Kapitel 10: Schlechter Tag für Kopfgeldjäger
AvA: So, da bin ich wieder! Es geht weiter. Aber erst Mal eine kleine Ansage für alle Leute, denen meine Kapitel zu kurz sind! *schielt zur Maus ... und anderen Lesern* Dieses hier hat ganze 24 Seiten! Lasst euch das auf der Zunge zergehen! 24 Seiten! Also, bevor ihr anfangt zu lesen ... schnappt euch eine Wasserflasche, Chips und ein bequemes Kissen!
@Lady-of-Gondor: *grübelt ob ihre Hautfarbe langsam zu blau wechselt, wegen dem vielen Luft anhalten* Das Kapitel war an dieser Stelle vorbei, weil Atropos ihre Leser gerne quält! *sfg* Und warum Ionduath nicht einfach gesagt hat, dass er von Aragorn geschickt wurde? Very simple! Die Gefahr hätte bestanden, dass er belauscht wird oder sich Elrond durch irgendeine Geste verrät. Mal davon ganz abgesehen, war die Szene durch Ionduaths Verhalten so etwas interessanter. *evilsmile*
@Miriel1: *haut Ion mit dem Zollstock über die Finger* Pfui! Schäm dich! Wenn dir langweilig ist, geh und such dir ein paar Orks! Zu Miriel: Dein Wunsch ist mir Befehl! Es geht weiter.
@NOB und BOB: Ich muss NOB zustimmen. So oft hat's den Kopfgeldjäger echt nicht erwischt! Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
@Thuringwen: Wie lautet denn, deine Theorie? *neugierig ist*
@analton: Mich freut es, dass dir der Kopfgeldjäger gefällt! Hab mir mit ihm nämlich wirklich Mühe gegeben! Wegen Elrond ... was Aragorn nicht weiß, macht Aragorn nicht heiß! *gg*
@kokosnuss: Herzlich willkommen! Ich hoffe, ich werde häufiger etwas von dir hören!
@LocaInferna: Ithildae mag Elrond nicht? Sünde! Dafür passiert Legolas demnächst was ganz Schliiiiiimmmmes! *Atropos reibt sich freudig die Hände* Das wird lustig! Jedenfalls für mich! Droge? Dann muss ich wahrscheinlich demnächst irgendwo eine Meldung hinpacken: Halten sie ihre Kinder fern! Suchtgefahr!
Da hüpft doch das Herz eines jeden Autors!
@pati: Na, das kann ich ja nicht zulassen! Geht doch nicht, dass mir meine Leser wegsterben. Wann Ionduath endgültig entblättert ... äh enthüllt wird? *blättert durchs Skript* Dauert noch ein wenig!
@dorlimaus: *ggg* Bei Elben kann Ionduath seine Finger/Zunge ... einfach nicht stillhalten! Und seien wir mal ehrlich ... können wir es ihm verübeln?
@huhu: So eine Reaktion auf ca. zwei Wochen kein Update? Huihui ... da kannst du froh sein, dass du meine HP-Story nicht liest. Da habe ich seit über zwei Monaten kein Kapitel mehr online gestellt! *böse* Aber du kannst wieder durchatmen. Jetzt geht's nämlich weiter.
@nichan: Was der Kopfgeldjäger ist, kann ich dir leider nicht verraten! Dann wäre ja die Spannung weg. Aber mit Istari meine ich Gandalf. Da hast du vollkommen Recht.
@zitaboril: Keine Kommentare von Haldir? Bin enttäuscht! *gg* Übrigens ... Dodos sind ausgestorben. Kannst den Postgeier ja an einen Zoo verkaufen. Wegen der Rechtschreibung. Anrede schreibe ich aus Prinzip klein. Groß schreibe ich die nur in handgeschriebenen Briefen. Also kannst du ruhig aufhören, mich drauf hinzuweisen. Werd' mich nämlich auf meine alten Tage nicht mehr ändern. Langsamster Chirug ME? *hust* Ich muss zugeben, da ist was dran! Hab' schlampig gearbeitet. Wie biege ich das denn jetzt mal grade? Ah ... ich hab's! Elrond war wenig kooperativ und Ionduath hat zwischendurch noch ein wenig gefummelt! Das hält auf! *gg* Du stehst also auf verletzte Kopfgeldjäger? Den Wunsch kann ich erfüllen!
VORHANG AUF!!!!!
Aus der Sicht von Ionduath
Ich drehte mich so weit um, wie es mir das Schwert an meinem Hals gestattete und sah geradewegs in das grinsende Gesicht von Barad.
„Oh ... Barad ... du auch hier?", war alles was ich für den Moment herausbringen konnte.
„Ja ... ich bin auch hier ... und es ist wirklich sehr passend, dass ich dich gefunden habe ... ich habe nämlich schon gedacht, ich müsste ganz Mittelerde nach dir absuchen", zischte er.
„Du willst mir doch wohl nicht erzählen, dass du immer noch sauer auf mich bist nur weil ich die Zahl deiner Anhänger ein klein wenig dezimiert habe?", fragte ich mit einem lockeren Tonfall, obwohl ich die Antwort schon kannte.
„Ich? Sauer auf dich? Wo denkst du hin. Ich hasse dich mit solcher Inbrunst, dass es nicht mit Worten zu beschreiben ist!", fauchte er in mein Gesicht.
„Na, dann können wir uns die Hand geben", erwiderte ich trocken, „du gehörst nämlich auch nicht gerade zu meinen Lieblingen!"
Ich erntete einen abwertenden Blick von Barad und wurde auf einen Wink zu seinen Kumpanen, die hinter mir standen unsanft auf die Füße gezerrt.
„Nehmt ihm seine Waffen ab", befahl er lahm, „fesselt ihn und sorgt dafür, dass er nicht abhaut ... ich will mich hier ein wenig umsehen."
Seine Männer warfen die Waffen, die ich noch bei mir trug auf einen Haufen. Dann hielten mich zwei von ihnen fest, während mir die Hände mit einem groben Strick auf den Rücken gefesselt wurden und die anderen mir ihre Schwerter an den Hals hielten oder mit gespannten Bögen auf meinen Kopf zielten.
Währenddessen betrachtete Barad die gefangenen Elben. Und ich konnte mir schon denken, wen er suchte. Als er den Gesuchten nicht fand, kam er langsam zu mir gelaufen.
„Sag mal, Kopfgeldjäger ... wo ist denn die kleine Schönheit von neulich? Wir waren nämlich etwas beschäftigt, als du uns so unfein unterbrochen hast ... und das würde ich jetzt gerne zu Ende bringen."
Ich blickte mit Ekel auf Barad hinab.
„Selbst wenn ich es wüsste ... ich würde es dir nicht sagen!", sagte ich kalt.
„Nicht? Aber ich bin sicher, er ist hier irgendwo in der Nähe", murmelte Barad und sah sich um, „vielleicht kommt er ja raus ... wenn wir jemandem ein bisschen weh tun ... dir zum Beispiel!"
Kaum hatte er diesen Satz zu Ende gesprochen landete seine Faust in meinem Magen und ich ging stöhnend in die Knie. Aber Barad packte mich am Hals und zog mich unerbittlich wieder auf die Füße.
„Scheint noch nicht schmerzhaft genug gewesen zu sein, oder was meinst du", zischte er in mein Ohr.
„Ich meine, dass du ein perverser alter Bastard bist!", knurrte ich zurück.
„Das war leider die falsche Antwort", gab Barad zurück und schlug meinen Kopf gegen die Felswand. Sterne begannen vor meinen Augen zu tanzen und in meinem Schädel machte sich ein pochender Schmerz breit – beinahe so, als würden alle Zwerge des Einsamen Berges in ihm herumhämmern. Meine Knie wurden weich und ich wäre auf den Boden gefallen, wenn Barad mich nicht festgehalten hätte. Aber dieser hielt mich unbarmherzig auf den Beinen und blickte mir jetzt hämisch lachend ins Gesicht.
„Weißt du ... ich gebe ja zu, dass mir der Verlust des Mannes in Caras Morn nicht allzu weh getan hat. Ein paar Männer, die Spaß am Morden, Vergewaltigen und Plündern haben, findet man überall ... vor allen Dingen in der schwarzen Stadt.
„Na, das freut mich ja für dich", murmelte ich leise und versuchte die schwarzen Flecken, die sich vor meinen Augen bildeten zu vertreiben.
Barad kam, nachdem er sich während seiner kleinen Rede etwas von mir entfernt hatte, wieder zu mir zurück und hob mit einem Finger mein Kinn an, damit ich ihm in die Augen sah, was ich dort erblickte, verhieß für mich nichts Gutes.
„Weißt du ... du bist in Caras Morn herumgegeistert, seit ich denken kann. Mal warst du Wochen- oder Monatelang verschwunden ... aber du kamst immer wieder. Mich würde interessieren, wo du in der Zwischenzeit immer gesteckt hast!"
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht!", zischte ich zurück.
„Ich bin halt neugierig!", hauchte Barad für meinen Geschmack eine Spur zu nah an meinem Gesicht. Seine Hand wanderte langsam zu meinem Hals und drückte zu während er mit der anderen die Verschlüsse meines Hemdes öffnete.
„Was wird das?", fragte ich bissig.
„Ich will meine Neugier befriedigen ... und danach vielleicht noch etwas anderes", antwortete er mit einem anzüglichen Blick auf meine nackte Brust und kniff mir ziemlich hart in die rechte Brustwarze, so das ich zischend die Luft einsog.
„Sag mal, sehe ich so aus als würde mir so eine Behandlung von dir gefallen?", schnauzte ich ihn an.
„Reg dich ab. Du bist ohnehin nicht in der Lage irgendwelche Forderungen zu stellen! Denn wie dir bestimmt nicht entgangen sein dürfte, bin ich derjenige mit dem Dolch!"
„Jetzt hab' ich aber Angst!", fauchte ich zurück.
Barad rollte genervt mit den Augen und griff nach dem Turban, der sich aus Gründen der Verhüllung auf meinem Kopf befand. Mit einem Ruck riss er ihn hinunter und mit ihm das Tuch, dass sich vor meinem Gesicht befand. Einfach großartig!
Mehrere Sekunden konnte ich nicht anders, als mein Gegenüber nur schockiert anzustarren. Barad tat das Gleiche, bis er plötzlich seine Hand ausstreckte und eine dicke Strähne meines Haares mehrmals um seine Faust wickelte.
„Also schwarz habe ich ja schon vermutet ... aber wann hast du dir das letzte Mal die Haare geschnitten", fragte er mit einem dreckigen Grinsen, „ich denke, wir müssen den Guten gleich mal näher unter die Lupe nehmen ... vielleicht finden war ja noch Brüste!"
Unter dem schmutzigen Lachen der Anderen schnitt Barad die Strähne meines Haares, die er um seine Faust gewickelt hatte, auf Kinnlänge ab und führte sie an seine Nase um einmal daran zu riechen, bevor er sie auf den Boden fallen ließ.
Fassungslos starrte ich auf die langen Haare, die sich jetzt in nicht unbeträchtlicher Menge auf dem Boden befanden.
"Barad, du Ratte, du Mistkerl … du ORK!", schrie ich ihn an und erntete nur ein amüsiertes Lachen.
"Knebelt ihn und passt gut auf ihn auf! Ich habe nachher noch einiges mit ihm vor! Aber jetzt will ich erst mal die Süße von neulich suchen. Und da es ja anscheinend nichts bringt, wenn wir dir unsere gesamte Aufmerksamkeit schenken, werden wir jetzt einfach mal nett zu einem seiner Verwandten sein!"
Mit dieser neuen Möglichkeit stieß Barad mich in die Arme seiner Kumpane, die mir irgendein ekeliges Tuch zwischen die Zähne zwangen.
Barad ging unterdessen durch die Reihen der Elben, die diesem Schauspiel interessiert beigewohnt hatten und suchte sich ein passendes Opfer heraus.
„Hier ...", Barads Stimme zwang mich dazu in seine Richtung zu sehen, „holt euch den hier ..."
Barad deutete auf einen der jüngeren Elben und zwei seiner Leute kamen, um den sich verzweifelt wehrenden Elben aus der Mitte seiner Gefährten zu holen. Einer der anderen Elben wollte anscheinend gerade protestieren und erntete dafür einen Tritt ins Gesicht.
„Und was sollen wir jetzt mit dem Bengel machen, Boss?", fragte einer der beiden.
„Ach ... ich weiß nicht", sagte Barad und blickte sich um, „ ... schneidet ihm einfach die Kehle durch ... schön langsam und so, dass es jeder sieht!"
Der junge Elb blickte Barad aus großen blauen Augen an und versuchte zu erfassen, was jetzt mit ihm geschehen würde. Seine beiden Henker leckten sich mit leuchtenden Augen die Lippen und während einer den Elben festhielt, setzte ihm der andere sein Schwert an die Kehle.
Der kleine Elb verstand jetzt was mit ihm geschehen würde und dicke Tränen rollten seine Wangen herunter. Barads Leute wollten den Befehl ihres Herren anscheinend ziemlich genau ausführen, denn einer zog seinen Dolch langsam über den Hals des Jungen und hinterließ eine dünne Blutspur an dem hellen Hals, des jetzt haltlos weinenden Elben.
„Ada", hörte ich es dünn von seinen Lippen kommen und im nächsten Moment zuckte ich in den Armen meiner Bewacher zusammen.
Ein gewaltiger Knall ertönte von der Lichtung, wo die anderen sein mussten und eine Rauchsäule in den buntesten Farben stieg über die Bäume.
„Was ist das?", fragte Barad ungläubig und ich schloss ergeben meine Augen. So wie das aussah hatten sich meine „Gefährten" an meinem Privatgepäck vergriffen.
Barad schien nur unglücklicherweise etwas Ähnliches zu dämmern.
„Kommt mit! Ich habe das dumme Gefühl, wir werden dort hinten jemanden finden, den wir sehnsüchtig suchen."
Barads Kumpane warfen mich gegen die nächste Wand und folgten ihrem Anführer. Mit einiger Mühe drehte ich mich auf die Seite und sah mich um. Gar nicht weit von mir, lag der junge Elb und schluchzte herzzerreißend.
Großartig! Einfach großartig! Und wie kam ich jetzt frei? Wie zur Antwort fiel mein Blick auf meine Waffen.
Ich setzte mich mühsam auf und blickte vorsichtig um mich. Die meisten der Kuttenträger saßen irgendwo und soffen sich besinnungslos. Die hatten nicht mal bemerkt, dass Barad einen ihrer Gefangenen umbringen wollte.
Gedanklich fluchend, begab ich mich zu meinen Waffen und versuchte meine Fesseln zu lösen. Nach mehreren tiefen Einschnitten in meine Handballen und das Handgelenk fiel der Strick endlich von mir ab. Schleunigst zerrte ich das Tuch aus meinen Mund und richtete mich auf.
„Na, na", hauchte plötzlich Barad an mein Ohr, „was haben wir denn vor?"
„Dir die Fresse einschlagen", fauchte ich zurück und rammte dem überraschten Kopfgeldjäger meine Faust ins Gesicht. Barad taumelte mit einem Schmerzensschrei zurück und gab mir somit genug Zeit um einen scharfen Pfiff auszustoßen. Darauf folgte das Schreien eines Falken und nur Sekunden später explodierte kurz vor dem Lager der erste Sprengkörper und setzte das trockene Gras in Flammen. In der Ferne konnte ich sehen, wie einige dunkel gekleidete Gestalten vor den Flammen flüchteten.
Wie vorausgesehen liefen die betrunkenen Männer panisch in alle Richtungen durcheinander, während Barad sich verwirrt umsah.
„Du strapazierst wirklich meine Geduld, Kopfgeldjäger!", knurrte Barad und stürzte sich auf mich.
Ich schloss die Augen und rammte meinem Gegner mit aller Kraft meinen Ellenbogen zwischen die Rippen. Barad keuchte auf und lockerte den Griff um meinen Hals. Diese Zeit nutzte ich und packte mit beiden Händen seinen Arm. Soviel Schwung nehmend wie möglich warf ich ihn über meine Schulter auf den Boden, wo er keuchend liegen blieb.
Aber bevor ich mich zu ihm herunterbeugen konnte, schlug er mir die Beine unter dem Körper weg und ich landete unsanft auf dem Boden. Innerhalb von Sekunden lag Barad auf mir und wollte mich erwürgen.
Ruckartig rammte ich Barad mein Knie in die Lenden und schlug ihm ins Gesicht, als er seine Hände von meinem Hals nahm. Wie vorausgesehen rollte Barad von mir herunter und blieb benommen und von Schmerzen gekrümmt auf dem Boden liegen.
Seufzend setzte ich mich auf seine Mitte und hielt ihm den Dolch an die Kehle.
„Barad ...", fing ich an, aber bevor ich enden konnte, hatte er mich gepackt und mich herumgerollt. Auf diese Weise kamen wir einem Lagerfeuer ziemlich nah und dort gewann Barad leider die Oberhand. Allerdings war ich noch immer im Besitz des Dolches. Barad erkannte das leider auch und tat sein möglichstes, um mir den Dolch zu entwinden. Als ihm das nicht gelang, packte er mein rechtes Handgelenk und drückte es von meinem Körper weg.
Als ich realisierte, was er vorhatte, war es leider schon zu spät. Das Feuer fraß sich durch meinen Handschuh und meine Haut. Ich schrie einmal kurz auf. Der Schmerz war so überwältigend und überraschend, dass ich den Dolch fallen ließ. In diesem Moment hörte ich das erste Mal das Sirren von Pfeilen, die durch die Luft flogen.
Barad packte den Dolch, den ich fallengelassen hatte und wollte ihn gerade in meine Brust rammen, als ihm etwas aufzufallen schien.
„Nein ... das ist mir zu einfach", murmelte er und rammte den Dolch stattdessen in meinen Oberschenkel. Er beobachtete noch grinsend wie ich mich vor Schmerzen krümmte und lief dann eiligst zu seinem Pferd. Ich setzte mich mühsam auf und hielt mit schmerzverzerrtem Gesicht meine Hände auf das Bein, um die Blutung zu unterbinden.
„Tief durchatmen", murmelte ich zu mir selbst, als ich bemerkte wie ein Schatten auf mich viel. Böses ahnend blickte ich auf und genau in das wütende Gesicht von einem der Kapuzenträger. Sein Schwert hatte er hoch über seinen Kopf erhoben und war bereit es auf mich niedersausen zu lassen.
Ich blickte mich hastig um. An Flucht war in meinem Zustand nicht zu denken und an Kampf erst recht nicht.
„Geh deine Mutter in der Hölle besuchen, Kopfgeldjäger!"
„Meine Mutter ist nicht in der Hölle", entgegnete ich und versuchte dem herabsausenden Schwert zu entkommen.
Mein Gegner hielt plötzlich mitten in der Bewegung inne, sein Blick wurde starr und Blut floss langsam aus seinem Mundwinkel. Er röchelte noch einmal kurz und fiel dann wie ein nasser Sack auf den Boden. Aus seinem Rücke ragte ein Elbenpfeil mit weißer Feder. Sichtlich erleichtert, blickte ich in die Richtung aus der der Pfeil gekommen sein musste und erkannte das Prinzlein in einiger Entfernung stehend und einen Pfeil nach dem anderen abschießend.
„Puh ... das war knapp", murmelte ich und holte tief Luft. Ich blieb noch einen Moment sitzen und sammelte meine verbliebenen Kräfte, bevor ich mich vom Boden hochstemmte. Ich erleichterte den Toten noch um einen Dolch, der sich bei näherem Hinsehen als einer von meinen entpuppte, und humpelte oder eher gesagt, schleppte mich zu der Stelle wo Barads Männer den jungen Elben umbringen wollten. Auf dem Weg dorthin sammelte ich verdrossen meinen Turban wieder ein. Ich schlang mir die traurigen Überbleibsel meiner Haare mehrmals um die Hand und versteckte sie dann sorgfältig wieder unter dem Turban. Anschließend wickelte ich mir das Tuch wieder ums Gesicht und lief dann langsam zu dem kleinen Elben, der schluchzend in einer Ecke saß. Seine Knie hatte er so dicht wie möglich an seinen Körper gezogen und verbarg seinen Kopf in selbigen.
Mit einem Blick über die Schulter erkannte ich, dass von unseren Feinden alle bis auf ein paar verschwunden war und diese wurden gerade von meinen Gefährten überwältigt.
„Du musst keine Angst vor mir haben", murmelte ich dem Elben zu, der mich plötzlich verängstigt ansah.
„Ich ... ich ..."
„Kannst du bitte aufstehen?", fragte ich den Elben geduldig. „Mit dem Bein ist es mir leider nicht möglich in die Hocke zu gehen ... ohne vor Schmerzen zu schreien."
Der Junge nickte kurz und bemühte sich dann auf die Beine zu kommen.
„Umdrehen", kommandierte ich und zu meiner Überraschung gehorchte er aufs Wort. Danach versuchte ich ziemlich umständlich mit meiner linken Hand seine Fesseln zu lösen – ohne ihm die Hand abzuschneiden. Es dauerte zwar etwas, aber schlussendlich schaffte ich es und drückte dem Jungen den Dolch in die Hand.
„Geh und befrei deine Freunde", sagte ich zu ihm, als er sich nicht vom Fleck bewegte. Er blickte mich kurz ungläubig an.
„Was ist? Glaubst du ich habe dich befreit, damit du hier jetzt Löcher in die Luft starren kannst?"
Bei diesen Worten drehte der Elb sich um und lief eiligst zu den anderen Gefangenen. Ich lehnte mich stöhnend gegen die Felswand und betrachtete mein Bein. Da mich allein der Anblick schmerzte, blickte ich schnell auf etwas anderes. So fiel mein Augenmerk auf den Menschen und den Zwerg, die die übriggebliebenen Kuttenträger fesselten. Es waren nicht viele ... nur drei Stück.
Ich schloss meine Augen und atmete tief durch. Das war wirklich nicht mein Tag.
„Ionduath?"
„Mhm?", ich öffnete ein Auge und blickte genau in das Gesicht des Prinzen.
„Geht es euch gut?", fragte er besorgt.
„Mir ging's nie besser!", antwortete ich lahm.
„Aha ...", erwiderte er, „ihr wisst, dass in eurem Bein ein Dolch steckt?"
Jetzt blickte ich ihn aus beiden Augen gespielt überrascht an.
„Ach was? Wirklich? Prinzlein, da wäre ich ohne euch gar nicht drauf gekommen! Ich dachte das müsste so!"
Er rollte mit den Augen.
„Ihr seid wirklich unmöglich!"
„Ich weiß", antwortete ich mit einem schiefen Grinsen, „wo ist der Waldläufer?"
„Dort drüben", das Prinzlein zeigte mit dem Kopf zu den anderen Elben hin.
„Hmm?", ich bedeutete dem blonden Elben mir zu helfen und humpelte mit seiner Hilfe zu den anderen Elben. Mittlerweile waren fast alle Elben befreit, ebenso der Istari und die Hobbits. Letztere wurden gerade von Merry und Pippin stürmisch begrüßt.
Der Waldläufer kniete neben Elrond und strich dem alten Elben ein paar Haare aus dem Gesicht. Dann stand er auf, ging auf die andere Seite und hockte sich dort hin, nur um wenige Augenblicke später wieder aufzustehen und auf die andere Seite zu laufen.
Ein paar Minuten sah ich mir dieses Schauspiel kopfschüttelnd an. Dann wurde es mir zu bunt.
„Aragorn ... ihr könnt so oft um ihn herumlaufen wie ihr wollt ... er wird nicht vor morgen früh aufwachen!"
Der Mensch sah mich mit Hundeaugen an. Ein Anblick, den ich eines Königs nicht für würdig erachtete, aber damit musste er ja leben, nicht ich.
„Er-wird-nicht-vor-morgen-früh-aufwachen!", wiederholte ich diesmal nachdrücklicher und stützte mich etwas mehr auf das blonde Prinzlein. Dies veranlasste meinen Helfer dazu mich etwas zur Seite zu ziehen und auf einen Stein zu drücken. Jetzt hatte ich auch die Zeit den Elben vor mir etwas genauer zu betrachten und mir fiel etwas Fürchterliches auf. In seinen Haaren waren lilafarbene und rote Flecken!
„Bei Eru", keuchte ich, „was ist denn mit euch passiert!"
„Die Hobbits haben an eurem Gepäck rumgespielt", knurrte das Prinzlein, „und jetzt lasst mich eure Wunden versorgen!"
„Ach ... die paar Kratzer", antwortete ich gelangweilt und zog mit einem Ruck den Dolch aus meinem Oberschenkel. Ich biss die Zähne zusammen, als der unweigerliche Schmerz durch meinen Körper fuhr. Das Prinzlein verzog erschreckt das Gesicht und drückte ein Tuch auf die stark blutende Wunde.
„Seid ihr verrückt?", fragte er. "Ihr könnt den Dolch doch nicht einfach so aus eurem Bein ziehen!"
„Seht ihr doch, dass ich das kann", antwortete ich und spielte mit dem Dolch in meiner Hand.
„Ihr ... ihr ... oh ... mir fehlen die Worte! Aragorn!"
Der Waldläufer riss sich von dem Anblick seines schlafenden Ziehvaters los und blickte in unsere Richtung. Er warf noch einen Blick auf den schlafenden Elben und kam dann zu uns gelaufen.
„Was ist?", fragte er beim Näherkommen.
„Oh Gott", stöhnte ich. Die Haare des Waldläufers hatten eindeutig einen leicht hellblauen Schimmer.
Aus der Sicht von Legolas Grünblatt
Kopfschüttelnd drückte ich ein Tuch auf die Verletzung des Kopfgeldjägers, um die Blutung zu stillen und ließ die vergangenen Minuten noch mal Revue passieren.
Aragorn und ich hatten das erleuchtete Lager von dem Wäldchen aus eine geraume Zeit beobachtet, aber selbst ich mit meinen scharfen Augen konnte nicht sehr viel erkennen, von dem, was dort vor sich ging. Den Hobbits wurde währenddessen langweilig und sie spielten an dem Gepäck des Kopfgeldjägers herum. Bevor wir wussten wie uns geschah, gab es einen gewaltigen Knall und wir wurden in eine bunte Rauchwolke gehüllt. Als der Rauch sich verzogen hatte, blickten uns die Hobbits schuldbewusst an. Aber angesichts ihres Aussehens konnten wir nicht lange ernst bleiben. Merrys Haare hatten ein sattes Rot angenommen, während die von Pippin in einem gesunden Grün erschienen.
Aber uns verging das Lachen schnell wieder, als wir bemerkten, dass auch wir nicht unbeschadet aus dem Unfall der Hobbits hervor gegangen waren. Aber uns blieb nicht viel Zeit um darüber wütend zu werden, denn kurz darauf ertönte der Schrei von Alagos.
Nur Sekunden später detonierte die erste Kugel in der Nähe des Lagers und Aragorn, Gimli und ich machten uns vorsichtig auf den Weg. Nebenbei hielt ich Ausschau nach dem Kopfgeldjäger. Ich entdeckte ihn in der Nähe eines Lagerfeuer sitzend und sich sein Bein haltend. Aber was viel schlimmer war, von der Seite näherte sich ihm einer der Kapuzenträger und Ionduath dachte nicht einmal an Gegenwehr, als sein Gegner das Schwert zum finalen Schlag hob.
Ohne zu zögern griff ich in meinen Köcher und schoss einen Pfeil ab. Der Feind sank tödlich getroffen zu Boden. Danach bemerkte ich noch aus den Augenwinkeln, dass der Kopfgeldjäger seine Umgebung nach dem Todesschützen absuchte und sich dann vom Boden hochstemmte. Ich konzentrierte mich jetzt wieder auf die verbliebenen Gegner, deren Zahl doch erheblich geschrumpft war. Viele hatten im Eifer des Gefechts Freund mit Feind verwechselt und sich gegenseitig umgebracht, andere waren zu nah an einen Sprengkörper geraten und einige hatten auch einen schönen, weißen Pfeil aus dem Körper ragen. Ab da hatte es nicht mehr lange gedauert bis Aragorn und Gimli die verbliebenen Feinde gefesselt hatten und ich machte mich auf dem Weg zum Lager.
Jetzt hockte ich vor Ionduath und verband sein Bein notdürftig. Aragorn hatte ihm eigentlich das Hosenbein aufschneiden wollen, um besseren Zugang zu der Verletzung zu haben, aber dagegen hatte der Kopfgeldjäger sich äußerst nachdrücklich gewehrt.
„Macht wegen dem kleinen Kratzer nicht gleich so einen Aufstand! Das verheilt schon wieder ... mit eurer Hilfe dauert es vielleicht eine Woche und ohne eure Hilfe sieben Tage! Das macht für mich keinen Unterschied", fauchte der Kopfgeldjäger in diesem Moment.
„Aber...", fing Aragorn an.
„Kein Aber!", knurrte Ionduath. „Ich brauche keine Hilfe. Mein Bein ist vollkommen in Ordnung!"
Aragorn schüttelte über soviel Sturheit nur seinen Kopf und gab sich seufzend geschlagen. Er wollte gerade wieder zu den Elben zurückkehren als Gimli zu uns stieß.
Bei dem fassungslosen Blick, den der Kopfgeldjäger auf den Zwergen warf, musste ich unwillkürlich schmunzeln. Gimli, mit seinem dunkelgrün eingefärbten Bart war wirklich eine äußerst kuriose Erscheinung.
„Was riecht hier eigentlich so verbrannt", fragte der Zwerg murmelnd.
Ich blickte Gimli an und roch es plötzlich auch. Es roch nach verbranntem Fleisch. Ich drehte meinen Kopf, um die Quelle des Geruchs zu finden, als ich aus den Augenwinkeln bemerkte, wie Ionduath die rechte Hand unter seinem Umhang verschwinden ließ.
Alarmiert griff ich nach seinem rechten Arm und zwang mit leichter Gewalt seine Hand wieder unter dem Umhang hervor. Schockiert betrachtete ich seinen Handrücken. Das Material seines Handschuhs hatte sich stellenweise tief in sein Fleisch gebrannt. Das Fleisch war tiefrot verfärbt, es glänzte feucht und warf stellenweise große Blasen.
„DAS muss aber unbedingt verarztet werden", sagte Aragorn ohne einen Widerspruch zuzulassen.
„Dann tut doch, was ihr nicht lassen könnt!", grummelte der Kopfgeldjäger und stützte sein Kinn auf die gesunde Hand.
Das ließ Aragorn sich nicht zweimal sagen.
Er war gerade dabei die Stoffreste vorsichtig aus der Wunde zu entfernen, als ein Schatten auf uns fiel. Blinzelnd sah ich hoch und erkannte Mithrandir über uns stehen. Der weiße Istari blickte zornig auf Ionduath und dann auf Aragorn.
„Würdest du mir bitte erklären, was du da machst, Aragorn?"
Der Mensch sah verwirrt zu seinem langjährigen Freund auf.
„Eine Wunde verarzten?", erwiderte er unschuldig.
„Das sehe ich auch. Aber warum verarztest du den Kerl?"
„Weil er verletzt ist?"
Weder Gimli noch ich erkannten worauf Gandalf hinaus wollte.
„Oh ... der alte Zausel ist also noch immer sauer auf mich ...", sagte Ionduath bevor jemand anders etwas sagen konnte, „und warum, wenn ich fragen darf?"
Seine schwarzen Augen blickten unschuldig zu dem Istari auf, wenn man ihn aber genauer beobachtete, konnte man deutlich das Blitzen in seinen Augen sehen.
„Ihr fragt mich tatsächlich, warum ich wütend bin? Nachdem was ihr Lord Elrond angetan habt?"
Aragorn hob fragend eine Augenbraue.
„Ich habe ihn lediglich verarztet ...", antwortete der Kopfgeldjäger mit den Schultern zuckend.
„Davon rede ich nicht", donnerte Gandalf.
„Ach ... ihr meint das? Ich bitte euch, das wird er überleben!"
Gandalf schnappte hörbar nach Luft.
„Ich hoffe, du wirst ihn gleich vernünftig fesseln! Wenn nicht, dann mach ich das!", knurrte Gandalf.
„Fesseln?", fragte Aragorn verwirrt und sah wieder zu dem Zauberer. „Wieso fesseln? Er ist einer meiner Gefährten."
„ER-IST-WAS?"
Als Gandalf derart anfing zu schreien, blickten auch die anderen Elben zu uns hinüber.
„Könntet ihr das bitte weiter diskutieren, wenn ich hier fertig bin?", fragte Aragorn genervt und drehte sich dann zu mir. „Gimli, Legolas, wenn ihr mir einen Gefallen tun wollt, dann verhört die Gefangenen und Gandalf ... frag ein paar von den anderen Elben, ob sie die Leichen beiseite schaffen können."
Ich nickte und lief mit Gimli los. Gandalf zog sich murrend zu den Hobbits zurück.
„Ich frage mich wirklich, was der Kopfgeldjäger jetzt schon wieder angestellt hat!", überlegte ich laut.
„Nichts Gutes, so wie ich ihn kenne", antwortete Gimli und blickte immer wieder zu den Elben, um einen Blick auf die Lady Galadriel erhaschen zu können. Lächelnd setzte ich meinen Weg fort, bis ich bei den Gefangenen angekommen war.
Ausnahmslos alle lagen laut schnarchend auf dem Boden. Ich beugte mich hinunter und schüttelte einen der Gefangenen. Wie ich es nicht anders erwartet hatte, wachte er nicht auf. Bei den anderen erzielte ich das gleiche Ergebnis.
Seufzend lief ich zu Aragorn zurück, der gerade dabei war, die Hand des Kopfgeldjägers zu verbinden.
„Die müssen erst ihren Rausch ausschlafen ... eher bekommst du nichts aus ihnen heraus."
Aragorn nickte und blickte den Kopfgeldjäger an.
„Das habe ich mir schon beinahe gedacht ..."
„WAS?", Ionduath begegnete seinem Blick. „Ihr habt gesagt, ich soll sie irgendwie ausschalten. ... also habe ich ihnen ein Schlafmittel in den Wein gekippt!"
„Ein äußerst durchschlagendes, wie mir scheint!", antwortete ich und erntete ein Grinsen von ihm.
„Sicher, ich mache keine halben Sachen!"
„So ... das hätten wir", murmelte Aragorn und befestigte den Verband, damit dieser nicht verrutschte.
Ionduath besah sich stirnrunzelnd seine Hand.
„... danke ...", murmelte er und versuchte seine Finger zu bewegen.
„Ihr müsst die Hand ruhig halten ... sonst braucht es länger zum Verheilen!", sagte Aragorn noch, bevor er zu den Elben lief und sich neben Elrond setzte.
Der Kopfgeldjäger betrachtete nachdenklich seine Hand und erhob sich stöhnend.
„Wo wollt ihr hin?"
„Mich ein wenig umsehen ...", antwortete er knapp und verschwand humpelnd in der Dunkelheit.
Eine halbe Stunde später lauschte ich den Gesprächen der anderen Elben, die sich um die neu entfachten Feuer gruppiert hatten und beobachtete, wie ein provisorisches Zelt errichtet wurde. Wahrscheinlich war es als Nachtlager für Lady Galadriel gedacht. Ich stützte seufzend mein Kinn auf die Hand und überlegte.
Gimli half den Elben beim Aufbau des Zeltes und war dabei mehr hinderlich als nützlich, Aragorn wachte unermüdlich an der Seite Lord Elronds, Gandalf saß bei den Hobbits, welche sich eifrig unterhielten und nebenbei die Essensvorräte etwas dezimierten und die anderen Elben saßen entweder an den Feuern oder bewachten die Umgebung. Glücklicherweise hatten die Feinde, die meisten Waffen ihrer Opfer mitgenommen, zweifelsohne um sich selbst zu bereichern, und so waren die Elben wieder bewaffnet.
„Was ist Prinzlein? Langweilt ihr euch?", fragte mich eine dunkle Stimme hinter mir. Langsam drehte ich mich um und erkannte den Kopfgeldjäger.
„Langeweile ist nicht ganz das richtige Wort ...", erwiderte ich lahm, „ich komme mir nur etwas ... überflüssig vor."
Er lachte leise und ließ sich neben mir nieder. Mir entging nicht, dass seine Augen nicht einen Moment stillstanden sondern immer aufmerksam die Umgebung absuchten und er bei dem kleinsten ungewöhnlichen Geräusch zu seinem Schwert griff.
„Entwickelt ihr jetzt eine Paranoia?", fragte ich amüsiert und erntete ein grummeliges Knurren von ihm.
„Wenn es um Barad geht, habe ich die immer! Ich mag den Kerl nicht ... und trauen tu ich ihm erst recht nicht!"
Danach entstand eine kurze Pause.
„Ist der Waldläufer immer noch bei dem Elben?", fragte Ionduath und ich nickte. Der Kopfgeldjäger verdrehte genervt die Augen im Kopf und warf sich auf den Rücken. Er legte einen Arm hinter seinen Kopf und blickte in den Himmel.
„Übrigens, Danke für die Rettung!", murmelte er nebenbei.
„Nicht der Rede wert!", antwortete ich.
Wenig später beobachtete auch ich die Sterne, in dem unnatürlich dunklen Nachthimmel. Dabei fiel mein Blick auf einen kleinen, flackernden Stern, der an den Rändern leicht grünlich zu sein schien. Mit einem in mich gerichteten Lächeln erinnerte ich mich an die Geschichten, die mein Vater mir früher immer zu diesem Stern erzählt hatte.
„Was ist so lustig, Prinzlein?"
Ich blickte den Kopfgeldjäger von der Seite her an.
„Das würdet ihr nicht verstehen!"
„Lasst es drauf ankommen ... erhellt den Geist eines armen, alten Mannes!"
„Also gut", sagte ich seufzend und legte mich ebenfalls ins Gras, „seht ihr den kleinen Stern dort? Mit den grünen Rändern?"
„Jep!"
„Das ist das Auge des Dämonenfürsten!"
„Pardon?", war die verwunderte Reaktion des Kopfgeldjägers.
„Früher ... als ich kleiner war, erzählte mir mein Vater diese Geschichte immer, damit ich ins Bett ging. Er sagte, durch diesen Stern würde der Fürst des Totentals des Nachts Mittelerde nach kleinen Elben absuchen, die nicht in ihrem Bett lagen. Hatte er dann einen gefunden ... ritt er auf einem schwarzen Pferd, ganz in schwarz gekleidet aus dem Totental heraus, um das ungehorsame Kind zu fangen ..."
Der Kopfgeldjäger starrte mit gerunzelter Stirn den Stern an und seufzte dann einmal fragend.
„Wieso nennt ihr diesen Fürst ... Dämonenfürst? Er ist doch sicherlich kein echter Dämon?"
„Nein ... mein Vater sagte immer, dass der Fürst früher einmal ein Elb gewesen war ... aber er wendete sich von Mittelerde ab ... er solle geheimnisvolle Kräfte gehabt haben, mit denen er über die Dämonen gebot! Deswegen Dämonenfürst!", erklärte ich.
„Aha ...", antwortete er trocken, „und?"
„Was und?"
„Ob es gewirkt hat? Wart ihr ein braver Junge und seid ins Bett gegangen?"
„Anfangs schon ...", seufzte ich, „später nicht mehr!"
„Ihr wurdet zweifellos älter!", bemerkte der Kopfgeldjäger.
„Das auch ... aber irgendwann hatte mir mein Vater so eine schreckliche Geschichte erzählt, dass ich überhaupt nicht einschlafen konnte, ich war die ganze Nacht vollkommen verstört ... und dann hat meine Mutter ihm verboten mir weiter solche Geschichten zu erzählen!"
„Kluge Frau", lachte der Kopfgeldjäger und schloss die Augen.
„Äh ... Ionduath? Wie lange wird die Farbe in meinen Haaren bleiben?"
„Warum", fragte er mich schmunzelnd, „ich finde, ihr seht reizend aus!"
„Ha, Ha, Ha!", antwortete ich trocken und blickte ihn auffordernd an.
„Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung! Es könnte ein paar Tage dauern, vielleicht auch Wochen ... oder wenn es ganz schlimm kommt, muss die Farbe aus den Haaren herauswachsen."
Das waren ja tolle Aussichten.
Nach einer Weile bemerkte ich ein seltsames Kribbeln in meinem Rücken und ich drehte mich um, damit ich erkennen konnte, was mich beobachtete.
Zu meinem großen Erstaunen, erblickte ich nur wenige Meter hinter mir einen Elben, der mir vage bekannt vorkam. Nach einiger Überlegung erkannte ich ihn. Es war Erestor ... einer der Berater Elronds ... und er blickte den Kopfgeldjäger an, als würde er ihn mit bloßen Händen erwürgen wollen.
Zur gleichen Zeit in Gondor aus der Sicht von Eowyn
Schweißgebadet wachte ich aus meinen Träumen auf. Ich saß aufrecht in meinem Bett und strich mir keuchend einige Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Eowyn? Was ist geschehen?"
Mein Mann war ebenfalls aufgewacht und sah mich jetzt alarmiert an. Aber ich konnte nicht anders als gegen die gegenüberliegende Wand zu starren.
Seit Aragorn und seine Freunde aufgebrochen waren, hatte ich tagtäglich überlegt, woher ich den Kopfgeldjäger kannte. Und jetzt war es mir endlich eingefallen!
So deutlich, als wäre es gestern gewesen, sah ich ihn vor mir. Er war plötzlich wie aus dem Nichts erschienen ... und hatte seinen Gegner regelrecht abgeschlachtet. Seine Augen brannten vor Zorn, Hass und anderen Emotionen, die ich nicht deuten konnte. Und dann ... dann hatte er mich gesehen und kam auf mich zu.
Abwesend strich ich über eine Narbe an meinem Arm.
Aus der Sicht von Aragorn
Müde rieb ich mir meine Augen. Ich hatte die ganze Nacht neben meinem Ziehvater gewacht und ihn aufmerksam beobachtet. Der Gedanke ihn vielleicht nie wieder zu sehen, hatte mir einen größeren Schrecken bereitet als ich angenommen hätte. Ich wusste natürlich, dass mein Vater nach Valinor aufbrechen wollte. Aber ich hatte nicht erwartet, dass es so plötzlich sein würde ... und ohne Abschied.
Mittlerweile dämmerte bereits der Morgen und Elrond hatte sich immer noch nicht bewegt. Vielleicht hatte der Kopfgeldjäger doch einen Fehler gemacht? Vielleicht vertrug Elrond das Schlafmittel nicht? Vielleicht ... vielleicht würde ... würde er nie wieder aufwachen!
Durch diesen Gedanken verflog sämtliche Müdigkeit aus meinen Gliedern und ich sprang alarmiert auf. Wo war der Kopfgeldjäger?
Ich blickte mich suchend im Lager um, konnte ihn aber nirgends entdecken. Dafür sah ich Legolas, der neben einem erloschenen Feuer lag und ebenfalls gerade aufzuwachen schien. Mit großen Schritten lief ich zu ihm hinüber.
„Legolas? Weißt du, wo der Kopfgeldjäger geblieben ist?"
Der Elb richtete sich langsam auf und sah neben sich.
„Guten Morgen, Aragorn! Nein, ich weiß nicht, wo er ist. Ich weiß nur, dass er neben mir lag, als ich eingeschlafen bin."
„Danke ...", ohne ein weiteres Wort ließ ich Legolas allein und lief zu Elrond zurück. Auf halbem Wege kam mir ein besorgt aussehender Erestor entgegen.
„Ah, Estel, hast du Lady Galadriel gesehen? Sie ist verschwunden!"
Ich blickte den Berater meines Vaters verwirrt an.
„Nein, ich habe sie nicht gesehen ... aber der Kopfgeldjäger ist auch verschwunden!", überlegte ich laut.
„DER KOPFGELDJÄGER!?", fauchte Erestor. „Ich wusste doch, dass der irgendetwas im Schilde führt!"
Mittlerweile hatte sich auch Gandalf zu uns gesellt und offensichtlich die letzten Sätze mitbekommen. Jedenfalls schien auch sein Gesicht vor Zorn Funken zu sprühen.
„Ich habe doch gleich gesagt, dass man dem nicht trauen kann", donnerte Gandalf, „das hast du jetzt von deiner Vertrauensseligkeit ..."
„Wer ist zu vertrauensselig?", fragte eine verschlafene, tiefe Stimme neben mir und ich sah Gimli auf eine Antwort warten.
„Aragorn", antwortete Gandalf an meiner Stelle, „dieser verfluchte Tagelump, den er hier angeschleppt hat, hat Lady Galadriel entführt!"
Gimli hob eine Augenbraue so weit, dass sie beinahe in seinem Haaransatz verschwand.
„Aha ... ich nehme an mit dem Tagelump meinst du Ionduath ... nun, vielleicht sehe ich das etwas anders ... aber für mich sieht das nicht so aus, als hätte er die hohe Frau entführt ...", Gimli zeigte vor sich. Und tatsächlich in einiger Entfernung stand Lady Galadriel und ließ sich soeben auf einen Stein sinken. Ihr gegenüber hockte eine schwarze Gestalt, die sich gerade über einen leblosen Körper beugte und diesen untersuchte – ganz eindeutig der Kopfgeldjäger. Aber das Merkwürdigste an dem ganzen Bild war, dass Ionduath und Galadriel sich offensichtlich äußerst angeregt unterhielten.
Ich blickte kurz zur Seite und sah wie Gandalf und Erestor der Mund offen stand.
„Soviel also zu euerer Entführungstheorie", bemerkte ich trocken und ging auf das seltsame Paar zu. Ich hatte nämlich gerade erkannt, dass der leblose Körper sich bewegt hatte.
Ionduath und Galadriel unterhielten sich angeregt, dass sie mein Näherkommen lange Zeit nicht einmal bemerkten. Ungewollt wurde ich auf diese Weise Zeuge ihrer Unterhaltung.
„Habt ihr einen näheren Verdacht", fragte Galadriel soeben leise.
„Einen Verdacht schon ... allerdings sind mir noch zu viele Dinge unklar ... ich hatte vor ..."
Ich erfuhr nicht mehr von den Plänen des Kopfgeldjägers, da mich dieser plötzlich bemerkte.
„Verzeihung", ich verbeugte mich leicht vor der Herrin des Goldenen Waldes, „ich wollte gewiss nicht lauschen ... aber ihr bemerktet mich nicht!"
„Nicht so schlimm", winkte der Kopfgeldjäger ab, „aber ihr kommt gerade richtig ... er wird gleich aufwachen!"
Nach dieser Nachricht, ließ ich mich aufgeregt neben meinem Vater auf die Knie fallen und beobachtete ihn aufmerksam. Eine Gesichtshälfte hatte sich bläulich verfärbt und ging stellenweise schon ins lilafarbene. Das Menschenblut, das in seinen Adern floss, würde wahrscheinlich dafür sorgen, dass die Blutergüsse und auch anderen Verletzungen langsamer verheilten als bei richtigen Elben.
Wenige Augenblicke nachdem ich mich neben ihn gekniet hatte, begannen seine Lider zu flattern und er erwachte langsam aus seinem Schlaf.
Stöhnend griff er sich an die Stirn und blickte sich dann langsam um. Zu aller erst blieb sein Blick an mir haften.
„Estel?", fragte er verwirrt. „Wie kommst du hier her?"
„Wir sind euren Spuren gefolgt", antwortete ich leise.
„Ihr?", fragte er leise.
„Ja, Gimli, Legolas, die Hobbits, Ionduath und ich."
Elrond schien diese Information langsam zu verarbeiten und richtete sich dann schleppend auf. Jede Hilfe, die ihm von mir oder Erestor, der gerade hinzugekommen war, angeboten wurde, lehnte er stur ab.
„Ich fühle mich, als wäre ein Drache auf meinen Kopf getreten", murmelte er, als er es schließlich in eine sitzende Position geschafft hatte.
„Oh, das ist ganz normal", machte der Kopfgeldjäger sich bemerkbar, „ihr solltet etwas trinken und euch dann wieder hinlegen ... das müsste helfen!"
Ganz langsam, beinahe in Zeitlupe, drehte mein Vater seinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam.
„Ihr!", schrie Elrond.
„Ich!", antwortete Ionduath und blickte ihn amüsiert an.
„Ja, ihr ... was macht ihr hier?"
„Nun, ich bin Ionduath ... und somit einer der Begleiter eures Sohnes ... und wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich mir jetzt gerne euren Kopf ansehen."
Bevor mein Vater etwas erwidern konnte, kniete der Kopfgeldjäger schon neben ihm und entfernte vorsichtig den Verband.
„Hm, das sieht gut aus", murmelte er, „eure Heilkräfte haben gute Arbeit geleistet."
Ich besah mir ebenfalls kurz die Wunde und blickte mich dann um. Mir fiel auf, dass Erestor direkt hinter dem Kopfgeldjäger stand und eine Hand auf seinem Schwert lag. Ich zog eine Augenbraue hoch und blickte den Berater meines Vaters skeptisch an.
Was war hier in der vergangenen Nacht geschehen?
Mir blieb keine Zeit, darüber weiter nachzudenken, da der Kopfgeldjäger mich bat, ihm etwas aus seinem Gepäck zu holen. Wortlos reichte ich ihm den Beutel.
Der Kopfgeldjäger entledigte sich seiner Handschuhe und nahm einen Stoffrest aus dem Beutel und eine Flasche mit einer sehr scharf riechenden Flüssigkeit.
Während Ionduath den Lappen mit der Flüssigkeit tränkte, beobachtete ich meinen Vater, der äußerst interessiert die Hand seines Helfers betrachtete.
„Netter Ring ... Ionduath", sagte Elrond plötzlich und legte eine merkwürdige Betonung auf den Namen.
„Ja, nicht wahr? Hat mir ein Freund geschenkt ...", antwortete der Kopfgeldjäger mit dem gleichen merkwürdigen Unterton und drückte den feuchten Lappen auf Elronds Schläfe. Dieser verzog kurz das Gesicht und blickte dann zu mir.
„Mich würde brennend interessieren warum du nicht in Gondor bei Arwen bist, mein Junge!"
Mit knappen Worten unterrichtete ich ihn von den Entführungen und wie wir auf ihre Spur gekommen waren.
„Dann liegt Mithlond also wirklich in Schutt und Asche?", fragte jemand hinter mir und ich drehte mich um. Hinter mir stand ein älterer Elb und das Besondere an ihm war, dass er einen Bart hatte. Das musste Círdan sein.
Ich nickte traurig.
„Leider ja!"
„Das sind traurige Nachrichten ...", antwortete der Elb leise, „es wird lange dauern, bis von dort wieder Schiffe nach Valinor fahren können."
„Nun", antwortete Elrond, „ich denke, dann wird es das Beste sein, wenn wir zuerst alle wieder nach Bruchtal wandern."
Ionduath, der noch immer neben ihm hockte, sprang plötzlich auf.
„Uups, da habe ich doch glatt was vergessen", murmelte er und drückte dem verdutzten Erestor den Lappen in die Hand, „seid mal so gut, und macht hier weiter. Aragorn, ich muss euch mal kurz sprechen ... dauert nicht lange!"
Bevor ich antworten konnte, hatte er mich am Arm gepackt und zog mich von den Elben fort. Als wir weit genug entfernt waren, dass nicht mal die Elben uns mehr hören konnten, blieb er stehen.
„Dann komme ich mal gleich zur Sache. Ich halte es für eine verdammt schlechte Idee, dass die Elben sich jetzt auf den Weg nach Bruchtal machen!"
„Und warum?", fragte ich verwundert.
Mein Gegenüber seufzte und erzählte mir dann von den Informationen, die er am Abend zuvor erhalten hatte. Er hatte Recht ... unter diesen Umständen war mein Vater dort wirklich fehl am Platze
„Das sind wirklich schlechte Nachrichten ...", murmelte ich, als er geendet hatte und ein unangenehmes Gefühl machte sich in meiner Magengrube breit, „aber ihr habt selber gesagt, dass der Mann sturzbetrunken war ... er kann sich geirrt haben ... außerdem ist Imladris von einem Schutz umgeben."
„Soo", er hob spöttisch eine Augenbraue an, „und wer war für diesen Schutz verantwortlich?"
Beinahe synchron blickten wir beide zu Elrond.
„Das ist ein Argument", flüsterte ich, und überlegte fieberhaft. Unter diesen Voraussetzungen konnten die Elben auf keinen Fall nach Bruchtal gehen. Und jetzt lautete die Frage: wie hielt ich meinen Vater davon ab, genau das zu tun?
„Und was machen wir jetzt", fragte der Kopfgeldjäger nachdem ich eine geraume Zeit nichts mehr gesagt hatte.
„Ich denke, wir sollten zuerst die Gefangenen verhören ... und dann lasse ich mir irgendwas einfallen, damit mein Vater nicht nach Bruchtal zurückkehrt. Am Besten wäre, wenn er Lady Galadriel nach Lorien begleitet. Sie könnten die dort ansässigen Elben warnen ... und wir könnten behaupten Bruchtal und Düsterwald warnen zu wollen."
„Hmm, theoretisch ganz gut ... aber praktisch unmöglich", antwortete der Kopfgeldjäger, „ich denke, euer Vater wird persönlich nach Bruchtal reiten wollen! Das ist immerhin seine Heimat."
„Das weiß ich auch! Aber mir fällt momentan nichts Besseres ein ... vielleicht sollten wir Lady Galadriel einweihen ... sie könnte meinen Vater festhalten."
„Sie weiß es schon!", sagte der Kopfgeldjäger und blickte zum Himmel.
„Bitte?"
„Nun ... sie hat eine äußerst charmante Art, dass zu bekommen, was sie will!"
„Dann wäre das Problem ja gelöst! Lady Galadriel besteht darauf meinen Vater mit nach Lorien zu nehmen und wir machen uns noch Heute auf den Weg nach Bruchtal ... nachdem wir die Gefangenen verhört haben ... hoffentlich geht das gut", seufzte ich.
Ionduath antwortete nicht, sondern blickte bezeichnend in den Himmel.
Hoffentlich ... hoffentlich, hatte der Mann sich geirrt ... vielleicht hatten die Elben in Bruchtal die Eindringlinge ja auch zurück schlagen können ... vielleicht machten wir uns ganz umsonst Sorgen. Vielleicht!
Gemeinsam liefen wir dann langsam zu den Gefangenen und begegneten auf dem Weg dorthin Legolas und Gimli. Der Zwerg saß auf dem Boden und verzehrte sein Frühstück, während Legolas mit Falten auf der Stirn in den Himmel blickte.
„Prinzlein? Sucht ihr was?"
„Bemerkt ihr das nicht auch?", fragte Legolas leise.
„Was?", fragte ich.
„Es ist viel zu dunkel ... das ist mir schon vor ein paar Tagen aufgefallen ... es scheint von Tag zu Tag dunkler zu werden!"
Jetzt blickten auch wir in den Himmel und es sah wirklich so aus, als wäre ein dunkler Schleier über den Himmel gelegt worden, der sich immer weiter verfinsterte.
„In der Tat, äußerst merkwürdig ... aber im Moment haben wir andere Probleme", sagte der Kopfgeldjäger schließlich und ich erinnerte mich wieder an meine Pläne.
Ich erzählte Legolas und Gimli mit knappen Worten, was Ionduath uns soeben geschildert hatte und zusammen machten wir uns dann auf den Weg zu den Gefangenen.
Mittlerweile waren alle aufgewacht und ich begann mit der Befragung.
„Was hattet ihr mit den Elben vor? Wo solltet ihr sie hinbringen!"
„Das geht dich `nen feuchten Dreck an!", spuckte mir einer von ihnen entgegen.
Das war nicht die Antwort, die ich mir erhofft hatte, aber ich hatte auch eigentlich nichts anderes erwartet.
„Hört mal, wenn ihr uns sagt was ihr vorhattet und für wen ihr arbeitet ... dann lassen wir euch laufen. Wenn nicht, dann übergeben wir euch den Elben! Die haben nämlich bestimmt noch einiges mit euch zu klären", flüsterte ich einem ins Ohr, „und ich kann euch sagen ... die können ganz schön fies werden!"
Die erwartete Reaktion blieb nicht aus. Einer starrte ängstlich zu Legolas hin, der zufälligerweise mit einem Dolch in der Hand spielte und die anderen sahen zu den Elben, die jetzt nicht gerade freundlich zu uns hinüber blickten. Danach blickten sich die drei gegenseitig an, bevor einer von ihnen stotternd anfing zu sprechen.
„I-ihr würdet uns ... tat-tatsächlich laufen lassen", fragte einer, woraufhin ich nickte.
„Gut ... dann ... wir werden euch alles erzählen, was wir wissen ... aber haltet uns die Elben vom Leib!"
„Versprochen!", erwiderte ich und blickte die drei Männer auffordernd an.
„Also ... wir arbeiten für ... Pa... urghhh ... aahhhh!"
Entsetzt mussten wir mit ansehen, wie sich die drei Männer plötzlich vor Schmerz krümmten und von innen heraus zu leuchten begannen. Feine Risse zeigten sich auf ihrer Haut, die Augen quollen hervor und Dampf kam aus ihren Ohren, Nasen und Mündern. Wenige Augenblicke später schossen Lichtblitze aus ihren Körpern und es ertönte ein letzter infernalischer Schrei, bevor die ganze Umgebung in gleißendes Licht getaucht wurde und wir gezwungenermaßen unsere Augen bedecken mussten.
Als wir unsere Augen wieder öffnen konnten, waren die drei Männer vor uns nur noch zur Unkenntlichkeit verkohlte Leichen. Mit Grauen blickten wir auf die zerstörten Körper vor uns.
„Was war das?", Gimli brach durch die Frage die Stille und brachte Ionduath damit dazu, sich vor die Leichen zu knien und sie genauestens zu untersuchen. Als er einen von den Toten antippte, zerfiel der Körper augenblicklich zu Staub. Nicht das kleinste Stückchen blieb übrig.
„Es war irgendeine Art von Zauber ... sie sind von innen heraus verbrannt ... kein sehr angenehmer Tod ...", murmelte der Kopfgeldjäger und zerrieb einen Krümel Asche zwischen seinen Fingern.
„Nun ... also von denen bekommen wir keine Antworten mehr ...", grummelte Gimli, „und was machen wir jetzt?"
Ich blickte einmal kurz um mich und sagte dann mit fester Stimme: „Wir werden noch heute nach Bruchtal aufbrechen! So schnell wie möglich!"
„Wie ihr wollt ... aber dann schlage ich vor, dass ihr zuerst ein kleines Pläuschchen mit der netten Elbenfrau dort hinten haltet ... nur mal so ... als Vorschlag", sagte der Kopfgeldjäger ohne seinen Blick von den verkohlten Leichen zu nehmen.
Ich nickte bestätigend.
„Ja, das werde ich jetzt gleich machen ... Legolas, Gimli ... wenn ihr alles für einen baldigen Aufbruch bereitmachen könntet?"
„Betrachte es als erledigt ...", antwortete der blonde Elb.
„Danke", erwiderte ich und begab mich langsam zu der Herrin des Goldenen Waldes, um mit ihr darüber zu sprechen, wie ich meinem Vater am Besten von Bruchtal fernhalten konnte.
Zehn Minuten später
„Elessar", antwortete die Herrin des Waldes mit ihrer sanften, leisen und doch eindringlichen Stimme, „ich verstehe, dass du und deine Gefährten sich sofort auf den Weg nach Bruchtal machen möchten ... aber warum wollt ihr, dass ich Elrond von dort forthalte? Es sind seine Söhne und Freunde, die in Gefahr sind ... du darfst das nicht vor ihm verheimlichen!"
„Das ist mir bewusst ... aber er würde sich in große Gefahr begeben, ginge er mit uns ... nach allem was wir wissen, sind diese Männer aus irgendeinem Grund hinter den Elben her ... und wenn er uns begleitet ...", ich ließ die Gedanken, die in meinem Kopf herumwirbelten unausgesprochen, aber Lady Galadriel verstand mich trotzdem und lächelte mich sanft und wissend an.
„Du befürchtest, er könnte ein weiteres Mal gefangen werden ...", es war mehr eine Feststellung als eine Frage, „doch darf ich dich daran erinnern, das auch andere Mitglieder deiner Gruppe in Gefahr sind."
„Mir ist bewusst, das Legolas ebenfalls in Gefahr ist, aber er kann sich verteidigen ... er kann kämpfen!"
Sie lachte leise und drehte mir ihren Rücken zu.
„Und Elrond nicht? Er kämpfte an der Seite Gil-Galads während des letzten Bündnisses ... und er hat überlebt", sie drehte sich wieder um und betrachtete mich eingehend, „ich denke, dass er das nicht alleine seinem Glücksstern zu verdanken hat!"
Ich wand mich unbehaglich.
„Schon ... aber ich bezweifele, dass er seitdem jemals wieder ein Schwert in der Hand gehalten hat ... ich habe ihn jedenfalls noch nie kämpfen gesehen!"
Ich erinnerte mich plötzlich an einige Unterhaltungen, die ich mit Elladan und Elrohir gehabt hatte. Wir hatten uns gefragt, ob Elrond wirklich mit einem Schwert umgehen konnte. Denn selbst seine Söhne hatten ihn nie mit einer solchen Waffe gesehen. Alles was sie über Schwertkampf und Bogenschießen wussten, hatten sie von Glorfindel gelernt ... und bei mir verhielt es sich genauso. Alles was ich über das Kämpfen wusste, hatte ich ebenfalls von Glorfindel gelernt. Elrond hatte mich immer nur in der Kunst des Heilens unterrichtet.
Ein melodisches Lachen holte mich in die Gegenwart zurück.
„Woran denkst du, Elessar?", fragte mich ihre sanfte Stimme.
„Wisst ihr das nicht schon längst?", erwiderte ich.
„Natürlich weiß ich es schon ...", eine längere Pause entstand, in der Galadriel angestrengt zu überlegen schien.
„Elessar ... ich werde auf deinen Wunsch hin, den Mann meiner Tochter und Vater meiner Enkelkinder von Bruchtal fernhalten ... aber bedenke, dass, wenn er es herausfindet ... er alles andere als erfreut sein wird."
„Damit muss ich rechnen ... aber das andere Risiko ist mir zu groß! Mir ist lieber, ich weiß ihn in Lorien in Sicherheit!"
„Es ist deine Entscheidung ...", erwiderte sie leise und durchdrang mich mit ihrem Blick, „und deine Motive sind durchaus edeler Natur ... auch wenn Elrond dies wohl erst etwas später erkennen wird ..."
„Bis zu dieser Erkenntnis werde ich allerdings unter seinem Zorn zu leiden haben", erwiderte ich mit einem schiefen Lächeln.
„Oh, sei unbesorgt, ich denke sein Zorn wird sich diesmal auf jemand anderen entladen ...", antwortete sie mit einem geheimnisvollen Lächeln und machte Anstalten zu ihrem Volk zurückzukehren.
„Elessar, ich wünsche dir alles Gute für deine Reise und hoffe, dass sich meine düsteren Vorahnungen nicht bestätigen werden, aber einen Rat will ich dir noch geben ...", flüsterte sie, „unterschätze niemanden ... weder Feind ... noch Freund!"
Das Erstaunen musste wohl sehr deutlich auf meinem Gesicht zu erkennen sein, denn wieder lachte sie, diesmal etwas offener als die Male zuvor.
„Keine Sorge ... du wirst die Bedeutung meiner Worte sehr bald verstehen ...", sie machte eine kurze Pause, um Luft zu holen und machte dann einen abrupten Themenwechsel, „nun ... ein Gutes hat dies alles ja, mein lieber Gatte, wird äußerst erfreut sein, mich so schnell wieder zu sehen, auch wenn die Umstände alles andere als erfreulich sind! Aber jetzt will ich euch nicht länger aufhalten ... wie ich sehe, sind deine Gefährten schon zum Aufbruch bereit."
Ich blickte zu meinen Gefährten, die alle neben ihren Reittieren standen und nur noch auf mich zu warten schienen.
„Ihr habt Recht, ich danke euch für eure Hilfe ... und für euren Rat. Außerdem hoffe ich, dass sich unsere Wege bald wieder unter erfreulicheren Bedingungen kreuzen werden!"
„So hoffe ich auch ...", erwiderte sie leise und blickte nachdenklich in den Himmel. Ich beobachtete sie noch eine Weile und blieb regungslos stehen. Irgendetwas hielt mich in ihrer Nähe fest.
„Mir scheint du hast noch eine Frage ... du möchtest wissen über was ich mit einem deiner Begleiter gesprochen habe ... diesem Kopfgeldjäger!"
„Ich ... ähm ... ist das so offensichtlich?", fragte ich verlegen und rief damit ein Schmunzeln auf ihrem Gesicht hervor.
„Deine Gedanken sind für mich ein offenes Buch ... und so gern ich dir deine Frage beantworten möchte, ich werde es nicht tun du wirst es von alleine erfahren ... aber dein Begleiter kann ein äußerst amüsanter Gesprächspartner sein ... und jetzt geh endlich. Deine Gefährten warten auf dich!"
Durch den plötzlichen Ernst in ihrer Stimme wachgerüttelt, verabschiedete ich mich von ihr und lief zu meinen Gefährten. Gimli war bereits im Sattel, Legolas und Ionduath standen neben ihren Pferden. Mein Pferd stand in der Nähe von Legolas.
Als ich schon beinahe bei ihnen angekommen war, fiel mir etwas sehr Wichtiges ein. Ich machte auf der Stelle kehrt und lief zu Elrond, der mich bereits mit hochgezogener Augenbraue erwartete.
„Ich dachte schon beinahe, du hättest mich vergessen", sagte er in seinem üblichen würdevollen Ton und mit dem ernsten Gesicht, das mich als Kind immer hatte erschauern lassen.
„Ich hätte dich niemals vergessen, ada!", antwortete ich leise und leicht verlegen, weil genau das beinahe passiert wäre. „Es ist nur, dass wir es sehr eilig haben."
„Keine Sorge, ich verstehe dich schon ... passt auf euch auf", flüsterte er mir leise ins Ohr und drückte dann meine Schulter.
„Das werden wir", antwortete ich ebenso leise und lief dann zu den Hobbits, um mich ebenfalls von ihnen zu verabschieden. Wie ich es nicht anders erwartet hatte, waren alle vier leicht enttäuscht, dass wir sie nicht mitnehmen würden. Aber ich hatte ihnen gleich nach ihrer Befreiung gesagt, dass das unmöglich wäre und hoffte jetzt tief in meinem Innern, dass sie sich daran halten würden.
Nachdem ich mich von den Hobbits verabschiedet hatte, blickte ich mich suchend nach Gandalf um. Der alte Zauberer würde es mir sicherlich übel nehmen, wenn ich ihn vergessen würde. Sehr zu meinem Erstaunen entdeckte ich ihn neben Legolas und Gimli ... mit Schattenfell ... und aufbruchbereit.
Verwundert lief ich zu ihnen hin um zu erfahren, was Gandalf vorhatte.
„Gandalf ... ich wollte mich gerade von dir verabschieden, aber wie ich sehe, scheinst du diesen Ort ebenfalls verlassen zu wollen!"
„Wie recht du hast, ich werde diesen Ort tatsächlich verlassen ... mit euch!"
„Bitte?", fragte ich erstaunt.
„Nun", seine Augen blitzten schelmisch, „ich denke, ihr könnt den Rat eines weisen, alten Mannes durchaus gebrauchen ... und außerdem", seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern, „passt es mir nicht, dass du mit diesem ... diesem ... Verbrecher vollkommen schutzlos durch Mittelerde reitest! Ich werde während dieser Reise ein Auge auf ihn haben ... ich traue dem Kerl nicht ... er verheimlicht irgendwas!"
Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte ich über Gandalfs Schulter zu dem Kopfgeldjäger hin, der sich scheinbar äußerst interessiert mit seinem Pferd und dem Falken beschäftigte.
„Wenn du meinst", antwortete ich lahm. Ich konnte es absolut nicht gebrauchen, wenn sich die Mitglieder meiner Gemeinschaft gegenseitig bespitzelten ... aber ich würde den alten Istari wohl kaum von seinem Vorhaben abbringen können, also sparte ich mir einen Kommentar und gab das Zeichen zum Aufbruch.
Wir waren noch keine zwanzig Meter weit gekommen, als uns plötzlich jemand anrief.
„Halt, wartet bitte!"
Erstaunt warf ich einen Blick über meine Schulter und sah einen jungen Elben, der uns nachrannte. Zu meiner grenzenlosen Verwunderung blieb er keuchend direkt vor Ionduath stehen.
„Ich ... ich ... wollte mich noch bei euch bedanken ..."
„Nicht der Rede wert ...", murmelte der Kopfgeldjäger verlegen und wollte weiterreiten, wurde aber noch einmal von dem Jungen aufgehalten.
„Doch ... ihr habt mir mein Leben gerettet ... vielen Dank!", ich beobachtete Ionduath, dem die ganze Szene zunehmend unangenehm wurde, mit schlecht verborgener Belustigung.
„Habe ich gerne getan", nuschelte Ionduath und trieb sein Pferd wieder an, nur um ein weiteres Mal von dem Jungen aufgehalten zu werden.
„Ich habe euren Dolch noch", der Junge hob die Waffe ehrfürchtig hoch und wollte sie dem schwarzen Reiter wiedergeben.
„Dir gefällt der Dolch", fragte mein Begleiter leise, woraufhin der Junge andächtig nickte, "dann behalt ihn!"
„Oh ... nein, das kann ich nicht!"
„Du wirst ihn aber behalten müssen, mein Junge", knurrte der Kopfgeldjäger leise, „denn wenn du ihn mir zurückgibst, dann wird dein Vater doch eine Beerdigung für dich ausrichten müssen!"
Gandalf griff bei dieser Bemerkung sofort nach seinem Stab, den Gimli ihm zurückgegeben hatte, und richtete ihn drohend auf den Kopfgeldjäger. Aber ich bemerkte an den Augen von Ionduath, dass er nur Spaß machte ... der Elb schien es Gott sei Dank auch zu merken, denn er lief, nachdem er noch ein paar Mal seinen Dank gestammelt hatte, strahlend zu seinem Vater zurück und wir konnten unseren Weg endlich fortsetzen.
„Mir wird zwar viel nachgesagt", knurrte Ionduath plötzlich zu Gandalf, „aber ich bringe keine Kinder um, merkt euch das ... und versucht das nächste Mal nachzudenken, bevor ihr mich rösten wollt! Es könnte sonst sein, dass euch meine Dienste an anderer Stelle sehr fehlen werden!"
„Dieses Kind, wie ihr es nennt, ist älter als ihr ... und ich traue niemandem, der sich selbst Ionduath nennt und niemandem sein Gesicht zeigt!", knurrte Gandalf ebenso gefährlich zurück.
„Wenn ihr meint", erwiderte der Kopfgeldjäger nur, wobei es mir nicht ersichtlich war, ob sich dies nun auf den Kommentar mit seinem Alter oder seinem Gesicht bezog, und ließ sein Pferd in einen weitausholenden Galopp fallen, so dass er bereits nach wenigen Minuten weit vor uns ritt.
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Vorschau:
Vor uns eröffnete sich das Tal von Imladris. Auf den ersten Blick sah alles aus wie immer. Aber auf den zweiten Blick konnte man erkennen, dass irgendetwas nicht stimmte. Die Vögel schienen nicht mehr so laut zu singen und wir waren auch noch keinem Wachposten begegnet. Dies war äußerst befremdlich, da die Elben von Bruchtal sehr großen Wert auf ihre Sicherheit legten.
Bis zum nächsten Mal,
Atropos
