Kapitel 2:
Fatale Entscheidung?
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PG 13
„Ich will mir lieber nicht ausdenken, was dein Vater machen wird, wenn wir zurückkommen werden", bemerkte Gimli etwas heiser.
Legolas sah kurz zu ihm hinüber, bevor er sich wieder seinem Pferd zuwandte. „Das lass meine Sorge sein. Er wird es verstehen."
„Wird er das wirklich?"Der Zwerg fasste sich an den Bart und fing an, etwas nervös darin herumzuspielen.
Wieder richtete der Elb sich aus seiner leicht gekrümmten Position auf und sah diesmal mit zusammengekniffenen Augenbrauen zu seinem Freund hinüber. „Gimli!"
„Schon gut, schon gut! Der alte Zwerg wird jetzt seinen Mund halten"
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Thranduil stand an einem Fenster in seinen Gemächern. Gedankenversunken starrte er in die großen Gärten des Palastes hinaus.
Den Brief hatte er an eine leere Stelle auf einem der Regale gelegt, damit er ihn nicht dauernd vor Augen haben musste. Komisch... nur sehr selten, und wenn ja dann ist es schon viele hundert Jahre her, hatte er sich so über etwas den Kopf zerbrochen, wie er es in diesem Augenblick über diesen Brief tat.
War es falsch zu warten? Könnte Legolas Recht haben? Fragen über Fragen stellten sich dem König während er weiter still dastand. Immer wieder ließ er sich seine Entscheidung durch den Kopf gehen, immer wieder suchte er nach Gründen für seine Entscheidungen und fand diese auch. Dennoch war dieses komische, ganz bestimmte Gefühl der Unsicherheit vorhanden. Er hoffte inständig, dass in den nächsten Tagen nicht noch eine Nachricht, wie die dieses Morgens,'wie diese' reicht eigentlich eintreffen würde. Würde dies der Fall sein, so konnte er nur hoffen, dass die Gefahren durch seine Elbenkrieger gebannt werden konnten.
Er trank einen Schluck aus einem Glas mit Blättertee und schloss für kurze Zeit die Augen.
Als er sie wieder öffnete und durch das Fenster blickte, konnte er im Hof zwei Reiter erkennen. Diese bewegten sich nun immer schneller gegen den Waldrand in südlicher Richtung zu.
Thranduil kniff seine Augen etwas zusammen, um auf diese Entfernung erkennen zu können, um wen es sich handeln könnte. Der eine Reiter war ein Elb, wie er an den blonden Haaren deutlich erkennen konnte, doch der andere Reiter – er konnte seinen Augen nicht trauen – bei dem anderen Reiter handelte es sich um Gimli! Noch einmal wandte er seinen Blick zu der ersten Person hin, doch diese war schon zu weit weg, um noch etwas erkennen zu können.
Schnell stellte er seinen Becher mit dem Tee auf den Schreibtisch und rannte aus dem Zimmer.
„Legolas?" Der ältere Elb bekam keine Antwort. Er bog in den Gang ein, in dem sich Legolas' Gemächer befanden.
„Sohn, bist du hier?"schrie er nun etwas lauter aber dennoch so, dass er nicht das ganze Personal aufschreckte, welches sich vereinzelt in den Gängen befand. Doch auch hier kam wieder keine Antwort.
Er betrat eines der Zimmer. Darin befand sich niemand. Auch hinter der zweiten und dritten Türe konnte er niemanden entdecken.
Er lief zu dem Schlafraum des Zwerges, auch dort konnte er seinen Sohn nicht finden.
„Ich hätte es wissen müssen", sagte er kaum hörbar, als er die Türe hinter sich zu schloss, um sich weiter umzusehen.
Als der König in dem Stall, welcher sich neben dem Hof befand, ankam, um nach der Anwesenheit von Legolas Pferd zu sehen, befand es sich nicht mehr in seiner Box.
Nun hatte er keine Zweifel mehr: Bei den zwei Reitern, welche den südlichen Weg zum Wald hinunter geritten waren, konnte es sich nur um seinen Sohn und um diesen Zwerg gehandelt haben.
In einem der hinteren Räume des Stalles befand sich der Elb namens Meodir, er war ein guter Reiter und enger Freund seines Sohnes. Thranduil überlegte nicht lange und deutete dem jüngeren Elben, mit ihm zu kommen. Zusammen machten sie einen kurzen Spaziergang durch einen der Gärten, während er dem Elben die Geschehnisse und das mögliche Vorhaben seines Sohnes im Eiltempo unterbreitete.
Kurzfristig war er zu dem Entschluss gekommen, seinem Sohn jemanden hinterher zu schicken. Meodir war genau der Richtige Elb dafür, fand der König.
„Ihr seit ein guter Reiter und Spurenleser. Ich vertraue darauf, dass Ihr meinen Sohn einholen könnt."beendete er schließlich.
„Ich werde mein Bestes geben um Euch nicht zu enttäuschen, Sir." Meodir wollte sich gerade abwenden, als er noch einmal zurückgehalten wurde.
„Nehmt zwei weitere Elben als Begleitpersonen mit auf Eure Reise", sagte Thranduil und deutete auf eine Gruppe Elben, welche sich ebenfalls im Hof befanden.
Der junge Elb nickte und machte sich auf den Weg zu den Pferdeboxen.
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Gimli konnte von sich aus sagen, dass er nicht zu den besten Reitern gehörte. Doch dank Legolas, der ihm über Wochen hinweg immer wieder mühsam versucht hatte beizubringen, nicht zu verkrampft auf einem Pferd zu sitzen, konnte er nun mühelos weite Strecken zurücklegen.
Nun gut, die Sache mit dem ‚unverkrampft sein' klappte immer noch nicht ganz, denn schon nach wenigen Kilometern, welche er und der Elb zurückgelegt hatten, kam es ihm vor, als würde er einen nie endenden Berghang hinunter rollen. Er wurde auf diesem mächtigen Pferd, welches vielleicht für die Größe eines Elben wie geschaffen war doch für einen Zwerg etwas zu kolossal – um es so zu beschreiben – regelrecht von Kopf bis Fuß durchgeschüttelt.
„Wie...lange...hast du...gesagt...müssen wir...reiten?"
„Gimli, verkrampf dich nicht so!"Legolas musste lachen, als er zu dem Zwerg hinüber blickte.
Dieser knurrte unüberhörbar und versuchte sich wieder etwas zu lockern. „Leichter gesagt als getan, mein Freund", meinte er schließlich.
„Wir werden zweieinhalb Tage unterwegs sein", antwortete der junge Elb nun auf die vorhin gestellte Frage.
Gimli nickte leicht und richtete seinen Blick wieder nach vorne auf den Weg. „Glaubst du dein Vater hat nicht bemerkt, dass wir nicht mehr da sind?"
„Ich denke nicht. Er ist zu sehr mit anderen Dingen, welche organisiert und bewilligt werden müssen, beschäftigt, um zu merken das wir weg sind."
Legolas kannte seinen Vater gut genug, um zu wissen, dass dieser sich bestimmt immer noch in seinem Arbeitszimmer befand und haufenweise Dokumente, welche er am liebsten in einer Schlucht im Nirgendwo versenken würde, durcharbeiten musste. Das war eine Arbeit, welche dem jungen Elben früher oder später auch noch blühen würde, schließlich galt er als Thronfolger und Erbe Düsterwalds, auch wenn es ihm ab und an gar nicht in den Kram passte. Daran war nun mal nichts zu ändern...
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Meodir kniete sich an einer Zweigstelle auf dem Boden nieder und begutachtete die Hufspuren, welche von durchreitenden Pferden in den letzten Tagen hinterlassen wurden. Unter ihnen befanden sich auch solche, die erst ein paar Stunden alt sein konnten. Er entschloss sich diesen Hufabdrücken weiter zu folgen.
„Die Spuren sind noch nicht alt. Sie müssen vor wenigen Stunden hierdurch geritten sein", informierte er seine Begleiter.
Die zwei Männer? Sterbliche? sonst besser Krieger oder Elben, welche er ausgewählt hatte, waren ebenfalls Freunde von Legolas. Er hatte sie über ihre Mission während ihres Rittes und über ihre mehrtägige Reise informiert. Er wusste, dass er auf die beiden zählen konnte.
Meodir wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Sie sind uns circa vier Stunden voraus. Wir werden sie, wenn wir in die Nacht hinein reiten, vor dem südlichen Wald einholen können. Ihre Reise wird irgendwo an dem alten Waldweg enden. Ich habe vor, sie bis spätestens wenige Kilometer davor zu abzufangen", sprach er weiter.
Seine Begleiter nickten und als er wieder auf sein Pferd gestiegen war, setzten sie ihre Verfolgung fort.
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Legolas und Gimli waren nun schon über zwei Tage unterwegs. Die Distanz zwischen ihnen und der Siedlung an dem alten Waldweg verringerte sich von Stunde zu Stunde.
Aus der eher hügellosen Waldgegend waren sie nun in eine Umgebung, welche von zahlreichen kleineren und größeren Schluchten durchzogen wurde, gelangt. Einer dieser Klammen mussten sie nun auf eine Brücke überqueren.
Der junge Elb stieg vom Pferd und testete mit einem Fuß das erste Holzbrett, von welchen Dutzende den Boden der alten Hängebrücke darstellten, doch als er den Druck darauf etwas erhöhte, brach es unter ihm zusammen und er machte einen Satz zurück.
„Sieht nicht sonderlich stabil aus", bemerkte er und machte dann den Vorschlag, die Pferde an dieser Stelle zurück zu lassen, da die alten Holzbretter deren Gewicht nicht standhalten würden.
Gimli nickte und fing an, die nötigsten Sachen vom Satteln in seine Taschen zu packen.
Da er um die Leichtfüßigkeit der Elben wusste, bat er Legolas voraus zu gehen.
„Wir müssen bald dort sein", spekulierte dieser und sprang dabei federleicht über ein paar zerbrochene Holzlatten.
Der Zwerg zeigte keine Reaktion mehr, er war zu sehr damit beschäftigt es seinem Freund gleich zu tun und tastete mit seinen Füssen die Hölzer nach ihrer Stabilität ab. Langsam fand auch er einen gleichmäßigen Rhythmus, um sich auf der Brücke zu bewegen. Langsam sprang er von Brett zu Brett und kam schließlich ebenfalls auf der anderen Seite an.
Zögernd blickte er noch einmal zurück. Die Schlucht musste mindestens hundert Meter tief gewesen sein! Für jemanden der Höhenangst hatte war diese Überquerung eine ziemliche Meisterleistung gewesen, fand er.
Legolas legte seine Hand auf dessen Schulter. „Lass uns weitergehen"
Ihr Weg führte sie einen schmalen Grat entlang. Auf der einen Seite befand sich ein steiler Abhang und auf der anderen befanden sich große Bäume, welche über den Weg hinausragten.
Der Zwerg versuchte, sich so gut es ging an die Bäume heran zu schmiegen und seinen Blick nicht vom Boden weg zu bewegen. Kleine Steine wurden bei jedem Schritt, den sie machen in Bewegung gesetzt und rollten den Hang hinunter.Er schluckte laut.
„Habe ich dir eigentlich schon mal von meiner Höhenangst erzählt, Legolas?"fragte Gimli etwas ironisch.
Der Elb nickte verneinend. „Nein. Aber das ist kaum zu übersehen, mein Freund."
„Und wieso um Himmelswillen schleppst du mich durch so ein Gebiet?" Gimlis Sarkasmus war kaum noch zu überhören.
„Weil die nächste Gelegenheit, die letzte Schlucht zu überqueren, mehrere Kilometer westwärts gewesen wäre", entschuldigte sich Legolas und blickte auf den Weg vor ihm. Mit einem Kopfnicken deutete er an, dass sie in wenigen Minuten wieder talwärts wandern würden. Gimli blickte an seinem Freund vorbei auf einen Wald, welcher sich unter ihnen erstreckte. Legolas deutete mit dem Finger in südwestliche Richtung. „Dort, irgendwo im Schutz dieser Bäume, befindet sich diese Siedlung."
Der Zwerg nickte verstehend und setzte sich dann wieder in Bewegung.
Wenige Sekunden später raschelte über ihnen in einem der Bäume etwas. Noch bevor Gimli seinen Blick nach oben richten konnte, hatte Legolas seinen Langbogen in der Hand, einen Pfeil aus dem Köcher gezogen und zielte damit in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.
Es war ein Baummarder gewesen, der sich seinen Weg durch das dürre Laub suchte. Leise aufatmend steckte der blonde Elb den Pfeil wieder zurück in seinen Köcher. Wieder ertönte ein Geräusch, welches dieses Mal etwas weiter entfernt war. Legolas folgte ihm und stieg dabei zwischen den Bäumen bergaufwärts bis zu einem kleinen Felsvorsprung.
Gimli folgte seinen Freund und blickte ebenfalls zwischen den Felsen und den niedrigen Sträuchern auf eine kleine Ebene, welche sich vor ihnen erstreckte. Er konnte seinen Augen nicht trauen: auf der anderen Seite dieses Plateaus waren in diesem Moment mehrere schwarz gekleidete Gestalten verschwunden.
Legolas sprang im selben Augenblick aus seiner Deckung auf und rannte über die Ebene den Gestalten hinterher, welche nun verschwunden waren. Der Zwerg hatte sichtlich Mühe, mit dem Schritt des Elben mitzuhalten.
„Gimli komm!"
„Nicht so schnell!"
Der Elb wartete kurz auf seinen Freund und nahm dann die Verfolgung wieder auf. Die Gestalten hatten ihre Verfolger noch nicht bemerkt, bewegten sich aber dennoch in einem sehr hohen Tempo durch das Unterholz. Legolas wich etlichen Bäumen, welche ihm im Weg standen, flink aus und versuchte, mit großen Sätzen den Abstand zwischen ihm und diesen Kreaturen etwas zu verringern.
In diesem Brief hatte also doch die Wahrheit gestanden und diese Wesen waren vielleicht erneut auf dem Weg zu dieser Siedlung. Auch wenn er und Gimli gegen die Übermacht nichts machen konnten, so wollte er sich zumindest vergewissern, was hier vor sich ging, bevor er wieder zum Palast zurückkehren würde, um Hilfe anzufordern.
Plötzlich waren die Gestalten aus seiner Sicht verschwunden. Vor ihm wucherten Dutzende bis zu zwei Meter hohe Buschwerke, welche die Sicht vollkommen versperrten. Er griff nach einem seiner Messer und fing an, sich einen Weg durch die dicht ineinander gewachsenen Äste und Zweige zu bahnen. Wieder bescheunigte er sein Tempo, welches er aber im ersten Moment, als er wieder freie Sicht hatte, unverzüglich stoppte. Vor ihm durchzog eine weitere, gewaltige Schlucht die Waldlandschaft und nur wenigen Meter von ihm befand sich eine Brücke, welche im selbigen Augenblick von den geheimnisvollen Gestalten überquert wurde.
„Legolas, nicht so schnell!"Gimli kam in diesem Moment ebenfalls aus dem Dickicht gerannt und stieß unsanft mit Legolas, welcher darauf hin gegen den Abhang hin gestoßen wurde, zusammen. Als Gimli sah, dass sein Freund das Gleichgewicht verloren hatte, griff er schnell nach seinem Gürtel? und riss ihn mit alle Kraft wieder zurück auf den festen Boden.
Der Elb legte seine Hand auf Gimlis Schulter. „Ich danke dir, mein Freund!"sagte er noch etwas außer Atem.
„Nichts zu danken, das hättest du auch getan." Gimli lachte und sah sich dann etwas um. Auf der anderen Seite der sicher vierzig Meter breiten Schlucht, waren gerade die dunklen Kreaturen verschwunden.
„Sie sind auf der anderen Seite."Er deutete zu der Stelle, an der sie in den Wald hineingelaufen waren.
Der Elb setzte sich sofort wieder in Bewegung und eilte zur Brücke. „Gimli, los komm! Wir können sie wieder einhohlen", schrie er und betrat die Brücke.
„Himmel und Arda, jetzt reiß dich zusammen, Gimli!"Der Zwerg nahm ein weiteres Mal all seinen Mut zusammen und ging langsam auf die Brücke zu.
Legolas hatte inzwischen schon die Mitte der Hängebrücke erreicht, als plötzlich hinter ihm eine laute Stimme ertönte: „Legolas!"
Der Elb wollte sich gerade umdrehen und im selben Moment gab die Holzlatte unter seinen Füssen nach. Er verlor den Halt und fiel nach unten, wo er sich in letzter Sekunde an einem der Seile, auf welchen die Bretter befestigt waren, festhalten konnte.
Legolas versuchte sich vergebens hochzuziehen, denn er konnte nirgends Halt finden.
„Legolas ich komme!"schrie Gimli, welcher sich langsam auf der Brücke auf ihn zu bewegte.
Ein heftiger Ruck verriet dem Elben, dass das Seil, an welchem er sich festhielt, nicht alles Gewicht tragen konnte. „Das Seil wird reißen, Gimli. Geh zurück!"warnte er seinen Freund.
Legolas konnte im Blickwinkel erkennen, dass dieser im selben Moment von jemandem auf den festen Boden zurückgerissen wurde.
„Legolas!" wieder ertönte diese bekannte Stimme. „Halte durch!"
Legolas versuchte, seinen Blick auf diese Seite der Schlucht zu wenden und in dieser Sekunde riss das Seit völlig.
Bevor er in die Tiefe stürzte, konnte er deutlich seinen Freund Melodir erkennen.
1 Review, dann folgt Kapitel 3 :)
