Kapitel 12: Träume sind Schäume
AvA: *stöhn* ... ihr glaubt ja gar nicht, was an einem Monatsersten auf der Bank los sein kann ... das ist echt jenseits von Gut und Böse ...
Aber ich denke, das wollt ihr ohnehin nicht hören. Stattdessen mache ich einfach mal mit den Reviews zu dem letzten Kapitel weiter.
@Elliot: Ärghs ... oh verzeih mir! Ich glaube ich habe dich bei den Reviewantworten zu TV vergessen! Sorry, sorry und nochmals sorry! War bestimmt keine Absicht. Vor jeder Chemie-klausur ein neues Kapitel? Kannst mal sehen, wie selten ich update. Gandalf ein Nervkaspar? Tja ... ich weiß auch nicht ... aber ich brauchte jemanden, der sich mit Gimli verbündet, um den Kopfgeldjäger aus dem Weg zu räumen. Oder den Kgj davon abzuhalten bestimmten anderen Personen an die Wäsche zu gehen ...
@Samira Nin: Mit Elrond verwandt? Hmm ... vielleicht sein Papi? Oder vielleicht ist es auch einfach nur der gute, alte Erestor! Und ich habe das Bild nur eingebaut, um euch zu verwirren. Äh ... habe ich wirklich erwähnt, dass Ionduath gerne auf Bäumen schläft? Ich glaube, der saß während der ganzen Story nur einmal auf so nem Ding! *gg*
@dorlimaus: Muss mich jetzt schon mal entschuldigen ... habe nur 15 Seiten geschafft! Ionduath und Legolas werden auf jeden Fall eine Beziehung aufbauen ... nur welche, das verrat ich nicht! *sfg* Deine zweite Frage: Ob Gimli die Frage ernst gemeint hat! Ich unterstelle Gimli durchaus, dass er den Unterschied zwischen Männlein und Weiblein kennt (auch wenn die bei seinem Volk nicht sehr groß sein sollen). Ich denke, er war einfach nur geplättet in einer vollkommen ausgestorbenen Stadt noch auf ein Baby zu stoßen.
@seelenspiel: Danke!
@zitaboril: Also, angekommen ist dein Review! Verschollene Verwandte von Elrond ... hm ... hmm ... hmmmm! Erestor? Gil-Galad? Sind alle dunkelhaarig! Maedhroes, Maglor! Eol! Es gibt ja so viele dunkelhaarige Elben, die zur Kinderzeit von Elrond gelebt haben! Und wieso wollt ihr (Haldir) meinem armen, kleinen, lieben, sanften Kopfgeldjäger so stark bluten sehen? Der arme Mann kriegt ja Komplexe!
Wie geht`s Willi? Seine Mama macht bei mir ein bisserl Randale!
@LocaInferna: Hai! Sach mal, als ich dein Rewu gelesen habe, ist mir was eingefallen ... dürfte ich mir unter Umständen vielleicht Ithildae ausleihen? In meinem Kopf nimmt ein Kapitel konkrete Formen an ... wenn ich das irgendwo dazwischenquetschen kann ...
Und dann hättest du auch ein wenig Ruhe vor ihr! *gg*
@Dunkelelbe: Aijaijai! Lecker, lecker! Alles was nichts ist! So, da Legolas ja bekanntermaßen blonde Haare hat, ist er wahrscheinlich der Hintermann! *gg* Glaub mir ... im Reallife wird der nicht oben sein! Und das beide nur eine Hose anhaben, schadet dem Bild auch nicht! Allerdings muss ich doch bemängeln, dass mir der dunkelhaarige zu lieb guckt! Dürfte ruhig etwas finsterer sein ... aber das ist deine Interpretation der Dinge! Ich freue mich auf jeden Fall auf mehr solche Bilder! *g*
Aus der Sicht von Aragorn
Nachdem ich mich noch eine Weile über den Kopfgeldjäger gewundert hatte, war ich ihm gefolgt und fand mich jetzt bei unseren Gefährten wieder, die schon dabei waren unsere Sachen zu packen.
„Und habt ihr etwas Brauchbares gefunden?", fragten die Hobbits.
„In der Tat", murmelte der Kopfgeldjäger, „es sollte reichen, bis wir den Palast der Elben im Düsterwald erreicht haben."
„Wieso Palast?", fuhr Gandalf plötzlich auf und funkelte den Kopfgeldjäger grimmig an.
„Nun, einmal um die dort lebenden Elben zu warnen, dass mehrere Irre durch Mittelerde schleichen, die sich Elben für ihren Privatgebrauch fangen, und zum anderen um den kleinen Krümel loszuwerden. Ihr werdet nämlich hoffentlich nicht angenommen haben, dass das arme Ding uns die ganze Zeit über begleiten soll", erklärte der Kopfgeldjäger ruhig aber überheblich.
„Ionduath hat Recht", sagte ich bevor es wieder zu einem Streit zwischen dem Istari und dem Kopfgeldjäger kommen konnte, „das Kind wird uns verlangsamen ... außerdem ist so eine Reise zu gefährlich für ihn und wir werden kaum genügend Proviant haben. Es ist also das Beste für ihn, wenn er im Düsterwald bleibt ... bei Elben, die sich richtig um ihn kümmern können."
Die anderen nickten zustimmend und liefen zu ihren Pferden. Ich für meinen Teil beobachtete den Kopfgeldjäger misstrauisch, der sich jetzt mit dem Kind in einem Arm auf sein Pferd schwang. Ich hatte nämlich irgendwie das ungute Gefühl, dass ich das Baby wirklich tragen sollte, aber im Moment sah es nicht so aus, als würde er den Jungen hergeben wollen und das war etwas, das mich stark beruhigte. Ganz im Gegenteil, der Kopfgeldjäger machte es dem Baby in seiner Armbeuge bequem, deckte ihn mit diversen Decken zu und strich ihm immer wieder über sein kleines Gesicht, während er irgendwelchen Unsinn in Sindarin murmelte.
Erleichtert lief ich zu meinem Pferd und kam dabei an dem Kopfgeldjäger vorbei.
„Ihr solltet euch lieber an den Umgang mit Babys gewöhnen ... schließlich braucht ihr in absehbarer Zeit einen Erben", flüsterte Ionduath mir zu. Ich beschloss ihn einfach zu ignorieren und wir ritten los.
~*~*~*~*~*
Sieben Tage später hatten wir das Nebelgebirge ohne größere Probleme überquert und befanden uns jetzt auf der Alten Waldstraße. Legolas führte uns.
„Wir sollten dicht beieinander bleiben", murmelte Legolas mir in diesem Moment zu, „der Ring und Sauron sind zwar vernichtet ... aber die Spinnen und anderen schwarzen Geschöpfe sind noch zahlreich in diesen Wäldern vorhanden."
Hinter mir hörte ich jemanden hart schlucken und sah mich um.
Sam und Frodo saßen beide kalkweiß auf ihren Ponys und blickten ängstlich in das Dickicht. Legolas hatte ihr Unbehagen ebenfalls bemerkt und lächelte sie leicht an.
„Keine Sorge ... die Spinnen jagen selten in diesen Gebieten ... sie meiden die Straße und bleiben lieber in ihren dunklen Nestern."
„Dann ist ja gut", schluckte Sam und führte sein Pony näher an das Pferd des Kopfgeldjägers heran, der ein Stückchen vor ihm ritt. Mir war in letzter Zeit aufgefallen, dass Sam und Frodo eine leichte Freundschaft zu Ionduath entwickelten. Ich fand dieses Verhalten äußerst seltsam, da Sam mir bei unserer ersten Begegnung am liebsten den Kopf abgeschlagen hätte ... allerdings hatte der Kopfgeldjäger auch nicht seinen Freund verschleppt.
Mein Blick wanderte zu dem Kopfgeldjäger, der das schlafende Kind vor sich auf dem Pferd hielt. Es war seltsam ... aber ich hatte nicht von dem Kopfgeldjäger erwartet, dass er sich so um das Kind kümmern würde ... weder hatte ich Ahnung gehabt, dass er überhaupt wusste wie man mit Kindern umging. Ich hatte ihn nämlich mit vielem in Verbindung gebracht ... aber ganz bestimmt nicht in mit einer Vaterrolle. Allerdings ... nur weil er ein Kopfgeldjäger war, hieß das nicht, dass er nicht auch eine Familie ... vielleicht sogar Kinder hatte. Langsam begann ich nämlich wirklich an seinen Kommentar von damals zu glauben, dass wir seine Vaterinstinkte wecken würden. So unwahrscheinlich sich das auch angehört hatte.
„Für dich ist er auch ein Rätsel, nicht wahr", flüsterte plötzlich eine Stimme dicht an meinem Ohr. Erschrocken sah ich mich um und erkannte Legolas, der meinem Blick gefolgt war.
„Ein Rätsel", wiederholte ich, nachdem ich mich wieder gefasst hatte, „dieser Mann ist mehr als ein Rätsel ... der könnte ein Labyrinth sein! So viele Wege zu verfolgen und jeder bringt dich zu einem anderen Ziel! Aber den Kern erreichst du einfach nicht!"
Der blonde Elb lächelte leicht und drehte sich zu dem Kopfgeldjäger um. Dieser hatte den mittlerweile hellwachen Gilívor vor sich auf dem Pferd und schien ihn ein wenig zu kitzeln. Auf jeden Fall konnte ich das fröhliche, leise Glucksen des Kindes bis zu mir hören.
„Ich verstehe dich sehr gut ... auch ich denke, dass er uns etwas verheimlicht ... vielleicht ist er ein ganz anderer, als er vorgibt zu sein ...", murmelte Legolas und blickte den Kopfgeldjäger an, dieser hob plötzlich seinen Kopf und sah den Elben fest an.
„Ihr lästert doch nicht etwa über mich, oder Prinzlein?"
„Das würde mir im Traum nicht einfallen", erwiderte Legolas gefasst und drehte schnell seinen Kopf weg.
Gegen Abend schlugen wir unser Lager auf einer kleinen Lichtung auf, zu der Legolas uns geführt hatte und entfachten ein kleines Feuer. Nachdem für unser Abendessen gesorgt war, stand Legolas auf und sagte er würde sich ein wenig umsehen wollen.
„Das letzte Mal als ich hier war, hatten die Elben einige Probleme mit den Waldmenschen", sagte der blonde Elb leise, „ich will sichergehen, dass keiner hier in der Nähe ist und uns Ärger machen könnte!"
„Einer von uns könnte dich begleiten", schlug ich vor, „das ist sicherer!"
„Sicherer vielleicht", lächelte er als Antwort, „aber ich kenne mich hier besser aus. Es wird schneller gehen, wenn ich alleine unterwegs bin!" Mit diesen Worten verschwand er zwischen den Bäumen.
„Er scheint ziemlich stur zu sein", bemerkte Ionduath und zog Gilívor etwas dichter an sich, damit der Junge nicht fror.
„Er kommt in vielen Dingen nach seinem Vater", erwiderte ich seufzend, „und nicht alle von Thranduils Eigenschaften sind positiv!" Mit Schaudern erinnerte ich mich an meine erste Begegnung mit dem König vom Düsterwald. Ich war damals noch ein Kind gewesen und aus diesem Grunde wirkte Thranduil noch furchteinflössender auf mich.
„Woran denkst du, Streicher?", fragte Frodo mich.
„An ... an gar nichts! Ich war nur gerade in Erinnerungen versunken", erklärte ich dem Hobbit. Frodo gab sich mit dieser Erklärung zufrieden und beobachtete jetzt Merry und Pippin, die sich darum stritten, wer dem Elbenbaby die Flasche geben durfte.
„Ich bin diesmal dran, Merry! Du hast ihm seine letzte Flasche gegeben", rief Pippin beleidigt und wollte seinem Vetter die Flasche aus der Hand nehmen, aber dieser hielt sie unerbittlich fest.
„Das ist überhaupt nicht wahr, Pip", knurrte Merry angestrengt und zog fester an der Flasche, „du hast ihm seine letzte gegeben!"
Ionduath betrachtete das Ganze mit einem äußerst alarmierten Gesichtsausdruck, ebenso wie das Elbenbaby selber, das wohl zu ahnen schien, dass es hier um sein Abendessen ging. Wie auf Kommando streckte Gilìvor – der auf dem Schoß von Ionduath saß und auch von ihm aufrecht gehalten wurde – seine Hände zu der begehrten Nahrung hin, während er leise wimmerte.
„Meine lieben Hobbits", fing Ionduath an, als er langsam, mit seiner freien Hand nach der Flasche griff und sie aus dem eisernen Griff der Hobbits löste, „ich möchte euch nur daran erinnern, dass dies die einzige Flasche ist, die wir noch haben ... nachdem ... ihre Vorgänger bei ähnlichen Gesprächen zerbrachen und der arme Gilívor wohl eine Nulldiät einlegen muss, wenn diese auch noch draufgeht! Ich glaube nicht, dass ich noch hinzufügen muss, dass so was äußerst ungesund für ein Baby ist, oder?"
Merry und Pippin blickten beschämt zu dem kleinen Baby, das aus großen blauen Augen um sich blickte und mit seinem Mund bereits Saugbewegungen machte, während es noch immer die Flasche betrachtete, die jetzt zwar schon näher aber noch immer nicht nah genug war.
„Tut uns leid!", murmelten die Hobbits im Chor.
„Ich habe eine Idee", rief Pippin strahlend aus, „ich werde Gilívor halten und Merry gibt ihm seine Flasche! Geht das?"
Beide Hobbits sahen den Kopfgeldjäger mit Hundeaugen an. Ionduath rollte mit den Augen und gab Pippin das Baby in die Arme. Der Halbling setzte sich sofort strahlend hin und streichelte die Wange des Babys, während Merry ihm das Fläschchen an den Mund hielt. Als sich der Kopfgeldjäger sicher war, das die Hobbits nichts falsch machten, blickte er in unsere ungläubigen Gesichter.
„Was", fragte er, „die beiden versuchen es jedenfalls ... was ich von einigen anderen Personen nicht behaupten kann! Und die haben es wahrlich nötiger!"
Ich beschloss darauf nichts zu erwidern. Innerlich kaute ich nämlich immer noch an der Erinnerung des Wechselns der Windeln. Bis dahin hatte ich mir noch nicht sehr viel Gedanken über Kinder gemacht. Ich brauchte irgendwann einen Erben, das war klar, und Arwen brachte das Thema auch öfter mal auf den Tisch, aber nach diesem Erlebnis hoffte ich wirklich, dass einer von uns beiden unfruchtbar war oder Arwen jedenfalls den Teil mit den Windeln übernehmen würde.
Um mich abzulenken, musterte ich meine Umgebung. Wir waren umgeben von dunklen, fast schwarzen Bäumen, nur vereinzelt konnte man einen kleinen Stern am Himmel erkennen und das einzige Licht ging von unserem Feuer aus. Der flackernde Schein warf skurrile Schatten an die Bäume und ließ den einen oder anderen Baum wie ein grausames Monster aussehen. Hin und wieder konnte man auch ein paar glühende Punkte zwischen den Bäumen entdecken, die sofort wieder verschwanden, wenn man genauer hinsah.
„Mir gefällt dieser Wald nicht, Herr Frodo", flüsterte Sam.
„Mir auch nicht ... aber wir müssen hier durch", flüsterte Frodo zurück.
„So", verkündete Ionduath mit einem Blick auf das Feuer, „ich denke, das Essen ist fertig!"
Aller Schrecken war sofort vergessen als die Hobbits dies hörten und mit einem unbändigen Heißhunger stürzten sie sich auf das Fleisch und die Pilze, die in einer Pfanne schmorten. Gilívor fand sich so schnell ihn den Armen des Kopfgeldjägers wieder, dass dem armen Kind Angst und Bange wurde. Aber immerhin hatte er den Inhalt seiner Flasche leeren können und der Kopfgeldjäger verhinderte es jetzt, das Gilívor seinem Unmut laut Luft machte, in dem er ihn sanft hin und her schaukelte. Als Begleitung summte er ein Schlaflied, das seine Wirkung nicht verfehlte. Innerhalb weniger Augenblicke fielen dem Baby die Augen zu und er wurde von Ionduath vorsichtig in sein Körbchen gebettet.
Auf dem Weg hierher war der Kopfgeldjäger auf einige Pilze gestoßen – sehr zur Freude der Hobbits, die bei dem Essen zulangten als würden sie verhungern.
Nachdem die Hobbits sich ihren Anteil geholt hatten, griffen auch wir anderen beim Essen zu, bevor die Hobbits einen Nachschlag wollten. Ionduath sicherte sich ebenfalls mit einem Arm eine Ration, die er neben sich aufstellte.
Lächelnd lehnte ich mich gegen einen Stein und fing an zu essen.
Pippin führte gerade eine Portion Pilze zu seinem Mund als er mitten in der Bewegung innehielt.
„Sagt mal ... kann man diese Pilze überhaupt essen?", fragte er zweifelnd.
„Keine Sorge, junger Hobbit", sagte Ionduath leise und mit einem gefährlichen Blitzen in den Augen, „man kann jeden Pilz essen ... einmal!"
Pippin der sich gerade beruhigt die Pilze in den Mund gesteckt hatte, spuckte sie bei diesem Zusatz wieder aus und rieb sich über den Mund.
„Verzeihung", lachte der Kopfgeldjäger und rieb sich Tränen aus den Augen, „ich habe euch nur geärgert ... die Pilze sind absolut ungiftig ... ihr könnt euch höchstens den Magen verderben, wenn ihr zuviel davon esst!"
Pippin blickte den Kopfgeldjäger böse an.
„Das war nicht nett von euch!", sagte er anklagend.
„Habe ich jemals behauptet, dass ich nett bin?", gab der Kopfgeldjäger nonchalant zurück und blickte in den Himmel.
Aus der Sicht von Ionduath
Nachdem ich mich vergewissert hatte, das Gilívor tief und fest schlief und nicht fror, ließ ich meine Gedanken ein wenig abschweifen. Wie von selbst hatte ich plötzlich wieder eine Szene vor mir, in der ich ebenfalls ein Kind in den Armen hielt.
Rückblende
Wütend starrte ich auf meinen Freund. Wie konnte man nur so dämlich sein! Das war doch wirklich zum Schreien!
Besagter Freund, den ich seit seiner Kindheit kannte ... oder besser gesagt zu kennen geglaubt hatte, saß vor mir auf einem Lehnstuhl und hielt einen ungefähr zweieinhalb Jahre alten Jungen in den Armen, der sich vertrauensvoll an ihn schmiegte und mich mit einer Mischung aus Neugier und Angst ansah, während er voller Hingabe an seinem Daumen nuckelte. Das Kind ignorierend, wandte ich mein Augenmerk wieder auf meinen Freund.
Er hatte eine Platzwunde an der Stirn, über seine Brust zog sich ein breiter Verband, ebenso über die gesamte Länge seines rechten Armes. Sein Knöchel war verstaucht, drei Rippen gebrochen und das Schultergelenk ausgekugelt, um nur die gröbsten Verletzungen zu nennen. Und trotzdem hatte er den verdammten Bengel auf sich liegen.
„Was siehst du mich so an", knurrte der dunkelhaarige Mann plötzlich.
„Warum ich dich so ansehe? Deine Rippen sind gebrochen und trotzdem lässt du diesen ... diesen ... Fratz quer auf dir liegen!"
„Und wo liegt deiner Meinung nach das Problem?", fragte er gespielt ahnungslos.
„Er gehört hier nicht her! Sieh dich doch mal an. Der Bengel ist gerade mal drei Wochen hier und du siehst aus wie eine wandelnde Leiche ... du wärst eine gewesen, wenn du nicht rechtzeitig gefunden worden wärst! Dieses Kind hat nichts als Ärger gemacht, seit es das erste Mal einen Fuß hierher gesetzt hat."
„Er ist ein Kind ... ich konnte doch nicht zulassen, dass sie ihm wehtun", erwiderte er matt und strich über die Haare des Kindes, „außerdem kannst du ihn nur nicht leiden, weil er dir die Kröten ins Bett gesetzt hat."
„Das ist unter anderem auch ein Grund", räumte ich knurrend ein, „aber nicht der Hauptgrund! Dieses Kind bedeutet nichts als Ärger! Das weißt du genau so gut wie ich!"
„Was soll ich denn deiner Meinung nach machen?", fragte er grimmig.
„Oh ... von mir aus, ersäuf ihn im Fluss ... schmeiß ihn den Orks vor die Füße, oder verfütter' ihn an einen Balrog! Aber sorg dafür, dass er dieses Haus verlässt!"
Mein Gesprächspartner richtete sich jetzt langsam auf.
„Wie kannst du nur so grausam sein!? Es ist noch ein Kind! Es hat niemandem etwas getan und es kann nichts für die Dinge, die um ihn herum geschehen sind! Er wird hier bleiben! Und das ist mein letztes Wort!"
Vor Schock klappte meine Kinnlade runter.
„Das kannst du nicht ernst meinen!"
„Das ist mein voller Ernst! Er wird hier ein zu Hause bekommen!"
„Dir ist doch wirklich nicht mehr zu helfen", grummelte ich und wollte gehen als ich ihn nach mir rufen hörte.
„Bitte bleib!", sagte er schwach und ich drehte mich wider besseren Wissens um.
„Ich ... ich möchte doch nur dass du mich verstehst!", sagte er beinahe flehentlich.
„Und ich will dass du mich verstehst", fuhr ich ihn barsch an, „dieses Kind wird der großen Ärger bereiten! Also werde es besser los, solange du noch kannst!"
„Aber das kann ich schon nicht mehr", murmelte er mit geschlossenen Augen, „ich habe es ihr versprochen!"
„Oh ... das darf doch nicht wahr sein! Kaum sitzt eine Frau vor dir, heult ein bisschen und klimpert mit den Wimpern und bei dir löst sich sofort jedes noch so kleine Quäntchen Verstand in nichts auf", antwortete ich stöhnend und schüttelte mit dem Kopf.
„Weißt du, was dir fehlt? Du braucht mal wieder was zum Vögeln ... oder gevögelt werden!"
„Nicht solche Ausdrücke vor dem Kind", fauchte er mich an und bedeckte die Ohren des Jungen mit seinen Händen.
„Oh doch! Du musst so rangenommen werden, dass du nicht mehr gerade gehen kannst! Dann vergehen dir vielleicht auch diese Flausen!"
„Das sind keine Flausen!", brüllte er zurück.
„Das sind Flausen!", widersprach ich in der gleichen Lautstärke, „demnächst kommst du wahrscheinlich noch auf die Idee ein Orkbaby zu adoptieren! Oder noch besser, du quartierst gleich eine ganze Orkfamilie hier ein!"
Durch das Geschreie drang plötzlich das leise Wimmern eines Kindes an mein Ohr und wir beide sahen auf den Jungen. Dieser hatte seine Hände auf die Ohren gelegt und weinte herzzerreißend.
„DA! Jetzt sieh mal was du da angerichtet hast!"
„Ich", ich blickte den anderen Mann schockiert an, „wieso ich?"
„Weil du hier rumschreist wie ein Blöder! Jetzt sieh zu wie du das wieder in Ordnung bringst!"
„Bitte?" Fassungslos sah ich mit an wie mein Freund sich langsam aufrichtete und dabei das Kind von sich schob. Dann griff er nach seiner Krücke und humpelte wortlos aus dem Raum.
Das Kind sah ihm hinterher, dann auf mich und fing noch lauter an zu weinen.
„Lässt der mich einfach mit diesem Blag allein! Ich fass' das nicht!", schrie ich und brachte den Jungen dazu noch lauter zu schreien.
Ich verzog mein Gesicht zu einer Grimasse und blickte unentschlossen auf das Kind, das sich jetzt über die Augen rieb und dabei immer wieder: „Papa", schniefte. Von dem Gör war ich zwar wenig begeistert, aber ich war auch kein kinderfressendes Ungeheuer.
„Sht ... ruhig Kleiner! Dir tut ja niemand was ... ich auch nicht", murmelte ich tröstend und strich dem Jungen tröstend über den Kopf. Das Kind sah angsterfüllt zu mir auf und ich verfluchte mich dafür in seiner Gegenwart so herumgebrüllt zu haben. Ich hatte zwar einen Ruf als Kinderschreck, aber ich hatte nicht vor, dem auch wirklich gerecht zu werden.
Der Junge sah immer noch schniefend zu mir auf. Über sein Gesicht liefen Tränen und aus seiner Nase floss auch unaufhaltsam der Rotz.
„Was habe ich mir da bloß eingehandelt", murmelte ich und wischte ihm mit meinem Taschentuch die Tränen aus dem Gesicht. Anschließend hielt ich es ihm vor die Nase damit er sich schnäuzen konnte.
Irgendwann während dieser Prozedur hatte ich den Fehler gemacht mich neben ihn auf das Sofa zu setzen. Das rächte sich jetzt, als der Kleine immer näher an mich ranrutschte und plötzlich seine Arme um mich schlang und sein Gesicht in meiner Seite verbarg.
„Oh nein", widersprach ich, „damit wollen dir doch gar nicht erst anfangen!" Sanft aber bestimmt schob ich den Jungen von mir weg. Die einzige Reaktion, die ich ihm entlockte, war dass er mich böse anblitzte und sich abermals an mich kuschelte.
„Hör auf damit! Ich bin der Falsche wenn du schmusen willst!" Wieder versuchte ich ihn wegzuschieben und erreichte damit nur, dass er mich in die Hand biss.
„AU! Du kleine ... miese ... Kröte!", fluchte ich und hielt meine Hand. Der Junge hatte jetzt vollkommen freie Bahn und nutzte dies auch, in dem er sich einfach auf meinem Schoß niederließ. Zufrieden und stolz hielt er sich an meinem Hemd fest und fing leise an zu schmatzen, während er auf dem Stoff zwischen seinen Zähnen herumkaute.
Als mein „Freund" eine Stunde später dann mal wieder die Güte besaß, aufzutauchen, saß ich immer noch auf dem Sofa, den Jungen auf mir und klopfte mit meinen Fingern genervt und verärgert auf die Lehne.
„Ah! Der große Herr und Meister gibt sich auch mal wieder die Ehre", verkündete ich sarkastisch.
„Ich weiß gar nicht, was du hast! Ihr gebt ein sehr hübsches Paar ab!"
„Nimm das Gör von mir runter und werd' glücklich damit", knurrte ich bösartig.
„Tut mir Leid, aber das wird nicht gehen", sagte der Mann grinsend, „ich bin im Moment etwas flügellahm ... aber ich werde dir gerne etwas zu Essen holen!"
Mit diesen Worten verschwand er und ließ mich ein weiteres Mal mit dem Kind allein.
Rückblende Ende
Stöhnend rieb ich mir über die Augen. Selbst jetzt, nachdem so viele Jahre vergangen waren, konnte ich mich über den sturen Kerl immer noch dumm und dämlich ärgern. Aber all das brachte mir im Moment nicht viel und ich blickte aufmerksam in die Runde. Die Hobbits schliefen mittlerweile tief und fest, ebenso der Zwerg, was ich an dem Geschnarche erkannte. Lediglich der verfluchte Istari und der kleine König unterhielten sich noch leise im Schein des Feuers. Aber von einer bestimmten blonden, sturen Person fehlte jede Spur.
„Sagt mal, müsste das Prinzlein nicht mal so langsam wieder auftauchen?", fragte ich deswegen.
Nachdenklich sah der Waldläufer zwischen die Bäume.
„Wer weiß ... aber ich denke, wir müssen uns keine Sorgen machen ... er kennt sich hier aus", antwortete er überlegend.
~*~*~*~*~
Zwei Stunden später war das Prinzlein immer noch nicht wieder aufgetaucht und mich beschlich langsam ein ungutes Gefühl. Dem König ging es offensichtlich ebenso, denn er rutschte unruhig hin und her und schickte immer wieder aufmerksame Blicke in das dichte Dickicht. Aber selbst wenn wir mit Gewissheit sagen könnten, dass dem Prinzlein etwas passiert wäre, könnten wir nichts unternehmen, denn dafür war es mittlerweile viel zu dunkel.
„Ich schlage vor, dass wir die Nacht über hier bleiben ... und wenn das Prinzlein morgen früh immer noch nicht aufgetaucht ist, werden wir ihn suchen", sagte ich leise und lauschte dem Rauschen des Windes. Aragorn nickte zustimmend.
Nachdem ich mich noch einmal vergewissert hatte, dass Gilívor nicht fror und auch sonst nichts brauchte, legte ich mich hin und wickelte mich in meinen Umhang. Den kleinen Jungen drückte ich dicht an mich.
Danach dauerte es auch nicht mehr lange, bis ich hinüberglitt ins Reich der Träume. Nur waren meine Träume alles andere als friedvoll.
In einiger Entfernung von mir stand ein blonder Junge, mit einem Schwert in der Hand. Er blickte sich scheinbar aufmerksam um. Umso unerklärlicher war es mir, dass er die Uruk-hais, die sich ihm von hinten näherten, nicht bemerkte. Ich versuchte noch den Jungen zu warnen, als die Monster ihn auch schon eingekreist hatten. Tapfer wehrte er sich und schaffte es auch einige der dunklen Kreaturen zu Fall zu bringen, aber es wurden immer mehr. Der Kreis um ihn herum wurde dichter, bis nichts mehr von dem blonden Jungen zu sehen war. Endlose Augenblicke lang hörte man nur das metallische Klirren der Klingen, bis die Uruks von ihrem Opfer abließen und sich in alle Himmelsrichtungen verstreuten. Zurück blieb eine große Lache Blut und ein Kopf mit blonden Haaren, der mich aus leeren Augen heraus anzusehen schien, während sein Mund ein einzelnes Wort formte.
„V..."
Ich erwachte mit einem leisen Aufschrei und stand beinahe senkrecht in meinem Nachtlager, während mir kalter Schweiß den Rücken hinunterlief. Mit einem schnellen Blick vergewisserte ich mich, dass ich Gilívor nicht geweckt hatte und blickte dann in die Runde. Alle meine Gefährten schliefen tief und fest nur natürlich der Zwerg nicht, denn der hatte Wache und blickte mich jetzt spöttisch an.
„Hattet ihr etwa einen bösen Traum? Nein, das tut mir aber Leid! Soll ich rüber kommen und euch trösten?", fragte er höhnisch.
„Wenn ihr unbedingt sterben wollt, versucht es", knurrte ich und legte mich wieder hin.
Aus der Sicht von Legolas Grünblatt
Nachdem ich mich von den Anderen getrennt hatte, schlug ich die Richtung ein, in der ich eine Siedlung der Waldmenschen wusste. Ich erreichte die Siedlung ohne Zwischenfälle und versteckte mich in einem Baum. Von dort lauschte ich den Gesprächen der umherwandernden Menschen.
Während ich dort saß und zuhörte, erfuhr ich von einer Gruppe Menschen, die in den Wäldern umherstreifte. Es waren Männer aus verschiedenen Siedlungen, die sich zusammengeschlossen hatten und nun die Gegend unsicher machten. Sie überfielen Reisende und machten dabei keinen Unterschied zwischen Menschen und Elben.
„Solange sie unsere Dörfer nicht angreifen, ist es mir ziemlich egal was sie machen", sagte gerade ein älterer Mann.
„Ich habe letzte Woche einen von ihnen getroffen!", verkündete ein junger Mann, „sie haben mir gesagt, dass sie von irgendwelchen Leuten bezahlt werden, damit sie die Elben angreifen ... und andere Reisende."
„Sie werden bezahlt?"
„Ja ... von irgendwelchen Leuten ... mit blauen Kutten und Amuletten!"
Das war ja höchst interessant!
„Ja ... ich wünschte diese Leute hätten mich auch gefragt ... Geld kann ich immer gebrauchen!"
„Wenn ich nur wüsste, wo die Männer jetzt sind! Letzte Woche waren sie ganz in der Nähe ... aber wer weiß, wo sie jetzt sind!"
Ich hatte genug gehört. Leise verließ ich meinen Lauschposten. Eines war mir klar. Wir mussten vorsichtig sein, wenn wir den Wald durchquerten.
So schnell wie möglich lief ich durch den Wald, um den anderen von meinen Erkenntnissen zu berichten.
Ich war noch keine fünf Minuten gelaufen, als ich merkte, dass mich irgendjemand verfolgte. Alarmiert lief ich weiter und beobachtete dabei genau meine Umgebung. In den Bäumen um mich herum versteckte sich irgendetwas, aber ich konnte nicht feststellen ob es ein Mensch, Ork oder vielleicht sogar eine Spinne sein konnte. Andererseits konnte es natürlich auch etwas Ungefährliches sein. Trotzdem löste ich langsam meine Schwerter aus der Halterung auf meinem Rücken und lief vorsichtig weiter.
Aber kaum hatte ich meine Schwerter vollkommen gelöst, sprang jemand direkt vor meine Füße. Ich hatte nur einen winzigen Augenblick meinen Gegner zu betrachten, bevor er mit erhobenem Schwert auf mich losging – er war ein Mensch.
Ich parierte seinen Schlag und setzte nun meinerseits zu einem Angriff an, den er sehr zu meinem Erstaunen abblockte.
Jetzt standen wir uns gegenüber und musterten uns.
„Was macht ein kleines Elblein soweit von zu Hause entfernt?", fragte er mit einem lückenhaften Grinsen.
„Warum überfällt ein Mensch einen reisenden Elben?", fragte ich zurück, obwohl ich die Antwort schon wusste.
„Ha ...", er strich sich mit einer Hand über das von Bartstoppeln verzierte Gesicht, „ ... ich entferne nur den Müll ... für euch weibische Wesen ist hier kein Platz! Der Wald gehört den Menschen!"
„Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, dann waren wir hier aber vor euch", setzte ich ihn in Kenntnis und ignorierte mit einiger Selbstbeherrschung den Kommentar über das Aussehen der Elben.
„Ja und?", fragte er grinsend, „wir werden euch trotzdem vertreiben! Das Elbenreich in diesem Wald steht nämlich kurz vor seinem Untergang!"
Mit diesen Worten stürzte er auf mich zu. Aber ich hatte seinen Angriff vorausgesehen und wich dem Hieb mit Leichtigkeit aus und brachte den Angreifer zu Fall.
„Hm ... ich glaube nicht, dass das Elbenreich hier untergehen wird! Das wird König Thranduil nicht zulassen ... und das letzte Mal als ich ihn sah, war er noch sehr lebendig", sagte ich, während ich mein Schwert auf ihn niedersausen ließ, bereit ihm das Leben zu nehmen. Aber der Mensch rollte sich mit einer unvorhergesehenen Geschwindigkeit von mir weg und kam wieder auf die Beine.
„Das wird sich aber schnell ändern", grinste der Mensch immer noch, „Thranduil wird als erster krepieren ... und nur zu deiner Information ... es wird nicht mehr lange dauern!"
Währenddessen wich der Mensch immer weiter zu den Bäumen zurück.
„Das glaubt auch nur ihr", erwiderte ich mit grimmiger Entschlossenheit und sprang auf den Menschen zu, um ihn jetzt endgültig zu töten, aber dann geschah etwas mit dem ich nicht gerechnet hatte.
„Jetzt!", schrie der Mensch plötzlich und ehe ich mich versah, fiel von oben ein schweres Netz auf mich herab und brachte mich zu Boden. Zu allem Überfluss verlor ich auch noch meine Schwerter und schaffte es nicht mich aus dem Netz zu befreien. Und bevor ich auch nur wusste wie mir geschah, waren plötzlich 15 Menschen um mich herum und grinsten auf mich herab.
„Da ist uns ja mal wieder was ins Netz gegangen", zischte jemand hinter mir, „leg ihn schlafen!"
Das war das Letzte, was ich hörte bevor ein großer Stein gegen meine Schläfen geschlagen wurde und ich ohnmächtig zu Boden ging.
*~*~*~*~*~*
Das erste, was ich bei meinem Aufwachen realisierte, waren die dröhnenden Kopfschmerzen, dann die Übelkeit und zum Schluss musste ich feststellen, dass ich gefesselt worden war. Schlagartig kam meine Erinnerung an die vergangene Nacht zurück und ich öffnete mit einem Ruck meine Augen. Eine Tat, die ich sofort bereute, denn die aufgehende Sonne stach wie Nadeln in meine Augen. Stöhnend schloss ich meine Augen wieder und versuchte etwas von meiner Stärke zurückzugewinnen. Beim zweiten Mal öffnete ich meine Augen langsam. Jetzt konnte ich das Licht der Sonne einigermaßen ertragen.
Wie ich feststellte, befand ich mich auf einer winzigen Lichtung. Einige der Männer lagen etwas von mir entfernt um ein Feuer herum und schliefen, ein Einzelner saß ganz in meiner Nähe – ebenfalls tief am Schlafen. Aber bevor ich diesen Umstand nutzen konnte, wachten die ersten Männer am Lagerfeuer auf und sahen unglücklicherweise sofort zu mir herüber.
„Ah ... sieh mal einer an! Das kleine Mädchen ist ja aufgewacht", rief einer der Männer höhnend in die Runde. Gerne hätte ich etwas erwidert, aber ich musste in diesem Moment feststellen, dass ich auch geknebelt worden war, so hatte ich lediglich die Möglichkeit dem Mann böse Blicke zu zuwerfen.
Der Sprecher kam langsam auf mich zu und ging vor mir in die Hocke. Langsam ließ er einige Strähnen meines Haares durch seine dreckigen Finger gleiten.
„Viel zu schön für einen ... Mann ... ich nehme doch mal an, dass du einer bist, oder?", murmelte er und führte meine Haare an seinen Mund. „Andererseits ... vielleicht haben Elbenfrauen keine Brüste ... ich kenne mich da nicht so aus!"
Angewidert machte ich eine Bewegung von ihm weg, der Mann legte aber sofort eine Hand in meinen Nacken und zog mich wieder zu sich.
„Na, na, Bürschchen ... du weißt doch wohl was sich gehört", flüsterte er und kraulte meinen Nacken, bevor er abrupt aufstand und sich an seine Gefährten wendete.
„Los, ihr holt ein langes Seil ... und ihr zwei ... sucht den höchsten Baum, den ihr finden könnt! Beeilt euch ... wir wollen den Elben doch nicht zulange auf dem Boden hocken lassen ... immerhin gehören die doch in die Bäume!"
Ich konnte es nicht verhindern, dass mir eisige Schauer über den Rücken liefen und mit Grauen beobachtete ich die Männer, die das Seil herbeigeholt hatten. Die konnten doch wohl nicht wirklich vorhaben mich aufzuhängen?
Kurze Zeit später kamen die zwei zurück, die einen hohen Baum suchen sollten. Sehr zu meinen Missfallen waren sie erfolgreich gewesen, was ich daran erkannte, dass mich zwei der Männer auf die Füße zerrten und durch den Wald schleiften.
Vor einer besonders hohen Eiche machten sie halt.
„Ja ...", sagte der Mann, der mit mir gesprochen hatte, gedehnt, „dieser Baum ist genau richtig ... bereitet alles vor!"
Die zwei Männer, die mich schon zu diesem Ort gebracht hatte, packten mich wieder an den Armen und zerrten mich näher an den Baum heran. Ich stemmte meine Füße in den Boden und versuchte meine Bewacher abzuschütteln, aber was ich auch versuchte ... es war nutzlos.
Aus der Sicht von Aragorn
Mittlerweile war die Sonne aufgegangen und wie ich bei meinem Erwachen feststellen musste, war Legolas noch immer nicht aufgetaucht. Deswegen waren die anderen schnell geweckt worden und während sie unser Lager abbrachen, gingen Ionduath und ich bereits zwischen die Bäume, um nach Spuren zu suchen. Glücklicherweise fanden wir auch sehr schnell welche, und das obwohl Elben kaum Spuren hinterließen, wenn sie gingen.
Der Kopfgeldjäger richtete sich stöhnend auf und betrachtete missmutig seine Umgebung.
„Einfach genial", knurrte er verstimmt, „die Spuren führen von der Straße weg ... uns wird nichts Anderes übrigbleiben, als querfeldein zu gehen! Und das ausgerechnet in diesem Wald!"
„Ihr habt recht ... aber das habe ich schon von vorneherein vermutet ...", murmelte ich resignierend, „aber ich bin auch nicht erpicht darauf die Straße zu verlassen!"
„Dann sind wir uns ja jedenfalls einig", gab Ionduath zu verstehen und ging zurück zum Lager. Dort angekommen, erzählte ich den anderen von meinem Entschluss. Wie ich es nicht anders erwartet hatte, waren vor allen die Hobbits nicht begeistert davon den Wald auf diese Weise zu durchqueren.
„Wir müssen wirklich da durch?", fragte Pippin mit einem unbequemen Blick auf das dichte Unterholz.
„So sieht es aus!", stellte der Kopfgeldjäger fest und widmete sich Gilívor. Der Junge war nicht davon begeistert gewesen so früh geweckt zu werden und war dementsprechend maulig.
Ionduath ließ sich davon aber wenig beeindrucken und versorgte das quengelnde Baby geschickt, damit es später nicht in irgendeinem ungünstigen Moment anfing zu schreien. Als das geschafft war, hob er das Baby auf seinen Arm, wo es sofort wieder in tiefen Schlaf fiel.
„Wir sollten dann aufbrechen und diesen verflixten Elb finden", rief Gimli plötzlich aus, „wir haben hier schon genug herumgetrödelt!"
Und mit diesen Worten stapfte der Zwerg direkt in das Unterholz hinein.
„Ich stimme Gloínsgör mal ausnahmsweise zu", verlautete der Kopfgeldjäger und folgte dem Zwergen, sein Pferd am Zügel führend.
Eine Viertelstunde später hatte ich meine Gefährten auf den Spuren von Legolas tief in den Düsterwald hineingeführt und die Hobbits waren nicht die Einzigen, die argwöhnische Blicke umhersandten.
Obwohl mittlerweile heller Tag sein musste, drang nicht ein einzelner Sonnenstrahl durch das dichte Laubdach. Es herrschte beinahe eine nächtliche Finsternis und dies untermalt mit den unheimlichem Knarren der alten Bäume und den Geräuschen, der umherstreifenden Tiere, konnte wirklich angsteinflössend wirken.
„Das hier ist einfach keine Umgebung für ein kleines Kind! Aber wir können froh sein, bis jetzt noch keinem der Einwohner dieses Waldes begegnet zu sein", grummelte Ionduath vor sich her, während er dem Baby beruhigend über den Rücken strich.
Ich nickte und heftete meinen Blick wieder auf den Boden, gerade rechtzeitig um die Zeichen eines Kampfes zu entdecken.
„Er muss wieder zurückgekommen sein ...", murmelte ich leise.
„Ja ... und irgendjemand hat ihn abgefangen ... im wahrsten Sinne des Wortes ...", knurrte der Kopfgeldjäger missbilligend und hob etwas vom Waldboden auf, das ich als Teil eines Netzes identifizieren konnte.
„Dann ist Legolas also tatsächlich gefangen worden", stellte Gandalf fest.
„Es sieht ganz danach aus", bemerkte ich und untersuchte weiterhin den Boden. Kurze Zeit später hatte ich die Spuren der Angreifer entdeckt.
„Es waren Menschen", erzählte ich, „ungefähr zwanzig Stück ... einer von ihnen hat Legolas getragen! Sie sind sehr langsam gelaufen ... sie haben keine Verfolger befürchtet ... und die Spuren sind ungefähr sechs Stunden alt!"
„Das war sehr gut", flüsterte plötzlich jemand neben mir und ich erkannte mit Erstaunen den Kopfgeldjäger neben mir.
„Danke", erwiderte ich leicht verlegen und nicht wissend, was ich davon halten sollte, „meine Brüder und Lord Glorfindel haben es mir beigebracht ... ich frage mich wie es ihnen jetzt geht!"
„Nun ... zu erst einmal sollten wir sicherstellen, dass es unserem Hauselben gut geht", sagte Ionduath mit einem leichten Lächeln in der Stimme.
Ich schüttelte mich, um meinen Kopf wieder klarzubekommen.
„Ihr habt Recht", antwortete ich und folgte langsam den Spuren.
Eine halbe Stunde später erreichten wir ein abgebrochenes Lager auf einer kleinen Lichtung. Während ich weiter nach Spuren suchte, untersuchte der Kopfgeldjäger das Lagerfeuer.
„Wir sollten aufpassen ... sie sind noch nicht lange fort", sagte er leise zu meinen Gefährten und ich musste ihm in Gedanken zustimmen. Die Spuren des Aufbruchs waren noch frisch.
„Wir werden den Spuren weiterfolgen! Sie können noch nicht sehr weit sein!"
Schweigend liefen wir weiter. Aber diese Stille war beinahe schmerzhaft. Jeder von uns war angespannt, befürchteten wir doch alle, dass jeden Moment einer der Menschen hinter einem Baum hervorspringen konnte.
Gilívor, der den Ernst der Lage anscheinend erfasst hatte, verhielt sich mucksmäuschenstill und so erreichten wir wenige Minuten später eine weitere kleine Lichtung, in deren Mitte eine gewaltige Eiche stand. Den Spuren nach zu urteilen, hatten die Menschen auch hier etwas länger verweilt.
„Das versteh ich nicht ... das versteh ich wirklich nicht! Warum haben sie hier schon wieder eine Rast gemacht?", fragte ich mich und lief vorsichtig umher, um keinen Hinweis zu zerstören. Das Gras um die Eiche herum war besonders plattgetreten. Und es waren zwei Vertiefungen vor dem Stamm, so als hätte dort etwas gelehnt.
Während ich noch über dieses Rätsel brütete, traf mich ein Tropfen von oben.
„Jetzt fängt es auch noch an zu regnen", murmelte ich verärgert und wischte mir die Nässe aus dem Gesicht. Etwa zu diesem Zeitpunkt hörte ich meine Gefährten aufkeuchen.
Verwirrt drehte ich mich um und sah zu ihnen. Bis auf Gilívor starrten alle fassungslos in den Baumwipfel. Gilívor deswegen nicht, weil er mittlerweile wieder tief und fest schlief.
Von diesem Anblick überrascht, wollte ich mir die Haare aus dem Gesicht streichen. Aber als ich die Hand zu meinem Gesicht führte, fiel mir etwas auf – an meinen Fingern war Blut!
Wie kam das dorthin? Ich hatte nur eine Erklärung. Das, was ich vorhin für Regen gehalten hatte, war in Wahrheit ein Blutstropfen gewesen. Von einer düsteren Vorahnung beschlichen, richtete ich mich auf und bewegte mich rückwärts von dem Baum weg, meinen Blick in die Wipfel gerichtet. Und gerade als ich in den Wipfeln etwas Genaueres erkennen konnte, wurde ich von einem Rauschen abgelenkt und Sekunden später flogen mehrer Fledermäuse über meinen Kopf hinweg und in den Baum hinein.
Was ich dann sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren!
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Na, was meint ihr? Ist das ein Cliffie? Eigentlich nicht, oder? Na kommt, rätselt mal, was Aragorn da gerade entdeckt hat.
Vorschau:
Die Haut des Wesens war vollkommen glatt und von einer tief violetten Farbe. Im mächtigen Kopf funkelten boshafte, rote Augen und der Unterarmdicke Schwanz peitschte wütend hin und her.
