Kapitel 13: Monster in der Dunkelheit
Lady-of-Gondor: Nein, wie kommst du bloß drauf? Warum sollte das denn Legolas' Blut sein, das da den Baum runtertropft? Hmm ... weil er weg ist, ich sadistisch bin und meine Leser so was lesen möchten? sfg Wie ich an der Stelle aufhören kann zu schreiben? Very simple! Einfach die Finger von der Tastatur nehmen! Ich weiß, ich bin fies!Hi Leute! Hat zwar lange gedauert, aber jetzt bin ich wieder da! Meine Beta hatte Urlaub und ohne Korrektur wollte ich dieses Kapitel nicht auf euch loslassen! Nun, ich hoffe ihr hattet schöne Ostern und viele bunte Eier ... oder auch den einen oder anderen Hasen? ;-)
Ach ja, die in diesem Kapitel vorkommende Lady Ithildae wurde mit freundlicher Genehmigung von Loca Inferna ausgeliehen! Die kleine Irre gehört also auch nicht mir! gg
dorlimaus: Du bist doch keine nervige Maus! Nur hartnäckig! gg 100 Seiten habe ich zwar wieder nicht geschafft, aber 22 sind doch auch ein ordentliches Ergebnis um Vergebung heischt Deine Theorie ist allerdings verdammt gut. Leggy baumelt also in zehn Meter Höhe ... hoffentlich haben die ihn nicht am Hals aufgehängt ... könnte Nachteile haben, was die Atmung angeht!
Miriel1: hust Na, besonders schnell war ich diesmal wieder nicht ... aber dafür kommt's von Herzen!
LocaInferna: Ithil ist heil angekommen und auch wenn die Dreharbeiten mit ihr äußerst stressig waren ... es hat Spaß gemacht! sfg Mir jedenfalls! Isch warte übrigens immer noch auf nette Bildchen, die ich verschandeln kann. Übrigens mit der Colo von Lady „Ich bin Leggys Zukünftige" wird es wohl noch etwas dauern. Mir fällt nicht ein, wie ich sie anziehen soll ... es war ein böser Fehler mir die angemalte Version zu schicken ... dat hat sich jetzt in meinem Dickschädel festgebissen! jaul
zitaboril: gacker Gib es zu! Du hast dich heimlich in Ionduaths zu Hause geschlichen!!!! Papa legt also den Postboten flach ... und die lieben Kleinen misshandeln das Familienhaustier. tolle Vorstellung ... aus den Kindern können ja wirklich nur sexgeile Auftragskiller werden
Das Legolas irgendwo rumhängt, hast du wirklich erstaunlich gut beobachtet! ;-))
Das mysteriöse Kleinkind hat übrigens noch mehr ausgeheckt um die grenzenlose Liebe des Kopfgeldjägers zu gewinnen! Und das „V" ... auch wenn „Verdammte Sch..." in dieser Situation doch äußerst angebracht und auch verlockend war ... du lagst leider daneben!
Bei Oropher war auch nicht das Blut verweichlicht, sondern das Hirn!
Fünf Rewus? Leute, das muss aber besser werden! ;-)))
Aus der Sicht von Aragorn
Mit Grauen verarbeitete ich das Bild, dass sich mir in ungefähr zehn Metern Höhe offenbarte. Dort hing die leblose Form des Elben, den wir seit dem Morgengrauen suchten. Legolas war geknebelt worden und an einigen der zahllosen Wunden taten sich schwarze Fledermäuse gütlich. Aber was mich im Moment am meisten schockierte, waren seine geschlossenen Augen und die Tatsache, dass er ... an den Baum ... genagelt worden war.
„Er wird mich umbringen", flüsterte Ionduath plötzlich hinter mir. Aber bevor ich mich zu ihm umdrehen konnte, rauschte ein schwarzer Schatten an mir vorbei und erklomm mit nahezu unnatürlicher Geschwindigkeit die Eiche bis er auf gleicher Höhe mit Legolas war. Viele der Fledermäuse hatten sich während seines Herannahens von dem Elben gelöst, aber eine befand sich noch immer an einer Bauchwunde und ließ sich auch davon nicht aus der Ruhe bringen, dass der Kopfgeldjäger mittlerweile nah genug war, um ihr ernsthaft gefährlich zu werden.
„Verflixtes Biest", fluchte Ionduath und griff nach der sich wehrenden Fledermaus und zerdrückte sie mit sehr unappetitlichen Geräuschen in seiner rechten Hand. Die Fledermaus gab noch einen gequälten, spitzen Aufschrei von sich und wurde dann von dem Kopfgeldjäger achtlos zur Seite geworfen.
Jetzt löste auch ich mich aus meiner Starre und kletterte ebenfalls in den Baum.
„Lebt er noch?", rief Sam dem Kopfgeldjäger zu.
„Weiß nicht", war die einsilbige Antwort.
Als ich bei dem Kopfgeldjäger angekommen war, entfernte dieser gerade seinen Handschuh, um nach dem Puls von Legolas zu tasten. Lange Zeit blieb er vollkommen still und ich befürchtete schon, dass der Elb tot war. Aber dann stieß der Kopfgeldjäger den Atem aus, den er bis dahin angehalten hatte.
„Er lebt noch", sagte er leise, „jetzt lasst uns zusehen, dass wir ihn hier herunterbekommen!"
Ich nickte und inspizierte die Nägel mit denen Legolas an dem Baum fixiert war, während Ionduath vorsichtig den Knebel entfernte und Legolas damit ein leichtes Stöhnen entlockte.
Legolas' Arme waren über seinen Kopf gezogen worden und daumendicke Nägel waren durch seine Handfläche und knapp unter dem Handgelenk hindurch geschlagen worden. Von den Wunden lief ein stetiges Blutrinnsal hinab und ich konnte sehen, dass sich die Wunde unter seinem Handgelenk bereits stark vergrößert hatte, was wahrscheinlich mit seinem Eigengewicht zusammenhing. Langsam kletterte ich ein Stück hinunter und sah mir den Schaden dort an. Auch hier war wieder ein dicker Nagel kurz über dem Gelenk in den Baum geschlagen worden.
„Glaubt ihr, dass ihr den Nagel herausziehen könnt?", fragte der Kopfgeldjäger ohne viel Hoffnung und sah zu mir herunter.
Ich starrte nachdenklich auf den rostigen, alten Nagel.
„Ich kann es versuchen ... aber versprechen kann ich nichts", antwortete ich unschlüssig.
Der Nagel sah nur ein winziges Stück aus dem Fleisch heraus. Ich konnte ihn also nicht vernünftig greifen.
„Wir haben nicht zufälligerweise eine Kneifzange in unserem Gepäck? Ich bekomme die Dinger nicht zu fassen!", rief ich nach unten.
„Tut mir Leid", Sam schüttelte seinen Kopf, „aber eine Kneifzange habe ich nicht dabei! Und dabei habe ich noch überlegt, ob wir nicht eine gebrauchen könnten."
„Schon gut, Sam! Es war auch nicht ernst gemeint! Gimli? Hast du irgendeine Idee?"
Der Zwerg schüttelte bedauernd den Kopf.
„Gandalf? Könntest du nicht etwas zaubern?"
„Ich könnte schon", erwiderte der alte Zauberer, „aber aus dieser Entfernung würde ich ihn nur noch mehr verletzen. Und ich kann den Baum nicht hinaufklettern!"
„Wie sollen wir ihm denn dann helfen?", rief ich ernüchtert.
„Haltet ihn fest!", ertönte plötzlich die Stimme des Kopfgeldjägers über mir.
„Wie bitte?", ich sah verwirrt zu ihm auf.
„Spreche ich so undeutlich?", fragte er ungeduldig. „Ihr sollt ihn festhalten."
Verwirrt kletterte ich wieder ein Stück hoch und versuchte Legolas so gut es ging, festzuhalten.
„Was ... was habt ihr vor?", fragte ich immer noch verwirrt.
„Seht und staunt ... so schnell werdet ihr das nämlich nicht noch mal zu Gesicht bekommen erwiderte Ionduath nur und hielt seine flache Hand über die Nägel, die aus Legolas' Füssen ragten. Erstaunt beobachtete ich, wie er seine Finger etwas bewegte und die Hand dann plötzlich mit einem Ruck wegzog. Zwischen zwei Lidschlägen wurde ich ungläubiger Zeuge davon, wie der Nagel sich ruckartig aus dem Fleisch löste und dann zu Boden fiel. Die gleiche Prozedur wiederholte er mit den zwei anderen Nägeln und bevor ich auch nur fragen konnte, fiel der Oberkörper von Legolas über meine Schulter und ich fing bedrohlich an zu schwanken.
„Gebt ihn mir und klettert dann hinunter", verlangte der Kopfgeldjäger ruhig und hob Legolas von meiner Schulter.
„Aber wie wollt ihr ...", fing ich an, wurde aber von ihm unterbrochen.
„Lasst das meine Sorge sein ... und jetzt runter hier!"
Widerstrebend gehorchte ich ihm und machte mich an den Abstieg. Unten angekommen, sah ich wieder hoch.
„Und jetzt?"
„WEG DA!", schrie der Kopfgeldjäger und sprang unter dem erschrockenen Aufschrei meiner Begleiter mit Legolas auf den Armen aus zehn Metern Höhe auf den Boden. Er landete katzengleich und ohne jeglichen Schaden auf dem Waldboden.
Wir anderen konnten ihn nur aus offenen Mündern anstarren.
„Wie habt ihr das gemacht?", verlangte Gimli zu wissen.
Der Kopfgeldjäger zog seine Augenbraue fragend hoch und bettete den verletzten Elben auf das trockene Laub.
„Wie habe ich was gemacht?"
„Das mit den Nägeln ... und gerade eben ... der Sprung!", stotterte Gimli zusammen.
„Ich denke, es hat erst mal Vorrang, dass wir einen sicheren Platz finden, wo wir Legolas verarzten können. Danach kann der Kopfgeldjäger uns Rede und Antwort stehen", knurrte Gandalf und ich musste ihm Recht geben.
Nachdem ich also Legolas' Wunden provisorisch verbunden hatte, machten wir uns auf dem Weg, um einen sicheren Ort zu finden. Diesen fanden wir bald in einer kleinen, versteckten Höhle. Dort untersuchte ich die Wunden vernünftig und verarztete sie. Neben den Wunden, die er durch die Nägel davongetragen hatte, litt er auch noch unter mehreren Fleischwunden, die versorgt werden mussten. Nach einer Stunde war ich mit der Behandlung – während der Legolas nicht einmal das Bewusstsein erlangt hatte – fertig und lehnte mich in der Nähe meines elbischen Freundes an die Felswand. Jetzt blickten alle gebannt auf den Kopfgeldjäger, der an eine Wand gelehnt dasaß und mit Gilívor sprach.
„So! Ich bitte um Erklärung!", fing Gandalf an den Kopfgeldjäger gewandt an.
„Um was für eine Erklärung?", fragte dieser nonchalant und blickte den Istari halbherzig an.
„Die Sache mit den Nägeln, wie konntet ihr sie entfernen ohne sie auch nur zu berühren?"
„Ach das", antwortete Ionduath gedehnt und lehnte sich lächelnd zurück, „habe ich von meiner väterlichen Seite ..."
„Dann war euer Vater ein Istari? Wer? Vielleicht habe ich ihn gekannt?", fragte Gandalf ungläubig.
„Ähm ... nein! Mein Vater war weder ein Istari noch habt ihr ihn gekannt", antwortete Ionduath und streckte jetzt seine Beine aus, „und das mit dem Sprung ... ich bin als Kind halt gern geklettert! Und jetzt lasst mich in Frieden!"
Ich erkannte an Gandalfs Gesichtsausdruck, dass er den Kopfgeldjäger gerne noch weiter ausgefragt hätte, aber gerade diesen Moment hatte Legolas sich anscheinend ausgesucht, um aufzuwachen.
Zuerst hörten wir nur ein leises, aber dennoch schmerzerfülltes Stöhnen. Als wir daraufhin alle zu dem Elben blickten, warf dieser seinen Kopf auf die Seite und stieß einen äußerst farbenfrohen Fluch in fließendem Quenya aus.
„Legolas", Gimli stürmte an die Seite seines Freundes, „geht es dir gut?"
Einen Moment herrschte Ruhe und dann wehte die ironische Stimme des Kopfgeldjägers zu uns hinüber.
„Resümieren wir mal! Er ist von einer Bande Menschen zusammengeschlagen worden, die haben ihn wie ein Insekt an einen Baum gespießt und nebenbei noch dafür gesorgt, dass bestimmte geflügelte Waldbewohner ihn für ihr zweites Frühstück halten. Bitte Prinzlein, verbessert mich, wenn ich mich irre ... aber ich habe allen Grund zu der Annahme, dass es euch nicht gut geht!"
„Es geht mir auf jeden Fall besser als noch vor wenigen Stunden", antwortete er schwach und schloss schläfrig die Augen, „aber ihr hättet ruhig etwas eher kommen können!"
Ich lächelte angesichts dieses halbherzigen Vorwurfs. Das war ganz der Legolas, den ich kannte.
„Hast du Schmerzen?", fragte ich leise, während ich eine Paste aus Kräutern herstellte, die auf die Wunden aufgetragen werden musste.
„Ein wenig ... na ja ... um ehrlich zu sein, fühlen sich meine Hände und Füße an, als würde irgendjemand andauernd eine heiße Nadel hineinstechen und wieder hinausziehen. Außerdem ist mir gleichzeitig heiß und kalt ...", antwortete er mit verzogenem Gesicht und ich nickte verstehend.
„Willst du ein Schmerzmittel haben?"
„Nein ... das wird nicht nötig sein! Ich bin sicher, dass wird schnell verheilen ... hoffe ich jedenfalls ..."
„Glücklicherweise ist nichts Wichtiges verletzt worden ... in ein paar Wochen, wirst du davon nichts mehr spüren ... allerdings musst du bis dahin deine Hände und Füße ruhig halten."
„Ruhig halten", wiederholte er stirnrunzelnd, „wie soll ich denn dann durch den Wald kommen?"
„Auf deinem Pferd und zur Not wirst du getragen!"
„Getragen?", wiederholte er wieder und ich konnte an seinem Gesicht genau erkennen wie wenig er von dieser Aussicht hielt. Aufgrund seines Gesichtsausdruckes fingen wir alle an herzhaft zu lachen und waren insgeheim froh, dass dieser Horror doch noch so ... glimpflich abgelaufen war.
Einstimmig wurde beschlossen, dass wir diese Nacht in der Höhle verbringen wollten und erst am nächsten Morgen weiter zu den Waldelben laufen würden. Legolas schien darüber wenig glücklich zu sein, dass er eine Grimasse zog, als er sich unbeobachtet glaubte. Überhaupt war mir aufgefallen, dass er, je näher wir seiner Heimat kamen, immer ruhiger und nachdenklicher wurde. Aber vielleicht war das einfach nur eine Einbildung.
Später am Abend aus der Sicht einer dritten Person
Die Gefährten hatten sich vor dem Schlafengehen darauf geeinigt eine Wache aufzustellen. Die erste Wache war an Gimli gefallen und er weckte gerade den Kopfgeldjäger auf, da dieser die nächste Wache hatte. Ionduath reckte sich etwas und deckte dann den Jungen, der neben ihm lag vernünftig zu bevor er aufstand und die Höhle verließ, um die Umgebung zu beobachten.
Der Düsterwald machte seinem Namen heute wieder alle Ehre, denn es war wirklich stockfinster unter dem Blätterdach. Die einzige Abwechslung waren die Geräusche der Waldbewohner. Man konnte das Flügelschlagen der Fledermäuse hören, die auf Nahrungssuche waren und wenn man die Ohren eines Elben hatte, konnte man hin und wieder eine große Spinne hören, die sich einen Weg durch den Wald bahnte, sowie das lärmende Gejohle der Menschen, die sich über ihren gelungenen Fang von gestern ausließen. Aber all dies geschah in sicherer Entfernung von dem Lager der Gefährten.
Ionduath hatte sich etwas von der Höhle entfernt und war nach kurzer Zeit vollkommen von der Dunkelheit verschluckt worden.
Zweihundert Meter von der Höhle entfernt, bewegte sich jetzt ein geschmeidiger, schwarzer Schatten zwischen den Bäumen hindurch. Der schwarze Schatten gehörte zu einer ausgewachsenen Raubkatze. Einem riesigen schwarzen Panther. Das Tier war um einiges größer als seine Artgenossen, bewegte sich aber nicht mit weniger Grazie durch den Wald, als seine kleineren Verwandten. Die majestätische Raubkatze folgte unermüdlich einer Fährte, die eine große Gruppe von Menschen am Nachmittag hier hinterlassen hatte.
Seine gelben Augen glühten in der Dunkelheit und fingen gefährlich an zu glitzern, als es nach einer halben Stunde das Lager der Menschen erreichte. Alle Sinne auf seine Beute gerichtet, umrundete das schöne Tier das Lager der Menschen und beobachtete sie genau. Es wartete auf den perfekten Zeitpunkt zum Zuschlagen.
Die Menschen innerhalb des Lagers ahnten nichts von der Gefahr, in der sie sich befanden. Und selbst wenn, wären sie wohl optimistisch gewesen, denn immerhin waren sie 18 schwerbewaffnete und kampferprobte Männer und dort im Dickicht lauerte nur eine gewöhnliche Raubkatze. Diese hatte sich mittlerweile an einem übersichtlichen Platz auf die Lauer gelegt. Sie würde nicht sofort zuschlagen ... zuerst würde sie ihre Beute noch ein wenig beobachten.
Einer der Männer – offensichtlich der Anführer – schlug sich plötzlich grölend auf die Schenkel.
„Und sein Gesichtsausdruck", er wischte sich Lachtränen aus dem Gesicht, „als er merkte, was wir vorhatten ... der war einfach göttlich!"
„Ja", ein anderer stimmte grölend mit ein, „und er hat sich trotzdem noch gewehrt ... sogar als wir schon den Nagel durch seine Handfläche geschlagen hatten!"
Der flackernde Schein des Feuers spiegelte sich in den gelben Augen der Raubkatze wieder, als sie den Erzählungen der Menschen lauschte.
„Ich wünschte wirklich wir hätten zusehen können, wir der langsam krepiert ...", stimmte der Anführer wieder mit ein, „aber wir hatten ja leider was Anderes zu tun!"
„Aber ich bin mir sicher, die Gesichter der anderen Elben werden auch unbezahlbar sein, wenn sie ihren Landsmann finden! Zu schade, dass wir das nicht sehen werden!"
„Ja, wirklich zu schade", murmelte der Anführer und zog genüsslich an seiner Pfeife. Dann nahm er sich seinen Becher und stand auf. In der Nähe stand ein Weinfass, dass sie zur Feier des Tages geöffnet hatten und aus dem sich der Anführer jetzt einen Schluck genehmigen wollte. Er würde das Fass aber nie erreichen. Denn er stand noch gar nicht richtig auf seinen Beinen, als ein Schatten mit ungeheurer Geschwindigkeit aus dem Gebüsch gesprungen kam und den Mann zu Boden riss. Bevor überhaupt jemand auch nur registrierte, was gerade im Lager geschah, senkte die Raubkatze mit einem gewaltigen Brüllen ihre mächtigen Reißzähne in die Kehle des Mannes und setzte seinem Leben ein Ende.
Ohne Zeit zu verschwenden, wendete sie sich mit einem gewaltigen Satz dem nächsten Menschen in seiner Nähe zu und tötete auch diesen. Insgesamt tötete der Panther vier der Menschen bevor ihre Gefährten überhaupt an Gegenwehr dachten.
Die Raubkatze wollte gerade die Kehle der fünften Person zerfleischen, als ein Mann nach seiner Armbrust griff und auf den Angreifer zielte. Die Raubkatze hob in dem Moment den Kopf, als der Mann abdrückte und war mit einem einzigen Satz in der Dunkelheit verschwunden. Der Pfeil traf das letzte Opfer der Katze genau zwischen den Augen und der junge Mann sackte leblos zurück auf den Boden, auf seinem Gesicht die Furcht und Überraschung deutlich ablesbar.
Ängstlich und argwöhnisch griffen die Männer nach ihren Waffen und stellten sich Rücken an Rücken in einem Kreis auf, um das umliegenden Gebüsch zu beobachten. Jedes noch so kleine Rauschen ließ den Männern kalte Schauer über den Rücken laufen und sie nahmen ihre Blicke nicht eine einzige Sekunde von ihrer Umgebung.
„Was zum Teufel, war das?", hörte man einen Mann flüstern.
„Keine Ahnung ... sah aber aus wie ein Panther ... nur ... viel größer ..."
Ein Schrei ließ die Beiden herumfahren. Die Raubkatze war aus dem Dickicht gesprungen und zerrte nun einen schreienden und um sich tretenden Mann in die Dunkelheit. Seine Schreie waren weithin zu hören, aber keiner der Männer traute sich dem unglücklichen Gefährten beizustehen ... sie waren alle wie versteinert. Nach schier einer Unendlichkeit versiegten die gequälten Schreie des Opfers und nicht wenige der Verbliebenen stießen den angehaltenen Atem aus.
Die Männer verdoppelten jetzt ihre Bemühungen die nächste Aktion ihres Feindes vorherzusehen, aber alle Versuche waren nutzlos, denn diesmal griff die blutrünstige Bestie von oben an. Sie ließ sich von einem überhängenden Ast genau in die Mitte der Männer fallen und tötete in wenigen Augenblicken über die Hälfte von ihnen. In blinder Panik suchten jetzt die Übriggebliebenen ihr Heil in der Flucht. Aber sie kamen nicht weit. Vier von ihnen stürzten eine tiefe Schlucht hinunter und weitere drei begegneten den gefürchteten Spinnen des Düsterwaldes. Der letzte der Gruppe wurde von der Raubkatze zu Tode gehetzt.
Als die Katze spürte, dass keiner mehr am Leben war, kehrte sie zurück in die Dunkelheit, aus der sie kam.
Nach über einer halben Stunde war das panische und von Schmerz gezeichnete Geschrei, das durch den Wald hallte endlich versiegt und die Bewohner des Düsterwaldes gingen wieder ihren allnächtlichen Tätigkeiten nach. Wobei sich einige der Spinnen jetzt über rar gewordenes frisches Menschenfleisch freuen konnten.
Nach einer weiteren Viertelstunde löste sich in der Nähe einer Höhle die Gestalt des Kopfgeldjägers aus der Dunkelheit. Langsam lief er zurück zu dem Lagerplatz seiner Gefährten, um Aragorn zu wecken, der die nächste Wache hatte. Ionduath beobachtete Aragorn bis dieser aus Sicht- und Hörweite verschwunden war und lief dann leise zu Legolas hinüber.
„Armer Kleiner", murmelte er leise und zog die Decke des Prinzen etwas höher. Der Kopfgeldjäger strich dem verletzten Elben einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und ließ seine Hand anschließend über den schmalen Körper gleiten. An seinem Handgelenk angekommen, verharrte er einen Augenblick und schloss dann die Augen. Sekunden später wurde die Höhle von einem warmen Licht erfüllt, das aber sofort wieder erlosch. Einen Moment beobachtete Ionduath noch wie Legolas sich genüsslich seufzend tiefer in seine Decken kuschelte, dann lief er zu seinem Schlafplatz zurück, wo er schon freudestrahlend erwartet wurde.
Lächelnd nahm er das kleine Baby hoch und drückte einen Kuss auf den weichen Haarflaum.
„Weißt du, mein Süßer ... du erinnerst mich an jemanden, den ich sehr gut kenne ... war genau so niedlich wie du!"
Als hätte das Baby jedes Wort verstanden, gluckste es fröhlich und drückte dem Kopfgeldjäger seine Hand gegen die Lippen. Ionduath hauchte einen Kuss auf die kleinen Finger, was das Baby dazu bewog wieder einige brabbelnde Geräusche von sich zu geben.
„Dein Vater kann sich wirklich glücklich schätzen ... bist ein richtiges Prachtexemplar", schmunzelte der Kopfgeldjäger als das Baby sein Gesicht seufzend in die Halsbeuge von ihm drückte.
„Ein alter Mann wie ich, wird in deiner Gegenwart richtig sentimental", murmelte Ionduath voller Selbstironie, als er das Baby leise auf seinem Hemdkragen schmatzen hörte und beobachtete wie sich die kleine Hand immer wieder um einen seiner Hemdknöpfe schloss und dann wieder öffnete.
Er entfernte Gilívor vorsichtig von seinem Hemd und setzte ihn vor sich auf den Höhlenboden. In den letzten Tagen hatte er erste Krabbelversuche gestartet, wann immer er auch nur für den kleinsten Moment aus den Augen gelassen wurde.
Gilívor sah seinen Aufpasser nur aus großen blauen Augen offenkundig verwirrt an und streckte seine kleinen Ärmchen zu ihm hin. Der Höhlenboden war kalt und hart, da änderte auch die Decke nichts, die der Kopfgeldjäger für die größere Bequemlichkeit des Kindes ausgebreitet hatte. Für Gilívor stand fest, dass es auf dem Schoß des Kopfgeldjägers viel gemütlicher und wärmer war, aber der machte keine Anstalten ihn wieder auf den Arm zu nehmen. Egal wie traurig er kuckte Ionduath nahm ihn nicht wieder hoch. Die Augen des Kindes wurden langsam verdächtig feucht, aber gleichzeitig bildete sich auch ein Zug um seinen Mund, der dem Kopfgeldjäger von irgendwoher bekannt vorkam. Das Baby hatte unterdessen einen Entschluss gefasst und ließ sich auf die Hände fallen. Mühsam und langsam bewegte es sich auf den Kopfgeldjäger zu. Hin und wieder rutschte er zwar aus und lag platt auf dem Boden, aber er rappelte sich immer wieder hoch und erreichte schlussendlich sein Ziel – den sitzenden Kopfgeldjäger. Der nahm ihn auch sofort wieder auf die Arme und hob ihn über seinen Kopf.
„Du bist ja eine richtige Kämpfernatur ... eine niedliche!"
Das Baby sah strahlend zu dem älteren Mann runter und gähnte. Krabbeln war anstrengend!
„Niedlich oder nicht ... du musst jetzt schlafen", murmelte Ionduath als das Baby wieder herzhaft anfing zu gähnen.
Gilívor wurde wieder in seine Decken gepackt und von dem Kopfgeldjäger im Arm gehalten.
Aus der Sicht von Aragorn
Der Morgen dämmerte bereits, als ich von Gandalf geweckt wurde, der die letzte Wache übernommen hatte.
„Ich denke, wir sollten schnell aufbrechen!", flüsterte ich dem Istari zu. „Dieser Wald macht mir Sorgen!"
„Ich verstehe deine Sorge", flüsterte Gandalf zurück, „auch ich spüre eine merkwürdige Kraft in diesem Wald."
„Du hast Recht, deswegen müssen wir unbedingt so schnell wie möglich den Palast erreichen!"
„Wie geht es dir jetzt?", fragte ich Legolas, nachdem ich mein Pferd neben das seine geführt hatte.
„Erstaunlich gut ... ich habe zwar noch Schmerzen ... aber sie sind nicht so stark wie gestern. Ich werde es also überleben."
„Stur wie eh und je", antwortete ich kopfschüttelnd, „ich glaube, du würdest es mir nicht einmal sagen, wenn deine Füße abfallen würden."
„Wenn es uns verlangsamen würde nicht", erwiderte der Elb und raffte sich zu einem gemeinen Grinsen auf.
Bevor ich etwas erwidern konnte, hörte ich Gandalf, der unsere Gruppe jetzt führte, laut aufkeuchen.
„Bei den Valar ... welches Monster ..."
Neugierig lenkte ich mein Pferd näher zu Gandalf und sah jetzt auch was den alten Istari so aus der Fassung gebracht hatte.
Vor uns lag eine kleine Lichtung, auf der am Vorabend anscheinend einige Menschen ihr Lager aufgeschlagen hatten. Jetzt lagen über die Lichtung über ein Dutzend übel zugerichtete Leichen verstreut. Fassungslos stieg ich ab und betrachtete eine Leiche genauer.
„Den Verletzungen nach zu urteilen, war es eine Raubkatze ... eine sehr große Raubkatze."
„Das ist seltsam", flüsterte Legolas, „in diesem Wald gibt es eigentlich keine Raubkatzen ..."
Der blonde Elb ließ seinen Blick über die anderen Toten gleiten und stockte plötzlich.
„Das ... das sind einige von den Menschen, die mich gefangen haben!"
„So? Wirklich?", Ionduath hatte Gilívor in die Obhut der Hobbits gegeben, die etwas abseits standen.
„Dann ist es nicht besonders schade um sie", stellte der Kopfgeldjäger ungerührt fest und stieß eine der Leichen mit der Fußspitze an.
Ich blickte Ionduath fassungslos an.
„Das könnt ihr doch nicht ernst meinen!", sagte ich und erntete einen ungerührten Blick des Kopfgeldjägers.
„Doch! Das war mein voller Ernst! Aber vielleicht habt ihr es ja lieber, wenn diese Strolche weiterhin den Düsterwald unsicher machen und Reisende ... oder Elben überfallen", sagte er schulterzuckend und drehte sich von den Toten weg, „mir soll es gleich sein!"
Ionduath nahm Gilívor von den Hobbits in Empfang und setzte sich wieder auf sein Pferd.
„Ihr wollt doch jetzt wohl nicht so weiterreiten!", fuhr Gandalf den Kopfgeldjäger entrüstet an.
„Doch! Genau das hatte ich vor!", war die genervte Antwort.
„Aber diese Menschen müssen beerdigt werden!"
„Jetzt hört mir mal gut zu, denn ich werde mich nicht wiederholen", zischte Ionduath, „wir haben nicht genügend Zeit, um diese ... Menschen zu beerdigen! Außerdem wird der Geruch schon sehr bald einige ungebetene Gäste anlocken ... es wundert mich ohnehin, dass die Leichen noch nicht angenagt wurden. Und wenn wir hier bleiben, dann kann es sein, dass wir der Nachtisch werden!"
Ärgerlich blickte ich mich um. Der Kopfgeldjäger hatte recht ... leider.
„Er hat recht", sagte ich zu Gandalf, „lasst uns weiterreiten!"
Ich hörte ein erleichtertes Aufatmen von den Hobbits und ging wieder zu meinem Pferd, um aufzusitzen.
„Vielleicht ist es auch besser so", murmelte ich leise zu mir selbst, „wer weiß, ob das Tier, das die Menschen getötet hat, noch irgendwo in der Nähe ist."
Hinter mir hörte ich ein dunkles Knurren. Ich drehte mich um und sah wie der Kopfgeldjäger finster in die Büsche starrte und etwas murmelte, das sich anhörte wie: „Ihr ahnt ja gar nicht, wie nah!"
Ich runzelte meine Stirn über diese Bemerkung. Was meinte der Kopfgeldjäger? Aber ich hatte keine Zeit mir weiterhin über diese Bemerkung Gedanken zu machen, da sich mittlerweile alle wieder in Bewegung gesetzt hatten und ich ihnen folgen musste.
Am späten Nachmittag setzte Legolas uns davon in Kenntnis, dass wir vor mehreren Stunden die Grenzen zum Elbenreich passiert hatten und es jetzt höchstens noch einen Tag dauern würde, bis wir den Palast erreichten.
Aufgrund dieser Information und der Tatsache, dass Legolas mittlerweile weiß wie eine gekalkte Wand war, entschied ich bereits jetzt unser Nachtlager aufzuschlagen. Wir fanden auch bald eine geeignete Stelle und errichteten unser Lager. Danach widmete ich mich Legolas Verletzungen.
Sehr zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, das die Wunden bereits äußerst gut verheilt waren. Sie waren zwar noch sichtbar, aber die Heilung schritt schneller vonstatten als ich angenommen hatte.
„Das ist merkwürdig ... äußerst merkwürdig ... selbst bei einem Elben dürfte das nicht so schnell verheilen."
„Was meinst du woran es liegt?", fragte Legolas neugierig.
„Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung ...", murmelte ich wahrheitsgemäß.
„Menschen", kicherte er, „haben von nichts eine Ahnung!"
Mit einem Knurren erneuerte ich die Verbände und strich eine Paste aus Kräutern auf die Verletzungen.
Danach blickte ich mich forschend in unserem Lager um. Die Hobbits saßen mit Gandalf um ein kleines Lagerfeuer herum und unterhielten sich angeregt. Gimli saß in der Nähe von Legolas und mir. Und der Kopfgeldjäger war damit beschäftigt den maulenden Gilívor zu einem kleinen Schläfchen zu überreden – mit mäßigem Erfolg. Ich konnte den Kopfgeldjäger stöhnen hören und sah, wie er sich mit zwei Fingern an die Nasenwurzel griff und die Augen fest zusammenkniff. Das Kind schien an seinen Nerven zu zehren. Trotzdem deckte er den Jungen vernünftig zu und kam dann, nach einem letzten Blick auf das Kind, zu Legolas und mir gelaufen.
„Nun ... wie geht's dem lädierten Elb?", fragte er interessiert.
„Dem lädierten Elb geht es viel zu gut", antwortete ich verärgert und mit einem bösen Blick zu Legolas, der den Anstand hatte zu erröten.
„Viel zu gut", echote Ionduath, „das ist aber gar nicht gut! Nachher bringt euch unser leicht erregbarer Waldläufer noch um! Und Prinzlein ... ihr habt doch wohl nicht vor ins Gras zu beißen, bevor ich mir meine Bezahlung holen kann, oder?"
Die Augen des Kopfgeldjägers glitzerten hinterhältig.
„Ich bin mir sicher", stieß Legolas verärgert aus, „dass Aragorn euch sehr gut bezahlen wird ... auch ohne meine Hilfe!"
Der Kopfgeldjäger musterte mich eingehend und sagte dann zu Legolas: „Danke nein! Nur wenn er sich vorher wäscht!"
„Sagt mal ... wovon redet ihr?", fragte ich ihn forschend.
„Nichts Wichtiges", entfuhr es Legolas bevor er sich wieder schwer atmend gegen einen Baum lehnte.
Besorgt beobachtete ich den Elben. Egal wie schnell die Wunden verheilten, sie waren noch immer schmerzhaft und Legolas noch sehr geschwächt. Unter anderem auch von dem hohen Blutverlust.
„Vielleicht sollten wir ja doch weiterreiten ...", überlegte ich laut, „ ... es kann ja sein, dass wir einer Grenzpatroullie begegnen ..."
„Hmm", machte Ionduath, „ihr seid der Anführer ... ihr entscheidet ... wir folgen einfach nur! Geht irgendetwas schief, ist es also euer Fehler!"
„Höchst ermutigend!", knurrte ich den Kopfgeldjäger an und widmete mich wieder meinem Patienten. Der schwarze Mann drehte sich um und war im Begriff wieder zu Gilìvor zurückzulaufen, hielt aber mitten in der Bewegung inne und kratzte sich am Kopf.
„Ähm ... korrigiert mich, wenn ich mich irre ... aber lag da nicht gerade noch ein Baby?", fragte er in die Runde und starrte auf das verwaiste Nachtlager.
„Sieht so aus ... als hätte er entschieden einen kleinen Spaziergang zu machen!", wagte Sam zu sagen, während der Kopfgeldjäger nach seinem Schwert griff.
„Was ihr nicht sagt!", erwiderte Ionduath mit eindeutigem Sarkasmus und strich sich über den Kopf. „Ich glaub das einfach nicht! Wollt ihr mir etwa erzählen, dass niemand von euch gemerkt hat, wie ein kleines Baby ins Unterholz gekrabbelt ist?"
„Äh ... nein!", erwiderten Merry und Pippin im Chor, während Gandalf und Gimli nur mit dem Kopf schüttelten.
„Oh ...", der Kopfgeldjäger schlug sich wütend gegen die Stirn, „möge Eru verhindern, dass ihr jemals mit Kindern gesegnet werdet!"
Mit diesen Worten verschwand er in den dunklen Wald.
Ich verschwendete keinen weiteren Gedanken an Ionduath und den Jungen, da der Kopfgeldjäger sich im Falle eines Falles wohl zu helfen wusste und Gilívor ... wie mein Begleiter schon so passend gesagt hatte ... der Junge würde nicht weit kommen. Schließlich hatte er gerade erst das Krabbeln gelernt.
Und so widmeten wir uns wieder unseren Beschäftigungen. Aber nach zehn Minuten wurde die trügerische Stille jäh getrübt.
Aus der Richtung, in die der Kopfgeldjäger verschwunden war, ertönte plötzlich lautes Geschrei. Legolas setzte sich ruckartig auf und blickte gehetzt in den Wald.
„Das war Gilívor! Die Spinnen müssen ihn gefunden haben!"
Ohne eine Sekunde zu zögern griff ich mir mein Schwert und wollte ebenfalls in den Wald laufen, aber dieser Plan wurde im Keim erstickt. Ich hätte die Bäume noch nicht ganz erreicht, als sich aus selbigen etwas auf den Boden fallen ließ.
Aber zum wundern blieb mir nicht viel Zeit, denn dieses Etwas begann damit mich mit gezücktem Schwert anzugreifen. An den Geräuschen um mich herum erkannte ich, dass ich nicht der Einzige war, der angegriffen wurde.
Wie aus dem Nichts tauchten aus den umliegenden Bäumen ungefähr zwanzig Menschen auf, die ohne zu zögern mit ihren Schwertern auf uns einschlugen.
Zwar wehrten wir uns nach Kräften, doch die Angreifer waren uns zahlenmäßig weit überlegen und erkannten zu allem Überfluss noch in Sekundenschnelle unsere Schwachstellen – die Hobbits und Legolas. Letzterer lehnte mehr schlecht als recht an einem Baum und versuchte sich der Männer zu erwehren, die jetzt auf ihn einstürmten. Er hatte jedoch keine Chance. Der ungleiche Kampf war praktisch zu Ende, bevor er überhaupt begonnen hatte und Legolas blieb nichts anderes übrig, als sich zähneknirschend zu ergeben.
„Wenn ihr nicht wollt, dass wir dem Elben die Kehle durchschneiden, legt eure Waffen nieder", schrie der Größte über die Lichtung. An seinem Akzent erkannte ich, dass er ein Südländer war.
Ohne eine andere Wahl zu haben, legten wir unsere Waffen nieder und wurden von den anderen Männern gefesselt.
Zum Schluss überzeugte sich der Südländer persönlich, dass wir uns nicht befreien konnten. Als er meine Fesseln überprüfte, beschloss ich ihn zu fragen, was er von uns wollte. Denn diese Männer waren weder Kopfgeldjäger, noch trugen sie ein Amulett oder eine blaue Kutte.
„Was wollt ihr von uns? Wir sind nur einfach Reisende!"
Der Südländer blickte mich für einen Moment hämisch an.
„Was wir von euch wollen? Der fragt tatsächlich was wir von ihm wollen!"
Seine Leute fingen wie auf Kommando an zu grölen.
„Das ist ja ein lustiges Völkchen", knurrte Gimli leise, „ich hoffe nur, dass Gilívor und der verfluchten Fledermaus nichts geschehen ist!"
„Aber ...", der Südländer beugte sich plötzlich zu mir herunter, „ich will euch ja nicht in Dummheit sterben lassen! Ihr seid unseren Herrn ein Dorn im Auge! Und diesen Dorn sollen wir beseitigen! Was wir dann mit euch machen, ist unsere Sache! Ich denke, für den Elben werden wir auf dem Sklavenmarkt in Caras Morn ein hübsches Sümmchen kassieren! Für den Zwerg vielleicht auch ... sind immerhin gute Arbeitskräfte ... der Rest von euch ...", er zuckte gleichgültig mit den Schultern, „den brauchen wir nicht! Wahrscheinlich werden wir euch ein wenig foltern, befragen, foltern, foltern ... und dann ... langsam verrecken lassen!"
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich wie die Hobbits ängstliche Blicke austauschten und versuchte einen Ausweg aus dieser Misere zu finden. Aber mir fiel beim besten Willen keiner ein. Meine Gedanken wurden unterbrochen als der Südländer plötzlich wieder anfing zu schreien.
„Schafft sie auf die Pferde! Und dann nichts wie weg hier!", fügte er mit einem misstrauischen Blick in den Wald hinzu.
Unsere Angreifer hoben uns äußerst unsanft auf die Pferde und sorgten mit einigen Stricken dafür, dass wir nicht flüchten konnten.
Herr! Ein Pferd ist noch übrig", rief einer der Männer dem Südländer zu, worauf dieser sich umdrehte und mit glänzenden Augen den schwarzen Hengst des Kopfgeldjägers zu begutachten, der im Schatten der Bäume stand.
„Was für ein herrliches Tier ...", flüsterte er beinahe ehrfürchtig und näherte sich dem Tier langsam. Aber der Hengst war überhaupt nicht davon begeistert, dass sich ihm ein anderer als sein Herr nähern wollte. Je näher der Südländer kam, desto unruhiger wurde Lachmorn. Das Tier legte die Ohren an und tänzelte unruhig hin und her. Gerade als der Südländer den Hengst an den Nüstern streicheln wollte, stieg er vorne hoch und stob davon. Fassungslos sahen die Männer der Staubwolke hinterher, die von dem sich entfernenden Hengst verursacht wurde.
„Verdammt", der Südländer stampfte wütend mit dem Fuß auf den Boden, „um dieses Tier hätten mich sogar unsere Herren beneidet."
Wütend über den Verlust des Hengstes, lief der Südländer zu seinem eigenen Pferd. Einem kleinen, stämmigen, mausgrauen Hengst, der eher an einen Esel als an ein richtiges Pferd erinnerte. Kein Wunder, dass er das Pferd des Kopfgeldjägers haben wollte.
Während der Südländer weiterhin in seiner rauen Sprache fluchte, setzten sich die Pferde langsam in Bewegung. Legolas ritt vor mir und ich konnte erkennen, dass er sich nur mühsam im Sattel aufrecht halten konnte. Rechts und links neben ihm ritten zwei unserer Angreifer genauso wie neben mir.
Eine halbe Stunde ritten wir langsam auf dem schmalen Weg weiter, bis sich meiner das Gefühl bemächtigte, dass wir beobachtet wurden. Auch unseren Fängern schien der Wald zunehmend unangenehm zu werden, denn einer nach dem anderen schickte misstrauische Blicke in die umliegenden Bäume.
Einer der Männer wollte gerade sein Unbehagen äußern, als sich ein melodisches Sirren aus den Bäumen erhob und der erste Mann mit einem Pfeil zwischen den Augen vom Pferd sank. Die anderen Männer hatten nicht einmal die Zeit ihre eigenen Pfeile abzuschießen, so schnell wurden sie niedergeschossen.
Kaum lag der letzte Mann tot am Boden hüpfte eine schlanke, langhaarige Gestalt aus den Bäumen, ihm folgten sechs weitere.
Ich konnte derweil mein Glück kaum fassen. Wir waren auf eine Gruppe von Thranduils Wächtern getroffen.
Der ranghöchste Elb lief schnurstracks auf Legolas zu und murmelte dabei etwas, das sich anhörte wie: „Wie dämlich muss man sein, um den Prinzen des Düsterwaldes praktisch vor seiner Haustür entführen zu wollen!"
„Doronlas, es freut mich wirklich dich zu sehen", begrüßte Legolas den Elben lächelnd.
„Das kann ich mir vorstellen, Hoheit", antwortete Doronlas und löste die Fesseln seines Prinzen. Dabei fiel sein Blick auf die verbundenen Hände von Legolas.
„Was ist geschehen?", Doronlas blickte Legolas' ins Gesicht und ihm fiel natürlich sofort die ungewohnte Hautfarbe des Elben auf, „ihr seht aus, als würdet ihr mit einem Bein in Mandos' Hallen stehen!"
„Ganz so schlimm wird es wohl nicht sein ...", antwortete Legolas mit einem müden Lächeln, „aber könntet ihr meine Gefährten wohl bitte auch befreien!"
„Sicherlich", antwortete Doronlas und bedeutete seinen Männern unsere Fesseln durchzuschneiden.
„Und dann gibt es noch was, Doronlas", begann Legolas und rutschte auf dem Rücken seines Pferdes hin und her, „zwei unserer Gefährten sind noch irgendwo im Wald und wir befürchten, dass sie Hilfe brauchen."
Doronlas nickte verstehend.
„Wer sind sie und wo werden wir sie ungefähr finden?", fragte er nur.
„Ein erwachsener Mann ... ziemlich groß und ganz in schwarz gekleidet und ein wenige Monate altes Elbenbaby", Legolas pausierte einmal kurz, um Luft zu holen, „sie sind an unserem Lagerplatz in den Wald gelaufen ... Richtung Westen!"
Das Gesicht des Elben verdunkelte sich.
„Hoheit ... es tut mir Leid euch das sagen zu müssen ... aber dann ist alle Hoffnung vergebens. Sie sind wahrscheinlich längst tot!"
„Was", schrie Sam plötzlich, „aber wieso?"
Der Elb blickte Sam traurig an.
„In letzter Zeit vermehren sich die Spinnen wieder wie nie zuvor ... und sie werden größer und mutiger als ihre Ahnen. Sie wagen sich immer näher an die Straßen und an den Palast. In der Richtung, die ihr uns beschrieben habt, liegt eines ihrer größeren Nester!"
„Und Ionduath hatte nur sein Schwert dabei ...", flüsterte Sam tonlos.
Doronlas gab uns einige Minuten, um das eben Gesagte zu verarbeiten und drängte dann zum Aufbruch.
„Wir sollten nicht länger an diesem Ort verweilen. Die Spinnen werden uns und die Leichen bestimmt bald gewittert haben."
Doronlas führte unsere kleine Gruppe langsam an und unterhielt sich nebenbei leise mit Legolas. Nach gut einer halben Stunde erreichten wir den Palast. Legolas wurde von einigen anderen Elben sofort zu den Heilern gebracht, während wir anderen unsere Pferde versorgten. Vorher geschah aber noch etwas äußerst Befremdliches. Aus dem Palast kam eine junge Elbenfrau mit zu Zöpfen gebundenen, blonden Haaren und einem roten Kleid gerannt. In ihrer rechten Hand hielt sie einen langen Dolch und mit der linken strich sie sich eilig ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Prinz Legolas? Geht es euch gut?", schrie sie über den gesamten Platz und ich bemerkte wie einige der anwesenden Elben ihren Prinzen mitleidig anlächelten. Dieser verzog entgeistert das Gesicht und keuchte: „Lady Ithildae!"
„Mein Prinz ... lasst euch helfen ... oh ... welche niedere Kreatur hat euch das angetan? Wenn ich den erwische, bringe ich ihn eigenhändig um", das alles sprudelte in atemberaubender Geschwindigkeit aus ihr heraus, während sie Legolas besorgt und schockiert begutachtete. Gerade riss sie ihn aus den Armen der Wachen, die ihn aufrecht hielten. Legolas war dadurch gezwungen sein volles Gewicht auf seine Füße zu verteilen. Wie nicht anders zu erwarten war, ging er stöhnend in die Knie. Ithildae ging mit einem erschrockenen Aufschrei ebenfalls auf die Knie und lehnte Legolas gegen sich. Ungeachtet der Tatsache, dass sie der Grund für seinen „Sturz" war, strahlte sie jetzt wie Eru persönlich.
„Oh mein armer, kleiner Prinz! Jetzt wird alles wieder gut! Jetzt bin ich ja bei euch!"
„Das ist es ja was ihm Angst macht", murmelte eine Wache neben mir.
„Wer ist das?", fragte ich leise.
„Lady Ithildae ... die hartnäckigste aus dem Harem des Prinzen", antwortete die Wache trocken.
Einige der Elben hatten jetzt endlich ein Einsehen und befreiten Legolas aus den Klauen seiner Verehrerin, unter anderem auch deswegen, weil jetzt im Torbogen noch weitere „Anwärterinnen" auf den Thron erschienen und diese so aussahen, als würden sie jeden Moment den nächsten Brudermord begehen wollen. Lady Ithildae blieb nur verträumt auf dem Boden hocken und hauchte: „Er hat mich umarmt!"
Anschließend wurden wir von den Elben in einen Raum mit mehreren Betten gebracht, damit wir uns ausruhen konnten. Auf dem Weg dort hin fiel mir jedoch auf, dass sich sehr viele Elben in dem Palast befanden. Das war äußerst befremdlich, da die meisten Elben normalerweise vor dem Palast in den Telain oder in kleinen Häusern wohnten. Aber bevor ich jemanden danach fragen konnte, waren die beiden Elben verschwunden und meine Gefährten und ich fanden uns in einem größeren Raum mit mehreren Betten und einem Tisch sowie mehreren Sitzgelegenheiten wieder.
„Irgendetwas Seltsames geht hier vor", murmelte Gandalf und sah aus dem Fenster, „die Elben sind in Aufruhr!"
„Das sollten sie auch sein", schluchzte Sam, „der arme Gilívor ... er war doch noch so klein!"
Frodo legte seinem Freund tröstend einen Arm auf die Schulter und ich wandte mich mit geschlossenen Augen ab. Kopfgeldjäger oder nicht ... so ein Ende hatte er nicht verdient!
„Daran können wir jetzt nichts mehr ändern ...", sagte Gandalf leise, „vielmehr sollten wir uns auf die Aufgaben konzentrieren, die vor uns liegen."
Ich rieb mir durch das Gesicht und setzte mich auf einen Stuhl und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Aber dazu kam ich nicht einmal ansatzweise, da es genau in diesem Moment an die Tür klopfte.
„Herein!", brummte ich missmutig und beobachtete die sich öffnende Tür. Kaum stand die Person, die um Einlass gebeten hatte vollends im Raum hätte ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen. Ich hatte niemand anderen als die Königin des Düsterwaldes mehr als nur unfreundlich in einen ihrer eigenen Räume gebeten. Mit einem Satz sprang ich aus meinen Stuhl auf und verbeugte mich.
„Königin Tuilinn! Ihr müsst verzeihen ..."
Sie winkte lächelnd ab.
„Es gibt keinen Grund euch zu entschuldigen!", antwortete sie leise und setzte sich in einen freien Stuhl. „Vielmehr müsste ich euch meinen Dank entgegenbringen, da ihr mir meinen Sohn in einem Stück zurückgebracht hat. Ich muss zugeben, dass mein Herz nach seiner plötzlichen Abreise von Sorge beschwert war."
Ich hob eine Augebraue erstaunt an. Plötzliche Abreise?
Die Königin bemerkte mein Blick jedoch nicht, da sie traurig aus dem Fenster blickte. Ich nutzte diesen Augenblick, um sie etwas eingehender zu betrachten. Immerhin war es mehrere Jahre her, dass ich sie gesehen hatte.
Tuilinn war groß und schlank, mit hüftlangen, leicht gewellten blonden Haaren und strahlend blauen Augen, die sie an Legolas vererbt hatte. Ihr graziler Körper war in schillernde grüne Seide gehüllt, die mit Silberfäden bestickt waren. Die Ärmel ihres Kleides wurden nach unten hin immer weiter und liefen in leicht transparente Schleier aus.
„Rîn Tuilinn", begann Gandalf leise, „ihr müsst verzeihen, wenn ich das jetzt zur Sprache bringe ... aber mir scheint, irgendetwas ist im Düsterwald nicht so wie es sein sollte!"
Ihre Augen umwölkten sich langsam als sie bekümmert auf Gandalf blickte.
„Eure Beobachtungsgabe hat unter eurem Alter nicht gelitten, Mithrandir!", hauchte sie leise.
„Ebenso wenig leidet eure Schönheit unter dem Vorbeiziehen der Jahre", erwiderte Gandalf schmunzelnd und zauberte ein zaghaftes Lächeln auf ihr zeitloses Gesicht.
„Ihr seid ein Charmeur, mein lieber Freund!"
„Nun, dieses Geplänkel ist ja wirklich sehr interessant", brummte Gimli, „aber ich würde gerne wissen, wie es Legolas geht und dann ... was hier vor sich geht!"
Königin Tuilinn bedachte Gimli mit einem nachdenklichen Blick.
„Ihr müsst Gimli sein, Herr Zwerg! Fürwahr ... ihr seht genauso aus, wie mein Sohn euch beschrieben hat! Klein und voller Haare!"
„Wa ... so hat das Spitzohr mich beschrieben? Na warte, der kann was erleben, wenn es ihm erst mal wieder besser geht!", schimpfte Gimli.
„Mein Sohn wird gerade von den Heilern untersucht ... und so wie ich ihn kenne, wird er spätestens morgen wieder auf den Beinen sein. Entgegen den Rat der Heiler", seufzte sie und blickte wieder aus dem Fenster, während wir aufmerksam darauf warteten, dass sie begann zu erzählen.
„Es begann alles vor einigen Monaten ... einige unserer Siedlungen, die etwas tiefer im Wald liegen, wurden von den Menschen angegriffen. Erst dachten wir uns nicht viel dabei, da wir schon immer einige Probleme mit den Waldmenschen hatten, aber die Angriffe hörten nicht auf ... sie wurden nur brutaler und häufiger. Wir sahen uns gezwungen die übrigen Elben hinter die Palastmauern zurückzuziehen."
Tuilinn pausierte einen Moment bevor sie fortfuhr.
„Die Angriffe hörten danach auf, da die Menschen unseren Mauern nichts entgegenzusetzen hatten. Aber dann eines Tages brachte einer der Grenzposten eine schreckliche Nachricht in den Palast. Die Spinnen, die nach der Zerstörung des einen Ringes zu schwinden schienen, traten urplötzlich in beinahe verdoppelter Anzahl und Größe wieder auf. Einige Male konnten wir ihre Angriffe zurückschlagen, aber sie kommen dem Palast immer näher. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir von ihnen überrannt werden", schloss sie verzweifelt.
Fassungslos hatten wir ihren Erzählungen zugehört. Wie war das möglich? Und gab es eine Verbindung zwischen den Entführungen und den Angriffen hier im Düsterwald?
„Hîr Tuilinn! Als eure Siedlungen angegriffen wurden ... verschwanden da einige der Elben?", fragte ich vorsichtig.
„Ja", sie nickte, „wir vermuten, dass die Spinnen sie mitgenommen haben."
„Und was gedenkt Thranduil dagegen zu tun", fragte Gandalf, „wo ist er eigentlich? Ich hatte gehofft er würde alte Freunde begrüßen!"
„Mein Mann wird, fürchte ich, gar nichts unternehmen", antwortete Tuilinn traurig, „seit einiger Zeit ist er nicht mehr, er selbst. Es ist beinahe so als wäre er besessen. Er verfällt zeitweise in Raserei ... weiß nicht was er tut ... seitdem schließt er sich in seine Räume ein. Ich habe ihn seit wahrscheinlich sechs Wochen nicht mehr gesehen ... nur die Schreie sagen mir, dass er überhaupt noch lebt."
Als wir sie so beobachteten, wurden wir Zeuge, wie der Elbenfrau Tränen über das Gesicht flossen, die sie sofort ärgerlich wegwischte.
„Aber ... wer regiert dann hier?", fragte einer der Hobbits.
„Ich", antwortete Tuilinn, „ich und ein Berater, der vor vier Monaten aus Lorien hier eingetroffen ist."
In diesem Moment klopfte es an die Tür, aber wer auch immer draußen stand, er wartete unsere Antwort gar nicht erst ab, sondern trat sofort ein.
„Ah, Hîr Tuilinn! Hier seid ihr! Ich fürchte das eure Anwesenheit im Thronsaal erforderlich ist."
„Ranach", rief die Königin aus, „darf ich euch die Freunde meines Sohnes vorstellen?"
Der Angesprochene blickte zu uns, als hätte er uns gerade erst bemerkt.
„Oh, Hoheit! Ihr habt Besuch! Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich hier nicht so eingedrungen."
Legolas' Mutter stellte uns der Reihe nach vor, während ich diesen Ranach musterte. Er war ein ziemlich großer Elb, mit grauen Haaren und ebenso grauen Augen in einem fahlen Gesicht. Seine lange, dürre Gestalt wurde auf groteske Weise von einer kostbaren grauen Robe umflattert, die ihn mehr als alles andere wie eine bekleidete Weidenrute aussehen ließ.
„Dies ist Ranach! Er war mir in den vergangenen Wochen eine große Stütze", wurden meine Gedanken von Königin Tuilinn unterbrochen.
„Hoheit ... eure Anwesenheit ist wirklich erforderlich ... wir sollten jetzt gehen!", redete der Berater drauf los und schob Tuilinn einfach durch die Tür, die hinter ihnen ins Schloss fiel.
„Liegt das jetzt an mir", sagte Sam plötzlich, „oder ist euch dieser Typ auch unsympathisch?"
„Er ist auf jeden Fall nicht gerade ein Ausbund an Höflichkeit!", antwortete ich mit gerunzelter Stirn und schritt zur Tür. „Ihr müsst mich entschuldigen, aber ich muss mit Legolas reden und zwar alleine!"
Ohne auf die Blicke der Hobbits oder des Zwergen zu achten, schloss ich die Tür hinter mir und machte mich auf den Weg zu Legolas' Gemächern.
Auf halbem Wege merkte ich schon, dass mich mein Gefühl richtig geleitet hatte, denn ich sah drei Heiler kopfschüttelnd aus Legolas' Gemächern treten.
Als die Heiler an mir vorbeiliefen, hörte ich Bemerkungen wie: „Sturer als ein Zwerg ... ganz der Vater ... charmant wie ein Nazgul!"
Offensichtlich war Legolas nicht unbedingt bester Laune. Aber davon ließ ich mich nicht schrecken, sondern trat ohne anzuklopfen ein.
„Habe ich euch nicht gesagt, ihr sollt verschwinden?", fauchte mich ein, mit dem Rücken zu mir sitzender, blonder Elb an.
„Nein, hast du nicht", antwortete ich und ließ mich in einen Sessel nieder, „und selbst wenn, würde es mich nicht besonders beeindrucken."
Legolas fuhr erschrocken herum und blickte mich fassungslos an.
„Aragorn", er schluckte, „wie kommst du hier rein?"
„Wie jeder andere auch! Durch die Tür! Und mal nebenbei ... ich hatte gerade ein sehr interessantes Gespräch mit deiner Mutter!"
Stöhnend ließ Legolas sein Gesicht in die bandagierten Hände sinken.
„Bevor du irgendetwas sagst ... lass mich erklären", er blickte mich mit einem Auge an, und wartete auf Zustimmung, als er sie bekam fing er an zu erzählen.
„Ich bin nicht bei Nacht und Nebel von hier fortgelaufen, wenn es das ist, was dir Sorgen bereitet. Einige Tage vor meinem Aufbruch hatte ich einen kleinen ... Disput ... mit meinem Vater ... du kennst den Balkon auf dem Südturm?"
Ich nickte.
„Nun ... dort hat mein Vater mich runtergeworfen!"
„WAS?", rief ich entsetzt.
„Nicht direkt geworfen ...", er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, „aber er trägt Schuld daran, dass ich dort runtergestürzt bin. Als ich mich von meinen Verletzungen erholt hatte, setzte ich meine Eltern davon in Kenntnis, dass ich Freunde besuchen wollte und bin mit ihrer Zustimmung davon geritten. Auch wenn meine Mutter darüber alles andere als glücklich war. Und bevor du jetzt irgendetwas sagst ... als ich den Düsterwald verließ ... hatten wir diese ganzen Probleme mit den Spinnen noch nicht von denen Doronlas mir vorhin berichtete. Sonst wäre ich nämlich niemals weggegangen!"
Ich hob abwehrend meine Hände.
„Das hätte ich auch niemals geglaubt", versicherte ich dem Elben vor mir, „ich wollte nur etwas besser verstehen, was hier vor sich geht!"
„Schön! Da du das jetzt ja nun weißt, gib mir bitte eine Tunika aus dem Schrank! Ich will mich anziehen."
Ich stand auf und griff eine Tunika aus dem Schrank. Als ich sie Legolas gereicht hatte, sah ich ihm aufmerksam zu. Er schaffte es zwar, die Tunika anzulegen, aber es war ihm mit seinen Händen vollkommen unmöglich, die winzigen Verschlüsse zu schließen.
„Soll ich dir helfen?", fragte ich vorsichtig.
Zuerst wollte Legolas meine Hilfe fauchend ablehnen, aber dann seufzte er ergeben.
„Ist wohl besser, wenn du das machst!"
Lächelnd setzte ich mich ihm gegenüber und begann die Verschlüsse langsam zu verschließen.
„Sag mal", fing ich plötzlich an, „darfst du eigentlich schon aufstehen?"
„Nein, darf ich nicht", antwortete er leichthin, „aber das hat mich noch nie sonderlich gestört."
„Mich aber", ertönte plötzlich eine weibliche Stimme von der Tür her und Legolas zuckte merklich zusammen, bevor er sich umdrehte.
„Mutter!"
„Legolas, die Heiler haben dir verboten aufzustehen!"
„Aber mir geht es gut!", beharrte der Elbenprinz.
„Dir geht es nicht gut! Du kannst doch nicht mal ohne fremde Hilfe laufen!"
„Aber ... ich kann ohne fremde Hilfe laufen ... es schmerzt nur ein wenig", knurrte Legolas und richtete sich schwankend auf.
„Kein aber, du bleibst im Bett!"
Die Diskussion ging noch eine Weile so weiter und am Ende schaffte Legolas es seine Mutter davon zu überzeugen, dass er am Abendessen in der Halle teilnehmen durfte.
Später am Abend aßen wir alle zusammen mit Königin Tuilinn zu Abend. Die dort herrschende Stimmung als gedrückt zu bezeichnen, war noch stark untertrieben. Wir schwiegen fast während der gesamten Dauer des Abendessens. Aber dann kurz vor dem Ende geschah etwas äußerst Unerwartetes.
Die großen Flügeltüren schwangen auf und herein torkelte ... ein Elb! Ein großer, blonder Elb mit offensichtlich starken Schmerzen.
„Adar!", rief Legolas entsetzt aus und sprang von seinem Stuhl auf.
„G-geh weg!", stöhnte Thranduil als Tuilinn auf ihn zulaufen wollte, um ihm zu helfen.
Wir anderen hatten uns ebenfalls von unseren Plätzen erhoben und starrten entgeistert auf den Elbenkönig.
Von der einst so beeindruckenden Erscheinung war nicht mehr viel übrig. Die Haare waren blass und hingen strähnig seinen Rücken hinunter, seine Haut war aschgrau und er bewegte sich gebeugt vorwärts. Aber das schrecklichste waren seine Augen. Die einst so strahlenden, smaragdgrünen Augen waren nun milchig und trübe.
Nebenbei fiel mir noch das seltsame Glitzern in den Augen Ranachs auf, aber dem schenkte ich keine weitere Bedeutung, da ich mich mehr auf Thranduil konzentrierte, der jetzt auf die Knie gesunken war und sich vor Schmerzen krümmte.
„Thranduil ...", hauchte Tuilinn, „was ... was ist ..."
„G-g-geh ... w-weg ... sch-schnell!", keuchte Thranduil noch, als es auch schon geschah. Sein Körper fing in einem gefährlichen rot an zu leuchten und unmenschliche Schreie lösten sich aus seiner Kehle.
Fassungslos mussten wir mit ansehen wie Thranduil gekrümmt und unter ohrenbetäubenden Schreien zu Boden ging und in dichten Neben gehüllt wurde.
Als der Nebel sich langsam wieder lichtete, mussten wir mit ansehen wir sich langsam etwas aus Thranduils Rücken erhob, während der Elbenkönig leblos am Boden lag.
Dieses etwas sammelte sich über Thranduil und nahm dann langsam eine Form an, was mir aber im Moment mehr Sorgen machte, war, dass das Leuchten um Thranduils Körper weniger wurde, je mehr von diesem seltsamen Nebel seinen Körper verließ.
„W-was ist das?", stotterte Legolas' Mutter und wich langsam zurück, während man allmählich erkennen konnte, was aus diesem Nebel wurde. Es hatte erschreckende Ähnlichkeit mit einem Warg ... einem sehr großen Warg!
Die Haut des Wesens war schuppig mit vereinzelten Borsten und von einer tief violetten Farbe. Im mächtigen Kopf funkelten boshafte, rote Augen und der oberarmdicke Schwanz peitschte wütend hin und her.
„Das ist kein normaler Warg", flüsterte Gandalf und griff nach seinem Stab, „das ist ein ... Dämon!"
„WACHEN!", ertönte plötzlich Legolas' Stimme durch die Halle und beinahe augenblicklich befanden sich zwanzig gut bewaffnete Elbenkrieger im Raum. Sie stellten sich in zwei Reihen auf und zielten mit ihren Bögen auf das Ungeheuer.
„Schießt", gab Legolas den Befehl und die zwanzig Elbenpfeile suchten sich sirrend ihr Ziel. Jeder einzelne von ihnen traf perfekt und der Warg fing an zu straucheln. Wir glaubten die Gefahr schon gebannt, als der Dämon sich wieder aufrichtete und die Pfeile einfach abschüttelte. Nicht die kleinste Wunde blieb zurück. Dafür richtete der Warg jetzt seine volle Aufmerksamkeit auf uns und ging langsam von Thranduil weg.
Legolas hatte sich in der Zeit von einem der Kämpfer ein Elbenmesser geben lassen und wartete darauf, dass der Dämon sich ihm näherte, während seine Krieger ihn immer wieder mit Pfeilen beschossen. Ich blickte Legolas mit gerunzelter Stirn an. Es kostete ihn sichtbar an Kraft überhaupt auf den Beinen zu bleiben. Der Kampf hatte noch nicht mal begonnen und es hatten sich schon Schweißtropfen auf seiner Stirn gebildet.
Der Warg stand jetzt direkt vor Legolas, der gerade zum Schlag ausholen wollte. Er ließ die Klinge direkt auf die Kehle des Dämons zuschnellen.
Jedem anderen Tier wäre durch dieses Manöver die Kehle zerschnitten worden aber zu unserem Entsetzen mussten wir mit ansehen, wie die Klinge einfach von dem Dämon abprallte. Legolas blickte nur erstaunt auf den Dämon, der jetzt sein riesiges, zahnbespicktes Maul öffnete und den blonden Elbenprinzen angriff.
Unter dem entsetzten Aufschrei von Tuilinn mussten wir mit ansehen, wie der Dämon Legolas mit seinem Maul packte und ein paar Mal durch die Gegend wirbelte, als wäre der Elb ein Beutetier, das es zu töten galt.
Bis zum nächsten Mal,Na, das ist doch mal ein Kapitelchen! Hab ich schon mal erwähnt, dass ich keine Babys mag? Nein? Liegt wahrscheinlich daran, dass es nicht wirklich stimmt! ;-)
So, Leggy ist gerettet, jetzt kriegt sein Papa Dresche! Bzw ... eigentlich ist der Kronprinz schon wieder am kürzeren Ende! Wie macht der das bloß? Muss an den Genen liegen! Oder was meint ihr? Aber ich verspreche hoch und heilig ... irgendwann bekommen die anderen auch noch Kloppe!
Das ist jetzt doch mal ein Cliffhanger wie er im Buche steht! Genießt also die Zeit bis zum nächsten ... und überlegt euch schon mal, wie der Prinz aus der Lage wieder rauskommt! Und nein! Lady Ithildae wird nicht zu seiner Rettung eilen!
Atropos
