Kapitel 11: Angriff auf den König

AvA: Hallihallo! Da bin ich wieder! Dieses Kapitel ist zwar nicht  ganz so lang wie das vorherige ... aber dafür finde ich es äußerst ... knuddelig! *schnurrrrrrrr* Warum? Tja, lest es!

@Lady-of-Gondor: Zweimal ließ ich euch im Dunklen wandern? Tja, wie hätt' ich dass denn sonst machen sollen? *g* Soll der Kopfgeldjäger sich etwa selber beschreiben? Außerdem, wo bliebe denn da die Spannung? Aber keine Sorge ... ihr werdet euch nicht mehr lange über die Vermummung aufregen müssen.

@Seelenspiel: Freut mich, dass dir die Geschichte gefällt! Ein bisserl müsst ihr noch warten ... dann gibt es was stichhaltiges zum Kgj.

@LocaInferna: *rotwerd* Du machst mich ja ganz verlegen! *gggg* Und Professor Snape ... der ertrinkt jetzt glaube ich, seit einem halben Jahr. Muss ihn glaube ich, erst mal von dem ganzen Seegras befreien, bevor der wieder mitspielen kann. Legolas vergewaltigen? Ich dachte, dass hätte ich schon ... aber ich kann gerne noch mal näher ins Detail gehen! Der Kopfgeldjäger macht da bestimmt gerne mit. *weicht schwarzem Wurfstern aus* WAS? Erzähl mir bloß noch, du hast deine weiche Seite gefunden! *weicht jetzt vielen schwarzen Wurfsternen aus* Okay, ich hab's verstanden. Dann nehm' halt Barad, für die Vergewaltigungsnummer. Und damit auch ja alle auf ihre Kosten kommen, darf Ithildae den Prinzen festhalten. *gggggg* Was mir gerade einfällt, du hast sogar schon ein Bild von ihm ohne Vermummung gesehen.

@Samira Nin: Deine Hoffnung das er doch eine sie ist, kannst du leider begraben. Denn soviel kann ich verraten, er ist definitiv ein Mann! Sorry!

@dorlimaus: Du irrst dich! Ich schreibe nur soviel, damit die Mäuse auf ihre Kosten kommen *gg* Alles für dich! Ja, Eowyn erinnert sich an ihn. Scheint keine nette Erinnerung gewesen zu sein. Und ob er ein Nazgul ist? Mal schau'n, mal schau'n!

@Miriel1: Oh, fein! Da freu ich mich dann aber auf Post! Warte jetzt schon sehnsüchtig auf Post von dir! Will doch wissen, wie du dir Ion vorstellst!

@zitaboril: Haldir ist ins Hafenbecken geplumpst? Sach mal, bist du jetzt ein Elb oder ein Zwerg? Einfach ins Hafenbecken fallen ... also wirklich!

Zita, zita, zita ... kann es sein, dass du meinen Kopfgeldjäger bluten sehen willst? So richtig deftig? Warum nur? Und Erestor soll ihm den Kopf abschlagen? Der Bücherwurm? Weiß der überhaupt welches Ende vom Schwert das Tödliche ist? *sfg* Ne, ne, ne ... den steckt Ion locker in die Tasche. Da müssen schon andere Sachen kommen. Deine Vermutung ist übrigens gut ...

Und noch was ... Haldir, du wirst fett! Du brauchst mal wieder ein wenig Bewegung! Kann ich dich vielleicht zu einem Knebelvertrag auf Lebenszeit überreden? Eine warme Mahlzeit in der Woche, und einmal alle hundert Jahre Ausgang. Schlafgelegenheiten gibt es natürlich auch ... müsste zwar erst die Viehzucht abschaffen ...

Aus der Sicht von Aragorn

Unsere Reise nach Bruchtal ging zügig voran, wenn ich die Wortgefechte zwischen Ionduath und Gandalf auch äußerst ... nervend fand. Es schien bald so, als würden sie sich gegenseitig die Luft zum Atmen nicht gönnen.

Mittlerweile waren wir nur noch eine Tagesreise von Bruchtal entfernt und ich betete mit jedem Meter, den wir näher kamen, dass der Kopfgeldjäger sich geirrt hatte.

Gegen Abend schlugen wir unser Lager am Rande eines Wäldchens auf, das wir während des Tages durchquert hatten. Gandalf hatte sich auf einen Stein niedergelassen und ließ den Kopfgeldjäger nicht eine Sekunde aus den Augen, Ionduath wiederum tat sein Bestes, um die Anwesenheit des Istaris zu ignorieren. Was ihm aber nicht immer gelang. Denn kaum machte er einen Schritt aus der Sichtweite Gandalfs, sprang dieser auf und lief ihm nach. Nach einer Weile wurde es dem Kopfgeldjäger zu bunt und er baute sich drohend vor dem weißen Zauberer auf.

„Sagt mal, glaubt ihr ich brauche ein Kindermädchen?", fauchte der schwarze Reiter ihn an.

„Ihr braucht kein Kindermädchen, ihr braucht einen Gefängniswärter! Ich traue euch nämlich nicht weiter, als meine Nase lang ist!"

„Na, dass ist aber doch ein ganz gutes Ende", schnaubte Ionduath und machte sich noch größer, als er es ohnehin schon war.

„Ihr seid für mich nichts weiter, als ein Tagedieb! Ich bin sicher, ihr habt euch ihnen nur angeschlossen, um sie umzubringen und auszurauben", klärte Gandalf seinen Standpunkt.

„Ach wirklich? Dann will ich euch mal was erzählen. Ich hatte während unserer Reise bereits mehr als einmal die Möglichkeit jedem von ihnen die Kehle durchzuschneiden! Und habe ich es getan? Nein! Dann wäre es doch ziemlich dämlich von mir, jetzt damit anzufangen!"

Gandalf legte seine Stirn in Falten. Das war ein Argument. Ein gutes Argument. Der Zauberer überlegte einen Moment und Ionduath wollte sich gerade abwenden, als die Erleuchtung förmlich auf dem Gesicht Gandalfs geschrieben stand.

„Jetzt weiß ich es", vertönte er laut, „ihr gehört zu diesen Leuten, die all die Elben entführen und wollt uns jetzt auf eine falsche Fährte locken!"

Darauf wusste der Kopfgeldjäger nichts zu erwidern, aber ich konnte trotz der einsetzenden Dunkelheit und den schwarzen Tüchern, die sein Gesicht verdeckten, erkennen wie ihm die Kinnlade herunterklappte.

„Ich ... ich ... ach denkt doch was ihr wollt", sagte er als er seine Fassung wiedererlangte, „ich gehe jetzt Feuerholz suchen!"

„Ich werde euch begleiten", rief Legolas vom anderen Ende des Lagers her und folgte dem Kopfgeldjäger in den kleinen Wald.

Einen Moment wartete ich, bis ich sicher war, dass beide außer Hörweite waren und blickte dann böse zu Gandalf.

„Hör mal, Gandalf", seufzte ich, „du warst mir ein sehr langer und sehr guter Freund, und dein Rat war mir immer sehr willkommen ... und ich kann deine Bedenken wirklich sehr gut verstehen ... aber der Kopfgeldjäger hat mir bis jetzt keinen Anlass gegeben ihm zu misstrauen ... er hat uns einige Male sehr geholfen ... also könntest du bitte dein Misstrauen im Stillen weiterpflegen und aufhören ihn andauernd zu reizen? Es wird nämlich niemandem helfen, wenn wir uns gegenseitig bekriegen!"

Gandalf war ganz eindeutig nicht damit einverstanden, fügte sich aber. Missmutig setzte er sich auf einen Stein und stopfte seine Pfeife.

„Aber komm nachher nicht bei mir angekrochen, wenn dieser Kerl euch verrät!"

„Das werde ich nicht ... keine Sorge", seufzte ich und nahm meinen Bogen, um für unser Abendessen zu sorgen.

Aus der Sicht von Legolas Grünblatt

Ich lief jetzt seit zehn Minuten hinter Ionduath durch den Wald und suchte mit ihm zusammen Feuerholz. Eine Tätigkeit, die sich als äußerst schwierig herausstellte, weil aus irgendeinem Grund kaum totes Holz auf dem Waldboden zu finden war und die einsetzende Dunkelheit machte es uns auch nicht wirklich leichter.

„Habt ihr schon etwas gefunden?", fragte ich Ionduath ohne meinen Blick vom Waldboden zu nehmen.

„Ionduath?", fragte ich noch einmal als ich keine Reaktion erhielt und sah auf. Der Kopfgeldjäger war verschwunden. Verwirrt drehte ich mich um meine eigene Achse, aber ich konnte den Kopfgeldjäger noch immer nicht entdecken. Stattdessen hörte ich das leise Zirpen von Grillen, den Wind, der in den Blättern rauschte, hin und wieder das Geschrei einer Eule und die charakteristischen Geräusche anderer Tiere. Aber nicht die leiseste Abweichung ließ erkennen, dass sich in diesem Wald auch noch ein Mensch bewegen musste.

Wieso konnte ich ihn nicht hören? Er war ein Mensch! Ich müsste ihn hören können.

Ein plötzliches Rauschen teilte mir mit, dass ich nicht alleine war, aber bevor ich nach meinen Waffen greifen konnte, hatte mich etwas von hinten gepackt und seine Arme fest um meine Taille geschlungen. Anfangs wehrte ich mich gegen den Griff, der meine Arme gegen meinen Körper drückte und mich so vollkommen wehrlos machte, aber als ich erkannte, wer mich da überwältigt hatte, ließ ich meine Gegenwehr schwinden und wartete.

Meine Geduld wurde belohnt, als ich den sanften Atem meines „Gegners" an meinem Ohr spürte.

„Sieh an, sieh an! Prinzlein, ihr scheint ja aufzutauen", schnurrte der Kopfgeldjäger leise an meinem Ohr ohne seinen Griff zu lösen, „was meint ihr, soll ich dem Istari eine Freude machen ... und seine Befürchtungen eintreten lassen?"

Ich bewegte mich nicht und lauschte nur den kalten Worten, die den Mund meines Begleiters verließen.

„Es wäre so einfach für mich ...", seufzte der Kopfgeldjäger, „ich könnte euch einfach hier erwürgen ... oder vielleicht schneide ich euch die Kehle durch und beobachte wie dieses herrliche rote Blut über euren blassen Körper läuft ... ich fände das äußerst amüsant!"

„Ich habe euch etwas mehr Kreativität zugetraut", ärgerte ich ihn, „erwürgen ... Kehle durchschneiden ... das ist doch langweilig!"

Ionduath ließ seine Stirn auf meine Schulter sinken und seufzte frustriert.

„Wieso habt ihr keine Angst mehr vor mir?", fragte er beleidigt.

„Oh ... mal davon abgesehen, dass ich mich noch nie vor euch gefürchtet habe ... meine letzten Zweifel, was eure ehrlichen Absichten angeht sind verflogen, als ich sah wie nett ihr zu dem jungen Elben ward", entgegnete ich mit funkelnden Augen.

„Ich wusste doch, dass ich einen Fehler gemacht habe ... ich bin viel zu nett", ärgerte er sich über sich selbst und ließ mich los, um sich auf einen nahegelegenen Stein zu setzen.

„Nun Prinzlein ... da eure Angst ja anscheinend verflogen ist, könnt ihr mir ja eigentlich erzählen, welcher ´Ork` euch so zugerichtet hat", sagte er und fixierte mich mit seinen pechschwarzen Augen.

Ich seufzte und blickte ihn anklagend an.

„Ihr lasst wirklich nicht locker, oder?"

„Nein, eigentlich nicht", antwortete er unbekümmert und blickte mich sanft an, „ihr könnt es mir ruhig erzählen ... von mir wird niemand ein Wort erfahren ... und gelegentlich hilft es, wenn man darüber redet!"

„Also gut ...", stöhnte ich und ließ mich neben ihm auf den Stein sinken, „die Wahrheit ist ..."

Ich senkte meinen Kopf und atmete tief durch.

„... ich habe mich selber aufgeschlitzt!"

Das Erstaunen stand buchstäblich in das Gesicht meines Begleiters geschrieben.

„Pardon?"

„Ich ... ich bin vor jemanden zurückgewichen ... gegen das Geländer eines Balkons gestoßen ... das Geländer war morsch ... und ich bin drei Stockwerke tief gestürzt ... und etwas unglücklich mit einem abgebrochenem Ast in Berührung gekommen ... das Ergebnis habt ihr ja gesehen!"

„Hmm ... also ich habe jetzt mit vielem gerechnet ... aber mit einem Elben, der einen Balkon hinabstürzt ...", Ionduath schüttelte seinen Kopf und blickte mich schief lächelnd an.

„Als ob euch nie ein Missgeschick passieren würde ...", murrte ich ihn an.

„Doch schon, aber ...", er hielt inne und lauschte in die Dunkelheit, „hört ihr das?"

Ich blickte ihn fragend an und horchte dann ebenfalls. Leise Stimmen näherten sich uns. Sie waren noch weit weg und ich konnte deswegen nicht verstehen, worüber sie redeten aber sie kamen stetig näher.

Wir wechselten nur einen kurzen Blick und gingen dann mit gezückten Waffen den Stimmen entgegen. Immer darauf bedacht keinen Lärm zu machen und die Deckung des Dickichts zu nutzen.

„Bist du sicher, dass sie hier langgeritten sind?", fragte eine dünne Stimme durch das Dunkel und ich runzelte unwillkürlich meine Stirn. Diese Stimme kannte ich doch?

Ionduath schienen ähnliche Gedanken durch den Kopf zu gehen, denn er blieb stehen und sah sich zu mir um.

„Ja, ich bin mir sicher! Sie müssen hier langgekommen sein! Dies ist der kürzeste Weg nach Imladris und da wollten sie hin!"

„Ist ja gut, ich glaube dir ja! Jetzt lasst uns weiterreiten ... ich habe keine Lust die Nacht in diesem Wald zu verbringen!"

Ich kannte diese Stimmen ganz eindeutig. Aber was machten sie hier? Plötzlich stand der Kopfgeldjäger neben mir und flüsterte in mein Ohr: „Soll ich ihnen ein wenig Angst einjagen?"

„Ich glaube, das ist keine gute Idee! Sie könnten sich zu Tode erschrecken und verlaufen, wenn sie vor euch flüchten!"

„Schade", murrte der Kopfgeldjäger aber fügte sich meiner Entscheidung. Zusammen traten wir dann aus dem Dickicht heraus, direkt vor die Ponys der vier Hobbits! Obwohl der Mond heute Nacht hell schien, war mir vom ersten Augenblick an klar, dass sie uns nicht erkannten. Denn der Mond stand hinter Ionduath und mir und strahlte unsere Silhouette an. Außerdem keuchten vier Hobbits erschrocken auf, als wir so plötzlich aus dem Nichts erschienen.

„ ... L-legolas ... du … bist es", stotterte Merry plötzlich, „du hast uns beinahe zu Tode erschreckt ..."

„Und der da auch", Pippin deutete mit einem Kopfnicken auf die rabenschwarze Gestalt des Kopfgeldjägers.

Ich lächelte die vier winzigen Lebewesen entschuldigend an.

„Das war bestimmt nicht unsere Absicht ... aber wir waren überrascht euch hier zu sehen! Aragorn hatte euch doch befohlen, bei den Elben zu bleiben."

„Schon", diesmal meldete sich Sam zu Wort, seinen Blick unablässig auf den Kopfgeldjäger gerichtet, „aber wir wollten euch unbedingt begleiten ... und euch helfen ... und außerdem haben Herr Frodo und ich noch eine Rechnung mit diesem Lumpenpack offen!"

Ich seufzte und senkte meinen Kopf. Das konnte ja noch heiter werden.

„Wir sollten, glaube ich  zu unserem Lager zurückkehren ... dort könnt ihr euch ausruhen und etwas essen ...", und dann murmelte ich leise, so dass nur Ionduath es verstand, „Aragorn wird sich wirklich freuen sie zu sehen."

„Seid ihnen nicht böse, Prinzlein", lachte Ionduath ebenso leise zurück, „die vier scheinen mir wackere kleine Burschen zu sein." Und mit diesen Worten verschwand er wieder in den Wald, um nach Feuerholz zu suchen. Ich jedoch führte die Hobbits auf kürzestem Wege zu unserem Lager und ganz nach meiner Voraussage, war Aragorn höchst erfreut. Er war so erfreut, dass ihm die Pfeife aus dem Mund fiel, an der er bis eben genüsslich gezogen hatte.

„Wie ... was ... warum ... was macht ihr hier?", fragte Aragorn, nachdem er sich wieder einigermaßen gefasst hatte.

„Na was schon", antwortete Merry, „wir werden euch natürlich begleiten und helfen diese Mistratten zu finden!"

„Aber das ist gefährlich", argumentierte Aragorn wider besseren Wissens und fügte dann stirnrunzelnd hinzu, „wie zum Kuckuck, seid ihr eigentlich den Elben entwischt?"

„Ähm ... ja", druckste Pippin herum, während die anderen Hobbits verlegen mit ihren Füßen auf dem Boden scharrten, „ich denke, das war pures Glück!"

„Um ehrlich zu sein", fing Sam an, „wurden wir von Wargen angegriffen ... und während des Tumults haben wir uns weggeschlichen. Es waren nur drei Warge ... die Elben sind leicht mit ihnen fertig geworden ... sie waren halt nur etwas überrascht!"

Gandalf seufzte und zog an seiner Pfeife.

„Daran können wir nun mal nichts ändern ... ihr vier seid jetzt ja hier ... und euch ist nichts geschehen, das ist die Hauptsache!"

Eben in diesem Moment trat der Kopfgeldjäger mit einem Bündel Feuerholz auf dem Arm aus dem Dickicht. Wortlos ließ er das Bündel mit Holz dem Istari vor die Füße fallen, drehte sich um und ging.

Zwei Tage später

Vor uns eröffnete sich das Tal von Imladris. Auf den ersten Blick sah alles aus wie immer. Aber auf den zweiten Blick konnte man erkennen, dass irgendetwas nicht stimmte. Die Vögel schienen nicht mehr so laut zu singen und wir waren auch noch keinem Wachposten begegnet. Dies war äußerst befremdlich, da die Elben von Bruchtal sehr großen Wert auf ihre Sicherheit legten.

Aragorn blickte sich ebenfalls suchend um und je näher wir dem eigentlichem Bruchtal kamen, desto langsamer wurde er.

Zehn Minuten später erreichten wir den Eingang und ritten in den Hof. Was wir dort sahen, ließ uns erstarren. Einige der Säulen waren umgestürzt, Fensterscheiben lagen zerbrochen auf dem Boden, Waffen lagen herum und einige der hölzernen Schuppen waren eingestürzt. Im Gebäude selbst sah es auch nicht viel besser aus. Türen waren aus den Angeln gerissen, Pergamente über den Boden verstreut, Tische und Stühle waren umgestürzt, Vasen lagen zerbrochen auf dem Boden und Bilder waren von den Wänden gerissen oder beschmiert worden.

Als wir an der Halle des Feuers angekommen waren, befahl Aragorn uns, dass wir uns aufteilen sollten, um weiter zu suchen. Aragorn schlug die Richtung zu den Privatgemächern von Elronds Familie ein, die Hobbits liefen zur Küche und Gandalf lief in den Flügel, der die Arbeitszimmer beherbergte. Wohin Gimli und Ionduath gingen, sah ich nicht mehr und so lief ich in den Flügel, in dem sich die Gästezimmer befanden. Auch hier hatten die Angreifer ganze Arbeit geleistet. Die vielen schönen Wandmalereien waren beschmiert, Vorhänge zerrissen und Spiegel sowie Fenster waren zertrümmert worden. Außerdem hatte jemand die Kopfkissen auseinandergerissen, so dass jetzt Tausende Federn durch die Luft wirbelten, wenn man sich bewegte. Und über allem lastete eine erdrückende Stille.

Ich musste zugeben, dass ich in diesem Moment lieber in Moria gewesen wäre, umzingelt von zwanzig Höhlentrollen, als jetzt durch die verwaisten Räume Bruchtals zu laufen und nach lebenden Personen zu suchen.

Zwanzig Minuten später hatte ich sämtliche Räume durchsucht und nicht eine lebende Seele gefunden ... allerdings auch keine Toten, was mich doch erheblich beruhigte. Langsam lief ich jetzt auf die Bibliothek zu, in der ich Gandalf und vielleicht auch schon die anderen vermutete.

Gandalf befand sich tatsächlich schon in der Bibliothek und lief schockiert durch das Labyrinth von umgestürzten Regalen und auseinandergerissenen Büchern, deren lose Seiten durch seine raschen Bewegungen aufgewirbelt wurden und dann wie totes Laub auf den Boden sanken.

Hin und wieder bückte Gandalf sich, um eine Seite aufzuheben, sich durch den Bart zu fahren und wüste Beschimpfungen auszustoßen. Als er sich erneut nach einem Buch bücken wollte, bemerkte er mich.

„Ah, Legolas! Hast du jemanden gefunden?"

„Ich fürchte nein", antwortete ich bekümmert und sah mich um. Gandalf folgte meinem Blick und seufzte tief.

„Lord Elrond wird das Herz bluten, wenn er das hier sieht!", sagte Gandalf mit einem traurigen Blick auf die Bücher.

„Ich denke", vernahm ich die Stimme des Kopfgeldjägers, der über die Terrasse in die Bibliothek kam, „wenn er hiervon erfährt, dann wird der Zustand der Bibliothek seine geringste Sorge sein. Bücher oder andere leblose Dinge, kann man nämlich ersetzen. Oder interessiert er sich nicht für das Wohlergehen seiner Söhne?"

Gandalf blickte den Kopfgeldjäger düster an, packte mit einem Ruck seinen Stab, den er an eine Wand gelehnt hatte und schritt dann energisch nach draußen. Ich blickte ihm seufzend hinterher und dann auf den Kopfgeldjäger.

„Müsst ihr ihn immer so provozieren?", fragte ich den Kopfgeldjäger anklagend und blickte ihm fest in die Augen. Zu meiner Überraschung funkelten die schwarzen Augen diesmal nicht vergnügt sondern er blickte mich kalt und herablassend an.

„Ich habe nur meine Meinung kundgetan", antwortete er erklärend, „hier ist eine ganze Stadt entführt worden und er macht sich einzig und allein Sorgen um diese Bücher!"

Er nahm eines mit einer fließenden Bewegung vom Boden auf und blätterte darin herum.

„Die Geschichte Mittelerdes", las er den Titel mit einem Blick auf mich vor, „ich wette mit euch, Prinzlein, dass mindestens 30 Prozent der Einwohner dieses netten Fleckchens selbige miterlebt haben und darüber besser Bescheid wissen, als viele dieser Bücher!"

„Das mag ja sein", ich nahm ihm das Buch aus der Hand und legte es auf einen Tisch, „aber Gandalf macht sich gewiss nicht nur Sorgen um die Bücher! Dies ist eine ziemlich ungerechte Behauptung von euch! Ihr kennt ihn ja noch nicht einmal richtig!"

„Ach Istaris", fluchte der Kopfgeldjäger mit einer wegwerfenden Handbewegung, „die sind doch alle gleich!"

Ich hob erstaunt eine Augenbraue. Wo hatte ein Kopfgeldjäger denn schon einmal etwas mit einem Istari zu tun gehabt?

Während ich über diese Frage nachdachte, lief der Kopfgeldjäger auf die Terrasse hinaus und beobachtete die Umgebung.

Aber dann kam mir noch ein anderer Gedanke in den Sinn! Woher wusste Ionduath überhaupt, dass Lord Elrond Söhne hatte? Wir hatten nie darüber gesprochen, da war ich mir sicher!

„Ionduath", rief ich deswegen misstrauisch nach draußen, „woher wisst ihr, dass Lord Elrond Söhne hat?"

Der Kopfgeldjäger ließ sich etwas Zeit mit der Antwort und ich glaubte schon, er hätte mich nicht gehört, als ich plötzlich seine Stimme hörte.

„Dort hinten ... am Kamin ... liegen Bilder. Auf einem sind Zwillinge zu sehen, die große Ähnlichkeit mit eurem Halbelben haben. Es war eine logische Schlussfolgerung von mir."

Vorsichtig, ohne auf die Bücher zu treten, durchquerte ich den Raum und lief geradewegs zu einem verwaisten Kamin. Vor dem Kamin lagen tatsächlich einige Bilder verstreut, die ihren eigentlichen Platz wahrscheinlich auf dem Sims hatten. Seufzend ging ich in die Hocke und hob einige der Bilder auf, um sie wieder auf ihren angestammten Platz zu stellen – eines davon zeigte tatsächlich Elladan und Elrohir. Ein anderes Bild erregte dabei aber meine besondere Aufmerksamkeit. Es zeigte vier Elben. In der Mitte stand Lord Elrond, rechts neben ihm stand Lord Glorfindel, neben dem Balrogtöter stand Lord Erestor und auf der linken Seite von Aragorns Ziehvater stand ein mir unbekannter Elb, mit langen pechschwarzen Haaren, der seinen Arm um die Schultern von Lord Elrond gelegt hatte. Ich war mir sicher, diesen Elben noch nie zuvor gesehen zu haben, aber trotzdem erschienen mir seine Gesichtszüge seltsam vertraut.

Stirnrunzelnd stellte ich das Bild wieder auf seinen Platz. Das Bild schien älteren Datums zu sein, denn der Lord von Imladris sah auf ihm erheblich jünger aus.

Als ich mich nach einem weiteren Bild bückte, um es auf seinen angestammten Platz zu stellen, brach der Rahmen auseinander.

„Verflixt!"

Leise fluchend ging ich in die Hocke. Ich wollte die Bilder nicht kaputtmachen. Vorsichtig entfernte ich den Rahmen, wobei mir etwas Seltsames auffiel. Alle anderen Bilder waren auf Leinwände gemalt und dann gerahmt worden. Dieses Bild jedoch war zwischen einer dünnen Holzwand und einer leichten Glasscheibe eingelegt und so gerahmt worden. Stirnrunzelnd entfernte ich die Glasscherben und nahm das Bild hoch. Es zeigte eine einfach Landschaft, die ich nie zuvor gesehen hatte. Warum hatte der Lord von Imladris ausgerechnet dieses Bild hinter eine Glasplatte gelegt?

Erstaunt sah ich wieder auf die dünne Holzplatte und entdeckte ein weiteres, bereits stark vergilbtes Pergament. Dieses zeigte drei Personen. Neugierig nahm ich dieses Bild in die Hand und betrachtete die Personen genauer. Es zeigte einen erwachsenen Mann, der auf jedem Knie ein Elbenkind sitzen hatte und ihnen scheinbar aus einem Buch vorlas. Bei näherer Betrachtung fiel mir auf, dass es sich um den gleichen Elben handelte, der sich schon auf dem Gruppenbild mit Lord Elrond befand. Ich wendete das Bild und fand eine Widmung, die mit schwungvoller Handschrift dort geschrieben stand.

Für Elrond und Elros zum Abschied!

„Prinzlein, ich glaube nach euch wird verlangt", rief Ionduath von draußen und riss mich aus meinen Gedanken, „es sieht so aus, als könnte euer Freund ein paar tröstende Worte gebrauchen!"

Neugierig trat ich neben ihn und erblickte Aragorn, der wie ein getretener Hund zu ein paar Bäumen lief. Nach kurzem überlegen entschied ich, dass der Kopfgeldjäger Recht hatte und ging zu Aragorn. Als ich bereits mehrere Meter hinter ihm stand, bemerkte er mich und drehte sich um.

„Sie sind alle fort", flüsterte er kaum hörbar, „alle ... fort ..."

Ich legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter und drückte kurz zu.

„Die Chancen stehen gut, dass sie noch alle am Leben sind ... hier haben wir keine Leichen gefunden ... und nach allem, was wir wissen, brauchen sie die Elben lebend! Wir haben also noch eine Chance sie alle zu finden!"

„Aber wie? Wir wissen nicht wohin sie gegangen sind ... und allem Anschein nach, haben wir es hier mit einer organisierten Armee zu tun! Wie sollen wir, etwas gegen diese Menschen ausrichten können?", fragte er mich traurig.

„Das Schicksal geht manchmal seltsame Wege ... darf ich dich daran erinnern, dass Sauron durch zwei Hobbits besiegt wurde? Geschöpfe, die am unscheinbarsten waren?"

Ein dünnes Lächeln zeigte sich auf Aragorns Lippen.

„Du hast Recht ... vielleicht haben wir wirklich eine Chance ...", Aragorn rieb sich über die Augen und blickte in den Himmel, „es ist schon wieder dunkler geworden ... ich frage mich was das zu bedeuten hat!"

„Wir werden es vielleicht herausfinden ...", entgegnete ich stirnrunzelnd, „aber zuerst bin ich dafür, dass wir hier unser Lager aufschlagen!"

Der Waldläufer nickte und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu unseren Gefährten. Stillschweigend kamen wir zu der Übereinkunft, dass wir unser Lager in einem der Gärten von Bruchtal aufschlagen würden und nicht innerhalb der Häuser.

~*~*~*~*~*~

Einige Zeit später saßen wir gemeinsam an einem Feuer, diskutierten über unser nächstes Ziel und aßen zwischendurch. Die Hobbits dagegen hörten nur zu und aßen die ganze Zeit über, was meine restlichen Begleiter dazu brachte, sich schnellstens ihre Ration zu sichern, doch auch dann war ihr Essen noch nicht vollständig in Sicherheit. Lediglich Ionduath wurde von ihnen verschont, da sie offensichtlich Angst vor ihm hatten. Nur Sam hatte sich anfangs neben ihn gesetzt und nachdem er den Kopfgeldjäger einige Zeit nur schweigend angesehen hatte, fing er an ihn mit Fragen zu löchern. Zu meiner grenzenlosen Überraschung zeigte der Kopfgeldjäger sich von seiner geduldigen Seite und versuchte dem Hobbit seine Fragen so gut wie möglich zu beantworten.

Ich drehte meinen Kopf zur Seite, um der Konversation zwischen Gandalf und Aragorn zu lauschen, als mein Gehör noch etwas Anderes wahrnahm. Es hörte sich an, wie ein leises Wimmern. Ich wollte es gerade als die Geräusche eines Tieres abtun, als es ein weiteres Mal ertönte, aber diesmal lauter.

Alarmiert drehten wir uns alle in die Richtung, aus der das Geräusch kam und konnten gerade noch sehen, wie ein Teil einer Holzhütte einstürzte.

„Da war irgendwas", flüsterte Aragorn.

Ich nickte, denn ich war der gleichen Meinung und nahm mir meine Schwerter, um Aragorn zu folgen. Langsam schlichen wir uns zu der Hütte hin und begutachteten sie genau, konnten aber nichts Ungewöhnliches finden, bis ich plötzlich wieder etwas hörte. Es kam von der gegenüberliegenden Wand und hörte sich an, wie ein leises Schluchzen.

Langsam lief ich zu der Quelle des Geräusches und entdeckte einen schmalen Spalt zwischen der Wand der Holzhütte und der dahinterliegenden Steinwand. Das Geräusch kam ganz eindeutig aus diesem Spalt! Ich kniete mich hin und sah in die Dunkelheit hinein, konnte aber nicht viel erkennen und winkte Aragorn zu mir, der eine Fackel dabeihatte.

Der Waldläufer stellte sich hinter mich, die Fackel hoch erhoben und leuchtete den Spalt aus. Und was wir dann dort erblickten, ließ uns beide laut aufkeuchen.

Ganz hinten an der Wand befand sich ein kleiner Korb in dem offensichtlich etwas Lebendiges lag. Etwas, das sehr viel Ähnlichkeit mit einem Säugling hatte.

„Was ist dort?", fragte Merry plötzlich.

„Ein ... ein Kind", sagte Aragorn immer noch überrascht, „ein ... Baby!"

„Was?", tönte jetzt Gimli dazwischen und ihn Sekundenbruchteilen standen plötzlich alle bei uns und versuchten einen Blick in den Spalt zu erhaschen – alle bis auf Ionduath, wie mir mein Gefühl sagte.

Der kleine Elb gab nur noch kaum hörbare leise Laute von sich.

Ich hatte zwar nicht sehr viel Erfahrung mit Kindern, aber ich erkannte doch, dass dieses Baby kurz davor stand in die Hallen des Wartens einzugehen.

„Irgendjemand muss es dort wegholen ... es schwindet", teilte ich den anderen leise mit.

„Einer von uns könnte in den Spalt klettern und es holen", warf einer der Hobbits, ich war mir nicht sicher welcher, ein.

„Das ist eine gute Idee", sagte Aragorn, „wir anderen sind zu groß ... es würde alles einstürzen, wenn einer von uns hineinkriechen würde."

„Ich werde es holen ...", sagte Frodo leise, „ich bin von uns allen der kleinste ..."

Wir anderen nickten nur zustimmend und während Aragorn die Fackel hochhielt, kroch Frodo langsam in den Spalt bis hin zu dem Korb und zog ihn langsam heraus. Als das getan war, blickten wir unschlüssig auf das winzige Wesen, das dort vollkommen hilflos lag.

Das Baby hatte blonde Haare und schien nur wenige Monate alt zu sein. Es war in eine ehemals weiße Decke gewickelt worden, die jetzt aber einen leichten Grauton angenommen hatte. Die Augen des Säuglings waren rot und geschwollen und einige Stellen um seinen Mund herum waren kaputt und wund.

„Es scheint kaum noch zu atmen ...", flüsterte Sam, „Aragorn ... mach doch irgendwas!"

„Ich ... ich ... weiß nicht was! Ich musste mich noch nie um ein Baby kümmern", stieß Aragorn hilflos aus und kniete sich neben den kleinen Korb, um das winzige Wesen umständlich herauszuheben.

„Oh ... bei Eru! Geht weg von dem Kind", ertönte plötzlich eine ärgerliche Stimme, „ihr brecht dem armen Wurm ja das Genick, wenn ihr es so hochhebt!"

„Aber ...", Aragorn blickte den Kopfgeldjäger hilflos an und legte das Kind in den Korb zurück, „was sollen wir dann tun? Wir können es nicht einfach so sterben lassen."

„Das hatte ich auch nicht vor", grummelte Ionnduath und hob Korb samt Kind hoch. Er lief mit dem wertvollen Bündel zu unserem Feuer und setzte sich, wobei er das winzige Wesen aufmerksam untersuchte.

„Es steht kurz vor der Austrocknung ... außerdem muss es saubergemacht werden", sein Kopf ruckte plötzlich hoch und er sah uns direkt an.

„Macht euch nützlich und treibt mir ein paar Tücher auf ... eine Schüssel mit Wasser wäre auch nicht schlecht ... und ein kleiner Spiegel ... Wundsalbe ... eine Flasche ... Milch und etwas für das Kind zum Anziehen. Los ... worauf wartet ihr noch? Darauf, dass euch Flügel wachsen?"

Nach diesen Worten liefen wir alle eiligst in verschiedene Richtungen und suchten nach brauchbaren Dingen. Als ich mit etwas Wasser und einer Schüssel zurückkam, war Gimli bereits zurück und kniete vor dem Kopfgeldjäger. Aufmerksam beobachtete er jeden Handgriff, den der Kopfgeldjäger tätigte.

„Hier, ich habe Wasser und eine Schüssel! Was jetzt?", fragend blickte ich den Kopfgeldjäger an, aber der sah nicht einmal hoch.

„Schön ... das Wasser muss lauwarm sein ... also erhitzt es etwas."

Ohne weiter zu fragen, tat ich wie mir geheißen wurde. Langsam trafen auch die anderen wieder ein und setzten sich zu uns.

„Wir haben fast alles gefunden, was ihr haben wolltet! Nur keine Milch", sagte Aragorn leise.

„Schön ...", war die einsilbige Antwort, „ist das Wasser warm?"

„Ich glaube schon", antwortete ich und kontrollierte das Wasser.

„So ... du muss jetzt irgendwas trinken ... bloß wie?" Der Kopfgeldjäger sah sich suchend um und zog die Schüssel mit sauberem Wasser in seine Reichweite. Er tauchte einen Finger hinein und hielt es dem Kind vor die Lippen. Erst geschah gar nichts, aber dann fing das Baby plötzlich an zu wimmern und nuckelte gierig an dem Finger. Diese Prozedur wiederholte der Kopfgeldjäger einige Male.

„So ... und jetzt machen wir dich sauber", murmelte der Kopfgeldjäger leise und ließ sich von mir eine weitere Schüssel mit Wasser geben und tauchte eines der Tücher darin ein, anschließend wrang er es aus. Vorher hatte er das kleine Elbenbaby vorsichtig von seiner Kleidung befreit und Sam angewiesen den kleinen Spiegel dicht über den Mund des Kindes zu halten, damit er die Atmung kontrollieren konnte.

„Oh ... sieh an! Wir haben es hier mit einem kleinen Elbenjungen zu tun!", murmelte der Kopfgeldjäger leise und entfernte den Schmutz von den Beinen und dem Po des Kindes.

„Wirklich", fragte Gimli aufgeregt, „woran seht ihr das?"

Der Kopfgeldjäger hielt in seiner Bewegung inne und hob langsam den Kopf. Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah er Gimli ungläubig an.

„Das habt ihr jetzt nicht wirklich gefragt, oder Glóinsgör? Nein, antwortet nicht, das will ich gar nicht wissen", winkte er ab und fuhr mit seiner Behandlung des Kindes fort.

Als es sauber und mit der Heilsalbe behandelt war, wickelte er das Kind in saubere Tücher und zusätzlich in seinen Umhang. Ionduath hielt den Jungen fest im Arm und beobachtete ihn eine Weile schweigend. Wir anderen warteten schweigend auf die weiteren Geschehnisse.

Der Kopfgeldjäger hielt noch immer einen Spiegel dicht über den Mund des Kindes, der in regelmäßigen Abständen beschlug.

„Seine Atmung wird langsam wieder kräftiger ... das ist gut", murmelte der Kopfgeldjäger mehr zu sich selbst als zu uns. Nach einer Weile fing der Kleine leise an zu wimmern und warf seine Arme hin und her.

„Was hat er?", fragte Aragorn.

„Hunger, nehme ich an", antwortete Ionduath nachdenklich.

„Na, dann gebt ihm doch etwas Milch", erwiderte Gimli prompt.

„Oh natürlich", antwortete der Kopfgeldjäger theatralisch, „warum habe ich nicht selber daran gedacht. ABER ... wir haben keine Milch und wie selbst euch nicht entgangen sein sollte, Glóinsgör ... sind wir alle Männer und geben daher keine Milch! Es sei denn irgendjemand hat seinen Gefährten eine Absonderlichkeit verschwiegen!"

Gimli, der unbedingt das letzte Wort behalten wollte, murmelte: „Der Glaube versetzt Berge ..."

„Aber sicher", antwortete Ionduath ironisch, „soll ich ihn euch an die Brust legen, damit ihr uns demonstrieren könnt wie stark euer Glaube ist?"

Mittlerweile war das Wimmern des Jungen wieder lauter geworden. Ionduath schaukelte den Jungen sanft hin und her als sein Blick auf mein Gepäck fiel.

„Sagt mal Prinzlein ... ihr habt doch unter Garantie Lembas in eurem Gepäck, oder?"

„Ja", erwiderte ich ahnungslos, „noch ein paar ... aber was wollt ihr damit? Das Baby kann doch bestimmt noch nicht kauen."

„Das nicht ... nehmt euch bitte eine von den Waffeln und legt sie in die Schüssel, dann gießt ihr etwas warmes Wasser darüber und verrührt das ganze zu einem dünnen Brei. Das füllt ihr dann in die Flasche und gebt es mir. Und beeilt euch! Ich kann Babygeschrei nicht ausstehen!"

Mit Hilfe von Aragorn bereitete ich die Flasche vor und gab sie dem Kopfgeldjäger. Dieser hielt sie dem Baby an die Lippen, worauf der Junge sofort gierig zu saugen begann.

„Na bitte ... geht doch", murmelte der Kopfgeldjäger zufrieden und lehnte sich mit dem Säugling im Arm zurück.

„Mich würde mal interessieren wie der Kleine heißt", hauchte Sam, der nah neben dem Kopfgeldjäger hockte und interessiert das Kind beobachtete.

Nachdenklich blickte ich umher und mein Blick fiel dabei auf die schmutzigen Tücher, in die das Kind vormals gewickelt war. An einer Ecke war etwas aufgestickt. Es sah aus wie ein Name. Vorsichtig faltete ich das Tuch auseinander.

„Ich denke ... ich kann dir seinen Namen sagen. Er steht hier ... Gilívor!"

„Das ist ein hübscher Name", antwortete Sam verträumt, „was bedeutet er?"

„Er bedeutet Sternenkristall", antwortete der Kopfgeldjäger leise und strich dem mittlerweile schlafenden Elben über die Wange.

„Gilívor", murmelte Aragorn leise, „ich frage mich, wer seine Eltern sind!"

„Ich frage mich im Moment mehr, was wir mit dem kleinen Wurm machen sollen", begann Ionduath, „wir können ihn schließlich schlecht hierlassen."

„Wir werden ihn mitnehmen", antwortete Aragorn fest und blickte dem Kopfgeldjäger in die Augen.

„Ich habe befürchtet, dass ihr das sagen würdet", stöhnte der schwarzgekleidete Mann.

Bevor Aragorn irgendetwas erwidern konnte, entdeckte ich eine ungewöhnliche Begebenheit an dem Baby. Seine Augen waren geschlossen.

„Seine Augen ...", fing ich an, wurde aber von Gandalf unterbrochen.

„Elbenkinder haben ihre Augen im Schlaf immer geschlossen ... die Gefahr, dass sie sich verletzen ist einfach zu groß!"

„Was denn, Herr Elb! Ihr wisst nichts über die Schlafgewohnheiten eures eigenen Volkes?" , zog Gimli mich auf und erntete einen vernichtenden Blick von mir.

„Im Düsterwald gibt es keine kleinen Kinder! Wie soll ich da wissen, dass sie ihre Augen im Schlaf geschlossen haben", fauchte ich Gimli an.

„Wieso gibt es bei euch keine Kinder?", fragte Gimli verblüfft.

„Elben zeugen keinen Nachwuchs während eines Krieges, ich denke, dass dürfte dir bekannt sein ... außerdem ging in den letzten Jahren die Geburtenrate sehr stark zurück, weil die Elben spürten, dass ihre Zeit hier zu Ende geht ... jedenfalls glaube ich, dass das auch ein Grund ist", erklärte Gandalf.

„Oder vielleicht liegt es auch einfach nur daran, dass Elben weniger potent sind als Menschen", murmelte der Kopfgeldjäger, was bei den meisten ein leichtes Schmunzeln hervorrief, nicht jedoch bei mir.

„Was soll das denn bitte heißen?", knurrte ich ihn an.

„Was habt ihr daran nicht verstanden, Prinzlein?", er lächelte mich hinterhältig an, aber bevor ich antworten konnte, griff Gimli das Thema auf.

„Nun, das würde erklären, warum sich einige Elbenfrauen mehrere Partner suchen ... einer reicht nicht aus", grinste Gimli schadenfroh, „oh, du armer Elbenprinz! Nicht in der Lage eine Frau glücklich zu machen!"

„Wir leben monogam", zischte ich ihn an.

„Dann tun mir die armen Frauen ja noch mehr leid ... müssen selber Hand anlegen!"

„Gimli!", schrie ich empört.

„Jetzt reicht es aber", ging Aragorn dazwischen, „ihr werdet nur das Kind mit eurem Geschrei aufwecken!"

Schuldbewusst blickte ich zu dem schlafenden Jungen, der sich gerade bewegt hatte und mit einem Wimmern das Gesicht verzog. Ionduath strich ihm sanft durch das Gesicht und murmelte irgendetwas, woraufhin der Junge einmal aufseufzte und friedlich weiterschlief. Dann blickte der Kopfgeldjäger mit blitzenden Augen zu mir.

„Ich glaube, ich muss etwas klarstellen, Prinzlein. Ich meinte gerade keineswegs, dass ich an eurer", er räusperte sich und musterte mich von oben bis unten, „ ... sehr gut versteckten ... Manneskraft zweifele, sondern es war vielmehr eine logische Überlegung von mir."

„Dann bitte ich doch sehr darum, dass ihr mir diese logische Überlegung mal näher erläutert", grollte ich ihn an.

„Aber gerne ...", er stockte und strich meine Haare beiseite, „rote Öhrchen ... wie niedlich! Wütend? Oder peinlich berührt?"

Ich konnte förmlich spüren, wie die anderen um uns herum plötzlich anfingen zu grinsen.

„Ihr lenkt vom Thema ab", stellte ich so ruhig wie möglich fest.

„Wie? Ah ja, nun denkt doch mal nach ... wenn Elbenfrauen genau so oft schwanger werden könnten wie Menschenfrauen ... was es dann für eine Überpopulation gäbe", sagte er grinsend in meine Richtung.

„Das ist ja schön, dass ihr euch darüber solche Gedanken macht", stellte ich immer noch verärgert fest und griff nach meiner Bettrolle um mich hinzulegen.

„Prinzlein", zwitscherte er, „ihr seid doch nicht etwa böse auf mich?"

„Ich? Böse? Auf euch? Wie kommt ihr denn auf so eine Idee?", grollte ich gegen meine Decke und erntete ein amüsiertes Lachen vom Kopfgeldjäger.

„Ihr seid wirklich zu drollig, Kleiner", feixte er.

Bei der Bezeichnung „Kleiner" wäre ich beinahe senkrecht aufgefahren und ihm an den Hals gesprungen, wurde aber von Aragorn abgehalten, der in diesem Moment anfing zu sprechen. Und auch er hatte Mühe das Lachen aus seiner Stimme zu verbergen.

„Also ...", er atmete einmal aus, „ich denke, wir sollten vorsichtshalber Wachen aufstellen ... wer übernimmt die Erste?"

Der Kopfgeldjäger meldete sich freiwillig, mit der Begründung er könnte so ohnehin nicht einschlafen.

Also blieb ich einfach liegen und sank in das Reich der Elbenträume.

~*~*~*~*~

Vier Stunden später wurde ich von Gimli geweckt, damit ich die nächste Wache übernehmen konnte. Blinzelnd richtete ich mich auf und sah mich um. Der Kopfgeldjäger neben mir hatte sich irgendwann anscheinend doch bewegt, er lag nämlich mittlerweile auf dem Rücken, den kleinen Jungen immer noch im Arm haltend. Dieser hatte vertrauensvoll seinen Kopf auf die Brust des Kopfgeldjägers gelegt und nuckelte zufrieden an seinem Daumen. Hin und wieder hörte ich den Kleinen leise schmatzen aber die meiste Zeit war er vollkommen ruhig.

Ich konnte nicht anders als dieses Bild mit unverhohlener Verwunderung zu betrachten. Schließlich sah man auch nicht alle Tage einen Kopfgeldjäger, der ein kleines Elbenbaby in seinen Armen hielt.

Nach zwei Stunden weckte ich dann Aragorn, der die nächste Wache übernehmen sollte und legte mich wieder hin.

~*~*~*~*~*~

Am nächsten Morgen erwachte ich mit den ersten Sonnenstrahlen und reckte mich ausgeruht. Gimli, der neben mir lag, schlief noch immer, genau wie die Hobbits. Aragorn und Gandalf waren gerade im Begriff aufzuwachen und mit einem Blick auf meine andere Seite stellte ich fest, dass der Kopfgeldjäger mit offenen Augen in den Himmel starrte. Gilívor nuckelte immer noch an seinem Daumen. Ich begann mich zu fragen, ob er den Finger überhaupt jemals aus seinem Mund nahm.

Als der Kopfgeldjäger merkte, dass ich ihn beobachtete, drehte er seinen Kopf zu mir.

„Ah ... Prinzlein", murmelte er zur Begrüßung und fuhr mit seinen Fingern durch die Haare des Jungen", guten Morgen."

„Euch auch einen guten Morgen ... Kopfgeldjäger", grinste ich und betrachtete den Mann mit dem schlafenden Jungen im Arm.

„Ihr solltet darauf Acht geben, dass euch so niemand sieht ... ihr könntet sonst euren ... schlechten ... Ruf verlieren. Denn wer hat schon Angst vor einem Kopfgeldjäger mit einem Kind im Arm", ärgerte ich ihn.

„Ah ha, ha, ha", mokierte er sich, „wenn ihr das nicht ausplaudert, Prinzlein, wird es auch niemand erfahren ... und glaubt mir, ich kenne Mittel und Wege ...", sagte er unbestimmt.

„Das bezweifele ich keinen Augenblick", gab ich trocken zurück und stand auf. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass der Kopfgeldjäger sich auch langsam aufsetzte und dabei vorsichtig den kleinen Elben von sich schob. Schlussendlich lag der Kleine auf dem Boden sorgfältig in den schwarzen Umhang des Kopfgeldjägers eingewickelt.

„Prinzlein, seid mal so gut und achtet einen Moment auf ihn ... ich muss mal für kleine Kopfgeldjäger!"

Ich nickte nur und sah dem Kopfgeldjäger hinterher. Er war noch nicht ganz verschwunden als auch Gimli und die Hobbits die ersten Anzeichen eines baldigen Erwachens zeigten. Aragorn und Gandalf waren unterdessen schon auf den Beinen und kamen jetzt zu mir hinübergelaufen. Beide stellten sich neben mir auf und sahen auf den Elben hinab.

„Ich habe noch nie einen so kleinen Elben gesehen", flüsterte Aragorn beinahe ehrfürchtig.

„Auch bei mir ist es lange her, dass ich ein Elbenkind erblickt habe", fügte Gandalf hinzu.

„Ich frage mich aber wirklich wer seine Eltern sind ...", murmelte Aragorn kaum hörbar und machte Platz für die Hobbits, die jetzt auch herangetreten waren um das Elbenkind bei Tageslicht bewundern zu können. Und gerade diesen Augenblick hatte sich Gilívor ausgesucht, um zu erwachen.

Zuerst drehte er sich nur langsam von einer Seite auf die andere ... dann ballte er seine kleinen Hände zu Fäusten und rieb sich damit über die Augen, wobei er leise gurgelnde Laute ausstieß.

Und dann ganz plötzlich, wie es nur Elben können, richtete er seine Augen ruckartig in unsere Richtung. Den Bruchteil einer Sekunde blickte er scheinbar suchend über unsere Reihe und als er dort nicht das fand, was er suchte, starrte er uns mit großen Augen an. Das war der Moment, in dem wir alle merkten, dass mit Gilívor etwas nicht stimmte. Seine Unterlippe fing an zu zittern und seine Augen verwandelten sich sehr schnell in zwei wässerige Teiche. Bevor wir irgendetwas unternehmen konnten, hallte das Geschrei des kleinen Jungen durch ganz Bruchtal.

„Ich glaube ... wir haben ihn erschreckt", stellte Frodo leise fest und sah hilflos auf das kleine Baby.

„Was machen wir jetzt?", fragte Pippin.

„Wir müssen irgendwie versuchen ihn zu beruhigen", sagte Gandalf und ging vor Gilívor in die Hocke. In den nächsten Momenten wurden wir Zeuge wie der alte Istari die merkwürdigsten Grimassen schnitt, um das Kind irgendwie zu beruhigen.

„Gutschi-gutschi-guuu ...", gurrte Gandalf und kraulte Gilívor unter dem Kinn, aber das Baby schrie immer lauter.

„Lass mich mal versuchen", grummelte Gimli und schob den Istari beiseite. Er kniete sich vor das Baby, legte die Hände über die Augen, wartete einen Moment und nahm dann plötzlich seine Hände weg und rief: „Da ist ja ein Baby!"

Gilívor hörte auf zu schreien und sah den Zwerg schockiert an – jedenfalls kam es mir so vor. Aber Gimli, durch seinen Erfolg bestärkt, wiederholte dieses kleine Spiel noch einige Mal und mit jedem Versuch sah das Baby ängstlicher aus, bis es plötzlich noch lauter anfing zu schreien als vorher.

„Gimli, hör auf! Du machst alles nur noch schlimmer", rief Sam, während er seine Ohren zuhielt.

„Was, bei den Feuern des Schicksalberges, geht hier vor?", donnerte plötzlich eine dunkle Stimme durch Bruchtal. Erleichtert drehte ich mich zu dem Kopfgeldjäger um.

„Wir haben ihn erschreckt ... nehme ich an", erläuterte ich und sah hilflos zwischen Kind und Kopfgeldjäger hin und her, „und jetzt hört er nicht mehr auf zu schreien.

Der Kopfgeldjäger rollte genervt mit den Augen und hob das Baby mit geschultem Griff in seine Arme und schaukelte es sanft hin und her. Gilívor griff sofort nach dem Hemd des Kopfgeldjägers und hörte nach einigen Schluchzern auf zu weinen.

„Oh gut", sagte Aragorn, „ihr habt es geschafft, dass er aufhört zu weinen! Bei uns schrie er einfach nur noch lauter!"

„Soll das etwa heißen, dass von euch keiner dazu in der Lage ist ein Kind zu versorgen? Ich sehe schwarz für die Zukunft von Gondor und für die des Düsterwaldes auch ... ein Glück, dass Elben unsterblich sind", fügte der Kopfgeldjäger dann noch scherzhaft hinzu.

Aragorn ging geflissentlich über diese Spitze hinweg und ich blickte den Kopfgeldjäger nur von oben herab an.

„Wir wollen so schnell wie möglich aufbrechen ... also esst etwas und dann löst das Lager auf, damit wir gleich aufbrechen können", befahl Aragorn und griff nach seinem Bündel.

„Halt Stop!", kommandierte der Kopfgeldjäger. „Hier geht niemand irgendwo hin! Erst muss das Baby versorgt werden! Prinzlein, bereitet noch eine Flasche vor und ihr", er deutete auf Aragorn, „werdet jetzt lernen wie man ein Baby wickelt! Ich bin doch kein Kindermädchen."

„Wie?", Aragorn sah Ionduath schockiert an. „Aber ich weiß doch gar nicht, wie das geht!"

„Deswegen werdet ihr es jetzt ja auch lernen", wiederholte der Kopfgeldjäger langsam, „und jetzt beeilt euch! Nehmt euch eine dicke Decke und legt sie auf den Tisch dort!"

Aragorn tat wie ihm geheißen und Ionduath legte seine wertvolle Fracht sanft ab.

„Die wichtigste Grundregel ...", er blickte die anderen auffordernd an, die sich daraufhin um den Tisch herum aufstellten, „lasst das Baby niemals alleine auf einem Tisch liegen! Es könnte runterfallen! So ... und jetzt, oh großer König der Reiche Gondor und Arnor ... zeigt mir mal, was ihr könnt!"

„Was?", Aragorns Stimme war nur noch ein schockiertes Quietschen.

„Na ... ihr habt mich schon verstanden ... los, los", scheuchte Ionduath den König herum.

Ich beobachtete amüsiert, wie Aragorn hilflos vor dem strampelnden Elben stand.

„Und ... und jetzt?"

„Na, was denkt ihr denn? Wahrscheinlich sind seine Windeln voll und ihr müsst sie wechseln ... was also tut ihr?", fragte der Kopfgeldjäger und lehnte sich lässig mit verschränkten Armen an einen Baum.

„Ich ... ich ... erst mal seine Sachen ausziehen?"

„Guter Anfang! Hätte ich nicht besser sagen können", erwiderte der Kopfgeldjäger trocken.

„Also dann ... frisch ans Werk", murmelte Aragorn und machte sich daran die Tücher vorsichtig zu öffnen. Gilívor warf währenddessen seinen Ärmchen hin und her und stieß gurgelnde Laute aus.

Mittlerweile war Aragorn bei den untersten Stofflagen angekommen und drehte schockiert seinen Kopf weg.

„Oh ... Eru! Das ist ja grausam!"

Man hörte ein leises Lachen des Kopfgeldjägers und gleich darauf seine kommandierende Stimme: „Na, na! Ich sagte, ihr sollt immer auf den Krümel aufpassen! Er könnte runterfallen! Aber da ihr jetzt ja schon so weit gekommen seit ... macht ihn sauber!"

„Saubermachen?", wiederholte Aragorn entsetzt.

„Genau ... ihr entfernt also die dreckige Windel, macht seinen Po sauber und reibt ihn mit der Creme ein, die ich euch da hingestellt habe ... ach ... und vergesst nicht die frische Windel."

Aragorn warf noch einen letzten flehenden Blick zu dem Kopfgeldjäger hin, musste aber erkennen, dass er von ihm keine weitere Hilfe zu erwarten hatte und machte sich tapfer ans Werk.

Er schaffte es auch tatsächlich die verdreckte Windel zu entfernen und das Baby ordentlich zu säubern – wenn auch mit einem äußerst angeekelten Gesichtsausdruck – aber als es daran ging, dem Kind eine saubere Windel anzulegen, scheiterte er kläglich. Was wohl auch daran lag, dass Gilívor wie verrückt anfing zu strampeln.

„Du kleine Ratte machst es mir nicht gerade einfach", fluchte Aragorn leise, „ich habe so was doch noch nie gemacht ... du könntest  wirklich etwas kooperativer sein!"

Aragorn beugte sich etwas weiter vor, um genauer zu erkennen, wie er die Windel befestigen musste und genau in dem Moment geschah es! Gilívor hatte ein dringendes Bedürfnis. Und dieses Bedürfnis entlud er genau in Aragorns Gesicht!

Wir anderen konnten nur sprachlos mit ansehen, wie Aragorn erstarrte als die Flüssigkeit sein Gesicht traf und für mehrere Minuten herrschte absolute Stille, die nur von den glucksenden Lauten des Babys unterbrochen wurden.

Nach einigen Momenten reichte Ionduath ihm ein feuchtes Tuch.

„Regt euch nicht auf ... das geht vielen so! Es hätte mich ehrlich gesagt auch gewundert, wenn ihr es ohne diese kleine Einlage geschafft hättet."

„Ihr habt das gewusst", knurrte Aragorn und blickte wütend auf das Baby.

„Nein ... lediglich geahnt", erwiderte der Kopfgeldjäger und befestigte mit geschickten Handgriffen die Windel und wickelte Gilívor wieder in seine Tücher, damit er nicht kalt wurde und blickte dann zu mir.

„Ist die Flasche fertig?"

„Ja", ich wollte aufstehen und sie ihm bringen aber er winkte ab.

„Bleibt sitzen, Prinzlein ... und macht es euch bequem! Ihr seid nämlich derjenige, der ihn füttern wird!"

„WAS? ICH?"

„Genau ihr ... es sei denn ihr wollt den armen Wurm der Brust des Zwergen aussetzen. Mal davon abgesehen ... ich denke, da wird im Moment und auch weiterhin Dürre herrschen. Nicht sehr nahrhaft!"

Gimli brummte verstimmt seinen Protest und Ionduath drückte mir den kleinen Elben in den Arm, zeigte mir wie ich seinen Kopf halten und ihm die Flasche geben musste.

Es vergingen Augenblicke, in denen Gilívor und ich uns gegenseitig nur skeptisch anstarrten, aber dann streckte er seine kleinen Hände gierig zu der Flasche hin. Vorsichtig steckte ich ihm den Sauger in den Mund und beobachtete wie das kleine Wesen ohne Pause trank. In Rekordszeit leerte er die Flasche und ich blickte den Kopfgeldjäger fragend an.

„Und was jetzt?"

„Er muss ein Bäuerchen machen. Dazu legt ihr ihn euch an die Schulter ... aber passt auf ... es könnte sein, dass er anfängt zu spucken.

„Zu spucken?", echote ich während ich den Elben vorsichtig gegen meine Schulter lehnte und es auch schon geschah. Gilívor machte ein beachtliches Bäuerchen und spuckte mir einen Teil seines Frühstücks auf die Schulter.

Angewidert blickte ich erst auf das Baby und dann auf die Bescherung auf meiner Schulter  bevor ich ihn Ionduath demonstrativ zurückgab.

„Seid ihm nicht böse, Prinzlein ... er ist noch ein Kind! Und davon mal abgesehen ... hat es euch um einiges besser erwischt als euren Waldläufer-Freund", sagte Ionduath als er das Baby anstandslos zurücknahm und ihm über den Rücken rieb. Gilívor gefiel die Behandlung so gut, dass er leise miauende Laute ausstieß und eine Hand in das Hemd des Kopfgeldjägers krallte.

„So, schön", sagte Aragorn jetzt leicht ungeduldig, „das Baby ist versorgt! Jetzt können wir ja wohl endlich aufbrechen!"

„Ähm, Moment", räusperte sich der Kopfgeldjäger, „ihr habt gesagt, dass Kind wird uns begleiten. Also wird mir irgendjemand dabei helfen, Kleidungsstücke für den Krümel zu finden."

„Ähm ja ... gut ... ich werde euch begleiten", murmelte Aragorn und fügte dann hinzu: „Was braucht der Kleine denn alles?"

„Ich würde in meiner naiven Dummheit einfach mal sagen, dass er vollkommen neu eingekleidet werden muss. Wie nämlich deutlich zu erkennen ist, sind seine Sachen vollkommen kaputt. Was die Nahrung angeht ...da Brei oder Milch ja leider nicht vorhanden ist, hoffe ich, dass die Küche noch einige Lembas vorweisen kann ... denn die des Prinzleins werden nicht lange reichen ..."

„Gut ...", Aragorn war bei diesen Worten auf den Kopfgeldjäger und das Kind zugegangen, „ich denke, Legolas ... kann die Nahrung besorgen ... und ich werde euch bei der Kleidersuche behilflich sein."

„Verbindlichsten", antwortete der Kopfgeldjäger trocken und strich Gilívor über den Kopf.

Aus der Sicht von Aragorn

Über eine Stunde lief ich mit dem Kopfgeldjäger und dem quengelnden Baby durch ganz Bruchtal auf der Suche nach Dingen, die uns nützlich sein konnten. Immerhin entdeckten wir in der Küche noch ein kleines Paket Lembas, sowie einige Ersatzflaschen. In einem Raum, der mir gänzlich unbekannt war, stießen wir dann schlussendlich auf das Kinderzimmer. Auch hier hatten die Menschen alles verwüstet. Die Wiege war umgeworfen, Vorhänge von den Fenstern gerissen und Wände beschmiert worden. Es war ein Bild des Jammers.

„Ich verstehe wirklich nicht wie einige Menschen so etwas tun können! Das ist doch nur ein Kinderzimmer."

„Nicht alle Menschen denken in normalen Bahnen ...", erwiderte der Kopfgeldjäger nebensächlich und durchsuchte das Zimmer nach etwas Brauchbarem.

„In solchen Momenten schäme ich mich wirklich ein Mensch zu sein", murmelte ich leise, „ ... Ada hat Recht ... Menschen sind schwach, widerlich, verantwortungslos, verabscheuenswürdig, ekelerregend!" Mir fielen zwar noch einige andere Adjektive ein, die Elrond öfter von sich gegeben hatte, aber der Kopfgeldjäger unterbrach mich mit einem fragenden Blick.

„Ada? Ihr meint Lord Elrond?", ich nickte langsam.

„Das hat er gesagt?", fragte er ungläubig. „Der Elb, dem ich die Schulter eingerenkt habe und der nicht mal einen Mucks von sich gegeben hat? Der Elb, der eine Ausstrahlung hat, dass die Feuer des Schicksalsberges gefrieren würden?"

„Ja, genau der!", bekräftigte ich.

„Seid ihr sicher, dass wir über den gleichen Elben reden? Der hat auf mich nicht den Eindruck gemacht, als würde er auch nur ein Schimpfwort kennen!"

„Der Schein trügt öfter als man denkt", murmelte ich und zog ein Plüschtier zwischen den Laken der Wiege hervor.

„Scheint bald so ...", seufzte der Kopfgeldjäger und packte einige Sachen in einen Korb hinein.

„Wie wollen wir das Baby eigentlich transportieren?", fragte ich plötzlich. „Wir können ihn schließlich nicht die ganze Zeit tragen."

„Dafür habe ich diesen Korb geholt ... damit können wir ihn vor unserem Körper transportieren. Gilívor wird schön warm gehalten und wir haben ihn immer im Blick."

„Ah ... und wer wird ihn tragen?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue.

„Immer der, der fragt, Dunedaín, immer der, der fragt", flüsterte der Kopfgeldjäger leise und mit einem diebischen Blitzen in den Augen, während er noch ein Stofftier in den Korb packte. In einem Arm das mittlerweile schlafende Baby und in dem anderen den vollgepackten Korb lief er langsam aus dem Raum heraus.

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Soo, das wäre es dann mal wieder! Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen. Es hat mir auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht es zu schreiben!

Und hier kommt jetzt die Vorschau auf Kapitel 12. Diesmal geht es wieder jemandem an den Kragen. Ich muss schließlich etwas Stimmung in die Bude bringen.

Vorschau

„Da ist uns ja mal wieder was Hübsches ins Netz gegangen", zischte jemand hinter mir, „leg ihn schlafen!"

Das war das Letzte, was ich hörte bevor ein großer Stein gegen meine Schläfen geschlagen wurde und ich ohnmächtig zu Boden ging.