Leonel: Ja, Denethor wird noch ziemlich gemein werden. Er kann eben aus seiner Haut im Grunde genommen nicht heraus.

Tanja: Denethor war es ziemlich recht, dass seine Söhne das mit der Ratsversammlung übernommen haben. Da konnte er sich mal ausruhen. Allerdings wird das kein Dauerzustand für den machtgierigen Alten.

Enessa: Die Story spielt etwa 5 Jahre vor dem Ringkrieg. Ist also noch Zeit bis zu Boro's Tod. Faramir ist zwar blind, aber nicht dumm. Er weiß genau, was für Gondor gut ist und was nicht.

Meleth: Denethor ist ein alter Fuchs. Er wird alles daran setzen, um Boromir in Gondor zu halten.

Ein dicker Knuddler an euch alle fürs Reviewen!

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Kapitel 11: Gwens Plan und Gandalfs Ankunft

Gwen betrachtete das Hochzeitskleid, das die Näherinnen für sie angefertigt hatten. In wenigen Tagen würde es soweit sein. Dann würde sie heiraten. Es war wirklich höchste Zeit: ihr Schwangerschaftsbauch war nun fast nicht mehr zu übersehen. Erkhold war das gleich: er wollte Gwen unbedingt heiraten. Seufzend fuhr sie mit ihren Händen über den edlen, weißen Stoff, der aus Eriador stammte. Ihr Vater hatte ein halbes Vermögen für dieses Kleid ausgegeben: er wollte unbedingt seine Tochter bald verheiratet sehen. Immer noch keimte in ihr eine leise Hoffnung, dass Boromir vielleicht nach Rohan kam. Sie wusste ganz tief in ihrem Herzen, dass dem Gondorianer irgendetwas wichtiges dazwischengekommen sein musste.

Es klopfte an der Tür ihres Gemaches: es war Erkhold, Gwens Bräutigam. Er war ein großer und kräftiger Mann, aber leider sah er nicht besonders gut aus. Seine kleinen, hellen Augen standen eng zusammen, und ein buschiger Bart bedeckte sein halbes Gesicht. Als Rohir war er natürlich stolz auf seinen Bart- und Haarwuchs. Gwen dachte an Boromir, der einen gepflegten, kurzen Bart trug. Auch seine Haare waren nicht übermäßig lang, und schon gar nicht verwildert, wie die von Erkhold.

Der Hauptmann nahm jetzt Gwens Hände.

„Ich freue mich schon auf übermorgen, meine Dame", sagte er höflich. „Dann sind wir endlich miteinander verbunden."

Gwen lächelte verzerrt. Bei dem Gedanken mit diesem unansehnlichen Mann in einem Bett liegen zu müssen, drehte sich ihr plötzlich der Magen um. Was hatte sie nur geritten, in diese Hochzeit so rasch einzuwilligen. Aber ihr Vater und Éowyn hatten einfach nicht lockergelassen.

Sie tauschte noch ein paar Höflichkeitsfloskeln mit Erkhold aus, dann ging er wieder. Gwen atmete auf und setzte sich auf das Bett. Es wäre nicht auszudenken, wenn Boromir nach der Hochzeit in Rohan auftauchen würde. Sie würde sich das nie verzeihen. Es war an der Zeit, sich endlich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob Boromir sie noch liebte.

Plötzlich wusste sie, was sie zu tun hatte und sie zog rasch Reitkleidung an, die sie aus der Truhe ihres Vaters entnommen hatte. Als Mann verkleidet würde man sie auf dem Weg nach Gondor in Ruhe lassen. Dannach stahl sie sich in die große Küche von Meduseld und packte sich unauffällig ein paar Vorräte ein: Äpfel, Brot und etwas kalter Braten. Schließlich sattelte sie in den Stallungen ihr Pferd.

„Wo reitet Ihr denn hin, Frau Gwen?" fragte plötzlich hinter ihr eine Stimme.

Gwen zuckte zusammen und drehte sich um. Es war Éomer, der diese Frage gestellt hatte.

„Ich reite nur ein wenig aus", erwiderte sie so gelassen wie sie konnte.

„Dann seid nur vorsichtig", meinte Éomer besorgt. „Schließlich heiratet Ihr ja bald."

Gwen nickte ihm nur freundlich zu und führte ihr Pferd aus den Stallungen heraus. Sie konnte das Wort „Hochzeit" nicht mehr hören. Wenn sie jetzt nach Gondor losritt, war es sowieso ein für alle Mal vorbei damit. Erkhold würde sofort die Verlobung lösen. Damit konnte Gwen inzwischen leben. Sie ärgerte sich, dass sie sich überhaupt auf diese ganze Sache eingelassen hatte. Sie wollte nur Boromir.

Langsam ritt sie durch die ländlich wirkende Hauptstadt von Rohan. Als sie das Tor hinter sich gelassen hatte, lenkte sie ihr Pferd nach Süden, Richtung Gondor. Zwei Wochen würde sie mindestens nach Minas Tirith brauchen, wenn sie zügig ritt.

§

Eine Woche, nachdem Gwen losgeritten war, tauchten zwei Reiter in Minas Tirith auf: Irolas und Gandalf, der Zauberer. Irolas, der Soldat, den Boromir eigentlich nach Rohan schicken wollte, hatte Gandalf in einer kleinen Stadt am Meringbach gefunden. Es war ein glücklicher Zufall gewesen, dass er das gleiche Gasthaus aufsuchte, in welchem sich gerade der Zauberer aufhielt. Sofort hatte Irolas Gandalf über Faramirs Blindheit unterrichtet. Der alte Zauberer war schockiert gewesen, als er das hörte, denn er schätzte, wie so Viele, Faramir am meisten von der Truchseß-Familie.

„Ausgerechnet er", hatte er einige Male vor sich hingemurmelt.

Nachdem Gandalf eine Botschaft an einen alten Freund Richtung Norden losgesandt hatte, machte er sich mit Irolas auf den Weg nach Minas Tirith.

Boromir war erstaunt, Irolas zusammen mit Gandalf ankommen zu sehen. Sofort wollte er sich den jungen Soldaten zur Brust nehmen, doch Gandalf packte Boromir gleich am Arm.

„Sei gegrüßt, Boromir! Ich muß unbedingt sofort deinen Bruder sehen."

Dem jungen Mann blieb nichts anderes übrig, als den Wunsch des Zauberers zu erfüllen, wenn er nicht unhöflich sein wollte.

„Ich spreche später mit dir, Irolas!" rief er noch schnell dem Soldaten zu.

Dieser errötete im Gesicht und senkte den Kopf. Er wusste, was Boromir ihn fragen wollte. Und es würde peinlich für ihn werden, wenn er erzählen musste, dass er einem anderen Auftrag gefolgt war. Dem Auftrag des Truchsessen. Er hatte gewusst, dass Boromir viel an diesem Brief lag und jetzt musste er seinen Herrn enttäuschen. Irolas war so etwas in seiner ganzen Dienstzeit noch nie passiert. Er schämte sich zutiefst. Unterdessen hatten Boromir und Gandalf die Gärten hinter der Zitadelle erreicht. Dort hielt sich Faramir meist um diese Tageszeit auf, wenn das Wetter schön und warm war, so wie heute. Als der Zauberer Faramir auf einer hölzernen Bank sitzen sah, lächelte er. Der junge Mann, den er so sehr mochte, wirkte wie immer. Und als er und Boromir sich der Bank näherten, wandte Faramir seinen Kopf zu ihnen. Gandalf schmerzte es, Faramirs leeren Blick zu sehen, der ziellos in die Ferne gerichtet war.

„Mithrandir, seid Ihr hier?" fragte Faramir leise, ohne das vorher jemand etwas von Gandalfs Ankunft erzählt hatte.

„Faramir, mein lieber Junge", sagte Gandalf und ihm traten Tränen des Mitleids und der Trauer in die Augen.

Er setzte sich neben Faramir hin und ergriff seine Hände. Momentan konnte er nicht weitersprechen.

„Mein Vater hat mir erzählt, dass er nach Euch hatte schicken lassen", fuhr Faramir schließlich fort.

„Ich wünschte, ich könnte dir irgendwie helfen, mein Freund", seufzte Gandalf traurig und senkte sein graues Haupt.

Boromir gab es einen Stich durchs Herz, als er das hörte. So war also selbst der weise Zauberer machtlos gegenüber Faramirs Blindheit?

„Gandalf, bitte, könnt Ihr nichts für ihn tun?" bettelte er den alten Mann schier an.

Dieser schloß kurz die Augen und seufzte leise.

„Ich bin ein Zauberer, aber kein Heiler, junger Herr."

„Aber Vater setzt große Hoffnungen in Euch, Gandalf", betonte Boromir erschrocken.

Gandalf klopfte Faramir kurz auf die Schulter und erhob sich dann, um mit Boromir ein Stück beiseite zu gehen. Faramir sollte das Gespräch, das er mit seinem Bruder führen wollte, nicht unbedingt mitbekommen.

„Es gibt tatsächlich jemanden, der deinem Bruder helfen könnte", sagte der Zauberer mit gedämpfter Stimme.

„Bei Eru, dann bringt ihn herbei!" rief Boromir fast ein wenig zu laut.

„Das ist nicht so einfach", murmelte Gandalf und strich sich nervös über seinen grauen Bart.

„Am günstigsten wäre, ich würde Faramir mitnehmen."

„Das geht nicht", sagte Boromir kopfschüttelnd. „Vater würde ihn niemals fortlassen. Am besten, Ihr unterhaltet Euch mit Vater darüber."

Gandalf lächelte traurig: das Gespräch mit Denethor würde ein harter Brocken werden. Vor allem, wenn der Truchseß erfuhr, wen Gandalf zu Faramirs Heilung ausersehen hatte.