten eines Meeres von Stürmen.

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Zwischen all dieser Bitterkeit schlich sich eine junge blonde Frau hindurch, der Körper zerschrammt von spitzen Steinen und Dornbüschen, die sie auf sich nahm um unentdeckt zum Strand zu gelangen.

Zwischen den Leichen kroch sie auf dem mit Asche und Schlamm bedeckten Boden, in dreckigen, zerschlissenen Lumpen, sich nicht von der Umgebung abhebend, ein paar Marineleutnants gingen scherzend vorbei, sie blieb sofort regungslos liegen, doch ein leises Wimmern klang gedämpft unter ihren Lumpen hervor. Die Leutnants waren fast vorbei, da blieb einer plötzlich stehen.

"Sag mal hast du das auch eben gehört?" Nun blieb auch der andere stehen und drehte sich um, die Frau war gelähmt vor Angst.

"Was? Nee, (hicks) da hasu su viel gedrungn(hicks)!" Er zog seinen Kollegen mit sich zum Inselzentrum zurück.

Die junge Frau seufzte leise auf und kroch weiter. Der Strand war am gefährlichsten, hier gab es keine Bäume oder Büsche hinter denen sie sich verstecken konnte, außerdem lagen die Schiffe der Marine hier vor Anker, das war auch ihre Hoffnung... ein kleines Beiboot würde schon genügen.

Sie war nun am Rand des Waldes angelangt, vor ihr der weiße Sand und das weite Meer, erneut blickte sie sich vorsichtig und suchend um... Dort!

Dort lag ein kleines Boot am Strand, doch direkt neben einem Marineschiff, was, wenn es besetzt war? Doch diese Chance würde sie kein zweites mal bekommen, das sie sterben würde, wenn sie auf der Insel blieb war unausweichlich, so gab es aber Hoffnung.

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Sie presste das kleine Bündel aus Stofflacken eng an ihren Körper und rannte los, sie konnte nicht so schnell rennen wie die Männer, aber vielleicht reichte es um unentdeckt zu dem Boot zugelangen.

Bis jetzt schoss niemand auf sie, vielleicht war das Glück ihr gnädig, vorsichtig legte sie das Bündel hinein und begann das Boot ins Wasser zu schieben. Da erfasste sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung, von oben auf dem Schiff, verstecken konnte sie sich nirgends also sah sie hoch, den Tot erwartend.

Dort oben, die Arme auf der Reling verschränkt, stand ein Soldat, mit grauen Haaren, aber blutjung, er schien noch nicht lange bei der Marine zu sein. Er beobachtete die junge Frau wohl schon etwas länger und machte keine Anstalten sie zu erschießen oder Alarm zu schlagen. Seine Tatenlosigkeit machte sie nervös und misstrauisch, plötzlich bewegte er sich, was tat er?

Der Junge holt eine Zigarre aus seiner Tasche, steckte sie sich zwischen die Zähne und suchte nun wohl nach einem Streichholz. Als er endlich eines gefunden hatte, stellte er fest dass nun er beobachtet wurde, er war der jungen Frau extrem suspekt, sie wusste nicht wie sie sein Verhalten deuten sollte.

Gelassen zog er das Streichholz über die Reling und der kleine Reibekopf flammte auf, er zündete die Zigarre an und begann sie zu paffen.

Die junge Blondine entschied sich, das Schicksal nicht weiter herauszufordern, es sah zwar so aus als würde er sie nicht verraten, aber wer weiß!

Sie schob das Boot weiter ins Wasser, plötzlich viel hinter ihr etwas in den Sand, erschrocken drehte sie sich um, da war niemand! Gerade wollte sie weiter machen als ihr Blick auf einen braunen Rucksack viel, sie öffnete ihn. Drei Flaschen Milch, etwas Pökelfleisch und Brot, überrascht sah sie zum Schiff hoch, der Junge stand nun mit dem Rücken zu ihr... drei Flaschen?

Hatte er etwa bemerkt...?

Endlich hatte das Boot genug Wasser unterm Kiel, vorsichtig stieg sie ein, schwimmen konnte sie nicht, das machte ihr jetzt Angst. Ohne genau zu wissen wohin, begann sie aufs offene Meer hinaus zu rudern, Hauptsache weg von diesem Massengrab.

Der junge Soldat sah ihr noch nach, innerlich wünschte er ihr, dass sie es schaffte. Von unter Deck riefen seine besoffenen Vorgesetzten nach ihm.

"Heeeeeey! (hicks) Smogeeeeeeeerrrr (hicks)! Komm runnder un tringn bischen miduns (hicks)!"

Er schnippte den Zigarrenstummel ins Wasser und zog eine neue aus seiner Jackentasche, dann folgte er dem Befehl´´ des Offiziers.

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Die Stürme, die, die Insel beschützten, hüteten auch ihre Bewohner, sie tobten zwar um die kleine Nussschale herum, doch kenterte das Boot nicht, vielmehr wurde es aufs weite mehr hinaus getrieben, als wüsste die See, das auf der Insel nun der Tod lauerte.

Als die Insel langsam am Horizont verschwand atmete die junge Frau erleichtert auf, auch wenn ihr klar war, dass das Schlimmste ihnen noch bevor stand, die lange Fahrt über das Meer und sie hatte keine Ahnung wann sie bewohntes Land erreichen würden, oder ob überhaupt. Sie legte die Ruder ins Boot, ab hier machte es keinen Sinn mehr noch irgendeine Richtung anzusteuern, alles was sie tun konnte war zu den Göttern beten, sie mögen gnädig sein.

Nun, da sie auf dem weiten Ozean trieb und nichts außer Wasser zu sehen war, fiel ihr auf, dass das erst leise Wimmern nun zu einem Weinen geworden war. Sie nahm das kleine Leinenbündel auf den Schoss und schlug den Stoff zur Seite, ein winziges Händchen griff nach ihrem Finger.

"Na ihr? Was wird nun aus uns beiden?" Sie begann das Baby in ihren Armen zu wiegen, aber es weinte noch immer.

"Ich weiß, ihr wollt lieber zu eurer Mami... aber das geht nicht..." zärtlich streichelte sie dem Kleinkind über seine kurzen schwarzen Haare, die langsam untergehende Sonne verlieh ihnen einen leichten Stich von Türkis.

"Ich glaube... ihr seit mir nicht böse Prinz, wenn ich euch jetzt nur noch duze? ... obwohl du jetzt eigentlich König bist..."

Sie blickte in die Richtung in der sie weit in der Ferne ihre Heimat vermutete, Tränen stiegen ihr in die Augen, verwundert beobachtete das Baby sie und hörte für einen Moment mit Weinen auf.

Sie wischte sich die Tränen weg und lächelte es an.

"Du musst bestimmt Hunger haben, armes Ding, wir sind schon den ganzen Tag unterwegs."

Nachdem sie eine der Milchflaschen aus dem Rucksack geholt hatte, goss sie etwas Milch in den Deckel, setzte sie dem Zögling an den Mund und sah beim Trinken zu. Die eisblauen Äuglein glänzten nun freudig und aufmerksam, während es die Milch genoss.

"Was du wohl für eine Augenfarbe bekommst? Hoffentlich die von deiner Mama, die gelben Augen von deinem Papa haben mir irgendwie immer Angst gemacht."

Sie schraubte die Milchflasche zu und wollte sie wieder verstauen, das kleine blickte sehnsüchtig nach der weißen Flüssigkeit.

"Ich kann dir nicht mehr geben, ich weiß nicht wie lange es reichen muss..." fast schien es ihr als hätte es sie verstanden, aber das konnte ein Baby ja noch gar nicht, es fing an in dem Bündel zu strampeln.

"Na du hast aber einen ausgeprägten Bewegungsdrang!"

Sie ließ es ein wenig in dem Boot herumkrabbeln, passte jedoch auf, dass es nicht ins Wasser fallen konnte, einpaar mal erwischte sie es gerade noch an dem schwarzen Katzenschwanz, den die Kleinkinder noch nicht steuern konnten. Mit anderthalb Jahren verschwand er und tauchte erst in der Pubertät wieder auf.

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Allmählich wurde es dunkel und Nacht, doch das kleine wollte einfach nicht ruhen.

"Warum willst du denn nicht schlafen, die ganze Aufregung muss dich doch müde gemacht haben?"

Und das kleine war tatsächlich müde, doch warum es sich sträubte, war ihr erst nicht klar. Sie wickelte es wieder in die warmen Lacken und nahm es auf den Schoß, jetzt begann es wieder zu jammern und seine Augen wurden feucht, dann fing es herzzerreißend zu weinen an, nun begriff sie.

"Du willst nicht ohne deine Mami schlafen, stimmt' s?"

Angestrengt überlegte sie, was sie jetzt tun könnte um es zu beruhigen, eigentlich müsste sie es wissen, immerhin war sie schon eine Weile die Amme der königlichen Familie, was hatte denn die Königin gemacht, wenn es nicht schlummern wollte?

"Deine Mami hat dir doch manchmal so ein Schlaflied vorgesungen, soll ich es mal versuchen?"

Da das Baby weiter schniefte und jammerte und große Kullertränen die Wangen hinunterliefen, forschte sie in ihrem Gedächtnis nach Text und Melodie und summte während sie das Baby in ihre Arme nam. Dann begann sie erst leise zu singen bis ihr alles wieder einfiel.

"Engel erschein' wenn die Nacht sich senkt und strahlende Augen schauen in unsre Seeln. Sind die Mächte die bestehen, jenseits unsres Rufs, so steigen Engel auf, sicher wie die Nacht sich senkt. Und für jedes Stückchen Dunkel, ist ein Licht so göttlich rein und ich bitt dich zu beschützen, vor den Geistern und Schatten und dem Schauern meines Kreuz.

Engel erschein' wenn die Nacht sich senkt und göttliche Augen schauen in unsre Seeln, sind die Mächte die bestehen, jenseits unsres Rufs, so steigen Engel auf, sicher wie die Nacht sich senkt. Es gibt Dinge, die sind magisch, keine Erklärung, warum und wie?... Und Zeichen sind da, dass einst vor langer Zeit´´ hier und jetzt beginnt, alle Zeichen sind da, dass einst vor langer Zeit´´ genau hier und jetzt beginnt..."

Als sie sang, wurde das kleine ruhiger, es hörte auf zu weinen und begann zu lauschen, langsam fielen dem Knirps die Äuglein zu und es schlief sanft ein. Die junge Frau seufzte.

"Tja Felinae altes Mädchen, hast den kleinen Sturschädel doch zum Schlafen gebracht!"

Sie gähnte und vorsichtig, um es nicht zu wecken, legte auch sie sich zur Nachtruhe.

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Die Sonne stand hoch am Himmel, sie trieben nun schon fast anderthalb Wochen auf dem Meer und kein Land in Sicht, langsam schwand Felinae' s Hoffnung, dass sie es schaffen würden, denn das bisschen an Vorräten ging zur Neige, Fleisch hatten sie schon seit gestern nicht mehr, freilich, das kleine gab sich mit Milch zufrieden, aber bei dieser Hitze, hätte man eigentlich viel mehr trinken müssen.

Allerdings hatte sie aus irgendeinem Grund so ein Gefühl, als befänden sie sich nicht mehr auf der Grand- Line, vielleicht weil schon lange keine Seeungeheuer mehr neben dem Boot hergeschwommen waren.

Das Baby schlief zusammengerollt, wie ein Katzenjunges in der Sonne, Felinae fächelte sich Luft zu, ihr war schwindlig, die Schwüle machte ihr stark zu schaffen, hoffentlich wurde es bald Nacht.

Inzwischen hatte die junge Frau kein Zeitgefühl mehr, vor einer Weile hatte sie aufgehört die Tage zu zählen, sonst wüsste sie, dass die fünfte Woche angebrochen war. Und noch immer sträubte sich das Kind zu trinken, der letzte Tropfen Milch war ihr vor zwei Tagen ausgegangen, es war ihr egal was aus ihr wurde, aber wenn es nicht bald trank würde es verdursten.

"Du musst trinken! Bitte!"

Mit einer Hand ergriff sie den kleinen Kopf und hielt die andere an seinen Mund, doch es presste wie schon zuvor die Lippen fest zusammen. Es half nichts, sie müsste es wohl zum trinken zwingen, wenn es sein musste, mit Gewalt.

Sie legte es auf den Rücken so vor sich, dass es sie ansah und klemmte seinen Kopf zwischen ihre Knie, vorsichtig drückte sie, sie gegeneinander. Sie wollte es nicht verletzen, nur daran hindern den Kopf wegzudrehen, die Zähne zusammengebissen ritzte sie mit den Fingernägeln die Wunde an ihrem Handgelenk wieder auf, bis die rot glänzende Flüssigkeit hervorquoll.

Mit der anderen Hand hielt sie dem Baby jetzt die Nase zu, es musste den Mund aufmachen, doch es schien tatsächlich die Luft anzuhalten und zuckte nur. Felinae bekam es mit der Angst zu tun, war es stur genug lieber zu ersticken?

Gerade als sie die Hand wegnehmen wollte riss es den Mund auf und sog halberdrosselt die Luft ein, sie ließ es ein paar Atemzüge machen und noch bevor es den Kiefer wiederzumachen konnte presste sie ihm ihr Handgelenk auf, aus dem das Blut floss.

Verzweifelt strampelte es, versuchte nach ihr zu treten und sie zu kratzen, aber es musste trinken, sie gab nicht nach, entweder es trank oder es bekäme keine Luft...

"Trink verdammt noch mal! Mein Leben ist nicht so wichtig wie deins!"

Sie fühlte es ein paar mal schlucken und wie ein Zittern durch den kleinen Körper ging, sie ließ es Atmen und wickelte schnell Stoff um ihr geschundenes Handgelenk. Das Baby schrie, es gefiel ihm nicht was es tun musste, sie nahm es in den Arm und beruhigte es.

"Bald finden wir Land... bestimmt!"

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Schwer atmend lag die junge Frau im Boot, ihr Kopf schmerzte, schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen, Übelkeit schüttelte sie, die blonden Haare waren verschwitzt und ihre Augen trübe.

Das kleine war zu ihr gekrabbelt und schmiegte sich mitleidsvoll an sie, Felinae hob unter Schmerzen ihren Kopf und nahm es in die Arme, sie waren zerkratzt und die Wunden schlossen sich nicht mehr.

"Du musst unbedingt überleben, hörst du?"

Ein Hustenanfall überkam sie, etwas Blut lief ihr aus dem Mundwinkel, sie wischte es mit zitternder Hand ab und drückte das kleine an sich.

"Du musst doch unser Volk rächen."

Sie küsste die winzige Stirn und strich über die großen Ohren, dann sah sie liebevoll in diese dunkelblauen Augen, lag es daran, dass es ihr nicht so gut ging, oder waren sie wirklich etwas dunkler geworden?

"Du bist ein kluges, unbeugsames Kerlchen, dass hast du von deinem Vater... hoffentlich hast du auch seine Courage..."

Sie schloss die Lider, ihre Umarmung lockerte sich, eine blonde Strähne fiel ihr ins Gesicht, als ihr Kopf zurücksank.

Das Kind stupste sie mit seinen kleinen Händen an, doch sie wachte nicht auf, sie hatte die Grenze überschritten... sie war tot.

Der kleine Junge drückte sich fest an sie und begann leise zu weinen, trotz seines Alters verstand er, dass er nun ganz allein auf der Welt war. Allerdings begriff er noch nicht, in welcher Gefahr nun auch sein Leben schwebte, wenn das Schicksal das Boot nicht bald zu einer Insel trieb.


Der Song ist eine an die Originalmelodie angepasste, also sehr freie Übersetzung von Angels Arise´´ aus dem Musical Tanz der Vampire. Der Song ist downloadbar unter auf der Demo-Seite.