Kapitel 22: Ende gut ... alles gut

Hallo! Ich dachte mir, dass ich euch mal den Start in die neue Woche versüße ... oder verhagel ... Tja, hier ist es also, das absolut letzte Kapitel von Elbendämmerung! Es gibt unter Garantie diesmal keinen Epilog ... Genießt also das Lesen!

Katriena: Sei Elrond dankbar! Wenn er nicht abgehauen wäre, dann wäre die Geschichte ja noch eher vorbei gewesen! Aber der gute Junge hat auch noch einen kleinen Auftritt verdient! ;-)

Melethil: Keine Sorge, der Streit ist schon wieder vergessen. Raug kann es nur nicht haben, wenn vor seinen Leuten seine Autorität untergraben wird ... von solchen Jungspunden! ;-) Wo kämen wir denn dahin. Und ja, das hier ist das absolut letzte Kapitel.

Lord elo: Also ob Thranduil und Elrond sich versöhnen kann ich ganz klar verneinen! Jedenfalls nicht mehr in dieser Geschichte. Wegen einer Fortsetzung ... mal schauen ... mehr dazu gibt's am Ende der Geschichte.

Turquenione: Tja ... der gute Elrond hat da eine Kurzschlussreaktion ... war wohl alles ein bisschen viel für ihn. Er rennt jetzt wahrscheinlich gackernd und mit den Armen wedelnd durch Mordor und erschreckt harmlose Orks. Oder besser doch nicht ...

serena: Ich brauche ja noch einen furiosen Abschluss ... und ich dachte den läute damit ein, dass der alte, weise, gesetzte, vernünftige Lord Elrond mal was komplett ... blödes macht! ;-)

LocaInferna: Cradle of Filth? Wenn mich meine Englischkenntnisse nicht ganz im Stich lassen und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich gleich tödlich blamiere ... heißt das nicht Wiege des Drecks? Da was Nettes finden? Na ich weiß ja nicht! War's denn jedenfalls erfolgreich? Und jo, es ist das letzte Kapitel! Also ... auf Abschied gefasst machen!

susi: Viele Personen stimmt schon ... aber die kommen nicht alle namentlich vor und außerdem sind sie eine nötige Randerscheinung! Sack Flöhe ist gut ... die kommen jedenfalls immer wieder zurück, wenn sie Hunger kriegen. Elben sind in der Hinsicht Selbstversorger! Elend über Elend!

zita01: Habe dir zwar glaube ich schon geantwortet ... aber hier noch mal. Haldir und Ayla machen Arenor unsicher hoffe ich doch? Sonstige Gründe für wochenlange Abwesenheiten werden von mir nicht toleriert. ;-) Außerdem ist deine Story ja auch schon bald zu Ende ... leider. So doll musst du dich eigentlich nicht gruseln ... es passiert nicht mehr viel gruselwürdiges.

chris: Auftrag hiermit ausgeführt. Letztes Kapitel hochgeladen. Und Glückwunsch zum Überleben des Lesemarathons ... der Vorteil ist ja, wenn man so spät anfängt, dass man nicht solange auf Updates warten muss, wie die Truppe, die schon von Anfang an dabei ist. Ja Kinder ... das höchste Glück dieser Erde ... ich glaube, Raug überlegt es sich nach dieser Reise auch zweimal ob er wieder zu seiner Frau ins Bett steigt! ;-)

dorlimaus: Ja, ja ... kleine Mäuse müssen sich jetzt sehr schämen! ;-) Ne, sei's drum. Ich bin auch nicht die Flinkste, wie du ja sehr wohl weißt. Leider kann ich dir diesen Wunsch mit besonders lang nicht erfüllen ... aber Happy End ... mal gucken! ;-)

Jarva: Uhhh ... ich schäm mich jetzt gerade ganz doll! Es tut mir wirklich ganz doll Leid, dass ich dir auf deine Mail von vor -Monaten nicht geantwortet habe! Ganz dickes Sorry! Ist mir aber gerade erst aufgefallen! Ich hoffe, du liest dieses Kapitel trotzdem! Tut mir wirklich Leid! Passiert mir sonst ... nicht ... oder selten.

So, nachdem ich jetzt hoffentlich niemanden mehr vergessen habe ... wenn doch, schickt mir einen Balrog in meinen Briefkasten, will ich euch mal dem letzten Kapitel überlassen.

Aus der Sicht von Erestor

Der Abend war geradezu unbemerkt über unser Lager hereingebrochen. Das war nicht weiter verwunderlich da es in Mordor eigentlich immer relativ dunkel war. In diesem Fall war es aber besonders ärgerlich, da Elrond noch immer nicht wieder aufgetaucht war, ebenso wenig wie die Kundschafter von Raug, die nach einem geeigneten Lagerplatz Ausschau halten sollten.

Das Schlimmste jedoch war, dass ich zum Nichtstun verdammt war. Wenn man davon absah, dass ich ein Auge auf Raugs Nachwuchs und die anderen Jungspunde haben sollte. Zwischendurch war ich einmal in dem Zelt gewesen, das die Zwillinge sowie Glorfindel beherbergte, aber keinen von ihnen ansprechbar vorgefunden. Also war ich wieder vor das Zelt getreten und hatte Raug dabei beobachtet wie er geschäftig durch die Gegend lief. Aber mittlerweile konnte ich das auch nicht mehr. Nicht nur, dass es ziemlich langweilig war, auch das fehlende Tageslicht und die unnatürliche Schwärze, die über das Land kroch, machte es mir etwas schwer genaueres zu erkennen.

Nur mit Mühe konnte ich den großgewachsenen Eredhrim sehen, der praktisch direkt vor mir entlang lief und abrupt stehen blieb. Mit einem bösartigen Grollen in der Kehle drehte der Elb sich langsam in die Richtung, in der ehemals der riesige Turm gestanden hatte. Zeitgleich drehten sich alle anderen Eredhrim ebenfalls in diese Richtung und griffen zu ihren Waffen.

Auch ich spürte die Spannung, die plötzlich in der Luft lag und die förmlich knisterte. Misstrauisch richtete ich mich auf und versuchte zu erkennen was die anderen Elben so beunruhigte. Kaum stand ich, erübrigte sich dieses Problem. Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen sprangen aus dem Geheimgang und allen erdenklichen Löchern im Boden die scheußlichsten Kreaturen heraus, die ich neben Orks jemals gesehen hatte.

„ALARM! SIE GREIFEN AN!"

Eigentlich bedurfte es dieser Warnung überhaupt nicht, da die Eredhrim die Gefahr irgendwie zu spüren schienen. Jedenfalls waren sie in Sekundenbruchteilen vor den Zelten und bildeten einen Wall zwischen den Dämonen und den erschöpften Elben.

„Oh Eru", flüsterte ich bestürzt als die Dämonen einer riesigen Welle gleich auf uns zugestürmt kamen, „steh uns bei!"

Unaufhaltsam wie eine Lawine kamen die Geschöpfe des Bösen immer näher herangestürmt. Auf ihrem Weg alles zermalmend, was sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen konnte. Ich glaubte, dass nichts diese Welle des Todes stoppen konnte ... bis sie auf die Eredhrim prallte. Wie Wasser gegen einen Felsen schlugen die dunklen Kreaturen auf ihre Feinde und der unaufhaltsame Strom stoppte. Raugs Männer durchbohrten die Körper mit tödlicher Präzision, die man sich nur über die Jahrhunderte aneignen konnte.

Überrascht stoppte die Welle der Dämonen und zog sich für einen Moment zurück. Vollkommen überrumpelt von der Stärke, die sich ihnen plötzlich entgegen stellte.

„Lasst sie nicht zur Ruhe kommen! GREIFT SIE AN!" Raugs Stimme erhob sich über den allgemeinen Lärm des Schlachtfeldes und sofort erhoben die Elben wieder ihre Waffen und jetzt waren sie es, die auf die verdutzten Dämonen zustürmten und alles niedermetzelten, was ihnen in den Weg kam und auch nur im Entferntesten einem Dämonen ähnlich sah.

„Raug? Was machen wir jetzt?" Ich rannte atemlos auf ihn zu.

„Na was wohl? Die Elben von hier wegbringen." Mit einem Satz war er bei seinen Söhnen, die aus ihrem Zelt herausgekommen waren und jetzt ungläubig auf das Spektakel vor sich schauten.

„Keine Zeit für Erklärungen", rief Raug schroff, als Haldir seinen Mund für eine Frage öffnete, „sorgt dafür, dass die Elben von hier verschwinden."

„U-und wohin?", fragte Haldir.

„Ins Gebirge. Ich schätze, dass Zatek euch irgendwo entgegenkommen wird ... ihr wisst schon ... der einäugige Elb, der euch eigentlich von dem Geheimgang fernhalten sollte!" Mit diesen Worten schnitt Raug, mit einem kleinen Messer den Verband durch, der seinen Arm ruhig hielt und griff nach einem schmalen Stab, der an beiden Seiten mit messerscharfen Klingen gespickt war. Praktisch im Vorübergehen warf er mir sein Schwert zu und duckte sich dann unter einem heranspringendem Dämon hindurch. Er wirbelte den Stab einmal herum und schlitzte die unglückliche Kreatur von einem Ende zum anderen auf. Im nächsten Moment war er auch schon verschwunden.

Etwas unschlüssig blickte ich auf die drei Galadhrim. „Ihr habt gehört, was euer Vater gesagt hat ... verschwindet!"

Haldir schaute mich einen Augenblick mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck an und nickte schließlich. Zusammen mit einigen vereinzelten Eredhrim und den anderen Gefährten seines Vaters würde er die befreiten Elben so schnell wie möglich in Sicherheit bringen.

Ich atmete unterdessen einmal tief durch und blickte dann auf den Hexenkessel direkt vor mir. Raug säbelte Rücken an Rücken mit seiner Schwester ein Untier nach dem anderen nieder.

„Oh Eru ... hab Gnade mit uns", murmelte ich.

Nur aus den Augenwinkeln nahm ich wahr wie die Elben von meinen Begleitern aus der Gefahrenzone gebracht wurden. Einige von ihnen mussten gestützt werden, wieder andere erstarrten beim Anblick der Kämpfenden und mussten ans weitergehen erinnert werden. Voll im Blick hatte ich dagegen den Dämon, der sich um seine Kameraden herumgeschlichen hatte und nun mit gewaltigen Sätzen auf einen blonden Elben zu rannte, der einen Augenblick zu lange stehen geblieben war. Ohne einen Moment zu zögern, rannte ich los. Als für mich feststand, dass ich nicht vor dem Dämon bei dem Elben ankommen würde, packte ich das Schwert und schleuderte es mit aller Kraft gegen den herannahenden Feind. Die Bestie strauchelte und überschlug sich aufgrund der Geschwindigkeit mehrmals bevor sie reglos am Boden liegen blieb. Mein Schwert steckte direkt im Kehlkopf. Angewidert zog ich die Klinge wieder heraus und wischte sie so gut es ging am Boden ab, bevor ich mich Raug zuwandte.

Die Lage war aussichtslos! Für jeden getöteten Dämon kamen zehn weitere aus den Eingeweiden der Erde gekrochen und schienen den Tod ihrer Kameraden auf das Grausamste rächen zu wollen. Längst waren zwischen den Leichen nicht nur Dämonen anzutreffen, sondern auch gefallene Eredhrim.

„Raug ... das bringt so nichts! Es sind zu viele", schrie ich über das Kampfgetümmel!

„Sie sind noch nicht weit genug weg", fauchte Raug zurück, während er eines der Geschöpfe von seinem irdischen Dasein befreite.

Ich blickte kurz über die Schulter zurück zu den Flüchtenden. Raug hatte Recht. Sie hatten das Gebirge noch nicht einmal zur Hälfte erreicht und auf der offenen Ebene waren sie eine zu leichte Beute für die blitzschnellen Dämonen.

Noch während ich das dachte, näherte sich uns schon das nächste Unglück. Aus den dunklen Wolken über unseren Köpfen lösten sich unter ohrenbetäubendem Geschrei sechs Drachen. Die Reittiere der Nazguls! Etwas Schlimmeres konnte uns gar nicht passieren. Die monströsen Flugdrachen würdigten uns jedoch nicht einmal eines Blickes. Sie schossen sofort auf die flüchtenden Elben zu.

„HOLT SIE VOM HIMMEL! EGAL WIE", brüllte Raug! Obwohl jeder den Befehl gehört hatte, konnte ihm niemand Folge leisten. Die Dämonen ließen uns keine Atempause, geschweige denn Zeit zum Zielen!

Ein plötzlich aufflammendes Licht sagte mir, dass Gandalf die bösen Kreaturen auch bemerkt hatte und jetzt versuchte sie zurück zu drängen. Ich entledigte mich mit einem gekonnten Hieb meines aktuellen Gegners und wagte einen Blick über die Schulter.

Die Drachen waren einen Moment vor dem gleißenden Licht zurückgewichen und zögerten, aber nicht lange genug, damit die bewaffneten Elben einen tödlichen Treffer landen konnten. Aber immerhin waren sie durch den Pfeilhagel ein Stück zurückgewichen und gaben ihre Opfern damit Gelegenheit zu fliehen.

„Lord Erestor, steht da nicht rum und träumt", fauchte eine tiefe Stimme, während mir ein abgetrennter Kopf um die Ohren flog, „sonst habt ihr bald sehr viel Zeit zum Träumen."

„Keine schöne Aussichten", murmelte ich finster und böse mit mir selbst, während ich einen weiteren Dämon nach allerbester Manier in der Mitte durchtrennte.

„Lauft! ... lauft", drang plötzlich eine erschöpfte Stimme an mein Ohr und ich wendete mich zu dem Geheimgang, aus dem jetzt ein einziger blutüberströmter Eredhrim herausgestolpert kam. Einer von den Kundschaftern!

Raug bemerkte ihn ebenfalls und kämpfte sich mühsam zu ihm durch.

„Der Sprengstoff ...", keuchte der Mann, „er wird jeden Moment explodieren!"

„RÜCKZUG!" Raugs tiefe Stimme übertönte den allgemeinen Lärmpegel um einiges. Sofort ließen die Eredhrim alles stehen und sterben und rannten los. Zwei von ihnen nahmen Raug den verletzten Elben ab. Einen Blick über die Schulter werfend, schloss ich zu Raug auf.

„Das mit dem Sprengstoff ist ja eine ganz tolle Idee", schnaufte ich, „aber die Dämonen bleiben leider nicht an Ort und Stelle stehen!"

Ruckartig blieb Raug stehen und schlug sich gegen den Kopf.

„Argh ... du hast ja Recht", fluchte er. „Lauf weiter!"

Ausnahmsweise ließ ich mich mit ihm jetzt auf keine Diskussion ein und rannte den Eredhrim hinterher. Ich hatte keine Ahnung, was Raug vorhatte, um die Dämonen zum stehen bleiben zu bewegen, aber ich vertraute darauf, dass er wusste was er tat.

Daran begann ich etwas zu zweifeln als sich der Boden unter einem weiteren Erdbeben schüttelte, aber ich blickte mich trotzdem nicht um. Ich konnte das ärgerliche Fauchen der Bestien hören und im nächsten Moment einen gewaltigen Knall. Ein weiteres Mal flogen mir Steinsplitter und ganze Felsbrocken um die Ohren. Mit einem Satz suchte ich hinter einem großen Felsen Schutz.

Als der aufgewirbelte Staub sich wieder gelegt hatte, kam ich langsam aus meiner Deckung hervor. Dort wo vor wenigen Minuten noch eine steinige Ebene gewesen war, befand sich jetzt eine künstliche Erweiterung des Nurnenmeers. Und nur ungefähr fünf Meter von mir entfernt lag eine große, schwarzhaarige, reglose Gestalt. Mit weit ausholenden Schritten eilte ich auf Raug zu.

„Oh nein! Das tust du mir nicht an", zischte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Vor ihm angekommen ging ich in die Hocke und berührte ihn an der Schulter.

„Nimm ... deine Finger da ... weg!", stöhnte Raug und drehte sich auf den Rücken. Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr mir.

„Schön ... du lebst noch! Würdest du dann bitte aufstehen?"

„Klar doch ... sobald die Zwerge aus meinem Kopf verschwunden sind! Das ist schlimmer als der Kater, den ich nach dem Saufgelage mit Thranduil und Glorfindel vor hundertfünfzig Jahren hatte!"

„Ich werde dich später bemitleiden", antwortete ich knapp und zog ihn einfach auf die Beine. Einige von unseren netten Freunden hatten nämlich überlebt und kamen jetzt unaufhaltsam aus dem Wasser gekrochen. Mit Schaudern erkannte ich, dass die sich nicht mal von abgerissenen Gliedmaßen stören ließen.

Die übrigen Eredhrim hatten auch entschieden wieder zurück zu kommen, um zu sehen ob noch irgendwelche Dämonen überlebt hatten. Sehr zum Glück von Raug und mir, denn jetzt wurden unsere Verfolger einfach sang- und klanglos abgeschossen. Als der letzte Dämon tödlich getroffen zu Boden fiel, blieben wir alle noch einen Moment reglos stehen, um zu schauen ob noch eine Nachhut kam. Die Anspannung, die uns alle in diesem Moment packte, war deutlich zu spüren. Die Eredhrim waren gespannt wie eine Bogensehne, während sie auf die spiegelglatte Wasseroberfläche blickten. Als sich nach fünf Minuten noch nichts wieder geregt hatten, stießen sie hörbar die Luft aus.

„Hier ist nichts mehr", murmelte Muriel, während sie langsam auf uns zu kam und ihrem Bruder eine Hand auf die Schulter legte.

„Da hinten aber umso mehr", keuchte ich als ich einer Eingebung folgte und nach hinten zu den anderen Elben blickte. Diese hatten nämlich immer noch ein Problem mit den Drachen. Und die kampffähigen Elben, Menschen und Zwerge waren dort eindeutig zu gering vertreten. Gerade ließ sich einer der Drachen praktisch aus der Luft auf die rennenden Elben fallen. Ein blonder Elb und ein dunkelhaariger Mensch, die mir ziemlich bekannt vorkamen, retteten sich nur dadurch, dass sie sich prompt in den Dreck fallen ließen. Der scheußliche Drache wendete beinahe gemächlich in der Luft und setzte dann den Flüchtenden nach.

„Das Biest hat einen Plan", zischte ich schockiert. „Sie trennen die Bewaffneten von den anderen Elben."

„Ich hätte nicht gedacht, dass die denken können", murmelte Muriel ehrlich erstaunt.

„Tja ... typischer Fall von falsch gedacht", grummelte Raug und rannte los.

Es war zwecklos. Wir würden niemals rechtzeitig bei ihnen ankommen. Im Laufen spannten die Eredhrim ihre Bögen und schossen auf die fliegenden Drachen. Die Pfeile verfehlten zwar nie ihr Ziel, aber wir waren so weit von ihnen entfernt, dass die Geschosse das meiste von ihrer Kraft eingebüsst hatten und die Drachen nicht mehr störten als ein Mückenstich. Trotzdem schossen die Bogenschützen unermüdlich weiter.

Einen der Drachen schien es schließlich doch zu stören und er drehte, um jetzt auf uns zu zu fliegen. Zu meiner Rechten rannte ein Eredhrim auf einen Felsvorsprung, passte einen geeigneten Moment ab und sprang der Bestie im Vorbeifliegen auf den Rücken. Ich konnte nicht genau sehen wie es geschah, aber der dunkle Elb trennte den Kopf des Drachen säuberlich ab. Und dabei hätte ich schwören können, dass der Elb kein Schwert gehabt hatte.

„Das war unglaublich", keuchte ich neben Raug. „Kriegen deine Krieger eine Spezialausbildung im Drachen töten?"

„Du hast ja keine Ahnung ...", lachte Raug unbestimmt.

Als ich wieder nach vorne sah, stürzte ein Drache gerade auf die Flüchtenden zu und diesmal würde er Beute machen wenn nicht bald ein Wunder geschah.

Noch während ich das dachte, schien weiter vor dem Drachen eine Gestalt aus dem Boden zu wachsen. In den Bruchteilen einer Sekunde zog sie zwei Pfeile aus dem Köcher, legte sie an den Bogen, zielte und ließ sie von der Sehne schnellen. Die Pfeile trafen genau in die Augen der Flugechse. Das Tier stieß einen schrillen, verzweifelten Schrei aus, schlug auf dem Boden auf, überschlug sich mehrmals, stieg dann für einen kurzen Moment wieder in den Himmel auf, nur um im nächsten Moment wie ein Mehlsack zu Boden zu fallen und dort reglos liegen zu bleiben.

Mit offenem Mund starrte ich auf Elrond, der jetzt das nächste Ziel anvisierte.

„Und du sagst immer, er könnte keinen Olifanten auf zwei Meter Entfernung treffen", schnaubte Raug neben mir, „ich will dir ja nicht deine Illusionen nehmen, aber das war meiner Meinung nach ein Meisterschuss!"

Ich sagte nichts mehr. Unter anderem auch weil wir jetzt nah genug an die Drachen herangekommen waren, um sie abzuschießen. Allerdings hatte Elrond bereits ganze Arbeit geleistet und uns nur noch zwei übrig gelassen.

Raug überließ es seinen Männern, sich vom Tod der geflügelten Unglücksboten zu überzeugen und stapfte wutschnaubend auf Elrond zu.

„Wenn du das nächste Mal vorhast einen kleinen Spaziergang zu unternehmen, dann sag mir gefälligst Bescheid! Das ist hier nicht unbedingt die gastlichste Gegend, die ich kenne!" Elrond quittierte die kleine Standpauke nur mit einem meisterhaften Heben seiner Augenbraue und ließ den vor Zorn kochenden Eredhrim einfach stehen. Besagter Eredhrim stieß ungehalten die Luft aus und blickte in den Himmel.

„Das war alles einfacher, als er noch kleiner war", seufzte Raug ergeben und stieg nun ebenfalls die kleine Anhöhe hinab.

Erleichtert konnten wir schnell feststellen, dass es nur einige Leichtverletzte gab. Die größten Verluste hier hatten die Eredhrim zu tragen, die viele ihrer Kameraden bei dem Kampf gegen die Dämonen verloren hatten.

Aus der Sicht von Elladan

Ich glaubte meinen Augen kaum zu trauen und ich wusste ohne hinzusehen, dass es Elrohir genauso erging. Andererseits war in den letzten Wochen soviel Unglaubliches geschehen, dass mich eigentlich nichts mehr erschüttern sollte. Der Überfall auf Imladris, der Marsch bis ins tiefste Mordor hinein, tagelange Gefangenschaft in totaler Finsternis, die Angst vor dem Ertrinken, Rettung durch unseren kleinen Bruder und seine Gefährten unter denen sich Raug befand, den wir seit unserer Kindheit kannten, die Flucht vor den Dämonen und jetzt der Angriff der Drachen.

Trotzdem ... plötzlich meinen Vater zu sehen, den ich schon längst in Valinor in Sicherheit glaubte, brachte mich zum Taumeln. Aber ein Irrtum war unmöglich, er kam direkt auf uns zu.

„A-ada ...", stotterte Elrohir mit erstickter Stimme und stolperte auf ihn zu. „Ada!" Vater fing Elrohir auf, bevor er wirklich auf den Boden fallen konnte und zog ihn in eine kräftige Umarmung.

„Wir ... wir dachten schon, wir würden dich nie wieder sehen", stammelte mein Zwilling.

Mein Vater streckte jetzt seine freie Hand nach mir aus und auch ich ging langsam und ungläubig auf ihn zu. Als ich nah genug war, wurde ich von einer kräftigen Hand meines Vaters an seinen Körper gezogen und er drückte uns beide fest an sich.

„Ich bin so dankbar, dass ihr am Leben seid", hauchte Adar kaum hörbar und küsste uns abwechselnd auf die Stirn, „... so dankbar!" Eine Weile blieben wir einfach nur so stehen und kümmerten uns um nichts. Aber irgendwann setzten meine Instinkte wieder ein und ich löste mich ein Stück von meinem Vater. Ich hatte Fragen! Fragen, die nach Antworten verlangten.

„Ada ... wir dachten, du wärst in Valinor ... wie ...", ich hielt inne und strich mit einer Hand über seine Stirn. Dort war kaum sichtbar eine lange, frische Narbe. „Woher stammt die Narbe?", fragte ich alarmiert.

Ada lächelte mich nur sanft an.

„Das ist eine lange Geschichte", seufzte er, „die ich euch später erzählen werde. Jetzt solltet ihr euch erst einmal ausruhen."

Mit diesen Worten geleitete er uns an einen etwas geschützteren Ort, wo auch schon die anderen Elben, einschließlich Glorfindel saßen.

Aus der Sicht von Legolas

Erleichtert ließ ich mich auf einen Stein fallen. Die Drachen waren tot, die Dämonen auch und die meisten von uns noch am Leben. Alles in allem gar nicht schlecht.

Lord Elrond stand ein wenig abseits und genoss noch die Wiedervereinigung mit seinen Söhnen, Lord Erestor redete auf einen Lord Glorfindel ein, der mir schon vor einigen Stunden durch sein apathisches Verhalten ins Auge gestochen war, Raug untersuchte seine Söhne auf mögliche Schäden und alle anderen waren damit beschäftigt ein provisorisches Lager zu errichten. Die Zelte und andere nützliche Dinge lagen jetzt ja auf dem Grund des Binnenmeeres.

„Ich hoffe wirklich, dass wir dieses fürchterliche Land jetzt so schnell wie möglich verlassen", brummte Sam und stützte sein Kinn in beide Hände. Ich konnte dem kleinen Hobbit nur beipflichten. Auch ich würde dieses Land liebend gerne hinter mir lassen. Aber wir würden wahrscheinlich erst aufbrechen, wenn die Toten bestattet worden waren. Was wenige Stunden später auch geschah.

o-o-o-o-o

Die Eredhrim hatten am Rande des Nurnemeeres mehrere Scheiterhaufen aufgeschichtet und ihre Toten dort gebettet. Alles in allem waren es nicht so viele wie ich befürchtet hatte, allerdings musste man bedenken, dass einige der Toten jetzt auch auf dem Meeresgrund lagen.

Vor jedem Scheiterhaufen stand ein Eredhrim mit einer Fackel. Auf ein Zeichen von Raug hin traten alle einen Schritt vor und hielten die Fackel an das trockene Holz. Innerhalb weniger Sekunden brannte alles lichterloh und warf unheimliche Schatten an das nahe Gebirge, während das Nurnenmeer einen purpurfarbenen Glanz erhielt.

Kurz darauf drang eine leise Melodie an unsere Ohren. Die Eredhrim sangen! Es war eine seltsame Melodie ... sie klang wie nichts was ich jemals gehört hatte.

„So etwas habe ich noch nie gehört", hauchte Frodo neben mir ehrfürchtig.

„Sie weisen ihren Toten den Weg", flüsterte Lord Elrond hinter uns. Auch alle anderen Elben, Gimli, Aragorn, Gandalf und die Hobbits standen jetzt am Rande unseres Lagerplatzes und blickten auf das seltsame Schauspiel vor sich.

Das Lied wurde langsam stärker ... lebendiger ... und nahm an Kraft immer weiter zu, beinahe wie ein Sturm, der sich nur langsam aufbaute, um dann mit einer gewaltigen Böe über alles herein zu brechen.

„Wa-was ist das denn", rief Merry plötzlich und zeigte aufgeregt auf die Feuer. Von dort schienen sich leuchtende Punkte zu erheben. Zuerst hatte ich es für Funken des Feuers gehalten, aber diese Punkte, die wie Glühwürmchen aussahen, stiegen geradewegs nach oben. Jetzt erhoben sich genau die gleichen leuchtenden Flecken auch aus dem Wasser. Als sie alle auf gleicher Höhe waren und praktische ein leuchtendes Feld aus Nebel bildeten, schien es mir als würden sich in diesem Nebel Silhouetten bewegen. Mir blieb keine Zeit, um diese Entdeckung irgendjemanden mitzuteilen, da plötzlich ein Windstoß über unseren Köpfen hinwegfegte und den Nebel mit sich riss.

Die Eredhrim blieben regungslos stehen und blickten noch einige Minuten dem Nebel hinterher, bevor sie langsam zum Lager zurückkehrten.

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich Glorfindel langsam vom Lager entfernte aber ich maß dem nicht viel Bedeutung bei, da der Elb aus Gondolin erwachsen war und außerdem im Moment keine Gefahr bestand.

Die Eredhrim verteilten sich im Lager und halfen dort wo sie gebraucht wurden, während Raug vor uns stehen blieb. Müde strich er sich über die Augen.

„Ich hasse diese Zeremonien", brummte er und öffnete ein Auge. Der Zufall wollte es, dass sein Blick bei Haldir hängen blieb, der sich gerade mit dem seltsamen marderartigen Tier beschäftigte, das er gefunden hatte. Augenblicklich war der Eredhrim hellwach.

„Äh ... Haldir? Was ist das?"

Haldir stand auf und hielt den Marder in der Hand. Direkt vor Raug blieb er stehen und hielt seinem Vater das Tier vors Gesicht.

„Was er genau für ein Tier ist, weiß ich nicht ...", gestand er, „aber kann ich ihn trotzdem behalten? Er ist niedlich!"

„Ratten finde ich auch niedlich und will sie trotzdem nicht im Talan haben", konterte Raug und musterte das Tier genauer.

„Aber er ist ganz lieb! Und beim Fressen ist er auch nicht wählerisch!"

„Das kann ich mir vorstellen", murmelte Raug, „der nagt uns nur Löcher in die Möbel! Außerdem ist er hier zu Hause! Du weißt gar nicht ob ihm Lorien überhaupt bekommen würde! Vielleicht geht er ein! Also setz ihn hier an einer netten Stelle wieder aus! Und das ist mein letztes Wort." Damit ging Raug einfach weiter.

„Nette Stelle", brummte Haldir und blickte seinem Vater finster hinter her, „wir sind hier in Mordor! Hier gibt es keine netten Stellen!"

Nichtsdestotrotz nahm Haldir den Marder und verschwand. Raug blickte seinem Sohn noch einen Moment stirnrunzelnd hinterher und setzte sich dann neben Lord Erestor, der gerade zu uns gekommen war.

„Und? Wie geht es den Mitgliedern der glücklich vereinten Familie Peredhil?", fragte Raug während er sich streckte.

„So weit ich das beurteilen kann, gut!" Lord Erestor lehnte sich zurück und blickte zur Seite. Sekunden später runzelte er die Stirn und richtete sich mit einem Ruck auf. „Was, bei allen Valar, macht Glorfindel da?"

Jetzt blickten wir alle in die Richtung, in die Lord Glorfindel verschwunden war. Der Balrogtöter stand am Rande einer Schlucht und blickte unschlüssig in die Tiefe. Langsam machte er einen Schritt vorwärts. Mit einem Satz waren Raug und Lord Erestor auf den Beinen.

„ZATEK! HALT DIESEN DÄMLICHEN ELBEN AUF!" Raug brüllte quer durch das Lager zu einem seiner Männer, der in Lord Glorfindels Nähe stand. Der dunkelhaarige Elb sprang auf Lord Glorfindel zu und riss ihn von dem Abgrund zurück. Zeitgleich waren Raug und Lord Erestor losgerannt, um dem Eredhrim zu Hilfe zu kommen, der mit dem sich wehrenden Balrogtöter alle Hände voll zu tun hatte. Raug riss Lord Glorfindel von Zatek runter und bald war ein wildes Handgemenge zwischen den zwei alten Elben im Gange.

Zwischendurch hörte man einen ärgerlichen Aufschrei von Raug und dann ein lautes Stöhnen von Lord Glorfindel. Schließlich wurde es Lord Erestor zu bunt und er packte den blonden Elb am Kragen.

„Das tut mir jetzt mehr weh als dir", fauchte Lord Erestor bevor er seinen Freund bewusstlos schlug. Während der Vanya wie ein Sack Mehl auf den Boden fiel, kam Raug gerade keuchend vom selbigen wieder hoch. Wütend packte der Eredhrim den leblosen Körper am Kragen und schleifte ihn hinter sich her. Vor einem der Zelte ließ er ihn einfach fallen.

„Bindet ihn an die nächste Zeltstange! Und sorgt dafür, dass er nicht so einfach loskommt", knurrte Raug, „der ist kräftig!"

Dann verschwand der dunkelhaarige Elb.

Aragorn und ich blickten uns ratlos an.

„Was war denn das jetzt?"

Auf die Frage von Gimli konnte ich nur ratlos mit den Schultern zucken.

Aus der Sicht von Erestor

Leise pfeifend, lief ich Raug hinterher.

„Raug! Stehen bleiben", kommandierte eine Stimme von der Seite. Ich drehte mich um und sah Elrond an einem Zelt stehen. Raug drehte sich genervt um. „WAS?"

„Deine Schulter ist ausgekugelt ... wiedermal! Lass mich das ansehen!" Ich grinste in mich hinein als Elrond nicht einmal eine Antwort abwartete sondern sofort mit der Behandlung begann. Anschließen ließ Raug sich wortlos auf einen Stein fallen.

Mit einem Mal brach Raug die Stille.

„Kann mir mal bitte jemand verraten, von was für einem Ork der gebissen wurde?", knurrte Raug. Allen war klar wen er meinte.

„Stimmt", murmelte Elrond leise, „das kannst du ja noch gar nicht wissen. Du warst schließlich schon lange nicht mehr in Imladris."

„Was weiß ich nicht?", brummte Raug.

Plötzlich kam auch ich auf die Erklärung für Glorfindels seltsames Verhalten.

„Raug? Unter den Elben, die ihr gerettet habt ... da war nicht zufällig ein Baby?" Ich blickte Raug, der mich jetzt verständnislos ansah, fragend an.

„Nein! Sollte da eins gewesen sein?" Kaum hatte er den Satz zu Ende gesagt, konnte ich förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete, bis auch er zu einem Ergebnis kam.

„Das ist ein Witz, oder?"

„Nein, kein Witz", bestätigte Elrond, „Glorfindel ist Vater ... gewesen!"

„Darauf muss ich einen trinken", murmelte Raug und holte wie aus dem nichts einen Flachmann hervor, wie die Menschen ihn gerne benutzten. Er nahm einen kräftigen Zug aus der Flasche.

„Armer Gilívor", murmelte Elrond mehr zu sich selbst, „er war noch so klein ..."

Raug spuckte den Inhalt der Flasche unter lautem Prusten wieder aus. Er hustete dermaßen, dass Elronds Heilerinstinkte anschlugen und er Raug unentwegt auf dem Rücken klopfte.

„Hat sich da jemand mit dem Alkoholgehalt versehen", fragte ich emotionslos nachdem er sich beruhigt hatte und erntete ein böses Blitzen aus schwarzen Augen.

„Sag den Namen noch mal, Elrond! Wie hieß der Junge?"

„Äh ... Gilívor ..."

„Himmel noch eins ... jetzt weiß ich auch woher mir der Knirps so bekannt vorkam", murmelte Raug mehr zu sich selbst als für Zuhörer, „ganz der Vater!"

„Soll das etwa heißen, dass ihr den Jungen gefunden habt?", fragte Elrond schnell. Raug nickte.

„Ja, in Imladris ... ich habe ihn bei Thranduil abgegeben ... das wird Glorfindel gar nicht schmecken! Aber erst einmal ...", eine Frage spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder. „Wie kommt Glorfindel eigentlich zu dem Kind? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es irgendwie eine Frau gab, die ihm besonders gefallen hat!"

„Ich glaube", fing ich scharf nachdenkend an, „das erzählt er dir besser selber!"

„Na ja ... soll er! Aber erst einmal habe ich noch ein wenig Spaß mit ihm! Sobald er wieder bei Bewusstsein ist. Dein Schlag kann sich wirklich sehen lassen", meinte er mit einem Seitenblick auf mich und sprang auf.

Aus der Sicht von Raug

Oh ja, ich würde sehr viel Spaß mit Glorfindel von Gondolin haben! Wie befohlen, hatten meine Männer ihn an einen besonders tief in den Boden geschlagenen Pflock gefesselt. Leider hatten sie vergessen ihn auch anständig zu knebeln, denn kaum kam ich um die Ecke wurde ich mit Unflätigkeiten beschimpft für die mein Vater mich übers Knie gelegt hätte. Nicht das mich das jemals davon abgehalten hatte solche Schimpfwörter trotzdem zu benutzen.

„Raug! Du verdammter, einfältiger, egoistischer Idiot! Warum musst du dich immer in die Angelegenheiten von anderen Leuten einmischen?"

Ich grinste Glorfindel gut gelaunt an und setzte mich vor ihm hin.

„Das mache ich nur, wenn ich weiß, dass die Person ihre Tat bereuen wird!"

„Ich hätte es bestimmt nicht bereut", fauchte Glorfindel mich an.

„Och Findelchen", schmollte ich, „wollen wir nicht über deine Todessehnsucht reden? Vielleicht löst sich das Problem ja in Luft auf!"

„Der einzige, der sich hier gleich in Luft auflöst bist du ... und nenn mich nicht FINDELCHEN!"

„Aber Findelchen ... vielleicht weiß ich ja eine Lösung für dein Problem!"

„Ich kenne eine, die all meine Probleme löst! Schmeiß dich den nächsten Abgrund hinunter Magorion", spuckte er.

„Du bist schon der zweite, der mir das sagt ... so langsam nehme ich das persönlich!"

„Das ist mir vollkommen egal! Ich will zu meinem Sohn und du hältst mich nicht davon ab!" Glorfindel schnaubte vor Ärger und seine Brust bebte vor unterdrückter Wut.

„Sohn? Das ist ja ganz was Neues", rief ich gespielt überrascht aus, „wie alt ist er denn? Ein paar Wochen?"

„Nein", grummelte er zurück, „fast ein Jahr!"

„Fast ein Jahr", wiederholte ich und schenkte ihm anschließend einen Blick, bei dem alle meine Berater regelmäßig ihr Heil in der Flucht suchten. Glorfindel erwog diesen Gedanken auch, wie ich an seinem erschrockenem Gesichtsausdruck erkannte, aber dank der Fesseln würde er in der nächsten Zeit nirgendwo hingehen. „Und wann hattest du vor mir von deinem Nachwuchs zu berichten? Wenn er alt genug ist, um selber Orks zu erschlagen?"

„Na ja ... Raug ... du musst zugeben, dass du in letzter Zeit nicht unbedingt häufig in Imladris anzutreffen bist ...", stammelte Glorfindel.

„Glorfindel ... das ist wirklich eine lahme Ausrede ... wenn mich nicht alles täuscht, pendelt regelmäßig ein Bote zwischen Imladris und Lorien hin und her", ich kratzte mich nachdenklich am Kinn, „... oh ... ich täusche mich nicht!"

„Ich habe es vergessen", stand Glorfindel sich dann endlich knirschend ein.

„Toller Freund bist du mir ...", murrte ich und beugte mich vor, um die Fesseln zu lösen. Anschließend stand ich auf. „Und um dich zu beruhigen ... Gilívor geht es gut!"

Ich war schon einige Meter entfernt, bis Glorfindel diese Information endgültig verarbeitet hatte.

Aus der Sicht von Legolas einen Tag später

Mit einem Schmunzeln beobachtete ich wie Raug abwog ob er seinen Kopf gegen den nächsten Felsen schlug oder den seines Peinigers. Seit Raug Lord Glorfindel erzählt hatte, dass es dem kleinen Gilívor gut ging, redete dieser unablässig auf ihn ein, um den Aufenthaltsort des Kindes zu erfahren. Aber Raug sagte nichts. Auch uns hatte er eingebläut ihm auf keinem Fall mitzuteilen, dass Gilívor sich in der Obhut meines Vaters befand.

Immer noch mit einem Lächeln auf dem Gesicht blickte ich in den mittlerweile blauen Himmel über uns. Wenige Stunden nach der Totenfeier für die gefallen Eredhrim waren wir aufgebrochen. Unter anderen weil die befreiten Elben Raug drängten dieses unheilige Land baldmöglichst hinter sich zu lassen. Schlussendlich hatte der Eredhrim murrend und widerwillig nachgegeben. Wir kamen anfangs nur langsam voran denn einige der Elben hatten sich doch etwas überschätzt, wollten aber gleichzeitig so schnell wie möglich von hier fort. Unser Reisetempo steigerte sich jedoch erheblich als wir die Berge Mordors hinter uns gelassen hatten, denn am Fuß des Gebirges erwarteten uns unsere Pferde, zusammen mit denen der Eredhrim hatten sie auf unsere Rückkehr gewartet. So konnten wir die erschöpften Elben reiten lassen. Glorfindel hielt sich seitdem dicht an Raug.

„Raug ich will jetzt wissen wo er ist", verlangte der Elb von Gondolin jetzt wohl schon zum Hundertsten Male und trieb Raug damit immer ein Stückchen näher an den Rand eines Nervenzusammenbruchs.

„Erstaunlich", murmelte Rumil neben mir, „und ich hatte immer gedacht, wir würden irgendwann mal der Grund für Adas erste graue Haare sein ... aber ich glaube Lord Glorfindel schafft das schneller."

„Glorfindel, ich habe dir doch schon gesagt, dass er in guten Händen ist", knurrte der dunkelhaarige Elb, der sichtlich mit seiner Selbstbeherrschung rang.

„Ich will aber wissen wo!"

„Zum letzten Mal, Glorfindel, er ist in guten Händen!"

„Hast du ihn in Lorien bei Alfiriel gelassen?"

„Nein!"

„Bei Arwen in Minas Tirith?"

„NEIN!" Jetzt klang Raugs Stimme schon gereizter.

„Aber wo dann", nervte der goldene Elb weiter.

„Ich sagte dir schon mal, dass ich es dir nicht verraten werde!"

„Raug, sag mir jetzt auf der Stelle wo er ist!"

Nein, verdammt noch mal!" Raug war jetzt endgültig am Ende mit seiner Geduld.

Es vergingen einige Augenblicke der Stille, in denen Lord Glorfindel angestrengt zu überlegen schien.

„Raug ... jetzt sag mir nicht, dass du ihn bei Thranduil gelassen hast!"

Stille.

Lord Glorfindel kam erstaunlich schnell zu einem Entschluss.

„RAUG MAGORION! Wie kannst du es wagen meinen kleinen Jungen ausgerechnet bei diesem Irren zu lassen?"

Von meiner Position aus konnte ich sehen, wie Raug mit seinen Händen ein Tuch erwürgte und gefährlich mit den Zähnen knirschte.

„Jetzt stell dich nicht so an! Du tust gerade so als wäre er Sauron Höchstselbst!"

„Der verdammte Tawarwaith ist schlimmer", noch während er redete, drehte Glorfindel sich auf seinem Pferd um und blickte mich an, „nichts für ungut, Prinz Legolas!"

„Thranduil hat schon ein Kind großgezogen, weißt du? Und so vermurkst hat er den Jungen doch gar nicht! Außerdem ist Tuilinn auch noch da!"

„Ja, genau so wie eine Überpopulation Spinnen, schwarze Eichhörnchen, Orks, Waldmenschen und andere Überraschungen von denen ich nicht einmal den Namen wissen möchte!" Mit diesen Worten lenkte er das schwarze Pferd, sodass er von uns weg ritt. Raug blieb stehen und blickte Lord Glorfindel mit gehobener Augenbraue hinterher.

„Glorfindel, was wird das?"

„Ich reite zum Düsterwald", kam die knappe Antwort.

„Aber nicht mit meinem Pferd! Lachmorn! Hierher!" Gehorsam trabte das Pferd zu seinem Herren zurück auch wenn sich der Reiter verzweifelt sträubte.

Raug streichelte seinem treuen Reittier die Nüstern und blinzelte dann zu Lord Glorfindel hoch. „Tja, wenn du unbedingt zum Düsterwald willst, wirst du wohl laufen müssen. Aber dass ist für den Balrogschlächter von Gondolin bestimmt kein Problem!"

„Möge sich der Boden auftun und dich verschlingen", knurrte der blonde Elb.

„Ich nehme das langsam wirklich persönlich!", murrte Raug, aber in seinen Augen blitzte der Schalk. Das freundschaftliche Geplänkel ging noch eine Weile so weiter und wurde nicht nur von mir sehr belächelt. Auch die anderen Elben konnten sich ein Schmunzeln nur schwerlich verkneifen.

Später am Abend hatten wir unser Lager an einem kleinen See in einem Wald aufgeschlagen. Ich saß zusammen mit den Hobbits auf einer Ansammlung von größeren Steinen und beobachtete das Treiben um uns herum. Raugs Vorhersage hatte sich bewahrheitet. Langsam bekamen die Elben wieder eine gesunde Hautfarbe und auch die blauen Adern verschwanden. Und sie wurden auch zusehends wieder aktiver. Vor allen die Damen, die jetzt reges Interesse an ihren exotischen Rettern zeigten. Glorfindel, der mit Raugs Söhnen in unserer Nähe saß, blickte ebenfalls auf die Frauen.

„Ich versteh' das nicht", murmelte Orophin, „ich meine ... wir sehen doch auch nicht schlecht aus ... aber beachten die uns? Nein! Woran liegt das?"

„An den Haaren ...", brummte Glorfindel.

„Wie bitte?" Rumil blickte den Balrogschlächter fragend an und auch unsere Blicke richteten sich auf ihn. Als der blonde Elb sah, dass er nicht um eine Erklärung herumkam, fing er seufzend an.

„Es ist mit Elrond und Erestor genauso ... egal wo ich früher mit den beiden war ... die Frauen flogen auf sie wie Motten aufs Licht!"

„Aber ... wieso?" Merrys Neugier war ebenfalls geweckt worden.

„Na ja ... egal in welches Elbenreich du gehst ... die Hauptanzahl der Bewohner wird blond sein. Schwarze Haare sind selten und exotisch ... außerdem haben diese Eredhrim auch noch so eine mysteriöse Aura um sich ..."

„Und das mögen Frauen?" Wir konnten genau sehen wie hinter Orophins Stirn ein Plan zu reifen begann.

„Denk gar nicht erst daran, ion nin", ertönte plötzlich Raugs tiefe Stimme.

„Woran soll ich nicht denken, Ada?", fragte er unschuldig.

„Daran dir die Haare dunkel zu färben. Es wird seltsam aussehen ... glaub mir!"

„Woher willst du das wissen?" Jetzt blickte Rumil seinen Vater neugierig an, aber der lächelte nur schelmisch und zuckte mit den Schultern. Mir war indessen aufgefallen, dass Haldirs Ohren ein gefährliches rot angenommen hatten. Ich runzelte die Stirn ... war es möglich? Aber im nächsten Augenblick schüttelte ich kaum merklich meinen Kopf. Nein, das hatte der Hauptmann aus Lorien garantiert nicht getan. Oder doch?

An dieser Stelle könnte ich jetzt damit beginnen unsere Weiterreise bis ins kleinste Detail zu schildern, aber da nichts Weltbewegendes passierte, werde ich das auslassen und die Reise nur in Kurzform wiedergeben.

Wir beschlossen einstimmig nach Minas Tirith zu wandern, damit sich dort unsere ganze Gruppe ausruhen konnte, bevor wir den Marsch nach Düsterwald und Imladris fortsetzten.

Auf dem Weg nach Minas Tirith kam es nur zu wenigen interessanten Ereignissen. Eins davon war der Moment in dem Raug herausfand, dass Haldir den Marder heimlich mit sich genommen hatte. Haldir hatte das Tier wohl die ganze Zeit über in einer Tasche transportiert und es somit vor den Blicken seines Vaters verborgen. Irgendwann in der Nacht war es dem Tier jedoch zu langweilig geworden und er hatte eine kleine Kletterpartie unternommen. Hierfür musste ausgerechnet der schlafende Raug als Berg herhalten. Man konnte sich das Erstaunen des Eredhrim gar nicht vorstellen, als er plötzlich aufwachte und den Marder auf seiner Brust entdeckte. Jedenfalls hatte Haldir jetzt seinen Willen bekommen und das anhängliche Tier durfte ihn offiziell nach Lorien begleiten.

Jetzt befanden wir uns bereits drei Tage in Minas Tirith und vor allen Dingen Lord Glorfindel drängte zu einem baldigen Aufbruch. Aber jedes Mal grinste Raug ihn nur an und sagte er solle sich doch gedulden. Mittlerweile war auch allen klar, warum. Eine kleine Gruppe Reiter näherte sich der weißen Stadt.

Aus der Sicht von Lord Elrond

Zusammen mit Raug stand ich am äußersten Rand des Wachturmfelsen und blickte auf die scheinbar unendlichen Weiten vor mir.

Oder genauer gesagt, wurde mein Blick von zehn kleinen, braunen Punkten angezogen, die uns wahrscheinlich in etwas weniger als einer halben Stunde erreichen würden.

„Ich hätte wirklich niemals geglaubt, dass Thranduil freiwillig einen Fuß hierher setzt", murmelte ich ungläubig während die braunen Punkte immer näher kamen.

„Ganz freiwillig wird das auch nicht sein, fürchte ich", schmunzelte Raug.

„Wenn du Gilívor dort gelassen hast, glaube ich das auch nicht", ertönte Erestors Stimme. „Thranduils Begeisterung für Kinder hält sich bekanntlich in Grenzen! Warum eigentlich?"

Bei den letzten Worten blickte er Raug stirnrunzelnd an.

„Wieso seht ihr mich dabei so an?" Raug sah fragend in unsere Richtung.

„Na ja ... du verbringst mehr Zeit mit ihm als wir", murmelte ich und versuchte jetzt zu erkennen, wer sich unter den braunen Kapuzen der Reiter verbarg.

„Das heißt nicht, dass ich alles über ihn weiß ...", gab Raug zurück und studierte jetzt ebenfalls die Reiter genauer. „Also ... Thranduil ist auf jeden Fall bei ihnen ... der vorderste Reiter ... das ist er ganz eindeutig!"

„Woran erkennst du das?" Erestor lehnte sich etwas auf die Brüstung um besser zu sehen.

„Weil er am meisten Abstand zu dem Reiter hält, der Gilívor bei sich hat!" Raug schnalzte kurz mit der Zunge.

Ich konnte mir ein leichtes Schmunzeln über diese Schlussfolgerung nicht verkneifen und blickte jetzt nach unten, um dieses Lächeln zu verbergen. Es gehörte sich nicht über die Schwächen und Eigenarten von Verbündeten oder Freunden zu spotten. Auch wenn Thranduil von seinem Verhalten her nur schwer in eine dieser Kategorien unterzubringen war. Aber statt weiter diesen Gedanken nachzuhängen, konzentrierte ich mich jetzt mehr auf die vielen schwarzen Zelte, die im Schutz der massiven Mauern von Minas Tirith aufgeschlagen worden waren.

„Raug ... wieso hast du deine Zelte vor der Stadt aufschlagen lassen? Minas Tirith ist groß genug um sie alle zu beherbergen!" Ich konnte Raug leise lachen hören und drehte mich fragend zu ihm um.

„Oh sicher ... das könnte es ... aber ich habe mehrere Gründe, sie dort unten zu lassen!"

„Würdest du uns diese Gründe näher erläutern ... werter Freund?", hauchte Erestor mit einem vergnüglichen Grinsen im Gesicht.

„Sicher doch", rief der Eredhrim aus und lümmelte sich absolut nicht seinem Alter entsprechend auf die Mauer. Das ganze begleitet von einem spitzbübischen Grinsen ließ ihn mehr denn je wie einen kleinen Jungen aussehen.

„Mir wurde zu Ohren getragen ... dass ... meine Männer in den letzten Tagen Probleme hatten ... einige ... äußerst unmoralische Angebote abzuwehren ... Das alles wäre eigentlich nicht so schlimm", fuhr er im Plauderton fort, „aber unter den Eredhrim dort unten befinden sich auch einige Frauen ... Ehefrauen, um genau zu sein. Und die fanden das alles nicht so sehr zum Lachen."

Erestor drehte sich lachend um. „Dann stimmen die Gerüchte also wirklich?"

„Kommt drauf an welche du gehört hast", erwiderte Raug nonchalant und rieb sich die Hände. Plötzlich runzelte er die Stirn.

„Sagt mal ... hat irgendjemand von euch heute schon mal meine Nervenverdünner im Doppelpack gesehen?"

„Du meinst die Zwillinge?" Erestor blickte Raug fragend an, „Nein, tut mir Leid. Ich habe sie nicht gesehen! Elrond?"

Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein ... ich auch nicht!"

Raug seufzte. „Na ja, ich werde sie nachher schon finden!" Plötzlich zierte ein mutwilliges Grinsen sein Gesicht. „Aber jetzt möchte ich erst mal den elbischen Vulkan begrüßen ..."

Ohne ein weiteres Wort hüpfte Raug von der Mauer und lief gut gelaunt zu den Ställen. Erestor und ich folgten ihm mit angemessener Geschwindigkeit. Zudem stand mir im Moment der Sinn nicht wirklich nach einem Zusammentreffen mit Thranduil.

Zu dem Zeitpunkt als wir an den Ställen ankamen, konnten wir schon das Geklapper von Hufen vernehmen. Nur wenige Augenblicke später kam der erste Reiter in Sicht. Er zügelte sein Pferd und musterte uns, ohne dass wir selber ihn erkennen konnten.

„Was für ein Empfangskomitee", knurrte dann eine bekannte Stimme, „ein Bücherwurm, der seine Feder mit dem Schwert verwechselt hat, ein nerviger Halbelb und ein todgeweihter Idiot!"

„Thranduil, dein Charme hat sich mal wieder selbst übertroffen", erwiderte Raug nonchalant und lief ohne weiteres an dem offensichtlich verärgerten Waldelbenkönig vorbei.

„RAUG MAGORION! Wirst du wohl hier bleiben, wenn ich dich zusammenstauchen will?"

„Bin ich lebensmüde?" war Raugs einzige Erwiderung.

„König Thranduil ... ich bin höchst erfreut euch wohlauf zu sehen!", begrüßte ich ihn förmlich.

Thranduil stieg ab und blickte mich stirnrunzelnd an.

„Spart euch die Phrasen, ich werde nicht lange genug hier bleiben, als das es sich lohnen würde sich bei mir anzubiedern."

Neben mir konnte ich bemerken, wie Erestor sich anspannte und gedanklich bis zwanzig zählte. Dann wurde ich von glücklichem Kinderlachen abgelenkt.

Der zweite Reiter hielt den in die Farben Düsterwaldes gekleideten Gilívor vor sich auf dem Pferd, der jetzt vergnügt gluckste als er Raug erkannte und seine kleinen Ärmchen nach ihm ausstreckte. Jetzt war auch deutlich das Emblem des Königshauses auf dem Hemd zu erkennen, dass Gilívor trug. Glorfindel würde toben.

„Zappel nicht so, mein Kleiner", ertönte jetzt eine weibliche Stimme unter der Kapuze. Raug befreite die Reiterin von dem strampelnden Kind und warf ihn einmal in die Luft, bevor er den Jungen fest an sich drückte. Gilívor gefiel dieses Spielchen ganz offensichtlich denn er krähte praktisch vor Vergnügen. Begeistert griff der Junge jetzt mit beiden Händen in die schwarzen Haare seines Spielgefährten und steckte sich auch welche in den Mund.

Die Reiterin befreite jetzt ihren Kopf von der Kapuze und zum Vorschein kam keine geringere als Thranduils liebenswerte Gattin.

„Tuilinn", rief ich erfreut aus, „es ist lange her, dass wir uns gesehen haben."

Bevor sie antworten konnte, ging Thranduil dazwischen.

„So, das Blag ist ordnungsgemäß abgeliefert worden, du hast die weiße Stadt gesehen ... können wir dann bitte wieder gehen?" Thranduil war eindeutig genervt, aber seine Frau schenkte ihm nur einen eisigen Blick.

„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich die erste und wahrscheinlich einzige Chance, etwas anderes als deinen Palast zu sehen, ungenutzt verstreichen lasse! Ich war noch nie in einer Menschenstadt! Du kannst ja gerne alleine zurückreiten."

„Dann nehme ich die Wachen aber mit!"

„Mach das doch! Ich bin sicher Raug, Elrond oder sonst irgendjemand wird mich wieder in den Düsterwald zurückbegleiten ... wenn ich denn will!" Tuilinn verschränkte in einer endgültigen Geste die Arme vor der Brust und funkelte ihren Mann böse an.

Thranduil, der wusste wann ein Kampf für ihn verloren war, rollte in einer dramatischen Geste die Augen nach oben und blickte verstimmt in den Himmel.

„Dann bleiben wir in Erus Namen eben ein paar Tage hier! Aber erwarte nicht, dass ich in dieser Zeit eine angenehme Gesellschaft sein werde!"

„Brauchst du auch nicht, mein geliebter Gatte", antwortete Tuilinn keck und kletterte vom Pferd, „ich habe hier genug andere Gesellschaft ..."

Vielleicht lag es an den Strapazen der vergangenen Tage, aber ich war mir absolut sicher ein böswilliges Funkeln in den Augen der eigentlich sehr sanftmütigen Königin des Düsterwaldes zu sehen. Gleich danach riskierte ich einen vorsichtigen Blick in Richtung von Thranduil. Der Tawarwaith war gerade genau so entspannt, wie ein ausgehungerter Tiger. Keine gute Mischung.

Erestor spürte die Gereiztheit, die von Thranduil ausging genauso wie ich, nur Raug blieb von der allgemeinen Anspannung vollkommen ungerührt ... oder es interessierte ihn nicht, was wahrscheinlich eher der Fall war. Regelrecht ausgelassen scherzte er mit Tuilinn während er gleichzeitig Gilívor ablenkte, dem so langsam langweilig wurde.

Schließlich legte Raug lässig einen Arm um Tuilinns Taille und lotste sie von den Ställen weg.

„Tuilinn ... ich denke, wir zwei Hübschen liefern dieses kleine Energiebündel jetzt bei seinem Vater ab. Der nervt mich nämlich schon seit Mordor! Übrigens Thranduil", rief Raug über die Schulter zurück, „ich bin sicher, es wird dich freuen zu hören, dass du Lord Glorfindels Sohn bei dir beherbergt hast." Mit diesen Worten verschwand er um die nächste Ecke.

„Oh Eru ... lass mich stark sein, sonst begehe ich den nächsten Brudermord!", zischte Thranduil kaum hörbar.

Aus der Sicht von Thranduil

Langsam einatmen! Ausatmen! Einatmen! Ausatmen!

Als diese kleine Prozedur nicht half mich zu beruhigen, knirschte ich mit den Zähnen. Sollte Raug mir in einer dunklen Gasse begegnen ... sein Ableben wäre nicht mehr zu verhindern!

Seit er im Düsterwald gewesen war, herrschte bei uns heilloses Chaos! Überall das Geplärre von dem Gör, meine Frau mit ihren neuerwachten Wünschen nach weiteren Kindern ... und seine verdammten Truppen, die die gesamte Bevölkerung des Düsterwalds in Angst und Schrecken versetzt hatte! Ja! Diese verflixte, schwarze Wolke war nichts anderes als der Vorbote der Eredhrim gewesen und als dann schließlich seine Truppen den Wald passiert hatten, herrschte bei uns der Ausnahmezustand! Denn selbst wir sahen nicht alle Tage eine Armee von hunderten, schwarzgekleideten, vermummten Kriegern in halsbrecherischer Geschwindigkeit den Wald entlang reiten. Alle Versicherungen meinerseits, dass diese Männer vollkommen ungefährlich für uns waren, versickerten ungehört im Waldboden.

Von einer Bestrafung der Valar war die Rede ... vom Untergang Mittelerdes, Wiederauferstehung Morgoths ... und weitere amüsante Dinge. Ich griff mir stöhnend an die Schläfen. Das wäre alles vielleicht nicht so schlimm geworden, wenn die Eredhrim sich in fröhlichere Farben kleiden würden. Ein schönes Sonnengelb vielleicht.

„Oh Eru", stöhnte ich, „ich muss wirklich überarbeitet sein, dass ich mir so was vorstelle!"

„Der Übergang zwischen Stress und Wahnsinn ist leider meistens fließend!"

Mit den Zähnen knirschend, blickte ich auf die Person, die die Impertinenz besaß mich dermaßen zu beleidigen.

Lord Erestor von Bruchtal! Der verdammte Noldo stand seelenruhig da in seiner schwarzen Robe, die Arme auf dem Rücken verschränkt und blickte mich herablassend an.

„Kann es sein, dass da jemand des Lebens überdrüssig ist?", knurrte ich gefährlich leise. „Da könnte ich schnell Abhilfe schaffen!"

„Das bezweifele ich keinen Augenblick, aber mir steht im Moment nicht der Sinn nach dieser ... sicher einmaligen Erfahrung!"

Lord Elrond bedeckte stöhnend seine Augen mit den Händen und neigte den Kopf nach unten, während der unverschämte Noldo tatsächlich die Frechheit besaß mir den Rücken zuzudrehen und einfach wegzugehen.

„König Thranduil ... wollt ihr eure Tiere nicht den Stallburschen überlassen? Und ich werde euch dann zur Zitadelle geleiten!" Der Halbelb war wie immer höflich reserviert ... eine einzige kühle Fassade.

„Mir bleibt heute doch auch wirklich gar nicht erspart", murrte ich und übergab mein Pferd an einen Stallburschen. Kurze Zeit später lief ich neben Elrond die gewundenen Gassen der weißen Stadt nach oben.

Aus der Sicht von Tuilinn

Erstaunt blickte ich mich um, während Raug mich durch die verwinkelten Gänge der Stadt führte. Es war mir unerklärlich wie diese zerbrechlich wirkenden Sterblichen solche riesige, monumentale Gebäude schaffen konnten. Auch das Aussehen unterschied sich sehr von elbischen Bauwerken. Während wir Elda auf geschwungene, beinahe fragile Formen Wert legten, die sich in der Umgebung der Gebäude wiederspiegelten, waren die Häuser der Menschen eher von klaren Linien und harten Abstufungen geprägt.

„Beeindruckend ... nicht wahr?", flüsterte Raug leise in mein Ohr nachdem ich beinahe fünf Minuten ehrfürchtig auf die Zitadelle gestarrt hatte.

„Ja ... es ist riesig ... ganz anders als unsere Bauwerke!"

„Die Menschen ... vor allem ihre Herrscher neigen dazu ihre Untertanen mit riesigen Gebäuden zu beeindrucken ... ich schätze einige wollten auch etwas kompensieren!" Die letzten Worte sprach er mit einem verräterischen Zucken um die Mundwinkel. Und auch ich konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen.

„Du bist schlimm ... weißt du das?", rief ich lachend aus.

„Oh ja ... das weiß ich!"

Mein Blick wurde plötzlich von einem wunderschönen weißen Gebäude gefangengenommen, dass mit Statuen von jungen Mädchen verziert worden war, die man einfach aus der Mauer gehauen hatte. An den Ecken rankte wilder Wein die Mauer empor und hauchte dem kalten Stein Leben ein.

„Raug ... was ist das für ein Gebäude?"

„Wenn mich nicht alles täuscht, ist das ein öffentliches Badehaus ... für Frauen! Womit du mich gerade auf eine Idee bringst ... warte einen Moment!" Bei den letzten Worten hatte sich Raugs Stirn in Falten gelegt und er übergab mir den kleinen Gilívor. Sekunden später war er in einer kleinen Seitengasse verschwunden, die an dem Badehaus vorbeiführte.

Etwas unbehaglich blickte ich mich um. Ich hatte zwar gerne die Stadt sehen wollen, aber dass ich jetzt mutterseelenallein in einer Gasse stand, fand ich nicht ganz so schön.

So war es eigentlich auch sehr verständlich, dass ich stark zusammenzuckte als aus der Gasse plötzlich Gepolter ertönte. Aber ich entspannte mich als ich Raugs ärgerliche Stimme erkannte.

„Euch kann man doch wirklich keine fünf Minuten aus den Augen lassen", donnerte seine Stimme durch die Straßen, „wenn wir wieder in Lorien sind, häng ich euch kopfüber an den höchsten Baum, den ich finden kann! Ach was, ich jag euch barfuss quer durch Mordor, oder verkauf euch an den nächsten Ork, Ostling oder Haradhrim, der mir über den Weg läuft!"

Im nächsten Moment rannten zwei blonde Gestalten aus der Gasse und in die nächste hinein. Nur knapp hinter ihnen stürmte Raug wutschnaubend auf die Straße und blickte sich nach den Verfolgten um.

„Wenn ich die in die Finger kriege, können sie was erleben", schnaubte Raug und blickte dann zu mir. Mir schien das Erstaunen ins Gesicht geschrieben zu stehen, denn der ältere Elb atmete einmal tief durch und setzte dann zu einer Erklärung an.

„Meine Söhne ... das heißt zwei von ihnen ... ihre Lieblingsbeschäftigung ist es momentan die genauere Anatomie des weiblichen Körpers zu studieren ... allerdings ohne Einverständnis ihrer Modelle!"

„Aha ... mit anderen Worten also ... sie spannen!"

„Sooo ... kann man es natürlich auch ausdrücken", räumte Raug ein und schnippte ein imaginäres Staubkorn von seiner schwarzen Tunika. „Was meinst du? Wollen wir den kleinen Sonnenschein jetzt bei seinem Papi abliefern oder brennen wir mit ihm durch?"

„Raug", rief ich milde empört aus.

„Was? Ich bringe der Hälfte meiner Kinder in eben diesem Moment nicht gerade sehr liebevolle Gefühle entgegen!" Das Funkeln in seinen Augen strafte seine harten Worte Lügen.

„Ich glaube Gilívor brennt darauf endlich seinen Ada wiederzusehen! Nicht war mein Kleiner?", gurrte ich.

„Ada! Ada! Ada!", wiederholte der kleine Junge immer wieder und klatschte mit den Händen.

„In Ordnung", lachte Raug, „wir haben es ja verstanden!"

Danach führte Raug mich auf direktem Wege in die Zitadelle und dort in einen sonnenüberfluteten Garten. Auf dem gegenüberliegenden Ende saß mit dem Rücken zu uns Lord Glorfindel und spielte mit meinem Sohn Schach.

Raug nahm mir den Jungen ab und schlich sich bis auf einen Meter an den Elb aus Gondolin heran.

„Oooh Findelchen! Du hast Besuhuch", flötete Raug und ging in die Hocke, um Gilívor auf den Boden zu stellen. Lord Glorfindel hatte sich ruckartig umgedreht und dabei sämtliche Spielfiguren vom Brett gefegt. Jetzt blickte er ungläubig auf den winzigen Elben, der immer noch von Raug gestützt wurde.

„Weißt du wer da sitzt, mein Kleiner?", flüsterte Raug und ließ dem Kind mehr Freiraum.

„Ada ... ada ...", gluckste das Kind vergnügt und lief jetzt mit unsicheren Schritten auf den alten Elben zu, der scheinbar nicht richtig begriff, was gerade geschah. Erst als der Junge die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, ließ Lord Glorfindel sich auf die Knie fallen und streckte dem Jungen mit Tränen in den Augen die Arme entgegen.

Gilìvor rannte jetzt beinahe seinem Vater entgegen und wie es kommen musste, stolperte er. Aber bevor der Junge auf dem Boden aufschlug, hatte Lord Glorfindel ihn aufgefangen, drückte ihn einmal kurz an sich und warf ihn dann in die Luft um ihn gleich darauf wieder aufzufangen.

Ganz Minas Tirith war in diesem Moment vom fröhlichen Gelächter des Kindes erfüllt, während wir einfach nur dastanden und der glücklichen Wiedervereinigung im Hintergrund beiwohnten.

ENDE

So ... das wär's! Gilìvor ist wieder bei seinem berühmten Papa ... alle wichtigen Personen haben überlebt, und Thranduil und Elrond haben sich noch nicht abgestochen. Also praktisch alles wieder im Lot.

Nur ein Problem habe ich noch. Ich bin ja wirklich willens weiterzuschreiben ... und ich habe auch drei Anfänge von unterschiedlichen Geschichten auf der Festplatte herummodern (alles von HdR versteht sich) ABER ich komme beim besten Willen nicht weiter. Ich kann das ganze ja mal in Kurzform vorstellen.

Möglichkeit 1: Geschichte vom ersten Treffen zwischen Elrond und Celebrían. Bisschen kleiner Haldir kommt auch drin vor. Die Story wird wahrscheinlich eher Knuddelfaktor haben. (Da Atropos noch nie Knuddelgeschichten geschrieben hat, übernimmt sie keine Garantie) Ist aber auch nicht sehr lang geplant.

Möglichkeit 2: Ist ein paar Monate nach Celebríans Abgang angesiedelt. Elladan und Elrohir metzeln sich durch Mittelerde und in der Zeit hat Papa wirklich Probleme ... tödlicher Natur. Ich schätze, diese Geschichte dürfte von der Länge her ungefähr bei 10 Kapitel angelegt sein (was meine jetzige Ideenfülle angeht)

Möglichkeit 3: Direkte Fortsetzung zu Elbendämmerung. In dem Fall wird Raug, der mit den großen Problemen sein.

So und nu kommt ihr ins Spiel. Da ich absolut keinen Plan habe, welcher ich meine ganze Aufmerksamkeit widmen soll und ich sowieso bei allen drei gleichermaßen hänge, lasse ich euch einfach mal entscheiden. (Ich weise euch aber darauf hin, dass ihr in allen Fällen eine Wartezeit in Kauf nehmen müsst, sorry!) Ihr könnt mir schreiben wen ihr gerne, unbedingt oder überhaupt nicht in der Geschichte haben wollt, was passieren soll, ob es eher eine Romanze, ein Abenteuer oder ganz was anderes sein soll. Und ich bin natürlich auch immer dankbar für Anregungen, die ich einbauen kann.

Also lasst eurer Phantasie freien Lauf.

Hoffentlich bis bald

Atropos